Brigadegeneral. 1859 erhielt er als Divisionsgeneral den Oberbefehl über die
Division von
Oran und unterdrückte mehrere
Aufstände
der Araber. Von
Oran ward er 1869 abberufen, um das
Lager
[* 2] von
Châlons zu befestigen, und stand 1870 im deutsch-französischen
Krieg an der
Spitze einer
Division der Rheinarmee, mit welcher er in den
Schlachten
[* 3] vor
Metz
[* 4] kämpfte und
Ende
Oktober nach der
Kapitulation von
Metz in deutsche Gefangenschaft geriet. Er wurde in
Münster
[* 5] interniert und schrieb hier
die
Broschüre »1870.
Armée de
Metz« (Par. u. Brüss. 1870-71),
in welcher er als einer der ersten
Bazaine die
Schuld an dem Unglück der Rheinarmee beimaß. 1873-79 führte
er den Oberbefehl über das 4.
Armeekorps in
Le Mans.
[* 6] Er ward darauf zum Generalinspekteur der
Armee ernannt, aber 1880 zur
Disposition
gestellt.
(spr. dölihl),Jacques, franz. Dichter, geb. zu
Aigue-Perse in der
Auvergne als der natürliche Sohn
des
Advokaten Montanier, erhielt im
CollègeLisieux zu
Paris
[* 9] eine vorzügliche Schulbildung und wurde
Lehrer
an den Gymnasien von
Beauvais und
Amiens,
[* 10] dann in
Paris.
Schon früh bewies er ein großes poetisches
Talent, berühmt aber wurde
er erst 1769 durch seine Übersetzung von Vergils
»Georgica«. Die ganze litterarische
Welt, besonders
Voltaire, verherrlichte
den Dichter. 1772 wurde er in dieAkademie gewählt, seine
Aufnahme verzögerte sich aber wegen seiner
Jugend bis 1774. Nachdem er seine Lehrthätigkeit mit einer Professur der lateinischen
Poesie am
Collège de
France vertauscht
hatte, erschien 1782 sein erstes größeres Originalwerk, das
Lehrgedicht »Les jardins, ou l'art d'embellir les paysages«,
mit welchem er einen großen Erfolg errang, besonders da er zugleich ein vorzüglicher Vorleser war.
Sein bestes Werk ist die
Übertragung der
»Georgica«; hier treten seine Vorzüge, Korrektheit der
Sprache
[* 13] und des
Rhythmus,
Eleganz
und Leichtigkeit des Versbaues, Feinheit des
Geschmacks und
Reichtum der
Phantasie, aufs glänzendste hervor; aber oft ist das
Original vergewaltigt, und sein gezierter
Stil und seine gesuchten
Bilder lassen erkennen, daß er zu sehr
auf den
Geschmack seiner Zeit Rücksicht nimmt. Viel geringer sind seine eignen Leistungen: meist lose aneinander gereihte
Bilder ohne
Plan, ohne
Einheit, ohne Zusammenhang;
selbst
Stil und Versbau sind zuweilen schwach. Am tiefsten stehen seine spätern
Übersetzungen;
Seine Werke (gesammelt von
Michaud, 1824, 16 Bde.;
Didot, 1847) erschienen in folgender
Ordnung: »Les Géorgiques de Virgile« (Par. 1769, 1782 u.
öfter);
(lat.), das Zerfließen von
Körpern, namentlich von
Salzen, wenn sie so viel
Wasser aus der
Atmosphäre anziehen,
daß sich zuletzt eine konzentrierte
Lösung bildet;
(lat.),
Irresein,
Phantasieren, Irrereden, eine
Erscheinung, welche bei krankhaften Zuständen sehr verschiedener
Art vorkommt und darin besteht, daß die Kranken infolge einer Gehirnstörung zu
Reden oder
Handlungen veranlaßt werden, welche
mit den äußern Verhältnissen nicht im
Einklang stehen. Das Irrereden im weitern
Sinn kommt bei
Geistesstörungen sehr häufig
vor. Gewöhnlich aber gebraucht man den
Ausdruck Delirium oder
Delirieren nur im engern
Sinn für das
Irresein
bei
Krankheiten, mit Ausschluß der
Geisteskrankheiten. Am häufigsten wird das Delirium beobachtet bei schweren fieberhaften
Krankheiten,
namentlich den sogen. Infektionskrankheiten (z. B. bei
Typhus,
Blattern,
Scharlach,
Masern), aber auch bei den sogen. entzündlichen
Fiebern, z. B. bei Hirnhautentzündung,
Lungenentzündung.
Nach heftigen Verwundungen, wenn sich
Wundfieber einstellt, kommt das Wundfieberdelirium (Delirium traumaticum) vor. Irrereden ist
ferner eine häufige
Erscheinung bei akuten
Vergiftungen mit narkotischen
Giften und anästhetischen
Mitteln
(Morphium,
Belladonna,
Chloroform), auch bei den eigentlichen
Dyskrasien oder den Blutentmischungskrankheiten (Zurückhaltung der
Harn- und Gallenbestandteile
im
Blut). Seltener wird Irrereden bei fieberlosen
Krankheiten, wie bei
Hysterie und
Epilepsie, und nach großen
Blutverlusten und dadurch bedingter Gehirnanämie beobachtet.
Das Delirium ist immer ein
Beweis dafür, daß das
Gehirn
[* 16] in seinen Verrichtungen gestört ist, und die
Ursache dieser
Störung liegt
teils in einem übermäßigen oder abnorm geringen Zufluß vonBlut zum
Gehirn, teils darin, daß das im
Gehirn zirkulierende
Blut durch fremdartige, giftähnlich wirkende
Stoffe verunreinigt ist. In Beziehung auf die Heftigkeit
und die Art der Äußerung ist das Delirium sehr verschieden. Zuweilen ist es mehr ein stilles, sanftes Irrereden,
die Kranken murmeln nur so vor sich hin, zupfen an der Bettdecke (Delirium blandum, tranquillum,
mussitans, mite), wie dies vorzüglich in den höhern Stadien der nervösen
Fieber, wenn bereits eine größere
Schwäche eingetreten
ist, vorkommt; in andern
Fällen herrschen wilde Delirien (Delirium furibundum, furiosum) vor, wobei die Kranken heftig reden, schreien,
fort wollen, aus dem
Bett
[* 17] springen oder wenigstens große
Unruhe zeigen, fortwährend mit den
Armen gestikulieren
etc. Können die Kranken aus dem
Irresein durch eine bestimmte
¶
mehr
Anrede, durch Rufen ihres Namens zu lichten Augenblicken erweckt werden, wie dies öfters beim Typhus beobachtet wird, so nennt
man die Delirien typhomanische. Das Delirium, welches bei den oben erwähnten Krampfzuständen zeitweilig sich einstellt (Delirium spasticum,
nervosum, periodicum), hat in Bezug auf Gefahr eine sehr geringe Bedeutung, während dagegen namentlich
die erste Form des Delirium eine sehr schwere Erkrankung bezeichnet. Da das Delirium nicht eine Krankheit für sich, sondern nur ein Symptom
und zwar sehr verschiedener Krankheiten ist, so kann es selbstverständlich nicht Gegenstand einer besondern Behandlung sein.
In den meisten Fällen ist überhaupt das Delirium keiner Behandlung zugänglich. Immerhin aber ist es in
den Fällen, wo das Delirium im Verlauf einer fieberhaften Krankheit vorkommt, ganz zweckmäßig, wenn man kalte Umschläge oder einen
Eisbeutel auf den Kopf legt, Senfteige an den Waden appliziert und beruhigende Mittel gibt, sofern nicht die Grundkrankheit,
z. B. Typhus, derartige Eingriffe widerraten erscheinen läßt.
Eine besondere Art des Delirium ist das Delirium tremens (lat.,
Säuferwahnsinn, Mania potatorum), welches das wesentliche Symptom einer selbständigen, durch Alkoholmißbrauch entstehenden
Gehirnkrankheit ausmacht. Es äußert sich teils in Sinnestäuschungen, teils in stillen oder wilden Delirien, wobei gewöhnlich
ein starkes Zittern der Glieder
[* 19] und der Zunge vorhanden ist. Die Kranken glauben Mäuse und andre Tiere zu
sehen und suchen diese zu erhaschen oder sie zu vertreiben, sie wischen deshalb beständig auf ihrer Haut
[* 20] oder der Bettdecke,
um die Tiere, Spukgestalten, Würmer
[* 21] u. dgl. zu entfernen, welche namentlich
während der Dunkelheit in Masse auf sie losstürmen, nach ihnen schnappen und sie in jeder Art ängstigen.
Zuweilen sind die Delirien wahnsinnartig, die Kranken glauben sich von Feinden umgeben, schreien und toben, schlagen um sich
und wollen entfliehen, sich aus dem Fenster stürzen. Andre Kranke sind dagegen stets heiter, lachen und schwatzen beständig.
Der Gesichtsausdruck ist bald zornig gereizt, bald ruhig. Die Delirien machen zeitweise Pausen und kehren
dann um so heftiger wieder. Die Kranken verlangen fortwährend nach Getränken, besonders geistigen, genießen aber sonst
gar nichts.
Eine Haupterscheinung dabei ist die vollkommene Schlaflosigkeit. Die Haut schwitzt sehr, die Augenlider sind gerötet, Lippen
und Zähne
[* 22] trocken, rußig belegt; der Stuhl ist verstopft, der Urin sparsam, der Puls gewöhnlich nicht
beschleunigt. Allmählich werden die Kranken erschöpft, und es stellt sich dann zeitweise Schlaf ein. Zuweilen tritt jedoch
auch der Tod ein, nachdem heftiges Toben vorausgegangen und die Kranken zusehends verfallen sind. Als Nachkrankheiten bleiben
manchmal Geistesstörungen zurück.
Der Ausbruch der Krankheit wird entweder durch starke Exzesse im Branntweintrinken oder durch plötzliche
Entziehung desselben bei Gewohnheitstrinkern hervorgerufen; oft wird er durch andre akute Leiden,
[* 23] wie Lungenentzündung, Knochenbrüche,
Operationen etc., begünstigt. Am häufigsten kommt das Delirium im Mannesalter vom 30. bis 50. Lebensjahr
vor. Die Dauer desselben ist meist kurz, auf einige Tage beschränkt, selten zieht es sich wochenlang
hinaus; jedoch treten später leicht neue Anfälle des Delirium ein.
Das Delirium tremens ist eine schwere Krankheit, die in 15 Proz. der Fälle mit dem Tod endigt; als anatomische Grundlage der Störung
ergibt sich meist eine chronische Entzündung der Hirnhäute, Blutüberfüllung und Ödem des Gehirns. Die Behandlung besteht
zunächst darin, daß man Gewohnheitstrinkern nicht
plötzlich den Alkohol entzieht und ihnen kräftige
Nahrung und Wein verordnet. Als sicherste Mittel gegen das Delirium galten bisher das Opium und das Morphium, welche man in großen schlafmachenden
Dosen reichte.
Seit einigen Jahren ist dazu noch das Chloralhydrat gekommen, welches wegen seiner prompten schlafmachenden Wirkung
namentlich in solchen Fällen unschätzbar ist, wo das Delirium durch einen Knochenbruch oder andre schwere Verletzungen zum Ausbruch
gekommen ist und der Kranke sich also nicht bewegen darf. Bei drohender Herzschwäche dagegen ist das Chloral durchaus zu
vermeiden! Wegen der Gefahr für andre Kranke sind Deliranten zu bewachen und in besondere Zimmer zu legen.
Kann man den Kranken herumgehen lassen, ohne befürchten zu müssen, daß er sich Schaden thut, so ist dies deshalb gut, weil
derselbe dadurch sich am besten so ermüdet, daß ihn das Bedürfnis des Schlafs überkommt. Man hat deshalb auch in manchen
Fällenan D. Erkrankte von zwei kräftigen Männern fassen und so lange umherführen lassen, bis die Ermüdung
aufs höchste gesteigert war. Nur völlige Unterlassung des Mißbrauchs geistiger Getränke, namentlich des Branntweins, schützt
vor Wiederholung der Anfälle; leider fallen die Kranken aber meist früher oder später in ihre alte Gewohnheit des Trinkens
zurück.
Vgl. Rose, Delirium tremens und Delirium traumaticum (Stuttg.
1884).
Problem (Duplicatio cubi, Verdoppelung des Würfels), eine im Altertum sehr berühmte geometrische Aufgabe,
über deren Entstehung zwei Sagen bestehen. Nach der einen ließ der König Minos seinem Sohn ein Grabmal in Würfelform errichten,
welches durch Unvorsichtigkeit des Baumeisters zu klein ausfiel. Es sollte daher der marmorne, 100 Fuß
lange, ebenso breite und hohe Würfel weggenommen und ein andrer, doppelt so großer an des vorigen Platz gesetzt werden.
Die andre Sage berichtet, daß das Orakel zu Delos zur Beseitigung einer Pest in Athen
[* 24] den Rat erteilt habe, den Altar
[* 25] des Apollon,
[* 26] der die Form eines Würfels hatte, zu verdoppeln. Da niemand über die Seitenlänge des zu erbauenden
AltarsBescheid zu erteilen wußte, kam die Frage an Platon, der in seiner Verlegenheit den Griechen andeutete, daß dem Gott
eigentlich an der Verdoppelung des Würfels nichts liege, sondern vielmehr daran, daß das Studium der Geometrie mehr
betrieben werde.
Ist a die Seite des gegebenen Würfels, x die des gesuchten, welcher den mfachen Inhalt des ersten haben soll, so muß x =
a 3( m) ^[img] sein, und wenn m keine Kubikzahl (8, 27 etc.) ist, so läßt sich der Wert x nicht durch eine geometrische
Konstruktion im Sinn der Alten, d. h. bloß mit Benutzung von geraden Linien und Kreisen, finden. Wohl aber
gelingt eine solche Konstruktion, wenn man Kegelschnitte
[* 27] und andre krumme Linien anwendet, und die Geometer des Altertums und
der Renaissance haben eine Menge derartiger Konstruktionen angegeben, auch zu diesem Zweck mehrere krumme Linien ersonnen. Da man
eine Kubikwurzel bis zu jedem Grade der Genauigkeit berechnen kann, so hat das Problem für die praktische Berechnung keine
Schwierigkeit.
Vgl. Montucla, Histoire des recherches sur la quadrature du cercle (Par. 1754, 1831);
(spr. dölihl), 1) Guillaume, franz. Geograph, geb. zu
Paris, gab zahlreiche Kartenwerke heraus, die sich durch Eleganz und Schärfe des Stiches vor den frühern rühmlich auszeichneten,
wurde 1702 Mitglied der PariserAkademie der Wissenschaften, erhielt den Titel eines königlichen
¶
mehr
Geographen und von Ludwig XIV. den Auftrag, den Dauphin (nachherigen König Ludwig XV.) in der Erdkunde
[* 29] zu unterrichten. Im AuftragPeters d. Gr. lieferte er eine große Karte des KaspischenMeers, dessen wahre Lage und Gestalt dadurch zuerst bekannt wurde.
Außerdem verfaßte Delisle einen »Traité du cours des fleuves« (Par. 1720). Er starb Delisle war
der erste, der eine wissenschaftlich vergleichende Geographie anbahnte, indem er bei seinen Werken stets auch die Arbeiten
von Reisenden und die Werke der Naturforscher benutzte.
Seine astronomischen Beobachtungen beziehen sich namentlich auf Finsternisse. Im J. 1747 kehrte er wieder nach Paris zurück
und starb Er schrieb: »Mémoires sur les nouvelles découvertes au nord de la mer du Sud« (Par. 1752);
»Mémoires
pour servir à l'histoire de l'astronomie, de la géographie et de la physique« (Petersb.
1738, 4 Bde.);
»Eclipses circumjovialium, sive immersiones quatuor satellitum Jovis, ad annos
1734, 1738 et menses priores 1739« (hrsg. von Kirch, Berl. 1734).
3) Louis, nach einem von mütterlicher Seite angenommenen Beinamen de la Croyère genannt, Bruder des vorigen, ebenfalls Astronom,
bereiste, um die Lage mehrerer wichtiger Standpunkte in Rußland astronomisch zu bestimmen, das GouvernementArchangel und Sibirien
bis nach Kamtschatka und begleitete den KapitänBering auf seiner Fahrt 1741 von Kamtschatka nach Amerika,
[* 34] starb aber 22. Okt. d. J., als er eben von der amerikanischen Küste zurückgekommen war, in der Awatschabai.
4) LéopoldVictor, franz. Paläograph und Historiker, geb. zu Valognes (Manche), besuchte seit 1847 die École des
chartes und veröffentlichte in der »Bibliothèque«
derselben mehrere wichtige Abhandlungen, wie »Recherches sur les revenus publics en Normandie au XII. siècle« und »Les monuments
paléographiques concernant l'usage de prier pour les morts«. Ebenso wurde ihm für seine Lösung der Aufgabe »Rechercher
la condition de la classe agricole en Normandie au moyen-âge« (1851) von seiten der Akademie der Preis
Gobert zu teil. Delisle erhielt 1852 eine Anstellung an der kaiserlichen Bibliothek, wurde 1857 zum Mitglied der Akademie der Inschriften
und 1874 zum obersten Vorstand der Bibliothek ernannt.
Von seinen Werken führen wir an: »Cartulaire normand de Philippe-Auguste«
(1852);
»Catalogue des actes de Philippe-Auguste« (mit einer
reichhaltigen Einleitung, 1856);
»Recueil de jugements de l'échiquier de Normandie au XIII. siècle« (1860);
»Inventaire des
manuscrits du fonds latin« (1863-71, 5 Bde.);
»Documents sur les fabriques de faïence de Rouen«
[* 35] (1865);
»Observations sur
l'origine de plusieurs manuscrits de la collection de M. Barrois« (1866);
(franz., spr. -lih), im Code pénal Bezeichnung der zweiten Klasse der strafbaren Handlungen, die nur vor dem
Zuchtpolizeigerichtshof abgeurteilt werden und bloß die sogen. Peine correctionnelle nach sich ziehen, im Gegensatz zu den
schweren Crimes und den noch geringern Contraventions.
[* 42] (ehedem Delcz, Dehliz), Kreisstadt im preuß. Regierungsbezirk Merseburg,
[* 43] 94 m ü. M., an der Löbber und
an den Eisenbahnlinien Magdeburg-Zerbst-Leipzig und Halle-Guben, hat 4 Kirchen, darunter eine katholische, ein Schloß und (1880) 8225 Einw.
(168 Katholiken);
lebhaft ist der Handel mit Gemüse und Gartenfrüchten. Delitzsch ist
Sitz eines Amtsgerichts und hat ein Realprogymnasium, ein Schullehrerseminar, eine Strafanstalt für weibliche Personen und
eine Gasleitung. Delitzsch gehörte zuerst zum BistumMerseburg;
Das Schloß wurde im Dreißigjährigen Krieg zerstört, 1691 aber wieder aufgebaut
und zum Witwensitz jenes Fürstenhauses bestimmt. Nach dem Aussterben des letztern (1738) fiel an Kursachsen und wurde 1815 preußisch.
Delitzsch ist Geburtsort des Physikers Ehrenberg (1796) und des Nationalökonomen Schulze-Delitzsch (1808).
Franz, Theolog, besonders als Exeget und Hebraist ausgezeichnet, geb. zu Leipzig, habilitierte
sich 1842 ebendaselbst, ward 1846 als ordentlicher Professor der Theologie nach Rostock,
[* 45] 1850 in gleicher Eigenschaft nach Erlangen
[* 46] und 1867 wieder nach Leipzig berufen, wo er noch jetzt wirkt. Aus gründlichen Studien über die jüdisch-rabbinische
¶
mehr
Litteratur flossen seine Werke: »Geschichte der jüdischen Poesie« (Leipz. 1836);
Von theologischen Gesichtspunkten stark beeinflußt sind Delitzsch' exegetische Arbeiten, darunter die Kommentare zu Habakuk (Leipz.
1843), zum Hohenlied (das. 1851), zur Genesis (4. Aufl., das. 1873), zum Psalter (4. Aufl., das. 1883),
zum Hiob (2. Aufl., das. 1876), zum Jesaias (3. Aufl., das. 1879), zu den Sprüchen (1873), zum Brief an die Hebräer (das. 1857),
zum Hohenlied und Prediger (das. 1875). Auch gab er die Schrift »Jesurun, isagoge in grammaticam et lexicographiam
linguae hebraicae« (Leipz. 1838) heraus, worin er in Übereinstimmung mit Fürst einen Zusammenhang zwischen dem semitischen
und indogermanischen Sprachstamm
[* 48] zu erweisen suchte, und »Jüdisch-arabische Poesien aus vormuhammedanischer Zeit« (das. 1874).
Mehrere seiner populären erbaulichen Schriften haben große Verbreitung gefunden, besonders sein Kommunionbuch »Das
Sakrament des wahren Leibes und Blutes Jesu Christi« (6. Aufl., Dresd. 1876),
sein (gewissermaßen zur Goethe-Litteratur gehöriges) Buch »Philemon, oder von der christlichen Freundschaft« (2.
Aufl., Stuttg. 1858). Diesen schließen sich an: »Handwerkerleben zur Zeit Jesu« (3. Aufl., Erlang. 1878);
»Physiologie und Musik in ihrer Bedeutung für die Grammatik, besonders die hebräische«
(das. 1868) und »Handschriftliche Funde« (das. 1861-1862). - Sein Sohn Friedrich Delitzsch, geb. hat sich als Assyriolog
einen Namen gemacht und bekleidet gegenwärtig die Professur der Assyriologie an der Universität zu Leipzig. Er veröffentlichte:
»Studien über indogermanisch-semitische Wurzelverwandtschaft« (Leipz. 1873, 2. Ausg.
1884);
»The Hebrew language viewed in the
light of Assyrian research« (Lond. 1883);
»Die Sprache der Kossäer« (das. 1884). - Ein andrer Sohn, Johannes
Delitzsch, geb. 1846 zu Rostock, seit 1872 Dozent an der theologischen Fakultät in Leipzig, schrieb: »Das Lehrsystem der römischen
Kirche« (Gotha
[* 49] 1875, Bd. 1), starb aber schon
zu erwähnen, die einen
Anhang zu Lassens grammatischem Werk über die Prâkritmundart bildet, und der Schrift »Der sardinische Dialekt des 13. Jahrhunderts«
(Bonn 1868).
Auch veröffentlichte er»Gedichte« (Brem. 1853) und lieferte wertvolle Beiträge zur Kenntnis der romanischen
Litteratur in der Ausgabe von Waces altfranzösischer Dichtung »Saint-Nicolas« (Bonn 1850) und in den »Provençalischen Liedern«
(das. 1853).
(ital., franz. Ducroire, engl.
Guaranty), Gutstehen oder Einstehen für die Solvenz eines andern; im wesentlichen also ist die Übernahme des Delkredere eine
Bürgschaftsübernahme. Im kaufmännischen Kommissionsgeschäft steht der Kommissionär für die Zahlung oder für die anderweite
Erfüllung der Verbindlichkeit desjenigen, mit welchem er im Vollzug des ihm gewordenen Auftrags kontrahiert
hat, dem Kommittenten gegenüber nur dann Delkredere für diesen Dritten, wenn die Verpflichtung zum Delkrederestehen von
ihm ausdrücklich übernommen oder am Ort seiner Niederlassung Handelsgebrauch ist.
Ein Kommissionär, welcher dem Auftraggeber Delkredere steht, ist diesem für die gehörige Erfüllung
unmittelbar und persönlich insoweit haftbar, als die Erfüllung überhaupt aus dem Vertragsverhältnis gefordert werden
kann. Als Gegenleistung für diese besondere Verpflichtungsübernahme hat der Kommissionär neben dem Recht auf die gewöhnliche
Provision noch einen Anspruch auf eine besondere Vergütung (Delkredereprovision), deren Satz je nach der Dauer und Größe
des mit dem Delkredere übernommenen Risikos verschieden ist (meist 1-2 Proz., seltener 3 und mehr Prozent). Nach
kaufmännischem Sprachgebrauch versteht man unter Delkrederekonto das Konto für unsichere Forderungen. Vorschußvereine, Aktiengesellschaften
und ähnliche Institute bilden zuweilen einen Delkrederefonds, welcher zu bevorstehenden Abschreibungen auf unsichere Forderungen
und drohende Verluste bestimmt ist.
Die Stadt, jetzt ein wichtiger militärischer Posten, besteht aus dem alten Teil, der ehemaligen Residenzstadt
Barbarossas, und dem neuen, von den Franzosen erbauten Teil, hat eine Gewerbeschule und treibt Handel mit Getreide,
[* 63] Öl, Salz
[* 64] etc.
An der Stelle von Dellys stand zur Zeit der Römer
[* 65] die Kolonie Russucurrus, von der nur noch wenige Überbleibsel
vorhanden sind.
Henri Philibert Joseph, belg. Bühnendichter, geb. zu Boudour im Hennegau, studierte die Rechte,
trat dann in den Staatsdienst und ward schließlich Kreiskommissar in Nivelles. Gegenwärtig lebt er zurückgezogen in Brüssel.
[* 72] Als Bühnendichter verfolgt Delmotte die Tendenz, an Stelle der aus Paris importierten Stücke auf den belgischen BühnenDichtungenBahn zu brechen, welche von nationalem Geist erfüllt sind und lokale Zustände behandeln, und wirklich
versteht er es vorzüglich, den Lokalton zu treffen und die Belgier der mittlern Stände zu zeichnen, wie sie sind, ohne in
soziale Tendenzen zu verfallen. Gedruckt erschienen von ihm: »Poésies« (Brüssel 1846) und »Comédies« (das. 1873) sowie zahlreiche
Artikel in Revuen etc. Zu gunsten der Bildung und Förderung eines nationalen Theaters der französisch redenden
Belgier führte Delmotte 1879-80 in Flugschriften und Zeitungsartikeln eine sehr lebhafte Polemik.
»Cartulaires
de l'abbaye de Beaulieu« (das. 1859) u. »Études
sur la géographie de la Gaule, etc.« (das. 1864) Hervorhebung. Beide letztere
Werke wurden mit Preisen gekrönt. Ferner schrieb er: »La Trustis et l'antrustion royal sous
les deux premières races« (Par. 1873).
(spr. dölólm),JeanLouis, schweizer. Rechtsgelehrter, geb. 1740 zu
Genf,
[* 73] war daselbst als Advokat thätig. Infolge des Anstoßes, den seine Schrift »Examen des trois points des droits« erregte, mußte
er aus Genf
flüchten. Er begab sich nach England und schrieb hier publizistische und staatsrechtliche Werke, die ihm einen geachteten
Namen erworben haben. 1775 kehrte er in sein Vaterland zurück und starb Sein berühmtestes
Werk ist: »Constitution de l'Angleterre« (Amsterd. 1771; zuletzt Par.
1822, 2 Bde.),
welches er selbst ins Englische
[* 74] (Lond. 1772; oft aufgelegt, zuletzt
¶
mehr
hrsg. von Macgregor, 1853) und ins Deutsche
[* 76] (Leipz. 1776, auch
Altona
[* 77] 1819) übersetzte. Nächstdem ist zu nennen: »A parallel between the
English government and the former government of Sweden« (Lond. 1772). Noch verdienen Erwähnung: »The history of the flagellants«
(Lond. 1777) und »An essay containing a few strictures
on the union of Scotland with England« (das. 1787).
GeorgeWashington,
[* 78] Nordpolarreisender, geb. 1844 zu New York, machte 1873 eine Fahrt ins NördlicheEismeer zur
Aufsuchung der »Polaris« mit und übernahm 1879 die Führung der sogen. Bennettschen Polarexpedition, welche mit dem Schiff
[* 79] Jeannette, auf drei Jahre verproviantiert, durch die Beringsstraße dem Nordpol zustreben sollte. Das Schiff
ging zwischen 77 und 78° nördl. Br. und etwa 155° östl. L. unter; die Mannschaft suchte auf drei Booten die NordküsteSibiriens zu erreichen. Hier fand Delong mit fast allen Insassen seines Boots auf dem Marsch nach den russischen Ansiedelungen an der
untern Lena seinen Tod. Vgl. Nordpolarexpeditionen.
(spr. dölōr), Taxile, franz. Schriftsteller, geb. zu
Avignon von protestantischen Eltern, machte seine Studien 1830-34 zu Marseille
[* 80] und ließ sich 1837 in Paris nieder, wo er sich
als Journalist an mehreren Zeitschriften beteiligte, bis er 1842 die Chefredaktion des »Charivari« übernahm,
die er mit kurzer Unterbrechung bis 1858 führte. Seiner litterarischen Thätigkeit für dieses Blatt
[* 81] verdankte er zunächst
seinen Ruf. Später war er vorzugsweise bei der Redaktion des »Siècle« beteiligt. Bei den Ergänzungswahlen vom wurde
er vom DepartementVaucluse in die Nationalversammlung gewählt, wo er auf der äußersten Linken seinen
Sitz nahm. Er starb Delord ließ außer zahlreichen Beiträgen für die verschiedensten Journale mehrere selbständige
Werke erscheinen, z. B. »Physiologie de la Parisienne« (Par. 1851),
»Matinées littéraires« (das. 1860) und besonders eine
»Histoire du second empire« (das. 1868-75, 6 Bde.),
die bei der Opposition lebhaften Beifall fand.
»Le premier tome de l'Architecture de Philibert Delorme« (das.
1567).
Vgl. Lübke, Geschichte der französischen Renaissance (2. Aufl., Stuttg. 1885).
2) Marion, berühmte franz. Kurtisane, geb. zu Blois aus einer bürgerlichen Familie, kam in früher Jugend nach Paris,
wo sie eine bedeutende Erbschaft antrat, war zuerst die Geliebte des Dichters Desbarreaux und fesselte
durch ihre Anmut den unglücklichen Cinq-Mars,
Günstling des Königs, der sogar mit ihr heimlich verheiratet gewesen sein soll;
doch huldigten ihr auch andre vornehme Personen am Hof,
[* 84] ja selbst Ludwig XIII. sowie die PrinzenCondé und Conti.
Zur Zeit der Fronde hielten die Anhänger der unzufriedenen Prinzen ihre Zusammenkünfte bei ihr. Nach
der Verhaftung der PrinzenCondé und Conti sollte auch sie in den Kerker geworfen werden, starb aber plötzlich Dieser
geschichtlichen Thatsache gegenüber meldet die Sage, Delorme habe das Gerücht ihres Todes selbst verbreitet, um glücklich nach
England zu entkommen, sei später zurückgekehrt und habe, nachdem sie drei Männer, darunter einen Räuberhauptmann,
geheiratet, bis 1706 (nach andern gar bis 1741) gelebt. Alfred de Vigny hat ihre Schicksale in seinem Roman »Cinq-Mars«, VictorHugo in einem Drama bearbeitet.
Vgl. Méry, Les confessions de Marion Delorme (Par. 1850-51, 4 Bde.).
eine der Kykladen im Ägeischen Meer, ein schmaler, etwa 5 km langer, 1¼ km
breiter, 3 qkm großer Granitrücken mit dem Berg Kynthos in der Mitte (106 m), jetzt verödet, im Altertum aber eine blühende
und als Nationalheiligtum der Griechen hochgefeierte Stätte. Einst, wie der Mythus erzählt, schwamm die Insel auf dem Meer,
bis sie Poseidon
[* 85] für die umherirrende, von der Hera
[* 86] verfolgte Leto (Latona) an vier diamantenen Säulen
[* 87] befestigte.
Leto gebar hier den Apollon und die Artemis
[* 88] (daher deren Beinamen Delios und Delia); die Insel war deshalb ein heiliger Ort und
wurde ein Hauptsitz der Verehrung beider Gottheiten, nachdem schon vorher ein orientalisches Götterpaar dort verehrt worden
war.
Zahlreiche Tempel
[* 89] und Kunstwerke schmückten sie; namentlich galt der prachtvolle Apollontempel mit der
Kolossalstatue des Gottes, einem Weihgeschenk der Naxier, allen Griechen als größtes Heiligtum. Es war ein dorischer Bau
aus dem Beginn des 4. Jahrh. v. Chr. von 29,49 m Länge und 13,55 m Breite,
[* 90] wie die seit 1877 von Homolle für das französische
archäologische Institut ausgeführten Nachgrabungen gezeigt haben. Nördlich von ihm stand ein merkwürdiger
Altar, der ganz aus Stierhörnern, den Symbolen des Lichts, zusammengesetzt war und zur Entstehung des sogen. Delischen Problems
(s. d.) Veranlassung gab.
Sämtliche ionische Staaten schickten hierher feierliche Gesandtschaften (Theorien) mit reichen Opfergaben, und unermeßliche
Schätze häuften sich in den Tempeln der Insel an. Auch befand sich in Delos ein Orakel, das zur Zeit seiner
Blüte
[* 91] als eins der zuverlässigsten galt, und alle fünf Jahre wurde daselbst das berühmte Delische Fest mit Wettgesängen,
Wettkämpfen und Spielen aller Art gefeiert, woran alle StämmeGriechenlands teilnahmen. Die frühsten Bewohner der Insel waren
Karier; etwa tausend Jahre vor Christo wurde sie von den Ioniern besetzt. Sie stand lange Zeit hindurch unter eignen Priesterkönigen
und war insonderheit als Mittelpunkt für die große athenische
¶