machte sich als Vorstand der
Armenhäuser von
Paris,
[* 2] als Mitbegründer der
Sparkassen in
Frankreich und der
»Société philanthropique«
sowie durch freigebige
Fürsorge für die
Arbeiter und namentlich auch durch höchst liberale Unterstützung wissenschaftlicher
und künstlerischer Bestrebungen sehr verdient und war
Besitzer einer von seinem
Vater begründeten wertvollen Gemäldesammlung
(mitRaffaelsMadonna: la Vierge de la
Maison d'Orléans) und Kupferstichsammlung, auch einer der reichsten
Naturaliensammlungen.
Noch gab er heraus: »Recueil de coquilles décrites par
Lamarck« (1841 ff.) und schrieb: »Des avantages
de la caisse d'épargne et de prévoyance« (1835);
»Les bons exemples, nouvelle morale en action« (mit
Degérando, 3. Ausg.
1867);
Dessen Sohn
AlexandreHenri Edouard, geb. begleitete
Saulcy auf seiner
Reise nach
Palästina
[* 3] (1850) und berichtete
darüber in
»Voyage aux villes maudites« (1853, 4. Ausg. 1855). Er war Mitbegründer
des »Athénaeum français« und hat sich auch sonst als Belletrist bekannt
gemacht.
Mineral aus der
Ordnung der
Silikate (Chloritgruppe), findet sich mikrokristallinisch in schuppigen und kurzfaserigen
Individuen, welche in den
Melaphyren teils vollständige konzentrisch-schalige
Mandeln, teils nur die Krusten von andern
Mandeln und
Geoden bilden. Delessit ist oliven- bis schwärzlichgrün,
Härte 2-2,5, spez. Gew. 2,89.
Er besteht aus einem wasserhaltigen Doppelsilikat von
Magnesia,
Eisenoxydul,
Thonerde und
Eisenoxyd.
Landstrich von 300 qkm in der niederländ.
ProvinzSüdholland, zwischen Rhynland, Schieland, der
Maas und
dem
Meer, zerfällt in Westambachten und Ostambachten;
Stadt in der niederländ.
ProvinzSüdholland,
ArrondissementHaag,
[* 7] südöstlich vom
Haag, an der
EisenbahnRotterdam-Amsterdam,
ist von vielen
Kanälen durchschnitten und durch einen derselben mit
Haag verbunden, ziemlich regelmäßig und freundlich gebaut,
aber wenig belebt. Unter den öffentlichen Gebäuden zeichnen sich aus: der Prinzenhof, worin Wilhelm I.
von
Oranien durch Balthasar Gerardsz erschossen wurde (jetzt
Kaserne);
das große, 1618 erbaute
Rathaus mit
wertvollen Gemälden;
Die Zahl der Einwohner betrug 27,241,
wovon fast ein Drittel Katholiken sind. Im 17. und 18. Jahrh. hatte die Stadt berühmte
Fabriken für
Fayence
[* 10] und
Steingut,
deren Erzeugnisse (s.
Delfter Fayencen) weit und breit bekannt waren;
gegenwärtig ist nur noch eine dieser
Fabriken im Betrieb.
Auch besitzt Delft eine große
Irrenanstalt. Die freundliche Umgebung enthält viele
Windmühlen und hübsche Gartenhäuser. Delft wurde
im 11. Jahrh. (1071) von dem lothringischen
HerzogGottfried dem Buckligen erbaut, später wiederholt von großen Feuersbrünsten
heimgesucht, namentlich 1654 (wo ein Pulverturm mit 75,000 kg
Pulver in die
Luft flog und unter den Trümmern
der Stadt 1200
Menschen begrub). Zur Zeit der
Batavischen Republik war Delft die Hauptstadt eines
Departements gleichen
Namens.
Fayencen, stark glasiertes, weißes Gebrauchsgeschirr, welches seit dem Ende des 16. Jahrh.
bis zum Ende des 18. Jahrh. in
Delft angefertigt wurde. Seine charakteristische Eigentümlichkeit ist
die blaue Bemalung, welche sich an japanische und chinesische Vorbilder anschließt. In der Mitte des 17. Jahrh.
erreichte die Fabrikation ihre
Blütezeit. A. de Keyzer ahmte das chinesische blaue
Porzellan nach. Dann kamen auch bunte
Farben
neben der blauen auf. Man fertigte nicht nur Gegenstände für den
Gebrauch (eiförmige
Krüge,
[* 13]
Schüsseln,
Körbe,
Schalen, Blumenvasen, Tulpenständer, Spucknäpfe), sondern auch
Menschen- und Tierfiguren,
Geigen und ähnliche Spielereien.
Durch den massenhaften
Export der delfter Fayencen verbreitete sich ihre
Dekoration auch anderswo, besonders in
England und
Deutschland.
[* 14] S. Tafel
»Keramik«,
[* 15] Fig. 10.
Vgl. Havard,Histoire de la faience de
Delft (Par. 1878).
in den frühern türkischen HeerenName einzelner Wagehälse der türkischen
Kavallerie, die im Kampf blind auf den Feind losgingen, wobei sie meist von Opium berauscht zu sein pflegten.
Die kleinen Delien wurden
jährlich am 6. Thargelion (Ende Mai) gefeiert und besonders von den Athenern beschickt, die großen
Delien, die Hauptversammlungen der ionischen Amphiktyonen, alle fünf Jahre am 6. und 7. Thargelion gehalten und, wie auch
die kleinen Delien, mit Spielen verbunden.
Auch die in dem böotischen Delion dem Apollon
[* 24] zu Ehren gefeierten Feste hießen Delia.
Das Théâtre lyrique brachte zwei einaktige komische Opern: »Maître Griffard« (1857) und »Le jardinier et son maître«
(1863). Mehr und mehr zeigte sich Delibes' Talent für eine feine, graziöse, heitere Musik; doch kam derselbe erst in sein eigentliches
Element, als sich ihm die Pforten der GroßenOper öffneten, an welcher er 1865 als zweiter Chordirektor
angestellt wurde. 1866 brachte diese das Ballett »La source« (in Wien
[* 26] als »Naila, die Quellenfee« gegeben),
zu dem Delibes in Gemeinschaft
mit einem Polen (Minkus) die Musik geschrieben hatte; der Erfolg der von Delibes komponierten Nummern war ein entscheidender. 1870 folgte
das Ballett »Coppélia«, das seinen Ruf als Komponist endgültig feststellte, 1876 das Ballett »Sylvie, ou
la nymphe de Diane«. Inzwischen war auch die komische Oper »Le roi l'a dit« 1873 mit großem Erfolg zur Aufführung gelangt
und ist seitdem auch über deutsche Bühnen gegangen. Für D'. bestes Werk gilt »Coppélia«; bei
den übrigen schädigt nicht selten das mangelhafte Libretto den Erfolg der Musik. Delibes hat späterhin seine Chordirektorstelle
aufgegeben und ist seit 1880 Professor der Komposition am PariserKonservatorium.
in älterer Zeit beliebter Titel für dichterische Sammelwerke, z. B. Deliciae poetarum italorum, Deliciae poet. gallorum, Deliciae poet. germanorum
etc. (sämtlich in 14 Bdn., Frankf. a. M.
1608-19).
Bei den Römern hießen Deliciae auch gewisse Sklaven (meist Kinder, Zwerge und Mißgeburten), die zur Unterhaltung ihrer
Herren dienten. - Deliciae generis humani (»Zierde des
Menschengeschlechts«),
Nachdem er 1870 nach dem Rücktritt von Zaimis kurze Zeit Ministerpräsident gewesen, übernahm er 1872 wieder die
Bildung eines Kabinetts und brachte eine Vereinbarung mit der italienisch-französischen Gesellschaft, welche die Laurionbergwerke
besaß, zu stande, infolge deren die Bergwerke auf Griechenland
[* 28] übergingen. 1874 gestürzt, war er 1876 drei TageMinisterpräsident,
übernahm aber im März 1877 von neuem das Ministerium und befolgte während des russisch-türkischen Kriegs eine friedliche
Politik, da er durch eine gütliche Verständigung mit der Pforte mehr zu erreichen hoffte als durch Krieg.
Im Koalitionsministerium vom Juni 1877 erhielt er die Finanzen, trat aber zurück, als im Januar 1878 die Regierung sich zur
Teilnahme amKrieg entschloß. Er starb Seine politischen Reden erschienen 1880 in Athen
[* 29] (2 Bde.).
(spr. dölinji), Edouard JeanEtienne, franz. General, geb. zu Ballan (Indre), trat 1835 als Leutnant
in das 13. leichte Infanterieregiment und diente über 20 Jahre in Algerien,
[* 32] wo er sich sowohl bei den
kriegerischen Unternehmungen als in den arabischen Büreaus auszeichnete. Er ward 1844 zum Kapitän befördert, 1848 zum Bataillonschef, 1852 zum
Obersten und 1855 zum
¶
mehr
Brigadegeneral. 1859 erhielt er als Divisionsgeneral den Oberbefehl über die Division von Oran und unterdrückte mehrere Aufstände
der Araber. Von Oran ward er 1869 abberufen, um das Lager
[* 34] von Châlons zu befestigen, und stand 1870 im deutsch-französischen
Krieg an der Spitze einer Division der Rheinarmee, mit welcher er in den Schlachten
[* 35] vor Metz
[* 36] kämpfte und
Ende Oktober nach der Kapitulation von Metz in deutsche Gefangenschaft geriet. Er wurde in Münster
[* 37] interniert und schrieb hier
die Broschüre »1870. Armée de Metz« (Par. u. Brüss. 1870-71),
in welcher er als einer der ersten Bazaine die Schuld an dem Unglück der Rheinarmee beimaß. 1873-79 führte
er den Oberbefehl über das 4. Armeekorps in Le Mans. Er ward darauf zum Generalinspekteur der Armee ernannt, aber 1880 zur Disposition
gestellt.
(spr. dölihl),Jacques, franz. Dichter, geb. zu Aigue-Perse in der Auvergne als der natürliche Sohn
des Advokaten Montanier, erhielt im CollègeLisieux zu Paris eine vorzügliche Schulbildung und wurde Lehrer
an den Gymnasien von Beauvais und Amiens,
[* 40] dann in Paris. Schon früh bewies er ein großes poetisches Talent, berühmt aber wurde
er erst 1769 durch seine Übersetzung von Vergils »Georgica«. Die ganze litterarische Welt, besonders Voltaire, verherrlichte
den Dichter. 1772 wurde er in die Akademie gewählt, seine Aufnahme verzögerte sich aber wegen seiner
Jugend bis 1774. Nachdem er seine Lehrthätigkeit mit einer Professur der lateinischen Poesie am Collège de France vertauscht
hatte, erschien 1782 sein erstes größeres Originalwerk, das Lehrgedicht »Les jardins, ou l'art d'embellir les paysages«,
mit welchem er einen großen Erfolg errang, besonders da er zugleich ein vorzüglicher Vorleser war.
Sein bestes Werk ist die Übertragung der »Georgica«; hier treten seine Vorzüge, Korrektheit der Sprache
[* 41] und des Rhythmus, Eleganz
und Leichtigkeit des Versbaues, Feinheit des Geschmacks und Reichtum der Phantasie, aufs glänzendste hervor; aber oft ist das
Original vergewaltigt, und sein gezierter Stil und seine gesuchten Bilder lassen erkennen, daß er zu sehr
auf den Geschmack seiner Zeit Rücksicht nimmt. Viel geringer sind seine eignen Leistungen: meist lose aneinander gereihte
Bilder ohne Plan, ohne Einheit, ohne Zusammenhang;
selbst Stil und Versbau sind zuweilen schwach. Am tiefsten stehen seine spätern
Übersetzungen;
Seine Werke (gesammelt von Michaud, 1824, 16 Bde.;
Didot, 1847) erschienen in folgender Ordnung: »Les Géorgiques de Virgile« (Par. 1769, 1782 u.
öfter);
(lat.), das Zerfließen von Körpern, namentlich von Salzen, wenn sie so viel Wasser aus der Atmosphäre anziehen,
daß sich zuletzt eine konzentrierte Lösung bildet;
(lat.), Irresein, Phantasieren, Irrereden, eine Erscheinung, welche bei krankhaften Zuständen sehr verschiedener
Art vorkommt und darin besteht, daß die Kranken infolge einer Gehirnstörung zu Reden oder Handlungen veranlaßt werden, welche
mit den äußern Verhältnissen nicht im Einklang stehen. Das Irrereden im weitern Sinn kommt bei Geistesstörungen sehr häufig
vor. Gewöhnlich aber gebraucht man den Ausdruck Delirium oder Delirieren nur im engern Sinn für das Irresein
bei Krankheiten, mit Ausschluß der Geisteskrankheiten. Am häufigsten wird das Delirium beobachtet bei schweren fieberhaften Krankheiten,
namentlich den sogen. Infektionskrankheiten (z. B. bei Typhus, Blattern, Scharlach, Masern), aber auch bei den sogen. entzündlichen
Fiebern, z. B. bei Hirnhautentzündung, Lungenentzündung.
Nach heftigen Verwundungen, wenn sich Wundfieber einstellt, kommt das Wundfieberdelirium (Delirium traumaticum) vor. Irrereden ist
ferner eine häufige Erscheinung bei akuten Vergiftungen mit narkotischen Giften und anästhetischen Mitteln (Morphium, Belladonna,
Chloroform), auch bei den eigentlichen Dyskrasien oder den Blutentmischungskrankheiten (Zurückhaltung der Harn- und Gallenbestandteile
im Blut). Seltener wird Irrereden bei fieberlosen Krankheiten, wie bei Hysterie und Epilepsie, und nach großen
Blutverlusten und dadurch bedingter Gehirnanämie beobachtet.
Das Delirium ist immer ein Beweis dafür, daß das Gehirn
[* 44] in seinen Verrichtungen gestört ist, und die Ursache dieser Störung liegt
teils in einem übermäßigen oder abnorm geringen Zufluß von Blut zum Gehirn, teils darin, daß das im
Gehirn zirkulierende Blut durch fremdartige, giftähnlich wirkende Stoffe verunreinigt ist. In Beziehung auf die Heftigkeit
und die Art der Äußerung ist das Delirium sehr verschieden. Zuweilen ist es mehr ein stilles, sanftes Irrereden,
die Kranken murmeln nur so vor sich hin, zupfen an der Bettdecke (Delirium blandum, tranquillum,
mussitans, mite), wie dies vorzüglich in den höhern Stadien der nervösen Fieber, wenn bereits eine größere Schwäche eingetreten
ist, vorkommt; in andern Fällen herrschen wilde Delirien (Delirium furibundum, furiosum) vor, wobei die Kranken heftig reden, schreien,
fort wollen, aus dem Bett
[* 45] springen oder wenigstens große Unruhe zeigen, fortwährend mit den Armen gestikulieren
etc. Können die Kranken aus dem Irresein durch eine bestimmte
¶
mehr
Anrede, durch Rufen ihres Namens zu lichten Augenblicken erweckt werden, wie dies öfters beim Typhus beobachtet wird, so nennt
man die Delirien typhomanische. Das Delirium, welches bei den oben erwähnten Krampfzuständen zeitweilig sich einstellt (Delirium spasticum,
nervosum, periodicum), hat in Bezug auf Gefahr eine sehr geringe Bedeutung, während dagegen namentlich
die erste Form des Delirium eine sehr schwere Erkrankung bezeichnet. Da das Delirium nicht eine Krankheit für sich, sondern nur ein Symptom
und zwar sehr verschiedener Krankheiten ist, so kann es selbstverständlich nicht Gegenstand einer besondern Behandlung sein.
In den meisten Fällen ist überhaupt das Delirium keiner Behandlung zugänglich. Immerhin aber ist es in
den Fällen, wo das Delirium im Verlauf einer fieberhaften Krankheit vorkommt, ganz zweckmäßig, wenn man kalte Umschläge oder einen
Eisbeutel auf den Kopf legt, Senfteige an den Waden appliziert und beruhigende Mittel gibt, sofern nicht die Grundkrankheit,
z. B. Typhus, derartige Eingriffe widerraten erscheinen läßt.
Eine besondere Art des Delirium ist das Delirium tremens (lat.,
Säuferwahnsinn, Mania potatorum), welches das wesentliche Symptom einer selbständigen, durch Alkoholmißbrauch entstehenden
Gehirnkrankheit ausmacht. Es äußert sich teils in Sinnestäuschungen, teils in stillen oder wilden Delirien, wobei gewöhnlich
ein starkes Zittern der Glieder und der Zunge vorhanden ist. Die Kranken glauben Mäuse und andre Tiere zu
sehen und suchen diese zu erhaschen oder sie zu vertreiben, sie wischen deshalb beständig auf ihrer Haut
[* 47] oder der Bettdecke,
um die Tiere, Spukgestalten, Würmer
[* 48] u. dgl. zu entfernen, welche namentlich
während der Dunkelheit in Masse auf sie losstürmen, nach ihnen schnappen und sie in jeder Art ängstigen.
Zuweilen sind die Delirien wahnsinnartig, die Kranken glauben sich von Feinden umgeben, schreien und toben, schlagen um sich
und wollen entfliehen, sich aus dem Fenster stürzen. Andre Kranke sind dagegen stets heiter, lachen und schwatzen beständig.
Der Gesichtsausdruck ist bald zornig gereizt, bald ruhig. Die Delirien machen zeitweise Pausen und kehren
dann um so heftiger wieder. Die Kranken verlangen fortwährend nach Getränken, besonders geistigen, genießen aber sonst
gar nichts.
Eine Haupterscheinung dabei ist die vollkommene Schlaflosigkeit. Die Haut schwitzt sehr, die Augenlider sind gerötet, Lippen
und Zähne
[* 49] trocken, rußig belegt; der Stuhl ist verstopft, der Urin sparsam, der Puls gewöhnlich nicht
beschleunigt. Allmählich werden die Kranken erschöpft, und es stellt sich dann zeitweise Schlaf ein. Zuweilen tritt jedoch
auch der Tod ein, nachdem heftiges Toben vorausgegangen und die Kranken zusehends verfallen sind. Als Nachkrankheiten bleiben
manchmal Geistesstörungen zurück.
Der Ausbruch der Krankheit wird entweder durch starke Exzesse im Branntweintrinken oder durch plötzliche
Entziehung desselben bei Gewohnheitstrinkern hervorgerufen; oft wird er durch andre akute Leiden,
[* 50] wie Lungenentzündung, Knochenbrüche,
Operationen etc., begünstigt. Am häufigsten kommt das Delirium im Mannesalter vom 30. bis 50. Lebensjahr
vor. Die Dauer desselben ist meist kurz, auf einige Tage beschränkt, selten zieht es sich wochenlang
hinaus; jedoch treten später leicht neue Anfälle des Delirium ein.
Das Delirium tremens ist eine schwere Krankheit, die in 15 Proz. der Fälle mit dem Tod endigt; als anatomische Grundlage der Störung
ergibt sich meist eine chronische Entzündung der Hirnhäute, Blutüberfüllung und Ödem des Gehirns. Die Behandlung besteht
zunächst darin, daß man Gewohnheitstrinkern nicht
plötzlich den Alkohol entzieht und ihnen kräftige
Nahrung und Wein verordnet. Als sicherste Mittel gegen das Delirium galten bisher das Opium und das Morphium, welche man in großen schlafmachenden
Dosen reichte.
Seit einigen Jahren ist dazu noch das Chloralhydrat gekommen, welches wegen seiner prompten schlafmachenden Wirkung
namentlich in solchen Fällen unschätzbar ist, wo das Delirium durch einen Knochenbruch oder andre schwere Verletzungen zum Ausbruch
gekommen ist und der Kranke sich also nicht bewegen darf. Bei drohender Herzschwäche dagegen ist das Chloral durchaus zu
vermeiden! Wegen der Gefahr für andre Kranke sind Deliranten zu bewachen und in besondere Zimmer zu legen.
Kann man den Kranken herumgehen lassen, ohne befürchten zu müssen, daß er sich Schaden thut, so ist dies deshalb gut, weil
derselbe dadurch sich am besten so ermüdet, daß ihn das Bedürfnis des Schlafs überkommt. Man hat deshalb auch in manchen
Fällenan D. Erkrankte von zwei kräftigen Männern fassen und so lange umherführen lassen, bis die Ermüdung
aufs höchste gesteigert war. Nur völlige Unterlassung des Mißbrauchs geistiger Getränke, namentlich des Branntweins, schützt
vor Wiederholung der Anfälle; leider fallen die Kranken aber meist früher oder später in ihre alte Gewohnheit des Trinkens
zurück.
Vgl. Rose, Delirium tremens und Delirium traumaticum (Stuttg.
1884).
Problem (Duplicatio cubi, Verdoppelung des Würfels), eine im Altertum sehr berühmte geometrische Aufgabe,
über deren Entstehung zwei Sagen bestehen. Nach der einen ließ der König Minos seinem Sohn ein Grabmal in Würfelform errichten,
welches durch Unvorsichtigkeit des Baumeisters zu klein ausfiel. Es sollte daher der marmorne, 100 Fuß
lange, ebenso breite und hohe Würfel weggenommen und ein andrer, doppelt so großer an des vorigen Platz gesetzt werden.
Die andre Sage berichtet, daß das Orakel zu Delos zur Beseitigung einer Pest in Athen den Rat erteilt habe, den Altar
[* 51] des Apollon,
der die Form eines Würfels hatte, zu verdoppeln. Da niemand über die Seitenlänge des zu erbauenden
AltarsBescheid zu erteilen wußte, kam die Frage an Platon, der in seiner Verlegenheit den Griechen andeutete, daß dem Gott
eigentlich an der Verdoppelung des Würfels nichts liege, sondern vielmehr daran, daß das Studium der Geometrie mehr
betrieben werde.
Ist a die Seite des gegebenen Würfels, x die des gesuchten, welcher den mfachen Inhalt des ersten haben soll, so muß x =
a 3( m) ^[img] sein, und wenn m keine Kubikzahl (8, 27 etc.) ist, so läßt sich der Wert x nicht durch eine geometrische
Konstruktion im Sinn der Alten, d. h. bloß mit Benutzung von geraden Linien und Kreisen, finden. Wohl aber
gelingt eine solche Konstruktion, wenn man Kegelschnitte
[* 52] und andre krumme Linien anwendet, und die Geometer des Altertums und
der Renaissance haben eine Menge derartiger Konstruktionen angegeben, auch zu diesem Zweck mehrere krumme Linien ersonnen. Da man
eine Kubikwurzel bis zu jedem Grade der Genauigkeit berechnen kann, so hat das Problem für die praktische Berechnung keine
Schwierigkeit.
Vgl. Montucla, Histoire des recherches sur la quadrature du cercle (Par. 1754, 1831);
(spr. dölihl), 1) Guillaume, franz. Geograph, geb. zu
Paris, gab zahlreiche Kartenwerke heraus, die sich durch Eleganz und Schärfe des Stiches vor den frühern rühmlich auszeichneten,
wurde 1702 Mitglied der PariserAkademie der Wissenschaften, erhielt den Titel eines königlichen
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mehr
Geographen und von Ludwig XIV. den Auftrag, den Dauphin (nachherigen König Ludwig XV.) in der Erdkunde
[* 54] zu unterrichten. Im AuftragPeters d. Gr. lieferte er eine große Karte des KaspischenMeers, dessen wahre Lage und Gestalt dadurch zuerst bekannt wurde.
Außerdem verfaßte Delisle einen »Traité du cours des fleuves« (Par. 1720). Er starb Delisle war
der erste, der eine wissenschaftlich vergleichende Geographie anbahnte, indem er bei seinen Werken stets auch die Arbeiten
von Reisenden und die Werke der Naturforscher benutzte.
Seine astronomischen Beobachtungen beziehen sich namentlich auf Finsternisse. Im J. 1747 kehrte er wieder nach Paris zurück
und starb Er schrieb: »Mémoires sur les nouvelles découvertes au nord de la mer du Sud« (Par. 1752);
»Mémoires
pour servir à l'histoire de l'astronomie, de la géographie et de la physique« (Petersb.
1738, 4 Bde.);
»Eclipses circumjovialium, sive immersiones quatuor satellitum Jovis, ad annos
1734, 1738 et menses priores 1739« (hrsg. von Kirch, Berl. 1734).
3) Louis, nach einem von mütterlicher Seite angenommenen Beinamen de la Croyère genannt, Bruder des vorigen, ebenfalls Astronom,
bereiste, um die Lage mehrerer wichtiger Standpunkte in Rußland astronomisch zu bestimmen, das GouvernementArchangel und Sibirien
bis nach Kamtschatka und begleitete den KapitänBering auf seiner Fahrt 1741 von Kamtschatka nach Amerika,
[* 59] starb aber 22. Okt. d. J., als er eben von der amerikanischen Küste zurückgekommen war, in der Awatschabai.
4) LéopoldVictor, franz. Paläograph und Historiker, geb. zu Valognes (Manche), besuchte seit 1847 die École des
chartes und veröffentlichte in der »Bibliothèque«
derselben mehrere wichtige Abhandlungen, wie »Recherches sur les revenus publics en Normandie au XII. siècle« und »Les monuments
paléographiques concernant l'usage de prier pour les morts«. Ebenso wurde ihm für seine Lösung der Aufgabe »Rechercher
la condition de la classe agricole en Normandie au moyen-âge« (1851) von seiten der Akademie der Preis
Gobert zu teil. Delisle erhielt 1852 eine Anstellung an der kaiserlichen Bibliothek, wurde 1857 zum Mitglied der Akademie der Inschriften
und 1874 zum obersten Vorstand der Bibliothek ernannt.
Von seinen Werken führen wir an: »Cartulaire normand de Philippe-Auguste«
(1852);
»Catalogue des actes de Philippe-Auguste« (mit einer
reichhaltigen Einleitung, 1856);
»Recueil de jugements de l'échiquier de Normandie au XIII. siècle« (1860);
»Inventaire des
manuscrits du fonds latin« (1863-71, 5 Bde.);
»Documents sur les fabriques de faïence de Rouen«
[* 60] (1865);
»Observations sur
l'origine de plusieurs manuscrits de la collection de M. Barrois« (1866);
(franz., spr. -lih), im Code pénal Bezeichnung der zweiten Klasse der strafbaren Handlungen, die nur vor dem
Zuchtpolizeigerichtshof abgeurteilt werden und bloß die sogen. Peine correctionnelle nach sich ziehen, im Gegensatz zu den
schweren Crimes und den noch geringern Contraventions.
[* 67] (ehedem Delcz, Dehliz), Kreisstadt im preuß. Regierungsbezirk Merseburg,
[* 68] 94 m ü. M., an der Löbber und
an den Eisenbahnlinien Magdeburg-Zerbst-Leipzig und Halle-Guben, hat 4 Kirchen, darunter eine katholische, ein Schloß und (1880) 8225 Einw.
(168 Katholiken);
lebhaft ist der Handel mit Gemüse und Gartenfrüchten. Delitzsch ist
Sitz eines Amtsgerichts und hat ein Realprogymnasium, ein Schullehrerseminar, eine Strafanstalt für weibliche Personen und
eine Gasleitung. Delitzsch gehörte zuerst zum BistumMerseburg;
Das Schloß wurde im Dreißigjährigen Krieg zerstört, 1691 aber wieder aufgebaut
und zum Witwensitz jenes Fürstenhauses bestimmt. Nach dem Aussterben des letztern (1738) fiel an Kursachsen und wurde 1815 preußisch.
Delitzsch ist Geburtsort des Physikers Ehrenberg (1796) und des Nationalökonomen Schulze-Delitzsch (1808).
Franz, Theolog, besonders als Exeget und Hebraist ausgezeichnet, geb. zu Leipzig, habilitierte
sich 1842 ebendaselbst, ward 1846 als ordentlicher Professor der Theologie nach Rostock,
[* 70] 1850 in gleicher Eigenschaft nach Erlangen
[* 71] und 1867 wieder nach Leipzig berufen, wo er noch jetzt wirkt. Aus gründlichen Studien über die jüdisch-rabbinische
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mehr
Litteratur flossen seine Werke: »Geschichte der jüdischen Poesie« (Leipz. 1836);
Von theologischen Gesichtspunkten stark beeinflußt sind Delitzsch' exegetische Arbeiten, darunter die Kommentare zu Habakuk (Leipz.
1843), zum Hohenlied (das. 1851), zur Genesis (4. Aufl., das. 1873), zum Psalter (4. Aufl., das. 1883),
zum Hiob (2. Aufl., das. 1876), zum Jesaias (3. Aufl., das. 1879), zu den Sprüchen (1873), zum Brief an die Hebräer (das. 1857),
zum Hohenlied und Prediger (das. 1875). Auch gab er die Schrift »Jesurun, isagoge in grammaticam et lexicographiam
linguae hebraicae« (Leipz. 1838) heraus, worin er in Übereinstimmung mit Fürst einen Zusammenhang zwischen dem semitischen
und indogermanischen Sprachstamm
[* 73] zu erweisen suchte, und »Jüdisch-arabische Poesien aus vormuhammedanischer Zeit« (das. 1874).
Mehrere seiner populären erbaulichen Schriften haben große Verbreitung gefunden, besonders sein Kommunionbuch »Das
Sakrament des wahren Leibes und Blutes Jesu Christi« (6. Aufl., Dresd. 1876),
sein (gewissermaßen zur Goethe-Litteratur gehöriges) Buch »Philemon, oder von der christlichen Freundschaft« (2.
Aufl., Stuttg. 1858). Diesen schließen sich an: »Handwerkerleben zur Zeit Jesu« (3. Aufl., Erlang. 1878);
»Physiologie und Musik in ihrer Bedeutung für die Grammatik, besonders die hebräische«
(das. 1868) und »Handschriftliche Funde« (das. 1861-1862). - Sein Sohn Friedrich Delitzsch, geb. hat sich als Assyriolog
einen Namen gemacht und bekleidet gegenwärtig die Professur der Assyriologie an der Universität zu Leipzig. Er veröffentlichte:
»Studien über indogermanisch-semitische Wurzelverwandtschaft« (Leipz. 1873, 2. Ausg.
1884);
»The Hebrew language viewed in the
light of Assyrian research« (Lond. 1883);
»Die Sprache der Kossäer« (das. 1884). - Ein andrer Sohn, Johannes
Delitzsch, geb. 1846 zu Rostock, seit 1872 Dozent an der theologischen Fakultät in Leipzig, schrieb: »Das Lehrsystem der römischen
Kirche« (Gotha
[* 74] 1875, Bd. 1), starb aber schon
zu erwähnen, die einen
Anhang zu Lassens grammatischem Werk über die Prâkritmundart bildet, und der Schrift »Der sardinische Dialekt des 13. Jahrhunderts«
(Bonn 1868).
Auch veröffentlichte er»Gedichte« (Brem. 1853) und lieferte wertvolle Beiträge zur Kenntnis der romanischen
Litteratur in der Ausgabe von Waces altfranzösischer Dichtung »Saint-Nicolas« (Bonn 1850) und in den »Provençalischen Liedern«
(das. 1853).
(ital., franz. Ducroire, engl.
Guaranty), Gutstehen oder Einstehen für die Solvenz eines andern; im wesentlichen also ist die Übernahme des Delkredere eine
Bürgschaftsübernahme. Im kaufmännischen Kommissionsgeschäft steht der Kommissionär für die Zahlung oder für die anderweite
Erfüllung der Verbindlichkeit desjenigen, mit welchem er im Vollzug des ihm gewordenen Auftrags kontrahiert
hat, dem Kommittenten gegenüber nur dann Delkredere für diesen Dritten, wenn die Verpflichtung zum Delkrederestehen von
ihm ausdrücklich übernommen oder am Ort seiner Niederlassung Handelsgebrauch ist.
Ein Kommissionär, welcher dem Auftraggeber Delkredere steht, ist diesem für die gehörige Erfüllung
unmittelbar und persönlich insoweit haftbar, als die Erfüllung überhaupt aus dem Vertragsverhältnis gefordert werden
kann. Als Gegenleistung für diese besondere Verpflichtungsübernahme hat der Kommissionär neben dem Recht auf die gewöhnliche
Provision noch einen Anspruch auf eine besondere Vergütung (Delkredereprovision), deren Satz je nach der Dauer und Größe
des mit dem Delkredere übernommenen Risikos verschieden ist (meist 1-2 Proz., seltener 3 und mehr Prozent). Nach
kaufmännischem Sprachgebrauch versteht man unter Delkrederekonto das Konto für unsichere Forderungen. Vorschußvereine, Aktiengesellschaften
und ähnliche Institute bilden zuweilen einen Delkrederefonds, welcher zu bevorstehenden Abschreibungen auf unsichere Forderungen
und drohende Verluste bestimmt ist.