Dedignieren
(lat.), verachten, etwas seiner nicht würdig erachten;
Dedignation, stolze Verachtung, Geringschätzung.
(lat.), verachten, etwas seiner nicht würdig erachten;
Dedignation, stolze Verachtung, Geringschätzung.
(lat.), bei den Römern die feierliche Einweihung eines öffentlichen Gebäudes, besonders eines Tempels, entweder durch einen der Konsuln, oder durch den Erbauer des Tempels, oder durch zwei vom Volk eigens dazu gewählte Kommissare (duumviri dedicando templo), aber immer unter dem Beistand der Pontifices. Der Pontifex maximus sprach ihnen die Einweihungsformel vor. Die Dedikation erteilte dem durch sie den Göttern übergebenen Tempel [* 2] etc. Heiligkeit, so daß niemand daran mehr eine Änderung vornehmen oder Ansprüche darauf erheben durfte. Der Tag der Dedikation galt als der Geburtstag des Gottes. Jetzt gebraucht man das Wort für die Zueignung oder Widmung von Schriften, Kunstsachen etc. an eine Person (auch eine verstorbene), eine Sitte, die schon bei den Alten im Gebrauch war. Seit Erfindung der Buchdruckerkunst pflegen Schriftsteller ihr Werk teils aus Dank, teils, um es zu empfehlen etc., jemand zu dedizieren.
Marktflecken im russ. Gouvernement Moskau, [* 3] Kreis [* 4] Kolomna, an der Oka, mit einer Schiffswerfte, auf der alle zum Transport des Korns aus den getreidereichen Gegenden Mittel- und Südrußlands nach Moskau bestimmten Fahrzeuge (Strusen) erbaut werden.
(lat., abgekürzt ddt. oder dt.), er hat gegeben, bezahlt.
(lat.), s. Dedition. ^[= (lat.), Übergabe, Ergebung, besonders bei den Römern die feierliche Ergebung einer Stadt oder ...]
(dedieren), zu etwas das Dedit (s. d.) hinzusetzen, eine Schuld als bezahlt notieren.
(lat.), Übergabe, Ergebung, besonders bei den Römern die feierliche Ergebung einer Stadt oder eines Volkes auf Gnade und Ungnade. Diejenigen Völker, welche sich so ergeben hatten, die Dediticii, waren der Willkür des Siegers völlig preisgegeben; sie wurden indes je nach Umständen mehr oder weniger hart behandelt, mußten oft die Waffen [* 5] ausliefern, Geiseln stellen, römische Besatzungen aufnehmen, die Mauern ihrer Städte niederreißen; es kam aber auch vor, daß sie, wenn ihre Ergebung eine mehr freiwillige war, unter Bewahrung der Selbstverwaltung als Schutzverbündete angenommen wurden. Den gleichen Namen Dediticii führte die unterste Klasse der Freigelassenen, nämlich diejenigen, die als Sklaven eine entehrende Strafe erlitten hatten. Sie konnten weder Cives noch Latini werden, durften nicht in Rom [* 6] leben, ihr Nachlaß fiel an den ehemaligen Herrn zurück.
vgl. Dedikation. ^[= (lat.), bei den Römern die feierliche Einweihung eines öffentlichen Gebäudes, besonders eines ...]
Bergstadt im russ. Gouvernement Perm, mit (1879) 3954 Einw. und großen, der Krone gehörigen Salzwerken, die früher durchschnittlich 1¾ Mill. Pud Sudsalz erzeugten, deren Ertrag aber neuerdings abgenommen hat.
(»Finger«),
früheres span. Längenmaß, = 1,741 cm. ^[= offizielle Abkürzung für Zentimeter; cmm für Kubikmillimeter.]
(franz., spr. -masch'máng), Entschädigung;
dedommagieren, schadlos halten.
(franz., spr. -dublmāng, griech. Chorise), Verdoppelung durch Halbierung, in der Botanik Bezeichnung des Falles, daß Teile eines zusammengesetzten Blattgebildes durch sehr frühe Teilung aus einer gemeinsamen Grundanlage hervorgehen und später das Aussehen ebenso vieler selbständiger Blätter darbieten.
Bei Staubblättern ist das Dédoublement z. B. bei den Kruciferen [* 7] sehr verbreitet.
deducendis (lat.), nach Abzug des Abzuziehenden, auch nach Beweis des zu Beweisenden;
deductis impensis, nach Abzug der Kosten.
aere aliēno (lat.), nach Abzug der Schulden. ^[= (Debitum), die aus einem Rechtsgrund zu entrichtende Leistung, besonders an Geld und Geldeswert ...]
(lat.), im philosophischen Sinn, im Gegensatz zur Induktion [* 8] (s. d.), die »Ableitung« eines Besondern aus einem Allgemeinen, wie jene die eines Allgemeinen aus Besonderm. So läßt sich aus dem Satz, daß der binomische Lehrsatz für jeden wie immer beschaffenen Exponenten gelte, deduzieren, daß er auch für gebrochene und imaginäre Exponenten gelten müsse. Jener Satz selbst aber ist aus der vollständigen Aufzählung aller möglichen Arten von Exponenten induziert. Im weitern Sinn wird jeder Beweis, der nicht auf bloße Anschauung des zu Beweisenden, in welchem Fall er Demonstration (s. d.) heißt, sondern aus Gründen geführt wird, Deduktion genannt.
Die sogen. transcendentale Deduktion in der kritischen Schule ist der Form nach ein hypothetischer Schluß, bei welchem aus dem Gesetztsein eines notwendig zu Denkenden auf das Gesetztsein desjenigen geschlossen wird, ohne welches dasselbe nicht gedacht werden kann. So wird die Idealität des Raums (und der Zeit) als subjektive Anschauungsform von Kant dadurch deduziert, daß ohne dieselbe die Mathematik als Wissenschaft nicht denkbar wäre. Aber auch die Produktion des äußern Weltbildes von seiten des Ichs wird von Fichte [* 9] aus dem Grund als unerläßlich deduziert, weil die Realisierung des Sittengesetzes durch Überwindung der Sinnlichkeit ohne die letztere als »Material der Pflichterfüllung« undenkbar wäre.
Daß aus dem notwendig Denkenmüssen das Sein des notwendig als seiend Gedachten nicht folge, überhaupt sich das Sein aus dem Denken nicht »herausklauben« lasse, hat Kant bei seiner Kritik des ontologischen Beweises scharfsinnig erkannt, seine idealistische Nachfolgerschaft, welche Denken und Sein als identisch setzte, minder scharfsichtig verkannt. Die gleichfalls Deduktion genannte deductio ad absurdum fällt mit dem indirekten oder apagogischen Beweis (s. Apagoge), der aus der Unmöglichkeit der notwendigen Folgen aus einer Annahme auf die Unerlaubtheit dieser selbst schließt, zusammen. - Im Prozeß ist Deduktion jede rechtliche Ausführung oder Beweisführung.
Man spricht von einer Deduktion der Klage, sofern jede Klage ein Syllogismus ist, in welchem das Gesuch an das Gericht um Gewährung des Rechtsschutzes die Konklusion bildet und aus einer Mehrzahl von Prämissen hervorgeht, durch welche der Richter von der Richtigkeit des Gesuchs überzeugt werden soll. Ganz analog ist die Gegendeduktion des Beklagten. Ebenso gibt es ein Deduktions- und Gegendeduktionsverfahren im Beweis, sofern jeder Teil und zwar im modernen Prozeßverfahren in der mündlichen Verhandlung darzulegen und auszuführen versucht, daß seine Beweisführung gelungen, die des Gegenteils aber mißlungen oder entkräftet worden sei. Soll die Deduktion politische oder staats- und völkerrechtliche Ansprüche begründen, so nennt man sie auch Staatsschrift. Große Sammlungen solcher Deduktionen enthalten die »Staatskanzlei« von Faber und Reuß [* 10] sowie Lünigs, Jenichens und Siebenkees' »Bibliotheca deductionum«, auch Klübers »Staatsarchiv des Deutschen Bundes«.
(lat.), herleitend beweisen, darthun;
den Rechtsbeweis aus andern schon erwiesenen Sätzen oder Rechten führen. ¶
(spr. dih), Name mehrerer Flüsse [* 12] in Großbritannien. [* 13] Die bedeutendsten sind:
1) Dee in Nordwales, entspringt in Merionethshire, fließt durch den Balasee und an Llangollen und Chester vorbei und ergießt sich nach 126 km Laufs in weiter Mündung in das Irische Meer; er ist nicht schiffbar, aber an der Mündung kanalisiert. - 2) Dee in Schottland, entspringt auf den Cairngormbergen, durchfließt in östlicher Richtung den Südwesten der Grafschaft Aberdeen, [* 14] scheidet diese dann von der Grafschaft Kincardine und mündet nach 140 km Laufs, nur auf eine kurze Strecke schiffbar, bei Aberdeen in die Nordsee; er bildet mehrere Fälle. - 3) Dee in der schott. Landschaft Galloway, mündet nach 74 km langem Lauf unterhalb Kirkcudbright in den Solwayfirth.
Dorf im preuß. Regierungsbezirk Stettin, [* 15] Kreis Greifenberg, an der Mündung der Rega, 12 km vom Bahnhof Treptow a. R., hat eine Rettungsstation für Schiffbrüchige, starke Fischerei, [* 16] ein besuchtes Seebad und 400 Einw.
Lodge City (spr. dihr lodsch ssitti), Stadt im nordamerikan. Territorium Montana, am obern Hellgate River, in goldreicher Gegend, 100 km südwestlich von Helena, 1418 m ü. M., mit Zuchthaus und (1880) 941 Einw.
(spr. däēsch), Stadt in Siebenbürgen, Sitz des ungar. Komitats Szolnok-Doboka, am Zusammenfluß des Großen und Kleinen Szamos und an der Szamosyölgyer Eisenbahn (Klausenburg-Deés), mit Schloßruine, interessantem alten Tökölyschen Palais, 3 Kirchen, Franziskanerkloster, schönem Komitats- und Stadthaus, Spital und (1881) 6191 meist ungar. Einwohnern, die Gewerbe (Leinweberei), Handel und Weinbau betreiben. Deés hat einen Gerichtshof und war einst der Sitz der Grafen Bethlen. In der Nähe liegt das ungarisch-rumänische Dorf Deésakna, mit Deés durch Eisenbahn verbunden, mit 1879 Einw. und bedeutenden Steinsalzgruben.
Salzbergwerk, s. Deés. ^[= (spr. däēsch), Stadt in Siebenbürgen, Sitz des ungar. Komitats Szolnok-Doboka, am Zusammenfluß ...]
facto (lat.), der That nach, faktisch, abgesehen davon, ob etwas auch rechtlich begründet (de jure) ist oder geschieht;
daher de facto et absque jure, eigenmächtig und widerrechtlich.
(lat.), Läuterung, Reinigung. ^[= s. Menstruation.]
s. v. w. Gaskalk, der Kalk, mit welchem Leuchtgas [* 17] gereinigt worden ist.
(lat.), s. v. w. Diffamation. ^[= (lat.), Verbreitung einer übeln Nachrede gegen jemand, dann die gegen andre ausgesproch ...]
(lat.), ermüden, ermatten;
Defatigation, Ermüdung, Ermattung.
(franz., spr. -foh), Mangel, Fehler;
Nichterscheinen vor Gericht.
(franz.), ungünstig, abgeneigt.
(lat.), mangelhaft, unvollzählig;
als Substantiv s. v. w. Mangel, Fehler;
daher Defektbogen, s. v. w. fehlender oder beschädigter Bogen; [* 19]
Kassendefekt, der in der Kasse gegen den buchmäßigen Bestand weniger vorhandene Betrag (Manko);
Defekte der Beamten bei Kassen und öffentlichen Verwaltungen werden, was den Betrag und die Ersatzpflicht betrifft, von der Aufsichtsbehörde festgestellt.
Solche Beschlüsse sind nach der Gesetzgebung verschiedener Staaten sofort vollstreckbar, so z. B. nach preußischem Recht, welches aber dem Beamten außer dem Rekurs an die höhere Verwaltungsbehörde auch das Betreten des Rechtswegs binnen Jahresfrist gestattet. Dasselbe gilt nach dem deutschen Reichsbeamtengesetz (§ 134 ff.). Hat der Beamte sich Gelder, welche er in amtlicher Verwahrung hatte, rechtswidrig zugeeignet, so trifft ihn die schwere Strafe der Unterschlagung (s. d.); defektieren, eine Rechnung in Beziehung auf etwanige Rechnungsfehler durchsehen.
(lat.), Abfall, Abtrünnigkeit;
Abnahme, Schwinden der Kräfte. ^[= # in der Naturlehre die Ursache, welche man zur Erklärung einer Erscheinung annimmt. Eine K. ...]
(lat.), mangelhaft, unvollzählig;
Defektivkirchen, bei den Katholiken alle von der römischen Kirche als der allein wahren abgefallenen Kirchen.
(lat.), ein beugungsfähiges Wort, von dem aber nicht alle Formen im Gebrauch sind.
(engl., spr. difenn-, »Verteidiger«),
eine politische Verbindung in Irland, deren Zweck die Aufrechterhaltung und Erlangung politischer und religiöser Freiheit war, und deren Ursprung auf die Zeit des Siegs Wilhelms III. über die Irländer am Boynefluß zurückgeführt wird. Mit den Häuptern der presbyterianischen Partei verbanden sich nach jener Schlacht die gedrückten Katholiken, um Schutz gegen politische Verfolgung zu suchen. Doch scheint die Verbindung den Namen Defenders und den bestimmten Zweck, Irland vom englischen Joch zu befreien, erst gegen Ende des 18. Jahrh. angenommen zu haben. Sie hatte den wesentlichsten Anteil an den Aufständen von 1797 bis 1798. Nach dem unglücklichen Ausgang des letzten Versuchs, die britische Regierung zu politischen Konzessionen zu zwingen, löste sich die Verbindung auf. Aber Geist und Tendenz der Defenders erhielten sich und bildeten die Grundlage zu des Agitators Daniel O'Connell Repealassociation.
(lat.), verteidigen;
Defendénd, der zu verteidigende Angeklagte;
Defendént, der Verteidiger.
(lat.), Verteidigung, im juristischen wie im militärischen Sinn;
insbesondere nach Verfall des Rittertums und Heerbanns bis ins 18. Jahrh. hinein in den deutschen Staaten Bezeichnung der Landmiliz (Defensioner) und der darauf bezüglichen, mit den Ständen abgeschlossenen Verträge (Defensionsrezesse), ferner der dazu zu stellenden Landesverteidigung, zunächst nur Fußvolk, bald auch Ritterpferde und »Artholerey«.
und Defensionskasernen, zur Gewehr- oder Geschützverteidigung eingerichtete Kasematten im Gegensatz zu Wohnkasematten.
Bei den Festungsbauten in der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts häufig angewendet, finden sie im neuern Festungsbau der vernichtenden Wirkung der Artillerie gegenüber keine Anwendung mehr.
(lat.), diejenige der beiden Hauptformen kriegerischer Thätigkeit, bei welcher es, im Gegensatz zur Offensive (s. d.), auf Verteidigung, nicht auf Angriff abgesehen ist. In der Defensive erwartet man den Feind in einer Aufstellung und wehrt seinen Angriff ab. Man bedient sich der reinen aber nur so lange, als man ihrer der eignen Schwäche wegen bedarf, und gibt sie auf, sobald man sich zum Angriff stark genug fühlt. Eine gute Defensive muß offensive Momente haben. Es wird deshalb die Stellung zur Defensive so gewählt, daß sich neben oder innerhalb einer starken Verteidigungslinie ein günstiges Angriffsfeld findet.
Ein berühmtes Beispiel dafür bietet die Schlacht bei Austerlitz. [* 20] Napoleon hielt sich so lange defensiv, bis die Russen und Österreicher sich mit voller Macht auf seinen rechten Flügel, der langsam wich, geworfen hatten. Dann brach er plötzlich gegen das feindliche Zentrum und den rechten Flügel vor, wo die Truppen stark weggezogen waren, und entschied die Schlacht durch die Wegnahme der Höhen von Pratzen. Man unterscheidet zwischen strategischer und taktischer Defensive. Die strategische Defensive bezweckt Abwarten der Operationen des Gegners. Die taktische Defensive betrifft das ¶
Verhalten in einer Schlacht. Friedrich II. hielt sich im Siebenjährigen Krieg strategisch in der Defensive, taktisch ergriff er stets die Offensive. Die Franzosen blieben zu Beginn des Kriegs 1870 sowohl strategisch als taktisch in der Defensive. Sie erwarteten den Feind im Land und wiederum in einzelnen Positionen den Angriff der verschiedenen deutschen Armeen. Die Schlachten [* 22] bei Wörth, [* 23] Saarbrücken, [* 24] Metz [* 25] und Sedan [* 26] sind französischerseits reine Defensivschlachten gewesen.
Defensivstellung heißt diejenige Stellung, welche das Vordringen des Feindes in einer bestimmten Richtung verhindern oder wenigstens erschweren soll. Bedingungen einer guten Defensivlinie sind: Stützpunkte für die Flanken, freie Aussicht vor der Fronte, Annäherungshindernisse im wirksamsten Bereich der Batterien, natürliche Deckung gegen das feindliche Feuer, verdeckte Aufstellung der Reserven und Möglichkeit zum Übergehen in die Offensive. Wo die Natur solche Hilfsmittel versagt, muß die Kunst sie zu ersetzen suchen, teils durch Anwendung der Fortifikation, teils durch zweckmäßige Verteilung der Waffengattungen; stets kann und muß die Kunst auch die besten Positionen noch verstärken. Befindet sich ein fester Platz in der Nähe der Stellung, so gewinnt diese dadurch sehr an Festigkeit. [* 27] Die besten Defensivstellungen bietet ein wellenförmiges, stellenweise durchschnittenes und bedecktes Terrain. Defensivlinien sind ausgedehntere Terrainabschnitte, welche durch Befestigungen verstärkt sind.
(Streichlinie), im Festungsbau beim bastionierten Tracee die Verlängerung [* 28] der Face [* 29] bis zum Kurtinenpunkt;
Defenswinkel, der durch Defenslinie und Kurtine gebildete Winkel; [* 30]
vgl. Bastion.
(lat.), Verteidiger, gerichtlicher Anwalt, Sachwalter, bevollmächtigter Geschäftsführer, Vertreter einer Stadt, Gemeinde, Korporation etc., namentlich der Verteidiger im Strafverfahren.
Man unterscheidet hier zwischen dem freiwillig erwählten und dem von Amts wegen aufgestellten sogen. Offizialdefensor (s. Verteidigung).
Defensor civitatis hieß vor Konstantin d. Gr. der mit Besorgung eines Geschäfts seitens einer Stadt Beauftragte;
später ein Beamter, der die Bürger vor Bedrückung durch die Statthalter und andern Unbilden zu schützen, auch Anteil an der Jurisdiktion hatte.
fidĕi (lat., »Beschützer des Glaubens«),
Ehrentitel, den Heinrich VIII. von England vom Papst Leo X. für die Schrift gegen Luther erhielt, in welcher er die päpstliche Gewalt, den Ablaß und die sieben Sakramente verteidigte.
(lat.), deferierender Kreis, s. Epicykel. ^[= (griech., "Nebenkreis"), ein Kreis, auf welchem sich ein Punkt mit gleichbleibender ...] [* 31]
(lat.), der einem andern einen Eid Zuschiebende (s. Eid);
auch s. v. w. Angeber;
auf Münzen [* 32] Zeichen des Prägorts oder des Münzmeisters.
(lat.), Unterwürfigkeit, Ehrerbietung, Willfährigkeit;
Berichterstattung.
(lat.), einem etwas hinterbringen, berichten, anzeigen;
in der Rechtssprache s. v. w. genehmigen, bewilligen, z. B. einem Gesuch deferieren;
auch s. v. w. antragen, anbieten, z. B. einen Eid.
(lat.), erkalten, sich allmählich abkühlen;
im Eifer nachlassen. Deferveszenz, das allmähliche Erkalten;
Nachlassung im Eifer.
(franz., spr. defih), Herausforderung zum Kampf. ^[= Arthur, Maler, geb. 28. Sept. 1864 zu Aachen, bildete sich auf der Kunstakademie in Düsseldorf ...]
(franz., spr. -angs), Mißtrauen, Argwohn;
défiant, mißtrauisch.
(spr. dĭfēīens), Stadt im NW. des nordamerikan. Staats Ohio, am schiffbaren Maumee, mit (1880) 5907 Einw. Defiance steht an der Stelle des 1794 von General Wayne erbauten gleichnamigen Forts.
(ital., spr. -fitschenndo), musikal. Vortragsbezeichnung: »nachlassend« an Tonstärke und Bewegung, wie mancando und calando.
pecunia (lat.), bei Geldmangel;
deficiente pecu deficit omne nia, Scherzvers mit Auseinanderreißung des Wortes pecunia, etwa: Wo es gebricht an G E, mangelt auch alles L Deficiente.
(lat.), verunstalten, entstellen.
Defiguration, Verunstaltung.
(franz. Défilé, »Wegenge«),
jeder Weg oder Durchgang, der durch Terrainhindernisse so beengt ist, daß er nur in verhältnismäßig schmaler Fronte zu marschieren gestattet. Defileen können zur Verbindung zweier Terrainabschnitte dienen, wie z. B. Brücken [* 33] und Dammwege, oder es sind Wege, die in schwer zugänglichem Terrain fortlaufen und oft mehrere Meilen lang sind, z. B. Straßen in Thälern, Gründen, Ortschaften, Wäldern, morastigen Niederungen etc. Das Defilee wird zum Engpaß, wenn es durchs Gebirge führt und sehr schmal ist; seine Ausgänge werden Deboucheen (s. d.) genannt.
Defileen spielen im Krieg eine Rolle, wenn sie auf der Rückzugslinie verfolgter Korps liegen und nicht umgangen werden können, oder wenn der Feind ein Korps am Debouchieren aus einem Defilee zu hindern sucht, oder endlich, wenn er ein von einem Korps besetztes Defilee erobern will, wobei es dann zu Defileegefechten kommt, deren Verlauf meist durch die dabei zur Verwendung kommenden Waffengattungen sowie durch die Beschaffenheit des Defilees selbst bestimmt wird. In der Regel sind die Kämpfe in und vor Defileen sehr blutig, wofür die Kriegsgeschichte zahlreiche Beispiele liefert. Man sucht deshalb ein Defilee so schnell wie möglich zu durchschreiten. Defilieren heißt auch bei Paraden der Vorbeimarsch der Truppen an dem Vorgesetzten.
(franz., spr. -fil'māng), in der Befestigungskunst eine solche Anordnung des Profils und der Richtung der einzelnen Linien eines Werkes im Grundriß, daß das Innere von erhöhten Punkten im Schußbereich aus nicht eingesehen, auch die Linien nicht von seitwärts der Länge nach bestrichen (enfiliert) werden können. Ersteres erreicht man durch das vertikale, letzteres durch das horizontale Defilement. Die einzelnen Linien des Werkes legt man womöglich so, daß ihre Verlängerung in ein Terrain fällt, welches dem Angreifer die Aufstellung von Geschütz zur Bestreichung überhaupt nicht gestattet; sonst verschafft man den hinter der Brustwehr [* 34] stehenden Verteidigern die nötige Deckung durch Bonnets und Traversen (s. d.), die in solchen Abständen angelegt werden, daß ein auf dem Bankett aufrecht stehender Mann von seitwärts nicht gesehen und direkt beschossen werden kann; die Wirkung indirekten Feuers wird durch diese Anlagen wenigstens abgeschwächt.
Das vertikale Defilement zur Bestimmung der Höhe der Brustwehr wird in der Art ausgeführt, daß man von der Kehllinie des Werkes aus über 2-2,5 m hohe Stangen nach den höchsten Punkten im Vorterrain visiert; die Schnittpunkte der Visierlinien über der abgesteckten Brustwehr ergeben sodann die dieser an der Feuerlinie zu gebende Höhe. Wird das Defilement nur durch Konstruktion auf einer Zeichnung bestimmt, so heißt es graphisches Defilement.
Vgl. Blesson, Die Lehre [* 35] vom graphischen Defilement (1828);
»Handbuch für den allgemeinen Pionierdienst«, in Abteilungen (Berl. 1872-80).
(lat.), den Inhalt eines Begriffs angeben, s. Definition.
(lat.), in der Logik die Angabe des Inhalts eines Begriffs, d. h. sowohl der Merkmale, aus welchen derselbe zusammengesetzt ist (was die ¶
Materie), als der Art, in welcher dieselben untereinander verbunden sind (was die Form desselben genannt wird). In der Definition des Begriffs Mensch = sinnlich-vernünftiger Erdenbewohner machen die Merkmale: sinnlich-vernünftig, Erde, Bewohner, die Materie, dagegen die Anordnung derselben, durch welche der Hauptbestandteil: Bewohner, durch die Angabe des Wohnorts: Erde, auf diese eingeschränkt und durch die nähere Bestimmung der Sinnlichvernünftigkeit von andern Erdenwesen unterschieden wird, die Form der Definition aus.
Dieselbe ist eine bloße Namenerklärung (Nominaldefinition), wenn sie keinen weitern Wert hat, als anzugeben, welchen Sinn der Definierende mit einem gewissen Wort (Namen, nomen) verbinde; dagegen ist sie eine Sacherklärung (Realdefinition), wenn sie denjenigen Sinn angibt, der von jedermann mit einem gewissen Wort verbunden werden muß, wenn dasselbe einen richtigen und gültigen (d. h. der Sache gemäßen) Begriff bezeichnen soll. Jene hat sowie alles, was aus derselben (wenn auch folgerichtig) abgeleitet wird, nur für den Definierenden (subjektive), diese dagegen sowie die daraus gezogenen Konsequenzen für jedermann (objektive) Geltung.
Solange nicht ausgemacht ist, ob eine gewisse Definition eine wirkliche Sach- oder eine bloße Namenerklärung sei, ist ihre Geltung daher eine bloß provisorische; jene Untersuchung selbst aber fällt mit der Aufgabe wissenschaftlicher Forschung überhaupt zusammen, welche darin besteht, wahre, d. h. für jedermann gültige (objektive), Begriffe zu schaffen. Dieselbe wird je nach der verschiedenen Natur der zu definierenden Begriffe auf verschiedene Weise geführt werden müssen, anders bei rein empirischen und wieder anders bei mathematischen und im engern Sinn philosophischen (logischen, metaphysischen und ästhetischen) Begriffen, und die Anweisung zu derselben gehört daher in die Methodenlehre der besondern Wissenschaften.
Dagegen lassen sich gewisse Eigenschaften angeben, welche jede Definition notwendig besitzen muß, widrigenfalls sie unmöglich eine sachgemäße sein, die sie aber auch besitzen kann, ohne darum eine solche sein zu müssen. Dazu gehört: daß sie widerspruchsfrei sei, d. h. daß die von ihr zu einem Ganzen vereinigten Merkmale sich nicht untereinander ausschließen, z. B. rundes Viereck [* 37] (daß sie keine contradictio in adjecto [s. d.] enthalte);
ferner, daß sie vollständig sei, d. h. alle diejenigen Merkmale umfasse, welche im Inhalt eines gewissen Begriffs wirklich gedacht werden;
weder zu weit, indem sie statt des Inhalts, welcher dem zu definierenden Begriff allein, einen solchen angibt, der ihm mit andern gemeinsam eigen ist, z. B. ein ebenes Dreieck [* 38] ist ein System dreier Punkte (wobei der Umstand vergessen ist, daß diese nicht in derselben Geraden liegen dürfen);
noch zu eng, indem sie statt des Inhalts des zu Definierenden denjenigen angibt, der nur einer Art desselben eigen ist, z. B. Catos Definition, ein Redner sei ein Mann, der trefflich und im Reden erfahren sei (da es doch auch Redner geben kann, die nicht eben treffliche Männer sind).
Endlich gehört zu den Vorbedingungen einer guten Definition, daß sie dasselbe Merkmal nicht (versteckt oder offen) zweimal, und ebenso, daß sie den zu definierenden Begriff nicht selbst (heimlich oder augenscheinlich) in sich aufnehme, d. h. daß sie weder überfüllt noch eine Zirkelerklärung sei. Ersterer Fehler findet bei folgender Erklärung der Parallellinien statt: daß sie Linien seien, welche, in derselben Ebene gelegen, bei gleicher Richtung überall gleiche Abstände voneinander haben, da letztere Eigenschaft schon aus den beiden erstern folgt.
Letzterer Fehler dagegen zeigt sich in der Definition des vernünftigen Lebens, welche die stoische Schule gab, wonach dasselbe in der Übereinstimmung mit der Natur bestehen soll, während diese selbst als Weltenvernunft verstanden, das Vernunftgemäße daher durch sich selbst definiert wird. Weitere Fehler der Definition sind: die Tautologie, wo statt des Inhalts des Begriffs nur ein gleichbedeutendes Wort (z. B. Lebenskraft = Kraft [* 39] des Lebens);
das Hysteron-Proteron, wo statt der Inhaltsangabe ein Begriff gesetzt wird, dessen Gültigkeit von jener des zu Definierenden abhängt (z. B. Größe ist das der Vermehrung und Verminderung Fähige, beides setzt die Erklärung der Größe schon voraus);
die Substituierung eines bloßen (wenn auch noch so treffenden) Bildes (z. B. Platons Erklärung, daß das Gute die Sonne [* 40] im Reich der Ideen sei);
die Angabe des Umfanges des Begriffs statt seines Inhalts (z. B. Kegelschnitt ist diejenige Kurve, welche entweder Kreis, Parabel, [* 41] Ellipse [* 42] oder Hyperbel [* 43] ist).
Bei der Unzulänglichkeit bloßer Nominal- und der Seltenheit wirklicher Realdefinitionen (deren Ersetzung durch jene namentlich in der Philosophie oft zu den nachteiligsten Folgen geführt hat, wovon Spinozas Definition des Substanz- und Fichtes Definition des Ichbegriffs Beispiele liefern) kann die Stelle der Definition durch die Angabe des nächsten Gattungsbegriffs und des spezifischen Artmerkmals (z. B. Phanerogamen sind Pflanzen mit sichtbaren Befruchtungswerkzeugen) vertreten werden, durch welche die Stellung des Begriffs sowohl nach oben zu dem zunächst übergeordneten als nach der Seite zu den ihm nebengeordneten angegeben, seine Stelle im System also genau angegeben ist, daher sich die klassifizierenden (besonders die beschreibenden Natur-) Wissenschaften dieser Form zu bedienen pflegen.
Auch genügt oft zu besondern Zwecken eine bloße Verständigung durch Hervorhebung eines besonders charakteristischen Merkmals oder statt der Verdeutlichung des Begriffs (durch die Definition) eine Veranschaulichung desselben durch die Beschreibung seines Gegenstandes entweder im fertigen oder im Zustand des Werdens (sogen. genetische Definition, welche jedoch als Konstruktion des Gegenstandes des Begriffs, z. B. der Kreisfigur, nicht mit der Konstruktion des Begriffs, d. h. mit dessen allmählicher Zusammensetzung aus seinen Merkmalen, zu verwechseln ist).
(lat.), entscheidend, bestimmt.
(lat.), in der Sprache [* 44] der Diplomatie eine endgültige Erklärung oder Vertragsbestimmung;
auch die endgültige Regelung eines Rechtsverhältnisses, im Gegensatz zu einem Provisorium, einer nur vorläufigen Ordnung der Dinge. In diesem Sinn stellt man auch dem provisorisch zu einem Amt Berufenen den definitiv Angestellten gegenüber.
(lat.), s. Definitorium. ^[= (lat.), bei den Mönchsorden eine Anzahl in den Provinzialkapiteln gewählter Mönche, welche ...]
(lat.), bei den Mönchsorden eine Anzahl in den Provinzialkapiteln gewählter Mönche, welche dem General oder Provinzial in allen wichtigen Ordensangelegenheiten beizustehen und mit ihm oder statt seiner die Visitation der Klöster zu besorgen hatten;
in der protestantischen Kirche meist s. v. w. Konsistorium.
Die in dem Definitorium Angestellten heißen Definitoren.
(lat.), der zu definierende, wie Definiens, der oder die definierenden Begriffe. Vgl. Definition.
(lat.), ein Fehlender, Abtrünniger, Schuldner, Invalide;
daher Defizientenpriester, im katholischen Kirchenwesen ein zur Thätigkeit als Seelsorger untauglich gewordener Priester. ¶
(lat., »es fehlt«, als Hauptwort: »das Fehlende«),
besonders gebräuchlich bei dem Staatsfinanzwesen, in welchem es den Unterschied zwischen der Einnahme und der Ausgabe bezeichnet, um dessen Betrag die erstere zu gering ist. Zu unterscheiden sind budgetmäßiges und wirkliches Defizit. Ersteres ist dasjenige, welches schon im Voranschlag des Staatshaushalts erscheint. Letzteres ist das Ergebnis thatsächlich erfolgter Einnahmen und Ausgaben. Im weitern Sinn spricht man von einem Defizit, wenn die laufenden Gesamtausgaben durch die laufenden Gesamteinnahmen nicht gedeckt werden.
Ein eigentliches Defizit ist dann vorhanden, wenn die ordentlichen Einnahmen nicht zureichen, um die ordentlichen Ausgaben zu decken, oder wenn die außerordentlichen Ausgaben nicht innerhalb derjenigen Zeit gedeckt werden, in welcher sie wirken. Das Defizit bedeutet demnach, daß diejenigen, welchen die Ausgaben zu gute kamen, dieselben nicht voll zu tragen haben. Auch bei geordneter Finanzverwaltung sind Defizits nicht immer zu vermeiden, da sowohl die Einnahmen hinter den Erwartungen zurückbleiben, als auch die Ausgaben die Ansätze des Voranschlags übersteigen können (Mißwachs, Krieg, überhaupt unvorhergesehene Umstände).
Chronische Defizits sind die Folge schlechter Finanzverwaltung, welche nur die Gegenwart im Auge [* 46] hat und der Zukunft sorglos Lasten auf Lasten zuschiebt. Treue Begleiterinnen derselben sind die Unwirtschaftlichkeit und auch leicht die Korruption. Die Mittel zur Deckung eines Defizits und zur Vermeidung desselben sind: Minderung der Ausgaben, Erhöhung der Einnahmen oder beides zugleich. In den zivilisierten Ländern kommt, da die Ausgaben mit steigender Kultur sich erhöhen, im wesentlichen nur das zweite Mittel in Betracht. Da die Benutzung der gewöhnlichen außerordentlichen Deckungsmittel für die Zukunft entweder die Einnahmen schmälert (Verkauf von Staatsgütern), oder die Ausgaben erhöht (Verzinsung und Tilgung der Schuld), so können drohende chronische Defizits im allgemeinen zuletzt nur durch Erhöhung der Einnahmen aus Steuern beglichen werden. Defizit (Kassendefizit) heißt auch die Summe, welche an dem Status einer Kasse zufolge des durch die Bücher gegebenen Ausweises fehlt (s. Defekt), sowie der durch die kaufmännische Bilanz sich herausstellende Verlust (Unterbilanz).
(Hares Spirale, Kalorimotor, lat.), ein veralteter galvanischer Apparat, welcher aus einer sehr großen Kupferplatte besteht, die mit einer gleich großen Zinkplatte in der Weise spiralförmig zusammengerollt ist, daß sich die beiden durch Tuchstreifen voneinander getrennten Metalle nicht berühren.
Das Plattenpaar, in verdünnte Schwefelsäure [* 47] gesenkt, bildet ein galvanisches Element (s. Galvanische Batterie), [* 48] welches wegen seines geringen innern Widerstandes in einem kurzen und deswegen wenig Widerstand darbietenden Schließungsdraht einen starken Strom und dem entsprechend starke Erwärmung hervorbringt.
(lat.), ablenken;
Deflektor, abgestutzter Kegel von Blech, auf Schornsteine zu setzen, zur Verhütung des Rauchens.
(lat.), das Abblühen, Schwächung einer Jungfrau;
daher Deflorationsgelder, die Entschädigung, welche der Schwängerer (Deflorator) der Geschwängerten (Deflorata) für die geraubte Jungfrauschaft in manchen Ländern geben muß.
(lat.), der Blüte [* 49] berauben;
daher eine Jungfrau entehren, schwächen.
(lat.), abfließen, ablaufen.
(spr. difoh), Daniel, engl. Politiker und Schriftsteller, geb. 1661 zu London [* 50] als Sohn eines Fleischers Foe, wie dieser ein eifriger Dissenter. Er widmete sich zunächst dem Handel, griff aber schon früh durch Schriften in die religiösen Umtriebe ein, welche die Regierung der letzten Stuarts kennzeichnen. Dadurch verdächtig, entzog er sich seinen Gegnern durch Reisen auf dem Kontinent. Seit seiner Rückkehr nannte er sich Defoe. Von neuem warf er sich in den Parteikampf, aber selbst die Dissenters wollten von seinen Vorschlägen nichts wissen.
Erst die Landung Wilhelms von Oranien verschaffte ihm Anerkennung. Sein »Essay on projects« (1697),
volkswirtschaftlichen Inhalts, lenkte die Aufmerksamkeit des Königs auf ihn. Diesem wie seinem ganzen Haus treu ergeben, wehrte Defoe die auf Wilhelm als einen Fremden gemachten Angriffe durch das satirische Gedicht »The trueborn Englishman« (1701) glänzend ab, indem er nachwies, daß die Engländer selbst ein Mischvolk seien und dieser Eigenschaft manchen Vorzug verdanken. Als nach Wilhelms Tode die Verfolgung der Dissenters sich erneute, stimmte er ironisch in das Treiben der Hochkirchler ein durch »The shortest way with the Dissenters« (1702); bald aber wurde der Verfasser der beißenden Satire erkannt und zu Pranger und Gefängnis verurteilt.
Der öffentliche Schimpf gestaltete sich indessen zu einem Triumph, die Haft wurde verkürzt. Bei den Verhandlungen über die Union Englands und Schottlands bediente sich die Regierung seiner als Unterhändler, und er löste seine Aufgabe mit Glück und Geschick. Ungefähr gleichzeitig mit dem Tode der Königin Anna zog er sich vom politischen Leben zurück. Er starb 1731 zu London in dürftigen Verhältnissen. Unsterblich machte ihn »The life and strange surprising adventures of Robinson Crusoe of York« (1719; übersetzt von Altmüller, Hildburgh. 1869). Das Werk, von Rousseau als erziehende Jugendschrift ersten Ranges gerühmt, verlegt seinen Schwerpunkt [* 51] in die Entwickelung eines Charakters, der alles eigner Kraft verdankt. In alle europäischen und viele außereuropäische Sprachen wurde es übersetzt und zahlreich bis ins 19. Jahrh. nachgeahmt (s. Robinson).
Ähnliche Abenteurergeschichten Defoes, die ihre Entstehung dem beispiellosen Erfolg des »Robinson« verdanken, z. B. »Captain Singleton«, sind längst vergessen. Vollständige Ausgaben seiner Werke erschienen London 1840-43, 3 Bde. (mit Biographie von Hazlitt), und Oxford [* 52] 1840 bis 1841, 20 Bde. (mit Biographie von W. Scott; neue Ausg. 1857, 7 Bde.), in 1 Band, [* 53] mit Biographie von Chalmers, 1869. Spezielle Lebensbeschreibungen haben geliefert W. Wilson (Lond. 1830, 3 Bde.), Lee (das. 1869, 3 Bde.), Minto (das. 1879).
(lat.), Entblätterung, Laubfall. ^[= bei denjenigen Holzgewächsen, welche alljährlich ihr Laub erneuern, die im Herbst eintretende ...]
(lat.), mißgestaltet; deformieren, verunstalten; Deformationen (Verunstaltungen), in der Botanik diejenigen Mißbildungen von Pflanzen, welche nicht auf gewissen Veränderungen der morphologischen Gesetze beruhen, wie z. B. die Chloranthie, der Abortus, die Pelorien etc., sondern durch ein ganz unregelmäßiges Wachstum gewisser Teile zu stande kommen. Es gehören dahin z. B. die Verbänderungen der Stengel, [* 54] die abnorme Bildung des Blumenkohls, die Kräuselung und ähnliche Erscheinungen der Blätter (vgl. die einzelnen Artikel). Deformitäten, Mißgestaltungen des lebenden Körpers, finden sich sowohl im Tier- als im Pflanzenreich. Die der Tiere und Menschen sind teils angeboren, teils erworben; jene sind die sogen. Mißbildungen (s. d.), diese entstehen entweder infolge von Krankheiten, z. B. ¶
von Rhachitis, oder durch mechanische Verletzungen und die diesen folgenden Heilungsprozesse.
bei naturwissenschaftl. Namen Abkürzung für M. Defrance (geb. 1758 zu Caen, gest. 1850 in Sceaux);
schrieb: »Tableau des corps organisés fossiles« (Par. 1824).
(Defraude, lat., »Hinterziehung«),
das durch die Nichtentrichtung öffentlicher Abgaben dem Staat oder einer Gemeinde gegenüber begangene Vergehen, insbesondere die Hinterziehung von Zöllen und indirekten Steuern. Defraudieren, eine derartige Abgabe hinterziehen; Defraudant, derjenige, welcher sich einer solchen Hinterziehung schuldig macht. Das deutsche Zollgesetz vom unterscheidet zwischen Konterbande und Defraudation: jene besteht in der Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verbotener Gegenstände und wird mit Konfiskation sowie mit einer Geldbuße zum doppelten Wert, jedoch nicht unter 30 Mk., bestraft; diese in dem Versuch der Hinterziehung der Eingangs- oder Ausgangsabgaben, worauf neben der Konfiskation der Waren die Erlegung des vierfachen Betrags der vorenthaltenen Abgabe steht. Verletzung des amtlichen Warenverschlusses ohne Absicht einer Gefällentziehung wird mit Geldstrafe bis zu 900 Mk. gebüßt, andre Zuwiderhandlungen geringerer Art mit einer solchen bis zu 150 Mk. Rückfälle in Konterbande oder Defraudation ziehen das erste Mal Verdoppelung der Geldbuße, die folgenden Male Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren, falls das richterliche Ermessen nicht bei Geldbuße stehen bleibt, nach sich.
Unter erschwerenden Umständen tritt eine Verschärfung der Strafe um die Hälfte ein. Komplottmäßige Verbindung zu Konterbande oder Defraudation zieht Freiheitsstrafen bis zu sechs Monaten, im Widersetzungsfall oder bei dauernder Bandenstiftung bis zu zwei Jahren nach sich. Dasselbe gilt bei der Schmuggelei unter dem Schutz einer Versicherung oder mit bewaffneter Hand. [* 56] Übrigens wird der Ausdruck Defraudation auch gleichbedeutend mit Unterschlagung gebraucht.
Vgl. Löbe, Das deutsche Zollstrafrecht (Berl. 1881).
(franz., spr. defrä-), jemand zehrungs- und kostenfrei halten, z. B. auf Reisen.
Franz, Maler, geb. zu Stronach bei Dölsach im Tiroler Pusterthal als Sohn eines Bauern, begann schon in früher Jugend beim Viehhüten zu zeichnen und in Holz [* 57] zu schneiden und ging 1860 mit seinem aus dem Verkauf des väterlichen Guts gewonnenen Vermögensanteil nach Innsbruck, [* 58] um unter Leitung des Professors Stolz Bildhauer zu werden. Da er jedoch mehr Geschick zum Maler zeigte, ging er nach München [* 59] und besuchte die Kunstakademie noch ohne entschiedenen Erfolg.
Nach einem Aufenthalt in Paris [* 60] (1863-65) und in seiner Heimat trat er 1867 in das Atelier Pilotys, und jetzt fand er das Gebiet, auf welchem sich seine Begabung schnell entwickeln sollte, indem er Motive aus dem Tiroler Volksleben zu behandeln begann. Seine ersten Bilder: Försters letzte Heimkehr (1867), Speckbacher und sein Sohn (1868), der Ringkampf (1869) und die beiden Brüder (1871), hatten ihm bereits durch gemütvolle Auffassung und tiefe Empfindung einen geachteten Namen erworben, als ihn eine Rückenlähmung auf das Krankenlager warf.
Doch fand er in Bozen [* 61] Heilung, und aus Dankbarkeit malte er für die Kirche zu Dölsach eine Madonna von modernem Gesichtsausdruck, aber in der Komposition sich an venezianische Vorbilder anschließend (1873). Nachdem er allmählich seine Kraft wiedergewonnen, entstanden: der Tanz auf der Alm (1872), das Preispferd und die italienischen Bettelsänger (1873) und diejenigen Bilder, welche seinen Ruhm sicher begründet haben: das letzte Aufgebot, eine ergreifende und auch durch die Energie der Charakteristik bedeutende Szene aus dem Tiroler Aufstand von 1809 (1874, im Wiener Belvedere), und das Seitenstück dazu, die Heimkehr der Sieger (1876, Berliner [* 62] Nationalgalerie). In die Zwischenzeit fallen: der Besuch in der Sennhütte, die Bestrafung des Hundes, das Tischgebet (städtisches Museum in Leipzig) [* 63] und ähnliche Bilder aus dem Leben der Älpler, welche eine große Popularität erlangten. Defregger strebte jedoch über die Genremalerei zur Historienmalerei hinaus und machte auf diesem Gebiet den ersten Versuch in lebensgroßen Figuren mit dem Todesgang Andreas Hofers (1878, Museum in Königsberg). [* 64]
Trotz der tiefgehenden und reichen Charakteristik fehlt es dem Bild an lebensvoller, einheitlicher Komposition und an gleichmäßiger, sich auf alle Teile erstreckender koloristischer Durchbildung. Auf Bildern kleinern Umfanges tritt Defreggers hartes und buntes Kolorit hinter der Lebendigkeit und Anmut der Figuren und der glücklichen Erfindung und gemütvollen Erfassung des Moments zurück. Für Bilder mit lebensgroßen Figuren, unter denen noch die Briefleserinnen (1879), die Erstürmung des Rotenturmthors in München (Pinakothek daselbst) und Vor dem Sturm (Tiroler Aufstand) zu nennen sind, reichen jedoch seine koloristischen Fähigkeiten nicht aus.
Auch fehlt es ihm an dramatischer Kraft, um Leidenschaften in höchster Erregung zu schildern. Einen vollen Erfolg fanden auch in den letzten Jahren wiederum seine Gemälde kleinern Umfanges, wie: Andreas Hofer in der Hofburg zu Innsbruck, Ankunft zum Tanz, der Salontiroler und der Urlauber. Defregger ist einer der vorzüglichsten Genremaler Deutschlands, [* 65] welcher das Volksleben mit richtigem Blick und mit voller Wahrheitsliebe am glücklichsten von seiner heitern Seite erfaßt hat. Er ist Professor an der Münchener Akademie und besitzt die großen Medaillen der Ausstellungen von Berlin [* 66] und München.
(lat.), ein Feld abnutzen, ausmergeln;
Defrugation, Abnutzung. ^[= die Verschlechterung der Sachen durch den Gebrauch. Dieselbe ist teils durch die Beschaffenheit ...]
(türk.), Register, Schematismus, Inventar, Archiv. Defter Chane, der Ort, an welchem die offiziellen Aktenstücke auf der Pforte aufbewahrt werden, d. h. Registratur. Defter Emini, Archivar.
der Finanzdirektor in den türk. Wilajets.
Vor Einführung der Reformen war Defterdar der Titel des Finanzministers, der heute den Namen Malije Naziri führt.
(lat.), ein Verstorbener;
defuncta, eine Verstorbene;
Defunktion, Ableben, Tod.
bei naturwissenschaftl. Namen Abkürzung für K. Degeer (s. d.).
abessin. Landschaft, s. Deka. ^[= # der höchst gelegene der drei Klimagürtel des abessinischen Hochlandes, welcher von ...]
(franz., spr. -gāsch'māng), Ungezwungenheit, Befreiung von einer Verbindlichkeit etc.;
in der Baukunst [* 67] ein verborgener Nebenausgang, insbesondere Geheimtreppe;
in der Holzschneidekunst Bezeichnung für die Reinheit und Schärfe der Umrisse.
(franz., spr. -schi-), befreien, losmachen;
in der Kriegskunst eine im Gefecht bedrängte Truppe von der Berührung mit dem Feind los machen, z. B. durch eine Kavallerieattacke;
in der Fechtkunst [* 68] das Umgehen der Klinge des Gegners unterhalb, gewöhnlich mit einem Nachstoß verbunden.
Degagiert, frei, ungezwungen (besonders vom Benehmen gebraucht).
Karl, Baron, Entomolog, geb. 1720 zu Farsprang in Schweden, [* 69] war Schüler Linnés, wurde 1761 schwedischer Hofmarschall und starb 1778 in Stockholm. [* 70] Er schrieb: »Mémoires pour servir à ¶