Parteivorbringens, namentlich die
Erklärung der vortragenden
Partei über die von ihr gebrauchten
Ausdrücke, also die
Auslegung
derselben. Nach modernem Prozeßrecht soll der
Richter von
Amts wegen durch geeignete
Fragestellung
(Fragerecht) darauf hinwirken,
daß unklare Vor- und
Anträge erläutert und erklärt werden, so namentlich nach der deutschen
Zivilprozeßordnung (§ 130).
Nach deutschem Prozeßrecht
(Zivilprozeßordnung, § 240) ist jede Berichtigung oder Ergänzung der
Klage
in thatsächlicher und in rechtlicher Beziehung zulässig, sofern dieselbe nicht etwa eine Änderung des Klagegrundes enthält.
sententiae (lat.), im frühern Prozeßrecht die
Erläuterung eines dunkeln, mehrdeutigen oder unbestimmten
gerichtlichen Erkenntnisses durch den
Richter, welcher dasselbe erteilt hat. Eine solche konnte in bürgerlichen
Rechtsstreitigkeiten vom
Richter jederzeit von
Amts wegen vorgenommen, aber auch von den
Parteien mittels besondern
Deklarationsgesuchs
erbeten werden. Die deutsche
Zivilprozeßordnung kennt die Erteilung eines deklaratorischen
Urteils (sententia declaratoria
oder auch bloß declaratoria) nicht mehr. Die
Partei, welche sich durch die Unklarheit des
Urteils geschädigt glaubt,
muß vielmehr von den geordneten
Rechtsmitteln im gegebenen
FallGebrauch machen und den höhern
Richter angehen.
(lat.), in der
Grammatik, s.
Zusammensetzung. ^[= (Komposition), in der Grammatik: die Vereinigung zweier oder mehrerer verschieden- oder gleichartige ...]
Bezeichnung für eine
Epoche der gotischen
Architektur in
England, welche das 14. Jahrh. einnimmt, und in welcher die
Zierformen sich über das ganze architektonische
Gerüst erstreckten.
Cort,Frans, der bedeutendste lyrische Dichter der Vlamingen, geb. zu
Antwerpen,
[* 5] besuchte das dortige
Athenäum
und sollte sich dem Handelsstand widmen, trat aber 1857 aus seinem
Kontor, um zusammen mit Jan van
Ryswyck eine liberale
Zeitung:
»De Grondwet«, herauszugeben, übernahm 1858 die Redaktion der
»Schelde«, ward 1860
Agent einer Dampfschiffgesellschaft
und 1861
Sekretär
[* 6] des
Generalauditeurs beim
Cour militaire in
Brüssel,
[* 7] wo er seit 1862 nebenbei die pädagogisch-litterarische
Monatsschrift
»De Toekomst« redigierte und starb.
DeCorts dichterische
Phantasie war keine hochfliegende, aber Gefühlstiefe
und Stimmungsfülle zeichnen die meisten seiner
Lieder aus, und besonders als
Sänger der stillen
Freuden
des häuslichen
Lebens und des Eheglücks wird er nur von wenigen übertroffen. Auch als Übersetzer von Gedichten aus fremden
Sprachen hat er Vortreffliches geleistet. Er gab mehrere Jahre lang einen sehr beliebten
Almanach: »Jan en Alleman«
(Antwerp.),
heraus, ferner
»De shcoonste liederen van
RobertBurns« ^[richtig:
»De schoonste liederen van
RobertBurns«]
(Brüssel 1862) und ließ seinen ersten »Liederen«
(Antwerp. 1857-59, 2 Bde.) andre Sammlungen unter den
Titeln: »Zingzang«
(Brüssel 1866) und »Liederen«
(Groning. 1868) folgen.
ein didaktisch-satirisches
Sittengemälde der Zeit. Seine
Dramen: »Der christliche
Ritter«
(Ülzen 1576) und »Der bekehrte Papist« (Lüneb.
1596) haben eine religiöse, insbesondere lutherische,Tendenz.
(lat.), bei den Römern die feierliche Einweihung eines öffentlichen Gebäudes, besonders eines Tempels,
entweder durch einen der Konsuln, oder durch den Erbauer des Tempels, oder durch zwei vom Volk eigens dazu gewählte Kommissare
(duumviri dedicando templo), aber immer unter dem Beistand der Pontifices. Der Pontifex maximus sprach
ihnen die Einweihungsformel vor. Die Dedikation erteilte dem durch sie denGöttern übergebenen Tempel
[* 18] etc. Heiligkeit, so daß niemand
daran mehr eine Änderung vornehmen oder Ansprüche darauf erheben durfte. Der Tag der Dedikation galt als der Geburtstag des Gottes.
Jetzt gebraucht man das Wort für die Zueignung oder Widmung von Schriften, Kunstsachen etc. an eine Person
(auch eine verstorbene), eine Sitte, die schon bei den Alten im Gebrauch war. Seit Erfindung der Buchdruckerkunst pflegen Schriftsteller
ihr Werk teils aus Dank, teils, um es zu empfehlen etc., jemand zu dedizieren.
(lat.), Übergabe, Ergebung, besonders bei den Römern die feierliche Ergebung einer Stadt oder eines Volkes auf
Gnade und Ungnade. Diejenigen Völker, welche sich so ergeben hatten, die Dediticii, waren der Willkür des Siegers völlig preisgegeben;
sie wurden indes je nach Umständen mehr oder weniger hart behandelt, mußten oft die Waffen
[* 21] ausliefern,
Geiseln stellen, römische Besatzungen aufnehmen, die Mauern ihrer Städte niederreißen; es kam aber auch vor, daß sie, wenn
ihre Ergebung eine mehr freiwillige war, unter Bewahrung der Selbstverwaltung als Schutzverbündete angenommen wurden. Den
gleichen NamenDediticii führte die unterste Klasse der Freigelassenen, nämlich diejenigen, die als Sklaven
eine entehrende Strafe erlitten hatten. Sie konnten weder Cives noch Latini werden, durften nicht in Rom
[* 22] leben, ihr Nachlaß
fiel an den ehemaligen Herrn zurück.
Bergstadt im russ. GouvernementPerm, mit (1879) 3954 Einw. und großen,
der Krone gehörigen Salzwerken, die früher durchschnittlich 1¾ Mill. PudSudsalz erzeugten, deren Ertrag aber neuerdings abgenommen
hat.
(franz., spr. -dublmāng, griech.
Chorise), Verdoppelung durch Halbierung, in der Botanik Bezeichnung des Falles, daß Teile eines zusammengesetzten
Blattgebildes durch sehr frühe Teilung aus einer gemeinsamen Grundanlage hervorgehen und später das Aussehen ebenso vieler
selbständiger Blätter darbieten.
Bei Staubblättern ist das Dédoublement z. B. bei den Kruciferen
[* 23] sehr verbreitet.
(lat.), im philosophischen Sinn, im Gegensatz zur Induktion
[* 24] (s. d.), die »Ableitung« eines Besondern aus einem
Allgemeinen, wie jene die eines Allgemeinen aus Besonderm. So läßt sich aus dem Satz, daß der binomische
Lehrsatz für jeden wie immer beschaffenen Exponenten gelte, deduzieren, daß er auch für gebrochene und imaginäre Exponenten
gelten müsse. Jener Satz selbst aber ist aus der vollständigen Aufzählung aller möglichen Arten von Exponenten induziert.
Im weitern Sinn wird jeder Beweis, der nicht auf bloße Anschauung des zu Beweisenden, in welchem Fall er
Demonstration (s. d.) heißt, sondern aus Gründen geführt wird, Deduktion genannt.
Die sogen. transcendentale Deduktion in der kritischen Schule ist der Form nach ein hypothetischer Schluß, bei welchem aus dem Gesetztsein
eines notwendig zu Denkenden auf das Gesetztsein desjenigen geschlossen wird, ohne welches dasselbe nicht
gedacht werden kann. So wird die Idealität des Raums (und der Zeit) als subjektive Anschauungsform von Kant dadurch deduziert,
daß ohne dieselbe die Mathematik als Wissenschaft nicht denkbar wäre. Aber auch die Produktion des äußern Weltbildes von
seiten des Ichs wird von Fichte
[* 25] aus dem Grund als unerläßlich deduziert, weil die Realisierung des Sittengesetzes
durch Überwindung der Sinnlichkeit ohne die letztere als »Material der Pflichterfüllung« undenkbar wäre.
Daß aus dem notwendig Denkenmüssen das Sein des notwendig als seiend Gedachten nicht folge, überhaupt sich das Sein aus
dem Denken nicht »herausklauben« lasse, hat Kant bei seiner Kritik des ontologischen Beweises scharfsinnig
erkannt, seine idealistische Nachfolgerschaft, welche Denken und Sein als identisch setzte, minder scharfsichtig verkannt.
Die gleichfalls Deduktion genannte deductio ad absurdum fällt mit dem indirekten oder apagogischen Beweis (s. Apagoge), der aus der
Unmöglichkeit der notwendigen Folgen aus einer Annahme auf die Unerlaubtheit dieser selbst schließt,
zusammen. - Im Prozeß ist Deduktion jede rechtliche Ausführung oder Beweisführung.
Man spricht von einer Deduktion der Klage, sofern jede Klage ein Syllogismus ist, in welchem das Gesuch an das Gericht um Gewährung
des Rechtsschutzes die Konklusion bildet und aus einer Mehrzahl von Prämissen hervorgeht, durch welche
der Richter von der Richtigkeit des Gesuchs überzeugt werden soll. Ganz analog ist die Gegendeduktion des Beklagten. Ebenso
gibt es ein Deduktions- und Gegendeduktionsverfahren im Beweis, sofern jeder Teil und zwar im modernen Prozeßverfahren in der
mündlichen Verhandlung darzulegen und auszuführen versucht, daß seine Beweisführung gelungen, die des Gegenteils
aber mißlungen oder entkräftet worden sei. Soll die Deduktion politische oder staats- und völkerrechtliche Ansprüche begründen,
so nennt man sie auch Staatsschrift. Große Sammlungen solcher Deduktionen enthalten die »Staatskanzlei«
von Faber und Reuß
[* 26] sowie Lünigs, Jenichens und Siebenkees' »Bibliotheca deductionum«, auch Klübers »Staatsarchiv des DeutschenBundes«.
1) Dee in Nordwales, entspringt in Merionethshire, fließt durch den Balasee und an Llangollen und Chester vorbei und ergießt
sich nach 126 km Laufs in weiter Mündung in das Irische Meer; er ist nicht schiffbar, aber an der Mündung
kanalisiert. - 2) Dee in Schottland, entspringt auf den Cairngormbergen, durchfließt in östlicher Richtung den Südwesten
der GrafschaftAberdeen,
[* 30] scheidet diese dann von der Grafschaft Kincardine und mündet nach 140 km Laufs, nur auf eine kurze
Strecke schiffbar, bei Aberdeen in die Nordsee; er bildet mehrere Fälle. - 3) Dee in der schott. LandschaftGalloway, mündet nach 74 km langem Lauf unterhalb Kirkcudbright in den Solwayfirth.
LodgeCity (spr. dihr lodsch ssitti), Stadt im nordamerikan.
TerritoriumMontana, am obern Hellgate River, in goldreicher Gegend, 100 km südwestlich von Helena, 1418 m ü. M., mit Zuchthaus
und (1880) 941 Einw.
(spr. däēsch), Stadt in Siebenbürgen, Sitz des ungar. KomitatsSzolnok-Doboka, am Zusammenfluß des Großen und
KleinenSzamos und an der Szamosyölgyer Eisenbahn (Klausenburg-Deés), mit Schloßruine, interessantem alten
Tökölyschen Palais, 3 Kirchen, Franziskanerkloster, schönem Komitats- und Stadthaus, Spital und (1881) 6191 meist ungar. Einwohnern,
die Gewerbe (Leinweberei), Handel und Weinbau betreiben. Deés hat einen Gerichtshof und war einst der Sitz der GrafenBethlen. In der
Nähe liegt das ungarisch-rumänische Dorf Deésakna, mit Deés durch Eisenbahn verbunden, mit 1879 Einw. und
bedeutenden Steinsalzgruben.
daher Defektbogen,
s. v. w. fehlender oder beschädigter Bogen;
[* 35]
Kassendefekt, der in der Kasse gegen den buchmäßigen Bestand weniger vorhandene
Betrag (Manko);
Defekte der Beamten bei Kassen und öffentlichen Verwaltungen werden, was den Betrag und die Ersatzpflicht
betrifft, von der Aufsichtsbehörde festgestellt.
Solche Beschlüsse sind nach der Gesetzgebung verschiedener Staaten sofort
vollstreckbar, so z. B. nach preußischem Recht, welches aber dem Beamten außer dem Rekurs an die höhere
Verwaltungsbehörde auch das Betreten des Rechtswegs binnen Jahresfrist gestattet. Dasselbe gilt nach dem deutschen Reichsbeamtengesetz
(§ 134 ff.). Hat der Beamte sich Gelder, welche er in amtlicher Verwahrung hatte, rechtswidrig zugeeignet, so trifft ihn die
schwere Strafe der Unterschlagung (s. d.); defektieren, eine
Rechnung in Beziehung auf etwanige
Rechnungsfehler durchsehen.
eine politische Verbindung in Irland, deren Zweck die Aufrechterhaltung und Erlangung politischer und religiöser Freiheit war,
und deren Ursprung auf die Zeit des SiegsWilhelms III. über die Irländer am Boynefluß zurückgeführt wird.
Mit den Häuptern der presbyterianischen Partei verbanden sich nach jener Schlacht die gedrückten Katholiken,
um Schutz gegen politische Verfolgung zu suchen. Doch scheint die Verbindung den Namen Defenders und den bestimmten Zweck, Irland vom
englischen Joch zu befreien, erst gegen Ende des 18. Jahrh. angenommen zu haben. Sie hatte den wesentlichsten
Anteil an den Aufständen von 1797 bis 1798. Nach dem unglücklichen Ausgang des letzten Versuchs, die britische
Regierung zu politischen Konzessionen zu zwingen, löste sich die Verbindung auf. Aber Geist und Tendenz der Defenders erhielten sich
und bildeten die Grundlage zu des AgitatorsDanielO'Connell Repealassociation.
(lat.), Verteidigung, im juristischen wie im militärischen Sinn;
insbesondere nach Verfall des Rittertums
und Heerbanns bis ins 18. Jahrh. hinein in den deutschen Staaten Bezeichnung der Landmiliz (Defensioner) und der darauf bezüglichen,
mit den Ständen abgeschlossenen Verträge (Defensionsrezesse), ferner der dazu zu stellenden Landesverteidigung, zunächst
nur Fußvolk, bald auch Ritterpferde und »Artholerey«.
und Defensionskasernen, zur Gewehr- oder Geschützverteidigung eingerichtete Kasematten im Gegensatz
zu Wohnkasematten.
Bei den Festungsbauten in der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts häufig angewendet, finden sie im neuern
Festungsbau der vernichtenden Wirkung der Artillerie gegenüber keine Anwendung mehr.
(lat.), diejenige der beiden Hauptformen kriegerischer
Thätigkeit, bei welcher es, im Gegensatz zur Offensive (s. d.), auf Verteidigung, nicht auf Angriff abgesehen ist. In der Defensive erwartet
man den Feind in einer Aufstellung und wehrt seinen Angriff ab. Man bedient sich der reinen aber nur so lange, als man ihrer
der eignen Schwäche wegen bedarf, und gibt sie auf, sobald man sich zum Angriff stark genug fühlt. Eine
gute Defensive muß offensive Momente haben. Es wird deshalb die Stellung zur Defensive so gewählt, daß sich neben oder innerhalb einer
starken Verteidigungslinie ein günstiges Angriffsfeld findet.
Ein berühmtes Beispiel dafür bietet die Schlacht bei Austerlitz.
[* 36] Napoleon hielt sich so lange defensiv,
bis die Russen und Österreicher sich mit voller Macht auf seinen rechten Flügel, der langsam wich, geworfen hatten. Dann brach
er plötzlich gegen das feindliche Zentrum und den rechten Flügel vor, wo die Truppen stark weggezogen waren, und entschied
die Schlacht durch die Wegnahme der Höhen von Pratzen. Man unterscheidet zwischen strategischer und taktischer
Defensive. Die strategische Defensive bezweckt Abwarten der Operationen des Gegners. Die taktische Defensive betrifft das
¶
mehr
Verhalten in einer Schlacht. Friedrich II. hielt sich im Siebenjährigen Krieg strategisch in der Defensive, taktisch ergriff er stets
die Offensive. Die Franzosen blieben zu Beginn des Kriegs 1870 sowohl strategisch als taktisch in der Defensive. Sie erwarteten den
Feind im Land und wiederum in einzelnen Positionen den Angriff der verschiedenen deutschen Armeen. Die Schlachten
[* 38] bei Wörth,
[* 39] Saarbrücken,
[* 40] Metz
[* 41] und Sedan
[* 42] sind französischerseits reine Defensivschlachten gewesen.
Defensivstellung heißt diejenige Stellung, welche das Vordringen des Feindes in einer bestimmten Richtung verhindern oder
wenigstens erschweren soll. Bedingungen einer guten Defensivlinie sind: Stützpunkte für die Flanken, freie Aussicht vor derFronte, Annäherungshindernisse im wirksamsten Bereich der Batterien, natürliche Deckung gegen das feindliche
Feuer, verdeckte Aufstellung der Reserven und Möglichkeit zum Übergehen in die Offensive. Wo die Natur solche Hilfsmittel versagt,
muß die Kunst sie zu ersetzen suchen, teils durch Anwendung der Fortifikation, teils durch zweckmäßige Verteilung der Waffengattungen;
stets kann und muß die Kunst auch die besten Positionen noch verstärken. Befindet sich ein fester Platz in
der Nähe der Stellung, so gewinnt diese dadurch sehr an Festigkeit.
[* 43] Die besten Defensivstellungen bietet ein wellenförmiges,
stellenweise durchschnittenes und bedecktes Terrain. Defensivlinien sind ausgedehntere Terrainabschnitte, welche durch Befestigungen
verstärkt sind.
(franz., spr. defih),Herausforderung zum Kampf. ^[= Arthur, Maler, geb. 28. Sept. 1864 zu Aachen, bildete sich auf der Kunstakademie in Düsseldorf ...]
(spr. dĭfēīens), Stadt im NW. des nordamerikan. StaatsOhio, am schiffbaren Maumee, mit (1880) 5907 Einw.
Defiance steht an der Stelle des 1794 von General Wayne erbauten gleichnamigen Forts.
jeder Weg oder Durchgang, der durch Terrainhindernisse so beengt ist, daß er nur in verhältnismäßig
schmaler Fronte zu marschieren gestattet. Defileen können zur Verbindung zweier Terrainabschnitte dienen, wie z. B. Brücken
[* 49] und Dammwege, oder es sind Wege, die in schwer zugänglichem Terrain fortlaufen und oft mehrere Meilen lang sind, z. B. Straßen
in Thälern, Gründen, Ortschaften, Wäldern, morastigen Niederungen etc. Das Defilee wird zum Engpaß, wenn
es durchs Gebirge führt und sehr schmal ist; seine Ausgänge werden Deboucheen (s. d.) genannt.
Defileen spielen im Krieg eine Rolle, wenn sie auf der Rückzugslinie verfolgter Korps liegen und nicht umgangen werden können,
oder wenn der Feind ein Korps am Debouchieren aus einem Defilee zu hindern sucht, oder endlich, wenn er ein
von einem Korps besetztes Defilee erobern will, wobei es dann zu Defileegefechten kommt, deren Verlauf meist durch die dabei
zur Verwendung kommenden Waffengattungen sowie durch die Beschaffenheit des Defilees selbst bestimmt wird. In der Regel sind
die Kämpfe in und vor Defileen sehr blutig, wofür die Kriegsgeschichte zahlreiche Beispiele liefert. Man
sucht deshalb ein Defilee so schnell wie möglich zu durchschreiten. Defilieren heißt auch bei Paraden der Vorbeimarsch der Truppen
an dem Vorgesetzten.
(franz., spr. -fil'māng), in der Befestigungskunst
eine solche Anordnung des Profils und der Richtung der einzelnen Linien eines Werkes im Grundriß, daß das
Innere von erhöhten Punkten im Schußbereich aus nicht eingesehen, auch die Linien nicht von seitwärts der Länge nach bestrichen
(enfiliert) werden können. Ersteres erreicht man durch das vertikale, letzteres durch das horizontale Defilement. Die
einzelnen Linien des Werkes legt man womöglich so, daß ihre Verlängerung in ein Terrain fällt, welches
dem Angreifer die Aufstellung von Geschütz zur Bestreichung überhaupt nicht gestattet; sonst verschafft man den hinter der
Brustwehr
[* 50] stehenden Verteidigern die nötige Deckung durch Bonnets und Traversen (s. d.), die in solchen Abständen angelegt werden,
daß ein auf dem Bankett aufrecht stehender Mann von seitwärts nicht gesehen und direkt beschossen werden
kann; die Wirkung indirekten Feuers wird durch diese Anlagen wenigstens abgeschwächt.
Das vertikale Defilement zur Bestimmung der Höhe der Brustwehr wird in der Art ausgeführt, daß man von der Kehllinie des Werkes
aus über 2-2,5 m hohe Stangen nach den höchsten Punkten im Vorterrain visiert; die Schnittpunkte der
Visierlinien über der abgesteckten Brustwehr ergeben sodann die dieser an der Feuerlinie zu gebende Höhe. Wird das Defilement nur
durch Konstruktion auf einer Zeichnung bestimmt, so heißt es graphisches Defilement.
Vgl. Blesson, Die Lehre
[* 51] vom graphischen Defilement (1828);
»Handbuch für den allgemeinen Pionierdienst«, in Abteilungen
(Berl. 1872-80).
(lat.), in der Logik die Angabe des Inhalts eines Begriffs, d. h. sowohl der Merkmale, aus welchen derselbe
zusammengesetzt ist (was die
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mehr
Materie), als der Art, in welcher dieselben untereinander verbunden sind (was die Form desselben genannt wird). In der Definition des
BegriffsMensch = sinnlich-vernünftiger Erdenbewohner machen die Merkmale: sinnlich-vernünftig, Erde, Bewohner, die Materie,
dagegen die Anordnung derselben, durch welche der Hauptbestandteil: Bewohner, durch die Angabe des Wohnorts: Erde, auf diese
eingeschränkt und durch die nähere Bestimmung der Sinnlichvernünftigkeit von andern Erdenwesen unterschieden wird, die
Form der Definition aus.
Dieselbe ist eine bloße Namenerklärung (Nominaldefinition), wenn sie keinen weitern Wert hat, als anzugeben, welchen Sinn der
Definierende mit einem gewissen Wort (Namen, nomen) verbinde; dagegen ist sie eine Sacherklärung (Realdefinition), wenn
sie denjenigen Sinn angibt, der von jedermann mit einem gewissen Wort verbunden werden muß, wenn dasselbe einen richtigen
und gültigen (d. h. der Sache gemäßen) Begriff bezeichnen soll. Jene hat sowie alles, was aus derselben (wenn auch folgerichtig)
abgeleitet wird, nur für den Definierenden (subjektive), diese dagegen sowie die daraus gezogenen Konsequenzen
für jedermann (objektive) Geltung.
Solange nicht ausgemacht ist, ob eine gewisse Definition eine wirkliche Sach- oder eine bloße Namenerklärung sei, ist ihre Geltung
daher eine bloß provisorische; jene Untersuchung selbst aber fällt mit der Aufgabe wissenschaftlicher Forschung überhaupt
zusammen, welche darin besteht, wahre, d. h. für jedermann gültige (objektive), Begriffe zu schaffen.
Dieselbe wird je nach der verschiedenen Natur der zu definierenden Begriffe auf verschiedene Weise geführt werden müssen,
anders bei rein empirischen und wieder anders bei mathematischen und im engern Sinn philosophischen (logischen, metaphysischen
und ästhetischen) Begriffen, und die Anweisung zu derselben gehört daher in die Methodenlehre der besondern
Wissenschaften.
Dagegen lassen sich gewisse Eigenschaften angeben, welche jede Definition notwendig besitzen muß, widrigenfalls sie unmöglich eine
sachgemäße sein, die sie aber auch besitzen kann, ohne darum eine solche sein zu müssen. Dazu gehört: daß sie widerspruchsfrei
sei, d. h. daß die von ihr zu einem Ganzen vereinigten Merkmale sich nicht
untereinander ausschließen, z. B. rundes Viereck
[* 53] (daß sie keine contradictio in adjecto [s. d.] enthalte);
ferner, daß
sie vollständig sei, d. h. alle diejenigen Merkmale umfasse, welche im Inhalt eines gewissen Begriffs wirklich gedacht werden;
weder zu weit, indem sie statt des Inhalts, welcher dem zu definierenden Begriff allein, einen solchen angibt, der
ihm mit andern gemeinsam eigen ist, z. B. ein ebenes Dreieck
[* 54] ist ein System dreier Punkte (wobei der Umstand vergessen ist,
daß diese nicht in derselben Geraden liegen dürfen);
noch zu eng, indem sie statt des Inhalts des zu Definierenden denjenigen
angibt, der nur einer Art desselben eigen ist, z. B. Catos Definition, ein Redner sei ein Mann, der trefflich
und im Reden erfahren sei (da es doch auch Redner geben kann, die nicht eben treffliche Männer sind).
Endlich gehört zu den
Vorbedingungen einer guten Definition, daß sie dasselbe Merkmal nicht (versteckt oder offen) zweimal, und ebenso,
daß sie den zu definierenden Begriff nicht selbst (heimlich oder augenscheinlich) in sich aufnehme, d. h.
daß sie weder überfüllt noch eine Zirkelerklärung sei. Ersterer Fehler findet bei folgender Erklärung der Parallellinien
statt: daß sie Linien seien, welche, in derselben Ebene gelegen, bei gleicher Richtung überall gleiche Abstände voneinander
haben, da letztere Eigenschaft schon aus
den beiden erstern folgt.
Letzterer Fehler dagegen zeigt sich in der Definition des vernünftigen Lebens, welche die stoische Schule gab, wonach dasselbe in der
Übereinstimmung mit der Natur bestehen soll, während diese selbst als Weltenvernunft verstanden, das Vernunftgemäße daher
durch sich selbst definiert wird. Weitere Fehler der Definition sind: die Tautologie, wo statt des Inhalts des
Begriffs nur ein gleichbedeutendes Wort (z. B. Lebenskraft = Kraft
[* 55] des Lebens);
das Hysteron-Proteron, wo statt der Inhaltsangabe
ein Begriff gesetzt wird, dessen Gültigkeit von jener des zu Definierenden abhängt (z. B.
Größe ist das der Vermehrung und Verminderung Fähige, beides setzt die Erklärung der Größe schon voraus);
Bei der Unzulänglichkeit bloßer Nominal- und der Seltenheit
wirklicher Realdefinitionen (deren Ersetzung durch jene namentlich in der Philosophie oft zu den nachteiligsten Folgen geführt
hat, wovon Spinozas Definition des Substanz- und Fichtes Definition des Ichbegriffs Beispiele liefern) kann die Stelle der Definition durch die Angabe
des nächsten Gattungsbegriffs und des spezifischen Artmerkmals (z. B. Phanerogamen sind Pflanzen mit sichtbaren
Befruchtungswerkzeugen) vertreten werden, durch welche die Stellung des Begriffs sowohl nach oben zu dem zunächst übergeordneten
als nach der Seite zu den ihm nebengeordneten angegeben, seine Stelle im System also genau angegeben ist, daher sich die klassifizierenden
(besonders die beschreibenden Natur-) Wissenschaften dieser Form zu bedienen pflegen.
Auch genügt oft zu besondern Zwecken eine bloße Verständigung durch Hervorhebung eines besonders charakteristischen Merkmals
oder statt der Verdeutlichung des Begriffs (durch die Definition) eine Veranschaulichung desselben durch die Beschreibung seines Gegenstandes
entweder im fertigen oder im Zustand des Werdens (sogen. genetische Definition, welche jedoch als Konstruktion des Gegenstandes
des Begriffs, z. B. der Kreisfigur, nicht mit der Konstruktion des Begriffs, d. h. mit dessen allmählicher Zusammensetzung aus
seinen Merkmalen, zu verwechseln ist).
auch die endgültige
Regelung eines Rechtsverhältnisses, im Gegensatz zu einem Provisorium, einer nur vorläufigen Ordnung der
Dinge. In diesem Sinn stellt man auch dem provisorisch zu einem AmtBerufenen den definitiv Angestellten gegenüber.
(lat.), bei den Mönchsorden eine Anzahl in den Provinzialkapiteln gewählter Mönche, welche dem General
oder Provinzial in allen wichtigen Ordensangelegenheiten beizustehen und mit ihm oder statt seiner die
Visitation der Klöster zu besorgen hatten;
(lat., »es fehlt«, als Hauptwort: »das Fehlende«),
besonders gebräuchlich bei dem Staatsfinanzwesen, in welchem
es den Unterschied zwischen der Einnahme und der Ausgabe bezeichnet, um dessen Betrag die erstere zu gering ist. Zu unterscheiden
sind budgetmäßiges und wirkliches Defizit. Ersteres ist dasjenige, welches schon im Voranschlag des Staatshaushalts erscheint.
Letzteres ist das Ergebnis thatsächlich erfolgter Einnahmen und Ausgaben. Im weitern Sinn spricht man von einem Defizit, wenn die
laufenden Gesamtausgaben durch die laufenden Gesamteinnahmen nicht gedeckt werden.
Ein eigentliches Defizit ist dann vorhanden, wenn die ordentlichen Einnahmen nicht zureichen, um die ordentlichen Ausgaben zu decken,
oder wenn die außerordentlichen Ausgaben nicht innerhalb derjenigen Zeit gedeckt werden, in welcher sie
wirken. Das Defizit bedeutet demnach, daß diejenigen, welchen die Ausgaben zu gute kamen, dieselben nicht voll zu tragen haben.
Auch bei geordneter Finanzverwaltung sind Defizits nicht immer zu vermeiden, da sowohl die Einnahmen hinter den Erwartungen
zurückbleiben, als auch die Ausgaben die Ansätze des Voranschlags übersteigen können (Mißwachs, Krieg,
überhaupt unvorhergesehene Umstände).
Chronische Defizits sind die Folge schlechter Finanzverwaltung, welche nur die Gegenwart im Auge
[* 62] hat und der Zukunft sorglos
Lasten auf Lasten zuschiebt. Treue Begleiterinnen derselben sind die Unwirtschaftlichkeit und auch leicht die Korruption. Die
Mittel zur Deckung eines Defizits und zur Vermeidung desselben sind: Minderung der Ausgaben, Erhöhung der
Einnahmen oder beides zugleich. In den zivilisierten Ländern kommt, da die Ausgaben mit steigender Kultur sich erhöhen, im wesentlichen
nur das zweite Mittel in Betracht. Da die Benutzung der gewöhnlichen außerordentlichen Deckungsmittel für die Zukunft entweder
die Einnahmen schmälert (Verkauf von Staatsgütern), oder die Ausgaben erhöht (Verzinsung und Tilgung
der Schuld), so können drohende chronische Defizits im allgemeinen zuletzt nur durch Erhöhung der Einnahmen aus Steuern beglichen
werden. Defizit (Kassendefizit) heißt auch die Summe, welche an dem Status einer Kasse zufolge des durch die Bücher gegebenen Ausweises
fehlt (s. Defekt), sowie der durch die kaufmännische Bilanz sich herausstellende Verlust (Unterbilanz).
(Hares Spirale, Kalorimotor, lat.), ein veralteter galvanischer Apparat, welcher aus einer sehr großen Kupferplatte
besteht, die mit einer gleich großen Zinkplatte in der Weise spiralförmig zusammengerollt ist, daß sich die beiden durch
Tuchstreifen voneinander getrennten Metalle nicht berühren.
daher Deflorationsgelder, die Entschädigung, welche der
Schwängerer (Deflorator) der Geschwängerten (Deflorata) für die geraubte Jungfrauschaft in manchen Ländern geben muß.
(spr. difoh),Daniel, engl. Politiker und
Schriftsteller, geb. 1661 zu London
[* 66] als Sohn eines
FleischersFoe, wie dieser ein eifriger Dissenter. Er widmete sich zunächst dem Handel, griff aber schon früh durch Schriften
in die religiösen Umtriebe ein, welche die Regierung der letzten Stuarts kennzeichnen. Dadurch verdächtig, entzog er sich
seinen Gegnern durch Reisen auf dem Kontinent. Seit seiner Rückkehr nannte er sich Defoe. Von neuem warf er
sich in den Parteikampf, aber selbst die Dissenters wollten von seinen Vorschlägen nichts wissen.
volkswirtschaftlichen Inhalts,
lenkte die Aufmerksamkeit des Königs auf ihn. Diesem wie seinem ganzen Haus treu ergeben, wehrte Defoe die
auf Wilhelm als einen Fremden gemachten Angriffe durch das satirische Gedicht »The trueborn Englishman« (1701)
glänzend ab, indem er nachwies, daß die Engländer selbst ein Mischvolk seien und dieser Eigenschaft manchen Vorzug verdanken.
Als nach WilhelmsTode die Verfolgung der Dissenters sich erneute, stimmte er ironisch in das Treiben der
Hochkirchler ein durch »The shortest way with the Dissenters« (1702); bald aber wurde der Verfasser der beißenden Satire erkannt
und zu Pranger und Gefängnis verurteilt.
Der öffentliche Schimpf gestaltete sich indessen zu einem Triumph, die Haft wurde verkürzt. Bei den Verhandlungen
über die UnionEnglands und Schottlands bediente sich die Regierung seiner als Unterhändler, und er löste seine Aufgabe mit
Glück und Geschick. Ungefähr gleichzeitig mit dem Tode der KöniginAnna zog er sich vom politischen Leben zurück. Er starb 1731 zu
London in dürftigen Verhältnissen. Unsterblich machte ihn »The
life and strange surprising adventures of Robinson Crusoe of York« (1719; übersetzt von Altmüller, Hildburgh. 1869). Das
Werk, von Rousseau als erziehende Jugendschrift ersten Ranges gerühmt, verlegt seinen Schwerpunkt
[* 67] in die Entwickelung eines Charakters,
der alles eigner Kraft verdankt. In alle europäischen und viele außereuropäische Sprachen wurde es übersetzt und
zahlreich bis ins 19. Jahrh. nachgeahmt (s. Robinson).
(lat.), mißgestaltet; deformieren, verunstalten; Deformationen (Verunstaltungen),
in der Botanik diejenigen Mißbildungen von Pflanzen, welche nicht auf gewissen Veränderungen der morphologischen
Gesetze beruhen, wie z. B. die Chloranthie, der Abortus, die Pelorien etc., sondern durch ein ganz unregelmäßiges Wachstum
gewisser Teile zu stande kommen. Es gehören dahin z. B. die Verbänderungen der Stengel,
[* 70] die abnorme Bildung des Blumenkohls,
die Kräuselung und ähnliche Erscheinungen der Blätter (vgl. die einzelnen Artikel). Deformitäten, Mißgestaltungen
des lebenden Körpers, finden sich sowohl im Tier- als im Pflanzenreich. Die der Tiere und Menschen sind teils angeboren, teils
erworben; jene sind die sogen. Mißbildungen (s. d.), diese entstehen entweder infolge von Krankheiten, z. B.
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