(bei
Burgos) wurde dem
Helden ein Denkmal gesetzt. Die beiden Töchter des Cid Campeador, Cristina und
Maria, vermählten sich mit dem
Infanten von
Navarra, wodurch das
Blut des
Helden in das Königshaus von
Kastilien kam, und mit
Berengar vonBarcelona.
[* 2] Cid Campeador erscheint
somit nicht als ein nach heutigen
Begriffen edelgesinnterCharakter; allein zu seiner Zeit sah
man in einer
kriegerischen
Erscheinung von höchster
Energie,
Tapferkeit und
Klugheit, wie er sich darstellte, das
Muster eines
Helden, und
so wurde er der ideale Grundtypus eines Nationalheros, welchen der
Mund des
Volkes und die
Dichtung in der Folgezeit immer mehr
verklärten. Daß er seinem Lehnsherrn untreu wurde, daß
er denMauren diente, that ihm in der Beurteilung
seines
Volkes bei dem
Haß, den dieses gegen die unwürdigen
Könige jener Zeit hegte, keinen Abbruch; es verehrte in ihm den
ritterlichen spanischen Häuptling und liebte den ungerecht Verfolgten.
Das älteste der vorhandenen Gedichte, welche denHelden feiern, ist das
»Poëma del Cid«, das noch aus
dem 12. oder aus dem Anfang des 13. Jahrh. stammt und offenbar aus Volksliedern hervorgegangen
ist. Es trägt die
Aufschrift: »PerAbbat le escribió en el mes de
Maio en era de
mill è CCXLV annos«, nach unsrer
Zeitrechnung 1207 (ob
sich escribió auf die Abfassung oder nur auf eine
Abschrift bezieht, läßt sich nicht entscheiden).
Es wurde lange zu Vivar im
Haus des Cid Campeador aufbewahrt und 1779 von
Sanchez in seiner »Coleccion de poesías castellanas anteriores
al siglo XV«
(Madr., 4 Bde.; neue Ausg. von
E.
Ochoa, Par. 1842),
dann von
Janer in der Ribadeneyraschen Sammlung »Poetas castellanos anteriores al
siglo XV«
(Madr. 1864) sowie neuerdings von Vollmöller
(Halle
[* 3] 1879 ff., mit
Glossar, nach der
MadriderHandschrift) herausgegeben
und vonO. L. B.
Wolff
(Jena
[* 4] 1850) ins Deutsche
[* 5] übersetzt. Die Anfangsblätter des Gedichts in der einzigen bis jetzt entdeckten
Handschrift fehlen, auch hin und wieder einzelne
Verse. Es schildert den Cid Campeador als
Krieger,
Gatten,
Vater und
Freund, gibt aber seine historische Gestalt schon sehr verändert wieder und stellt rauhe
Züge seines
Wesens schon wesentlich
veredelt dar.
Als hauptsächlichste
Eigenschaft wird darin seine unbedingte Lehnstreue hervorgehoben. Dabei nimmt sich der Cid Campeador dem
König gegenüber des
Volkes an und verteidigt dessen
Rechte gegen die
Granden. Verschieden von diesem
»Poëma« ist die »Crónica
rimada del Cid«, welche, ein halbes
Jahrhundert später entstanden, zuerst von
Fr.
Michel im 116.
Bande der
»WienerJahrbücher«
herausgegeben wurde und nicht nur in Einzelheiten von der
Erzählung des
»Poëma« abweicht, sondern auch
den
Charakter des
Helden in anderm
Licht
[* 6] erscheinen läßt.
Hier
ist er der
Repräsentant der Gesamtheit der
Granden, die gegen die
Idee einer absoluten
Monarchie kämpften. Mehrere
Jahrhunderte
hindurch wechselten diese beiden Cid-Auffassungen, bis
Kastilien ganz dem Monarchismus huldigen mußte, und damit wird der
Cid-Typus des
»Poëma« feststehend.
So in der »Crónica general de España« aus dem Ende des 13. und in der
»Crónica del Cid« aus dem 14. Jahrh. Die
Lieder selbst, aus denen der Kunstdichter schon so früh ein
Ganzes geschaffen, haben sich bis auf den heutigen
Tag in sich
immer verjüngenden
Formen, den berühmten Cid-Romanzen, erhalten, deren älteste auf uns gekommene Gestalt
zwar kaum über das 16. Jahrh. zurückreicht, deren Grundlagen und Urformen aber älter als
das
»Poëma« sein müssen.
Sie gehören teils der
Volks-, teils der Kunstpoesie an, und man darf daher in ihnen nicht die strenge Charaktereinheit des
Helden suchen, weil sie sich in die beiden Haupttypen, die von ihm entstanden waren, teilen und in
ihrer Gesamtheit das
Bild desselben durch viele individuelle
Züge vervollständigen. Da diese Gedichte alle im C. ein ritterliches
Ideal aufzustellen suchen, zu der Ritterlichkeit des romantischen
Zeitalters aber auch die
Liebe gehörte, so erleidet auch
die
Darstellung derJimena Veränderungen.
Diese
Romanzen vom Cid Campeador erschienen zuerst gedruckt in den allgemeinen Romanzensammlungen, so die ältesten
und echtesten in der
»Silva de varios romances« (1550),
im
»Romancero de
Sepulveda« (1566)
und danach in »Primavera y flor de romances« (hrsg.
von
Wolf undHofmann, Berl. 1856);
andre im
»Romancero general« (1604) etc., dann in besondern Sammlungen,
wie in der von
Escobar
(Alcala 1612; neueste
Auflagen von Reguero,
Madrid
[* 7] 1818 u. Frankf. 1828) und in der von Metge
(Barcelona
1626);
kritisch geordnet in
Durans
»Romancero de romances caballerescos é historicos«
(Madrid 1832) und in dessen
»Romancero general« (das. 1849-51, 2 Bde.);
in besonderm
Abdruck als
»Romancero del Cid« herausgegeben von
Keller (Stuttg. 1840, 2 Bde.),
zuletzt und am vollständigsten vonL.Michaelis als
»Romancero del Cid« (Leipz. 1872).
Die erste und bekannteste deutsche
Bearbeitung der
Romanzen ist die von
Herder (1806), womit den
Deutschen zuerst ein voller
Blick in die
Welt
spanischer
Dichtung eröffnet wurde. Indessen gibt diese
Übertragung kein treues Abbild des
Originals; der Herdersche Cid Campeador ist
ein in deutsch-humanistischer Gesinnungsweise aufgefaßter
Held und zum größern Teil Übersetzung einer französischen Prosabearbeitung
der Cid-Romanzen, die sich mit willkürlichen Änderungen und Hinzufügungen in der »Bibliothèque
universelle des romans« von 1783 findet.
Die französischen und spanischen
Quellen zusammengestellt
(Heilbronn
[* 9] 1879).
Wirkliche Übersetzungen der echten Cid-Romanzen, nach
Durans und
Kellers Sammlungen, sind die von Duttenhofer (Leipz. 1841),
Regis (Stuttg. 1842) und
Eitner (Hildburgh. 1871).Französische Bearbeitungen erschienen von
Creuze de Lessert
(2. Aufl., Par. 1821),
Renard
(Burgos 1830, 2 Bde.) und Renal (Par.
1843, 2 Bde.), eine italienische von PietroMonti
(Mail. 1838). Nach den
Romanzen dichtete
Diego Jimenes de Ayllon eine schulgerechte
Epopöe in 32
Gesängen (zuerst
Antwerp. 1568);
Guillende Castro (gest. 1631) behandelte die Liebesgeschichte
des Cid Campeador und
Jimenas dramatisch, und sein
Stück
(»Las mocedades del Cid«, 1621; neu hrsg. von W.
Förster,
Bonn
[* 10] 1878) ist die
Quelle
von
Corneilles berühmtem
Drama »Cid«.
HistorischeBerichte über den Cid Campeador finden sich in größerm
Umfang erst seit dem 13. Jahrh. bei christlichen und mohammedanischen
Geschichtschreibern. So besitzen wir eine wahrscheinlich aus dem Anfang des 13. Jahrh. stammende
»Genealogia del Cid Ruy
Diaz« und die von Risco im
KlosterSan Isidoro zu
Leon entdeckte und im Anhang seines Werkes »La
Castilla
y el mas famoso Castellano«
(Madrid 1792) abgedruckte lateinische Spezialchronik
»Gesta Roderici Campidocti«, welche
zum Teil Sagenhaftes enthält.
Noch mehr entstellt sind die den Cid Campeador betreffenden Teile der auf Befehl
Alfons' des
Weisen verfaßten
»Crónica general« und die von den
Mönchen von Cardena herausgegebene »Crónica particular del Cid«
(Burgos 1512 u. öfter;
am besten von
Huber,
Marburg
[* 11] 1844). Früher noch erschien ein
Auszug aus dem den Cid Campeador betreffenden Teil der
¶
mehr
»Crónica general« unter dem Titel: »Crónica del Cid Ruy Diaz« (Sevilla
[* 13] 1498 u. öfter) und wurde Volksbuch. Von den neuern
Historikern lieferten Monographien von des Cid Campeador Leben und Thaten: der Portugiese Jos. Pereyra Bayam (Lissabon
[* 14] 1731 u. 1751),
die
Spanier Risco, Quintana und Malo deMolina (Madr. 1857), der EngländerSouthey (Lond. 1808) und JohannesMüller
(1806, im 8. Band
[* 15] seiner Werke), die aber alle von der »Kritischen Geschichte des Cid Campeador« von Huber (Bremen
[* 16] 1829) übertroffen wurden.
Die neuesten und gründlichsten Forschungen über den historischen Cid Campeador verdankt man Dozy in seinen »Recherches sur l'histoire
politique et littéraire de l'Espagne pendant le moyen-âge« (Leiden
[* 17] 1849),
neben welchem noch Willemaers,
»Le
[* 18] Cid. Son histoire, ses légendes, ses poètes« (Brüssel
[* 19] 1873) zu erwähnen ist.
daFerrara
[* 21] (spr. tschäko, eigentlich FrancescoBello), ital. Dichter aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrh.;
lebte in Blindheit und Armut teils in Mantua,
[* 22] teils in Ferrara und war der erste ferraresische Dichter, der
die Pflege des Epos unternahm. Sein großes Heldengedicht »Il Mambriano«, das in 45 Gesängen die Abenteuer eines morgenländischen
Fürsten besingt, erschien unter dem Titel: »Libro d'arme e d'amore, nomato Mambriano« (zuerst Ferrara 1509; beste Ausg., Vened.
1549). Das Ganze ist ohne Einheit und leidet an Planlosigkeit und der wunderlichsten Vermischung christlicher
Vorstellungen mit antiker Mythologie; indessen fehlt es ihm nicht an einzelnen guten Erfindungen und geistreichen Einfällen.
Tasso hat einiges aus ihm entlehnt.
(spr. dsiënfue-), Hafenstadt an der Südküste der InselCuba, an der Bahia
[* 25] de Jagua, 1819 gegründet, hat
Maschinenbau, Ausfuhr von Zucker,
[* 26] Melasse, Rum, Tabak
[* 27] und 2500 Einw. Es liefen 1884: 243 Schiffe
[* 28] von 195,052 Ton. ein.
Cienfuegos ist Sitz eines deutschen Konsuls.
(spr. dsiënfue-), Nicasio Alvarez de, span. Dichter, geb. zu Madrid, studierte in Salamanca, schloß
sich hier der durch Cadalso und Melendez gegründeten neuern Dichterschule an und begründete in Madrid 1798 seinen litterarischen
Ruf durch die Herausgabe seiner Gedichte. Die Regierung übertrug ihm darauf die Redaktion der Regierungszeitung
und stellte ihn später im Departement der auswärtigen Angelegenheiten an. Wegen seiner Teilnahme am Volksaufstand vom gegen
die französische Besatzung in
Madrid während des Unabhängigkeitskriegs zum Tod verurteilt, aber zur Deportation nach Frankreich
begnadigt, starb er kurz nach seiner Ankunft in Orthez im Juli 1809. Seine dramatischen Hauptwerke sind
die Tragödien: »Pitaco«, welche ihm die Pforten der MadriderAkademie öffnete, »Idomeneo«, aus welchem er, Alfieri nachahmend,
die Liebe ausgeschlossen hatte, »La condesa de Castilla« und die aus alten Sagen geschöpfte »Zoraida«.
Sie verraten alle einen edlen und hochsinnigen Geist, haben aber mehr lyrischen als dramatischen Charakter
und leiden unter dem damals herrschenden Pseudoklassizismus. Von der Bühne sind sie längst verschwunden. Seine Gedichte
(anakreontische Lieder, Oden, Romanzen, Elegien etc.) zeugen von wahrer Begeisterung und schönem Talent. Die vollständigste Ausgabe
seiner »Obras poéticas« erschien Madrid 1816 in 2 Bänden (neuere Ausg., Par. 1821); eine Auswahl
findet man inWolfs »Floresta de rimas modernas castellanas« (das.
1837).
August, Graf, poln. Philosoph, geb. 1814 in Podlachien, studierte zu Berlin
[* 29] und ward dort einer der eifrigsten
SchülerHegels, kaufte sich 1847 im Posenschen an, war wiederholt Mitglied des preußischen Landtags und lebt gegenwärtig
in Posen.
[* 30] Er schrieb das namhafte Werk »Ojczc-nasz« (»Das
Vaterunser«, 2. Aufl. 1870), worin er ein neues System der slawischen Philosophie zu begründen versuchte;
außerdem verschiedene
philosophische und nationalökonomische Abhandlungen in deutscher und französischer Sprache.
[* 31]
(spr. dsi-eza), wohlhabende Bezirksstadt in der span.
ProvinzMurcia,
[* 32] links am Segura, mit (1878) 10,910 Einw. und römischen
Ruinen. Cieza liegt in schöner Huerta, hat Alabasterbrüche und feiert jährlich im August eine Messe.
im Handel gebräuchliche Abkürzung für »cost, insurance, freight« (engl.),
d. h. der Verkäufer hat die Kosten der Verladung und Versicherung sowie die Fracht zu tragen.
Lanfranc, Troubadour des 13. Jahrh., geboren zu Genua,
[* 33] stammte aus einer edlen Familie und war 1243 Richter, 1248 Konsul
in seiner Vaterstadt. Anfangs feierte Cigalas Muse in vielen Liedern eine provençalische Dame Berlanda,
nach deren Tod nahm die Religion die Stelle der Liebe in seinem Herzen ein. Besonders eifrig forderte er zu dem Kreuzzug auf,
den der heil. Ludwig damals unternehmen wollte. Als eifriger Ghibelline war er des Papstes Feind und wurde, vielleicht infolge
eines Parteihandels, 1278 auf einer Reise bei Monaco
[* 34] ermordet. Wir haben gegen 30 Gedichte von ihm, von
denen aber nur einige, unter andern bei Raynouard (Choix etc., V, 244), gedruckt sind. Sie bestehen aus Sirventes, Kreuzliedern
und Liebesliedern, einem Klagelied (planch), Terzonen, Sendschreiben (breus), einer Erzählung und einer Kanzone, in der er
sich lebhaft gegen die sogen. »dunkle
Rede« ausspricht.
(spr. tschinjaroli), Giambettino, ital. Maler, geb. 1706 zu Verona,
[* 38] SchülerSanto
[* 39] Prunatis
und Balestras, studierte in Venedig,
[* 40] lebte dann meist in seiner Vaterstadt und erwarb sich einen ausgebreiteten Ruf; doch zählt
er nur zu den veronesischen Malern zweiten Ranges. Er starb 1770. Zu seinen wertvollsten Gemälden gehören einige Altarblätter
in italienischen Kirchen, wie zu Pontremoli, Pisa,
[* 41] Parma, Venedig, Verona etc. WirklichesVerdienst erwarb er
sich durch die Stiftung der in Verona noch bestehenden Accademia di pittura. Auch in der Dichtkunst versuchte er sich nicht
ohne Glück und beschäftigte sich nebenbei mit Physik. Auch schrieb er einiges über Kunst, so die »Serie de' pittori veronesi«
im 3. Bande der »Cronica della Zogata« und Noten zu Pozzos »Vite de' pittori, scultori e architetti veronesi«.
Insektengruppe aus der Ordnung der Halbflügler, mit
dem Körper schräg, dachförmig anliegenden Flügeln, umfaßt vier Familien: Singzirpen,
[* 48] Leuchtzirpen, Buckelzirpen
und Kleinzirpen. Die Singzirpen (StridulantiaBurm.) sind plump gebaute Tiere mit kurzem, senkrecht stehendem Kopf und blasenartig
aufgetriebener, querfaltiger Stirn, hervorquellenden Augen,
drei deutlichen Nebenaugen auf dem Scheitel, zwischen den Augen entspringenden,
borstenförmigen, kurzen Fühlern, gestreckten, glasartigen, unbehaarten oder gefärbten und behaarten Vorderflügeln, die
viel länger sind als die Hinterflügel, und verdicktem, unten stachligem Vorderschenkel.
Sie gehören meist den Tropen an, halten sich am Tag scheu zwischen dem Laub der Bäume versteckt und saugen die jungen Triebe
derselben aus, ohne sich aber dabei nach Art der Blattläuse festzusetzen und Kolonien zu bilden. Die Männchen bringen sehr
helle, schrillende oder pfeifende Töne hervor, welche schon die Aufmerksamkeit der alten Dichter und Naturbeobachter
erregten. Die Tettix der Griechen wurde von den Dichtern, besonders von Anakreon, besungen, und eine auf einer Harfe sitzende
Cikade galt als Sinnbild der Musik.
Der Stimmapparat befindet sich jederseits an der Basis des Hinterleibes unter zwei großen, lederartigen
Schuppen, von denen jede eine große, im Grund von zarter Membran geschlossene Ringöffnung bedeckt. Oben an der Außenseite
jeden Ringes spannt ein horniger Rahmen eine festere, längsfaltige Haut.
[* 49] Am Grunde der lederartigen Schuppe liegt ein Luftloch
als lange, mit Wimperhaaren besetzte Falte, und im steifen Rand sind Stimmbänder angebracht, welche durch
die ausströmende Luft in Schwingungen versetzt werden.
Die hierdurch erzeugten Töne werden durch den beschriebenen Apparat verstärkt. Die Weibchen bohren mit einem in der Längsspalte
des Bauches verborgenen Legstachel junge Triebe bis zum Mark an, um ihre Eier
[* 50] abzulegen; die Larven saugen äußerlich am Baum,
auch an den Wurzeln. Die Familie zählt 400-500 Arten, von denen nur 18 dem südlichen Europa
[* 51] angehören.
Die größte inländische Art, welche mit den Flügeln über 8 cm spannt, ist CicadaplebejaScop., sie ist schwarz, auf dem
Schildchen und auf dem Prothorax größtenteils rostgelb, am Hinterleib seitlich weiß, auf den Flügeln
gelbbraun geädert und bewohnt Süddeutschland.
mit elf braunen Punkten auf jedem der wasserhellen Vorderflügel und braunem, gelb geflecktem und weiß
behaartem Körper, lebt in Südeuropa vorherrschend auf der Mannaesche und sticht deren Blätter an, um
ihre Eier darin abzulegen. Auf der Wunde bilden sich Mannatröpfchen, doch hat dies Produkt für den Handel keine Bedeutung.
Von den alten Griechen wurden Cikadenlarven gegessen. Die Leuchtzirpen(FulgorinaBurm.) haben einen vielgestaltigen Kopf, an
welchem die Stirn vom Scheitel und von den Wangen durch scharfe Leisten getrennt ist; die Augen sind klein,
halbkugelig, jederseits oft mit einem Nebenauge, die Fühler meist ganz klein, warzenförmig.
Die Vorderflügel sind dünnhäutig, derb oder lederartig; viele Arten von beträchtlicher Größe und lebhafter, bunter Färbung
bewohnen vorwiegend die Tropen und sind in Europa durch unscheinbare Arten vertreten. IhrenNamen haben sie
von dem surinamschen Laternenträger (s. d.), von welchem man glaubte, daß er nachts leuchte;
sie zirpen nicht, sondern aber durch die Körperbedeckung hindurch eine wachsartige Substanz aus, welche in besonderer Dichtigkeit
und oft in langen, fadenförmigen Strängen die Oberfläche des Hinterleibes bedeckt. Das Wachs der chinesischen Flata
limbataFabr. kommt in den Handel. Die Buckelzirpen (MembracinaBurm.) sind kleine bis mittelgroße, springende, nicht zirpende
Tiere mit extravaganten Bildungen des Prothorax, unter welchem
¶
mehr
oft Mittel- und Hinterrücken, selbst Flügel und Hinterleib verborgen liegen; der Kopf ist nach unten gerückt, der Scheitel
mit der Stirn verschmolzen, zwischen den Augen liegen zwei Nebenaugen, die Fühler sind sehr kurz, unter dem Stirnrand verborgen.
Sie bewohnen bis auf eine GattungAmerika
[* 55] und sind dort ungemein zahlreich vertreten. Die gehörnte Dornzirpe
(CentrotuscornutusL.), 6-9 mm lang, schwarz, fein seidig behaart, an Knieen, Schienen, Tarsen und Rückenkiel rostrot, mit
zwei seitlichen ohrartigen Fortsätzen und einem hintern langen, scharf gekielten Dorn am Mesothorax, findet sich bei uns
im Herbst häufig auf Haselgebüsch.
Die Kleinzirpen (CicadinellaBurm.) haben einen frei hervortretenden Kopf, der Scheitel ist nach oben, die
Stirn nach vorn gewandt, die Nebenaugen stehen zu zweien oder fehlen; die Fühler sind kurz, mit Endborste, vor den Augen stehend,
der Prothorax ist meist einfach, den Mesothorax bis zum Schildchen bedeckend, die Oberflügel sind lederartig, die Hinterbeine
verlängert. Sie springen, zirpen aber nicht und finden sich in zahlreichen Arten in Europa. Die Schaumcikade
(AphrophoraspumariaL. s. Tafel »Halbflügler«) ist 11 mm lang, gelbgrau mit zwei schrägen hellern Binden auf den Deckflügeln;
das Weibchen legt im Herbste die Eier in Rindenrisse der Weide
[* 56] oder an den Wurzelstock einiger Wiesenpflanzen, die im
Frühjahr erscheinende Larve sticht die Futterpflanze an und saugt deren Saft; ihre Exkremente treten als Bläschen aus, welche
das Tier vollständig mit einem dichten Schaum umhüllen (Kuckucksspeichel). Sitzen viele Larven auf einer Weide bei einander,
so fließen die Schaumbläschen zu Tröpfchen zusammen und fallen herab (thränende Weiden). Nach der letzten
Häutung kommt die Cikade aus dem Schaum hervor und lebt auf Gräsern und Gebüsch. Eine Anzahl durch eigentümliche Formen
oder Farbenpracht ausgezeichneter s. auf beifolgender Tafel.
(slowen. Celje), altertümliche Stadt in Untersteiermark, in einem durch seine Naturschönheiten berühmten
Thal
[* 59] 238 m ü. M. an der schiffbaren Sann gelegen, Station der Wien-TriesterEisenbahn, hat eine windische Pfarrkirche mit gotischer
Kapelle, eine deutsche Kirche mit antikem Mosaikboden, ein Kapuzinerkloster, Gasanstalt, Sparkasse und (1880) 5393 Einw.
(darunter 400 Mann Militär), welche Leder-, Furnier-, Parketten-, Sprengpulver- und Thonwarenfabrikation,
[* 60] Verhüttung von Zinkerzen
(Staatsbetrieb), Bierbrauerei,
[* 61] ansehnlichen Handel, Wein- und Obstbau betreiben.
Die Stadt hat ein Obergymnasium und eine gewerbliche Fortbildungsschule und ist der Sitz einer Bezirkshauptmannschaft (für
die Umgebung), eines Kreisgerichts und eines Revierbergamts. An der Südostseite der Stadt liegt die
Ruine Ober-Cilli, einst Residenz der mächtigen Grafen von Cilli In der Nähe befinden sich das Eisenwerk Storé, das Braunkohlenlager
von Buchberg und die Baumwollspinnfabrik in Pragwald. Auch die BäderNeuhaus, Tüffer, Römerbad und Sauerbrunn-Rohitsch sind
nicht weit von der Stadt entfernt. - Cilli ist die alte römische Kolonie Celeja Claudia, Hauptort im mittlern
Noricum, wo angeblich 234 der heil. Maximilian, Bischof von Lorch, den Märtyrertod starb. Um 1050 wird der MarkgrafGünther von
Hohenwart als Marchio de Cilia bezeichnet.
Die Stadt kam an Aquileja, dann an die Heunburger. Noch im 14. Jahrh. gab es prachtvolle Ruinen von Celeja,
und die alte Stadtmauer, welche um 1452 aufgeführt wurde, zeigt noch heute eingefügte römische Basreliefs und Denksteine.
Seit 1331 war Cilli kaufweise im Besitz der genannten Grafen von Cilli, als Erben der Grafen von Heunburg, die besonders durch die
GunstKaiserSiegmunds, der eine Barbara von Cilli zur Gemahlin hatte, hoch emporstiegen, aber 1456 ausstarben,
worauf Stadt, Burg (Alt-Cilli) und Umgegend an das HausÖsterreich
[* 62] fielen.
Vgl. Thalherr, Cilli und Umgebung (Cilli 1875);
Hoisel,
Cilli und dessen Sannbäder (Wien
[* 63] 1877).
(ital., spr. tschi-), »Bergspitze«,
daher Bezeichnung vieler Berge im italienischen Sprachgebiet der Alpen,
[* 64] wie Cima di Gelas (3188 m) in den Seealpen,
Cima di Jazzi (3818 m) in den Walliser Alpen, Cima di Castello (3402 m) in den südrätischen Alpen, Cima di Nardis (3561 m) in der
Adamellogruppe; Cima d'Asta (2844 m), Cima di Langorei (2613 m), Cima di Rosetta (2854 m) in den südtirolischen Alpen; Cima Duodici
(2331 m) in den Lessinischen Alpen. Auch in den Apenninen werden einzelne Berge Cima genannt.
(spr. tschi-, Cima da Conegliano), Giovanni Battista, ital. Maler, geboren um 1460 wahrscheinlich zu Udine, lernte
in Venedig unter Al. Vivarini und ließ sich dann in Conegliano nieder, hielt sich aber auch zeitweise in Venedig auf, wo Giov.
Bellini den größten Einfluß auf ihn gewann. Die am spätesten datierten Werke von ihm sind von 1508. Cima wandelte
in den BahnenBellinis, war jedoch herber als dieser, immerhin aber ein bedeutender Maler, dem es an kräftig leuchtender Farbe
und ernster Charakteristik nicht gebrach. Seine Gemälde sind sehr häufig, so in Parma, Venedig, Conegliano,
Paris,
[* 65] Berlin u. a. O.
(spr. tschi-),Giovanni, ital. Maler, geboren um 1240 zu Florenz, bildete sich wahrscheinlich nach byzantinischen
Mustern, suchte aber der starren und typischen Manier derselben entgegenzuarbeiten und wurde so der Begründer der neuern italienischen
Malerei. Von seinen Werken ist nur eins urkundlich beglaubigt, ein Mosaikbild des thronenden Heilandes
und des EvangelistenJohannes in der Chornische des Doms zu Pisa, welches er 1301 und 1302 im altertümlichen Stil ausführte.
Dasselbe wurde erst 1321 durch die Hinzufügung einer Maria von andrer Hand
[* 66] vollendet. Auf die AutoritätVasaris werden Cimabue noch
folgende Werke zugeschrieben: drei Madonnenbilder auf Goldgrund in Santa Maria Novella in Florenz, in der
dortigen Akademie und im Louvre zu Paris und eine Reihe von Fresken in der Grabeskirche des heiligen Franz zu Assisi. Während
seine Madonnenbilder durch milde Ruhe und edle
¶
mehr
Feierlichkeit sich ausgezeichnen ^[richtig: auszeichnen], zeigt sich in den Wandbildern bereits das Streben nach Lebhaftigkeit
in Bewegung und Empfindung. Er starb bald nach 1302.
Als 1553 Buenos Ayres
[* 70] gegründet, dann aber wieder verlassen wurde, waren
Pferde in dieser Niederlassung zurückgeblieben, welche verwilderten und sich rapid vermehrten.
Die Cimarones sollen
die Vorfahren der jetzt in Amerika wild lebenden Pferdeherden sein.
(spr. tschi-), Domenico, einer der namhaftesten ital.
Opernkomponisten, soll nach Fétis zu Aversa im KönigreichNeapel
[* 71] von armen Eltern geboren sein, welche nicht lange
nach seiner Geburt nach Neapel übersiedelten. Besser beglaubigt erscheint Gerbers Angabe, wonach er 1755 geboren
ist, und zwar seiner eignen Angabe nach zu Neapel. Hier erhielt er seinen ersten Musikunterricht am Konservatorium der heil.
Maria von Loreto, seine weitere Ausbildung im Kontrapunkt und im dramatischen Stil durch Fenaroli und Piccini.
Seine erste Oper: »Le stravaganze del conte«, brachte er 1772 in Neapel auf die Bühne;
ihr folgte 1773 »La
finta Parisina«, 1775 in Rom »L'Italiana in Londra« und in den folgenden Jahren eine Reihe andrer an verschiedenen Orten aufgeführter
Opern, unter welchen »CajoMario« (1779 in Rom),
Während der drei Jahre seines
russischen Aufenthalts schrieb er die Opern: »La vergine del sole«, »Cleopatra«,
»L'Atene edificata« und erntete mit denselben reichen Beifall. Da jedoch
seine Gesundheit das nordische Klima
[* 72] nicht vertrug, so wandte er sich 1792 nach Wien, wo er vom KaiserLeopold II.
unter glänzenden Bedingungen als Hofkapellmeister angestellt wurde und noch in demselben Jahr sein Meisterwerk: »Il
matrimonio segreto«, mit größtem Erfolg auf die Bühne brachte, ein Leben und Geist sprudelndes, in allen Teilen vollendetes
Werk, das zu den besten der italienischen Opera buffa gehört.
Außerdem komponierte Cimarosa in Wien noch »La calamità de' cuori«, »L'amor
rende sagace« u. a. und kehrte dann 1793 nach Neapel zurück, wo sein »Matrimonio segreto« an 70mal hintereinander
mit immer neuem Beifall gehört wurde. Bis zum Ausgang des Jahrhunderts bereicherte er noch das Repertoire der größern Opernbühnen
seines Vaterlandes um mehr als ein Dutzend mit größerm oder geringerm Erfolg aufgeführter Werke. An den
revolutionären Bewegungen in Neapel (1799) nahm er lebhaften Anteil und soll infolgedessen sogar eingekerkert gewesen sein.
Jedenfalls verließ er 1800 Neapel und begab sich nach Padua
[* 73] und zuletzt nach Venedig, wo er über der Komposition der Oper »L'Artemisia« starb.
Im Panthéon zu Rom wurde 1816 seine Büste von Canova neben denen Sacchinis und Paësiellos aufgestellt.
Außer der großen Reihe von Opern schrieb Cimarosa noch eine Anzahl geistlicher Kompositionen, Messen, Litaneien u. a. Als Opernkomponist
läßt Cimarosa den Einfluß Mozarts deutlich erkennen, indem er mit den Vorzügen der italienischen Musik, dem anmutigen
Melodienfluß, der dramatischen Lebendigkeit und der wirkungsvollen Behandlung der menschlichen
Stimme, die dem deutschen
Meister eigne Gedankentiefe verbindet und namentlich durch geistreiche Harmonie und Instrumentierung die meisten seiner italienischen
Kunstgenossen übertrifft.
und Teutonen, zwei germanische Völker, welche als die ersten Germanen mit den Römern in
Berührung kamen und so in die Geschichte eintraten. Die Cimbern (Kimbern, d. h. Kämpfer) verließen ihre ursprünglichen
Wohnsitze auf der Jütischen Halbinsel (der sogen. CimbrischenChersonesus) infolge einer verheerenden Sturmflut, wandten sich,
wie erzählt wird, nach dem SchwarzenMeer und stießen auf dem Rückweg von da auf die in Böhmen wohnenden
Bojer, von welchen sie gegen Süden gedrängt wurden. So erschienen sie 113 v. Chr. in der römischen ProvinzNoricum (Kärnten
und Krain)
[* 74] und verlangten von den Prokonsul Gnäus PapiriusCarbo Land. Dieser suchte sich ihrer durch Hinterlist zu entledigen,
wurde aber bei Noreja (Neumarkt) von ihnen völlig geschlagen.
Dennoch wandten sich die Cimbern wieder nach Norden,
[* 75] umgingen die Alpen, zogen aus der jetzigen Schweiz
[* 76] helvetische Stämme, die Tiguriner und Toygener, sowie die Ambronen, deren Abstammung und frühere Wohnsitze man nicht kennt,
an sich, vereinigten sich am Rhein mit den Teutonen, welche ebenfalls auf der Jütischen Halbinsel gewohnt und gleichzeitig mit
den Cimbern ihre Heimat verlassen hatten (ob sie an der Schlacht bei Noreja teilgenommen, ist unsicher), und plünderten nun
vereinigt, 300,000 streitbare Männer, das Land zwischen Rhône und Pyrenäen.
Dieser nahm seine Stellung an dem Rhône und hatte Zeit, sein Heer schlagfertig zu machen, da die Feinde, welche sich zunächst
im nördlichen Gallien und in Spanien
[* 78] herumtrieben, erst 102 wieder erschienen. Die Cimbern und Tiguriner zogen gegen Südosten,
um durch das heutige Tirol
[* 79] in Italien
[* 80] einzudringen; die Teutonen und Ambronen wandten sich gegen Marius,
wurden aber von diesem bei Aquä Sextiä (Aix) 102 vollständig aufgerieben. Die Cimbern schlugen nach ihrer Ankunft in Oberitalien
[* 81] 102 den
Konsul Q. LutatiusCatulus zurück, wurden aber, als Marius 101 sich mit Catulus vereinigt hatte, 30. Juli 101 auf
dem RaudischenFeld bei Vercellä (zwischen Turin
[* 82] und Mailand)
[* 83] völlig vernichtet. Die ganze Volksmenge, Männer, Weiber und Kinder,
fand entweder den Tod auf dem Schlachtfeld, oder geriet in römische Gefangenschaft. Ein Teil der Cimbern war in der Heimat
zurückgeblieben und schickte später an AugustusGesandte, um die Thaten der Stammesgenossen zu entschuldigen.
Vgl. Pallmann, Die Cimbern und Teutonen (Berl. 1870).
(spr. ssimjäß, Cimiès), ein Franziskanerkloster auf einem Hügel 4 km nordöstlich von Nizza,
[* 85] an der Stelle
des alten Cemenelum, der römischen Hauptstadt der Meeralpen, von der noch Reste eines Amphitheaters, eines angeblichen Dianatempels,
eines römischen Bades u. a. vorhanden sind.
Fluß in der span. ProvinzHuesca, entspringt in den Mittelpyrenäen am MontPerdu, durchfließt das wilde Gebirgsthal
von Bielsa, nimmt den aus dem romantischen Thal von Gistain kommenden Cinqueta, dann die Flüsse
[* 87] Esera und Alcanadre
auf und mündet nach einem Laufe von 180 km rechts in den Segre, kurz vor dessen Einfluß in den Ebro.
L. (Chinarindenbaum, Fieberrindenbaum), Gattung aus der Familie der Rubiaceen, so genannt zum Andenken an die
Gräfin von Chinchon, Gemahlin des Vizekönigs von Peru (s. unten), immergrüne Bäume oder Sträucher mit
gegenständigen, einfachen, meist lederartigen, glänzenden, ganzrandigen, gestielten, oft auf der Unterseite purpurroten
oder kurz vor dem Abfallen sich purpurviolett färbenden Blättern, weißen, fleischfarbenen oder purpurnen, wohlriechenden
Blüten in endständigen, dekussiert ästigen, oft ansehnlichen Blütenrispen, vom Kelchsaum gekrönten, zweifächerigen,
vielsamigen Kapseln
[* 88] und zusammengedrückten, kleinen, ringsum geflügelten Samen.
[* 89]
Die Cinchonen sind höchst elegante, wenn auch nicht besonders auffallende Gewächse und stimmen so sehr
untereinander überein, daß eine vollkommen befriedigende Feststellung der Arten, deren Zahl gegenwärtig auf etwa 33 oder 36 bestimmt
wird, noch nicht erreicht ist; Spielarten und Bastarde vereinigen die Arten zu einer fast ununterbrochenen Reihe, deren Endglieder
kaum schärfer von den verwandten Gattungen als von den Pflanzen ihrer eignen Reihe zu trennen sind.
Von etwa zwölf Arten wird die Rinde zur fabrikmäßigen Darstellung des Chinins benutzt, aber nur wenige Arten liefern offizinelle
Rinde. Die Cinchonen wachsen in den Kordilleren von Südamerika von 10° nördl. bis 22° südl. Br.; der
eigentliche Mittelpunkt der besten Cinchonen (Cascarillos finos) ist aber die Provinz Loxa im südlichsten Teil von Ecuador
von 7° nördl. bis 15° südl. Br. Sie lieben ein wechselvolles, feuchtes Klima und eine mittlere Temperatur von 12-20° und
finden diese klimatischen Verhältnisse besonders in einem Höhengürtel von etwa 2000 m; doch wachsen
Cinchonen noch bei 3500 m Höhe, und die nicht offizinellen steigen bedeutend tiefer herab. Dem Charakter der tropischen Vegetation
entsprechend, wachsen die Cinchonen meist zerstreut, höchstens da und dort zu kleinern Gruppen vereinigt, und nur Cinchona corymbosaKarsten bildet waldartige Bestände.
ein hoher, dickstämmiger
Baum mit ausgebreiteter, reichbelaubter Krone, verkehrt eiförmig-länglichen, 8-15 cm langen Blättern, mit bisweilen rötlichen
Blattstielen und rötlichen Mittelrippen,
eiförmigen oder fast doldentraubigen Blütenrispen und fleischroten, weichhaarigen
Blüten, wächst in den bolivischen Provinzen Enquisivi, Yungas, Larecaja, Caupolican und in der peruanischen Provinz Carabaya
zwischen 1500 und 1800 m Seehöhe.
Cinchona LedgerianaMoens. mscpt., bisweilen als Varietät der vorigen betrachtet,
jedenfalls ihr sehr nahe stehend, stammt aus Samen, welche am Rio
[* 91] Mamore in Bolivia
[* 92] gesammelt wurden und durch Ledger nach London,
[* 93] von dort nach Java kamen. Die Rinde dieses Baums besitzt den höchsten Chiningehalt, nämlich 9-13,25 Proz.
Cinchona succirubraPav., ein Baum von 15-25 m Höhe, dessen aus der verletzten Rinde ausquellender milchiger Saft
bald intensiv rot wird (daher der Name), mit 18 cm langen, eiförmigen, im Alter oft blutrot überlaufenen Blättern, pyramidaler
Rispe und kurzhaarigen, purpurnen Blüten, wächst in Ecuador, vorzüglich im Gebirgsstock des Chimborazo, bei 600-1500 m Seehöhe.
Cinchona officinalis Hook. fil.,
ein 10-15 m hoher Baum mit fast eiförmiger Krone, 5-12 cm langen, ei-lanzettlichen oder lanzettlichen Blättern, fast doldentraubiger
Rispe und rosenroten Blüten, wächst in Ecuador, Provinz Loxa, bei 1600-2400 m Seehöhe und ist sehr veränderlich.
Cinchona micrantha
Ruiz et Pav.,
ein 6-20 m hoher Baum mit 23 cm langen, breit eiförmigen Blättern, großer, pyramidaler, vielblütiger
Rispe und weißen Blüten, wächst in Bolivia und Peru.
Diese Arten liefern hauptsächlich die Chinarinden (s. d.) des Handels, welche von den Stämmen, Ästen und Zweigen, in neuerer
Zeit auch von den Wurzeln genommen werden und zu den vorzüglichsten Arzneimitteln gehören; ihre Wirkung beruht hauptsächlich
auf dem Gehalt an Alkaloiden, wie Chinin und Cinchonin. Das Holz
[* 94] ist fast geschmacklos und enthält nur Spuren dieser Körper neben
viel Chinovin, ist auch zu technischer Verwendung nicht brauchbar. Die Blätter schmecken säuerlich bitter, riechen auch
trocken noch theeähnlich und enthalten geringe Mengen der Alkaloide, aber bis 2 Proz. Chinovin.
Die Blätter von Cinchona succirubra sollen als Fiebermittel alle Beachtung verdienen. Die Blüten schmecken bitterer als die Blätter,
aber in den angenehm schmeckenden wässerigen Aufguß geht diese Bitterkeit nicht über. Auch die Samen schmecken bitter. Bei
dem nicht eigentlich massenhaften Auftreten der Cinchonen und der rücksichtslosen Ausbeutung derselben hat
man nicht mit Unrecht Befürchtung wegen der gänzlichen Ausrottung der kostbaren Bäume gehegt. In neuerer Zeit wird jedoch
überall, Pitayo ausgenommen, ein vorsichtigeres Verfahren eingehalten; in Loxa verschont man beim Schälen kleinerer Bäume
einen breiten Rindenstreifen, von welchem aus sich die ganze Rinde allmählich wieder erneuert, wobei eine sehr geschätzte
Ware entsteht.
Eine regelrechte forstliche Benutzung der Cinchonen in ihrer Heimat müßte die günstigsten Aussichten haben, wenn sie durch
besser geordnete politische und soziale Zustände unterstützt würde. Die Übersiedelung der Cinchonen nach andern Ländern
erscheint daher als ein außerordentlich wichtiges Unternehmen. Nachdem Condamines Bemühungen, lebende Cinchonen nach Europa
zu bringen, mißglückt waren, gelang es Weddell, Samen herbeizuschaffen, welche in Paris keimten. Im J. 1851 kamen
durch Vermittelung der Jesuiten Cinchonen nach Algerien,
[* 95] doch scheinen die Akklimatisationsversuche hier und 1866 auch auf
Réunion mißglückt zu sein; auf Miquels Veranlassung schickte der holländische Kolonialminister Pahud den
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