R. O. in München.
[* 3] »Was kostet das englische Parlament?« Wenn wir IhreFrage richtig verstehen, so wünschen Sie zu wissen, welche
Summe das Land aufzubringen hat, um die mit den Beratungen des englischen Parlaments zusammenhängenden Kosten zu bestreiten.
Wie Sie wohl wissen, erhalten die Parlamentsmitglieder keine Diäten, es sei denn, sie werden ihnen von
ihren Wählern bezahlt, was thatsächlich bei einigen Vertretern aus dem Arbeiterstand und auch bei mehreren irischen Parlamentsmitgliedern
der Fall ist. Es handelt sich also hier einfach um Unterhaltung des Parlamentsgebäudes und Besoldung der nötigen Beamten.
Das Parlamentsgebäude hat nun (1882-83) 42,304 Pfd. Sterl. gekostet;
der Lordkanzler als Vorsitzender des Herrenhauses erhielt 4000 Pfd. Sterl. (und außerdem 6000 als Richter).
Der Vorsitzende
des Hauses der Gemeinen (Speaker) erhielt 5000 Pfd. Sterl., sein Stellvertreter 2500;
die Beamten des Herrenhauses erhielten
43,067 und diejenigen des Hauses der Gemeinen 49,966, also insgesamt 144,837 Pfd. Sterl. Für 1883-84 sind die
Unkosten aus 147,657 Pfd. Sterl. veranschlagt.
Von den Beamten des Herrenhauses beziehen zehn, von denjenigen des Unterhauses elf einen Gehalt von 1000-3000
Pfd. Sterl. pro Jahr und außerdem in einzelnen Fällen noch eine Amtswohnung.
Das Gesetz
ist von tief eingreifender Bedeutung für die Provinz.
Denn wenn auch die bisherigen sechs obern Verwaltungs- (Landdrostei-)
Bezirke mit nur unerheblichen Änderungen als ebenso viele »Regierungsbezirke«
fortbestehen werden, so ist die mit den untern Verwaltungsbezirken vorgenommene Veränderung desto einschneidender. An Stelle
der bisherigen 100 Ämter und 43 selbständigen Städte sind im ganzen 77 Kreise
[* 10] (8 Stadtkreise und 69 Landkreise) getreten,
die sich wie folgt verteilen:
Genauere Nachweise finden Sie in der soeben erschienenen 5. Ausgabe von Ringklibs »Statistischem Handbuch der ProvinzHannover«
(Klindworths Verlag in Hannover).
Die Kreise der andern hannöverschen Regierungsbezirke werden bei den betreffenden Artikeln
in derselben Weise angeführt werden.
Die Kreiseinteilung in den übrigen ProvinzenPreußens
[* 12] wird ausnahmslos bei
den Artikeln über die Regierungshauptstädte tabellarisch verzeichnet.
Das Ergebnis dieser
Sammlungen bildet jetzt einen Fonds, aus dessen Zinsertrag Preise verteilt werden an die Bearbeiter derjenigen
Fragen aus dem Gebiet des Völkerrechts, welche von dem Vorstand der Stiftung regelmäßig zur Beantwortung gestellt werden.
Als erste Preisfrage ist gegenwärtig das Thema ausgestellt:
»Über Rechte und Pflichten eines neutralen Staats beim Übertritt einer kriegführenden Armee auf sein Gebiet (FallBourbaki)«.
KaufmannMenzel in B. Die Angabe ist korrekt. Es handelt sich nicht um einen zwischen dem DeutschenReich
mit Rußland abgeschlossenen Auslieferungsvertrag, sondern, wie ganz richtig angegeben, nur um den Vertragsabschluß zwischen
Rußland und Preußen.
[* 17]
Außerdem wird ausgeliefert wegen Mordes und Mordversuchs und wegen strafbarer Herstellung
und strafbaren Besitzes von Dynamit und andern Sprengstoffen. In andern Fällen soll der Auslieferungsantrag in Erwägung genommen
und demselben, wenn nichts entgegensteht, mit Rücksicht auf die freundnachbarlichen Beziehungen beider LänderFolge gegeben
werden.
das braunschweigische Infanterieregiment Nr. 92 hat einen
schwarzen Polrock mit blauem Kragen, blauen Aufschlägen etc.;
so könnten wir Ihnen noch eine solche Menge besonderer Abzeichen
in der Uniform der deutschen Armee anführen, daß ein ansehnliches Bändchen daraus würde.
Überzeugen Sie sich davon in
»Die Uniformen der deutschen Armee in übersichtlichen Farbendarstellungen« (Leipzig bei Ruhl, 9. Aufl.
1885).
Wir mußten uns aber auf wenige allgemeine Angaben beschränken und auf die Anführung aller Ausnahmen oder besondern
Abzeichen verzichten. Wo sollte die Grenze und wo der Raum gefunden werden? Die württembergische Artillerie hat blaue Waffenröcke
und schwarze Kragen und Aufschläge, aber mit zwei Knopfreihen auf der Brust;
die 5. Batterie (braunschweigische)
vom 10. Feldartillerieregiment hat schwarze Polröcke. - Die Fahnen der Artillerie waren ursprünglich Regiments- oder Brigadefahnen.
Als später die neuen Feld-, dann die Fußartillerieregimenter abgezweigt wurden, erhielten dieselben keine neuen Fahnen (die
Artillerie nimmt die Fahnen nicht mit ins Feld);
vielmehr blieb die alte Fahne ihnen gemeinsam, also den
drei, wie man sagt, Provinzialregimentern.
Nur selten leisten derartige
Kinder im Alter Hervorragendes, da sie in der Regel vorzeitig verfallen und zu Grunde gehen. In Deutschland
[* 21] sagt man sprichwörtlich von frühreifen Kindern, daß sie nicht lange leben.
Ihre Deutung ist im allgemeinen zutreffend und
befindet sich im Einklang mit der sogen. empiristischen Theorie, welche die Ansicht vertritt, daß jene Erfahrungen, auf welchen
die Deutung unsrer Empfindungen der Außenwelt gegenüber beruht, im Lauf desLebens eines jeden Individuums
gesammelt werden müssen und also nicht ererbt werden. In unserm Fall handelt es sich aber um eine ungewöhnlich schnelle
Ansammlung von solchen Erfahrungen, und es ist immerhin möglich, daß die Fähigkeit hierzu auf erbliche Anlage zurückzuführen
ist.
Dr. H. in Budapest.
[* 22] Zu der Biographie einer hervorragenden Persönlichkeit oder zum Artikel über die Geschichte
eines Landes, eines Kriegs, eines Ereignisses etc. diejenigen Schriften, in denen sich etwas über den behandelten Gegenstand
findet, vollständig aufzuführen, dazu reicht der in einem Konversations-Lexikon verfügbare Raum bei weitem nicht aus. Es
erscheint auch überflüssig,
wenn man erwägt, daß derartige genaue biographische Nachweise nur zu
gelehrten Studien benutzt werden würden und denjenigen, die solche anstellen wollen, andre geeignete Hilfsmittel, wie die
»Allgemeine deutsche Biographie«, die »Biographie générale«, Spezialbiographien u. dgl.,
zu Gebote stehen. Es sind daher bei den Staaten nur die bedeutendsten und gangbarsten Geschichtswerke aufgeführt, bei den
einzelne Personen und Ereignisse betreffenden Artikeln bloß solche Monographien angegeben, welche sich
ausschließlich oder hauptsächlich auf den behandelten Gegenstand beziehen.
Dagegen ist die Verweisung auf Artikel und Abhandlungen
in Sammelwerken, wie der »Allgemeinen deutschen Biographie«, Wurzbachs »Biographischem Lexikon für Österreich«
[* 23] u. dgl., und
in Zeitschriften mit Bedacht ausgeschlossen worden. Es versteht sich ja von selbst, daß z. B.
ein Geschichtswerk über Preußen über jeden der preußischen Könige ausführliche Darstellungen enthält, daß in einer Geschichte
der Befreiungskriege die beteiligten Heerführer, in einer Geschichte der Reformation die einzelnen Reformatoren ihre Stelle gefunden
haben. Es würde deshalb ganz überflüssig und zwecklos sein, bei jedem einzelnen Fürsten auf Bücher
über die Landesgeschichte, bei York oder Blücher besonders auf das Beitzkesche Werk, bei Melanchthon auf Rankes »Deutsche
[* 24] Geschichte
im Zeitalter der Reformation« hinzuweisen, wenn wir in der Lage sind, anerkannte Biographien der Betreffenden anzuführen.
Um so
mehr Sorgfalt ist auf letztere und überhaupt darauf verwendet worden, daß der Benutzer des Lexikons
über dasjenige, was er vor allem suchen wird, genaue und präzise Angabe aller wesentlichen Daten und Umstände, kurz und
übersichtlich geordnet, vorfindet.
J. M. in N. S. Es ist selbstverständlich, daß unser Illustrationsprogramm während des Erscheinens hier und da Abänderungen
erleiden wird, die von der Wichtigkeit der Gegenstände bedingt sind. Es wäre gewiß durchaus gegen
das Interesse unsers Werks, an dem Buchstaben festzuhalten - aber unmöglich können wir jedem Einzelnen über das unvermeidliche
Ab- und Zuzählen Rechenschaft ablegen.
Maßgebend ist deshalb immer das neueste Verzeichnis der Beilagen (auf der vordern
Buchdecke).
Korrespondenzblatt Meyer in A. »Alboid« ist galvanisch vernickeltes
Britanniametall.
Über letzteres finden Sie einen besondern Artikel. - Zum Auffrischen verblichener Photographien empfiehlt das
»Photographische Wochenblatt« nach einer englischen Vorschrift eine wässerige
0,2proz.
Die Photographien werden, falls sie aufgeklebt sind, mit warmem Wasser von
dem Karton abgelöst und der Klebstoff von der Rückseite abgewaschen.
Alsdann legt man sie so lange in
die Sublimatlösung, bis man sieht, daß die Lichter weiß und die Schatten
[* 25] dunkel werden;
schließlich wäscht man die Photographie
gut mit reinem Wasser ab und trocknet sie.
Das Bild soll dann wieder wie neu aussehen und nie wieder bleichen.
Das Verfahren
ist jedoch nur für solche Photographien anwendbar, welche bei ihrer Herstellung gut im Goldbad getont
wurden, da im andern Fall das Bild leicht ganz verschwinden kann;
es empfiehlt sich also, den Versuch erst an einer kleinen
Stelle vorzunehmen.
¶
Das im laufenden Alphabet nicht Verzeichnete ist im Register des Schlußbandes aufzusuchen.
China umfaßt das HochlandZentralasiens und seine östlichen Stufenländer, indem es sich durch 56 Längengrade (79-134° östl.
L. v. Gr.) vom Westende des Karakorum bis zum JapanischenMeer, 5000 km weit, und durch 34 Breitengrade (18°
9' bis 52° nördl. Br.) vom Südende der InselHainan bis zur russischen Grenze im N., 3700 km weit, erstreckt. Der Flächeninhalt
dieses ungeheuern Ländergebiets wird zu 11,574,356 qkm (210,266 QM.), die Zahl der Einwohner
auf 371 Mill. berechnet; doch soll letztere auf Grund neuester Nachforschungen nur 250 Mill. betragen.
Die Grenzen
[* 29] des Reichs lassen sich nur im allgemeinen angeben. Die Nordgrenze gegen Sibirien wird im O. (seit dem Vertrag von
1858) durch den Ussuri und den Amur bezeichnet; weiter westlich sind deutliche Grenzlinien der Argun und Onon,
zwischen welchen die Grenze etwas südlich vom 50. Breitengrad unterm Tarai-Nor hinzieht; westlich der Selenga sind das Sajanische Gebirge,
einige Zweige des Altai und des Alatau als Grenze zu betrachten. Früher zog von hier die Grenze zuerst in südwestlicher, dann
südlicher Richtung bis zum 38.° nördl. Br. weiter.
Jetzt bildet etwa vom 82.° östl. L. v. Gr.
und 43.° nördl. Br. an der Thianschan die Südgrenze, wendet sich dann östlich vom 92.° östl. L. südlich und wieder
westlich, so daß die Kuku-Nor-Mongolen und Tibet zu China, Turkistan aber außerhalb desselben fallen. Im S. ist der Himalaja
die Grenze gegen Britisch-Indien, Nepal und Bhutan; sie senkt sich südlicher gegen Birma, Siam und Anam, doch
hat nur gegen das letzte infolge des mit Frankreich abgeschlossenen Vertrags eine Grenzregulierung stattgefunden. Die ganze
übrige Grenze bildet das Meer: zunächst das Südchinesische (Nanhai) mit dem Busen von Tongking,
[* 30] dann das Ostchinesische Meer
(Tunghai), weiter nördlich das Gelbe Meer (Wanghai) mit dem Golf von Petschili und der Koreabai. Die gesamte
Länge der Küstenlinie schätzt man auf 5570 km. Die Bestandteile des chinesischen Reichs in diesem Umfang sind:
Das seit dem 17. Jahrh. bestehende Vasallenverhältnis von Korea (s. d.) ist seit 1876 sehr gelockert worden. Da das eigentliche
China und die Nebenländer Chinas nach Naturbeschaffenheit und Nationalität ungemein verschieden sind, auch in der lokalen und
Provinzverwaltung vielfach Selbständigkeit bewahrt haben, so werden sie am zweckmäßigsten in besondern
Artikeln besprochen, und wir beschäftigen uns hier nur mit dem eigentlichen China.
Der Name China ist vermutlich aus dem Namen der alten Dynastie Thsin (255-209 v. Chr.) gebildet, der sich bei uns nach dem Vorbild
der Portugiesen in der Schreibweise China eingebürgert hat; die chinesische Bezeichnung für China als
Staat ist Tschungkuo (»Reich der Mitte«). Das eigentliche China umfaßt den südöstlichen Teil des gesamten chinesischen Reichs,
der sich östlich von den Alpen
[* 31] Tibets zwischen dem südlichen Abfall der mongolischen Hochebene im N. und den GrenzenHinterindiens
im S. bis an das Meer im O. und S. ausdehnt und ein gegliedertes, aber von Natur geschlossenes Ganze bildet.
Hierzu kommen noch zwei weitere StückeLandes, die, teils im S. der Mandschurei und am Südrand des mongolischen Hochlandes
(jenseit der Chinesischen Mauer) gelegen, teils keilförmig in die westlichen Nebenländer hineingreifend, von der Regierung
dem unmittelbar regierten Reichsgebiet einverleibt wurden, sowie außerdem auch die beiden InselnHainan
und Formosa. Die Landmasse des eigentlichen China, abgesehen von jenem keilförmigen Anhängsel, hat demnach ihre
Ausdehnung
[* 32] zwischen 20 und 41° nördl. Br. und zwischen 98 und 125° östl. L. v. Gr.; sie
ist von N. nach S. wie von O. nach W. etwa 2200 km lang und
¶
umfaßt mit der zu Kuangtung gehörigen InselHainan (36,195 qkm) und dem zu Fukian gehörigen Formosa (38,803 qkm) ein Areal von
4,024,690 qkm mit 350 Mill. Einw., welche sich auf die 18 Provinzen des Reichs wie folgt verteilen:
Die Bevölkerungszahlen beziehen sich, mit Ausnahme der für Tschekiang und Setschuan auf v. RichthofensSchätzungen fußenden, auf den Zensus von 1812. Schätzungen der Bevölkerung
[* 37] wurden schon in den allerfrühsten Zeiten vorgenommen,
als Grundlage diente die Zahl der Familien, der Steuerpflichtigen u. a.; die erste Zählung nach Individuen geschah auf Anregung
der französischen Missionäre 1749 und ergab 177 Mill. Einw., es folgten noch acht, deren
letzte (1794) 333 Mill. Seelen ergab.
Bis 1852 sollte die Bevölkerung auf 420 Mill. angewachsen sein, danach haben aber Hungersnot und die Taiping-Rebellion viele
Millionen dahingerafft. Da die Bevölkerungsstatistik hauptsächlich von solchen Beamten beeinflußt wird, die von ihren Unterbeamten
eine nach der Einwohnerzahl der Distrikte bemessene Steuer erheben, da ferner in den sehr häufigen Fällen
der Unterstützungsbedürftigkeit notleidender Provinzen die von der Zentralregierung auszusetzenden Fonds nach der Bevölkerungszahl
bemessen werden, so liegt es im Interesse gewisser Parteien, die Bevölkerung größer zu machen, als sie in Wirklichkeit ist.
China ist noch immer unvollkommen bekannt; die Ufer des Jantsekiangflusses und die Küstenprovinzen sind
allein ausführlicher beschrieben. v. Richthofen ist 1868-71 allerdings bis tief in das Innere vorgedrungen, und die Ergebnisse
seiner Reisen liegen bis jetzt in vier Bänden vor, die eine außerordentliche Bereicherung unsrer Kenntnis Chinas enthalten,
die aber auch durch die Anregung unzähliger neuer Fragen und Einführung neuer Gesichtspunkte beweisen,
wie gering unser jetziges Wissen ist.
Der Oberflächengestaltung nach zerfällt das Reich in ein Hochgebirgsland (im W. und NW.) und in ein Stufen- und Tiefland (im
SO. und O.). Man nimmt an, daß das südliche Gebirge mit dem Himalaja zusammenhänge. Diese Südkette
(Nanling, Nantschang) streicht unterm 26.° nördl. Br. und trennt die südlichen Provinzen von den nördlichen. In der Mitte
von Kueitschou sollen noch Gipfel von Schnee
[* 38] und Gletscher sein; das Gebirge, das nur von wenigen Pässen durchschnitten wird,
bildet die Sprachgrenze zwischen den nördlichen und südlichen Dialekten. Das zweite Parallelgebirge,
von Richthofen unter dem Namen Funiuschan (statt Peling) eingeführt, scheint der östliche Ausläufer des mächtigen Kuenlün
in Zentralasien
[* 39] zu sein und erhebt sich 1220-1520 m Höhe, während die Pässe in 300 und 450 m Höhe liegen. Zwei Dritteile
der ganzen Fläche des
eigentlichen China sind Bergland. Nach den Verhältnissen der Höhe können wir drei
große Regionen unterscheiden:
2) Die Stufenländer der Südkette (Nanling, Nantschang) fallen nach S. dem Meer zu terrassenförmig ab und ebenso nördlich.
Dieser oft kahlen und unfruchtbaren Region gehören an die ProvinzenKuangsi, Kuangtung, Fukian, Tschekiang;
die Binnenprovinzen Honan, Kiangsi und Nganhui, welche zum Teil den zweiten innern Terrassenabfall bilden, nehmen am Bergcharakter
teil, gehören aber der größern Fläche nach zur nächsten Abteilung.
3) Das Tiefland, die große Alluvialebene zu beiden Seiten des untern Jantsekiang, des Huangho und Peihoflusses,
nach O. dem Meer zu sich öffnend, auf den übrigen Seiten von den Abhängen des Alpenlandes begrenzt, ist ein weites seenreiches,
oft sumpfiges Kulturland, meist aus Löß bestehend, auf welchem die Dichtigkeit der Bevölkerung und die sorgfältige Bodenbearbeitung
eine Höhe erreicht haben wie wohl nirgends sonst. Zu dieser Region gehören die Hauptproduktionsgebiete
von China, die ProvinzenHupei, Teile von Hunan, Kiangsi und Nganhui, Kiangsu, Schantung und Petschili.
Die Bewässerung ist in China reichlicher, sowohl durch Flüsse
[* 40] wie durch Kanäle, als wohl in irgend einem andern Lande; die Kanäle
fangen aber bei der schlechten Wirtschaft der Regierung zu verfallen an und sind teilweise schon unbenutzbar.
China hat zwei große Flußsysteme, das des Huangho und des Jantsekiang. Der Huangho (»gelber Fluß«) mündet in den Golf von Petschili,
etwas südlich des 38.° nördl. Br. Seine Länge wird auf 4000-4200 km geschätzt, sein Stromgebiet auf 1,850,000 qkm (33,600
QM.). Mit Dampfern kann er nur stellenweise im Mittellauf befahren werden, vom Meer aus ist er nicht schiffbar.
An einer Stelle an seinem Ausfluß
[* 41] setzt der Strom über eine seichte Barre.
SeinWasser dient vor allem der Bewässerung; weithin verheerend wirkt er durch seine Überschwemmungen, gegen welche riesige
Erdwerke angelegt sind (vgl. Huangho). Der zweite große StromChinas, der Jantsekiang (von den Chinesen auch
Takiang, »großer Fluß«, oder Tschangkiang, »langer Fluß«, genannt), hat eine Länge von etwa 5300 km (mit den Krümmungen)
und ein Stromgebiet von über 1,870,000 qkm (34,000 QM.). Er vereinigt sich mit dem Jalungkiang
unter 26° 30' nördl. Br. und 101° 52' östl. L. v. Gr.;
die Quellen beider Flüsse liegen in Tibet.
Der Strom ist für Dampfer kaum über Itschang (ProvinzHupei) hinaus schiffbar, für Barken noch über Sutschou in Setschuan hinaus.
Er ist die Hauptverkehrsader mit dem Innern des Landes; die größten Handelsstädte liegen an ihm, und die Hauptsumme des
chinesischen Kapitals ist hier aufgehäuft. Zerstörend wirkt er durch den außerordentlich starken Wechsel
im Wasserstand. Von Itschang ab beträgt sein Gefälle 17 cm auf 1000 m, d. h. es ist fast doppelt so stark als das des Nils
und Amazonenstroms, dreimal so groß als das des Ganges.
Dampfschiffen befahren. Die Mündung des Flusses bildet jetzt einen einzigen großen Arm, etwas südlich vom 32.° nördl. Br.;
früher waren es drei Arme, von denen einer sich in die Hangtschoubai ergoß. Er erfährt auch in Tiefe und Fahrwasser so große
Veränderungen, daß sich die 1842 für das Delta
[* 43] aufgenommenen englischen Admiralitätskarten bereits 1858 unbrauchbar
erwiesen (vgl. Jantsekiang). Von den übrigen Flüssen ist der längste der Sikiang, der im südöstlichen Jünnan entspringt
und südlich von Kanton
[* 44] mündet; seine Länge beträgt einschließlich der Krümmungen 1700 km und läßt sich mit der des Don
und Tigris vergleichen.
Für größere Fahrzeuge schiffbar ist er nur bis zur Grenze von Kuangsi, sein Oberlauf ist selbst kleinen
Schiffen unzugänglich. Schiffbar ist dagegen bis über Nanning hinaus ein südlicher Nebenfluß, der Jükiang (beschrieben
von Moß, Narrative, etc., of an exploration of the WestRiver, Hongkong 1870). Der Peiho oder Nordfluß, welcher an Peking
[* 45] vorbei
strömt, hat seinen Ursprung im südlichen Randgebirge der Mongolei;
Ein Netz von Kanälen, das an Ausdehnung und vielfachster
Verzweigung seinesgleichen nicht hat, bedeckt das Tiefland; sie dienen statt der sehr seltenen Kunststraßen in ergiebiger
Weise dem Transport von Personen wie Waren und sind zugleich für die Bewässerung von höchster Wichtigkeit.
Der größte und wichtigste, zu dem sich die andern wie Äste und Zweige verhalten, ist der 1100 km lange und 80-330 m breite
Kaiserkanal (meist Jünho, »Beförderungsfluß«, genannt), der, seit
dem 7. Jahrh. n. Chr. nicht durch Ausgrabung, sondern durch Aufdämmung angelegt, aber erst unter der Mongolenherrschaft
vollendet, mit dem Peiho in Verbindung steht, den Huangho wie Jantsekiang quer durchschneidet und bis vor kurzem die große Kommunikationslinie
des Reichs bildete; jetzt gibt dieser Riesenbau nur noch Zeugnis von einstiger Größe und gegenwärtigem Verfall.
Der veränderte Lauf, den derHuangho nahm, verursachte den ersten großen Schaden am Kanalbau; da Reparaturen
unterblieben, so befindet sich der Teil nordwärts vom alten Bette des Stroms in einem ganz verwahrlosten Zustand. Der südliche
Teil hat bisher noch einen regelmäßigen Verkehr gestattet; aber wenn der Erhaltung dieses Werkes von seiten der Regierung
keine Aufmerksamkeit geschenkt wird und die Vorschläge der fremden Ingenieure wie bisher mit Geringschätzung
zurückgewiesen werden, so ist nicht nur der Einsturz eines Teils des Dammes, der den Kanal
[* 47] vom Kaojusee trennt, in Bälde
zu befürchten, sondern auch einer der fruchtbarsten Landstriche Chinas der Überschwemmung preisgegeben. Einen großen Teil
seiner Wichtigkeit wird der Kaiserkanal durch die projektierte Eisenbahn von Schanghai
[* 48] nach Tiëntsin verlieren.
Die Küste ist durch eine Menge von Buchten und Baien, von Vorsprüngen und kleinen Halbinseln in hohem Maß gegliedert; so besonders
auf der Strecke von Hainan bis zur Mündung des Jantsekiang. Von da bis nördlich von Liaotung hin ist das Ufer
bedeutend flacher und wegen seiner Untiefen für die Schiffer
gefährlich. Das Lotsenwesen ist von den unter der Leitung des
fremden Zolldienstes stehenden Hafenbehörden geordnet. Für die Beleuchtung
[* 49] der Meeresküste sowie des Jantseflusses ist
durch (1885) 75 Leuchtstationen und eine große Zahl von Bojen und andern Warnungszeichen gesorgt (s. »List of
Chinese Lighthouses, Buoys and Beacons«, Schanghai, jährlich erscheinend).
Das Klima
[* 52] eines Landes von solcher Ausdehnung wie China ist begreiflicherweise sehr verschieden. Seine Jahrestemperatur wechselt
zwischen der von Unteritalien oder des nördlichen Afrika
[* 53] und jener von Stockholm;
[* 54] die Wintertemperatur seines nördlichen
Strichs kommt ungefähr jener der nördlichen LänderÖsterreichs gleich. Die jährliche Durchschnittstemperatur
wechselt von 10° C. in Peking (40° nördl. Br.) bis 21° in Kanton (23° 12' nördl. Br.). Die Sommertemperatur ist fast in
ganz China sehr hoch, so daß sie im Schatten bis auf 38° steigt;
am
mittlern Jantsekiang wird die Wärme
[* 55] schon im Mai drückend bei mittlern Tagestemperaturen von 27-30° C. Die Wintertemperatur
wechselt in den nördlichen Provinzen im Mittel zwischen 2 und 14° C.;
der Winter beginnt hier im November und Dezember und endet
im März und April. Im mittlern China dauert der Winter von Anfang Dezember bis Ende Februar. Im südlichen
China beträgt die Wintertemperatur in den Niederungen meist 15°;
im Januar und Februar sinkt sie auf 10°, auch noch tiefer;
es fällt nur in den höchst gelegenen OrtenSchnee, und es bildet sich selten eine Eiskruste von ½ cmDicke.
im Sommer wird der südwestliche Seewind weit in das Land hineingezogen,
Niederschläge finden periodisch statt und nicht in kleinen, unregelmäßigen Zwischenräumen, wie in Europa;
[* 57]