»Popular
rhymes of Scotland« (1826, neue Ausg. 1870);
»Picture of Scotland« (1827, 2 Bde.);
»History of the rebellions in Scotland and life of
James I.« (1828-1830, 5 Bde.; neue Ausg.
1870).
Dann gab er heraus: »Scottish ballads and songs« (3 Bde.)
und das »Biographical dictionary of eminent Scotchmen«
(1832-35, 4 Bde.). Als sein
BruderWilliam 1832 sein
»Journal« gegründet, förderte er das Unternehmen durch schriftstellerische
Beiträge, und beide verbanden sich dann zu gemeinsamer Thätigkeit. Spätere
Publikationen von Chambers sind: »On ancient sea margins«,
eine
Frucht seiner geologischen
Studien (1848);
die Reiseschilderung »Tracings of Iceland and the
FaroeIslands« (1855) und die historisch-archäologischen Untersuchungen: »Domestic annals of Scotland« (1858-61, 3 Bde.)
und »Book of days« (1862-63, 2 Bde.).
Außerdem gab er die Werke
RobertBurns' mit vorzüglicher
Biographie des Dichters (1857, 4 Bde.) neu heraus und sammelte
eine Auswahl seiner eignen
Schriften: »Select writings of R. Chambers« (1860-61, 7 Bde.).
Chambers gilt auch für den Verfasser des
Buches »The vestiges of creation« (anonym 1844, 12. Aufl.
1884),
welches, ein
Vorläufer von
Darwins »Origin of species«, für die
Annahme der Entwickelungslehre die
Bahn einigermaßen
ebnete und von
Vogt (2. Aufl., Braunschw. 1858) ins Deutsche
[* 4] übersetzt wurde.
DieUniversität St.
Andrews ernannte Chambers 1863 zum Ehrendoktor. Er starb in St.
Andrews.
SeinBruderWilliam beschrieb sein
Leben:
»Memoir of
Robert Chambers, with autobiographic reminiscences« (12. Aufl. 1883.)
Die von beiden
Brüdern gegründete, noch jetzt bestehende Verlagshandlung
»William and
Robert Chambers« in
Edinburg und
London
[* 5] verfolgt
den bestimmten
Zweck, in
Verbindung mit zahlreichen befähigten Mitarbeitern
Wissen auf allen Gebieten zu
verbreiten, allgemeine
Bildung und
Veredelung des Volkscharakters anzustreben und zwar durch das
Mittel wohlfeiler
Zeitschriften
und Sammelwerke. Außer der bereits erwähnten Wochenschrift, dem
»Journal« (jetzt über 60 Bde.),
veröffentlichte die
Firma:
»Chambers'
Information for the people« (2 Bde.);
»Educational course« (150 Bde.);
die vortreffliche »Cyclopaedia of
English literature« (3. Aufl. 1876, 2 Bde.);
»Miscellany of useful and entertaining tracts« (20 Bde.);
»Papers for the people« (12 Bde.);
»Chambers' Encyclopaedia«, eine
Nachbildung der deutschen Konversationslexika (neue Ausg. 1874, 10 Bde.)
u. a.
(spr. schang-), früher Hauptstadt des Herzogtums, gegenwärtig des franz.
DepartementsSavoyen, an der Laisse und der
Albane, die in der
Nähe einen 71 m hohen
Wasserfall bildet, liegt zwischen
Gärten
und Landhäusern in einem weiten, von
Bergen
[* 6] umkränzten
Thal
[* 7] (269 m ü. M.), an der
Eisenbahn von
Lyon
[* 8] nach
Turin.
[* 9] Die
Stadt war ehedem mit
Gräben und
Mauerwerk umgeben, welche gegenwärtig in
Boulevards umgewandelt sind, hat meist enge, dunkle
Straßen, aber hohe, gut gebaute
Häuser.
Unter den Gebäuden sind hervorzuheben: die kleine gotische
Kathedrale (aus dem 14. und 15. Jahrh.), das Stadthaus, der moderne
Justizpalast, das neuerbaute
Theater
[* 10] und das alte, zu Anfang des 19. Jahrh. restaurierte
Schloß. Inmitten
der
Boulevards steht das geschmacklose sogen. Elefantendenkmal zu
Ehren des
Generals de Boigne, welcher sein
Vermögen (3½ Mill.
Frank) zum
Besten der Stadt vermachte. Bemerkenswert sind: die
Promenade Vernay, der
GrandJardin (die ehemaligen Festungswerke)
und die schönen
Anlagen des botanischenGartens am
Fuß des
Schlosses.
Unter den Landhäusern der Umgebung ist auch das durch
Rousseau berühmte, Les Charmettes genannt. Chambéry zählt (1881) 18,157
Einw., welche sich besonders mit Fabrikation von
Uhren,
[* 11] Seidengaze und Seidenstrümpfen, Wirkwaren,
Hüten,
Papier etc., mit
Weinbau, Steinkohlengewinnung und
Handel beschäftigen. Chambéry ist Sitz eines
Erzbischofs, einesPräfekten,
eines Appellhofs und Handelsgerichts; außerdem besitzt es ein großes
Seminar, ein
Lyceum, ein Taubstummeninstitut, ein
Kunst-
und
Antiquitäten- und ein Naturalienkabinett, eine
Bibliothek mit 25,000
Bänden und wertvollen
Manuskripten, einen botanischen
Garten
[* 12] und verschiedene gelehrte und gemeinnützige
Gesellschaften. Die Umgegend enthält mehrere
Heilquellen, darunter die
Schwefelquellen von Challes (11,5° C.). -
(spr. schangbonniähr),JacquesChampion de, franz. Klavierspieler, Sohn des unter der
RegierungLudwigs
XIII. zu
Paris
[* 16] wirkenden
OrganistenChampion, nannte sich bei seiner Verheiratung nach dem Besitztum seiner
Gattin in der
LandschaftBrie »Chambonnières« und wurde unter diesem
Namen so berühmt, daß ihn
Ludwig XIV. zum »premier claveciniste« ernannte.
Chambonnières, der mit
Recht als der Altmeister der französischen
Organisten und
¶
mehr
Klavierspieler gelten kann, starb um 1670, nachdem er zahlreiche Schüler gebildet, unter ihnen d'Anglebert und die ältere
Generation der weitverzweigten Musikerfamilie Couperin. Von seinen Klavierkompositionen erschienen zwei Sammlungen in Paris 1670.
Die Ehe blieb kinderlos. Sowohl nach der Februarrevolution als nach dem Sturz des zweiten Kaiserreichs 1870 versuchte die legitimistische
Partei Chambord als Heinrich V. auf den Thron
[* 26] zu erheben und die Orléanisten durch eine Fusion, welche der FamilieOrléans
[* 27] das Thronfolgerecht
sicherte, dafür zu gewinnen. Beide Male scheiterte der Versuch, 1873 an der Weigerung des Grafen, die Trikolore anstatt des
weißen Lilienbanners anzunehmen und sich auf eine Verfassung im voraus zu verpflichten.
Vielmehr stützte sich Chambord einzig und allein auf die klerikale Partei, und dadurch machte er seine Thronbesteigung unmöglich.
Geistig unbedeutend und äußerst bigott, aber gutherzig und edelmütig, zog er das Leben eines reichen
Landedelmanns den Gefahren des französischen Throns vor. Er starb in Frohsdorf und wurde in Görz bestattet. Da er
keine männlichen Leibeserben hinterließ, erlosch mit ihm die ältere Linie der Bourbonen, und seine Thronansprüche
gingen auf die Orléans über.
in Frankreich zu verschiedenen Zeiten ein außerordentlicher Gerichtshof, so genannt
wahrscheinlich wegen der harten Strafe (gewöhnlich Feuertod), die von demselben verhängt wurde. Insbesondere hießen so
die außerordentlichen Inquisitionstribunale, welche von Franz I. (1535) zur Verfolgung der Protestanten niedergesetzt wurden
und als zweite Instanz der Inquisitionstribunale galten. Die Mitglieder, welche der Papst ernannte, hießen Spürhunde des
Herrn (domini canes), suchten Ketzereien und Ketzer auf und instruierten die Prozesse, während die Chambre ardente den
letzten Urteilsspruch und die Vollziehung der Strafe übernahm.
Auch unter Heinrich II. war die Chambre ardente sehr thätig in der Verfolgung der Ketzerei. Unter Ludwig XIV. wurde abermals eine Chambre ardente errichtet,
um in betreff der Gerüchte von Vergiftungsfällen, welche nach dem Tode der Marquise de Brinvilliers in
Umlauf kamen, strenge Untersuchung anzustellen. Diese Cour des poisons bestand jedoch nur drei Jahre (1677-80), brachte viele
Personen aus den obersten Klassen der Gesellschaft, z. B. den Marschall vonLuxembourg, vor ihre Schranken und endigte mit der
Hinrichtung der vermeintlichen Zauberin Voisin.
introuvable (franz., spr. schangbr ängtruwábl,
»unfindbare Kammer«, d. h. wie sie sich so leicht nicht wiederfindet), Name der 1815-16 in Frankreich tagenden Zweiten Kammer,
die sich durch unbedingte Gefügigkeit gegen das erste reaktionäre Ministerium der Restauration auszeichnete.
Derselbe wurde
ihr von Ludwig XVIII. bald nach seinem Einzug in Paris aus Dankbarkeit gegeben, dann aber zum Spottnamen
für jede durch ultraroyalistische Bestrebungen sich hervorthuende Kammer.
(spr. schangför), Sébastien Roch Nicolas, franz. Schriftsteller, geb. 1741 bei Clermont in der Auvergne, erhielt
nach verschiedenen litterarischen Versuchen infolge der Aufführung seiner Tragödie »Mustapha et Zéangir« (1776) eine Sekretärstelle
beim Prinzen von Condé, welche er aber aus Neigung zur Unabhängigkeit wieder aufgab. 1781 wurde er Mitglied der
Akademie. Der Revolution diente er zuerst aufs eifrigste, arbeitete mit Sieyès und Mirabeau, wurde unter Roland Bibliothekar,
dann angeklagt und eingekerkert und starb infolge eines Selbstmordversuchs Chamfort war hauptsächlich
berühmt durch seine geistreiche, witzige Konversation und seinen kaustischen Humor und sehr gefürchtet wegen seines beißenden
Spottes, seiner bittern Ironie; doch ließen ihn seine krankhafte Empfindlichkeit, sein Stolz und sein geradezu
cynischer Menschenhaß oft über das Ziel hinausschießen.
Durch seine Erfolge in die vornehme, genußliebende Gesellschaft getragen (vier hohe Damen liebten ihn zu gleicher Zeit), hatte
er schon mit 40 JahrenGeist und Körper vollständig erschöpft. In seinen Werken machen sich seine Schwächen
weniger fühlbar; besonders sein Hauptwerk: »Mustapha et Zéangir«, ist in einfachem, natürlichem Stil geschrieben und voll
rührender Szenen, sonst aber nur mittelmäßig. Sein »Éloge de Molière« und der »Éloge de Lafontaine« wurden durch Preise ausgezeichnet.
»La jeune Indienne« wurde 1764, »Le
marchand de Smyrne«, eine satirische Komödie in Prosa, 1770 aufgeführt. Von seinen übrigen Werken erwähnen
wir: »Dictionnaire dramatique«, eine mit dem Abbé de Laporte verfaßte Dramaturgie (1776, 3 Bde.),
und die nach seinem Tod erschienenen
»Pensées, maximes, anecdotes, dialogues« (neue Ausg. 1860). Gesamtausgaben seiner
Werke veröffentlichten Ginguené (1795, 4 Bde.) und Anguis (1824-25, 5 Bde.); eine Auswahl
Houssaye (1852).
1) (spr. schämje)Daniel, reformierter franz. Theolog, geb. 1565 in der Dauphiné, war seit 1612 Professor
zu Montauban, fiel bei der Belagerung dieser Stadt 1621 auf den Wällen. Ein entschlossener Verteidiger seiner Kirche, wohnte
er als Präsident den meisten Nationalsynoden und Verhandlungen bei. Seine Werke sind durchgehends polemisch,
am bedeutendsten »Panstratiae catholicae« (Genf
[* 31] 1626 ff.)
und »Corpus theologicums loci communes theologici« (das. 1653).
2) (spr. schamihr)Frederick, engl. Romanschriftsteller, geb. 1796 zu London, trat 1809 als Kadett in den Seedienst und zeichnete
sich in den amerikanischen Kriegen aus, verließ aber 1833 mit dem Rang eines Kapitäns die Marine und übernahm
die Stelle eines Friedensrichters zu Waltham in Essex. Hier schrieb er seine zahlreichen, mit Beifall aufgenommenen Seeromane,
von denen wir als die bedeutendern nennen: »Life of a sailor« (1834);
»Passion and principles« (1842) u. a. Einen Beitrag zur Geschichte gab
er als Augenzeuge in der Schrift »Review of the French revolution
of 1848« (1849).
Entrüstet nahm er seine Entlassung aus dem Militärdienst und ging mit der Aussicht auf eine Professur am Gymnasium
zu Napoléonville in sein Vaterland zurück. Diese Aussicht ging nicht in Erfüllung, dagegen gelangte er in den Kreis der
Frau v. Staël zu Coppet, wo sich seine Neigung für die Naturwissenschaften, insbesondere für die Botanik, entschied. Im Herbst 1812 wieder
nach Berlin zurückgekehrt, fing er erst eigentlich das akademische Studium an, fühlte sich aber hier während
der Freiheitskriege, in denen er weder mit seinen Freunden gegen sein Vaterland noch mit dem Vaterland gegen die Freunde kämpfen
konnte, so unbehaglich, daß er einen vom russischen Reichskanzleramt ihm gemachten Antrag, als Naturforscher der BriggRurik
den russischen Kapitän O. v. Kotzebue (des Dichters Sohn) auf einer Weltumseglung zu begleiten, mit Freuden
annahm.
Seine ganze Reisegesellschaft aber, vor allen der Kapitän, stellten dem wissenschaftlichen Zweck der Unternehmung und Chamissos
Eifer für denselben alle erdenklichen Schwierigkeiten in den Weg. Dazu teilte man seine Berichte, ohne nur mit ihm hierüber
sich zu verständigen, in dem Kotzebueschen Werk über die Expedition so mangelhaft und fehlerhaft mit,
daß es Chamisso schwer wurde, seine Ehre zu retten. Im Oktober 1818 nach Berlin zurückgekehrt, erhielt er eine Anstellung als Kustos
am botanischen Institut, verheiratete sich und wurde einige Jahre später zum Vorsteher der königlichen Herbarien befördert.
Die Akademie der Wissenschaften ernannte ihn 1835 zu ihrem Mitglied. Er starb in Berlin an einer heftigen
chronischen Bronchitis, mit der er jahrelang gekämpft hatte, Als Naturforscher zeigte sich Chamisso in den Schriften:
»De animalibus quibusdam e classe vermium Linnaei etc.« (Berl.
1819, Heft 1: De Salpa);
»Übersicht der in Norddeutschland vorkommenden nützlichsten
und schädlichen Gewächse« (das. 1827);
»Bemerkungen und Ansichten auf einer Entdeckungsreise unter Kotzebue« (Weim. 1828);
Für den Sprachforscher ist sein Werkchen
»Über die Hawaische Sprache« (Leipz. 1837) von hohem Wert. Von Chamissos Gedichten (22.
Aufl., Berl. 1882; um 91 Nummern vermehrt in der Hempelschen »Nationalbibliothek«;
mit Zeichnungen von Thumann, Schmitz u. a., das. 1874) erschienen die ersten in dem von
ihm und Varnhagen¶
mehr
herausgegebenen »Musenalmanach« (das. 1804-1806). Sein (vielleicht mit Unrecht) berühmtestes, jedenfalls originellstes Werk:
»PeterSchlemihl«, die Geschichte eines Mannes, der seinen Schatten
[* 37] verloren hat, worin Chamisso seine eigne Unruhe und Ziellosigkeit
charakterisierte, wurde 1813 in der trübsten Stimmung geschrieben, 1814 von Fr. de la MotteFouqué in Druck gegeben und ist
in fast alle europäische Sprachen übersetzt worden. GroßesVerdienst erwarb sich Chamisso auch durch die in Verbindung mit Gaudy
besorgte Übersetzung einer Auswahl von Bérangers »Liedern« (Leipz. 1868, neue
Ausg. 1873) und die Redaktion des von A. Wendt gegründeten »Musenalmanachs«, die er von 1832 an, zuerst mit
G. Schwab, dann mit Gaudy, führte.
Obgleich Franzose, war Chamisso doch ein echt deutscher Dichter; ja, es war ihm, dem Franzosen, sogar vorbehalten, einem dem deutschen
Sprachgenius vor ihm nie vollkommen angepaßten Metrum, den Terzinen, bei dem verschiedenartigsten Inhalt einen echt deutschen,
nordischen Charakter zu verleihen. Hierher gehören seine »Retraite«, »Matteo Falcone, der Korse« und eins
seiner großartigsten Gedichte: »Salas y Gomez«. Der Geist, der durch Chamissos Gedichte, Balladen und Romanzen weht, ist ein
eigentümlich düsterer, schmerzlicher; selbst grimmige, herzerschütternde, ja nicht selten ungeheuerliche Aufgaben sind
in so krasser Weise von Chamisso behandelt worden, daß sich die Ästhetik trotz der meisterhaften Behandlung damit
nicht immer einverstanden erklären kann.
Diese düstere Gemütsrichtung wurde durch Chamissos eigentümliche Schicksale, besonders durch den Zwiespalt des doppelten
Vaterlandes, genährt, und sie steigerte sich noch, als er, abgestoßen von einer künstlichen Kulturwelt, sein Ideal, den
WildenKadu von der Insel Radack, kennen lernte. In C. lag auch das Bestreben, populär zu sein, und seiner
Freude am poetischen Einwirken auf das Volk verdanken wir viele seiner heitern, schelmischen und spielenden Gedichte.
Seine politischen Lieder zeichnen sich durch scharfen Spott und gesunde Ironie aus. Der Hauptstempel seines Charakters war kindliche
Einfalt und Herzensreinheit. Hieraus entsprang auch seine entschiedene Vorliebe für Naturvölker,
denn gerade bei ihnen hatte er auf seinen Reisen dasjenige gefunden, was er in unsern zivilisierten Zuständen so sehr vermißte.
»Ein Mann voll Unschuld, voll rastloser Thätigkeit, die bei ihm nie auf äußern
Vorteil, immer nur auf Hervorbringung von Edlem und Schönem gerichtet war, ein kerngesunder Mensch von nobelster Gesinnung
war Adelbertv. Chamisso, und fügen wir hinzu: ein Freund ohnegleichen, so haben wir das Bild einer Persönlichkeit, die unser höchstes
Interesse in Anspruch nehmen würde, hätte der Mann auch nie eine Zeile in Prosa geschrieben und nie einen Vers gedichtet.«
Seine »Gesammelten Werke« wurden von Hitzig herausgegeben (6. Aufl., Berl. 1874, 4 Bde.);
neuere Ausgaben besorgten H. Kurz (Hildburgh. 1869, 2 Bde.),
(spr. schamoni, auch Chamounix oder Chamouny genannt), romantisches und vielbesuchtes Thal der savoyischen
Alpen,
[* 40] im franz. DepartementObersavoyen, ArrondissementBonneville, erstreckt sich am Nordfuß der Montblancgruppe
in nordöstlicher Richtung von Les Houches (zwischen Mont Brévent und dem Montblancgipfel) bis zum Col deBalme und ist, von der
Arve durchflossen, 24 km lang und 1-3 km breit. Auf der Südseite ragt die kompakte Masse des Montblanc mit ihren 3200-4810
m hohen Spitzen empor.
Gewaltige Gletscher, darunter der Glacier des Bois, dessen Oberlauf das Mer de Glace bildet, der Glacier des Bossons und de l'Argentière,
senken sich ins Thal hinab. An der Nordseite erheben sich die Ketten des Mont Brévent und der AiguillesRouges, die eine Höhe
von 2600-2930 m haben. Noch vor 100 Jahren war dieses Thal gewissermaßen ein unentdecktes Land. Die beiden
EngländerPococke und Windham wagten sich 1741 zuerst hinein; der eigentliche wissenschaftliche Entdecker des Thals aber war
der Genfer Naturforscher H. B. de Saussure, der 1787 den Montblanc als einer der ersten erstieg und durch seine Beschreibung die
Touristen in diesen entlegenen Alpenwinkel lockte.
Die Mehrzahl der Bewohner ist im Dienste
[* 45] der Fremden, als Hoteliers und Hotelbedienstete, Führer und Träger,
[* 46] beschäftigt. Der
Winter dauert vom Oktober bis zum Mai, und der Schnee
[* 47] liegt oft 3 m hoch. Kälte und Hitze wechseln in dem
kurzen Sommer sehr schnell. Im Frühjahr und Herbst durchbrausen furchtbare Stürme das Thal, und Schneelawinen richten oft großen
Schaden an. Das Thal enthält nur drei Pfarrdörfer: Les Houches, Chamonix oder Le Prieuré (aus einem 1099 gestifteten Benediktinerkloster
entstanden) und Argentière;
es zählt
gegen 2500 Einw. Unter den vielen sehenswerten Punkten des Thals, welches den Ausgangspunkt für die Besteigung des Montblanc
bildet, sind zu nennen: La Flégère, eine Bergterrasse der AiguillesRouges (1887 m), von wo man die ganze Montblanckette
überschaut;
gegenüber der Montanvert (1920 m), unmittelbar über dem Gletscher des Bois und mit weitem
Blick über das wellenförmige Eismeer;
(hebr. Chemosch), Nationalgottheit der Moabiter, im wesentlichen identisch mit dem altkanaanitischen Moloch (s. d.).
Nach jüdischer Sage wurde Chamos unter dem Symbol eines schwarzen Steins verehrt, und selbst Salomo errichtete
ihm eine Opferstätte, die erst Josias wieder zerstören ließ.
(Chamoisit), Mineral aus der Ordnung der Silikate (Talkgruppe), findet sich derb und fein oolithisch mit zum
Teil platten und unregelmäßig gestalteten Körnern, ist grünlichschwarz, matt oder schwach glänzend, undurchsichtig, Härte
3, spez. Gew. 3-3,4, besteht aus kieselsaurem Eisenoxydul mit Eisenoxydulaluminat und Wasser, enthält
60,5 Proz.
¶
Man unterschied als Hauptteile: Niederchampagne mit den Distrikten eigentliche Champagne (Troyes), Vallage (Bar sur Aube), Bassigny (Chaumont)
und Sénonais (Sens), Oberchampagne mit den Distrikten Rémois (Reims),
[* 53] Perthois (Vitry), Rethelois (Rethel)
und die Brie Champenoise mit den StädtenMeaux und Château-Thierry. Der Osten und die Mitte des Landes, die sogen. Champagne pouilleuse
(lausige Champagne), sind durchgängig unfruchtbar; dagegen ist der westliche Teil der Champagne sehr fruchtbar
und dicht bevölkert. Hauptprodukte dieser Gegend sind der berühmte Wein, Getreide
[* 54] und vorzügliche Feuersteine.
Auch die Kreide,
[* 55] die als Blanc d'Espagne in den Handel kommt, stammt aus der Champagne. Die Bewohner (Champenois) sind ein starker,
kühner, kriegerischer, naiver, aber auch boshafter Menschenschlag, dessen Schwerfälligkeit und rauhes Wesen an die germanische
Abstammung erinnern. Bei den übrigen Franzosen stehen sie im Ruf derDummheit. - Die Champagne hat ohne Zweifel
ihren Namen von campus (»Blachland«).
Durch die Vermählung Philipps IV. mit Johanna, der Erbin des KönigreichsNavarra, der Champagne und Brie, kam die Champagne 1284 an Frankreich
und ward mit diesem 1361 auf immer vereinigt, behielt aber unter den französischen Königen die Rechte,
welche sie unter den Grafen gehabt hatte, und bildete eins der zwölf großen Gouvernements. Während des Feldzugs von 1792 war
die östliche, im Feldzug von 1814 die westliche Champagne vorzüglich der Kriegsschauplatz.
2) Franz. Landschaft im S. der untern Loire, von den FlüssenCher und Indre in ihrem Unterlauf begrenzt, ist im nordwestlichen
Teil (auf dem Boden der Touraine) fruchtbar und gut angebaut, im südöstlichen
(in Niederberry) unfruchtbar,
wasserarm und wird meist als Weideland benutzt. Der Name ist schon im 17. Jahrh. üblich. -
3) Landschaft im franz. DepartementCharente, zwischen der Charente und ihrem linken Zufluß Né, hat Kreideboden und ist wegen
ihrer ausgedehnten Branntweinfabrikation berühmt (vgl. Cognac).
die in der ehemaligen franz. ProvinzChampagne, namentlich in dem jetzigen DepartementMarne, wachsenden
Weine. Man hat weiße und rote Champagnerweine und von den weißen wieder schäumende und nichtschäumende oder
stille. Die nichtschäumenden Champagnerweine gehören in guten Jahren teilweise zu den Hochgewächsen, es sind sehr
feine, trockne Weine von eigentümlichem Aroma und Wohlgeschmack, sie gehen rasch in den Kopf, doch zerstreut sich ihre Wirkung
auch wieder schnell.
Sie bedürfen zu völliger Reife lange Zeit und finden deshalb nicht genug Würdigung. Der beste Wein der Champagne wächst
auf der vorzugsweise La Montague genannten Hügelreihe ganz nahe bei Reims, an deren Fuß das Dorf Sillery liegt. Der Sillery
sec non-mousseux ist, wenn gut behandelt, ein sehr feiner Wein, erreicht aber seine vollkommene Ausbildung erst nach 8-10 Jahren.
Andre berühmte Lagen der Montagne sind: Verzenay, Bouzy, Verzy, St.-Basle, Mailly, Ludes;
zweiten Ranges:
Taissy, Chigny, Rilly, Allerand, Villers.
Der Montagne stehen im Produkt etwas nach die Hügel der Marneufer und die von ihnen
geschützten Thalflächen. Hier erzeugen Weine ersten Ranges: Ay, Mareuil, Dizy, Hautvillers, Châtillon, Epernay, Pierry, Moussy;
Der moussierende Champagner wird nach dem
Geschmack der Nationen verschieden hergestellt. In Frankreich liebt man ihn weder zu stark noch zu süß, in Österreich
[* 57] und
dem östlichen Deutschland
[* 58] besonders süß, in Rußland mild und süß, in England dagegen körpervoll und kräftig. Im ganzen
unterscheidet man drei Qualitäten des Schaumweins der Champagne: Crèmant, Mousseux und Grand mousseux,
von denen ersterer am wenigsten Schaum (nur leichten Rahm) liefert, letzterer dagegen am stärksten schäumt.
Gefärbter Champagner heißt Rosé, die bräunliche Färbung, OEil ^[?il] de Perdrix, ist nicht mehr üblich. Der Champagner
wirkt ungemein schnell, aber auch ebenso vorübergehend erregend, erfrischend, erheiternd wie kein andrer Stoff (vgl. Wein).
Außer in der Champagne werden in Frankreich noch an vielen andern Orten Champagner und Mousseux erzeugt, so besonders in St.-Peray,
DepartementArdèche (sehr gewürzig, wohlschmeckend, aber schwer und nicht stark moussierend);
der Bourgogne mousseux von Yonne
und Tonnerrois ist ein sehr starker, schwerer, parfümierter Wein;
der Vin mousseux d'Anjou von Savonnières
und St.-Aubin ist fein, angenehm schmeckend, aber sehr zu Kopf steigend, schwerer und nicht so delikat wie Champagner;
die
weißen moussierenden Burgunder von Epineuil und Dannemoins erreichen fast den Tonnerrois;
die roten moussierenden Weine von
Meursault und Puligny sind körperreich, sehr geistig, aber hart und schwer, ohne Delikatesse.
Der Vin d'Arbois,
DepartementJura, steht dem Champagner am nächsten, moussiert ungemein stark, aber nur im ersten und zweiten Jahr. Außerdem
gibt es noch im Bordelais und in der Gascogne zahlreiche Schaumweinfabriken. Auch in Deutschland wird sehr viel Schaumwein fabriziert,
so im Elsaß, an der Ahr (die Ahrweine eignen sich ganz
¶
Dies ist um so weniger am Platz, als der gute deutsche Schaumwein den Vergleich mit dem französischen sehr wohl erträgt und
letzterer in den meisten Fällen nur aus Kaprice oder Großthuerei vorgezogen wird. Anderseits begünstigt das Arbeiten unter
falscher Etikette die Fabrikation einer schlechten Ware, welche in der That oft genug angetroffen wird. In Österreich werden
sehr viele Schaumweine aus steirischen und niederösterreichischen Trauben dargestellt und finden unter Originaletiketten ansehnlichen
Absatz in Frankreich, namentlich in Paris.
Die Fabrikation des Champagners steht in notwendiger Beziehung zur Erfindung des Flaschenverschlusses mit Korken, welche dem
PaterKellermeister der Abtei von Hautvillers, Dom Pérignon, zugeschrieben wird und in die Zeit von 1670 bis 1715 fällt. Bis
ins 18. Jahrh. hinein war auch der Gebrauch der Flaschen selten, und ein fester Verschluß derselben war
unbekannt. Von Hautvillers scheint sich das Geheimnis der Fabrikation schnell verbreitet zu haben, und zu Anfang des 18. Jahrh.
war der Champagner bereits in weitern Kreisen bekannt. In Deutschland wurde der erste Schaumwein von Häusler in Hirschberg dargestellt.
Während der Schreckensregierung zog er sich in das Privatleben zurück, ward aber dessenungeachtet bis
zum 9. Thermidor ins Gefängnis geworfen. Nach dem 18. Brumaire ernannte ihn der Erste Konsul zum Staatsrat im Marinedepartement.
Im Juli 1801 ging Champagny als Gesandter nach Wien, ward 1804 zum Minister des Innern, 1807 zum Minister des Auswärtigen ernannt.
Als solcher wirkte er besonders zu dem berüchtigten Traktat von Fontainebleau mit, welcher die Abdankung
König Karls IV. von Spanien
[* 75] und Ferdinands VII. und die französische Invasion in Spanien zur Folge hatte.
Während des russischen Feldzugs fungierte er als Staatssekretär bei der KaiserinMarieLuise, und 1814 beim Herannahen der Alliierten
folgte er derselben nach Blois. Nach Napoleons I. Rückkehr von Elba zum Pair ernannt, trat er bei der zweiten Restauration in
den Privatstand zurück, bis ihn eine Ordonnanz von 1819 wieder in die Pairskammer berief. Er starb in
Paris. Champagny hinterließ vier Söhne, von denen der älteste, der Herzog von Cadore (gest. 1870), als Diplomat, die beiden jüngsten
als Deputierte unter dem Kaiserreich eine politische Rolle spielten.
2) FrançoisJosephMarieThérèse Nompère de (gewöhnlich GrafFranz de Champagny genannt), franz. Publizist, zweiter
Sohn des vorigen, geb. zu Wien, war als Gesinnungsgenosse von Beugnot und Montalembert ein eifriger Mitarbeiter
am »Ami de la religion« und am »Correspondant« und verfocht namentlich
die Unterrichtsfreiheit vom klerikalen Standpunkt aus mit vielem Talent. Mehrere seiner Aufsätze erschienen
auch separat, z. B.: »Un mot d'un catholique« (1844);
»Du projet de loi sur la liberté d'enseignement« (1847);
Als Le Brun Champaignes Ruhm verdunkelte, zog sich dieser nach Port Royal zurück, wo die Genesung seiner Tochter, einer Nonne,
zu dem berühmten Gemälde Veranlassung gab, welches die Schwester Susanne mit der MutterAgnes im Gebet vorstellt (1662, im
Louvre). Champaigne starb in Paris. Es fehlte ihm an Erfindungskraft und Kompositionsgabe, seine Figuren verraten zu sehr
das Modell. Genie besaß er nicht, dagegen alles, was ein tüchtiges Studium verleihen kann. Poussins Einfluß
ist erkennbar, doch
¶