Chamberlain
(engl., spr. tschämberlen), Kammerherr;
Lord Chamberlain (Oberkammerherr), hoher Würdenträger in England, Vorsteher des königlichen Hofstaats.
(engl., spr. tschämberlen), Kammerherr;
Lord Chamberlain (Oberkammerherr), hoher Würdenträger in England, Vorsteher des königlichen Hofstaats.
(spr. tschamberlen), 1) Sir Deville Bowles, brit. General, geb. zu Rio de Janeiro, [* 2] wo sein Vater englischer Generalkonsul und Geschäftsträger war, trat 1836 in die indische Armee ein, machte als Subalternoffizier den ersten Krieg gegen Afghanistan [* 3] mit, ward 1842 zur Leibgarde des Generalgouverneurs von Indien versetzt und 1843 einer der Stellvertreter des Generalquartiermeisters. 1848 wurde er Adjutant des Lords Dalhousie und kommandierte ein irreguläres Kavallerieregiment im Pandschab.
Während des indischen Aufstandes fungierte Chamberlain, inzwischen zum Obersten avanciert, als Generaladjutant der bengalischen Armee und wurde beim Ausfall aus Dehli schwer verwundet. Er zeichnete sich dann in den Kämpfen gegen die Bergstämme aus, ward 1872 Generalleutnant, 1875 Mitglied des Regierungsrats von Madras [* 4] und erhielt in demselben Jahr das Kommando der Armee von Madras. 1878 wurde er zum Chef der englischen Gesandtschaft nach Kabul ernannt, die 21. Sept. von einem Offizier des Emirs Schir Ali zur Umkehr genötigt wurde.
2) Joseph, engl. Staatsmann, geb. 1836 zu London, [* 5] erzogen in der University College School daselbst, war anfangs in einem von seinem Vater begründeten großartigen Fabrikgeschäft in Birmingham [* 6] thätig, zog sich aber 1874 nach dem Tod seines Vaters von den Geschäften zurück und widmete sich der politischen Laufbahn. In Birmingham war er schon früh wegen seiner radikalen Gesinnungen und seiner fließenden Beredsamkeit zu lokaler Berühmtheit gelangt; seit 1868 war er Mitglied des Stadtrats, später Alderman und 1874-76 drei Jahre hintereinander Bürgermeister (Mayor) der Stadt.
Namentlich in Unterrichtsfragen war er thätig und verfocht seine Ansichten, die auf Entstaatlichung der Kirche und gesetzliche Einführung des Schulzwanges und des Laienunterrichts hinausgingen, sowohl schriftstellerisch in mehreren Aufsätzen in der »Fortnightly Review« wie in der Schulbehörde seiner Vaterstadt und als Präsident der Nationalen Erziehungsliga. 1874 trat er in Sheffield [* 7] als Bewerber um einen Parlamentssitz auf, wurde aber von Roebuck geschlagen. Im Juni 1876 aber ward er in Birmingham ins Unterhaus gewählt und wurde hier bald einer der Führer der radikalen Partei. Nach dem Wahlsieg der Liberalen im April 1880, welchen Chamberlain an der Spitze des »Caucus« besonders betrieben hatte, wurde er von Gladstone als Präsident des Handelsamts in das neugebildete Ministerium berufen. In demselben vertrat Chamberlain die am meisten nach links gehenden Anschauungen und verlangte insbesondere die Aufhebung der Zwangsmaßregeln gegen Irland. Im Juni 1885 trat er mit Gladstone von seinem Amt zurück.
(spr. schehmbers), 1) Ephraim, Herausgeber und größtenteils auch Verfasser eines der ersten encyklopädischen Wörterbuchs der Künste und Wissenschaften, geboren um 1680-85 zu Kendal in Westmoreland, faßte als Handwerkslehrling den Plan zu seiner »Cyclopaedia, or universal dictionary of arts and sciences«, die zuerst zu London in 2 Bänden erschien und Geographie und Geschichte ausschloß. Chambers' Streben fand Anerkennung, man ernannte ihn zum Mitglied der Royal Society, und er erlebte noch drei Auflagen des Buches.
Mit der siebenten erschienen zwei Supplementbände. Die beste Ausgabe kam 1778-85 und 1786 in 5 Bänden heraus. Außerdem hatte Chambers an dem »Litterary Magazine« teil und an der abgekürzten Übersetzung der Memoiren der Akademie der Wissenschaften zu Paris: [* 8] »Philosophical history and memoirs of the Royal Academy of Sciences at Paris« (1742, 5 Bde.). Er starb um 1740 in Canonbury House bei Islington. In anbetracht der Schwierigkeiten, welche Chambers damals bei der alphabetischen Zusammenstellung aller Gegenstände des menschlichen Wissens zu überwinden hatte, ist sein Verdienst nicht gering anzuschlagen.
2) Sir William, engl. Architekt und Gartenkünstler, aus dem alten schottischen Geschlecht der Chalmers oder Chambers, geboren um 1726 zu Stockholm, [* 9] kam 1728 nach England, wo er in Ripon (Yorkshire) erzogen wurde. Mit 16 Jahren trat er in den Dienst der Schwedisch-Ostindischen Kompanie und kam so nach China. [* 10] Hier studierte er die chinesische Bau- und Gartenkunst und ward nach seiner Heimkehr für lange Zeit in beiden Tonangeber in England. Er wurde Zeichenlehrer des Prinzen von Wales, des nachmaligen Königs Georg III., und bethätigte seine eigentümliche Geschmacksrichtung in der Umgestaltung der königlichen Gärten von Kew.
Die Zeitgenossen erhoben allerdings ihre Stimme gegen den »Pagodengeschmack«, der Hof [* 11] dagegen huldigte ihm, und die berühmtesten Akademien Europas ernannten Chambers zu ihrem Mitglied. Mit Ehren überhäuft, starb er als Generalkontrolleur in Bausachen und wurde im Poetenwinkel der Westminsterabtei beigesetzt. Chambers' litterarische und Kunstprachtwerke sind: »Designs for chinese buildings« (Lond. 1757; franz., Par. 1776);
»Treatise on civil architecture« (Lond. 1759, 1768);
»Plans, elevations, section and perspectives of the garden and building of Kew in Surrey« (das. 1763, 2. Aufl. 1769);
»Dissertation on oriental gardening, dissertation sur le jardinage de l'Orient« (das. 1772; deutsch von S. F. Ewald, Gotha [* 12] 1775);
»Treatise on the decorative part of architecture« (3. Aufl., Lond. 1791).
Zu den bedeutendsten Bauwerken Chambers' gehört das Somerset House, einer der großartigsten Paläste Londons.
3) William, schott. Buchhändler und Schriftsteller, geb. zu Peebles, begann, vom Glück anfangs keineswegs begünstigt, 1819 einen Buchhandel in Edinburg, [* 13] dem er später eine Druckerei hinzufügte, gab 1827 das »Book of Scotland«, eine Schilderung der öffentlichen Einrichtungen Schottlands, 1828 den »Gazetteer of Scotland« heraus und gründete darauf (1832) das seiner Zeit sehr berühmte und jetzt noch erscheinende »Chambers' Edinburgh Journal«, womit er 1832 als Pionier jenes großen Zweigs englischen Schriftentums auftrat, welcher in wohlfeilen, dem Parteitreiben fern stehenden Zeitschriften allgemeine Bildung zu verbreiten bezweckt.
Der Erfolg des Unternehmens wurde durch die zahlreichen moralphilosophischen und humoristischen Beiträge seines Bruders Robert wesentlich gefördert, und von dieser Zeit an verband sich Chambers mit dem letztern zu gemeinsamer Thätigkeit als Verleger und Schriftsteller (s. unten). Durch seine geschäftlichen Erfolge allmählich auch mit Glücksgütern gesegnet, erwarb er sich 1849 ein Landgut (Glenormistan) in der Nähe von Peebles und gründete daselbst 1859, ebenfalls zu dem Zweck der Volksbildung, eine Anstalt, die »Chambers Institution« (mit umfangreicher Bibliothek, Lesezimmer, Museum, Bildergalerie und Vortragshalle),
die er in der Folge seiner Vaterstadt zum Geschenk machte. Seine spätern Werke sind: »Things as they are in America« (1853), welches Buch, gegenüber den von Dickens nach ¶
seiner frühern Reise verbreiteten ungünstigen Ansichten über die Vereinigten Staaten, [* 15] eine freundlichere Anschauung entwickelte, die seither mehr und mehr Eingang fand;
»American slavery and colour« (1859);
»History of Peeblesshire« (1864);
»France, its history and revolutions« (1871);
»Memoir of Robert Chambers« (1872) und eine schottische Novelle: »Ailie Gilroy« (1872).
Chambers war zweimal Lord-Provost (Oberbürgermeister) von Edinburg und erhielt 1872 von der Universität Edinburg den Doktorgrad. Er starb
4) Robert, Bruder des vorigen, geb. zu Peebles, widmete sich gleich jenem dem Buchhandel in Edinburg und veröffentlichte: »Traditions of Edinburg« (1824, neue Ausg. 1868),
die ihm die Freundschaft W. Scotts verschafften;
»Popular rhymes of Scotland« (1826, neue Ausg. 1870);
»Picture of Scotland« (1827, 2 Bde.);
»History of the rebellions in Scotland and life of James I.« (1828-1830, 5 Bde.; neue Ausg. 1870).
Dann gab er heraus: »Scottish ballads and songs« (3 Bde.) und das »Biographical dictionary of eminent Scotchmen« (1832-35, 4 Bde.). Als sein Bruder William 1832 sein »Journal« gegründet, förderte er das Unternehmen durch schriftstellerische Beiträge, und beide verbanden sich dann zu gemeinsamer Thätigkeit. Spätere Publikationen von Chambers sind: »On ancient sea margins«, eine Frucht seiner geologischen Studien (1848);
die Reiseschilderung »Tracings of Iceland and the Faroe Islands« (1855) und die historisch-archäologischen Untersuchungen: »Domestic annals of Scotland« (1858-61, 3 Bde.) und »Book of days« (1862-63, 2 Bde.).
Außerdem gab er die Werke Robert Burns' mit vorzüglicher Biographie des Dichters (1857, 4 Bde.) neu heraus und sammelte eine Auswahl seiner eignen Schriften: »Select writings of R. Chambers« (1860-61, 7 Bde.). Chambers gilt auch für den Verfasser des Buches »The vestiges of creation« (anonym 1844, 12. Aufl. 1884),
welches, ein Vorläufer von Darwins »Origin of species«, für die Annahme der Entwickelungslehre die Bahn einigermaßen ebnete und von Vogt (2. Aufl., Braunschw. 1858) ins Deutsche [* 16] übersetzt wurde. Die Universität St. Andrews ernannte Chambers 1863 zum Ehrendoktor. Er starb in St. Andrews. Sein Bruder William beschrieb sein Leben: »Memoir of Robert Chambers, with autobiographic reminiscences« (12. Aufl. 1883.)
Die von beiden Brüdern gegründete, noch jetzt bestehende Verlagshandlung »William and Robert Chambers« in Edinburg und London verfolgt den bestimmten Zweck, in Verbindung mit zahlreichen befähigten Mitarbeitern Wissen auf allen Gebieten zu verbreiten, allgemeine Bildung und Veredelung des Volkscharakters anzustreben und zwar durch das Mittel wohlfeiler Zeitschriften und Sammelwerke. Außer der bereits erwähnten Wochenschrift, dem »Journal« (jetzt über 60 Bde.),
veröffentlichte die Firma: »Chambers' Information for the people« (2 Bde.);
»Educational course« (150 Bde.);
die vortreffliche »Cyclopaedia of English literature« (3. Aufl. 1876, 2 Bde.);
»Miscellany of useful and entertaining tracts« (20 Bde.);
»Papers for the people« (12 Bde.);
»Chambers' Encyclopaedia«, eine Nachbildung der deutschen Konversationslexika (neue Ausg. 1874, 10 Bde.) u. a.
(spr. tschähm-), Hauptstadt der Grafschaft Franklin im nordamerikan. Staat Pennsylvanien, in gesunder und hübscher Lage am Conecocheague Creek (Nebenfluß des Potomac), 1764 gegründet, mit (1886) 6877 Einw. Der Ort wurde im Juli 1864 von den Konföderierten niedergebrannt.
(spr. schangbertäng), berühmter roter Burgunderwein (s. d.), wird in den Weinbergen der Gemeinde Vosnes bei Nuits (Côte d'Or) gewonnen.
(spr. schang-), früher Hauptstadt des Herzogtums, gegenwärtig des franz. Departements Savoyen, an der Laisse und der Albane, die in der Nähe einen 71 m hohen Wasserfall bildet, liegt zwischen Gärten und Landhäusern in einem weiten, von Bergen [* 17] umkränzten Thal [* 18] (269 m ü. M.), an der Eisenbahn von Lyon [* 19] nach Turin. [* 20] Die Stadt war ehedem mit Gräben und Mauerwerk umgeben, welche gegenwärtig in Boulevards umgewandelt sind, hat meist enge, dunkle Straßen, aber hohe, gut gebaute Häuser.
Unter den Gebäuden sind hervorzuheben: die kleine gotische Kathedrale (aus dem 14. und 15. Jahrh.), das Stadthaus, der moderne Justizpalast, das neuerbaute Theater [* 21] und das alte, zu Anfang des 19. Jahrh. restaurierte Schloß. Inmitten der Boulevards steht das geschmacklose sogen. Elefantendenkmal zu Ehren des Generals de Boigne, welcher sein Vermögen (3½ Mill. Frank) zum Besten der Stadt vermachte. Bemerkenswert sind: die Promenade Vernay, der Grand Jardin (die ehemaligen Festungswerke) und die schönen Anlagen des botanischen Gartens am Fuß des Schlosses.
Unter den Landhäusern der Umgebung ist auch das durch Rousseau berühmte, Les Charmettes genannt. Chambéry zählt (1881) 18,157 Einw., welche sich besonders mit Fabrikation von Uhren, [* 22] Seidengaze und Seidenstrümpfen, Wirkwaren, Hüten, Papier etc., mit Weinbau, Steinkohlengewinnung und Handel beschäftigen. Chambéry ist Sitz eines Erzbischofs, eines Präfekten, eines Appellhofs und Handelsgerichts; außerdem besitzt es ein großes Seminar, ein Lyceum, ein Taubstummeninstitut, ein Kunst- und Antiquitäten- und ein Naturalienkabinett, eine Bibliothek mit 25,000 Bänden und wertvollen Manuskripten, einen botanischen Garten [* 23] und verschiedene gelehrte und gemeinnützige Gesellschaften. Die Umgegend enthält mehrere Heilquellen, darunter die Schwefelquellen von Challes (11,5° C.). -
Chambéry wird zuerst 1029 in Urkunden erwähnt und Camberiacum genannt. Um 1232 erbaute Graf Thomas das Schloß von Chambéry, worauf die Stadt zur Hauptstadt von Savoyen erklärt und zur Residenz erhoben wurde. 1525 setzten sich die Franzosen in den Besitz von Chambéry. Der Friede von Utrecht [* 24] sprach Chambéry Savoyen wieder zu; 1730 ließ sich der König Viktor Amadeus II. von Sardinien, [* 25] nachdem er die Regierung aufgegeben, hier nieder. Von 1792 bis 1814 war Chambéry unter französischer Herrschaft der Hauptort des Departements Montblanc. Der erste Pariser Frieder vom hatte Chambéry bei Frankreich gelassen, im zweiten Pariser Frieden vom kam es an Sardinien zurück; 1860 ward es mit Savoyen von neuem an Frankreich abgetreten.
Le [* 26] (spr. schangbóng-fösch'roll), Stadt im franz. Departement Loire, Arrondissement St.-Etienne, an der Eisenbahn St.-Etienne-Le Puy, hat ein altes Schloss, Kohlengruben, Eisen- und Stahlwerke, Fabrikation von Kleineisenwaren, Seidengewinnung und (1876) 3938 Einw.
(spr. schangbonniähr), Jacques Champion de, franz. Klavierspieler, Sohn des unter der Regierung Ludwigs XIII. zu Paris wirkenden Organisten Champion, nannte sich bei seiner Verheiratung nach dem Besitztum seiner Gattin in der Landschaft Brie »Chambonnières« und wurde unter diesem Namen so berühmt, daß ihn Ludwig XIV. zum »premier claveciniste« ernannte. Chambonnières, der mit Recht als der Altmeister der französischen Organisten und ¶
Klavierspieler gelten kann, starb um 1670, nachdem er zahlreiche Schüler gebildet, unter ihnen d'Anglebert und die ältere Generation der weitverzweigten Musikerfamilie Couperin. Von seinen Klavierkompositionen erschienen zwei Sammlungen in Paris 1670.
(spr. schángbör), berühmtes Schloß im franz. Departement Loir-et-Cher, Arrondissement Blois, das »Versailles [* 28] der Touraine« genannt, liegt in der Mitte eines 5500 Hektar großen, von Mauern umgebenen, sandigen Parkes, welcher 5 Meiereien und 14 Teiche einschließt. Das Schloß, ein schöner Renaissancebau, ist 156 m lang und 117 m breit, wird von vier runden, 19,5 m im Durchmesser haltenden Türmen flankiert und macht mit seinen zahlreichen Türmchen, Erkern, Giebeln und Schornsteinen einen phantastischen Eindruck. Es enthält 440 Zimmer und Säle mit teilweise alter Einrichtung und historischen Porträten, eine schöne Kapelle mit Oratorium und eine kunstvoll konstruierte Wendeltreppe mit Doppelspirale.
Der Bau des Schlosses ward 1526 von Franz I. begonnen und beschäftigte zehn Jahre lang unausgesetzt 1800 Arbeiter. Die innere Ausschmückung konnte erst unter den nachfolgenden Königen vollendet werden. Das Schloß blieb zeitweilige Residenz der Könige von Frankreich bis auf Ludwig XV., der es dem Marschall von Sachsen zum Geschenk machte. Auch der Polenkönig Stanislaus Leszczynski wohnte mehrere Jahre hier. 1792 plünderte es ein Pöbelhaufe; späterhin ward es als Nationaleigentum verkauft. 1809 schenkte es Napoleon I. dem General Berthier, von dessen Witwe es 1821 eine Gesellschaft Legitimisten für 1¾ Mill. Frank erstand und dem Herzog von Bordeaux [* 29] verehrte, welch letzterer sich später hiernach Graf von (s. unten) nannte. Derselbe verwendete ansehnliche Summen zur Restauration des Schlosses. Am fand bei Chambord ein Gefecht zwischen Hessen [* 30] und Franzosen statt.
Vgl. La Saussaye, Le château de Chambord (8. Aufl., Par. 1859).
(spr. schángbör), Heinrich Karl Ferdinand Marie Dieudonné von Artois, Herzog von Bordeaux, Graf von, Sohn des am ermordeten Herzogs Karl Ferdinand von Berri, wurde zu Paris geboren und erhielt den Titel eines Herzogs von Bordeaux. Da seine Geburt den Fortbestand der legitimen Dynastie sicherte, ward er als »ein von Gott geschenktes Wunderkind« gefeiert, und als die öffentliche Meinung sich gegen die Absicht des Ministeriums Richelieu, für das »Kind von Frankreich« die Domäne Chambord anzukaufen, erklärte, so geschah deren Erwerbung durch einen Verein von Legitimisten, der die Domäne dem Prinzen am Tag seiner Taufe schenkte.
Nach der Julirevolution dankten zwar Karl X. und der Herzog von Angoulême zu gunsten des unmündigen Prinzen ab, doch zu spät, und derselbe mußte ebenfalls ins Ausland gebracht werden. Mit der Erziehung des Prinzen, der nach Prag [* 31] gebracht ward, wurden Jesuiten und die legitimistischen Generale d'Hautpoul und Latour-Maubourg unter Oberleitung des Barons Damas betraut, daher die Richtung desselben eine ultramontane und absolutistische ward. Nach Karls X. Tod wurde Chambord von den Legitimisten als der rechtmäßige König Heinrich V. angesehen.
Nach längern Reisen in verschiedenen Ländern Europas, während welcher er sich 1841 durch einen Sturz vom Pferde [* 32] so verletzte, daß er einen hinkenden Gang [* 33] behielt, und 1843 in Belgrave Square in England einen Huldigungsbesuch von 300 Legitimisten aus Frankreich empfing, ließ er sich in Görz [* 34] nieder und nahm nach dem Tode des Herzogs von Angoulême den Titel eines Grafen von Chambord an. Das Vermögen von 5 Mill. Frank, das ihm der Herzog von Blacas hinterlassen, erlaubte ihm eine fürstliche Hofhaltung. Am vermählte er sich mit der Prinzessin Maria Theresia von Modena und nahm seinen Aufenthalt in Frohsdorf bei Wien. [* 35]
Die Ehe blieb kinderlos. Sowohl nach der Februarrevolution als nach dem Sturz des zweiten Kaiserreichs 1870 versuchte die legitimistische Partei Chambord als Heinrich V. auf den Thron [* 36] zu erheben und die Orléanisten durch eine Fusion, welche der Familie Orléans [* 37] das Thronfolgerecht sicherte, dafür zu gewinnen. Beide Male scheiterte der Versuch, 1873 an der Weigerung des Grafen, die Trikolore anstatt des weißen Lilienbanners anzunehmen und sich auf eine Verfassung im voraus zu verpflichten.
Vielmehr stützte sich Chambord einzig und allein auf die klerikale Partei, und dadurch machte er seine Thronbesteigung unmöglich. Geistig unbedeutend und äußerst bigott, aber gutherzig und edelmütig, zog er das Leben eines reichen Landedelmanns den Gefahren des französischen Throns vor. Er starb in Frohsdorf und wurde in Görz bestattet. Da er keine männlichen Leibeserben hinterließ, erlosch mit ihm die ältere Linie der Bourbonen, und seine Thronansprüche gingen auf die Orléans über.
(franz., spr. schángbr), Kammer, auch als gesetzgebende Körperschaft (chambre des députés, Haus der Abgeordneten; chambre des pairs, Oberhaus, Erste Kammer);
Chambre de commerce, Handelskammer.
ardente (franz., spr. schangbr ardangt, »glühende Kammer«),
in Frankreich zu verschiedenen Zeiten ein außerordentlicher Gerichtshof, so genannt wahrscheinlich wegen der harten Strafe (gewöhnlich Feuertod), die von demselben verhängt wurde. Insbesondere hießen so die außerordentlichen Inquisitionstribunale, welche von Franz I. (1535) zur Verfolgung der Protestanten niedergesetzt wurden und als zweite Instanz der Inquisitionstribunale galten. Die Mitglieder, welche der Papst ernannte, hießen Spürhunde des Herrn (domini canes), suchten Ketzereien und Ketzer auf und instruierten die Prozesse, während die Chambre ardente den letzten Urteilsspruch und die Vollziehung der Strafe übernahm.
Auch unter Heinrich II. war die Chambre ardente sehr thätig in der Verfolgung der Ketzerei. Unter Ludwig XIV. wurde abermals eine Chambre ardente errichtet, um in betreff der Gerüchte von Vergiftungsfällen, welche nach dem Tode der Marquise de Brinvilliers in Umlauf kamen, strenge Untersuchung anzustellen. Diese Cour des poisons bestand jedoch nur drei Jahre (1677-80), brachte viele Personen aus den obersten Klassen der Gesellschaft, z. B. den Marschall von Luxembourg, vor ihre Schranken und endigte mit der Hinrichtung der vermeintlichen Zauberin Voisin.
garnie, möbliertes Zimmer zum Vermieten;
Chambregarnist, Bewohner eines solchen.
introuvable (franz., spr. schangbr ängtruwábl, »unfindbare Kammer«, d. h. wie sie sich so leicht nicht wiederfindet), Name der 1815-16 in Frankreich tagenden Zweiten Kammer, die sich durch unbedingte Gefügigkeit gegen das erste reaktionäre Ministerium der Restauration auszeichnete.
Derselbe wurde ihr von Ludwig XVIII. bald nach seinem Einzug in Paris aus Dankbarkeit gegeben, dann aber zum Spottnamen für jede durch ultraroyalistische Bestrebungen sich hervorthuende Kammer.
syndicale, in Frankreich Bezeichnung fachgenossenschaftlicher Verbindungen von Arbeitern und von Unternehmen zum Zweck der Vertretung ¶
und Förderung ihrer besondern Interessen.
Vgl. Lexis, Gewerkvereine und Unternehmerverbände in Frankreich (Leipz. 1879).
(spr. schangbrä), Dorf im deutschen Bezirk Lothringen, Kreis [* 39] Château-Salins, 7 km von Château-Salins, mit (1880) 746 Einw., ist Endstation der Eisenbahnlinie Saargemünd-Chambrey, an welche die über Moncel nach Nancy [* 40] führende Linie der Französischen Ostbahn sich anschließt.
(spr. schangför), Sébastien Roch Nicolas, franz. Schriftsteller, geb. 1741 bei Clermont in der Auvergne, erhielt nach verschiedenen litterarischen Versuchen infolge der Aufführung seiner Tragödie »Mustapha et Zéangir« (1776) eine Sekretärstelle beim Prinzen von Condé, welche er aber aus Neigung zur Unabhängigkeit wieder aufgab. 1781 wurde er Mitglied der Akademie. Der Revolution diente er zuerst aufs eifrigste, arbeitete mit Sieyès und Mirabeau, wurde unter Roland Bibliothekar, dann angeklagt und eingekerkert und starb infolge eines Selbstmordversuchs Chamfort war hauptsächlich berühmt durch seine geistreiche, witzige Konversation und seinen kaustischen Humor und sehr gefürchtet wegen seines beißenden Spottes, seiner bittern Ironie; doch ließen ihn seine krankhafte Empfindlichkeit, sein Stolz und sein geradezu cynischer Menschenhaß oft über das Ziel hinausschießen.
Durch seine Erfolge in die vornehme, genußliebende Gesellschaft getragen (vier hohe Damen liebten ihn zu gleicher Zeit), hatte er schon mit 40 Jahren Geist und Körper vollständig erschöpft. In seinen Werken machen sich seine Schwächen weniger fühlbar; besonders sein Hauptwerk: »Mustapha et Zéangir«, ist in einfachem, natürlichem Stil geschrieben und voll rührender Szenen, sonst aber nur mittelmäßig. Sein »Éloge de Molière« und der »Éloge de Lafontaine« wurden durch Preise ausgezeichnet. »La jeune Indienne« wurde 1764, »Le marchand de Smyrne«, eine satirische Komödie in Prosa, 1770 aufgeführt. Von seinen übrigen Werken erwähnen wir: »Dictionnaire dramatique«, eine mit dem Abbé de Laporte verfaßte Dramaturgie (1776, 3 Bde.),
und die nach seinem Tod erschienenen »Pensées, maximes, anecdotes, dialogues« (neue Ausg. 1860). Gesamtausgaben seiner Werke veröffentlichten Ginguené (1795, 4 Bde.) und Anguis (1824-25, 5 Bde.); eine Auswahl Houssaye (1852).
1) (spr. schämje) Daniel, reformierter franz. Theolog, geb. 1565 in der Dauphiné, war seit 1612 Professor zu Montauban, fiel bei der Belagerung dieser Stadt 1621 auf den Wällen. Ein entschlossener Verteidiger seiner Kirche, wohnte er als Präsident den meisten Nationalsynoden und Verhandlungen bei. Seine Werke sind durchgehends polemisch, am bedeutendsten »Panstratiae catholicae« (Genf [* 41] 1626 ff.) und »Corpus theologicums loci communes theologici« (das. 1653).
Vgl. Read, Daniel Chamier (Par. 1858).
2) (spr. schamihr) Frederick, engl. Romanschriftsteller, geb. 1796 zu London, trat 1809 als Kadett in den Seedienst und zeichnete sich in den amerikanischen Kriegen aus, verließ aber 1833 mit dem Rang eines Kapitäns die Marine und übernahm die Stelle eines Friedensrichters zu Waltham in Essex. Hier schrieb er seine zahlreichen, mit Beifall aufgenommenen Seeromane, von denen wir als die bedeutendern nennen: »Life of a sailor« (1834);
»The Arethusa« (1836);
»Passion and principles« (1842) u. a. Einen Beitrag zur Geschichte gab er als Augenzeuge in der Schrift »Review of the French revolution of 1848« (1849).
(spr. scha-), Adelbert von (eigentlich Louis Charles Adelaide [* 42] de), einer der bedeutendsten deutschen Lyriker, zugleich Naturforscher, wurde auf dem Schloß Boncourt in der Champagne geboren, wanderte 1790 mit seinen Eltern aus und kam nach manchem erduldeten Elend endlich nach Preußen, [* 43] wo er 1796 Edelknabe der Königin ward und 1798 unter Friedrich Wilhelm III. in ein Infanterieregiment der Besatzung Berlins trat. Als seine Eltern später nach Frankreich zurückkehren, blieb er in Berlin. [* 44]
Seine Liebe zur Poesie führte ihn hier mit Varnhagen v. Ense, Theremin, Hitzig, de la Motte Fouqué u. a. zusammen, mit denen er, selbst als dieselben zerstreut waren, durch gemeinschaftliche Herausgabe eines poetischen Taschenbuchs im Verkehr blieb. Mit Eifer widmete er sich den versäumten Jugendstudien, namentlich dem Studium der grichischen Sprache [* 45] und der Naturforschung. Bei der Übergabe Hamelns an die Franzosen war Chamisso einer der Offiziere, die an dem Verrat des preußischen Kommandanten keinen Teil hatten.
Entrüstet nahm er seine Entlassung aus dem Militärdienst und ging mit der Aussicht auf eine Professur am Gymnasium zu Napoléonville in sein Vaterland zurück. Diese Aussicht ging nicht in Erfüllung, dagegen gelangte er in den Kreis der Frau v. Staël zu Coppet, wo sich seine Neigung für die Naturwissenschaften, insbesondere für die Botanik, entschied. Im Herbst 1812 wieder nach Berlin zurückgekehrt, fing er erst eigentlich das akademische Studium an, fühlte sich aber hier während der Freiheitskriege, in denen er weder mit seinen Freunden gegen sein Vaterland noch mit dem Vaterland gegen die Freunde kämpfen konnte, so unbehaglich, daß er einen vom russischen Reichskanzleramt ihm gemachten Antrag, als Naturforscher der Brigg Rurik den russischen Kapitän O. v. Kotzebue (des Dichters Sohn) auf einer Weltumseglung zu begleiten, mit Freuden annahm.
Seine ganze Reisegesellschaft aber, vor allen der Kapitän, stellten dem wissenschaftlichen Zweck der Unternehmung und Chamissos Eifer für denselben alle erdenklichen Schwierigkeiten in den Weg. Dazu teilte man seine Berichte, ohne nur mit ihm hierüber sich zu verständigen, in dem Kotzebueschen Werk über die Expedition so mangelhaft und fehlerhaft mit, daß es Chamisso schwer wurde, seine Ehre zu retten. Im Oktober 1818 nach Berlin zurückgekehrt, erhielt er eine Anstellung als Kustos am botanischen Institut, verheiratete sich und wurde einige Jahre später zum Vorsteher der königlichen Herbarien befördert.
Die Akademie der Wissenschaften ernannte ihn 1835 zu ihrem Mitglied. Er starb in Berlin an einer heftigen chronischen Bronchitis, mit der er jahrelang gekämpft hatte, Als Naturforscher zeigte sich Chamisso in den Schriften: »De animalibus quibusdam e classe vermium Linnaei etc.« (Berl. 1819, Heft 1: De Salpa);
»Übersicht der in Norddeutschland vorkommenden nützlichsten und schädlichen Gewächse« (das. 1827);
»Bemerkungen und Ansichten auf einer Entdeckungsreise unter Kotzebue« (Weim. 1828);
»Beschreibung einer Reise um die Welt«, welche 2 Bände seiner »Gesammelten Werke« füllt.
Für den Sprachforscher ist sein Werkchen »Über die Hawaische Sprache« (Leipz. 1837) von hohem Wert. Von Chamissos Gedichten (22. Aufl., Berl. 1882; um 91 Nummern vermehrt in der Hempelschen »Nationalbibliothek«; mit Zeichnungen von Thumann, Schmitz u. a., das. 1874) erschienen die ersten in dem von ihm und Varnhagen ¶
herausgegebenen »Musenalmanach« (das. 1804-1806). Sein (vielleicht mit Unrecht) berühmtestes, jedenfalls originellstes Werk: »Peter Schlemihl«, die Geschichte eines Mannes, der seinen Schatten [* 47] verloren hat, worin Chamisso seine eigne Unruhe und Ziellosigkeit charakterisierte, wurde 1813 in der trübsten Stimmung geschrieben, 1814 von Fr. de la Motte Fouqué in Druck gegeben und ist in fast alle europäische Sprachen übersetzt worden. Großes Verdienst erwarb sich Chamisso auch durch die in Verbindung mit Gaudy besorgte Übersetzung einer Auswahl von Bérangers »Liedern« (Leipz. 1868, neue Ausg. 1873) und die Redaktion des von A. Wendt gegründeten »Musenalmanachs«, die er von 1832 an, zuerst mit G. Schwab, dann mit Gaudy, führte.
Obgleich Franzose, war Chamisso doch ein echt deutscher Dichter; ja, es war ihm, dem Franzosen, sogar vorbehalten, einem dem deutschen Sprachgenius vor ihm nie vollkommen angepaßten Metrum, den Terzinen, bei dem verschiedenartigsten Inhalt einen echt deutschen, nordischen Charakter zu verleihen. Hierher gehören seine »Retraite«, »Matteo Falcone, der Korse« und eins seiner großartigsten Gedichte: »Salas y Gomez«. Der Geist, der durch Chamissos Gedichte, Balladen und Romanzen weht, ist ein eigentümlich düsterer, schmerzlicher; selbst grimmige, herzerschütternde, ja nicht selten ungeheuerliche Aufgaben sind in so krasser Weise von Chamisso behandelt worden, daß sich die Ästhetik trotz der meisterhaften Behandlung damit nicht immer einverstanden erklären kann.
Diese düstere Gemütsrichtung wurde durch Chamissos eigentümliche Schicksale, besonders durch den Zwiespalt des doppelten Vaterlandes, genährt, und sie steigerte sich noch, als er, abgestoßen von einer künstlichen Kulturwelt, sein Ideal, den Wilden Kadu von der Insel Radack, kennen lernte. In C. lag auch das Bestreben, populär zu sein, und seiner Freude am poetischen Einwirken auf das Volk verdanken wir viele seiner heitern, schelmischen und spielenden Gedichte.
Seine politischen Lieder zeichnen sich durch scharfen Spott und gesunde Ironie aus. Der Hauptstempel seines Charakters war kindliche Einfalt und Herzensreinheit. Hieraus entsprang auch seine entschiedene Vorliebe für Naturvölker, denn gerade bei ihnen hatte er auf seinen Reisen dasjenige gefunden, was er in unsern zivilisierten Zuständen so sehr vermißte. »Ein Mann voll Unschuld, voll rastloser Thätigkeit, die bei ihm nie auf äußern Vorteil, immer nur auf Hervorbringung von Edlem und Schönem gerichtet war, ein kerngesunder Mensch von nobelster Gesinnung war Adelbert v. Chamisso, und fügen wir hinzu: ein Freund ohnegleichen, so haben wir das Bild einer Persönlichkeit, die unser höchstes Interesse in Anspruch nehmen würde, hätte der Mann auch nie eine Zeile in Prosa geschrieben und nie einen Vers gedichtet.« Seine »Gesammelten Werke« wurden von Hitzig herausgegeben (6. Aufl., Berl. 1874, 4 Bde.); neuere Ausgaben besorgten H. Kurz (Hildburgh. 1869, 2 Bde.),
Hempel (mit Biographie von Hesekiel, Berl. 1879, 2 Bde.).
Vgl. Hitzig, Leben und Briefe von Adelbert v. Chamisso (2. Aufl. 1842, zugleich den 5. und 6. Band [* 48] der »Gesammelten Werke« bildend);
(spr. schamoa, Paux de c.), sämischgares Gemsen-, auch Bock-, Ziegen- und Schaffell;
sodann die ins Isabell und Rötliche fallende Farbe, welche derjenigen solcher Felle gleicht.
Kamille. ^[= (Chamille, Matricaria L.), Gattung aus der Familie der Kompositen, einjährige Kräuter mit ...]
(spr. schamoni, auch Chamounix oder Chamouny genannt), romantisches und vielbesuchtes Thal der savoyischen Alpen, [* 50] im franz. Departement Obersavoyen, Arrondissement Bonneville, erstreckt sich am Nordfuß der Montblancgruppe in nordöstlicher Richtung von Les Houches (zwischen Mont Brévent und dem Montblancgipfel) bis zum Col de Balme und ist, von der Arve durchflossen, 24 km lang und 1-3 km breit. Auf der Südseite ragt die kompakte Masse des Montblanc mit ihren 3200-4810 m hohen Spitzen empor.
Gewaltige Gletscher, darunter der Glacier des Bois, dessen Oberlauf das Mer de Glace bildet, der Glacier des Bossons und de l'Argentière, senken sich ins Thal hinab. An der Nordseite erheben sich die Ketten des Mont Brévent und der Aiguilles Rouges, die eine Höhe von 2600-2930 m haben. Noch vor 100 Jahren war dieses Thal gewissermaßen ein unentdecktes Land. Die beiden Engländer Pococke und Windham wagten sich 1741 zuerst hinein; der eigentliche wissenschaftliche Entdecker des Thals aber war der Genfer Naturforscher H. B. de Saussure, der 1787 den Montblanc als einer der ersten erstieg und durch seine Beschreibung die Touristen in diesen entlegenen Alpenwinkel lockte.
Gegenwärtig ist das Chamonix ein Hauptwanderziel der Alpenfreunde, namentlich der Engländer, Franzosen und Nordamerikaner (im ganzen etwa 15,000 jährlich), geworden. Die Fläche des Thals, 1050 m ü. M., besteht größtenteils aus schönen Wiesen und liefert außerdem etwas Gerste [* 51] und Hafer, [* 52] Kartoffeln, Flachs, schlechtes Obst, aber ausgezeichneten Honig. Die Viehzucht [* 53] der Alpenweiden ergibt vortreffliche Butter und Käse. Das Gebirge enthält Gemsen und Steinböcke, die Arve geschätzte Fische. [* 54]
Die Mehrzahl der Bewohner ist im Dienste [* 55] der Fremden, als Hoteliers und Hotelbedienstete, Führer und Träger, [* 56] beschäftigt. Der Winter dauert vom Oktober bis zum Mai, und der Schnee [* 57] liegt oft 3 m hoch. Kälte und Hitze wechseln in dem kurzen Sommer sehr schnell. Im Frühjahr und Herbst durchbrausen furchtbare Stürme das Thal, und Schneelawinen richten oft großen Schaden an. Das Thal enthält nur drei Pfarrdörfer: Les Houches, Chamonix oder Le Prieuré (aus einem 1099 gestifteten Benediktinerkloster entstanden) und Argentière;
aber zwischen denselben liegen noch eine Menge Weiler und Häuser;
es zählt gegen 2500 Einw. Unter den vielen sehenswerten Punkten des Thals, welches den Ausgangspunkt für die Besteigung des Montblanc bildet, sind zu nennen: La Flégère, eine Bergterrasse der Aiguilles Rouges (1887 m), von wo man die ganze Montblanckette überschaut;
gegenüber der Montanvert (1920 m), unmittelbar über dem Gletscher des Bois und mit weitem Blick über das wellenförmige Eismeer;
jenseit des Gletschers des Bois die Felswand Le Chapeau, am Fuß der Aiguille de Brochard, und die Quelle [* 58] und das Eisgewölbe des Arveyron.
Das Chamonix hat nur zwei Zugänge: von Genf her über Sallanches und aus Wallis über den Col de Balme und die Tête noire.
die Bewohner der Marianen (s. d.). ^[= (Ladronen, "Diebsinseln"), span. Inselgruppe im nordwestlichen Teil des Stillen Ozeans, ...]
(hebr. Chemosch), Nationalgottheit der Moabiter, im wesentlichen identisch mit dem altkanaanitischen Moloch (s. d.).
Nach jüdischer Sage wurde Chamos unter dem Symbol eines schwarzen Steins verehrt, und selbst Salomo errichtete ihm eine Opferstätte, die erst Josias wieder zerstören ließ.
(Chamoisit), Mineral aus der Ordnung der Silikate (Talkgruppe), findet sich derb und fein oolithisch mit zum Teil platten und unregelmäßig gestalteten Körnern, ist grünlichschwarz, matt oder schwach glänzend, undurchsichtig, Härte 3, spez. Gew. 3-3,4, besteht aus kieselsaurem Eisenoxydul mit Eisenoxydulaluminat und Wasser, enthält 60,5 Proz. ¶
Eisenoxydul, bildet einen Stock im Kalkschiefer des Chamosonthals bei Ardon in Wallis und wird auf Eisen [* 60] verarbeitet.
(franz.), s. Schamotte. ^[= (franz. chamotte), eine feuerfeste Thonmasse, die man zur Konstruktion von Feuerungen, Glüh- ...]
Thal, s. Chamonix. ^[= (spr. schamoni, auch Chamounix oder genannt), romantisches und vielbesuchtes Thal der ...]
(franz., spr. schang), Feld;
champ de bataille, Schlachtfeld, Walstatt;
champ de fédération, Bundesfeld;
champ de mai, Maifeld;
champ de mars, Märzfeld;
Champ de Mars, [* 61] Marsfeld, und Champs-Élysées, die Elysäischen Felder in Paris (s. d.).
(spr. schangpannj), 1) Landschaft und ehemalige Provinz in Frankreich, nördlich von Luxemburg, [* 62] östlich von Lothringen und Franche-Comté, südlich von Burgund und westlich von Ile de France und Orléanais begrenzt, umfaßte etwa 25,900 qkm (470 QM.) mit 1,200,000 Einw. und ward bei der neuen Einteilung in die Departements Marne, Obermarne, Aube und Ardennen zerteilt, während kleinere Stücke an die Departements Yonne, Aisne, Seine-et-Marne und Maas übergingen (vgl. die einzelnen Departements).
Man unterschied als Hauptteile: Niederchampagne mit den Distrikten eigentliche Champagne (Troyes), Vallage (Bar sur Aube), Bassigny (Chaumont) und Sénonais (Sens), Oberchampagne mit den Distrikten Rémois (Reims), [* 63] Perthois (Vitry), Rethelois (Rethel) und die Brie Champenoise mit den Städten Meaux und Château-Thierry. Der Osten und die Mitte des Landes, die sogen. Champagne pouilleuse (lausige Champagne), sind durchgängig unfruchtbar; dagegen ist der westliche Teil der Champagne sehr fruchtbar und dicht bevölkert. Hauptprodukte dieser Gegend sind der berühmte Wein, Getreide [* 64] und vorzügliche Feuersteine. Auch die Kreide, [* 65] die als Blanc d'Espagne in den Handel kommt, stammt aus der Champagne. Die Bewohner (Champenois) sind ein starker, kühner, kriegerischer, naiver, aber auch boshafter Menschenschlag, dessen Schwerfälligkeit und rauhes Wesen an die germanische Abstammung erinnern. Bei den übrigen Franzosen stehen sie im Ruf der Dummheit. - Die Champagne hat ohne Zweifel ihren Namen von campus (»Blachland«).
Vor dem Einfall der Römer [* 66] war sie von den gallischen Stämmen der Remer, Trikassen, Melden, Lingonen und Sennonen bewohnt, bildete in der Römerzeit einen Teil von Gallia Lugdunensis und Belgica und wurde in der Völkerwanderung teils von den Franken, teils von den Burgundern besetzt. Bei der Teilung des fränkischen Reichs unter Chlodwigs Söhne kam sie zum Königreich Austrasien und wurde von 570 bis 714 von Herzögen regiert, welche vom König ernannt wurden. Diesen Herzögen folgten seit 943 unter französischer Oberlehnshoheit erbliche Pfalzgrafen aus dem Haus Vermandois, seit 1020 aus dem Haus der Grafen von Blois, nach der Residenz Troyes oft auch Grafen von Troyes genannt.
Durch die Vermählung Philipps IV. mit Johanna, der Erbin des Königreichs Navarra, der Champagne und Brie, kam die Champagne 1284 an Frankreich und ward mit diesem 1361 auf immer vereinigt, behielt aber unter den französischen Königen die Rechte, welche sie unter den Grafen gehabt hatte, und bildete eins der zwölf großen Gouvernements. Während des Feldzugs von 1792 war die östliche, im Feldzug von 1814 die westliche Champagne vorzüglich der Kriegsschauplatz.
Vgl. Debercy, Recherches sur la Champagne (Troyes 1832);
Arbois de Jubainville, Histoire des ducs et des comtes de Champagne (Par. 1859-69, 7 Bde.);
Poinsignon, Histoire générale de la Champagne (Châlons sur Marne 1885 ff.). -
2) Franz. Landschaft im S. der untern Loire, von den Flüssen Cher und Indre in ihrem Unterlauf begrenzt, ist im nordwestlichen Teil (auf dem Boden der Touraine) fruchtbar und gut angebaut, im südöstlichen (in Niederberry) unfruchtbar, wasserarm und wird meist als Weideland benutzt. Der Name ist schon im 17. Jahrh. üblich. -
3) Landschaft im franz. Departement Charente, zwischen der Charente und ihrem linken Zufluß Né, hat Kreideboden und ist wegen ihrer ausgedehnten Branntweinfabrikation berühmt (vgl. Cognac).
(spr. schangpannj), Philippe de, franz. Maler, s. Champaigne.
die in der ehemaligen franz. Provinz Champagne, namentlich in dem jetzigen Departement Marne, wachsenden Weine. Man hat weiße und rote Champagnerweine und von den weißen wieder schäumende und nichtschäumende oder stille. Die nichtschäumenden Champagnerweine gehören in guten Jahren teilweise zu den Hochgewächsen, es sind sehr feine, trockne Weine von eigentümlichem Aroma und Wohlgeschmack, sie gehen rasch in den Kopf, doch zerstreut sich ihre Wirkung auch wieder schnell.
Sie bedürfen zu völliger Reife lange Zeit und finden deshalb nicht genug Würdigung. Der beste Wein der Champagne wächst auf der vorzugsweise La Montague genannten Hügelreihe ganz nahe bei Reims, an deren Fuß das Dorf Sillery liegt. Der Sillery sec non-mousseux ist, wenn gut behandelt, ein sehr feiner Wein, erreicht aber seine vollkommene Ausbildung erst nach 8-10 Jahren. Andre berühmte Lagen der Montagne sind: Verzenay, Bouzy, Verzy, St.-Basle, Mailly, Ludes;
zweiten Ranges: Taissy, Chigny, Rilly, Allerand, Villers.
Der Montagne stehen im Produkt etwas nach die Hügel der Marneufer und die von ihnen geschützten Thalflächen. Hier erzeugen Weine ersten Ranges: Ay, Mareuil, Dizy, Hautvillers, Châtillon, Epernay, Pierry, Moussy;
zweiten Ranges: Cramant, Avize, Le Mesnil, St.-Martin d'Alois.
Der moussierende Champagner wird nach dem Geschmack der Nationen verschieden hergestellt. In Frankreich liebt man ihn weder zu stark noch zu süß, in Österreich [* 67] und dem östlichen Deutschland [* 68] besonders süß, in Rußland mild und süß, in England dagegen körpervoll und kräftig. Im ganzen unterscheidet man drei Qualitäten des Schaumweins der Champagne: Crèmant, Mousseux und Grand mousseux, von denen ersterer am wenigsten Schaum (nur leichten Rahm) liefert, letzterer dagegen am stärksten schäumt.
Gefärbter Champagner heißt Rosé, die bräunliche Färbung, OEil ^[?il] de Perdrix, ist nicht mehr üblich. Der Champagner wirkt ungemein schnell, aber auch ebenso vorübergehend erregend, erfrischend, erheiternd wie kein andrer Stoff (vgl. Wein). Außer in der Champagne werden in Frankreich noch an vielen andern Orten Champagner und Mousseux erzeugt, so besonders in St.-Peray, Departement Ardèche (sehr gewürzig, wohlschmeckend, aber schwer und nicht stark moussierend);
der Bourgogne mousseux von Yonne und Tonnerrois ist ein sehr starker, schwerer, parfümierter Wein;
der Vin mousseux d'Anjou von Savonnières und St.-Aubin ist fein, angenehm schmeckend, aber sehr zu Kopf steigend, schwerer und nicht so delikat wie Champagner;
die weißen moussierenden Burgunder von Epineuil und Dannemoins erreichen fast den Tonnerrois;
die roten moussierenden Weine von Meursault und Puligny sind körperreich, sehr geistig, aber hart und schwer, ohne Delikatesse.
Der Vin d'Arbois, Departement Jura, steht dem Champagner am nächsten, moussiert ungemein stark, aber nur im ersten und zweiten Jahr. Außerdem gibt es noch im Bordelais und in der Gascogne zahlreiche Schaumweinfabriken. Auch in Deutschland wird sehr viel Schaumwein fabriziert, so im Elsaß, an der Ahr (die Ahrweine eignen sich ganz ¶