freie Seehafenstadt im kroatisch-slawon.
Küstenland am Adriatischen
Meer,
in kahler, felsiger Karstumgebung, mit Bezirksgericht,
Zollamt und 750 kath. Einwohnern.
(spr. kárlo),Grafschaft im Innern der irischen
ProvinzLeinster, umfaßt 896 qkm (16,2 QM.).
Sie besteht im wesentlichen aus einer fruchtbaren, vom
Barrow und Slaney bewässerten
Ebene; nur im SO. liegen die granitischen
Leinster- (795
m) und Blackstairsberge (734 m), über welche der
Paß
[* 10] Scullough
Gap nach
Wexford führt. Von der Oberfläche sind 21 Proz.
Ackerland, 14 Proz.
Kleefelder und
Wiesen, 1 Proz.
Wald, 53 Proz.
Weide
[* 11] und ¼ Proz.
Wasser. Die
Bevölkerung
[* 12] zählt (1881) 46,568
Einw., wovon 89 Proz. katholisch sind.
Aber schon 1833 kehrte er wieder nach
Sachsen zurück, um sich, von dem
HauseSchönburg als Vertreter für dessen Rezeßherrschaft
in die Erste
Kammer berufen, an dem ersten konstitutionalen
Landtag wie auch an allen folgenden mit großem
Eifer zu beteiligen; auf dem von 1839 wurde er zum Vizepräsidenten der Ersten
Kammer und im
Februar 1836 zum
Regierungsrat bei
der Kreisdirektion in
Zwickau
[* 31] ernannt, welches
Amt er jedoch schon im
Oktober 1837 wieder niederlegte, um
sich ungestörter den ständischen Angelegenheiten widmen zu können. Er blieb Vertreter des
HausesSchönburg auf den
Landtagen
bis 1843, war besonders bei der Beratung des neuen Kriminalgesetzbuchs beteiligt und wurde 1845, nach Übernahme des väterlichen
Guts Oberschönau, vom König als lebenslängliches Mitglied in die Erste
Kammer berufen. Mit großer Entschiedenheit
sprach er, obgleich das anerkannte
Haupt der aristokratischen
Partei, stets seine deutschnationale
Gesinnung aus. 1845 zum
Präsidenten
der Ersten
Kammer ernannt, wurde er im
Herbst 1846
Könneritz' Nachfolger im
Justizministerium. Mit den Vorarbeiten zu einer
auf
Öffentlichkeit und
Mündlichkeit beruhenden Strafprozeßordnung beschäftigt, ward er
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mehr
bei Beginn der Bewegung von 1848 als außerordentlicher Kommissar von der Regierung nach Leipzig geschickt und riet zu Konzessionen,
was ihm plötzliche Popularität, von seiten der konservativen Partei viel ungerechtfertigten Tadel zuzog. Unmittelbar darauf
trat er mit dem Gesamtministerium ab, zog sich vorderhand ins Privatleben auf sein Gut Altscherbitz bei
Schkeuditz zurück, wurde aber im Herbst 1849 zu Dresden in die sächsische Erste Kammer gewählt. Ein Anhänger der preußischen
Union, vertrat er eifrig die Aufrechthaltung des Bündnisses vom dem MinisteriumBeust gegenüber und schied, da
er nicht durchdrang, aus der Kammer.
In der aufgelösten Kammer von 1862 näherte sich der ehemalige entschiedene Aristokrat der sogen. Fortschrittspartei. Auf
dem konstituierenden Reichstag des Norddeutschen Bundes bekämpfte er anfangs die Regierungsvorlage und bemühte sich, dieselbe
in liberalem Sinn umzugestalten, votierte aber bei der Schlußabstimmung für die Verfassung. Seitdem lebte
er, vom öffentlichen Leben zurückgezogen, in seiner HeimatSachsen. Er starb in Kötzschenbroda.
Auch an dem parlamentarischen Leben beteiligte er sich und vertrat von 1850 bis 1866 erst die UniversitätUpsala, dann die
Akademie der Wissenschaften auf den Reichstagen. 1872 wurde er zum Mitglied der Ersten Kammer des Reichstags gewählt. Er
ist als historischer Schriftsteller sehr fruchtbar gewesen; sein Hauptwerk ist die in sachlicher und formeller Hinsicht sehr
anerkennenswerte »Geschichte Schwedens« (Gotha
[* 42] 1855-74),
welche er als Fortsetzung (Bd. 4 u.
5) des von Geijer begonnenen Werkes für die Heeren-Ukertsche Sammlung »Geschichte der europäischen Staaten« verfaßte. Dieselbe
erschien auch in schwedischer Sprache
[* 43]
als »Sveriges historia under konungarne af Pfalziska huset« (Stockh.
1855-85, Bd. 1-7). Daneben verdienen noch erwähnt zu werden
die Schriften: »Om stats-hvälfningen i Sverige under konung Carl XIs regering« (Stockh. 1856);
»Om fredsunderhandlingarne åren
1709-18« (das. 1859);
»Om den Svenska statsforwaltningens förändrade skick under konung Carl XIs regering« (1858) und
»Om 1680 års riksdag« (das. 1860).
R. et P., Pflanzengattung aus der Familie der Cyklanthaceen, Gewächse des tropischen Amerika,
[* 44] zum Teil mit
langen, kletternden Stämmen und Luftwurzeln oder stammlos dichte Gebüsche bildend. Sie haben große, gefaltete, tief eingeschnitten
Blätter, unscheinbare Blüten und vierseitige Beeren mit zahlreichen Samen.
[* 45] Carludovica palmata W., in Neugranada,
Ecuador
[* 46] und Panama,
[* 47] wächst an feuchten, schattigen Stellen, ist stammlos und trägt auf 2-4 m hohen Blattstielen über 1,25
m breite Blätter, welche durch tiefe Einschnitte gefiederten Palmblättern ähnlich sind. Diese Blätter liefern das Material
für die echten Panamahüte. Man kultiviert diese und andre Spezies in unsern Warmhäusern.
Außer mehreren Übersetzungen mathematischer Werke hatte er schon seit 1823 an SirDavidBrewsters »Edinburgh Encyclopaedia«
und an der »Edinburgh Review« mitgearbeitet, insbesondere Essays über Montesquieu, Montaigne, Nelson, die
beiden Pitt und über Goethes »Faust« veröffentlicht. Die neuere deutsche Litteratur nahm ihn damals ganz gefangen, und niemand
mehr als Carlyle hat dazu beigetragen, ihre Kenntnis den Engländern zu vermitteln. Im Zeitraum weniger Jahre publizierte
er eine Übersetzung von Goethes »WilhelmMeister«: »WilliamMeister's apprenticeship« (Edinb. 1825, 3 Bde.),
und eine Auswahl von Übersetzungen
aus Goethe, Fouqué, Tieck, Musäus, Jean Paul, Hoffmann u. a. mit kritischen und biographischen Einleitungen unter dem Titel: »German
romances« (Edinb. 1827, 4 Bde.)
sowie ein große Anzahl kleinerer Aufsätze, z. B. über Werner, Novalis, den Briefwechsel Goethes mit Schiller,
Heine, das Nibelungenlied etc., die später mit andern in der Sammlung seiner »Essays« (5 Bde.) vereinigt sind. Durch diese
Schriften war Carlyle zu Goethe in Beziehungen getreten; ein Briefwechsel zwischen beiden ward angeknüpft, Goethe selbst
leitet die 1830 in Frankfurt
[* 50] erschienene deutsche Übersetzung der Schiller-Biographie ein, und der junge englische Gelehrte
blieb sein lebenlang ein begeisterter Verehrer des Weimarer Dichterfürsten. Die nächste größere
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mehr
Schrift Carlyles, die zuerst in »Fraser'sMagazine« veröffentlicht wurde, führt den wunderlichen Titel: »Sartor resartus, or
life and opinions of Herr Teufelsdroeckh« (deutsch von Fischer, Leipz. 1882);
sie ist offenbar unter dem Einfluß JeanPauls
entstanden und wendet sich mit schonungsloser Härte gegen die Gebrechen der Zeit.
GrößereWirkung hatte
das erste umfangreiche historische Werk Carlyles, seine glänzend und hinreißend geschriebene Geschichte der französischen
Revolution (»The French revolution, a history«, Lond.
1837, 3 Bde.; deutsch von Feddersen, Leipz.
1844, 3 Bde.),
die freilich ebenso wie der 1839 erschienene Essay über den »Chartismus« (s. d.) in der Form vielfach barock
erscheint und einen einseitigen Maßstab
[* 52] an die Betrachtung der Dinge legt, aber wie dieser voll Geist und
Gedankentiefe ist. In denJahren 1837-40 hielt Carlyle in London mehrere Vortragscyklen, von denen eine Serie, die Vorträge über
»Helden, Heldenverehrung und Heldentum in der Geschichte« (»On heroes,
hero-worship and the heroic in history«, Lond. 1846; deutsch von Neuberg,
Berl. 1853), gedruckt wurde.
Aus diesen vor einem kleinen, aber begeisterten Auditorium gehaltenen Vorträgen erkennt man deutlich die Weltanschauung und
das politische System Carlyles. Er stellt darin fünf Typen des Heldentums auf: den Propheten (Mohammed), den Dichter (Dante und
Shakespeare), den Priester (Luther und Knox), den Schriftsteller (Johnson, Rousseau, Burns), den Herrscher (Cromwell
und Napoleon), und aufs nachdrückliche tritt er für das Recht des Genius ein, die Welt zu gestalten. 1845 erschien das bedeutendste
historische Werk Carlyles, seine BiographieCromwells (»Letters and speeches of Oliver Cromwell«, Lond. 1845, 5 Bde.),
welches zum erstenmal, einer neuen Auffassung Bahn brechend, die ganze Größe des puritanischen Feldherrn
und Staatsmanns kennen gelehrt hat.
Minder hervorragend, wenn auch auf den umfangreichsten, in Deutschland selbst gemachten Studien beruhend ist die Geschichte
Friedrichs II. (»The history of Friedrich II., called Frederick the Great«, Lond. 1858-1865, 6 Bde.;
deutsch von Neuberg und Althaus, Berl. 1858-69); die Wunderlichkeiten des Stils überwuchern hier, wie
man mit Recht bemerkt hat, beinahe die Gabe malerischer Darstellung. Zu den besten in englischer Sprache geschriebenen Biographien
gehört »The life of JohnSterling« (Lond. 1851); die letzten historischen Arbeiten, die Carlyle veröffentlicht hat, sind Essays
über die ältere Geschichte Norwegens und JohnKnox (»The early kings of Norway and an essay on the portraits
of JohnKnox«, das. 1875). Inzwischen hatte Carlyle, der seiner politischen Gesinnung nach ein eifriger Konservativer war, immer aber,
unbekümmert um herrschende Strömungen und populäre Richtungen, aufs energischte und rückhaltloseste mit seiner Meinung
hervortrat, sich wiederholt mit Tagesfragen beschäftigt. SeinBuch »The past and the present« (Lond. 1845)
ist eine leidenschaftliche Bekämpfung der Hohlheit und Lüge der modernen Gesellschaft, angeknüpft an ein Tagebuch eines Mönches
aus dem 12. Jahrh);
endlich veröffentlichte er noch während der orientalischen Wirren eine Streitschrift zu gunsten
Rußlands, wie denn der gewöhnlich Gladstone zugeschriebene Ausdruck »the unspeakable Turk« in Wirklichkeit von ihm herrührt.
Ohne jemals im vulgären Sinn des Worts populär zu sein, hat doch kein neuerer Schriftsteller auf die Litteratur, vielleicht
auf die ganze geistige Entwickelung seines Vaterlandes so sehr eingewirkt wie Carlyle, und wenigstens in seinem
höhern Alter wurde der Kreis geistig hochstehender Verehrer, die bewundernd zu dem Greis von Chelsea hinaufschauten, größer
und größer. 1865 ward er als Nachfolger Gladstones gegen Disraeli zum Rektor der UniversitätEdinburg erwählt; 1875 wurde
in England zur Feier seines 80. Geburtstags eine goldene Medaille geprägt, und die Koryphäen der Litteratur,
Darwin, Forster, Hooker, MaxMüller, Tennyson, begrüßten ihn durch eine Adresse, während ihm aus Deutschland eine andre Adresse,
unterzeichnet unter andern von Droysen, Gneist und seinem Altersgenossen Leopold v. Ranke, übersandt wurde. Er starb in
London als der allgemein betrauerte Nestor der englischen Schriftstellerwelt.
Eine Gesamtausgabe der Werke Carlyles erschien in 37 Bänden (Lond. 1872-74). Anthologien aus seinen Schriften sind wiederholt
herausgegeben, so von Ballantyne (Lond. 1870), von Barrel (New York 1876), von Williamson (»Carlyle's birthday book«, Lond.
1879). Eine deutsche Ausgabe ausgewählter Schriften besorgte Kretzschmar (Leipz. 1855-56, 6 Bde.);
Goldkörner aus seinen Werken, verbunden mit einem Lebensbild, veröffentlichte E. Oswald (Leipz. 1882). Aus seinem Nachlaß
gab J. A. ^[JamesAnthony] Froude »Reminiscences« heraus (Lond. 1881, 2 Bde.),
Lebensbilder seines Vaters, seiner Gattin, seines JugendfreundesEdw. Irving und dreier schriftstellerischer Zeitgenossen (LordJeffrey, Southey, Wordsworth), die viel Anstoß erregten und wohl besser nicht veröffentlicht wären. Aus
der großen Zahl der Schriften über Carlyle heben wir hervor: Hood, Thomas Carlyle, philosophic thinker (Lond. 1875);
er auch Cremona, Brescia, Parma
[* 57] und Genua
[* 58] unter die Herrschaft des Herzogs und verdrängte die Eidgenossen aus Bellinzona. Da er
aber von seinen Gegnern bei dem Herzog verleumdet und von diesem zurückgesetzt wurde, ging er 1424 zu den Venezianern über,
vereinigte eine Anzahl Städte gegen den Herzog von Mailand, eroberte Brescia für Venedig,
[* 59] besiegte jenen 1427 bei
Maccalo am Oglio und bemächtigte sich 80 brescianischer und bergamesischer Orte. In einem zweiten Feldzug 1428 nahm er Bergamo
und einen Teil des Gebiets von Cremona und erhielt darauf von Mailand seine Güter und seine bis dahin gefangen gehaltene Familie
zurück. Der unglückliche Ausfall seines dritten Zugs 1431 hatte zur Folge, daß man ihn nach Venedig lockte,
dort plötzlich gefangen nahm und nach Erpressung von Geständnissen des Verrats auf der Folter öffentlich enthauptete.
Dies tragische Ende Carmagnolas ist von Dichtern und Geschichtschreibern behandelt worden, am gelungensten in Alessandro
ManzonisTrauerspiel »Il conte di Carmagnola« (1820).
Name eines Volksgesanges aus der französischen Revolutionszeit, der mit den Worten
anfing: »MadameVéto avait promis« und in jeder Strophe mit dem Refrain schloß: »Dansons la Carmagnole! Vive le son du canon!«
Gewiß ist, daß die Carmagnole 1792 (wie es heißt, bei Gelegenheit der Einnahme der Stadt Carmagnola in Piemont)
aufkam und lange Zeit mit dem bekannten »Ça ira!« rivalisierte. Beide Gesänge wurden von den Militärmusiken als Märsche und
von den Orchestermusiken während der Zwischenakte im Theater
[* 60] gespielt und hielten sich neben der Marseillaise und dem »Chant
du départ« bis zum 18. Brumaire 1799. Bonaparte, welcher in Italien und Ägypten
[* 61] mit dem »Ça ira!«, der
Carmagnole und der Marseillaise die Franzosen zum Siege geführt hatte, verwarf diese Revolutionslieder, nachdem er Konsul geworden.
- Der Name Carmagnole ging bald über auf ein Kamisol mit kurzen Schößen und fast ohne Kragen, das während der
RevolutionTracht der niedern Volksklasse war, und diente schließlich auch zur Bezeichnung der überspanntesten Mitglieder
des Jakobinerklubs, welche jene Tracht (daher auch Jakobinerjacke) als populäres Kostüm
[* 62] annahmen.
Hauptstadt von Carmarthenshire in Wales, 15 km oberhalb der Mündung des Towy, auf dem kleinere Schiffe
[* 63] bis
zu den Kais der Stadt gelangen. Carmarthen hat (1881) 10,512 Einw.
und ist eine blühende Stadt, mit Zinn- und Eisenwerken in der Umgegend und lebhaftem Handel. Es ist Sitz eines theologischen
College der Presbyterianer, eines unitarischen College (Free Religious Thought College), einer Lateinschule (1576 gegründet)
und eines Lehrerseminars. Dabei Abergwill, Palast des Bischofs von St. Davids. Der Sage nach soll Carmarthen von dem
Propheten Merddyn oder Merlin (480) gegründet worden sein, und die alten Britannier hielten hier ihre Synoden.
(Cramaux, spr. -moh), Ortschaft im franz. DepartementTarn, ArrondissementAlbi, am Cérou und an der von Albi
kommenden Zweigbahn, hat ein Schloß nebst schönem Park, eine gotische Kirche, ausgedehnte, seit Jahrhunderten ausgebeutete
Steinkohlenwerke (Produktion 1883: 3¼ Mill. metr. Ztr.), Glasfabrikation
[* 67] und (1876) 5384 Einw.
Durch den rechten Bogen
[* 73] desselben
zogen 477 v. Chr die Fabier in den Kampf gegen die Vejenter, in welchem alle umkamen, weshalb dasselbe Porta
scelerata genannt und als unheilbringend vermieden ward.
Namen »allgemeines Landrecht« Gesetzeskraft erhielt. Carmer wurde darauf zum Vorsitzenden der Gesetzkommission und zum königlichen
Kommissar bei den pommerschen, ost- und westpreußischen Landschaften, die er nach dem Muster der schlesischen umgestaltete,
ernannt und von FriedrichWilhelm III. 1798 in den Grafenstand erhoben. Er zog sich nun aus sein Gut Rützen
bei Guhrau zurück und starb Seine Familie ist noch jetzt in Schlesien im Besitz der von ihm gestifteten Majorate
Panzkau und Rützen.
burana.Titel einer Sammlung größtenteils lateinischer, daneben aber auch deutscher und gemischter lateinisch-deutscher
Lieder, welche fahrende Kleriker, sogen. Vaganten (s. d.), des 12. und 13. Jahrh.
zu Verfassern haben, und deren Handschrift sich einst im Besitz der AbteiBenediktbeuern befand (daher der Name). Die Gedichte
sind größtenteils in modernen Rhythmen mit Endreimen wie die kirchlichen Hymnen abgefaßt und dem Inhalt nach teils geistlich-polemischer
Richtung oder geistliche Spiele, teils Trink-, Natur-, Liebeslieder, Gnomen etc., oft derb weltlich und frivol,
dann wieder voller Frömmigkeit und zartester Empfindung. Die vollständige Sammlung veröffentlichte Schmoller (2. Aufl., Bresl.
1883); eine Auswahl erschien unter dem Titel: »Gaudeamus! carmina vagorum selecta« (Leipz. 1879),
eine Übersetzung derselben
von Laistner (»Golias«, Stuttg. 1879).
Vgl. Hubatsch, Die lateinischen Vagantenlieder des Mittelalters (Görlitz 1870);
K. Francke,
Zur Geschichte der lateinischen Schulpoesie des 12. und 13. Jahrhunderts (Münch. 1879).
Bassian, Mediziner, geb. 1750 zu Lodi, studierte in Pavia, lebte als Arzt in seiner Vaterstadt, ward 1778 auf
Grund seines Werkes »De animalium ex mephitibus et noxiis halitibus interitu ejusque proprioribus causis« (Lodi 1777) auf den
Lehrstuhl der Therapeutik und Arzneimittellehre zu Pavia berufen und starb 1830 in Mailand. Er schrieb
noch: »Ricerche sulla natura e sugli usi del succo gastrico in medicina e in chirurgia«
(Mail. 1785; deutsch, Wien
[* 81] 1785);
(spr. -mongtäl), franz. Dichter, geb. zu
Paris,
[* 84] Vorleser und Festordner des Herzogs von Orléans,
[* 85] starb Carmontelle verdankt seine litterarische Berühmtheit vorzugsweise
seinen »Proverbes dramatiques« (Par. 1768-81, 8 Bde.;
1822, 4 Bde.; in Auswahl übersetzt von Baudissin, Leipz. 1875),
schnell hingeworfenen Skizzen in lebhafter und witziger Sprache,
welche von guter Beobachtung zeugen. Mit dem »Abbé de Plâtre«, dem einzigen Lustspiel, welches er öffentlich aufführen ließ,
hatte er wenig Erfolg. Außerdem sind von ihm: »Théâtre de campagne« (Par. 1775, 4 Bde.)
und »Pièces inédites« (das. 1825, 3 Bde.),
von Frau v. Genlis veröffentlicht. Eine große MengeManuskripte hatte er beim Ausbruch der Revolution aus Geldmangel versetzt.
eine Göttin der Römer,
[* 86] nach Preller ursprünglich Beschützerin der Kinder vor aussaugenden Unholden,
dann aber nach ihrer Vermischung mit Cardea (von cardo, »Thürangel«) besonders Beschützerin der Thüren.
Wie Janus
[* 87] der Nymphe, welche bisher alle Liebhaber geflohen war, zum Dank für die ihm gewährte Gunst das Schutzrecht über
Thüren und Schwellen zugeteilt, auch ihr den Weißdorn als mächtigen Gegenzauber verliehen, erzählt anmutig Ovid in den »Fasten«
(Buch 6, V. 101 ff.). Ihr Fest, angeblich von JuniusBrutus nach Vertreibung der Tarquinier gestiftet, wurde 1. Juni gefeiert und
ihr dabei (als kräftigste Nahrung) ein Mus von Bohnenmehl und Speck geopfert.
Ort im franz. DepartementMorbihan, ArrondissementLorient, auf einem Hügel über der Bai vonQuiberon, mit
einer interessanten Kirche (von 1639), Fischhandel und (1876) 636 Einw., ist merkwürdig
durch die Pierres levées de Carnac, elf Reihen unbehauener Steine (Menhirs), die, parallel geordnet, sich 1500 m weit von O. nach
W. hinziehen. Die Zahl der Steine, nachdem Tausende davon zertrümmert worden, beläuft sich gegenwärtig noch auf etwa 1200. Der
größte erhebt sich 7 m über der Erde, die meisten ruhen, gleich umgekehrten Kegeln, mit dem schmälern Ende in der Erde.
Südlich davon befindet sich ein Hügel von 20 m Höhe mit der Kapelle des heil. Michael, in welchem 1862 eine Begräbnisstätte
mit vielen Objekten aus der Steinzeit
[* 88] entdeckt wurde.
Rudolf von, Bergmann, geb. zu Glatz,
[* 89] erlernte den praktischen Bergbau in den Neuroder und WaldenburgerRevieren, studierte 1823-24 in Berlin,
[* 90] ward beim Bergamt zu Tarnowitz
[* 91] in Schlesien und 1830 als Obereinfahrer
bei der Friedrichsgrube beschäftigt und leitete hier besonders den Betrieb des fiskalischen Blei- und Silberbergwerks und
der damals in der Entwickelung begriffenen Galmeibergwerke mit so großem Erfolg, daß er schon 1839 zum Bergmeister ernannt
wurde. Er hielt auch Vorträge an der Bergschule zu Tarnowitz und gab 1843-1847 allein, später in Verbindung
mit Krug v. Nidda ein »Bergmännischs Taschenbuch« heraus. 1844 ward er als Oberbergamtsassessor
nach Bonn
[* 92] versetzt, aber schon 1847 nach Berlin berufen und zum Geheimen Oberbergrat und vortragenden Rat im Handelsministerium
ernannt.
Hier wirkte er wesentlich für eine zeitgemäße Umgestaltung des Bergbaues. 1848 war er kurze Zeit Direktor
des Gewerbeinstituts; zugleich begründete er mitL. v. Buch und den Gebrüdern Rose die Deutsche
[* 93] Geologische Gesellschaft, auch
las er 1849-55 an der Universität über Bergbaukunde und schuf zur Unterstützung der reformatorischen Bestrebungen im Gebiet
der Montanindustrie die »ZeitschriftfürBerg-, Hütten- und Salinenwesen«. Seine großartige Thätigkeit
für den schlesischen Bergbau beginnt mit 1855, wo er als Berghauptmann an das OberbergamtBreslau versetzt wurde.
Der oberschlesische Bergbau hat sich unter seiner Leitung in der glänzendsten Weise entwickelt und einen ungeahnten Aufschwung
genommen. Carnall veranlaßte die Gründung des SchlesischenVereins fürBerg- und Hüttenwesen und leitete die Redaktion
des Jahrbuchs dieses Vereins und einer Wochenschrift. Seine geognostische Karte Oberschlesiens (1857), wenn auch überholt
durch Römers Meisterwerk, hatte hervorragende Bedeutung. Er trat 1861 aus dem Staatsdienst und
¶
Mineral aus der Ordnung der Doppelchloride, kristallisiert rhombisch, findet sich nur derb in großkörnigen
Aggregaten, ist stark glänzend, wird aber durch Feuchtigkeit matt; an sich farblos, erscheint er durch reichliche Beimischung
mikroskopischer Schuppen von Eisenglimmer rot; spez. Gew. 1,6.
Er besteht aus Chlorkalium, Chlormagnesium und Wasser KCl + MgCl2 + 6H2O und enthält auch Chlorrubidium,
Chlorcäsium und Brom. Er findet sich bei Maman in Persien
[* 95] und bei Kalucz in Galizien, hauptsächlich aber in den Abraumsalzen
(s. d.) des Staßfurter Steinsalzlagers und wird in großer Menge auf Kalisalze verarbeitet.
Hauptstadt von Carnarvonshire (Wales), in schöner Lage an der Menaistraße, mit (1881)
10,237 Einw., ist von Mauern umgeben und hat die prächtigen Ruinen eines von Wilhelm dem Eroberer erbauten Kastells, in dem
Eduard II. geboren wurde. Zum Hafen gehören 365 Seeschiffe von 46,990 Ton. und 46 Fischerboote. Der Küstenhandel ist von Bedeutung,
weniger der direkte Handel mit dem Ausland (Einfuhr 1883: 30,774 Pfd. Sterl., Ausfuhr 164,915 Pfd. Sterl.).
Dachschiefer bilden den Hauptartikel der Ausfuhr. Carnarvon hat ein Lehrerseminar, 2 Lateinschulen und eine Besserungsanstalt für
jugendliche Verbrecher auf dem Schiff
[* 96] Clio. Es ist ein beliebtes Seebad und Touristenquartier.
Mit Disraelis Orientpolitik war er nicht einverstanden und sprach sich gegen jede bewaffnete Intervention zu gunsten der Türkei
aus. Als daher das Ministerium dennoch der Flotte den Befehl erteilte, in die Dardanellen einzulaufen,
und vom Parlament einen Kredit von 5 Mill. verlangte, forderte Carnarvon nebst Derby seine Entlassung und ward durch Hicks-Beach ersetzt.
Im Juni 1885 wurde er unter dem MinisteriumSalisbury zum Vizekönig von Irland ernannt. Er veröffentlichte
noch: »Reminiscences of Athen
[* 98] and the Morea« (1869).
(welsch Arfon), Grafschaft im nordwestlichen Teil von Wales, auf drei Seiten vom Meer umgeben, durch die
Menaistraße von Anglesey getrennt und im N. von Denbigh- und Merionethshire begrenzt. Carnarvonshire umfaßt 1495 qkm (27,1 QM.).
Es ist der gebirgigste und malerische Teil von Wales, in dessen Mitte der Snowden 1091 m hoch ansteigt,
und ist reich an kleinen Gebirgsseen. Die nach SW. auslaufende Halbinsel wird von einer Hügelkette durchzogen und endet mit
dem steilen Braich y Pwll, dem gegenüber die InselBardsey liegt. Von der Oberfläche sind 16 Proz. angebaut, 35 Proz.
bestehen aus
Wiesen und Weide, 2 Proz. aus Wald. Die Bevölkerung zählte 1881: 119,349 Seelen. Die Schafzucht
ist von großer Bedeutung; man zählte 1884: 8347 Pferde, 52,612 Rinder, 203,443 Schafe, 20,835 Schweine. Ungemein wichtig sind
die Schieferbrüche (jährlich 1,500,000 Ton.), und auch die Fischereien sind beträchtlich.
Louis Marcien, Graf von, franz. Publizist, geb. zu Quimper aus einer edlen Familie der Bretagne, begann
seine diplomatische Laufbahn als Gesandtschaftssekretär und wurde 1839 in die Deputiertenkammer gewählt, wo er dem von
Lamartine geleiteten Parti social angehörte, aber eine schwankende, bald liberale, bald ultramontane Haltung
annahm. 1847 trat er als Vorstand des Handelsdepartements in das Ministerium des Auswärtigen. Nach der Februarrevolution zog
er sich vom öffentlichen Leben zurück, und unter dem Kaiserreich begnügte er sich mit dem Amt eines Generalrats des DepartementsFinistère. 1863 wurde er zum Mitglied der Akademie erwählt. Er starb in Quimper.
Von seinen zahlreichen Werken nennen wir: »Vues sur l'histoire contemporaine« (Par. 1833);
»Des intérèts nouveaux en Europe depuis la révolution de 1830« (1838, 2 Bde.);
dessen Bericht (»Voyage en Indo-Chine et dans l'empire chinois«, 1872) gab nach seinem
Tod (1870) der Vater heraus. - Ein Neffe von Carné, Jules de Carné, geb. 1835 zu Mériel, ist als Publizist und
Romanschriftsteller aufgetreten mit: »Pécheurs et pécheresses« (1862);
Auch veröffentlichte er einen Band Gedichte (2. Aufl.,
Leipz. 1850) und die Sonette: »Pflug
[* 103] und Schwert« (Wien 1862). In allen diesen Schriften zeigt er sich als einen Anhänger der
einheitlichen Entwickelungslehre.
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