Der
Etat zeigte damals ein
Defizit von mehr als 5 Mill. Anstatt der von
v. d.
Heydt beabsichtigen Einführung neuer
Steuern erklärte
sich Camphausen für eine Steuerreform und eine Verminderung der Schuldentilgung durch Umwandlung der 4½proz. und
der 4proz.
Staatsschuld in eine gleichmäßige 4½proz.
Rentenschuld. Diese
Vorschläge wurden angenommen,
die Konvertierung mit dem günstigsten Erfolg durchgeführt und das
Defizit beseitigt. Ja, die französische Kriegsentschädigung
und die reichen Erträgnisse der industriellen Staatsetablissements nach dem
Krieg führten Camphausen einen Überfluß an Geldmitteln
zu, welche er zur allzu eiligen Rückzahlung von
Staatsschulden, teilweise auch zu Steuererlassen benutzte.
So ward aus seinen
Vorschlag 1872 die
Mahl- und Schlachtsteuer als Staatssteuer aufgehoben und die
Klassensteuer kontingentiert,
ferner ansehnliche
Summen zur
Erhöhung der Beamtengehalte und zu öffentlichen Bauten bewilligt. E. ward dadurch sehr beliebt,
um so mehr, da er durch streng konstitutionelle
Haltung im
Landtag das Vertrauen der
Liberalen sich erwarb.
Nach dem Rücktritt
Roons ward er zum Vizepräsidenten des preußischen
Staatsministeriums ernannt und nahm während
der wiederholten längern Beurlaubungen
Bismarcks eine bedeutende
Stellung ein. 1873-77 eröffnete er die
Sitzungen des
Landtags
mit Verlesung der
Thronrede, 1877 auch den
Reichstag. Als freilich die
Zeiten sich änderten, die
Geschäfte
daniederlagen und die Überschüsse im
Staatshaushalt verschwanden, wurde B. wegen seiner freihändlerischen
Richtung und seiner
Begünstigung großer finanzieller
Unternehmungen von
Agrariern und Schutzzöllnern für die unglückliche Wendung der wirtschaftlichen
Verhältnisse verantwortlich gemacht. Auch
Bismarck entfremdete sich ihm, als er sich seiner neuen
Zoll- und
Wirtschaftspolitik
zuwendete, und da sonderbarerweise auch die
Liberalen Camphausen wiederholt angriffen, nahm derselbe eine
Differenz
mit dem
Reichskanzler über die Tabaksteuer im
Reichstag zum
Anlaß, um seine Entlassung zu fordern, die er 23. März mit
dem
Titel und
Rang eines Staatsministers erhielt. Er nahm nur noch als Mitglied desHerrenhauses am politischen
Leben teil.
Mit großer Vorliebe stellte
er die
Kampf- und Schlachtszenen das 17. und 18. Jahrh. dar,
Gefechte aus
der Zeit
Cromwells, des Dreißigjährigen
Kriegs und der drei schlesischen
Kriege. Besonders glücklich war er in
Darstellung derSzenen und
Konflikte zwischen englischem
Puritaner- und
Königtum. Ein sehr wesentlicher Fortschritt gab sich in seinen Bildern
aus
Friedrichs d. Gr. Zeit kund.
Frische, Leichtigkeit derDarstellung, Richtigkeit der
Zeichnung wie des
Kostüms, überhaupt naturgetreuer
Realismus zeichneten dieselben aus. Camphausen produzierte rasch;
unter dem vielen, was er geschaffen,
heben wir hervor: Retirade österreichischer
Kürassiere (1839);
Schriftsteller nicht ohne Erfolg auf. Seine vielen Gedichte und Festspiele für die Feste im Düsseldorfer Künstlerverein »Malkasten«
sowie seine im mittelalterlichen Stil verfaßte Chronik desselben sind zwar nur in engern Kreisen bekannt geworden, sein Tagebuch
aus dem schleswig-holsteinischen Feldzug aber ist unter dem Titel: »Der Maler auf dem Kriegsfeld« (Leipz.
1865) mit zahlreichen Illustrationen im Buchhandel erschienen und hat weite Verbreitung gefunden. In einem Wandgemälde in
Wachsfarben für die Herrscherhalle des Zeughauses: die HuldigungFriedrichs II. in Breslau,
[* 29] versuchte er sich auch im monumentalen
Stil. Camphausen starb in Düsseldorf. Er hatte 1859 vom König von Preußen den Professortitel erhalten
und war Mitglied mehrerer Akademien.
Camphora officinalisNees (LaurusL.,CinnamomumCamphora Nees et Eberm.),
ein lindenähnlicher, 8-10 m hoher Baum mit brauner, runzeliger, abschälbarer Rinde, wechselständigen,
gestielten, eiförmigen bis oblongen, zugespitzten Blättern, achselständigen Blütenrispen, kleinen, weißen Blüten und
dunkelroten, erbsengroßen Beeren mit einem pfefferkornähnlichen Samen,
[* 34] in Kochinchina und den südlichen ProvinzenChinas bis
nördlich vom Amur und durch Japan sehr verbreitet, in größter Menge im Küstenland zwischen Schanghai
[* 35] und
Amoy und auf Formosa dichte Wälder bildend und vielfach kultiviert, ist die Stammpflanze des echten Kampfers, wonach auch alle
Teile des Baums, besonders die Wurzel,
[* 36] riechen und schmecken.
Der Kampferbaum wird bei uns in Kalthäusern überwintert. Er gedeiht in allen tropischen und subtropischen Ländern, sogar
in ganz Italien,
[* 37] schon bei Genua
[* 38] und in der Provence. Das harte, weiße, rot geäderte Holz
[* 39] wird in China
und Japan als seines Möbelholz benutzt und auch für Insektensammlungen nach Europa
[* 40] gebracht, da es den Kampfergeruch dauernd
bewahrt.
(spr. kamp-heu-),Dirk Rafelsz, niederländ. Dichter, geb. 1586 zu Gorinchem, wurde, früh verwaist, von
einem ältern Bruder erzogen, der ihn zu einem Maler in die Lehre
[* 42] that. Camphuisen machte treffliche Fortschritte, studierte aber später
in Leiden
[* 43] Theologie, wurde Prediger in dem Dorfe Vleuten bei Utrecht,
[* 44] als Arminianer aber aus seinem Amt vertrieben,
und führte nun ein unstetes Leben, bis er zu Dokkum in Friesland ein Asyl fand, wo er starb. Seine Gedichte »Stichtelijke
rijmen« (4. Aufl., Amsterd. 1652; Auswahl, Utrecht 1869), zum großen Teil erbaulicher Natur, zeichnen sich durch innere Wahrheit
aus und sind einfach und kräftig gehalten.
ital. Künstlerfamilie, welche in der Mitte und gegen das Ende des 16. Jahrh.
zu Cremona lebte und daselbst zahlreiche Werke hinterließ. Galeazzo, geb. 1475 zu Cremona, gest. 1536, stand unter dem Einfluß
Boccaccinos. Seine Art der Darstellung war ziemlich steif, aber sorgfältig. Bedeutender sind seine drei
Söhne: Giulio, Antonio und Vincenzo. Giulio, der älteste, um 1500 geboren, war schon 1522 SchülerGiulioRomanos, damals in Mantua,
[* 45] erlernte von diesem außer der Malerei auch Plastik und Baukunst,
[* 46] ist jedoch kein hervorragender Meister.
Ausnahmsweise gut ist sein Hochaltar
von 1527 in Sant' Abondio zu Cremona, Maria mit den heiligen Rittern
Celso und Nazaro, voll venezianischer Farbenschönheit; seine Wandmalereien hingegen in SantaMargarita daselbst sind kalt und
gespreizt. Campi starb 1572. SeinBruderAntonio, Maler und Architekt, daneben auch Bildhauer und Kupferstecher, Cremonese genannt,
war gewandter Nachahmer Correggios. Er hatte die Gewohnheit, selbst in heilige Gegenstände Zerrbilder einzuführen.
Er gab eine (öfter aufgelegte) Chronik seiner Vaterstadt unter dem Titel: »Cremona fidelissima città illustrata etc.« heraus
und starb nach 1591. Der dritte Bruder, Vincenzo, war ein unermüdlicher Gefährte seiner Brüder, denen er im Kolorit fast gleichkommt,
jedoch in der Zeichnung nachsteht. Zu Cremona sieht man von seiner Hand
[* 47] vier Darstellungen der Abnahme vom
Kreuz.
[* 48] In kleinen Figuren war Vincenzo besser als in großen; auch seine Bildnisse und Früchte wurden geschätzt. Viele seiner
Kabinettsstücke waren auf Schiefer gemalt. Er starb 1591. - Bernardino, Maler zu Cremona, vielleicht ein Verwandter der vorigen,
Sohn eines Goldschmieds, Pietro Campi, geb. 1522, legte sich anfangs
auf die Goldschmiedekunst,
[* 49] widmete sich nachher der Malerei unter Giulio Campi und studierte später in Mantua bei IppolitoCosta.
Er wußte sich TiziansManier in dem Grad zu eigen zu machen, daß man selten die Kopien von den Originalen unterscheiden konnte;
doch ist er keineswegs ein reiner Venezianer, sondern hat auch von Correggio und Raffael vieles angenommen.
Die meisten Werke Campis befinden sich in Cremona; außerdem besitzt auch Mantua Vortreffliches. Seine bedeutendsten Schüler
sind Sofonisba Anguisciola und G. B. Trotto. Als Schriftsteller trat Campi auf mit einem Werk: »Parer sulla pittura« (1584). Campi starb
um 1590.
(SãoCarlos de Campinas), Stadt in der brasil. ProvinzSão Paulo, auf einer Hochebene 70 km nordwestlich von São Paulo,
in ungemein fruchtbarer Gegend, die sich namentlich für den Kaffeebau eignet, ist weitläufig gebaut, hat viele schöne
Privathäuser mit wohlgepflegten Gärten und 12,000 Einw.;
(Kempenland), Landrücken im N. und NO. der belg. ProvinzenAntwerpen
[* 56] und Limburg
[* 57] und im S. der holländ. ProvinzBrabant und teilweise auch Limburg, zieht sich östlich bis gegen die Maas und ist von weiten Heideflächen bedeckt, in denen
oasenartig vereinzelte Ortschaften auftauchen. Er wird von der Demer, Großen und KleinenNethe durchzogen,
welche zum Gebiet der Schelde gehören. Man hat durch Überrieselung weite Strecken Wiesland erzielt und einen großen Kanal
[* 58] (Canal de la Campine) mit vielen Seitenkanälen hindurchgeführt. Die Bevölkerung
[* 59] ist fast ausschließlich vlämisch. Hauptorte
in der belgischen Campine sind Turnhout und Gheel.
möglichst genau nachzuahmen suchte. Es fehlte ihm aber an Energie und Tiefe, wenn auch nicht an Anmut; statt der Liebe ist
die Galanterie bei ihm Hauptmotiv. 1701 trat er in die Akademie und starb Bekannt wurde er durch seine Oper »Acis
et Galathee« (1686),
sein erstes Werk. Seine Tragödien fanden viel Beifall; die besten sind: »Tiridate«,
»Alcibiade« und »Andronic«,
die unter altem Namen dramatisiert Geschichte von Don Karlos, dem Sohn Philipps II. Die beste Ausgabe seiner »Œuvres« erschien
1750, 3 Bde.;
Anger veröffentlichte »Œuvres choisies« (Par. 1810).
Don Ramon de, span. Dichter, geb. 1817, aus einer alten Familie stammend, wandte sich in Madrid
[* 63] ursprünglich
dem medizinischen Studium zu, warf sich aber bald gänzlich auf die schöne Litteratur. In den spanischen Cortes glänzte er
längere Zeit durch seine hervorragende Beredsamkeit; auch war er als Zivilgouverneur von Alicante und Valencia
[* 64] im Staatsdienst thätig und wurde um seiner litterarischen Verdienste willen Mitglied der königlichen Akademie. Seit dem Regierungsantritt
des KönigsAlfons lebt er als Staatsrat zu Madrid. E. gehört zu den beliebtesten spanischen Dichtern der Gegenwart. Seine frühsten
poetischen Werke sind »Fábulas morales y politicas« (Madr. 1842, 9. Aufl. 1866);
die Epopöe »Colon« (das. 1859) etc. Mehr aber als alle diese lenkten seine »Doloras«
(Madr. 1856, 16. Aufl. 1882),
Dichtungen, worin er allen höchsten Bestrebungen der Gegenwart einen dichterisch verklärten
Ausdruck gibt, die allgemeine Aufmerksamkeit auf sich und fanden vielfach Nachahmung.
Später erschienen
noch: »Nuevos pequenos poemas y doloras« (Madr. 1877),
»Los amores de Juana« (das. 1882) und »El
tren express« (das. 1885). Außerdem veröffentlichte Campoamor eine Anzahl prosaischer,
besonders philosophischer, Schriften, wie: »Filosofia de las leyes« (1846),
»El personalismo« (1850),
»Polemicas con la democrazia«
(1862),
»Lo absoluto« (1865),
sein philosophisches Glaubensbekenntnis, und »El idealismo« (1883).
Seine gesammelten »Obras poéticos« erlebten mehrere Auflagen (die letzte 1872); eine Auswahl erschien Leipzig
[* 66] 1885.
eine Provinz Unteritaliens, früher Molise genannt, wird von den ProvinzenChieti, Aquila, Caserta, Benevento
und Foggia sowie nordöstlich vom Adriatischen Meer begrenzt und hat einen Flächenraum von 4586 qkm (nach
Strelbitskys Berechnung 4416 qkm = 80,2 QM.) mit (1881)
365,434 Einw. Sie umfaßt einen Teil des alten Samnium und ist ein durch Zweige der Apenninen (MonteMatese, 2118 m) gebirgiges
und wenig ergiebiges Land; abgesehen von der Küstenniederung, liegt nur am Unterlauf des Biferno die kleine fruchtbare Ebene
von Larino.
diLicata, Stadt in der ital. ProvinzGirgenti (Sizilien),
[* 73] an der Bahnlinie Canieatti-Licata, mit Wein-, Öl-
und Getreidebau, Schwefelminen und (1881) 7481 Einw.
DonPedroRodriguez, Graf von, span. Staatsmann, Rechtsgelehrter, Geschichtsforscher und nationalökonomischer
Schriftsteller, geb. 1723 zu Santa Eulalia de Sorriba in Asturien, übersetzte schon als Knabe den Ovid
in kastilische Verse und trieb philosophische Studien, wandte sich aber später dem Rechtsstudium zu. Nachdem er in Sevilla
promoviert hatte, war er längere Zeit Advokat. Ausgerüstet mit einem universellen Geist, wohlbekannt mit europäischer Kultur
und Politik, uneigennützig, konsequent und vorsichtig, widmete er sich dem Studium der Mittel und Wege,
durch die Spanien ohne revolutionäre Überstürzung zu europäischer Kultur erhoben werden könne.
Karl III. ernannte ihn 1759 zum Beisitzer im Postdepartement und 1762 zum Fiskal des hohen Rats von Kastilien, später ward er
zum Vorsitzenden dieser Behörde ernannt. Neben diesem wichtigen Posten, den er 21 Jahre verwaltete, führte
er noch die Geschäfte der königlichen Kammer, seit 1768 als Camarista oder königlicher Rat, hatte seit 1783 den Vorsitz als
Gobernator interimo und seit 1789 als wirklicher Präsident, bis er 1791 von Karl IV. zum Staatsrat erhoben wurde.
Die Reihe der Anordnungen, die er als solcher durchführte, stellt ihn in die Reihe der ersten Wohlthäter
Spaniens, namentlich that er, trotz der Verdächtigungen von seiten der Geistlichkeit vom König an die Spitze des Rats der Mesta
gestellt, außerordentlich viel für Hebung
[* 88] der Landwirtschaft und kann als eigentlicher Kolonisator der Sierra Moreni
gelten; gleiche Sorgfalt widmete er dem Armenwesen, der Einrichtung von Hospitälern, der Erleichterung des Steuerdrucks,
dem Postwesen, den Universitäten, der Rechtsverwaltung.
Sein »Tratado de la regalia de la amortizacion etc.«
(Madr. 1765, neue Ausg. 1821), worin er der spanischen Regierung das Recht zusprach, die Veräußerungen zur Toten Hand, welche
er als ein Haupthindernis des Fortschritts der Landeskultur und des Volkswohlstandes Spaniens überhaupt
erkannt hatte, zu beschränken, rief einen Kampf mit der römischen Kurie hervor. In seinem »Discurso sobre el fomento de la
industria popular« (Madr. 1774; deutsch von Göriz, Stuttg. 1778) lieferte Campomanes das erste gute
Werk in Spanien über Nationalökonomie.
Hieran knüpfte er einen Plan für Verbesserung der Volkserziehung. Sein »Discurso sobra la educacion popular de los artesannos,
y su fomento« (Madr. 1775-77, 6 Bde.) bekämpfte vorzüglich das in Spanien tief eingewurzelte Vorurteil gegen Kunst- und Handarbeiten.
Resultate seiner Bemühungen waren namentlich die Befreiung des amerikanischen Handels, die Ausdehnung
[* 89] desselben
auch auf andre Häfen als Cadiz,
[* 90] die freie Einfuhr gewisser Rohstoffe, die Errichtung einer Nationalbank, die Stiftung volkswirtschaftlicher
Gesellschaften etc. Von der Volkserziehung wandte Campomanes sein Auge
[* 91] auf die Schulbildung und insbesondere auf Verbesserung der Lehrbücher.
Neben seiner vielfachen litterarischen Wirksamkeit stand er noch an der Spitze mehrerer wissenschaftlicher
Institute. Als Anerkennung erhielt er 1780 vom König den Titel de Castilla, wurde aber endlich durch den ihm von seinen Feinden
entgegengestellten Grafen von Floridablanca seines Einflusses Beraubt, zog sich nun vom Hof
[* 92] zurück und widmete sich der Litteratur.
Er starb Außer den bereits genannten Schriften hat Campomanes noch eine beträchtliche Anzahl staatswissenschaftlicher
und geographischer Werke herausgegeben, die indes heute nur noch litterarhistorische Bedeutung haben.
2) Giuseppe, ital. Kunstschriftsteller und Historiker, geb. zu Modena, studierte daselbst im Collegio di San Carlo
und widmete sich dann mit großem Erfolg der Urkundenforschung auf dem Gebiet der Geschichte und Kunstgeschichte
seines engern Heimatslandes. Seine bedeutendsten Schriften sind: »Gli artisti italiani e stranieri negli stati Estensi« (Modena
1855);
»Lettere artistiche inedite« (das. 1866);
»Una vittima della storia« (das. 1866, der erste Rettungsversuch zu gunsten
der Lucrezia Borgia);
im Innern Brasiliens die ungeheuern Grasfluren, welche sich von den Llanos und Pampas durch
größere Mannigfaltigkeit der Oberfläche und der Vegetation unterscheiden. Campos geraes heißt man die wellenförmigen, mit
haarigen Grasarten bedeckten Fluren, die sich in ihrem Charakter den Pampas am meisten nähern. Die höher
liegenden und daher trocknern Stellen derselben bezeichnet man als Taboleiras (»Tischplatten«),
den Mesas von Venezuela
[* 94] entsprechend,
und, wenn dieselben einen ausgeprägten plateauartigen Charakter annehmen, als Chapadas (»Hochebenen«). Wenn infolge lange anhaltender
Dürre auf diesen Taboleiras und Chapadas den größten Teil des Jahrs alles Pflanzenleben erstirbt, dann bezeichnet man
sie gemeinsam als Sertaos, eine Bezeichnung, die indes auch im allgemeinern Sinn auf alle menschenleeren Wildnisse Anwendung
findet. Man unterscheidet ferner zwischen Campos mimosas, die mit dichtem Grasteppich bekleidet sind, und Campos agrestes,
auf denen nur Büschelgras wächst. Ganz baumlos sind die aus weite Strecken nirgends; die dichtern Haine
und Gehölze heißen Capoes, Carrascos und Catingas. In der trocknen Jahreszeit verbrannte Einöden, erscheinen die Campos nach
Eintritt der Regenzeit als schöne, mit Gras und Blumen bedeckte Fluren.
die ital. Bezeichnung für Friedhof, Gottesacker, besonders für die Grabstätte
ausgezeichneter Männer, welche von einer gegen außen geschlossenen, nach innen aber durch Arkaden offenen Halle
[* 99] umgeben
ist. Der berühmteste Campo santo befindet sich zu Pisa neben dem Dom. Er wurde dem Gedächtnis der um die Republik besonders verdienten
Männer gewidmet und 1283 von GiovanniPisano vollendet (s. Pisa). Andre neuere Campi santi in Italien befinden sich zu Bologna,
Neapel,
[* 100] Genua und Mailand. Die Absicht FriedrichWilhelms IV. von Preußen, in Berlin im Anschluß an den Neubau
eines Doms einen Campo santo zu errichten, ist bis jetzt nicht verwirklicht worden. Einem Campo santo gleicht
auch der neue von Gärtner entworfene und 1850 vollendete Friedhof zu München.
(spr. kang-),André, Komponist, geb. zu Aix in der Provence, bekleidete von 1679 bis 1694 nacheinander
die Kapellmeisterstellen an den Kathedralen zu Toulon,
[* 101] Arles und Toulouse. Im letztgenannten Jahr begab er sich nach Paris
[* 102] und
wirkte hier anfangs als Direktor der Kirchenmusik des Jesuitenkollegiums, welche Stellung er später mit der gleichen an der
KircheNotre Dame vertauschte. Im J. 1700 legte er diese Stelle nieder, um sich ausschließlich der Opernkomposition
zuzuwenden.
Der glänzende Erfolg seiner Opern, von denen er die ersten: »L'Europe galante« und »Le
[* 103] carneval de Venise«, seiner halbgeistlichen Stellung wegen pseudonym aufs Theater brachte, verschaffte ihm die Ernennung zum
königlichen Kapellmeister (1722),
Don Francisco, span. Bühnendichter, aus Katalonien gebürtig und im Sommer 1870 auf einer Reise in Havana
[* 105] gestorben,
machte sich zuerst durch ein bei Gelegenheit der Rückkehr der spanischen Armee aus dem afrikanischen
Krieg abgefaßtes Stück: »La tornada deu Titó«, bekannt, das im katalonischen Dialekt geschrieben ist. Für sein bestes aber
gilt das in wohllautenden Versen abgefaßte Drama »Flor de un dia« (1851; neue Ausg., Leipz. 1872; deutsch
von de Wilde, das. 1855),
dem 1864 als zweiter Teil »Espinas de una flor« nachfolgte.
Im übrigen lieferte er meist Komödien und Zarzuelas (Possen mit Gesang),
als deren beste zu nennen sind: »El dominó azul«,
»JuanLanas«, »Una niña«, »Una vieja«, »El diablo del carga«, »Los suicidas«, »El relámpago«, »Marina«,
»El pan de la boda« u. a. Ein großer Teil seiner Stücke sind Bearbeitungen ausländischer, besonders
französischer, Stoffe.
(spr. -tschini), Vincenzo, ital. Maler, geb. 1775 zu Rom, war einer der Hauptvertreter des pseudoklassischen
Stils, der zum Teil in der allgemeinen, von Winckelmann und Mengs bestimmten Zeitrichtung begründet war,
zum Teil aber der Davidschen Malerei seine Entstehung verdankte. Camuccini studierte aufs eifrigste die Antike und fühlte sich besonders
zu Raffael, Domenichino und Andrea del Sarto und den ihm gleichzeitigen Franzosen hingezogen. Seine Zeichnung läßt die Einflüsse
dieser Meister, ganz besonders aber den derAntike, erkennen, obwohl er deren Wesen nicht von Grund aus erfaßte,
sondern in allgemein schematischer Nachahmung stecken blieb. Seine Hauptgemälde, die ihrer Zeit einen übermäßigen Beifall
fanden, sind meist in Italien geblieben. Camuccini starb in Rom.
River (spr. känädiän riwwer), ein Fluß in Nordamerika,
[* 120] der am Ostabhang der White Mountains, an der Nordgrenze
New Mexicos entspringt und im östlichen Teil des Indianerterritoriums in den Arkansas fällt.
SeinLauf
geht mehr als 80 km weit durch ein sehr enges, tief eingefurchtes Schluchtenthal (Canon) mit fast senkrecht abfallenden Wänden,
weiterhin größtenteils durch traurige Sandwüsten.
1) Michele Giuseppe, ital. Historiker, geb. zu Genua, studierte in seiner Vaterstadt die Rechte und
erhielt auf Veranlassung Cavours, dessen Prinzipien er früh huldigte, die Professur der Geschichte und Geographie an der polytechnischen
SchuleGenuas, wo er zugleich Bibliothekar der Beriana ist. Nachdem er sich in seiner Jugend der historischen
Tragödie und dem historischen Roman gewidmet, wandte er sich später ganz der wissenschaftlichen Geschichte zu, wie er denn
auch der Hauptgründer der 1858 gestifteten LigurischenGesellschaft für vaterländische Geschichte ist.
Sein Hauptwerk ist die »Storia della repubblica di Genova« (Bd. 1-4, Flor. 1858-64; Bd. 5, Genua 1874, bis 1550 reichend).
Außerdem schrieb er: »Della Crimea e dei suoi dominatori dalle sue origini fino al trattato di Parigi« (1856, 3 Bde.);
»La vita ed i viaggi di Cristoforo Colombo«
[* 121] (Flor. 1863);
»Storia del commercio, dei viaggi, delle scoperte e carte
nautiche de l'Italiani« (Genua 1866);
»Storia della monarchia Sabauda« (1868);
»Tentativo dei navigatori e scopritori genovesi
per riuscire all'India« (Genua 1882) u. a. Er ist korrespondierendes Mitglied der Akademien von Berlin und Petersburg.
[* 122]
1) eigentlich Antonio da Canal oder Canale, ital. Maler, geb. zu Venedig, lernte
bei seinem VaterBernardo da Canal und bei Carlevaris (1665 bis ca. 1731) und ging dann nach Rom, wo er antike Ruinen malte. Nach
seiner Rückkehr warf er sich auf die Darstellung der malerischen Prospekte seiner Vaterstadt, worin er durch die Kraft
[* 123] der
Behandlung, Klarheit der
Farbe und Richtigkeit der Zeichnung sich einen bedeutenden Namen verschaffte. Seine
Gemälde sind Zierden der Galerien. Er steht neben Tiepolo, der seine Bilder mit Figuren auszustatten pflegte, als der letzte
große venezianische Künstler da. Er reiste zweimal nach London,
[* 124] starb aber in seiner Vaterstadt. Von
seinen Schülern haben Fr. Guardi (s. d.) und namentlich sein Neffe B. Bellotto (s. unten 2) den größten Ruf erlangt. Eine große
Anzahl seiner Prospekte wurden von A. Visentini gestochen und unter dem Titel: »Urbis Venetiarum prospectus celebriores« herausgegeben.
Canaletto selbst hat auch mehrere vortreffliche Radierungen geliefert.
2) Eigentlich BernardoBellotto, ital. Maler, Schüler und Neffe des vorigen, geboren um 1720 zu Venedig, arbeitete
daselbst, in Rom, Mailand, London, München, namentlich aber in Dresden und Warschau
[* 125] und starb in letzterer Stadt. Seine
zahlreichen Stadt- und Landschaftsprospekte, deren Motive den genannten Städten entlehnt sind, zeichnen sich durch richtige
Zeichnung und durch kräftige Beleuchtung
[* 126] aus, leiden jedoch an einer gewissen handwerksmäßigen Routine;
er besaß weder die malerische Kraft seines Oheims noch das Naturgefühl der Niederländer. Werke von ihm, die sehr gewöhnlich
unter dem NamenCanales gehen, kommen häufig vor; nirgends aber findet man deren so viele wie in der DresdenerGalerie. Er hat auch zahlreiche Prospekte radiert, die größtenteils zu den Seltenheiten gehören.
Vgl. Rud. Meyer, Die beiden
Canaletto (Dresd. 1878).
L. (Kanariennuß), Gattung aus der Familie der Burseraceen, hohe Bäume mit großen, sehr
selten ein- bis dreizähligen, meist unpaarig gefiederten Blättern, achselständigen, einfachen oder verzweigten Blütentrauben
und eiförmigen oder elliptischen Steinfrüchten. Etwa 50 meist tropisch-asiatische Bäume. Canarium communeL., aus den Molukken,
jetzt in ganz Indien angepflanzt, besitzt nußartig schmeckende Samen, die roh oder geröstet mit Salz
[* 128] als Gemüse und zum Thee
gegessen werden. Man fertigt auch schmackhaftes Brot
[* 129] daraus sowie Speise- und Brennöl. Die Bäume liefern Elemi, das Holz ist
zum Schiffbau und zum Brennen sehr brauchbar. Die Bäume sind
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