Mungo, nur durch ein schmales Bergland von ihm getrennt, und von 9° 30' östl. L. v. Gr.
liegt, anscheinend von keinem größern Gewässer gespeist, der Elefantensee (Balombi
ma Mbu); etwas westlich von ihm entspringt
der sich bald seeartig erweiternde
Strom, welcher, in seinem untern
LaufRio
[* 2] del Rey genannt, die Westgrenze des
deutschen
Besitzes bildet.
Die Bewohner dieses Gebiets gehören zur großen Völkergruppe der
Bantu; am Camerunfluß wohnen die
Dualla (Diwalla), unter
den übrigen zahlreichen
Stämmen sind die nördlichen Balung und Bakundu und die Bamboko im
NW. die nennenswertesten. Die
Dualla, deren Zahl auf 20,000 geschätzt wird, wohnen an beiden
Ufern des Camerunflusses, etwa 3-4 geogr.
Meilen von seiner Mündung, wo die
Ufer 10-12 m hoch aufsteigen. Hier folgen einander am linken
Ufer aufwärts die großen
Dörfer:
König
Bells Stadt, König
Aquas Stadt und
Didos Stadt, welche, in der
Nähe der europäischen
Faktoreien zusammenliegend,
auch als der
Ort Camerun
[* 8] bezeichnet werden.
Eine jede dieser
»Städte« besteht aus zahlreichen und ansehnlichen
Hütten
[* 9] mit
Wänden aus
Matten von Palmblättern und saubern,
gleichfalls aus Palmblättern geformten Dächern. Von europäischen Handelshäusern gibt es hier außer zwei deutschen noch
sieben englische, meist kleinere
Firmen, auf dem Land selbst aber nur drei deutsche und zwei englische
Faktoreien sowie zwei Missionsstationen der englischen
Baptisten. Handelsobjekte sind
Palmöl,
Palmkerne und
Elfenbein, welche
von den Camerunleuten als Zwischenhändlern von den landeinwärts wohnenden
Stämmen eingehandelt und an die
Weißen verkauft
werden. Es besteht hier durchaus
Tauschhandel, von europäischen
Waren sind vornehmlich
Zeuge,
Gewehre, Pulver,
Salz,
[* 10]
Spirituosen,
Tabak,
[* 11] Eisentöpfe, Messingpfannen,
Koffer,
Beile,
Perlen,
Knöpfe,
Nadeln,
[* 12] Klingeln, Kindertrompeten, Mundharmoniken,
Glas- und Porzellanwaren,
Lampen
[* 13] u. a. begehrt.
Die Werteinheit ist der
Kru, welcher den
Negern als 1 Pfd. Sterl. angerechnet und in 4 Keg oder 8 Piggen oder 20
Bar geteilt
wird. Dem
Kru entsprechen 10
Gallons oder 45
Lit.
Palmöl. Die Camerunneger beschäftigen sich ausschließlich
mit
Handel, den Anbau von
Früchten überlassen sie ihren Sklaven und ihren Weibern, welche beide mit den
Kanoes den Hauptreichtum
eines
Negers ausmachen; die
KönigeBell und
Aqua haben jeder gegen 60
Frauen. Die
Könige sind die Haupthändler und beziehen
auch von den europäischen Kaufleuten ansehnliche Jahresgelder, wofür sie dieselben gegen Übergriffe
ihrer
Unterthanen schützen,
Forderungen an dieselben eintreiben u. a. Dagegen setzen sie einem direkten
Verkehr zwischen den
Faktoreien und den Bewohnern der
Hinterländer einen entschiedenen
Widerstand entgegen, wodurch die letztern endlich in eine
so feindselige
Stimmung versetzt wurden, daß sie Anfang 1884 eine äußerst drohende
Haltung gegen die
Dualla annahmen.
Diese wandten sich, nachdem ein an
England gerichtetes Gesuch um Übernahme des Protektorats unberücksichtigt geblieben war,
an den deutschen
Kaiser. Demzufolge wurde trotz der lebhaften Gegenagitation der hier ansässigen
Engländer am von
dem als
Reichskommissar abgesandten
GeneralkonsulNachtigal die deutsche
Flagge in Camerun geheißt und diese
Zeremonie am 21. in
Bimbia und später an andern
Plätzen wiederholt. Damit war das ganze Gebiet unter deutschen Reichsschutz
gestellt.
Die an der Ambasbai gelegene Missionsstation
Victoria,
[* 14] 1858 gegründet von englischen
Baptisten, welche aus
Fernando Po ausgewiesen
wurden, blieb nebst einem kleinen umliegenden
Terrain britischer
Besitz. Ein im
Dezember entstandene
Aufstand
der Duallaneger wurde durch die deutschen
KriegsschiffeBismarck und
Olga schnell unterdrückt und durch
Abkommen mit
England
als nördliche
Grenze der
Rio del Rey bis zu seiner
Quelle
[* 15] bestimmt und von dort eine gerade
Linie, welche den Croßfluß überschreitet
und unter 9° 8' östl. L. endigt, als Südgrenze bis zur endgültigen Auseinandersetzung
mit
Frankreich und
Spanien
[* 16] der Behuwe
Creek (Criby), etwas südlich vom 3.° nördl.
Br., angenommen. Für die
Verwaltung der
Kolonie wurde ein
Gouverneur ernannt, dem auch die übrigen Besitzungen an der Westküste von Äquatorialafrika
[* 17] unterstellt
sind.
Vgl. R.
Burton, Abeokuta and the Camaroons
Mountains (Lond. 1863, 2 Bde.),
Buchholz,
Reisen in Westafrika (Leipz. 1880);
Reichenow, Die deutsche
Kolonie Camerun (Berl. 1884);
bei den alten Logikern
Name eines Schlußmodus der zweiten
[* 1]
Figur, mit allgemein bejahendem
Ober- und allgemein
verneinendem Unter- und
Schlußsatz (AEE);
z. B.:
AlleFrommen fürchten Gott, kein Bösewicht fürchtet
Gott, also ist kein Bösewicht fromm. Vgl.
Schluß.
Stadt in der brasil.
ProvinzPará, am
Tokantins, 65 km oberhalb dessen Mündung, ursprünglich Kapuzinermission,
jetzt betriebsame Handelsstadt mit 5000 Einw. (meist
Mischlingen).
und Camillae (lat.),
Kinder von Freigebornen im altenRom,
[* 19] welche beim Opferdienst des
Flamen
Dialis und überhaupt bei religiösen
Handlungen als
Diener gebraucht wurden.
Kapitols den Abzug der Gallier erkaufen wollte, nahm den Galliern die Beute ab und vertrieb sie aus Rom. Ein großes Verdienst
erwarb sich Camillus dadurch, daß er sich der von den Plebejern beabsichtigten Übersiedelung aus dem zerstörten Rom nach Veji aufs
nachdrücklichste widersetzte und dadurch wesentlich dazu beitrug, daß die Stadt auf der alten Stelle
wieder aufgebaut wurde. In den folgenden Jahren kämpfte er noch mehrfach siegreich gegen die Gallier wie gegen Äquer, Volsker
und Etrusker. Obwohl wenig volksfreundlich gesinnt, erkannte er doch später die Notwendigkeit, den Plebejern mehr Rechte einzuräumen;
daher vermittelte er 367 die Annahme der Licinischen Gesetze (s. d.). Er starb 365 v. Chr.
(spr. kámuinsch), Luiz de, der größte und berühmteste Dichter der Portugiesen,
war zu Lissabon
[* 22] (nach andern zu Coimbra oder Santarem) aus einer ursprünglich aus Spanien stammenden und hochangesehener
aber verarmten Familie 1524 geboren. SeinVater, ein portugiesischer Schiffskapitän, verlor im SchiffbruchLeben und Vermögen;
gleichwohl sorgte die Mutter, DonnaAnna de Sa, aus Santarem gebürtig, sorgfältig für die Erziehung des Sohns und ermöglichte
ihm auch den Besuch der damals neuerrichteten UniversitätCoimbra, wo er vorzugsweise klassische Studien sowie
Philosophie und Geschichte trieb, sich aber auch bereits seinem dichterischen Drang überließ.
Nach beendigten Studien nach Lissabon zurückgekehrt, machte er sich am königlichen Hof
[* 23] durch seine männlich-schöne Erscheinung
wie durch sein Talent und sein jugendlich-feuriges Wesen gleich sehr bemerklich, erregte aber durch ein Liebesverhältnis mit
der Palastdame Catharina de Atayde den Zorn des Königs in dem Grade, daß ihn dieser vom Hofe verbannte.
Camoëns begab sich nach Santarem zu seinen mütterlichen Verwandten, suchte in ernsten Studien Trost für seinen Liebesschmerz,
der in mehreren herrlichen Elegien (namentlich der dritten) ausströmte, und entwarf schon hier den Plan zu seinem großen
Epos, den »Lusiaden«. In einem Feldzug gegen Marokko,
[* 24] den er als Freiwilliger mitmachte, erwarb er sich den
höchsten Ruhm der Tapferkeit, trug aber zugleich eine schwere Wunde davon und verlor im Seegefecht von Ceuta
[* 25] durch eine Büchsenkugel
das rechte Auge.
[* 26] Er mußte daher längere Zeit in Afrika
[* 27] verweilen und benutzte die unfreiwillige Muße
zu rüstiger Fortsetzung seines Heldengedichts; auch entstanden in jenen Tagen, »wo die eine Hand
[* 28] das Schwert, die andre die
Leier führte«, mehrere seiner schönsten Sonette.
Sein militärischer Ruf hatte den Hof vermocht, die Verbannung aufzuheben. Camoëns eilte nach Lissabon zurück voll froher Erwartung,
sich nun eine seinen Talenten und Kenntnissen entsprechende Laufbahn eröffnen zu können; allein seine
Hoffnung wurde durch die Intrigen eifersüchtiger hochgestellter Adligen vereitelt, und unmutig faßte er den Entschluß, seinem
Vaterland den Rücken zu wenden. Er teilte denselben einem Freund mit den Worten der Grabschrift des ScipioAfricanus
mit: »Ingrata
patria, non possidebis ossa mea« (»Undankbares Vaterland,
du sollst meine Gebeine nicht besitzen«),
schiffte sich 1553 nach Ostindien
[* 29] ein und landete im September d. J. in Goa, dem Mittelpunkt
der indischen Besitzung der Portugiesen. Da er auch hier kein Amt fand, nahm er von neuem Kriegsdienste und machte verschiedene
Expeditionen zu Wasser und zu Lande mit, so namentlich 1555 einen Zug
gegen die maurischen Seeräuber auf dem
RotenMeer, welche den portugiesischen Handel beeinträchtigten. Das Winterquartier auf der InselOrmus benutzte er zur Fortsetzung
seiner »Lusiaden«, besuchte den Felixberg und die umliegenden öden afrikanischen Gegenden, von denen er dann in seinem
Gedicht ein so ausgezeichnetes Bild entwarf, und richtete von dieser Einsamkeit aus rührende Klageworte
an die ferne Geliebte.
Nach Goa zurückgekehrt, schienen sich endlich die Verhältnisse für ihn freundlicher zu gestalten; allein seine rücksichtslose
Wahrheitsliebe stürzte ihn in neues Elend. Die Mängel und Erbärmlichkeiten der portugiesischen Verwaltung Judiens reizten
ihn zu einem satirischen Gedicht, dessen Veröffentlichung den VizekönigDom Francisco Barreto dermaßen
erzürnte, daß er den Dichter verhaften ließ und im folgenden Jahr (1556) nach Macao an der chinesischen Küste verbannte,
wo derselbe, einen untergeordneten Posten bekleidend, fünf Jahre lang verweilte.
Hier vollendete Camoëns sein großes Epos, und noch heute zeigt man dort die »Camoensgrotte«, einen
hoch gelegenen reizenden Punkt mit herrlicher Aussicht über Land und Meer, wo der Dichter, wie die Sage geht, sein Werk niedergeschrieben.
Inzwischen hatte in Goa ein neuer Vizekönig, Dom Constantino de Braganza, die Verwaltung übernommen und gestattete Camoëns, den Ort
seiner Verbannung zu verlassen. Freudig ergriff dieser die Gelegenheit, allein das Schiff,
[* 30] das ihn zurücktragen
sollte, scheiterte unterwegs an der Mündung des Mekhongflusses, und nur mit Mühe rettete der Dichter sich und seinen größten
Schatz, sein Gedicht; alles übrige ward einRaub der Wellen.
[* 31]
Als das Schiff sank, hatte sich Camoëns in die Wellen gestürzt, und mit der Rechten rüstig dem Ufer zurudernd,
hielt er mit der Linken die Handschrift des Gedichts hoch über die Wogen empor. Die Eingebornen empfingen ihn freundlich und
erzeigten ihm große Gastfreundschaft. Diese Szenen seiner Lebenstragödie schildert Camoëns im zehnten Gesang der »Lusiaden«, die
er zum Teil hier geschrieben hat. Auch sollen hier die berühmten »Quintilhas«
entstanden sein, eine Paraphrase auf den 137. Psalm, in welchem die Juden ihre Harfen an den Weiden an BabylonsBächen aufhängen
und über die Verbannung vom Lande der Heimat weinen. Camoëns verweilte hier, bis sich eine Gelegenheit fand, die ihn 1561 nach Goa
zurückbrachte.
Der Vizekönig schloß mit Camoëns, der ihn in den schönen Stanzen, welche in seinen Gedichten unter der Aufschrift
»Epistola III.« aufbewahrt sind, begrüßte, ein Verhältnis inniger Freundschaft. Als aber im Oktober 1561 Dom Francisco Contucho,
Graf von Redondo, Vizekönig wurde, erhoben sich des Dichters alte Gegner von neuem gegen ihn, so daß selbst der neue
Vizekönig, der anfangs Camoëns freundlich zugethan schien, in die Verhaftung desselben willigen mußte. Er wurde beschuldigt, während
seiner Amtsführung in MacaoVeruntreuungen begangen zu haben. Zwar rechtfertigte er sich glänzend und warf die ganze Schmach
der Anklage auf seine Gegner zurück, aber eben, als man ihm die Gefängnisthür öffnen wollte, trat
ihm ein Gläubiger entgegen und brachte den Dichter in
¶
mehr
Schuldhaft. In C. regte dieses neue Mißgeschick eine heitere Saite seines Innern an; er schrieb an den Vizekönig ein scherzhaftes
Gedicht, das ihm denn auch sofort die Freiheit verschaffte. Auf die Wirkung seines Gedichts im Vaterland baute Camoëns neue Pläne
der Zukunft, und es entstand in ihm der Wunsch, nach Portugal heimzukehren, um sein Buch selbst dem König
zu überreichen. Während er mit diesem Entschluß umging, erhielt er von dem frühern Vizekönig, Francisco Barreto, der
eben Gouverneur des FortsSofala geworden war, die Einladung, ihn dahin zu begleiten. Camoëns willigte ein in der Hoffnung, dort früher
ein Schiff zu finden, das ihn nach Europa
[* 33] mitnehmen könnte, und Barreto, der den Dichter um seiner Unterhaltung
willen an sich fesseln wollte, streckte ihm die Reisekosten bis Sofala vor, wo er nach kurzer Zeit ein daselbst anlegendes,
auf der Rückreise nach Portugal begriffenes Schiff zur Weiterreise benutzte.
Der unedle Plan des Gouverneurs, Camoëns durch die Rückforderung der ihm geliehenen Geldsumme zum Bleiben zu
zwingen, ward durch die Freigebigkeit einiger Passagiere vereitelt, welche die nötige Summe sogleich zusammenschossen. Auf
dem Schiff traf Camoëns auch den berühmten Geschichtschreiber Indiens, DomDiego do Couto, mit dem er ein inniges Freundschaftsbündnis
schloß, und von welchem noch die Handschrift eines vortrefflichen Kommentars zu den »Lusiaden« existiert.
Mit diesem einzigen Schatz stieg Camoëns nach 16jähriger Abwesenheit 1569 zu Lissabon ans Land, begleitet von den einzigen, die
ihm stets treu blieben: seinem Sklaven und seinem Unglück. Jetzt, wo er seinem Elend durch die Veröffentlichung eines Werkes,
das 30 Jahre lang seinen Geist beschäftigt hatte, ein Ende zu machen hoffte, begrüßte ihn auch in Lissabon
der Schrei allgemeiner Angst und Not. Die Pest wütete unter der Bevölkerung,
[* 34] und dieser Umstand trat dem Druck des Gedichts noch
drei Jahre hindernd entgegen.
Erst 1572 erschien die erste Ausgabe in geschmackvoller Ausstattung und mit der Dedikation an den jungen
König DomSebastian. Dieser soll dem Dichter zur Belohnung eine Jahrespension von 10,000 Reis, d. h. 25 Thlr., ausgesetzt haben,
wozu ihm noch die Erlaubnis zuteil wurde, überall in Begleitung des Hofs erscheinen zu dürfen. Die Wahrheit dieser Angabe
ist bestritten worden, doch ist so viel gewiß, daß Camoëns die letzten Jahre seines Lebens langsam dahinsiechte;
aber erst als auch sein Geist durch das nach der Schlacht von Alkazar (1578) plötzlich über Portugal hereinbrechende Unglück
die tiefste Wunde erhalten hatte, die dem Sänger der »Lusiaden« geschlagen werden konnte, eilte er rasch seiner Auflösung entgegen.
Camoëns starb im Hospital.
Man begrub den Dichter in der Kirche des St. Annen-klosters, wie man ihn hatte leben lassen, ohne alle Auszeichnung, und so
kam es, daß, als 15 Jahre nach seinem TodeDomGonzalo Coutinho dem großen Mann »eine würdigere Ruhestätte« errichten
wollte, sein Grab nur mit Mühe (wenn überhaupt) aufgefunden wurde. Es ward ihm ein prächtiges Grabmal
errichtet. Bald erkannte man denn auch den Wert seines Gedichts, und hatte man den Dichter im Leben verkannt und verfolgt,
so wurde er nun tm Tod fast vergöttert. Seine Landsleute gaben ihm den Beinamen des Großen; sein Heldengedicht fand
Eingang bei hoch und niedrig; eine Ausgabe folgte der andern, und ein Jahrhundert hindurch ertönten Gesänge daraus im Munde
des Volkes.
Camoëns bildet den großen Schlußstein der Blütezeit der portugiesischen Poesie. Was nach ihm in dichterischen Versuchen geleistet
wurde, ist im glücklichern Fall Nachklang der glänzenden Vergangenheit. Entdeckt auch der strenge Kunstrichter
in Camoëns' Epos manches Fehlerhafte, z. B. die durch gängige Verquickung der griechischen Mythologie mit der christlichen, so
belebt doch ein echt dichterischer und wahrhaft epischer Geist die ganze Ausführung, und die darin sich aussprechende Vaterlandsliebe,
Empfänglichkeit für kühne nationale Bestrebungen sowie die vollendete Sprache
[* 35] und der bezaubernde Wohlklang
der schön gebauten Ottaven geben dem Werk im Original einen unwiderstehlichen Reiz. Camoëns nannte sein Gedicht »Os Lusiadas« (d. h.
die Nachkommen des Lusus, des fabelhaften Ahnherrn der Portugiesen), weil es die poetische Verherrlichung nicht eines einzelnen
Helden, sondern der Portugiesen überhaupt ist. Es besingt die Umschiffung Afrikas durch Vasco de Gama und
die erste Begründung portugiesischen Verkehrs mit Malabar, verherrlicht aber in episodischen Erzählungen die ganze ältere
Geschichte Portugals und in Form begeisterter Prophezeiungen auch die spätern Entdeckungen und Großthaten der Portugiesen
in Indien.
Unter den Episoden, welche das Ganze beleben, ist die Erzählung von dem Tode der Ines de Castro (dritter
Gesang) die berühmteste. Daneben bricht auch das persönliche Gefühl des Dichters an zahlreichen Stellen mit Macht hervor,
und diese männlich-kräftigen lyrischen Ergüsse, meist in schwermütigem Ton gehalten, erhöhen den Reiz des Gedichts. Wodurch
sich aber dasselbe am wesentlichsten von jedem andern Epos unterscheidet, das ist die Kraft
[* 36] und Wahrheit
seiner Naturschilderungen, vor allen die Schilderung des Weltmeers.
Die »Lusiaden« sind nach HumboldtsAusspruch (»Kosmos«, Teil 2) das »maritime Epos«, welches die ganze majestätische Größe des
ozeanischen Meers spiegelt. Die eigentliche Handlung desselben ist nicht in einen Kampf zwischen Portugiesen und Indern zu setzen,
sondern in den Kampf mit dem Weltmeer und in den Sieg über dessen furchtbare Gewalt. Das Gedicht besteht
aus zehn Gesängen, die zusammen 1102 achtzeilige Stanzen enthalten. Die erste Ausgabe erschien zu Lissabon 1572;
eine Ausgabe mit Anmerkungen Fereira (Neap. 1731, 2 Tle.; Rom 1732).
Neuere
Ausgaben erschienen zu Coimbra 1800, 2 Bde., von J. M. ^[Joze Maria] de SouzaBotelho (Par. 1817 u. 1819,
sehr korrekt, aber selten); mit Noten von Fonseca (das. 1846) und von Coelho (Lissab. 1880). Ju Deutschland
[* 38] erschienen Ausgaben
von Winterfeld (Berl. 1810), eine nach der Juromenhaschen Textrevision besorgte Ausgabe (Leipz. 1874); eine kritische Textausgabe
(mit Varianten) von Reinhardstöttner (Straßb. 1874) sowie einige zur Feier des 300jährigen Todestags
(1880). Im ganzen zählt man gegen 100 Ausgaben und ca. 45 Übersetzungen des Gedichts in fremde Sprachen, darunter eine ins
Lateinische von Thomé de Faria (Wien
[* 39] 1622). Ins Spanische
[* 40] wurde dasselbe übersetzt von Tapia (Salamanca 1580), Caldera (Alcala deHenares 1588), Gargez (Madr. 1591) u. a.;
beide im Versmaß des Originals; ferner Eitner (Hildburgh. 1869) in reimlosen
Iamben, Wollheim da Fonseca (Leipz. 1880) und Storck (s. unten). Camoëns war außerdem ein großer Lyriker, der
nur mit Dante in dessen »Vita nuova«, mit Tasso und Shakespeare in ihren Sonetten verglichen werden darf. Seine Sonette (im ganzen
103, deutsch vonL. v. Arentsschild, Leipz. 1852), Eklogen, Elegien, Oden, Kanzonen, Sextinen, Idylle etc. vereinigen alle
Süßigkeit des innigsten Genusses mit einer hinreißenden Schwermut, strengen Ernst mit der anmutigsten Kindlichkeit und dies
alles in der Reinheit des einfachsten und sprechendsten Ausdrucks.
Auch besitzen wir von Camoëns drei Komödien (»Die Amphitryonen«, »König Seleukus« und »Die
Liebe des Philodemo«) im spanischen Geschmack der Zeit und ein allegorisches Lehrgedicht, mit den übrigen
kleinern Dichtungen abgedruckt unter dem Titel: »Rimas de Luis de Camoëns« (Lissab. 1593). Gesamtausgaben der Werke des Camoëns erschienen
in Paris
[* 45] 1759 (3 Bde.), Lissabon 1772, 1779-80, 1782-83 (3 Bde.). In Deutschland sehr verbreitet ist die von Barreto, Feio und
Monteiro (Hamb. 1834, 3 Bde.),
die beste und vollständigste aber die des Visconde de Juromenha (mit Biographie
des Dichters, Lissab. 1860-71, 6 Bde.),
während sich die von Theophilo Braga besorgte (»Biblioteca de actualidad«, Porto 1874, 3 Bde.) durch Handlichkeit und billigen
Preis auszeichnet. Eine vorzügliche Übersetzung der gesamten Werke Camoëns' veröffentlichte Storck (Paderb. 1874-84, 6 Bde.)
Vgl. John Adamson, Memoirs of the life and writings ofL. de Camoëns (Lond. 1820, 2 Bde.);
Mordani, Elogio storico di Luigi Camoëns (Bologna 1841);
Braga, Historica de Camoëns (Porto 1873-75, 3 Bde.);
Reinhardstöttner, Camoëns, der
Sänger der Lusiaden (2. Aufl., Leipz. 1879);
R. F. Burton, Camoëns, his
life and his Lusiads (Lond. 1881).
Sehr verdienstvoll sind die »Bibliographia Camoniana« von Th. Braga (Lissab. 1880) und das gleichnamige Werk von J. ^[Joaquim]
de Vasconcellos (Porto 1880). Camoëns ist auch mehrfach zum Gegenstand von Dichtungen gemacht worden, so von
Almeida Garrett in einem epischen Gedicht (Par. 1825), von Tieck in seiner bekannten Novelle »Tod des Dichters«. Holtei (in »Lorbeerbaum
und Bettelstab«),
eine geheime Verbindung im vormaligen KönigreichNeapel,
[* 53] deren Mitglieder sich Camorrtsti nannten, und deren
Zweck auf Gaunerei und Räuberei hinauslief. Denn mit Gewandtheit und Dreistigkeit sich überall eindrängend,
gingen sie stets und überall auf Geldgewinn durch Erpressungen bei allen Geschäften und in allen Ständen aus. Die Erhebung
einer Steuer von allen in Neapel eingehenden Lebensmitteln hatten sie förmlich organisiert. ReichenGewinn machten sie als Schmuggler,
aber auch zu Verbrechen ließen sie sich in Sold nehmen.
Ihre feste Organisation gab ihnen große Macht. In jeder Provinzialhauptstadt hatte die Camorra eine Zentralstelle, in der
Stadt Neapel allein deren zwölf. Auf jeder befand sich ein Chef mit absoluter Gewalt sowie ein Rechnungsführer, welcher die
gemeinsame Kasse verwaltete. Mit furchtbarem Eid gelobte jeder Neuaufzunehmende Treue und Verschwiegenheit.
Nach einer Lehrlings- und Probezeit erhielt er die zwei besonders geformten Messer
[* 54] des eigentlichen Camorristen, welche als
Erkennungszeichen dienten.
Ferdinand II. von Neapel duldete die aus politischen Gründen, und Minister, sogar Prinzen standen in ihrem Sold; Franz II. verfolgte
sie und ließ alle der Polizei bekannten Mitglied er deportieren, Garibaldi fand daher bei der Revolutionierung
Unteritaliens an der Camorra Unterstützung. Vergeblich suchte die neue Regierung die Camorra im Polizeidienst nutzbar zu machen: dieselbe
wurde zur Parteigängerin der Bourbonen und bereitete durch Beförderung des Brigantentums der RegierungViktorEmanuels große
Schwierigkeiten. Nach Unterdrückung der bourbonischen Umtriebe bemächtigte sich die Camorra in Neapel der
städtischen Verwaltung und beutete sie zu ihrem Vorteil aus.
(spr. -pánja), Kreishauptstadt in der ital. ProvinzSalerno, an der EisenbahnEboli-Metaponto,
Bischofsitz, mit (1881) 6896 Einw., welche Öl-, Wein- und Obstbau sowie Holzhandel treiben.
(spr. -pánja), Girolamo, genannt da Vergna, ital. Bildhauer, geb. 1552 zu Verona,
[* 55] Schüler und lange Zeit Gehilfe
des Danese Cattaneo, dessen Werke er auch nach dem Tode desselben vollendete, schmückte während seines langen
LebensPadua, Venedig und Verona mit seinen Werken und starb bald, nachdem er 1623 in Venedig die Zeichnungen zu dem Grabmal des
PaoloSarpi geliefert hatte. Er war einer der wenigen Bildhauer jener Zeit, welche sich eine naive Liebenswürdigkeit bewahrt
hatten. Seine Hauptwerke sind: die bronzene Hochaltargruppe in San Giorgio Maggiore, Christus am Kreuz
[* 56] mit
den HeiligenMarkus und Franziskus
¶
Der Boden, unzweifelhaft ein ehemaliger Meeresgrund, ist aus horizontalen, zahlreiche Muscheln
[* 63] umschließenden Schichten zusammengesetzt
und dehnt sich in weit geschwungenen Hügelreihen hin. Die Meteorwasser haben tiefe Rinnen gegraben und
steile Böschungen gebrochen; sie haben Berge stehen gelassen, Bänke und SchichtenSandes abgesetzt und aufgetürmt; die Quellen
und Flüsse haben ungeheure Travertindecken abgelagert. Hauptsächlich aber besteht die ganze Bedeckung der Ebene (bis nach
Acquapendente im N. sowie aus einem schmalen Strich zwischen den Bergen und PontinischenSümpfen fast bis
Terracina) aus Tuff, Lapilli, Puzzolanerde und zerriebenen Schlacken, welche die submarinen Vulkane
[* 64] der Ebene, die hier thätig
gewesen, darübergebreitet haben.
Der Tiber schlängelt sich in einem breiten, eingenagten Thal hindurch. In die Ränder der Tuffschicht zu beiden Seiten sind
Seitenthäler eingeschnitten, und einzelne kleine Tuffhügel (darunter die sieben HügelRoms) sind im
Thal selbst isoliert stehen geblieben. Die Campagna ist ein öder, bisher großenteils kulturloser und meist ungesunder
Landstrich, durchzogen von den erwähnten Hügelketten, die in den verschiedensten Richtungen laufen und hier und da steil
eingeschnitten sind, mit unzähligen Thälern und Schluchten, ohne alle Bäume, mit Ruinen bedeckt und von
»böser Luft« (Malaria) überlagert.
Schon in alter Zeit scheint zwar die nächste Umgebung von Rom für ungesund gehalten worden zu sein; außerdem aber war die
Campagna zur Zeit der Römer erfüllt von den prachtvollsten Villen und Gärten, und noch in den ersten Zeiten der Republik standen
hier auch bedeutendere Städte, wie Gabii, Fidenä, Veji, unzählige kleine Ortschaften aber bis tief ins
Mittelalter hinein. Die unaufhörlichen Verwüstungen der E., im 5. bis 8. Jahrh. durch
Goten, Vandalen und Langobarden, später noch durch die Normannen und Sarazenen, sowie die Bürgerkriege der Barone brachten die
Landschaft allmählich ins tiefste Elend, und die Auswanderung der Päpste nach Avignon beschleunigte die
völlige Verödung.
Alle Anstrengungen der spätern Päpste, Kanalisation, Drainierung, Kolonisation, vermochten die Campagna nicht wieder zu heben, und
noch jetzt ist mehrere Meilen um Rom keine Stadt und kein Dorf zu erblicken. Das wellenförmige Land ist, mit Ruinen, zahlreichen
Wasserleitungen, Grabmälern und andern Bauresten bedeckt, fast unbewohnt. Nur wenige Schenken (Osterien),
Hirtenwohnungen (häufig notdürftig eingerichtete alte
Baureste), Winzerhäuser und Pachthöfe unterbrechen die unabsehbare
Einöde, auf der vereinzelt halbwilde Rinderherden, von Hirten zu Pferde
[* 65] bewacht, weiden.
Den Boden bedeckt rötlichbraunes Heidekraut, hier und da mannshoch aufgeschossener Schierling oder Gruppen von Farnkraut; in
den Thalsenkungen steht dichtes Wacholdergesträuch, auf den Höhenrücken wogender Ginster. In den kältern
Monaten gewinnt die Campagna etwas mehr Leben; nach den ersten Regengüssen im Oktober schießt schnell das üppigste Gras hervor und
bedeckt alle Höhenzüge. Dann kommen aus den sich mit Schnee
[* 66] bedeckenden Abruzzen und vom HochlandUmbriens und der Sabina
die Hirten mit ihren Herden in diese Ebene herab.
Viermal im Jahr, vom Frühling bis Oktober, pflügen hier die Bewohner der Gebirgsstädtchen den schwarzen, fruchtbaren Acker,
aber nur etwa ein Zehntel des gesamten Bodens ist bis jetzt bepflanzt. Auch die Ernte
[* 67] besorgen Leute aus den Abruzzen, aus den
Marken und aus Umbrien, so daß anfangs 20,000, vom Juli an 30,000 Menschen in der Campagna arbeiten, welche die
Pachter anwerben lassen. Außer Getreide wird etwas Wein gebaut; dazu werden Häute, Wolle, Käse ausgeführt. Dichte Pinienwälder
ziehen sich an der Küste hin.
Der größte Teil der Ländereien ist Eigentum der Kirche, ein Drittel ist im Besitz von 71 fürstlichen
Familien, der Rest wird als Eigentum von etwa 1700 kleinen Besitzern bewirtschaftet. Einen Teil der südlichen Campagna nehmen die
Pontinischen Sümpfe (s. d.) ein, die von der Küste bei Nettuno bis nach Terracina reichen. Seitdem Rom Hauptstadt des KönigreichsItalien
[* 68] geworden ist, sind zahlreiche Projekte entworfen worden, um die Campagna und zunächst namentlich die
nähere Umgebung von Rom, den sogen. Agro romano, wieder urbar und bewohnbar zu machen.
Auch Garibaldi beschäftigte sich in seinen letzten Lebensjahren lebhaft mit dieser Frage. Doch konnte bisher der großen Schwierigkeiten
wegen noch wenig geschehen. Erste Bedingung ist Regulierung der Wasserläufe, namentlich des Tiber, um
Überschwemmungen und Stagnation des Wassers zu verhindern, was infolge der Waldverwüstung immer häufiger vorkommt. Eukalyptuspflanzungen,
mit denen man an der AbteiTreFontane einen vielversprechenden Anfang gemacht hat, werden dazu beitragen, das Land von der
Malaria zu befreien.
Vgl. Westphal, Die römische Kampagne topographisch und antiquarisch dargestellt (Berl.
1829);
Mantovani, Descrizione geologica della Campagna Romana (Turin 1875);
(spr. -pánjola), 1) Domenico, ital. Maler und Kupferstecher in der ersten Hälfte des 16. Jahrh., wahrscheinlich
zu Padua geboren, rivalisierte mit Tizian zu Padua in den Fresken der Scuola del Santo,
[* 69] wo beide Vorgänge aus dem Leben des heil.
Antonius malten, sowie in den Fresken der Scuola del Carmine daselbst. Campagnola zeigt sich
darin als tüchtigen Künstler der venezianischen Schule. Minder bedeutend ist er als Kupferstecher, da seine Blätter mit geringem
technischen Geschick ausgeführt und in Komposition und Form meist manieriert sind. Von 14 Nummern, die man von ihm kennt,
tragen 10 die Jahreszahl 1517 und 1 (Ausgießung des HeiligenGeistes) 1518, woraus sich ergibt, daß er
sich nur kurze Zeit mit dem Stichel befaßt hat. Auch drei
¶
2) Giulio, ital. Kupferstecher und Maler, geboren zu Padua angeblich 1481 oder 1482, ist merkwürdig wegen seiner Stiche, wobei
er bereits die Punktierung anwendete. Einer derselben trägt die Jahreszahl 1509.
Der Ort, der schon zuzeiten der alten Aquitaner von den Kampanern bewohnt war, liegt in dem
reizenden, vom Adour durchflossene Campanthal, das sich durch seine Anmut und malerische Ländlichkeit auszeichnet und durch
JeanPaulsRoman »Das Kampanerthal« verherrlicht worden ist.
(spr. kangpang),JeanneLouiseHenriette, geborne Genest, die treue Dienerin der KöniginMarie Antoinette, geb. zu
Paris, war schon im 14. Jahr Vorleserin der Töchter Ludwigs XV. und seit 1770 Marie Antoinettes innige
Vertraute. Sie heiratete den Sohn des Kabinettssekretärs der Königin und ward ihre erste Kammerfrau und als solche die treueste
Gefährtin und Ratgeberin der königlichen Familie in der ersten Zeit der Revolution, aber auch der Gegenstand
des Volkshasses.
Bei der Bestürzung der Tuilerien kam sie in die größte Gefahr. Nach dem Untergang der königlichen Familie ging
sie mit ihrem kranken Mann, ihrer 70jährigen Mutter und einem neunjährigen Sohne nach Combertin im Thal von Chevreuse, wo sie
in ziemlich kümmerlichen Umständen lebte. Nach dem SturzRobespierres kehrte sie nach Paris zurück und
gründete eine Pensionsanstalt für Mädchen in St.-Germain, die bald einen ausgebreiteten Ruf erhielt. Bonaparte beauftragte
nach seiner Thronbesteigung Frau Campan mit der Einrichtung der von ihm gegründeten Erziehungsanstalt für Töchter, Schwestern
und Verwandte der Mitglieder der Ehrenlegion zu Ecouen, welche unter ihrer Leitung bis zu NapoleonsFall
in hohem Flor stand, nach der Restauration aber aufgehoben ward. Sie starb in Mantes. Ihre »Mémoires sur la vie privée
de la reine Marie-Antoinette« (Par. 1823, neue Ausgabe 1849; deutsch, Bresl. 1827) eröffnen tiefe Blicke in das Innerste des
Hoflebens und geben ein lebendiges Gemälde seines Glanzes und seines Jämmers. Sie schrieb auch: »De l'éducation«,
ferner Briefe zweier jungen Freundinnen und ein »Journal anecdotique« (Par. 1824; deutsch, Stuttg. 1827),
(spr. -pánja),Pedro, eigentlich wohl Champagne oder auch van de Velde, niederländ. Maler, geb. 1503 zu Brüssel,
[* 71] ging frühzeitig nach Italien, bildete sich nach Raffael und Michelangelo, malte auf seiner Reise nach Rom
in Bologna den für die KrönungKarls V. bestimmten Triumphbogen und wandte sich später nach Sevilla,
[* 72] wo er schon 1548 ansässig
war. Gegen Ende seines Lebens soll er in seine Vaterstadt zurückgekehrt und daselbst 1580 gestorben sein. Campana vereinigte die
Manier der Raffaelschen Schule mit seiner frühsten niederländischen Erziehung; aus jener gewann
er eine freiere Auffassung
der Form und Komposition, aus dieser bewahrte er sich eine fleißige Durchführung und ein gediegenes Kolorit. Zu einer vollkommen
frei durchgebildeten Formengebung und einem tiefern Verständnis für die allgemeine Haltung brachte er es jedoch
nicht.
Von ihm haben sich zu Sevilla noch verschiedene Werke erhalten, darunter das berühmteste die Kreuzabnahme in der großen Sakristei
des Doms, die Murillo so sehr bewundert haben soll, in welcher aber die Hauptanordnung der von Marcanton gestochenen KompositionRaffaels entlehnt ist, ferner die Gemälde in der Mariscalkapelle daselbst, dann der Altar
[* 73] der KircheSant'
Annain Triana, einer Vorstadt Sevillas, welcher in der Mitte den Kampf des heil. Georg mit dem Drachen, umher in 15 Bildern Vorgänge
aus dem Leben der Maria darstellt.
Thomas (eigentlich Giovan Domenico), ein als Philosoph hervorragender ital. Mönch, geb. zu Stilo
in Kalabrien, ward in seinem 15. Jahr Dominikanermönch und von einem Rabbiner binnen 14 Tagen in die Lullische Kunst (s. Lullus)
und die Elemente aller Wissenschaften eingeweiht. Durch eine Schrift: »Philosophia sensibus demonstrata« (Neap.
1571), worin er Telesius, den ersten Bekämpfer des Aristoteles in Italien, verteidigte, wurde er den Anhängern
des letztern so verhaßt, daß er aus seiner Heimat fliehen mußte.
Der Zauberei angeklagt und heimlich seiner Papiere beraubt, welche der Inquisition ausgeliefert wurden, wurde er, als er nach
längerm Aufenthalt in Rom, Florenz,
[* 74] Venedig, Padua und Bologna 1599 in seine Vaterstadt zurückkehrte, auch in politischer Hinsicht
verdächtigt, und die spanische Regierung ließ ihn wegen eines beabsichtigten Majestätsverbrechens und
angeblicher Verschwörung mit den Türken gegen den König in den Kerker werfen, in dem er 26 Jahre lang schmachtete.
Siebenmal auf die Folter gebracht, jedes Umganges und anfänglich selbst aller Lektüre beraubt, verfaßte er im Gefängnis
über 40 zum Teil verloren gegangene Schriften philosophischen, mathematischen, physikalischen, medizinischen,
astrologischen, theologischen, politischen und poetischen Inhalts, bis er endlich auf Verwendung des PapstesUrban VIII. in
Rom interniert und drei Jahre später (1629) mit einem Jahrgehalt Beigegeben wurde. Daß er deswegen kein blinder Papstschmeichler
geworden, bewies seine Schrift »De eligendo summo pontifice semper optimo«.
Auch in Rom vor den Spaniern sich nicht sicher fühlend, ging er nach Paris, wo Ludwig XIII. und Richelieu ihn gütig aufnahmen.
Lebensmüde zog er sich zuletzt in ein Kloster seines Ordens daselbst zurück, wo er starb. Der Tod überraschte
ihn, ehe er die nach einem encyklopädischen Plan geordnete Sammlung seiner Werke vollendet hatte; nur
die vier ersten Bände (Paris 1630) waren erschienen. Außer den angeführten erwähnen wir noch: »De sensu rerum et magia«
(Frankf. 1620; 2. Aufl., Par. 1636);
»Astrologicorum libri VII« (Frankf. 1617, Lyon
[* 75] 1629);
»Philosophia epilogistica realis«
(Frankf. 1623);
»Universalis philosophiae seu metaphysicarum rerum juxta propria
dogmata partes III« (Par. 1638);
»Philosophiae rationalis et realis partes V« (das.
1638).
Während seiner Gefangenschaft entstanden außer mehreren der bereits angeführten Werke: »Civitas solis« (Frankf.
1623),
eine Art Platonischer Republik (vgl. Tröbst, Der Sonnenstaat des Campanella, Weim.
1860);
»Atheismus triumphatus s. contra antichristianismum« (Rom 1631),