stehenden
Scheiden besetzt sind. Die
Blätter sind paarig gefiedert, mit stachligen Stielen,
Rippen oder
Fiedern, der Blattstiel
verlängert sich bei einigen in einen peitschenförmigen, dornig gestachelten Anhang und ist bisweilen gänzlich fiederlos.
Mittels dieser
Organe befestigen sich die klimmenden
Palmen
[* 2] zwischen andre
Pflanzen, erreichen so trotz des schwachen
Stengels bedeutende
Höhen und bilden oft undurchdringliche
Geflechte. Die Blütenkolben sind achselständig, monözisch
oder diözisch. Die hasel- oder walnußgroße
Frucht gleicht einem umgekehrten Tannenzapfen, ist
braun, rot oder gelblich,
schuppig und ein-, bisweilen zweisamig. Die
Gattung ist im tropischen
Afrika
[* 3] von
Guinea bis zum
WeißenNil, in Vorder- und
Hinterindien
[* 4] und auf den asiatischen
Inseln vertreten.
Val, ein rechtzeitiges Nebenthal des
ValleMisocco in Graubünden,
diesem parallel, aber enger, schluchtenartig, von der
Calancasca durchrauscht, einsam, aber mit zahlreichen wohlhabenden Dörfern.
Giovanni Battista, ital. Mosaikarbeiter, geb. 1586 zu
Vercelli, gest. 1644 oder 1648. Die Mosaikmalerei gewann
durch ihn in künstlerischer und in technischer Beziehung, und namentlich war es auch die
Erfindung eines
bessern
Kittes, welche seine Bestrebungen außerordentlich förderte. Die
Feuchtigkeit in der
Peterskirche bestimmte
Urban VIII.
und
Innocenz X., durch Calandra viele
Malereien in musivischer
Arbeit ausführen zu lassen, z. B. die vier
Kirchenväter, den
ErzengelMichael den
Drachen mit
Füßen tretend, die
ApostelPetrus und
Paulus etc. Auch Bildnisse und
Kopien hat man
von ihm.
Alexander, Bildhauer, geb. zu
Berlin,
[* 10] Sohn des 1832 aus
Rom
[* 11] berufenen Edelsteinschneiders
Giovanni
Calandrelli, ging 1848 auf die
Berliner
[* 12]
Kunstakademie und arbeitete dann bei den Bildhauern
Dankberg,
Drake und
Fischer bis 1864.
Kleine
Wachsarbeiten, die er bei
Fischer hatte fertigen lernen, bildeten den Übergang zu größern Bildhauerarbeiten;
die erste größere Wachsarbeit waren die
Modelle zu einem silbernen
Tafelaufsatz. Dann folgten die vier Ecksoldaten an der
großen silbernen Ehrensäule und
die Soldatenfiguren an dem silbernen denkmalartigen
Aufbau zum 50jährigen Stiftungsfest
des
EisernenKreuzes, beide im
BerlinerSchloß;
ferner eine Reiterstatuette des
KönigsWilhelm I. im Turnierkostüm;
ein Kriegerdenkmal für den fünften
Distrikt in
Berlin und eine kolossale
Reiterstatue
FriedrichWilhelms IV. für die Freitreppe der
Berliner Nationalgalerie.
(Calautica, lat.), eine Art
Haube der altrömischen
Frauen (nicht selten auch aus Tierblasen), welche teils
den ganzen
Kopf bedeckte, so daß die
Haare
[* 16] wie in einem
Sack den
Nacken hinabhingen, teils hinten offen waren.
(spr. -las),Jean, ein
Opfer des Religionsfanatismus, geb. als
Protestant zu Lacaparède bei
Chartres,
lebte in
Toulouse
[* 17] mit seiner
Familie als unbescholtener
Kaufmann. Am wurde sein ältester Sohn im
Magazin erhängt
gefunden. Derselbe war seit einiger Zeit schwermütig gewesen, da er aber angeblich katholisch geworden
war oder es doch werden wollte, so wurde der
Vater beschuldigt, ihn aus Religionshaß ermordet zu haben. Die ganze
Familie
wurde darauf gefänglich eingezogen.
Die
Mönche thaten alles, um das
Volk aufzureizen: sie bestatteten den
Leichnam aufs pomphafteste und priesen
den
Toten als
Märtyrer des katholischen
Glaubens. Vergeblich beteuerte Calas seine Unschuld, das durch Volkstumulte eingeschüchtert
Parlament erklärte ihn, wiewohl mit schwacher Stimmenmehrheit, des
Mordes überführt und verurteilte ihn zum
Tode durchs
Rad
von unten auf nach vorhergegangene
Folter. Dieses
Urteil wurde vollzogen. Calas starb mit seltener
Standhaftigkeit und beteuerte bis zum letzten Atemzug seine Unschuld.
(Colascione, spr. -schone; franz. Colachon), ein in Unteritalien
gebräuchliches, der Mandoline ähnliches Griffbrettinstrument, das mit einem Plektron gespielt wird.
(lat.), bei den Römern eine Art Ausrufer, ein Diener zum Rufen oder Herbeiholen, besonders
aber Name der Priesterherolde, die z. B., wenn ein Opfer bevorstand, den im FreienArbeitenden Feierabend ansagten oder das Volk
beim ersten Wiedererscheinen der Mondsichel aufs Kapitol beriefen.
Als der König am andern Tag, dies umstieß, floh Calatrava nach England und lebte hier in Zurückgezogenheit
juridischen Studien, von seinen Gegnern mit unverdienten Schmähungen verfolgt. Nach der Julirevolution 1830 wurde Calatrava Mitglied
der dirigierenden Junta zu Bayonne, zog sich aber, als Minas Unternehmen mißlungen war, nach Bordeaux
[* 29] zurück. 1834 zurückgerufen,
wurde er Beisitzer des höchsten Gerichtshofs,
zeigte sich jedoch als Feind eines gemäßigten Systems und
wurde als ein Führer der Radikalen nach Erneuerung der Verfassung von 1812 im August 1836 Präsident des Ministeriums, mußte
aber schon 1837 zurücktreten. Später wurde er zum Senator ernannt, war jedoch ohne Einfluß und starb in Madrid.
Anfangs das Cistercienserhabit tragend, wurden die Ritter 1397 davon entbunden und trugen fortan einen
weißen Waffenrock, ein weißes Skapulier,
[* 32] eine schwarze Kapuze und einen Pilgerkragen. Das Ordenskleid besteht in einem weißen
Mantel mit rotem Lilienkreuz auf der linken Seite, das Ordenszeichen in einem hängenden Rhombus aus Silber mit dem roten Lilienkreuz,
welches an ponceaurotem Band
[* 33] getragen wurde. Der Orden hat außer dem Großmeister drei Würdenträger:
Comendador mayor, Clavero mayor (Schlüsselbewahrer) und Obrero (Kirchenpfleger), ferner Comendadores, Caballeros profesos
und non profesos, d. h. welche das Ordensgelübde abgelegt und nicht abgelegt haben. Am wurde
der Orden von der republikanischen Regierung aufgehoben, von König Alfons XII. wiederhergestellt.
¶
1) Jan Joest von, Maler, geboren um 1460, war zwischen 1505 und 1508 in Kalkar (Herzogtum
Kleve) thätig, wo er in der Nikolaikirche den Hauptaltar mit 20 Darstellungen aus der heiligen Geschichte schmückte. Er ist
wahrscheinlich nicht dort, sondern in Holland geboren und starb 1519 in Haarlem.
[* 36]
L. (Pantoffelblume), Gattung aus der Familie der Skrofulariaceen, Kräuter oder Halbsträucher mit quirl- oder
gegenständigen Blättern und schönen, eigentümlich geformten, gelben, weißen oder roten, vielfach nüancierten und verschiedenartig
gezeichneten, blattwinkel- oder endständigen Blüten. Sie sind in Südamerika
[* 43] heimisch, teils in den Ländern westlich der
Andes, teils im äußersten Süden des Kontinents und auf den benachbarten Inseln; einige wachsen in der
Nähe der Küste, andre viele TausendFuß hoch auf den Hochplateaus. Die reichlich blühenden Kalceolarien werden in vielen Arten,
Varietäten und Hybriden (besonders von Calceolaria corymbosa R. P., Calceolaria crenatifloraCar. und Calceolaria arachnoideaGrah.) bei uns als
Zierpflanzen kultiviert und zeichnen sich besonders durch die prachtvolle Färbung der Blüten aus. Man kultiviert die krautigen
Arten in Töpfen und benutzt die strauchigen (besonders Varietäten von Calceolaria rugosa R. P.) zum Auspflanzen.
Als Nebenprodukt erhält man Calciumchlorid beim Ammoniaksodaprozeß, bei der Verarbeitung der Chlorbereitungsrückstände,
bei der Darstellung von chlorsaurem Kali und von Ammoniak aus Salmiak. Es ist farblos, schmeckt bitterlich scharf, kristallisiert
aus sehr konzentrierter Lösung mit 6 MolekülenKristallwasser, ist äußerst zerfließlich, löst sich
in Wasser unter beträchtlicher Temperaturerniedrigung und gibt, mit Schnee
[* 57] bei 0° gemischt, eine Kälte von -48°. Zur Bereitung
von Kältemischungen geeignet erhält man das Calciumchlorid, wenn man die Lösung verdampft, bis sie bei 130° siedet, dann erkalten läßt
und im Moment des Erstarrens stark schüttelt.
Die Kristalle
[* 58] schmelzen bei 29° und verlieren im luftleeren Raum über Schwefelsäure
[* 59] oder bei 200° 4 MoleküleKristallwasser.
Dies wasserärmere Calciumchlorid dient in Form einer lockern Masse zum Trocknen der Gase.
[* 60] Erhitzt man das Calciumchlorid noch stärker, so wird es
wasserfrei, schmilzt dann und erstarrt zu einer weißen, durchscheinenden Masse (geschmolzenes Calciumchlorid), welche
sich in Wasser unter starker Wärmeentwickelung löst und alkalisch reagiert, weil sich beim Schmelzen etwas Salzsäure verflüchtigt
und Calciumoxyd gebildet hat. Das geschmolzene Calciumchlorid ist ebenfalls sehr hygroskopisch und dient besonders
zum Entwässern von Flüssigkeiten. 100 Teile Wasser lösen bei 10° 63,35 Teile, bei 40° 120,48
Teile, bei 60° 138,39 Teile. Eine Lösung von
10 Teile Alkohol lösen 7 Teile Calciumchlorid, und diese Lösung gibt in der KälteKristalle von Chlorcalciumalkoholat, welches durch Wasser
zersetzt wird. Auch mit
¶
daher Error
in calculo, Rechnungsfehler. Calculus Minervae, Stein derMinerva, d. h. die bei Stimmengleichheit zu jemandes gunsten den Ausschlag
gebende Stimme, von dem weißen freisprechenden Stein hergenommen, den Minerva im Areopag für den Muttermörder Orestes einlegte,
als gleichviel schwarze (verurteilende) und weiße (freisprechende) Steine abgegeben waren. Calculus bedeutet auch s. v. w.
steiniges Konkrement, daher Calculi salivales, Speichelsteine;
Anatomie (Vened. 1787) und Semiotik (Padua 1808). Sein Hauptwerk sind die mit seinem Neffen Floriano herausgegebenen »Icones anatomicae«
(Vened. 1801-14, 4 Bde.; neue Aufl.
1823) nebst der »Explicatio iconum anatomicarum« (das.
1802-14, 5 Bde.).
1) Antonio, Komponist, geb. 1670 zu Venedig, machte seine Studien in der Schule des Legrenzi und konnte schon im
Alter von 18 Jahren mit einer Oper an die Öffentlichkeit treten. Um dieselbe Zeit wurde er an der Sängerkapelle der Markuskirche
angestellt, war später einige Jahre Kapellmeister in Mantua
[* 65] und folgte 1718 einem Ruf als Vizekapellmeister
an den kaiserlichen Hof
[* 66] zu Wien,
[* 67] wo er die besondere GunstKaiserKarls VI. genoß und starb. Er hinterließ eine große
Anzahl von Opern (das Verzeichnis bei Fétis enthält deren 69), außerdem eine Reihe von Musikstücken für die Kirche (Motetten,
Messen etc.) und Sonaten für verschiedene Instrumente. Seine Musik zeichnet sich mehr durch leichte und
ansprechende Melodik als durch Reichtum und Tiefe der Empfindung aus; doch erhebt er sich in seinen Kirchenkompositionen, z. B.
in seinem 16 stimmigen »Crucifixus« (neu hrsg.
durch Teschner, Berl. 1840), nicht selten zu einer Höhe, auf welcher er denBesten seiner Zeit ebenbürtig
erscheint.
1) Caldas da Rainha, vielbesuchte und wegen der Heilsamkeit seiner 34° C. heißen hydrothionsauren Quellen geschätzter Badeort
in der portugiesischen ProvinzEstremadura, DistriktLeiria, mit (1878) 2689 Einw., welche auch Thonwaren
[* 70] erzeugen. Es ist eins
der besteingerichteten BäderPortugals und enthält unter anderm ein altes Badegebäude mit reicher Bibliothek,
eine schöne Kirche und ein großes Krankenhaus
[* 71] für Unbemittelte. -
Hafenstadt von Copiapo, der Hauptstadt der ProvinzAtacama in Chile,
[* 76] in öder Sandgegend, aber mit sicherm, durch
zwei Molen geschütztem Hafen und (1875) 3082 Einw.;
eine geheime politische Gesellschaft in Italien, vornehmlich in Neapel, ward 1816 vom FürstenCanosa als monarchischer Gegenbund gegen die Karbonari gegründet, erlangte aber keinen maßgebenden Einfluß und verschwand
infolge des Siegs der Liberalen 1820.
1) DonPedro Calderon de la Barca Henao y Riano, der große dramatische Dichter der Spanier,
geb. zu Madrid als Sprößling einer altadligen Familie. In seinem 9. Jahr wurde er einem Jesuitenkollegium daselbst
übergeben und bezog dann im 13. Jahr die hohe Schule vonSalamanca, wo er sich juristischen, philosophischen und mathematischen
Studien widmete. Daneben lag er aber auch der Ausbildung seines poetischen Talents ob, und schon in seinem 14. Jahr
konnte er die erste Frucht desselben, sein Schauspiel »Elcarro de cielo«, veröffentlichen. Im J. 1619 von Salamanca nach Madrid
zurückgekehrt, fand er am dortigen Hof mächtige Freunde, verließ denselben aber 1625 wiederum seinem kriegerischen Hang
nachzugeben, und folgte den Fahnen des Königs zehn Jahre lang, namentlich in Mailand
[* 77] und in den Niederlanden,
ohne sich jedoch Heldenruf erwerben zu können.
Philipp IV. rief ihn 1635 an den Hof zurück, übertrug ihm die Leitung seines Theaters im Lustschloß Buen Retiro sowie die
Anordnung aller königlichen Feste und Lustbarkeiten und erhob ihn 1637 zum Ritter des Ordens von Santiago.
Vom König beauftragt, für die königliche Bühne ein dramatisches Werk zu liefern, schrieb Calderon das Schauspiel »Certamen de
amor y zelos«, eilte dann zu dem Heer der spanischen Ritterorden nach Katalonien und erntete jetzt auch kriegerischen Ruhm.
Der König überhäufte ihn nun mit Auszeichnungen wie mit künstlerischen Aufträgen, setzte ihm eine
hohe Pension aus und ließ seine Dramen mit möglichstem Pomp ausführen. In seinem 50. Jahr bemächtigte sich des einst so
lebensfrohen Dichters ein Hang zum Mystizismus; er trat 1651 in den geistlichen Stand und erhielt 1653 vom König eine der
Kaplanstellen an der erzbischöflichen Kirche zu Toledo,
[* 78] die er auch beibehielt, als ihn Philipp IV., um
ihn in der Nähe zu haben, 1663 zum Kaplan an der königlichen Hofkapelle zu Madrid ernannte.
Noch ehe Calderon öffentlich in den geistlichen Stand getreten war, hatte sich seine poetische Thätigkeit überliegend den Autos
sacramentales (s. Auto) zugewendet; von jetzt an widmete er sich ausschließlich dieser dem orthodoxen
Zeitgeist entsprechenden Dichtgattung und leistete darin in der That Ausgezeichnetes. Schneller als sein weltlicher Dichterruf
verbreitete sich sein Ruf als Schöpfer der herrlichsten geistlichen Schauspiele über ganz Spanien, und von allen ersten Städten
des Reichs, Madrid, Toledo, Sevilla, Granada
[* 79] u. a., wurde er mit Auftragen überhäuft. 1663 zugleich Mitglied
der
Brüderschaft von San Pedro zu Madrid, wurde er einige Jahre später zum Capellan-Mayor derselben ernannt, und diese Ehre
erfreute ihn so, daß er dem frommen Verein sein ganzes nicht geringes Vermögen vermachte. Er starb Seine Asche
ruhte über anderthalb Jahrhunderte in der KircheSan Salvador zu Madrid, wo ihm die genannte Brüderschaft von San Pedro ein Denkmal
setzen ließ; 1841 wurde dieselbe nach dem Kirchhof des KlostersSan Nicolas vor dem Atochathor übergeführt.
Eine (sitzende) Bronzestatue des Dichters von Figueras wurde im Januar 1880 auf dem St. Annenplatz zu Madrid
feierlich enthüllt. Calderon ist ohne Zweifel das glänzendste poetische Genie, das der Katholizismus hervorgebracht hat, und zwar
der vorzugsweise »katholische Dichter«, dabei von erstaunlicher Vielseitigkeit.
Seine Werke sind sehr zahlreich, aber weder in streng chronologische Folge noch rein und vollständig erhalten. Sie zerfallen
in Autos sacramentales oder Opferdarstellungen (z. B. »La
cena de Baltasar«),
Wunderkomödien (am berühmtesten »La devocion de la cruz«, »El
magico prodigioso«, »El principe constante« u. a.),
tragische Schauspiele (z. B. »El alcalde de Zalamea«,
»La nina de Gomez Arias«),
Konversationsstücke (darunter »Dicha y desdicha del nombre«, »La
dama duende«, »Guardate de la agua mansa«); ferner
in mythologische Festspiele (z. B. »Eco e Narciso«,
»El mayor encanto amor«),
Ritterspektakelstücke (z. B. »La puente de Mantible«,
»En esta vida todo es verdad y todo mentira«),
historische Schauspiele (darunter »Hija del aire«, »Afectos
de odio y amor« u. a.) und romantische Schauspiele verschiedener Qualität, worunter das berühmte »La vida es sueno«,
»Saber del mal y del bien« etc. zu zählen sind. Was den poetischen Wert derselben betrifft,
so offenbaren sich in Calderons dramatischer Behandlungsweise der Stoffe ebensoviel künstlerische Absichtlichkeit des berechnenden
Verstandes, dem die Phantasie bei aller ihrer Fülle untergeordnet ist, wie tiefe Weltanschauung und Erhebung des Gemüts bis
zur äußersten Grenze der Welt der Erscheinungen. Er übertrifft seine Vorgänger durch den psychologisch-ethischen
Gehalt seiner Dramen, durch die harmonische Gliederung ihrer Szenerie und durch den edlen, bis aufs äußerste gefeilten Ausdruck.
Um Neuheit der Stoffe hat er sich wenig bekümmert, dagegen beherrscht er mit Sicherheit den Stoff und faßt in der besondern
Thatsache stets das Abbild allgemeiner Gesetze auf.
Seine Lieblingsbilder kehren zwar oft wieder, gewinnen aber immer neuen Reiz durch andre Zusammenstellung. Übrigens ist der
Gehalt der dramatischen Werke Calderons ungleich. Während mehreren, unter denen wir besonders »Die
Tochter der Lust«, »Das Leben ein Traum«, »Die Andacht zum Kreuz«,
[* 80] »Der wunderthätige Magus«, »Der standhafte
Prinz«, »Des NamensGlück und Unglück« etc. hervorheben, der wunderbarste Zauberreiz innewohnt, wenn
auch das von ihm gepflegte katholisch-romantische Ideal sittlich und religiös unser Gefühl nicht befriedigt (vgl. »Der Arzt
seiner Ehre«, »Der Richter von Zalamea«),
ermüden andre durch rhetorisierende Dogmatik; auch sind die massenhaften Allegorien
und Personifikationen der abstraktesten Begriffe, welche Calderon ohne Scheu handelnd auftreten läßt, in vielen Stücken störend.
Nicht wenige im höhern Alter verfaßte weltliche Schauspiele zeugen von kalter Unlust am Leben; manche Jugendwerke mißfallen
wegen Überladung mit Bilderschmuck und durch Prunk des Ausdrucks (estilo culto). Calderon selbst legte in seinem Alter
das meiste Gewicht aus seine Autos¶
mehr
sacramentales und zeigte gegen seine weltlichen Stücke um so mehr Gleichgültigkeit, je mehr man ihm fremde Stücke unterschob
und seine eignen bis zur Unkenntlichkeit entstellte. Als nachweisbar echt besitzen wir von Calderon 108 Schauspiele (comedias) und 73 Autos
sacramentales nebst den dazu gehörigen Loas (Vorspielen), während von seinen 100 scherzhaften Sainetes
(Zwischenspielen) nicht eins mehr vorhanden ist. Sein letztes Stück, im 81. Jahr geschrieben, war »Ilado y Divisa«.
Außerdem schrieb Calderon viele Lieder, Sonette, Romanzen und andre kleine Gedichte, die zum größten Teil ungedruckt geblieben
sind. Was davon noch auszutreiben war, hat de Castro (»Poesias de Calderon«, Cadiz 1848) herausgegeben; ein Bändchen
neu aufgefundene Gedichte erschien unter dem Titel: »Poesias ineditas« (Madr. 1881). Die erste Sammlung seiner Dramen, von seinem
Bruder besorgt (Madr. 1640-74), gedieh nur bis zum vierten Band. Vollständigere Ausgaben der Comedias lieferten Juan deVera Tassis
(Madr. 1685-94, 9 Bde.), Fern. de Apontes (das. 1760-63, 11 Bde.),
J. G. ^[JohannGeorg] Keil (Leipz. 1827-30, 4 Bde.),
am besten Hartzenbusch (Madr. 1848-50, 4 Bde., 122 Stücke enthaltend) und Garcia Ramon (das. 1882 ff.). Die Autos, welche Eigentum
der Stadt Madrid waren und lange nicht gedruckt werden durften, erschienen zuerst zu Madrid 1717 in 6 Bänden, später von Apontes
herausgegeben: »Autos sacramentales alegoricos y historiales del Phenix de los poetas etc.« (das. 1759-60, 6 Bde.).
Eine vorzügliche kritische Ausgabe des »Magico prodigioso« veröffentlichte Morel-Fatio (Heilbr. 1877). Deutsche
[* 82] Übersetzungen
Calderonscher Dramen lieferten A. W. v. Schlegel (»SpanischesTheater«, Berl. 1803-1809, 2 Tle., 5 Stücke enthaltend),
Martin (das. 1844, 3 Tle.) und M. Rapp (»SpanischeTheater«, Bd. 6, Hildburgh.
1870). Übertragungen der geistlichen Schauspiele besorgten J. ^[Joseph] v. Eichendorff (Stuttg. 1846-53, 2 Bde.)
und Lorinser (Regensb. 1856-72, 18 Bde.; 2. Aufl. 1882 ff.).
Das Verdienst, die deutschen Bühnen dem Genius Calderons geöffnet zu haben, gebührt Goethe und Schlegel.
Schon 1811 ging in Weimar
[* 83] »Der standhafte Prinz« über die Bühne; 1816 wurde dasselbe Stück zuerst in Berlin aufgeführt. In
Wien brachte West (Schreyvogel) »DonPedro, das Leben ein Traum« (gedruckt 1867) nach der Griesschen Übersetzung in bühnenmäßige
Form und zur Aufführung. Im allgemeinen aber blieb der Versuch, Calderon auf der deutschen Bühne einzubürgern,
trotz aller Farbenpracht seiner Gebilde ohne nachhaltigen Erfolg, was teilweise in dem ängstlichen Festhalten an der originalen,
dem Deutschen nie mundgerecht zu machenden Form, mehr aber wohl noch in dem ganzen uns fremdartigen und widerstrebenden Geiste,
der die Stücke erfüllt, seinen Grund hat. Die erste Biographie von Calderon schrieb sein HerausgeberVera Tassis (abgedruckt vor dem
ersten Teil der Komödien sowie in mehreren spätern Ausgaben). Gut über ihn urteilten außer A. W. v. Schlegel (»Vorlesungen
über dramatische Kunst und Litteratur«, Bd. 3, Heidelb.
1817) namentlich Valent.
Estudios de las obras etc. (Madr. 1881); Pelayo, y su teatro (das.
1881).
2) Don Serafin, neuerer span. Dichter, geb. 1801 zu
Malaga,
[* 86] studierte die Rechte in Granada, wurde 1822 daselbst Professor der Poesie und Rhetorik, war später Advokat in seiner Vaterstadt
und ließ sich 1830 in Madrid nieder, wo er seine beifällig aufgenommenen »Poesias del solitario«
(Madr. 1833-40, 2 Bde.) herausgab. Nebenbei legte er sich
auf das Studium der arabischen Sprache
[* 87] und verfaßte im Auftrag der Regierung ein Lehrbuch der Staatsverwaltungsgrundsätze
(»Principios de administracion«).
Anfang 1834 wurde er zum Generalauditor bei der Nordarmee und 1836 zum Zivilgouverneur von Logrono ernannt. Durch einen Sturz
vom Pferde
[* 88] für einige Zeit an Madrid gebannt, beschäftigte er sich vorzüglich mit Sammlung der immer
seltener werdenden Schätze der altspanischen Nationallitteratur, der handschriftlichen und gedruckten Cancioneros und Romanceros,
und mit der Vorbereitung einer kritischen Ausgabe derselben, die indessen nicht zu stande kam. Ende 1837 wurde E. politischer
Chef in Sevilla, zog sich aber infolge des Aufstandes im November 1838 ins Privatleben zurück. Er starb Von
seinen Werken sind noch zu nennen: die Novelle »Christianos y Moriscos« (Madr. 1838),
ein sehr schätzbarer Versuch über die
Litteratur der Morisken (»Litteratura de los Moriscos«) und die geistreichen »Escenas andaluzas por el solitario«
(das. 1847). Eine Auswahl seiner Werke findet sich in Ochoas »Apuntes por una biblioteca de escritores
españoles contemporaneos«, Bd. 1 (Par.
1840).
3) PhilipHermogenes, engl. Maler, geb. 1833 zu Poitiers als Sohn eines spanischen Flüchtlings, kam 1846 nach England, wo er
unter Leigh studierte, und ging 1851 nach Paris, um unter Picot seine Studien zu vollenden. Sein »gebrochenes Gelübde« (1857)
gewann ihm die Neigung des englischen Publikums, das sich gern durch Sentimentalität bestechen läßt. Von spätern Werken
sind zu nennen: die Tochter des Gefängniswärters, französische Landleute ihr gestohlenes Kind wiederfindend, die Freigebung
Gefangener, die Werbung (1861, eins seiner besten Bilder), nach der Schlacht, die englische Gesandtschaft in Paris am Abend
des Bartholomäustags, der junge Hamlet. Im J. 1867 wurde Calderon Mitglied der LondonerAkademie, und im gleichen Jahr erhielt er
für des Siegers Heimkehr als der einzige der englischen Künstler auf der PariserWeltausstellung die goldene Medaille. In den
70er Jahren folgten die Königin derTurniere und einige historische Gemälde.