in der
Regel jeder
Unterthan des betreffenden
Staats, welcher sich im
Besitz des Staatsbürgerrechts befindet. Bei der
Aufnahme
zum Bürger muß man noch Bürgerskinder von andern
Personen unterscheiden: erstere sind geborne Bürger (cives originarii), wenn die
Eltern zur Zeit der
Geburt das
Bürgerrecht hatten, oder sie erlangen das
Bürgerrecht doch leichter als
die
Fremden, nämlich gegen Entrichtung eines geringern Bürgergeldes.
Uneheliche Kinder folgen ihrer
Mutter, haben Anspruch
aufs
Bürgerrecht, erlangen es aber vielfach erst dann, wenn sie die Erfordernisse, die das
Gesetz vorschreibt, erfüllen,
nämlich erlangte
Mündigkeit, ein gewisses
Vermögen, einen bestimmten Nahrungszweig etc. nachweisen; andre
Personen werden
nur durch die
Aufnahme Bürger (cives recepti s. novi).
Bei der
Aufnahme wird der
Name des neuen Bürgers in das Bürgerbuch (Bürgermatrikel, Bürgerrolle) eingetragen; derselbe
leistet nach manchen Stadtverfassungen den Bürgereid, daß
er den Bürgerpflichten nachkommen wolle, entrichtet an die
Kämmerei
der Stadt für seine
Aufnahme das sogen. Bürgergeld und empfängt dann den Bürgerbrief,
eine
Urkunde über seine Ausnahme.
Personen, die sich ein besonderes
Verdienst um eine Stadt erworben haben, oder die der
Rat
aus irgend einem
Grund auszeichnen will, erteilt derselbe auch aus eignem Antrieb das
Bürgerrecht, Ehrenbürgerrecht, und
zwar ohne denselben die Bürgerpflichten mit zu
übertragen. Verloren geht dasBürgerrecht durch ausdrückliche
Aufgebung, durch Wegziehen von einem
Ort, ohne daß man sich jenes an demselben vorbehält, und durch Verheiratung einer Frauensperson
mit einem Nichtbürger.
Wichtig
war in früherer Zeit der Unterschied zwischen Vollbürgern und
Schutzbürgern, von welchem sich in einzelnen
Gemeinden
noch
Spuren erhalten haben. Solche
Schutzbürger, staatsbürgerliche Einwohner (auch
Schutzverwandte genannt)
waren diejenigen, welche auf
Grund eines Staatsgesetzes das
Wohnungsrecht in der
Gemeinde hatten und deshalb in derselben ihre
staatsbürgerlichen, namentlich politischen,
Rechte auszuüben und die entsprechenden
Pflichten zu erfüllen befugt und angewiesen
waren.
Dazu gehörte in den meisten
Fällen die
Teilnahme an allen nicht eigens oder ausschließlich für wirkliche
Bürger errichteten Gemeindeanstalten; dagegen waren sie von den politischen
Gemeinderechte ausgeschlossen, konnten jedoch in Angelegenheiten
von gemischter
Natur, die auf ihre besondern
Interessen von Einfluß waren, mit beratender oder auch zählender
Stimme begabt
werden und vom
Staat wohl auch einen Anspruch auf die
Armen- oder
Versorgungsanstalten der
Gemeinde zugewiesen
erhalten.
Solche Einwohner waren daher auch verpflichtet, von den allgemeinen
Lasten ebenfalls ihren Teil zu tragen. Ausmärker (Forensen,
Markgenossen) sind diejenigen
Staatsbürger oder
Fremden, welche nicht in der
Gemeinde domizilieren, aber ein bürgerschaftliches
Besitztum, auch ein
Grundrecht oder eine Werkstätte etc. in der
Gemeinde haben, wofür sie demnach denSchutz
von seiten der
Gemeinde in Anspruch nehmen, deshalb teilhaben an allen Anstalten, welche mittel- oder unmittelbar ihrem
Gut
förderlich sind, und aus demselben
Grund verhältnismäßig zu den allgemeinen
Lasten beisteuern.
In denjenigen
Gemeinden, in welchen ein bestimmter Vermögenskomplex, namentlich
Liegenschaften, zur Benutzung der
Bürgerschaft
überhaupt oder eines gewissen Teils derselben (Nachbargemeinde,
Nutzungsgemeinde,
Realgemeinde) vorhanden
ist, bezeichnet man dies
Vermögen als
Bürgervermögen im
Gegensatz zu dem Kämmereivermögen, den für die öffentlichen Gemeindezwecke
bestimmten
Mitteln. Zu beachten ist endlich noch, daß man den
Ausdruck bürgerlich oder zivil heutzutage vielfach gebraucht,
um den
Gegensatz zwischen dem Militärstand und den übrigen Staatsgenossen zumAusdruck zu bringen, während
man in der Rechtssprache jene Bezeichnung anwendet, um den Unterschied zwischen
Privatrecht und öffentlichem
Recht zur Geltung
zu bringen. In diesem
Sinn spricht man von bürgerlichem
Recht oder
Zivilrecht als gleichbedeutend mit
Privatrecht im
Gegensatz
zum
Strafrecht und andern Teilen des öffentlichen
Rechts sowie von dem bürgerlichen
Prozeß- oder
Zivilprozeß
als dem Gebiet der Privatrechtsstreitigkeiten im
Gegensatz zum
Strafprozeß, bei welchem die öffentliche Ahndung strafbarer
Handlungen in
Frage steht.
1)
GottfriedAugust, lyrischer Dichter, geb. zu Molmerswende bei
Halberstadt,
[* 2] wo sein
VaterPfarrer
war, genoß den ersten
Unterricht im väterlichen
Haus, dann seit 1760 auf der Stadtschule zu
Aschersleben,
[* 3] wo sich sein Großvater seiner annahm.
Schon hier waren poetische
Versuche seine Lieblingsbeschäftigung; ein
Epigramm auf den
Haarbeutel eines Mitschülers gab aber Veranlassung zu einer
Schlägerei, welche für Bürger harte
Züchtigung und Entlassung von der
Anstalt herbeiführte. Er kam nun auf das
Pädagogium zu
Halle,
[* 4] wo er mit
Göckingk zugleich an poetischen
Übungen teilnahm.
Gegen seine
Neigung, nur aus Verlangen seines Großvaters begann er 1764 das
Studium der
Theologie zu
Halle, ward aber wegen
seiner oft zügellosen Lebensweise von seinem Großvater abberufen und durfte erst
Ostern 1768 von neuem die
Universität beziehen
und zwar diesmal
Göttingen,
[* 5] um sich nun dem
Studium der
Rechte zu widmen.
Bald aber erneuerten sich hier
die alten
Ausschweifungen, so daß der erzürnte Großvater ihm endlich alle weitere Unterstützung entzog. Aus diesem Zustand
tiefer Gesunkenheit riß ihn die
Hand
[* 6] der
Freundschaftempor.
Boie,
Sprengel,
Biester u. a. wußten die
Liebe zu den
Studien von neuem in ihm anzufachen und ihn schonend
auf die
Bahn der
Ordnung und Regelmäßigkeit zurückzuführen. Nachdem esBoie 1772 gelungen war, Bürger die
Stelle eines
Amtmanns
von Altengleichen im Hannöverschen zu verschaffen, trat auch mit dem jungen Dichterkreis in
Göttingen
(Hölty,
Voß,
Miller,
Cramer, dieGrafenStolberg
[* 7] u. a.) in Beziehung.
Sein Großvater söhnte sich jetzt mit ihm aus und schenkte
ihm 1000
Thaler, deren Bürger zum Antritt des übertragenen
Amtes bedurfte; doch ward dieser sehr bald darauf um den größten
Teil des
Geldes betrogen. Im
Herbst 1774 heiratete Bürger eine Tochter des Justizamtmanns Leonhart zu Niedeck
und zog bald darauf nach Wölmershausen, einem Dorf seines Gerichtssprengels.
Aber auch aus seiner Verheiratung gingen für ihn nur traurige
Folgen hervor: er faßte die heftigste
Leidenschaft für die
jüngere
Schwester seiner
Frau, die in seinen Liedern unter dem
NamenMolly überschwenglich gefeierte
Auguste, welche nach dem
Tod ihresVaters (1777) eine Zeitlang unter seinem
Dach
[* 8] lebte, und das Doppelverhältnis zu den beiden
Schwestern
bereitete ihm jahrelang die aufreibendste Gewissensqual. Dazu kamen mancherlei durch geringe Einkünfte, häufige Krankheitsfälle
und eine 1780 übernommene Pachtung zu Appenrode verursachte häusliche Sorgen. Von seinen Vorgesetzten obendrein wegen nachlässiger
Geschäftsführung angeklagt, wurde in der angeordneten Untersuchung zwar freigesprochen; doch entschloß
¶
mehr
Er sich, sein Amt freiwillig niederzulegen. Nach dem Tod seiner Gattin (1784) siedelte er nach Göttingen über, um sich durch
Privatvorlesungen über Ästhetik, deutschen Stil und ähnliche Gegenstände eine neue Existenz zu begründen, und verband sich
im Juni 1785 endlich mit seiner geliebten Molly auch am Altar.
[* 10] Ihr früher Tod stürzte ihn
von neuem in das tiefste Seelenleid und benahm ihm auf lange alle Lust zu dichterischem Schaffen. Die Universität erteilte
ihm bei ihrem 50jährigen Jubiläum die philosophische Doktorwürde und ernannte ihn im November 1789 zum außerordentlichen
Professor, jedoch ohne Gehalt.
Der Wunsch nach einem geordneten Hausstand veranlaßte Bürger zu einer dritten Heirat, der unglücklichsten
von allen. Im Oktober 1790 verband er sich mit seinem »Schwabenmädchen« (s.
Bürger 2); aber schon nach wenigen Wochen trat die unglückseligste Zerrüttung des Familienlebens ein, der zwar durch eine
Ehescheidung (März 1792) ein Ende gemacht wurde, jedoch nicht, ohne daß Lebensmut und Lebenshoffnungen
in Bürger völlig vernichtet worden. Einsam verbrachte er Wochen und Monate im Studierzimmer; die Freunde waren gestorben oder flohen
den Unglücklichen, und das einzige, was ihn noch erhob, das Bewußtsein seines Dichterwerts, ward ihm von Schiller (s. unten)
entrissen. Um die nötigen Subsistenzmittel zu gewinnen, lieferte er Übersetzungen für auswärtige
Buchhändler.
Erst als der schwindsüchtige Mann auch die Arbeitsfähigkeit verloren hatte, bewilligte ihm das Universitätskuratorium,
statt des erbetenen Gehalts, eine einmalige Unterstützung von 50 Thalern. Er starb und hinterließ zwei Töchter
und zwei Söhne. Ein Denkmal wurde ihm an seinem Lieblingsplätzchen in einem öffentlichen Garten
[* 11] gesetzt.
Bürger war klein und hager, die Gesichtszüge waren zu groß für seine Gestalt, aber Stirn und Nase
[* 12] kühn, und durch die schönen
Augen schimmerte der schaffende Dichtergeist.
Gesellige Gewandtheit ging ihm ab, und seinem Charakter fehlte, bei einem hohen Grad von Herzensgüte, die Willensstärke.
Bürgers Dichtertalent gedieh nur langsam zur Entwickelung, und auch später war seine Produktion nie leicht
und mühelos. Erst das Studium der alten und neuern Musterschriftsteller hatte die Schwingen seines Dichtergeistes gekräftigt,
und hauptsächlich war es die unerbittliche kritische Strenge Boies, welche für Bürger der Sporn zu einer feinern und korrektern
Abrundung seiner Gedichte wurde.
Das Organ der Veröffentlichung für diese blieb der 1770 von GotterundBoie gestiftete »Musenalmanach«.
Seine berühmteste Dichtung ist die Ballade »Lenore«, auf welche er während seiner Amtsführung zu Altengleichen
durch das Bruchstück einer alten, wahrscheinlich verloren gegangenen Volksdichtung geführt wurde. Diese mit allgemeiner
Begeisterung begrüßte Ballade erschien, nachdem sie gemäß der Kritik des Göttinger Dichterbundes mehrfach
umgearbeitet worden war, im »Musenalmanach« für 1774. Im J. 1778 übernahm an Göckingks Statt die Redaktion des »Göttinger
Musenalmanachs« und gab die erste Sammlung seiner »Gedichte« (neue
Aufl. 1789, 2 Bde.) heraus.
Schiller wirft in seiner Rezension derselben in der »Allgemeinen Litteraturzeitung« von 1791 Bürger vor, daß
seine Gedichte keinen reinen Genuß böten, daß ihm durchaus der ideale Begriff von Liebe und Schönheit fehle, daher seine
Gedichte zu oft in die Gemeinheit des Volkes hinabsänken, statt dieses zu sich zu erheben, daß überhaupt der Geist, der sich
in seinen Gedichten ausspreche, kein gereifter sei, daß seinen Produkten nur deshalb die letzte Hand der
Veredelung fehle,
weil sie ihm wohl selbst fehle.
Dies wenn auch strenge Urteil mag bestehen, wenn man das Gegengewicht der Vorzüge Bürgers gelten läßt. Denn die Wärme
[* 13] seiner
Empfindung, die unmittelbaren und ergreifenden Naturtöne der Innerlichkeit, die Weichheit und zugleich
die Kraft
[* 14] des Ausdrucks, die Mannigfaltigkeit der Formen, die er beherrschte, werden ihm unter den deutschen Lyrikern immer einen
bedeutenden Platz sichern. In der Ballade hat er (einige verfehlte abgerechnet) sehr Hervorragendes geleistet, und der melodische
Fluß seiner Lieder ist oft von höchster Schönheit.
Seine Übersetzungen sind, wie der Versuch einer Ilias in Iamben und seine Macbeth-Bearbeitung, meistens
durch die Anwendung falscher Übersetzungsprinzipien mißlungen. Am treffendsten hat über Bürger wohl A. W. Schlegel in seinen
»Charakteristiken und Kritiken« geurteilt. Eine Sammlung von Bürgers sämtlichen Schriften veranstaltete Reinhard (Götting. 1796-1798, 4 Bde.,
u. öfter; zuletzt 1860, 4 Bde.).
Derselbe gab auch Bürgers »Lehrbuch der Ästhetik« (Berl. 1825, 2 Bde.)
und »Handbuch des deutschen Stils« (das. 1826) nach seinen in Göttingen gehaltenen Vorlesungen und als einen Supplementband
dessen »Ästhetische Schriften« (das. 1832) heraus. Die von Bohtz besorgte »Gesamtausgabe in Einem Band«
[* 15] (Götting. 1835) enthält
auch einige BriefeBürgers und Althofs vortreffliche, zuerst 1798 zu Göttingen unter dem Titel: »Einige
Nachrichten von den vornehmsten Lebensumständen etc.« erschienene Biographie des Dichters. Die von E. Grisebach besorgte Ausgabe
von »Bürgers Werken« (Berl. 1873, 2 Bde.)
enthält nur eine Auswahl nebst biographisch-litterarischer Skizze. NeueAusgaben der Gedichte allein mit Einleitung und Anmerkungen
veröffentlichten Tittmann (Leipz. 1869) und Sauer (Stuttg. 1884). BürgersLeben beschrieben außer Athof
^[richtig: Althof] noch Döring (Berl. 1826; neue Ausg., Götting. 1848) und in neuerer Zeit Pröhle (Leipz. 1856), während
O. Müller das Leben des Dichters in einem Roman ein deutsches Dichterleben«, Frankf. 1845) bearbeitete, den Mosenthal (in dem
Stück und Molly«) dramatisierte. Außerdem sind über des Dichters Leben zu vergleichen: »BürgersBriefe
an MarianneEhrmann« (hrsg. von Th. F. Ehrmann, Weim. 1802);
2) Elise, eigentlich MarieChristianeElisabeth, geborne Hahn,
[* 16] geb. zu Stuttgart,
[* 17] dritte Gattin des vorigen, dem sie 1789 öffentlich
ihre Hand in einem Gedicht antrug, welches in BürgersSchriften (Bd. 2) zu finden ist. Bürger nahm
anfangs die Sache für einen Scherz, gab aber dann auf Andringen seiner Freunde eine poetische Antwort, woran sich eine Korrespondenz
knüpfte, in welcher in einem denkwürdigen Brief seine ganzen frühern Lebensverhältnisse ohne Schleier darstellte. Bürger reiste
in den Osterferien 1790 nach Stuttgart und führte im Herbst sein »Schwabenmädchen« zum Altar. Die Ehe ergab
sich bald als eine unglückliche, und Bürger empfand nur zu bald die Folgen der Zerstreuungssucht, Eitelkeit und offenbaren Untreue
seiner Frau. Sie verließ ihn im Februar 1792 und wurde 31. März gerichtlich von ihm geschieden. Sie trat nun zuerst als Schauspielerin
unter dem NamenElise Bürger auf den Bühnen zu Hamburg
[* 18] und Altona,
[* 19] zu Hannover
[* 20] und Dresden
[* 21] auf, reiste zuletzt
als Deklamatrice und
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mehr
plastisch-mimische Darstellerin in Deutschland
[* 23] umher und starb, seit den letzten Jahren erblindet, in Frankfurt
[* 24] a. M.
Man hat von ihr: »Gedichte« (Hamb. 1812),
Nahrung, ehedem Inbegriff aller Gewerbe, welche vermöge städtischer Privilegien nur in den Städten auf
Grund des Bürgerrechts getrieben werden konnten, wie es regelmäßig beim Handel, bei den zünftigen Gewerben
und der Bierbrauerei
[* 28] der Fall war.
Tod (franz. Mort civile), Verlust der persönlichen Rechtsfähigkeit. Das römische Recht ließ einen solchen
infolge einer capitis deminutio maxima eintreten, d. h. durch den Verlust der Freiheit, welcher den in feindliche Gefangenschaft
Geratenen oder zu besonders schwerer Strafe Verurteilten traf. Eine Minderung der Rechtsfähigkeit, nämlich
der Verlust des römischen Bürgerrechts, trat bei der capitis deminutio media ein, welche ebenfalls die Folge gewisser Verurteilungen
war. An jene römisch-rechtlichen Bestimmungen knüpfte das ältere französische Recht an, indem es mit der Verurteilung zu
gewissen lebenslänglichen Freiheitsstrafen die Rechtlosigkeit des also Bestraften verband.
Nach verschiedenen Schwankungen der französischen Gesetzgebung in Ansehung dieses Rechtsinstituts wurde der bürgerliche
Tod in der NapoleonischenGesetzgebung als die Folge der Verurteilung zum Tod, zu lebenslänglichem Zwangsarbeit und zur Deportation
sanktioniert. Die Erbschaft des Verurteilten wurde hiernach eröffnet, gleich als ob er nicht nur bürgerlich,
sondern auch physisch tot wäre; seine etwanige Ehe galt als aufgelöst, er konnte keine anderweite rechtsgültige Ehe abschließen,
konnte nicht vor Gericht auftreten und keine Rechtsgeschäfte abschließen.
Indessen sind in neuerer Zeit Milderungen in diesem System eingetreten. Das Gesetz vom läßt jedoch für die zu
lebenslänglicher Zwangsarbeit Verurteilten immer noch die Erwerbs- und Testierunfähigkeit eintreten. Das Gesetz vom über
die nach Neukaledonien
[* 29] Deportierten enthält mildere Bestimmungen. Aus dem französischen Recht war die Nebenstrafe des bürgerlichen
Todes vielfach auch in die Gesetzgebung andrer LänderEuropas, ja selbst Amerikas übergegangen, namentlich auch in die
Strafgesetze einzelner deutscher Staaten und in das österreichische Strafrecht.
Indessen ist der bürgerliche Tod dort allenthalben wieder beseitigt. Das ältere deutsche Recht kannte eine direkte Vernichtung
der Persönlichkeit (consumtio famae) in seiner Friedlosigkeit (s. d.), welche die Folge der Oberacht war. Das heutige deutsche
Strafrecht kennt nur noch gewisse Verminderungen
der Rechtsfähigkeit, welche infolge strafbarer
Handlungen eintreten und sich als eine Schmälerung der bürgerlichen Ehrenrechte darstellen. Das Reichsstrafgesetzbuch macht
in dieser Hinsicht folgende Unterscheidungen:
1) dauernde Unfähigkeit zum Dienst in dem Reichsheer und der Marine und zur Bekleidung öffentlicher Ämter als gesetzliche
Wirkung der Verurteilung zur Zuchthausstrafe;
2) Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte in Gemäßheit richterlichen Erkenntnisses auf 2-10 Jahre neben
jeder Zuchthausstrafe und auf 1-5 Jahre neben Gefängnisstrafe von mindestens 3 Monaten in Fällen, wo das Gesetz dies ausdrücklich
zuläßt oder Gefängnisstrafe wegen mildernder Umstände an die Stelle der Zuchthausstrafe tritt, womit auf die Dauer der
Verlust aller öffentlichen Ämter und Würden sowie auf die im Urteil bestimmte Zeit die Unfähigkeit zum
Tragen der Landeskokarde, zum Eintritt in Heer oder Marine, zur Erlangung öffentlicher Ämter und Würden, zur Ausübung politischer
Rechte, zur Zeugenschaft bei Aufnahme von Urkunden und zur Übernahme einer Vormundschaft oder gerichtlichen Beistandsleistung
verknüpft ist;
3) bloße Unfähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter auf 1-5 Jahre neben Gefängnisstrafe, neben
welcher die bürgerlichen Ehrenrechte hätten aberkannt werden können;
(früher Burgemeister, v. mittelhochd.
burc, d. h. Stadt), der oberste Verwaltungsbeamte einer städtischen, nach der Ausdrucksweise
einer Anzahl neuerer Gemeindeordnungen auch einer ländlichen Gemeinde. Bürgermeister entstanden (nach dem Vorbild
der römischen Konsuln) im 13. Jahrh., als die Bewohner der Städte durch Waffengewalt oder friedliche Übereinkunft die Vogtei
weltlicher und geistlicher Fürsten mehr und mehr beschränkten und durch Handel und Gewerbe den Kaisern und Landesherrn immer
wichtiger wurden.
Mit dem Recht, einen Bürgermeister zu wählen, hatten die Städte ihre Verfassung vollendet; sie standen dadurch selbständig da, frei
vom Einfluß landesherrliche Behörden, bis mit der Ausbildung der Landeshoheit in neuerer Zeit die Landesregierungen wieder
Einfluß gewannen und die Stadträte samt Bürgermeistern als Unterbehörden sich unterordnete. In den meisten Ländern
geben die Bürgermeister aus einer freien, jedoch in der Regel mehr oder weniger indirekten Wahl der Gemeindeangehörigen hervor; doch
kommt es auch vor, daß dieselben von der Regierung ernannt werden, wie dies in Frankreich von jeher die Regel gelesen ist.
Nach den meisten neuern Gemeindegesetzgebungen erfolgt die Wahl der Bürgermeister nur auf eine bestimmte Reihe von
Jahren (3, 6, 12 Jahre), nach deren Ablauf
[* 30] sie sich einer Wiederwahl zu unterwerfen haben. Dieselben bedürfen der Bestätigung
der Regierung. Zuweilen werden sie auf Lebenszeit gewählt, wie in Sachsen;
[* 31] anderwärts erfolgt die erste oder wenigstens eine
abermalige Wiederwahl auf Lebenszeit. Wo die Gemeinde bloß durch ein einziges kollegiales Organ vertreten
wird, ist der in der Regel Mitglied und Vorsitzender desselben; wo dagegen der Dualismus in der Gemeindevertretung herrscht,
ist er nur Mitglied und Vorsitzender des für die ausübende Verwaltung bestimmten Organs (Gemeinderats, Stadtrats, Magistrats).
Der Wirkungskreis des Bürgermeisters begreift der Hauptsache nach die Leitung und Beaufsichtigung des
ganzen Geschäftsganges der städtischen Verwaltungin sich, insbesondere die Verteilung der Geschäfte unter die
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mehr
Gemeindebeamten, den Vorsitz in den Sitzungen des Gemeinderats, nach Befinden auch der neben dem letztern bestehenden Gemeindevertretung,
die Vorbereitung der an die Gemeindeorgane zu bringenden Vorlagen und die Ausführung der von denselben gefaßten Beschlüsse.
Der Bürgermeister führt die unmittelbare Aufsicht und übt Disziplin über die Gemeindebeamten. In den meisten Staatenist er zugleich nach gewissen Richtungen hin Organ und Beauftragter der Staatsgewalt und insoweit nur von der letztern abhängig.
Hierher gehört namentlich die Handhabung der Ortspolizei sowie die Besorgung aller örtlichen Geschäfte der Staatsverwaltung,
für welche nicht besondere Behörden bestellt sind. Wo mehrere Bürgermeister vorhanden sind, pflegen dieselben entweder
in der Geschäftsführung miteinander abzuwechseln, oder es ist der eine dem andern übergeordnet, in
welchem Fall gewöhnlich der erstere den TitelOberbürgermeister oder Erster Bürgermeister führt. Einzelne Landesverfassungen räumen
auch den Bürgermeistern gewisser Städtean sich oder auf Grund landesherrlichen Ernennung einen Sitz in der Landesvertretung
ein.
in der Rheinprovinz
[* 33] und in Westfalen
[* 34] ein aus mehreren Landgemeinden zusammengesetzter
Kommunalverband.
Derselbe steht unter einem von der Regierung ernannten Bürgermeister, welcher von der Bürgermeisterei honoriert wird,
und dem die Bürgermeistereiversammlung als Organ des Verbandes zur Seite steht.
(lat. Civitas), der Inbegriff derjenigen Befugnisse, welche dem Bürger als solchem zustehen. Dabei ist
zwischen Staatsbürgerrecht und Gemeindebürgerrecht zu unterscheiden, je nachdem es sich um die Staatsangehörigkeit und
um die daraus hervorgehenden Rechte (s. Unterthan) oder um die Gemeindeangehörigkeit handelt (s. Bürger). Im deutschen Bundesstaat
kann man auch von einem Reichsbürgerrecht im Gegensatz zu dem in den Einzelstaaten sprechen (s. Bundesindigenat), gleichwie
in der Schweiz
[* 35] zwischen dem Schweizer Bürgerrecht, welches allen Angehörigen der Eidgenossenschaft zusteht, und dem
Kantonsbürgerrecht, dem in einem einzelnen Kanton,
[* 36] unterschieden wird. Auch die Bestimmungen über die rechtliche Stellung
des Bürgers werden zuweilen als Bürgerrecht (im objektiven Sinn) bezeichnet. Im alten Rom
[* 37] war der Gegensatz zwischen Bürgerrecht (jus civile) und
dem allgemeinen Recht (jus gentium) in privatrechtlicher Hinsicht von großer Bedeutung (s. Römisches Recht).
veraltete Bezeichnung für die von dem Bürger einer Gemeinde zu entrichteten Gemeindeabgaben. Je nachdem
es sich dabei um Grund- oder Personalsteuern handelte, ward zwischen Personal- undReal- oder Erbschoß unterschieden,
während die auf ein Gewerbe zu entrichteten städtischen Abgaben als Gewerbeschoß bezeichnet wurden.
Aus den mancherlei Versuchen gingen später einerseits die höhern Bürgerschulen (s. d.), d. h.
lateinlose höhere Schulen, welche den Realschulen bis zur Obersekunda oder Prima entsprechen, hervor, anderseits die Mittelschulen
(s. d.), d. h. gehobene und über
die Grenze der allgemeinen Schulpflicht um 1-2 Jahre hinausgreifende Volksschulen. Jene erhielten in Preußen
[* 40] festere Ordnung
zuerst durch die »Vorläufige Instruktion für die an den höhern Bürger- und Realschulen anzuordnenden Entlassungsprüfungen«
vom welcher die »Unterrtchtsordnung« vom und zuletzt
die Lehrpläne vom folgten. Diese, ihrer Natur nach weniger gleichförmig gestaltet, sondern
den örtlichen Verhältnissen mannigfach angepaßt, fanden festere Normen durch die Falkschen »Allgemeinen Bestimmungen« vom Der
einfache Name Bürgerschule selbst, durch seine Mehrdeutigkeit unbequem geworden, ist allmählich aus der amtlichen Sprache
[* 41] verschwunden.
Name der Sammlungen von Rechtssprüchen der frühern städtischen Gerichte, Aufzeichnungen
des bei dem Schöffenstuhl einer Stadt überhaupt üblichen Rechts derKüren oder Willküren, welche bald von der ganzen Bürgerschaft,
bald auch nur vom Rate der Stadt und einem Bürgerausschuß ausgingen, gewöhnlich in Fragen und Antworten geteilt waren und
den Bürgern zu gewissen Zeiten vorgelegt zu werden pflegten.
derjenige Vermögenskomplex in einer städtischen Gemeinde, welcher für die wirtschaftlichen Bedürfnisse
der Bürger, sei es aller, sei es einer bevorzugten Klasse derselben, zur Verwendung und Nutznießung kommt.
Den Gegensatz bildet
das Kämmereivermögen, das für öffentliche Stadtzwecke bestimmte Vermögen (s. Allmande).
eine Verabredung unter adligen Stammverwandten, wodurch ein Bezirk um die Burg herum
bestimmt wurde, der als zu ihr gehörig angesehen werden und wie diese selbst gemeinschaftlich bleiben sollte;
auch der besondere rechtliche Schutz, unter welchem sich dieser Bezirk, ebenso wie die Burg selbst,
befand;
auch wohl die Sammlung polizeiliche Verordnungen und Vorschriften, welche die Erhaltung derRuhe
und Sicherheit im Schloß und dessen nächster Umgebung bezweckten.
Die Strafen für den Burgfriedensbruch waren hart, weil
sich der Herr selbst durch denselben beleidigt fühlte. So wurde bei Thätlichkeiten dem Übertreter die rechte Hand abgehauen;
deshalb sah man häufig an den Wegen zu den Burgen
[* 42] und Schlössern Tafeln aufgestellt mit der Aufschrift
»Burgfriede« und Beil und Hand daneben gemalt. Heutzutage wird die Störung der Ruhe in einer Burg oder in einem Residenzschloß
lediglich nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen bestraft.
(mittellat. Buregravius od. Burgicomes, auch
Burghauptmann, Burgvogt, Pfleger etc.), ursprünglich Befehlshaber in einer Burg, welcher neben den militärischen
Funktionen die
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mehr
Gerichtsbarkeit in deren Gebiet ausübte und von dem Besitzer oder den Ganerben hierzu ernannt worden oder als Pfandinhaber
in deren Besitz war, während der Eigentümer nie diesen Titel geführt zu haben scheint. Gewöhnlich wurde zu diesem Amt ein
Mitbesitzer oder ein Gläubiger aus dem niedern Adelstand bestellt. Der Burggraf war ziemlich unumschränkt,
konnte Gebäude ausführen lassen, überhaupt anordnen, was er für gut hielt, wofür er später entschädigt wurde. Wo kaiserliche
Burgen zu Städten erwuchsen, verwandelten sich die Burggrafen in Stadtgrafen (comites urbis) und übten als solche den Gerichts-
und Heerbann sowie überhaupt die Aufsicht und Polizei über die Freisassen aus. Ihr Ansehen sank mit der
steigenden Macht der Städte. Nur einige Burggrafen, wie die zu Nürnberg,
[* 44] Meißen,
[* 45] Magdeburg
[* 46] etc., gewannen die Burggrafschaft
als erblichen Besitz und gelangten zu fürstlicher Machtstellung, wie z. B. die hohenzollernschen Burggraf von
Nürnberg. Daher führen noch jetzt einige adlige Geschlechter den Titel Burggraf. Die Könige von Preußen führen
noch jetzt unter anderm den Titel Burggraf von Nürnberg.
Stadt im bayr. Regierungsbezirk Oberbayern, Bezirksamt Altötting (420 m ü. M.), an der Salzach,
unweit ihrer Mündung in den Inn, hat ein altes Bergschloß, mehrere Kirchen, ein Amtsgericht, ein Studienseminar (Gymnasium
nebst Lateinschule) eine Pfründneranstalt, ein reichdotiertes Krankenhaus,
[* 49] ein Kapuzinerkloster, Wasserleitung,
[* 50] Ackerbau und
mit der Garnison (1 Bataillon vom 16. Infanterieregiment) (1880) 3475 kath. Einwohner.
Urkundlich kommt Burghausen zuerst 1025 vor und war der Hauptort der Grafschaft Burghausen, welche einem Zweig der Grafen
von Plain gehörte. Nach dem Erlöschen des Geschlechts 1161 kam das Schloß mit der Grafschaft an die Herzöge von Bayern
[* 51] und
war dann 1255-1505 Residenz der Herzöge von Niederbayern, die es befestigten. Eine Pulverexplosion legte 1504 die Stadt in
Asche; 1705 hausten die aufrührerischen Bauern in Burghausen, kurz nachher die Kaiserlichen, die es 1742 abermals
hart mitnahmen.
Vgl. Huber, Geschichte der Stadt Burghausen (Burghaus. 1862).
1) fürstliches, ehemals festes Schloß im FürstentumReuß-Greiz, unweit Schleiz,
[* 52] 470 m ü. M., auf einem
hohen und steilen Felsen über der Saale reizend gelegen, Sitz eines Amtsgerichts, mit (1880) 186 Einw.
Hans, deutscher Maler und Zeichner für den Formschnitt, geb. 1473 zu Augsburg,
[* 53] Sohn des Malers Thoman Burgkmair, lernte
bei seinem Vater, ging dann zu MartinSchongauer nach Kolmar,
[* 54] war nach dessen Tod noch einige Zeit im Elsaß
thätig und trat 1498 in die Augsburger Malergilde. Vorher scheint er nach Italien
[* 55] gegangen zu sein, wo die venezianische Kunst
einen entscheidenden Einfluß auf ihn ausübte. Daneben hat er sich aber ganz besonders nach Dürer gebildet.
KaiserMaximilian I. beschädigte ihn viel. Er starb 1531 in Augsburg. Burgkmair besonders war es, der den Renaissancestil nach Deutschland
übertrug.
Seine frühern Bilder zeigen einen derben Geschmack, untersetzte Figuren, wulstige Gewandung und wenig sichere Zeichnung, jedoch
ein kräftiges Kolorit. Hauptwerke aus dieser
frühern Periode sind die Darstellungen der drei Hauptkirchen
Roms: Basilica SanctiPetri (1501), San Giovanni in Laterano (1502) und Santa Croce (1504), welche für das Katharinenkloster zu
Augsburg gemalt wurden und sich jetzt in der königlichen Galerie daselbst befinden. In demChristus und Maria auf dem Thron
[* 56] darstellenden
Altar von 1507 daselbst, aus dem gleichen Kloster, macht sich dagegen schon der Einfluß der Renaissance
geltend, der sich von nun an so hervordrängt, daß Burgkmair als der frühste Hauptmeister derselben in Deutschland erscheint, als
welcher er auf die oberdeutsche Kunst, die beiden Holbein
[* 57] eingeschlossen, entscheidend eingewirkt hat.
Stadt im bayr. Regierungsbezirk Oberfranken (280 m ü. M.), Bezirksamt Lichtenfels, am Einfluß des Weißmainflüßchens
in den Main, an der Eisenbahn von Bamberg
[* 62] nach Hof,
[* 63] hat ein Schloß, eine schöne Stadtkirche, ein altes Rathaus, eine Synagoge
und (1880) 1199 Einw., welche Fabrikation von
Leinen- und Baumwollwaren und ansehnlichen Vieh- und Hopfenhandel treiben.
Dorf im schweizer. Kanton Uri
(552 m ü. M.),
am Eingang des Schächenthals, mit (1880) 1478 Einw. Daselbst soll
Tell geboren sein und in dem angeschwollenen Schächenbach seinen Tod gefunden haben, als er ein Kind zu retten suchte.
Theaterkapellmeister, ward 1806 Musikdirektor in Düsseldorf
[* 67] und starb als solcher nachdem er noch an der Gründung
der seit 1818 alljährlich stattfindenden niederrheinischen Musikfeste eifrigen Anteil genommen. - Von seinen Söhnen war der
ältere, Friedrich Burgmüller, geb. 1804 zu Regensburg, seit 1832 in Paris
[* 68] als Klavierlehrer und Komponist wirksam
und hat sich durch seine leicht ansprechenden und auszuführenden Klavierkompositionen, unter denen sich die »Kinder-Etüden«
auszeichnen, in den weitesten Kreisen bekannt gemacht. Er starb im Februar 1874 zu Beaulieu in Frankreich.
Ungleich höher begabt als er war sein jüngerer Bruder, Norbert Burgmüller, geb. zu Düsseldorf, der
nach gründlichen Kompositionsstudien bei Spohr und Hauptmann in Kassel eine für seine kurze Lebensdauer (er starb schon in
Burtscheid bei Aachen)
[* 69] erstaunliche Produktivität entfaltete. Von seinen fast durchweg hochbedeutenden Werken (Symphonien,
Klavierkonzerte, eine Rhapsodie, eine Sonate, Quartette etc.) ist neuerdings eine Auswahl erschienen. Von seinen Liedern berichtet
unter andern R. Schumann in seinen »Gesammelten Schriften« (Bd. 3) mit höchster Anerkennung. - Der als Arrangeur von Opernpotpourris
bekannte François Burgmüller gehört nicht zur obigen Familie.
span. Provinz in Altkastilien, grenzt im N. an die ProvinzenSantander und Viscaya, im O. an Alava und Logrono,
im S. an Soria und Segovia, im W. an Valladolid und Palencia und hat ein Areal von 14,635 qkm (265,8 QM.). Das
im allgemeinen gebirgige Land wird im N. vom Kantabrischen Gebirge, im SO. von den zum iberischen Gebirgssystem gehörigen
Sierras de la Demanda und de Urbion, im zentralen Teil von den niedrigern Bergzügen Sierra de Oca, Montes
Obarenes etc. durchzogen.
Diese großenteils unbewaldeten Bergzüge enthalten ausgezeichnetes Weideland und reiche Lager
[* 70] von Erzen und Kohlen, welche
aber noch wenig ausgebeutet werden. Auch das Hügelland hat wenig Bäume, dagegen viel Gebüsch und ausgedehnte Triften. Die
wichtigsten Flüsse
[* 71] sind: der Ebro, der Duero und dessen Nebenfluß Pisuerga mit Arlanzon und Arlanza. Das
Klima
[* 72] ist rauh, Schneefällen und heftigen Winden
[* 73] unterworfen. Die Bevölkerung
[* 74] beläuft sich (1883) auf 337,110 Einw., 23 auf
das QKilometer.
Die gleichnamige Hauptstadt, amphitheatralisch an einem Hügel am rechten Ufer des Arlanzon und an der
Spanischen Nordbahn liegend, hat eine verfallene Citadelle (die ehemalige Zwingburg der kastilischen Könige), 9 Thore und 9 öffentliche
Plätze (einen mit König Karls III. Statue). Das hervorragendste Baudenkmal ist die schöne gotische Kathedrale (s. Tafel »Baukunst
[* 81] X«,
[* 82] Fig. 4) aus dem 13. Jahrh., welcher
in den Jahren 1442-56 von dem deutschen MeisterJohann vonKöln
[* 83] eine reich ausgestattete Fassade und zwei 90 m hohe Türme mit
durchbrochenen Helmen, ferner im Jahr 1487 eine prächtig dekorierte Kapelle mit den Grabmälern des Connetable Velasco von
Kastilien und seiner Gemahlin hinzugefügt wurden.
Hervorragendere Erwerbszweige sind nur der Woll- und Käsehandel und die Tuchfabrikation. Burgos ist Sitz eines Gouverneurs, eines
Erzbischofs und eines Appellationsgerichts, ist einer der ersten Waffenplätze
[* 85] Spaniens, hat 2 Kollegien,
ein Seminar, eine chirurgische Schule, Kunstakademie, mehrere Hospitäler und Armenhäuser, ein Blinden- und Taubstummeninstitut.
Bei Burgos liegt die AbteiSanta Maria de las Huelgas, von Alfons IX. für 150 adlige Nonnen gestiftet, deren Äbtissin Bischofsrechte
und die Herrschaft über 17 Klöster, 14 Städte und 50 Dörfer hatte. (oder vielmehr der benachbarte Flecken
Vivar) ist der Geburtsort des spanischen Nationalhelden Cid (s. d.), dem an der Stelle seines Wohnhauses ein Denkmal gesetzt
worden ist, und dessen Gebeine gleich denen seiner Gemahlin Irmena sich bis 1842 in dem 8 km entfernten ehemaligen KlosterSan Pedro de Cardena befanden, seither aber im Rathaus von Burgos ruhen. Unfern der Stadt befindet sich auch
die berühmte KartauseMiraflores mit den Grabmälern König Johanns II. und seiner Gemahlin. - Burgos wurde im 9. oder 10. Jahrh.
an der Stelle der zerstörten Stadt Cauca (Auca) oder des alten Deobrigula erbaut und die Residenz der Grafen
und Könige von Altkastilien. Alfons VI. verlegte den Bischofsitz von Gamonal hierher, und 1574 wurde Burgos zu einem Erzbistum
erhoben. In der neuern Kriegsgeschichte ist die Stadt merkwürdig durch den Sieg derFranzosen (40,000 Mann) unter Soult über
die Spanier (20,000 Mann) unter dem Marquis von Belveder und durch die erfolglose Belagerung
durch Wellington19. Sept. bis
Francisco Javier de, span. Staatsmann und Schriftsteller, geb. zu
Motril in der ProvinzGranada,
[* 86] widmete sich der Theologie, dann der Jurisprudenz, ward unter König JosephBonaparte Unterpräfekt
von Almeria und mußte beim Sturz der französischen Herrschaft nach Frankreich fliehen, wo er den Horaz
übersetzte und kommentierte (1820-24, 4 Bde.) und ältere spanische
Werke herausgab. 1817 nach Spanien
[* 87] zurückgekehrt, redigierte er seit 1819 eine Zeitschrift: »Miscelanea de comercio, artes
y literatura«, der er 1820 einen politischen Teil hinzufügte.
Als angesehener Publizist erhielt er auch die Redaktion des »Imparcial«.
Nachdem er 1824 die Guebhardsche Anleihe in Paris negoziiert und dem König einen freimütigen Bericht über die innere LageSpaniens und die Mittel zu ihrer Heilung vorgelegt hatte, wurde er 1827 Intendant beim Zollrat, dann Oberfinanzrat und Mitglied
der spanischen Akademie der Wissenschaften. Seine damals ausgeführte, zehn Jahre früher verfaßte Komödie
»Las tres iguales« sollte das klassische spanische Lustspiel verjüngen, ebenso die Stücke: »El baile de Máscara« und »El optimista
y el pesimista«. 1835 von der Regentin Christine zum Minister des Innern ernannt, entwickelte er eine außerordentliche organisatorische
Thätigkeit und übernahm später auch das Portefeuille der Finanzen. Dem MinisteriumMartinez de la Rosa
gehörte er ebenfalls an und nahm,
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