Die Hauptstadt Brescia (lat. Brixia) liegt anmutig am
Fuß der
Alpen,
[* 6] 139 m ü. M., in der großen lombardischen
Ebene am Garza und an der
Eisenbahn von
Venedig
[* 7] nach
Mailand,
[* 8] mit Zweigbahn nach
Cremona, und ist nächst
Mailand die wichtigste
und reichste Stadt der
Lombardei, obwohl sie
vor der furchtbaren Verwüstung durch die
Franzosen 1512 in noch höherer
Blüte
[* 9] stand. Sie ist größtenteils regelmäßig gebaut, hat schöne, breite
Straßen, viele
Plätze und 72 öffentliche
Brunnen,
[* 10] welche durch einen
Aquädukt vom nahen Dorf Mompiano mit trefflichem
Wasser versehen werden.
Die
Wälle der ehemaligen
Festung
[* 11] sind in
Promenaden umgewandelt; an der Nordseite liegt noch aus einem die Stadt beherrschenden
Felsen ein altes
Kastell
(Falcone di Lombardia). Die bemerkenswertesten Gebäude sind: der neue
Dom (1604-1825)
mit herrlicher
Kuppel, im Innern einfach;
daneben der alte
Dom (la Rotonda), der aus dem 7. Jahrh. stammen soll, mit einer
Krypte;
die alte Afrakirche, beide mit berühmten Gemälden;
ferner das
jetzige
Rathaus
(Palazzo municipale oder
Loggia), ein schöner Renaissancebau von 1492 bis 1574, dem gegenüber der
Uhrturm und vor letzterm das Denkmal der 1849 gefallenen Brescianer steht;
der Broletto, aus dem 12. Jahrh. (ehedem Sitz
der freistädtischen Behörden, später des
Gerichts);
Das Museo patrio, in einem 1820 entdeckten antiken
Tempel
[* 13] von 72
n. Chr. (unter Vespasian) aus weißem
Marmor, enthält unter andern antiken
Funden eine berühmte geflügelte
Viktoria,
aus
Erz gegossen, 2 m hoch. Auch die
Galerie Tosio (Museo civico), ein
Vermächtnis des
Grafen Tosio, enthält wertvolle (neuere)
Kunstschätze. Eine Cypressenallee führt zum prachtvollen, mit schönen
Denkmälern geschmückten
Campo santo (1825
erbaut); die Begräbnisstätten sind in der
Weise der antiken Kolumbarien angelegt.
Die Zahl der Einwohner beträgt (1881) 43,354
Seelen. In industrieller Hinsicht ist Brescia besonders berühmt durch seine Seidenmanufakturen
wie durch seine
Eisen- und Stahlwaren-, besonders Waffenfabriken, wovon die Stadt von alters her den
Namen »Armata« führt.
Außerdem gibt es hier
Gerbereien,
Baumwoll- und Schafwollwebereien, Goldschmiedewerkstätten u. a. Die
vorzüglichsten Gegenstände des
Handels sind die Erzeugnisse des
Gewerbfleißes, sodann
Wein,
Getreide,
[* 14]
Käse u.
Kolonialwaren.
hat einen
Gerichtshof, ein
Handelsgericht, ein großes
Krankenhaus
[* 15] (1447 gegründet), ein
Seminar, ein
Lyceum, zwei Gymnasien,
eine königliche technische
Schule, ein
Athenäum, eine öffentliche, 40,000
Bände starke
Bibliothek (vom
Bischof Quirini 1750 gegründet) mit kostbaren
Handschriften. Die Stadt ist Sitz eines
Bischofs und der Provinzialbehörden.
Brescia war unter dem
Namen Brixia eine Stadt der
Insubrer, dann der
Cenomanen und wurde später ein römisches Munizipium. 452
von
Attila zerstört, ward die Stadt bald wieder aufgebaut, war dann im
Besitz der
Langobarden und teilte die
Schicksale Oberitaliens. An der
Verbindung der lombardischen
Städte beteiligt, kämpfte sie mit gegen
FriedrichBarbarossa und
erhielt im
Frieden von
Konstanz
[* 16] 1183
Anerkennung ihrer Unabhängigkeit. 1238 hielt sie aufs tapferste eine Belagerung durch
Friedrich II. aus. 1258 fiel sie in dieGewalt des
Ezzelino da Romano. 1311 wurde sie nach mehrmonatlicher
Belagerung vom
KaiserHeinrich VII. erobert und mit Niederreißung der
Mauern, Schmälerung ihres Gebiets etc. bestraft.
Grünhagen und Korn, Regesta episcopatus Vratislaviensis (das. 1864, Teil 1).
2) Herzogtum, der mittlere Teil Schlesiens, stand seit 1163 unter der Herrschaft eines piastischen Hauses, das 1179 auch Niederschlesien
(Liegnitz)
[* 37] erwarb. Während in der Folge die mächtigste Linie der Herzöge von Niederschlesien immer in
LiegnitzHof
[* 38] hielt, wurde Breslau bei den vielfachen Teilungen der Piasten mehrmals Sitz einer Seitenlinie, so 1241-90 und 1311-1327.
In letztem Jahr verkaufte HerzogHeinrich VI. von Breslau sein Land an König Johann vonBöhmen.
[* 39] Mit Böhmen kam
es 1526 unter österreichische Herrschaft und 1742 im Frieden von an Preußen (s. Schlesien, Geschichte).
[* 25] (hierzu der Stadtplan), Hauptstadt der
preuß. ProvinzSchlesien und des gleichnamigen Regierungsbezirks (s.
unten), dritte königliche Residenz, liegt unter 51° 7' nördl. Br. und 17° 2' östl. L. v. Gr., 111 m (Höhe am
Unterpegel der Oder) über der Ostsee in einer weiten, fruchtbaren Ebene, zu beiden Seiten der Oder, welche hier die Ohle aufnimmt
und mehrere Inseln (Sandinsel, Bürgerwerder etc.) bildet. Breslau, das unter den Städten des DeutschenReichs nach Berlin u. Hamburg
[* 40] die dritte Stelle, unter denen der preußischen Monarchie somit die zweite einnimmt, besteht aus der innern
Stadt (früher Alt- und Neustadt)
[* 41] und fünf Vorstädten: der Ohlauer Vorstadt im SO., der Schweidnitzer im S., der Nikolaivorstadt
im W., der Oder- und der Sandvorstadt im N., welch letztere aus den ehemaligen Vorstädten Sand- und Dominsel zusammengesetzt
ist.
Der Bürgerwerder und andre Oderinseln sind der Odervorstadt in administrativer Beziehung zugeteilt.
Seit sind sieben Ortschaften mit zusammen 14,417 Einw. der Stadt einverleibt worden.
Die früher vorhandenen sechs Thore sind gegenwärtig, nachdem die Festungswerke seit 1813 in schattige Spaziergänge umgewandelt
worden, nur noch teilweise an den Brückenübergängen kenntlich, welche aus der Innenstadt in die Vorstädte
führen. Die Ufer der Oder und der Inseln sind durch 10 eiserne, 5 hölzerne und 3 steinerne Brücken
[* 42] verbunden. Außerdem bestehen 3 große
Eisenbahnbrücken, 5 Brücken über den Stadtgraben und 4 Brückennur für den Personenverkehr.
Die Zahl der öffentlichen Plätze, Straßen und Wege der Stadt beträgt 290. Von den
Plätzen verdient vor allen Erwähnung der ziemlich quadratische Hauptmarkt oder der »Ring«, zugleich Zentrum der Stadt, auf
welchem das alte, mit Erkern und bilderreichen Simsen gezierte Rathaus, das neue Stadthaus, einige Reihen von Privatgebäuden
und zahlreiche Verkaufsstellen (ständige »Bauden«) sich befinden. Vor dem Stadthaus steht die Reiterstatue
Friedrichs d. Gr. (von Kiß, seit 1842), an der Westseite desselben die Reiterstatue FriedrichWilhelms III. (ebenfalls von Kiß,
seit 1861), an der Ostseite des Rathauses die sogen. Staupsäule (einst Pranger).
Andre Marktplätze sind: der Blücherplatz (früher Salzring) mit dem ehernen Standbild Blüchers (von Rauch, seit 1827), an der
südlichen Seite von dem alten Börsengebäude, welches jetzt Gesellschaftszwecken dient, begrenzt;
der
Neumarkt (zweitgrößter Marktplatz der Stadt) mit dem Standbild Neptuns (vom Volk Gabeljürge genannt) in einem Springbrunnen;
der Berliner
[* 43] Platz mit großer Fontane, der Platz am Zentralbahnhof, der Königsplatz, Ritterplatz, der Lessingplatz mit dem
neuen Regierungsgebäude und großer Turnhalle, der Domplatz mit dem
Dom und Parkanlagen, der große Schießwerderplatz (zu Ausstellungszwecken),
der Platz »am Wäldchen«, der infolge weiterer
Zuschüttung des Ohlebettes gewonnene Platz »am Ohlau-Ufer«, der schöne Matthiasplatz mit Parkanlagen und großem Springbrunnen
u. a. Die Straßen der innern Stadt sind bis auf wenige regelmäßig, nur etwas schmal, die der Vorstädte dagegen breit und
schön. Unter ihnen sind besonders hervorzuheben: die Schweidnitzer, Ohlauer, Albrechts-, Reusche-, Nikolaistraße und Schmiedebrücke
in der innern Stadt sowie die Tauenzien-, NeueTaschen-, Garten-, Friedrich-Wilhelms-, KaiserWilhelm-, Palmstraße und die Straßen
am Stadtgraben entlang in den Vorstädten. Für Beleuchtung
[* 48] wird durch drei der Stadtgemeinde gehörige Gasanstalten gesorgt.
Durch die Abdämmung der Ohle, die jetzt oberhalb der Stadt in die Oder mündet, und die 1881 vollendete
Schwemmkanalisation ist der Gesundheitszustand Breslaus sehr verbessert. Außer dem ältern Wasserhebewerk (durch Wasserkraft
getrieben) versorgt seit 1871 ein Dampfwasserwerk die Stadt mit filtriertem Flußwasser.
[Gebäude.]
hat 11 evang. Kirchen (darunter 5 ohne Parochialrechte), 1 altlutherische, 1 reformierte, 16 katholische
(inkl. 3 Kloster- und 3 Anstaltskirchen), 1 altkath. Kirche, Versammlungslokale für Dissidenten, Herrnhuter etc. und 13 Synagogen.
Unter den katholischen Kirchen sind bemerkenswert: der Dom zu St. Johannes dem Täufer, der um 1148 in gotischem Stil begonnen,
gegen Ende des 15. Jahrh. vollendet, später im Renaissancestil des 17. und 18. Jahrh.
erweitert und 1873-75 im Innern renoviert wurde, mit zwei Türmen (seit dem Brand von 1759 ohne Spitze), vielen Kapellen (darunter
die prachtvolle Elisabethkapelle, 1680 erbaut), großen Reichtümern (z. B. einem Hochaltar aus gediegenem Silber) und prachtvollen
Werken der Malerei und Bildnerei;
die 1883 vollendete Nikolaikirche,
ein Neubau an Stelle der alten, während der Belagerung von 1806 niedergebrannten Kirche;
endlich die neue St. Michaeliskirche,
ein zierlicher gotischer Bau (1871 vollendet).
Von den evangelischen Kirchen ist die erste und größte die Hauptkirche zu
St. Elisabeth (1253 gegründet, im 14. und 15. Jahrh. neu erbaut und 1857 restauriert)
mit 91 m hohem Turm
[* 51] (vor 1529, als die Spitze desselben herabstürzte, noch bedeutend höher), der größten GlockeSchlesiens
(110 metr. Ztr. schwer), vielen ausgezeichneten Kunstdenkmälern,
berühmter Orgel, Glasmalereien und einem 16 m hohen steinernen Sakramentshäuschen (vom Jahr 1455); die zweite evangelische
Hauptkirche, von der die Reformation 1523 für und einen großen Teil Schlesiens ausging, ist die zu St.
MariaMagdalena, nach dem Muster des Doms im 14. Jahrh. gebaut, mit zwei durch eine hohe Brücke
[* 52] verbundenen
gotischen Türmen,
vielen Denkmälern und neuem, prachtvollem Glasgemälde.
Ferner sind zu nennen: die St. Barbarakirche (seit 1740 zugleich Garnisonkirche) mit Tafelmalereien aus
dem 14. und 15. Jahrh.;
die Bernhardinkirche mit kunstvoll gemalter Hedwigstafel, 1453 gegründet, in ihrem jetzigen Bau 1502 vollendet.
Ganz neu ist die in gotischem Stil von der Stadt erbaute Salvatorkirche. Unter den Synagogen ist die neue
am Schweidnitzer Stadtgraben nächst der in Berlin die schönste und größte Deutschlands
[* 53] (1872 vollendet).
Von andern öffentlichen Gebäuden sind bemerkenswert: das großartige, neuerdings renovierte Rathaus im spätgotischen Stil,
dessen Bau sich von der Mitte des 14. bis zum 16. Jahrh. hingezogen, innen
und außen reich an Bildhauerarbeit, mit berühmtem Fürstensaal und mit dem nach einem ehemals dort ausgeschenkten Bier benannten
SchweidnitzerKeller;
das an der Nordwestseite des Rathauses liegende, 1862 vollendete Stadthaus enthält den Sitzungssaal,
die Konferenzzimmer und Büreaus der Stadtverordnetenversammlung, die städtische Sparkasse und die Stadtbibliothek;
dann die Bahnhofsgebäude der Freiburger und der Niederschlesisch-Märkischen Eisenbahn sowie im SO. der 1857 im gotisierenden
Burgstil erbaute Oberschlesische oder Zentralbahnhof;
das neuerbaute Trinitatishospital (mit eigner Kirche);
die von der Stadt erbaute königliche
Gewerbe (Oberreal-) Schule.
Unter den Privatgebäuden zeichnet sich besonders das ganz mit Freskogemälden
bedeckte Haus zu den sieben Kurfürsten am Ring aus. Eine der schönsten Zierden Breslaus bildet die sogen. Liebichshöhe, ein
der Stadt von den Kaufleuten G. und A. Liebich geschenktes, aus der Taschenbastion errichtetes Belvedere, das eine weite Rundsicht
gestattet.
Die EntwickelungBreslaus wird durch die Zunahme der Bevölkerung charakterisiert.
Die Zahl der Zivileinwohner betrug im J. 1756: 54,774, zur Zeit des Siebenjährigen Kriegs (1763) nur 42,114, 1790
¶
mehr
wieder 51,219, 1811: 62,504, 1840: 92,305, 1852: 116,235, 1867: 167,229 (und 4697 Militärpersonen), 1880: 268,310 (und 4592 Militärpersonen),
am Schluß des Jahrs 1884: 295,300 Gesamtbevölkerung. Der Konfession nach entfallen von der Einwohnerzahl etwa 58 Proz. auf
Protestanten, 36 Proz. auf Katholiken und 6 Proz. auf Juden.
Der Handel ist überwiegend teils Transit-, teils Exporthandel in Landesprodukten. Unter letztern sind
Hauptartikel: Wolle (jährlich 40-50,000 metr. Ztr.), Getreide, Ölfrüchte,Berg- und Hüttenprodukte (besonders Steinkohlen),
Kalk, Eisen, Zink, Gewebe,
[* 58] Spiritus, Zucker,
[* 59] Butter etc. und die Erzeugnisse der städtischen Industrie. Sehr umfangreich war bisher
auch das Fonds- und Effektengeschäft. Altberühmt ist der jährliche Wollmarkt. Außerdem bestehen noch
ein in neuerer Zeit zu großer Bedeutung gekommener Maschinenmarkt, 3 Jahrmärkte, 5 Roß- und Viehmärkte, ein Flachs-, Leder-,
Zuchtvieh-, Leinsaat-, Honigmarkt, tägliche Getreidemärkte etc. Die Oderschiffahrt leidet
an dem Mangel eines größern Oderhafens, doch sind neuerdings Schienengleisverbindungen mit dem Stromufer und Verladevorrichtungen
getroffen worden.
Infolge der zum großen Teil ausgeführten Oderregulierung hat sich der Schiffsverkehr in den letzten
Jahren sehr gehoben. An Geldinstituten bestehen in Breslau eine Reichsbankhauptstelle, eine städtische Bank, der Schlesische Bankverein,
eine Diskontobank, eine Wechslerbank, eine Handels- und Entrepotgesellschaft; ferner eine Provinzialhilfskasse, ein Konsumverein, 6 Sparkassen,
verschiedene Vorschußvereine, eine ständische Darlehnskasse und die Generallandschaft. Der Etat des Stadthaushalts
für 1884 schloß in Einnahme und Ausgabe mit über 8 Mill. Mk. ab.
Sehr reich ist an Wohlthätigkeits- und Versorgungsanstalten aller Art, und es beläuft sich das Kapitalvermögen aller
milden
Stiftungen auf weit über 20 Mill. Mk., das der jüdischen Stiftungen nicht eingerechnet. Besonders hervorzuheben
sind: das Waisenhaus »ad matrem dolorosam«, 3 evangelische Waisenhäuser, viele Hospitäler, teils Kranken-, teils Verpflegungsanstalten
für das dürftige Alter, darunter das allgemeine Krankenhospital zu Allerheiligen, das jährlich über 9000 Kranke verpflegt;
die evangelisch-lutherische Diakonissenanstalt Bethanien für heilbare
Kranke;
das Augustahospital für kranke Kinder armer Eltern;
das Hausarmenmedizinalinstitut, das Fränkelsche Hospital und
die Fränkelschen sowie die Selenkeschen Stiftswohnungen, das kaiserliche Kinderheim, die Bürgerversorgungs-
und Bürgerrettungsanstalt.
Außerdem gibt es viele wohlthätige Privatstiftungen, das städtische Armen- und das Arbeitshaus,
sechs Sparkassen, eine städtische Leihanstalt; ebenso sind 160 Kranken-, Sterbekassen- und zahlreiche Versicherungsagenturen
am Ort.
[Bildungsanstalten, Behörden etc.]
Von den wissenschaftlichen Anstalten ist vor allen die Universität zu nennen, die 1702 auf
Betrieb der Jesuiten vom KaiserLeopold I. für Philosophie und katholische Theologie gestiftet und Leopoldina
genannt ward. Mit ihr wurde 1811 die Frankfurter Viadrina vereinigt und eine vollständige Universität mit fünf Fakultäten
gegründet. Die Zahl der Studierenden beträgt (1884) 1481, die der Dozenten 131. Mit der Universität verbunden sind: drei
theologische Seminare, ein philologisches und ein Seminar für deutsche Philologie, desgleichen für romanische
und englische Philologie, ein historisches, ein mathematisch-physikalisches, ein juristisches und ein staatswissenschaftliches
Seminar.
Die Universität besitzt 12 verschiedene naturwissenschaftliche Institute, 6 klinische Anstalten, 3 Kunstsammlungen. Zur Universität
gehört seit 1881 ein landwirtschaftliches Institut (früher in Proskau) mit 10 Lehrern und 44 Hörern.
Dasselbe vereinigt an Zweiginstituten: ein tierchemisches, ein Veterinär- und ein technologisches Institut. Die Universitätsbibliothek
umfaßt gegen 400,000 Werke, darunter Inkunabeln (bis 1500) gegen 2400, Aldinen 250, Manuskripte 2840 Bände.
Sie entstand aus den Sammlungen der aufgehobenen Stifter und Klöster und den frühern Frankfurter und Breslauer Universitätsbibliotheken;
zu ihr gehören auch die an orientalischen gedruckten und handschriftlichen Werken reiche Bibliotheca
Habichtiana und das akademische Leseinstitut. Ferner sind zu nennen: die Sternwarte;
die Bildergalerie (meist aus den Kirchen, Klöstern
etc.), reich an altdeutschen Werken;
das Museum für schlesische Altertümer und das Staatsarchiv für Schlesien etc. hat 6 Gymnasien,
darunter 3 städtische, ferner ein kath. Schullehrerseminar, ein Konvikt für evangelische Theologen,
ein fürstbischöfliches Klerikalseminar, ein Seminar zur
¶
1 physikalischer, 1 physiologischer, 1 genealogischer Verein, 1 Alpenverein, 2 Riesengebirgsvereine,
Breslauer Dichterschule, Schillerverein, mehrere Lehrervereine, 11 religiöse Vereine, verschiedene Gewerbe-,
Handwerker- und Ortsvereine;
48 Musik- und Gesang-, über 70 Wohlthätigkeitsvereine, gegen 60 Erziehungs- und Bildungs-, 8 politische, 11 Bezirksvereine
für kommunale Angelegenheiten etc. Von Bibliotheken sind außer der Universitätsbibliothek von Wichtigkeit: die Stadtbibliothek
(über 200,000 Bände und 2500 Handschriften nebst dem Stadtarchiv mit 30,000 Urkunden und vielen Handschriften)
im Stadthaus, 1864 entstanden aus der Rhedigerschen, der Magdalenenbibliothek und der Bibliothek der Bernhardinkirche;
Der litterarische Verkehr ist verhältnismäßig lebhaft; es erscheinen zur Zeit in Breslau 7 tägliche Zeitungen
(deren älteste die »SchlesischeZeitung«),
20 Wochenschriften, 11 Monatsschriften und über 15 kleinere und periodische
Fachblätter; es bestehen 49 Buch-, 17 Musikalien-, 12 Kunsthandlungen sowie 19 Buch- (exkl. 16 Accidenzdruckereien) und 38 Steindruckereien.
Die beiden Johannes sind neben der heil. Hedwig besondere Patrone der schlesischen Kirche. Vergnügungsanstalten hat in überreichlichem
Maß. Die Stadt umgibt an Stelle des frühern Festungswalles ein Gürtel
[* 64] schöner Promenaden mit mancherlei
Zierden, wozu in neuester Zeit noch Gartenanlagen auf dem Tauenzienplatz, am Wäldchen, auf dem Königsplatz, auf dem Matthiasplatz,
Lessingplatz etc. gekommen sind. Die beiden Überreste der ehemaligen Basteien (die schon erwähnte Taschenbastion, jetzt
Liebichshöhe genannt, mit breiten Terrassenanlagen und hohem Aussichtsturm und die Ziegelbastion [mit dem
Holtei-Denkmal] an der Oder) gewähren lohnenden Überblick. Der großartige Scheitniger Park sowie der Schießwerdergarten
sind Eigentum der Stadt. Außerdem besitzt dieselbe mehrere Theater, Konzertsäle für ständige Musikaufführungen und größere
Musikfeste. Zu den zahlreichen Vergnügungsorten in der Umgegend Breslaus führen teils Dampfschiffe, teils Pferdebahnen und
Omnibusse.
Vgl. das Kärtchen der Umgebung von Breslau auf der Karte »Schlesien«.
Geschichte.
Breslau erscheint als Wratislaw (Wratislawia, Wraclaw) schon um 980 als Stadt, war seit dem 11. Jahrh. Sitz eines Bischofs und gehörte
zu Polen, bis 1163 ein eignes Herzogtum unter den Söhnen des polnischen HerzogsWladislaw gebildet wurde. Nachdem die Stadt
schon 1039 von den Böhmen erobert und geplündert und 1241 beim Einfall der Mongolen zerstört worden war,
erhob sie sich bald zu neuer Blüte, nahm viele deutsche Kolonisten auf und erhielt 1242 deutsches Stadtrecht.
Universität nach Breslau verlegt. 1813 war Breslau kurze Zeit Sitz des Königs; von hier aus erging der Ausruf: »An MeinVolk!«, und
hier organisierten sich die Befreiungsheere. Nach der Schlacht bei Bautzen
[* 71] waren die Franzosen abermals (1.-12. Juni) Herren
der Stadt. Die vollständige Umwandlung der schon 1808 geschleiften Festungswerke in die jetzigen Anlagen
geschah nach dem PariserFrieden. In neuer Zeit hat Breslau einen wahrhaft großartigen Aufschwung genommen.
Litteratur.
Vgl. Gomolke, Kurzgefaßte Inbegriffe der vornehmsten Denkwürdigkeiten der Stadt Breslau (Bresl. 1731-33);
Luchs, ein
Führer durch die Stadt (9. Aufl., das. 1884);
v. Ysselstein, Lokalstatistik der Stadt Breslau (das. 1866);
P. Eschenloer, Geschichte der Stadt Breslau von 1440 bis 1479 (hrsg. von Kunisch,
das. 1827, 2 Bde.);
Pol (gest. 1632), Annalen von 965 bis 1623 (hrsg. von Büsching und Kunisch, das. 1813-24, 5 Bde.);
Klose, Dokumentierte Geschichte und Beschreibung der Stadt Breslau (das. 1780-83, 5 Bde.;
Fortsetzung in Stenzels »Scriptores rerum Silesiacarum«, das. 1847, Bd.
3);
Emil, Komponist, geb. zu Kottbus, war drei Jahre Religionslehrer und Prediger an der jüdischen Gemeinde
seiner Vaterstadt, bildete sich von 1863 bis 1867 am Sternschen Konservatorium zu Berlin im Klavier- und Orgelspiel sowie in der
Komposition aus, wirkte dann bis 1879 als Lehrer des Klavierspiels an der
Kullakschen Akademie daselbst und gründete im letztgenannten
Jahr das »BerlinerSeminar zur Ausbildung von Klavierlehrern und -Lehrerinnen«, verbunden mit einer permanenten
Ausstellung musikpädagogischer Lehr- und Hilfsmittel, der ersten ihrer Art. Endlich begründete er im gleichen Jahr den Berliner
Musiklehrerverein zur Hebung
[* 72] der geistigen und materiellen Interessen dieses Standes, welche er auch in der bereits 1878 von
ihm ins Leben gerufenen Musikzeitung »Der Klavierlehrer« mit Erfolg vertritt.
Als Komponist hat er sich durch eine Anzahl verdienstlicher Studienwerke, darunter »Die
technische Grundlage des Klavierspiels« (Leipz. 1874), bekannt gemacht.
(spr. brenjeh),LouisJacques, franz. Orientalist, geb. zu Montargis (Depart. Loiret), begann als einfacher
Schriftsetzer auf eigne Hand
[* 73] orientalische Studien und brachte es bald so weit, daß er die Vorlesungen
Marcels, Quatremères und S. de Sacys besuchen konnte, infolgedessen er sich eine gründliche Kenntnis der arabischen Sprache
[* 74] und Litteratur aneignete. Als die Regierung einen Lehrstuhl des Arabischen in Algier zu errichten beschloß, wurde Bresnier dafür
erwählt (1836) und entfaltete eine bedeutende Lehrwirksamkeit. Er starb in Algier. Seine Hauptwerke
sind: »Cours pratique et théorique de la langue arabe« (2. Aufl., Algier 1855);
(spr. -ssang),JeanBaptiste Prosper, franz. Schauspieler, geb. zu Châlon sur Saône,
war erst Schreiber bei einem Rechtsanwalt in Paris,
[* 75] betrat 1835 das TheaterMontmartre und, nachdem er denUnterricht Michelots
genossen hatte, das Variétés-Theater. Nach wiederholten Zwistigkeiten mit der Direktion verschwand er 1839 und tauchte in
Petersburg
[* 76] wieder auf. Glänzend honoriert und gefeiert, verschwand er 1846 hier ebenso plötzlich.
Diese beiden Kontraktbrüche kosteten ihn 36,000 Frank. Von 1846 bis 1854 spielte er mit Auszeichnung am Gymnase in Paris erste
Liebhaberrollen, um dann Societär der Comédie française zu werden, und zog sich 1876 gänzlich von der Bühne zurück. Bressant, besonders
wegen seiner Eleganz in Sprache und Gebärde gerühmt, hat am Théâtre du Gymnase über 40 hervorragende
Rollen
[* 77] geschaffen; namentlich glänzte er auch in den »Proverbes« von A. de Musset u. a.
Vgl. d'Heylli, Bressant, sa vie dramatique,
etc. (Par. 1877). -
Eine Tochter von Bressant, jetzt mit dem Präfekten M. d'Artigues, früher mit dem russischen FürstenMichael
Kotschubey verheiratet, hat sich unter dem Namen Alix Bressant mit Glück als Schriftstellerin in den Romanen: »Gabrielle Pinson«
(1867),
»Une Paria« (1869) und »Le
[* 78] manuscrit de Mademoiselle Camille« (1874) versucht.