verwendeten Destillierapparaten
(Blase,
Kessel) berechnet, kann zwar die Leistungsfähigkeit, welche mit jedem technischen
Fortschritt zur
Aufstellung neuer Rechnungsfaktoren zwingt, nicht aber auch die
Qualität berücksichtigen. Die
Würzesteuer
oder Würzeertragsteuer erfaßt das steuerpflichtige
Objektvor derDestillation
[* 2] bei der
Gärung der
Würze, indem
sie den Zuckergehalt
derselben sowie die normale Alkoholausbeute mit
Hilfe des Saccharimeters bestimmt.
Dieselbe berücksichtigt somit die
Qualität der
Rohstoffe, nicht aber auch die durch Vollkommenheit der Destillierapparate
bedingte
Menge des ausgebrachten
Alkohols. Auch belästigt und verteuert sie durch ihre
Kontrollen und Proben den Betrieb. Die
meisten dieser Übelstände werden durch die direkte
Fabrikatsteuer vermieden, welche die wirklich gewonnenen
Erzeugnisse direkt mit Kontrollierung des ganzen Fabrikationsprozesses oder durch die denselben nicht weiter beschränkende
Anwendung von besondern Spiritusmeßapparaten ermittelt.
In der
Praxis ist dieselbe jedoch überall da nicht anwendbar, wo die Branntweinfabrikation in zahlreiche kleine Betriebe
zersplittert ist.
Gerade in diesem
Fall hat man wegen der Schwierigkeit derBesteuerung zu dem summarischen
Verfahren der auch bei großen
Brennereien vorkommenden
Abfindung für eine bestimmte Zeit seine Zuflucht genommen. Die
Kontrolle
beschränkt sich bei einer solchen meist auf einer
Verbindung der Materialertrag- mit der Blasensteuer beruhenden
Fixation
darauf, daß die Geräte nur während der Betriebszeit nicht verschlossen sind, und daß keine andern
Materialien zur Verwendung kommen.
Die vom Brennereibetrieb erhobenen
Lizenzen sind zwar mit keinen Beschwerungen verknüpft, wenn sie in gleichen
Sätzen erhoben
werden; dagegen können sie keine hohen
Erträge abwerfen.
Werden die
Sätze hingegen abgestuft, indem denselben die nach der
Dauer des
Brennens, nach dem Raumgehalt der
Blasen, demUmfang des Betriebs berechnete mutmaßliche
Menge
sowie die
Stärke
[* 3] des
Branntweins zu
Grunde gelegt werden, so werden auch wieder weiter gehende
Kontrollen des Betriebs erforderlich.
Auch die vom Kleinverkauf, insbesondere vom Ausschank, erhobenen
Lizenzen dürfen schon wegen der Schwierigkeit der
Kontrolle
mäßige
Sätze nicht übersteigen. Dieselben gar in vollständige
Fabrikatsteuern umzuwandeln, ist bei
einer großen Anzahl von Verkaufsstätten, weil zu überaus teurer, schwieriger und peinlicher
Kontrolle führend, geradezu
unmöglich.
Im deutschen Reichssteuergebiet, mit Einschluß von
Elsaß-Lothringen,
[* 4] wird die Branntweinsteuer meist und zwar bei Verarbeitung von mehligen
Stoffen in der Form der Maischbütten-, bei
Obst etc. in der der
Materialsteuer erhoben. Ausnahmsweise kommt
bei einzelnen
Stoffen der
Blasenzins oder die Blasenpauschalierungssteuer vor, bei umgeschlagenem
Bier tritt je nach dem
Wunsch
des Fabrikanten die
Materialsteuer oder die
Fabrikatsteuer ein.
Brennereien, welche nichtmehlige
Stoffe verarbeiten, werden
Fixationen
eingeräumt, landwirtschaftlichen
Brennereien geringere Steuersätze bewilligt.
KaiserMaximilian, der sich seiner Hilfe öfters bediente, ernannte ihn zu seinem Rat und später auch zum Comes
palatinus. Brant stand mit vielen hervorragenden Geistern seines Zeitalters in brieflichem und freundschaftlichem Verkehr und
war auch thätiges Mitglied der von Jakob Wimpfeling und von KonradCeltes gestifteten gelehrten Gesellschaften. Ferner ist aus
seinem sonst stillen Leben noch als bemerkenswert zu erwähnen, daß er 1520 bei einer Gesandtschaft der Stadt
Straßburg an KarlV. in Gent
[* 22] das Wort führte. Er starb in seiner Vaterstadt Brant war einer der thätigsten und einflußreichsten
Schriftsteller seiner Zeit.
Nicht nur ältere kanonische Rechtsbücher und eine Reihe kirchlicher Schriftsteller, sondern auch ältere deutsche Werke gab
er heraus; ferner übersetzte er eine Anzahl lateinischer Bücher und lieferte auch eine Bearbeitung des
»Freidank« (zuerst Straßb. 1508),
wogegen die frühere Annahme, daß auch der 1549 erschienene »Renner« von Brant herrühre, irrig
ist. Von seinen eignen teils in lateinischer, teils in deutscher Sprache
[* 23] abgefaßten Werken gelehrten und dichterischen Inhalts,
die zum Teil auch den Ereignissen des Tags und der Politik gewidmet sind, war die einflußreichste und
ist für uns heute noch die merkwürdigste und anziehendste die didaktisch-satirische Dichtung »Das Narrenschiff« (zuerst
Basel
1494), worin in allegorischer Einkleidung, aber ohne strenge Durchführung des Bildes die Fehler und Gebrechen der Zeit geschildert
und gegeißelt werden.
Die Moral des Dichters, wenn auch oft nüchtern und griesgrämisch, wurzelt in einer tüchtigen und gesunden
Lebensanschauung und zugleich in einem dem Väterglauben und der christlichen Liebe zugewandten Gemüt. Neben gelehrten Anspielungen
findet sich eine Fülle volkstümlicher, insbesondere sprichwörtlicher, Wendungen im »Narrenschiff«.
Der dem Didaktischen zugeneigte Zeitgeschmack wurde von diesem Buch im höchsten Maß befriedigt. Zahlreiche
Ausgaben machten sich nötig; es wurde auch nachgedruckt, umgearbeitet, nachgeahmt und erweitert.
Nach dem Tode der Katharina von Medici zog er sich 1589 in seine Abtei zurück. Hier schrieb er seine berühmten
»Mémoires«, welche die Geschichte und Sitten der HöfeKarls IX. und seiner beiden Nachfolger ungeordnet, aber mit Anschaulichkeit
und naiver Aufrichtigkeit darstellen. Sie erschienen erst lange nach seinem Tod (Leiden
[* 29] 1665-66, 10 Bde.) und enthalten: »Vies
des hommes illustres et grands capitaines français et étrangers«, »Vies des dames illustres«, »Vies des
dames galantes« (eine Sammlung meist schlüpfriger Anekdoten),
»Anecdotes de la cour de France touchant les duels«, »Rodomontades
et jurements des Espagnols« u. a. Brantôme starb NeueAusgaben seiner Werke besorgten unter andern Le
[* 30] Duchal (Haag
[* 31] 1740, 15 Bde.),
Lacour und Mérimée (Par. 1858-59, 3 Bde.)
und Lalanne (das. 1865-81, 10 Bde.);
Schillers allgemeine Sammlung historischer Memoiren liefert in Band
[* 32] 11-13 der 2. Abteilung (Jena
[* 33] 1796-97) einen Auszug.
(spr. brau-eseck), J. E., franz. Forschungsreisender,
geb. zu Morlaix (Depart. Finistère), trat als echter Bretone in die französische Marine und
war mehrere Jahre als Kommandant eines Schiffs an der afrikanischen Westküste stationiert, wo er sich durch seine Aufnahme
der beiden Hauptzuflüsse des Gabun, Como und Bogoe (1858-1859), seine nautische Untersuchung des Senegal (1860), seine Rekognoszierungen
in den LandschaftenFuta und Damga am obern Senegal (September 1860), endlich durch seine Aufnahme des Flußthals
von Bunun in Walo (1861) um die Erforschung Afrikas verdient machte. Im J. 1863 zum französischen Konsul in Sierra Leone ernannt,
setzte er auch hier seine Forschungen fort, indem er denFluß Maneah und die Sumbujahberge besuchte.
Aber das bösartige Klima
[* 35] erschöpfte seine Kräfte und nötigte ihn endlich, seinen Posten zu verlassen. Nach schmerzhafter
Krankheit starb er in Frankreich Seine wissenschaftlichen Arbeiten, im Bülletin der PariserGeographischenGesellschaft
und in der »Revue maritime et coloniale« niedergelegt, sind: »Notes sur les peuplades riveraines du Gabon,
de ses affluents et du fleuve Ogo-uwai« (1861);
»L'hydrographie du Sénégal et nos relations avec les populations riveraines«
(1861) »Note sur une exploration dans le Fouta et le Damga« (1862);
spartan. Feldherr, eifriger Patriot und frei von der engherzigen Beschränktheit der übrigen Spartaner, nötigte
gleich beim Beginn des Peloponnesischen Kriegs (431 v. Chr.) die Athener, den Angriff auf Methone aufzugeben, erhielt das bedrängte
Megara für Sparta, versuchte 425 vergeblich Pylos wiederzuerobern und bewog 424 die Ephoren, ihn mit einem
kleinen Heer (anfangs nur 1700 Hopliten) nach Chalkidike und Makedonien zu senden, um die KolonienAthens zum Abfall zu veranlassen
und so dessen Macht in ihrem Kern zu vernichten.
Diese Unternehmung hatte so großen Erfolg, daß die Athener sich genötigt sahen, 423 ein Heer unter Nikias
und 422 ein zweites Heer unter Kleon gegen Brasidas zu senden. Dieser sammelte seine Truppen bei Amphipolis, griff dann den Feind unvermutet
an und schlug ihn. Kleon selbst fiel, aber auch der Sieger ward schwer verwundet und starb gleich darauf in Amphipolis. Die
Stadt ehrte ihn als Heros, und ihm zu Ehren wurden daselbst und zu Sparta jährlich die Brasideia mit Wettkämpfen,
Reden und Opfern gefeiert.
[* 42] (portug. Brazil oder Brasil; hierzu die Karte), Kaiserreich in Südamerika,
[* 43] die einzige Monarchie dieses Erdteils,
liegt größtenteils südlich vom Äquator zwischen 4° 23' nördl. bis 33° 44' südl.
Br. und 34° 44' bis 73° 15' westl. L. v. Gr. und
umfaßt in der ungefähren Gestalt eines gleichschenkeligen Dreiecks die größere östliche Hälfte von Südamerika mit einem
Areal von 8,337,218 qkm (151,412,9 QM.). Es grenzt im N.
an das französische, niederländische und englische Guayana und Venezuela,
[* 44] im W. und S. an Kolumbien, Ecuador,
Peru, Bolivia,
[* 45] Paraguay, die Argentinische
[* 46] Konföderation und Uruguay, im O. an den Atlantischen Ozean, in den es südlich vom KapSão Roque 5° 28' südl. Br. am weitesten hineinragt.
Die Küste, die sich von dort zum kleinern Teil nachNW., zum größern nach SW. richtet, ist nicht besonders
mannigfaltig gegliedert; im nördlichen Teil sind hier und da Korallenriffe
[* 47] oder Sandbänke vorgelagert, im S. wird sie von
langgestreckten Lagunen begleitet. Sie hat verhältnismäßig nur wenige zum Landen günstige Hafenbuchten; die wichtigsten
sind die von Rio de Janeiro,
[* 48] Bahia,
[* 49] Espirito Santo, Pernambuco,
[* 50] Ilha grande, São José do Porto Alegre, Santos,
Maranhão etc. Im ganzen zählt man an der brasilischen Küste 42 Häfen. Von den Vorgebirgen sind die bedeutendsten das KapNorte an der Nordseite des Amazonenstroms, Kap Touro und KapSão Roque an der östlichen Küstenecke und KapFrio östlich von
Rio de Janeiro. Im allgemeinen gehört Brasilien noch zu den unbekanntern Ländern der Erde; mindestens zwei Drittel
seines unermeßlichen Gebiets sind kaum erforscht.
Nach
der Struktur des Bodens zerfällt in drei große Gruppen: in ein Hochland von 2,753,000 qkm (50,000 QM.) Inhalt, welches
das Innere und den südöstlichen Teil einnimmt und den eigentlichen Kern und die Hauptmasse des Landes
bildet, und in die Stromthäler des Amazonenflusses und Madeira
[* 51] im NW. und des La Plata im SW. des Hochlandes, beides ausgedehnte
Niederungen, die größtenteils weit über die Grenzen
[* 52] in die Nachbarstaaten hineinreichen. Das im einzelnen noch wenig bekannte
Bergland von Brasilien stellt ein niedriges Plateau mit aufgesetzten, meist nordöstlich streichenden Ketten dar
und enthält in seinem Südostteil ein besonderes Gebirgsland, welches, gegen W. durch die Längsthäler des Parana und RioSão Francisco begrenzt, steil zum Meer abfällt und an der Ostseite von einem aus parallelen Ketten zusammengesetzten Gebirgszug,
der bis gegen 1650 m hohen Serra do Mar, begrenzt wird, die von Rio de Janeiro westsüdwestwärts bis zum
25.° südl. Br. verläuft und hauptsächlich aus Granit, Gneis und kristallinischen Schiefern zusammengesetzt ist.
Durch das Längsthal des Parahyba davon geschieden, erheben sich im W. die Ketten der Serra do Espinhaco, in ihren südlichen
Teilen auch Serra da Mantiqueira genannt, mit den bedeutendsten Bergspitzen des brasilischen Berglandes, Itatiaya (2994 m),
Lapa (2650 m), São Matteo (1880 m), Itacolumi (1750 m). Westlich liegen große Hochebenen von durchschnittlich 650 m Höhe,
im N. die von Minas Geraës, deren Boden überwiegend mit Gras und hohen Sträuchern bedeckt ist (die sogen.
Campos).
Ein der Espinhaco ähnlicher, doch weit niedrigerer Bergzug begrenzt diese Hochebenen im W. Südlicher liegen hinter dem südlichen
Teil der Serra do Mar die ähnlichen Hochebenen von São Paulo, die sich allmählich nach W. zum Thal
[* 53] des Parana herabsenken.
An dieses Gebirgsland stößt im W. und N. das niedrige, hügelige Hochland des Innern Brasiliens, das
sanft und allmählich gegen S. in das Tiefland der Pampas, weniger sanft nach N. in das große Tiefland des Amazonenstroms abfällt.
Eine aus einzelnen, oft nicht verbundenen Höhenzügen gebildete Reihe von Bergketten, die man die Serra dos Vertentes genannt
hat, zieht durch diese Hochebenen, deren Durchschnittshöhe nur 230-330 m betragen dürfte. Das brasilische
Bergland ist an seinen meist steilen Ostgehängen gut bewaldet und von zahlreichen Bächen und Flüssen durchschnitten. Die
westlichen Abhänge der Gebirge dagegen und die Binnenplateaus (Chapadas) sind entweder mit niedrigem Gehölz (catingas) oder
mit Gras (campos) bestanden. Nur die nordöstlichen Teile des Landes sind von unfruchtbaren, wasserarmen
und nur zur Regenzeit von einer rasch vorübergehenden Vegetation bedeckten Flächen (sertaos) eingenommen. Das ganze Gebiet
nördlich und westlich von diesem Hochland gehört dem Tiefland des Amazonenstroms, den sogen. Selvas, an; im Nordostteil erheben
sich an der Grenze die ersten Bergketten des Gebirgslandes von Guayana.
Kein Land in der Welt ist von einem so großartigen Stromnetz durchzogen wie Brasilien. Der Amazonenstrom,
[* 54] dessen Länge auf brasilischem
Gebiet 3828 km beträgt, sammelt in seinem Bette drei Viertel der Ströme des ganzen Landes, von denen mehrere die größten
europäischen Ströme an Länge des Laufs, Wassermasse und Schiffbarkeit übertreffen, und dieses unermeßliche
Netz natürlicher Wasserkommunikation für den innern Verkehr wird noch um ein Viertel durch eine schiffbare Verbindung eines
Zweigs des
¶
der
São Francisco, der einzige große Fluß, der auf der Küstenstrecke zwischen Bahia und Pernambuco mündet,
schiffbar bis zu den ca. 80 m hohen gewaltigen Saltos de Paulo Affonso;
Die meisten brasilischen Ströme haben die Natur des
Nils, indem sie hauptsächlich infolge der Regenzeit über ihren gewöhnlichen Stand (der Amazonenstrom bis 16 m hoch) anschwellen
und die umliegenden Thäler und Ebenen meilenweit unter Wasser setzen. Diese Eigenschaft macht die Ufer vieler Ströme ganz unbewohnbar
und ist zur Zeit ein Haupthindernis der Kultur; anderseits vertreten die Flüsse
[* 60] in dem wüsten Innern
häufig ganz die Stelle der Verkehrsstraßen. Landseen hat Brasilien wenig, und diese sind nicht bedeutend;
die größten sind: die
Lagoa dos Patos, ein Strandsee an der Südküste, in welchen der Yacuy mündet;
der Küstensee Mirim, südlich von dem vorigen
und mit ihm verbunden;
Unter
den ProduktenBrasiliens nahmen früher die des Mineralreichs den ersten Rang ein, während jetzt ihre Wichtigkeit durch
einige vegetabilische Erzeugnisse weit überflügelt ist. Es kommen nämlich mit andern Edelsteinen, als
Topasen, Rubinen, Saphiren, Smaragden etc., auch Diamanten als Einschlüsse in den quarzreichen, aus der Zerstörung der kristallinischen
und paläozoischen Gesteinsmassen hervorgegangenen Alluvionen vor, welche zugleich Gold
[* 64] und Platina enthalten.
Jure Verbreitung geht über viele Provinzen, besonders reich daran sind der Distrikt von Diamantina in der ProvinzMinas Geraës
längs der Serra do Espinhaço und das Thal des obern São Francisco, während in Goyaz, Matogrosso etc. Diamanten nur vereinzelt
gefunden werden. Die gesamte Diamantenausfuhr Brasiliens wurde bis 1849 auf einen annähernden Wert von 320 Mill. Mk. berechnet;
doch bleibt diese Zahl bei der Unsicherheit der Kontrolle entschieden hinter dem wahren Ausfuhrwert zurück.
In neuerer Zeit ist indessen eine erhebliche Abnahme in der Diamantenausfuhr eingetreten, sie bewertete sich 1881-1882 auf
1,937,700 Mk. Gold wird fast ausschließlich durch Auswaschen der Alluvionen gewonnen; es wurde in der ProvinzSão Paulo schon
1577, in Minas Geraës erst 1680 entdeckt, die Ausbeute jedoch erst mit Beginn des 18. Jahrh. beträchtlich.
Die Hauptsitze der Goldgewinnung
[* 65] sind die Distrikte von São Paulo und Villarica; auch Goyaz und Matogrosso liefern viel Gold.
Die berühmtesten Gruben sind die von Gongosoco bei Villarica, die seit 1825 ausschließlich mit britischem Kapitalfür Rechnung
mehrerer englischer Aktiengesellschaften betrieben werden. Gegenwärtig ist die Ausfuhr dieses Metalls
im Vergleich zu frühern Zeiten nur eine sehr geringe und dabei sehr schwankende. Die Gesamtproduktion in der Zeit von 1691 bis 1875 wird
von Soetbeer auf 1,037,050 kg im Wert von 2893 Mill. Mk. geschätzt; von da sank die Ausbeute konstant bis auf 1100 kg im
Wert von 3 Mill. Mk. in 1882. Platina wird ebenso wie neuerdings Palladium zugleich mit dem Gold in den goldhaltigen Alluvionen
(eisenhaltigem, quarzigem Sand) gefunden.
Silber wird gegenwärtig nicht mehr gewonnen. Quecksilber, Kupfer, Bleierze, Antimon, Wismut, Arsen sind an vielen Punkten des Reichs
vorhanden, ihre Ausbeutung ist aber unbedeutend. Eisenerze aller Art und zum Teil von ausgezeichneter
Qualität kommen häufig und in den mächtigsten Ablagerungen vor; sehr reiche (bis 72 Proz. Reinmetall) finden sich im Distrikt
von Villarica in Minas Geraës, sie werden aber erst in sehr unbedeutendem Maß ausgebeutet; ein wirklich fachmännischer Betrieb
findet nur statt bei São João d'Ipanema in São Paulo in dem Berg Aracoyaba.
Hier legte der MinisterGraf Linhares 1810 durch aus SchwedenberufeneBerg- und Hüttenleute Gruben und Hüttenwerke an, deren
sehr geringe Produktion aber bei weitem nicht die Betriebskosten deckt, weshalb das meiste Eisen noch immer aus Europa
[* 66] eingeführt
wird. Kochsalz bereitet man teils aus Seewasser, teils aus mit Salz
[* 67] imprägnierten Erdschichten, allein
bei weitem nicht für den eignen Bedarf hinreichend. Steinkohlen hat man in abbauwürdigen Flözen in den ProvinzenSanta Catharina,
am rechten Ufer des Tubarão, bei Candiota und am Arroyo dos Ratos in Rio Grande do Sul aufgefunden; doch werden
nur die letztern fachmäßig abgebaut.
Das Pflanzenreich entwickelt in Brasilien meistens in den Küstenländern und dem Gebiet des
¶
mehr
Amazonenstroms unter dem Einfluß des Tropenklimas und bei dem Wasserreichtum des Landes eine Triebkraft und eine Fülle wie
selten auf der Erde. In pflanzengeographischer Hinsicht zerfällt in drei Zonen: die Hyläa des Amazonasgebiets, die Küstenzone
und die des Binnenlandes. In demUrwald des Amazonenstromgebiets unterscheidet der Naturforscher Bates drei
verschiedene Arten der Ufervegetation:
1) die niedrigen Alluvialablagerungen von Sand und Schlamm, die mit breitblätterigen, hohen Gräsern (darunter das an 5 m
hohe Pfeilgras) bewachsen sind, und wo der Trompetenbaum der einzige höhere Baum ist;
2) die mäßig hohen, nur teilweise in der Regenzeit überfluteten Ufer mit Waldungen, in denen Palmenarten
und breitblätterige Marantaceen vorherrschen (drei Viertel des obern Amazonenflußgebiets gehören hierher);
3) den noch höher liegenden, wellenförmigen, in größern Zwischenräumen auftretenden Lehmboden, wo die Waldungen
weniger den Charakter eines undurchdringlichen Gewirrs tragen und die Palme
[* 69] seltener wird. Die Mündungen der an der NordküsteBrasiliens in den Ozean fallenden Ströme tragen an ihrem westlichen Ufer dichte Wälder von Manglebäumen
und anderm Gehölz, während die östlichen mit Sanddünen besetzt sind, welche, durch die Passatwinde weitergetrieben, unaufhaltsam
gegen W. fortrücken.
Vom Wendekreis bis nördlich zur Breite
[* 70] von Pernambuco ist das Gebiet der Bergwälder, denen das Küstenland seinen Quellenreichtum
und seine fruchtbare Feuchtigkeit zu verdanken hat. Zwischen den hochstämmigen und astlosen Palmen
[* 71] wuchern
neben mannigfachem Unterholz riesenhafte Farnkräuter und breitblätterige Helikonien, während von den Wipfeln buntblumige
Lianen in malerischem Gewirr herabhängen; doch tragen diese Wälder, die hier und da von mit Farnen und Flechten
[* 72] bewachsenen
Sandflächen oder von unzugänglichen, dicht mit Manglen bewachsenen Morästen unterbrochen werden, einen
lichtern Charakter als die am Amazonenstrom. Im hohen Wald herrschen Palmen, Lorbeeren, Feigen, Kassien und Bignonien vor.
Ein großartiger Urwald breitet sich um Rio de Janeiro aus; in ihm zeichnen sich namentlich die stachligen Wollbäume aus. In den
höhern Gebirgsregionen verschwinden die Wälder; Mimosen- und Akaziengebüsche und Gräser
[* 73] treten an ihre
Stelle. In dem bald ebenen, bald hügeligen Küstenstrich nördlich von Pernambuco endlich findet sich infolge der Trockenheit
nur eine mäßige Vegetation; nur an den Flußläufen und auf den Höhenzügen gibt es hier und da lichte Wälder, welche in
den trocknen Monaten stets ihre Blätter verlieren und, falls der seltene Regen ausbleibt, selbst jahrelang
gar keine Blätter treiben.
weiter der die für die Ausfuhr so außerordentlich wichtigen Paranüsse liefernde Castanheiro
(Bertholletia excelsa), die Seringeira (Siphonia elastica), die Sapucaya (Topfbaum), der neben Nutzholz einen wohlschmeckenden
Milchsaft produzierende Kuhbaum, die Miritipalme, die Piassavapalme, die Wachspalme, die Babunhapalme, Cinchonenarten,
Kakaobaum, der Sassaparillestrauch, Ilex paraguayensis (Paraguaythee), Guaranastrauch, Palisanderbaum, Zedernarten und
andre
wertvolle Hölzer liefernde Bäume, wie Louro, Peroba, Tapinhoa, Sacupira, Arroeira, Eisenholz, Araucaria brasiliensis u. a.
Von den Produkten des brasilischen Waldes haben einen größern Handelswert das Kautschuk, welches die Indianer aus der im Hyläagebiet
einheimischen Seringueira gewinnen, und wovon jährlich für 2½ Mill. Mk. exportiert
wird, der Paraguaythee oder Herva Maté, welcher in außerordentlichen Quantitäten im Land konsumiert wird und auch schon einen
wichtigen Exportartikel bildet, die schon genannte Paranuß, das schöne Jakaranda- und das Rosenholz und Farbhölzer. In den
Küstenstrichen hat sinnlose Waldverwüstung aber schon furchtbar ausgeräumt, so daß die Einfuhr
von Bau- und Möbelhölzern größer ist als die Ausfuhr. Auch an Faserstoffen, Gerberrinde, Ölpflanzen ist Brasilien reich. Von den
Kulturpflanzen, welche jetzt volkswirtschaftlich eine so hohe Stelle einnehmen, sind Tabak,
[* 74] Baumwolle
[* 75] und Kakao einheimisch,
Kaffee und Zuckerrohr aber eingeführt.
Nicht minder ungeheuer ist der ReichtumBrasiliens an Fischen, deren Agassiz neuerdings allein im Amazonenstrom 1163 neue Spezies
aufgefunden hat, was mehr ist, als das ganze Mittelmeer überhaupt aufzuweisen vermag. Der Fischfang in den Strömen wie an den
Küsten kann daher für das Land eine große Quelle
[* 86] des Erwerbes werden, und so gibt es noch viele andre,
die eine dichtere und intelligentere Bevölkerung
[* 87] künftig aufsuchen und benutzen wird. Die von den Europäern eingeführten
Rinder
[* 88] und Pferde
[* 89] haben sich erstaunlich vermehrt; den Schafen sagt das Land weniger zu.
¶
Die Zahl der Einwohner betrug nach den Ermittelungen für das Jahr 1883: 12,002,978, darunter 10,684,000 Freie und 1,318,978
Sklaven. Die Bevölkerung verteilt sich in folgender Weise auf den Bezirk der Stadt Rio de Janeiro und die 20 Provinzen:
Hierzu kommen noch eine Anzahl (600,000 bis 1 Mill.) wilde Indianer, so daß sich die Gesamtbevölkerung auf 12-13 Mill. Seelen
beziffert.
Von den 9,930,478 Einw. im Jahr 1872 gehörten 3,787,289 der kaukasischen, 1,954,452 der afrikanischen
und 386,955 der amerikanischen Rasse an, während 3,801,782 Mischlinge waren. Der Nationalität nach zählte man 8,176,191 Brasilier
und 243,481 Fremde, darunter 121,246 Portugiesen, 40,829 Deutsche (mit den naturalisierten gegenwärtig etwa 210,000), 44,580
Afrikaner, 6108 Franzosen. Die Neger bilden bei weitem die zahlreichste unvermischte Klasse der Bewohner
Brasiliens; sie sind teils frei, teils Sklaven, als letztere zuerst um 1549 in Brasilien eingeführt worden. Die
Mehrzahl bilden Neger aus Angola und Mosambik. Der Beitritt der brasilischen Regierung zur Unterdrückung des Sklavenhandels
hatte in der Wirklichkeit dieses schmachvolle Gewerbe nicht vermindert, jetzt aber befindet sich
die Zahl der Sklaven in schnellem Rückgang. 1873 wurden 1,540,796 Sklaven gezählt, gegenwärtig sind nur noch 1,150,000
vorhanden; die ProvinzCeará hat ihren letzten Sklaven 1883 freigelassen.
Diese Freilassung geschieht teils durch freiwilligen Entschluß der Sklavenbesitzer und ohne Entschädigung, teils
durch Loskauf mittels eines vom Staat gestifteten Emanzipationsfonds. Die von Sklavinnen gebornen Kinder sind schon seit 1871 frei.
Es ist aber zu befürchten, daß die schnell wachsende Zahl der Abolitionisten die allgemeine Aufhebung der Sklaverei ungebührlich
beschleunigen werde (s. unten, Geschichte). Die Zahl der unvermischten Weißen portugiesischen Ursprungs ist im
Verhältnis zu der Zahl der Mischlinge sehr gering.
Auch bilden dieselben keine besonders bevorzugte
Klasse. IhreSprache allerdings ist die einzige im Reich übliche; doch verwischt
diese Sprachgemeinschaft nicht die wesentlichen Verschiedenheiten, welche zwischen den einzelnen Elementen der brasilischen
Gesellschaft stattfinden. Nur in Rio de Janeiro vermischen sich die provinziellen Färbungen und gehen
im Nationalcharakter auf. Allen gemeinsam ist der religiöse Glaube, und ein Hauptmittelpunkt des sozialen Lebens in Brasilien sind
die Kirchen, die in gewisser Beziehung die Stelle der europäischen Salons oder Theater
[* 91] vertreten.
Der größte Teil der freien Bevölkerung des Landes besteht jedoch aus Mischlingen, die aus der Vermischung
von Weißen, Schwarzen und Indianern entstanden sind; man nennt solche Mischlinge von dunkler Hautfarbe allgemein Cariboca oder
Cafuso, während unter Mulatten die Nachkommen von Weißen und Negern, unter Mestizen (Mestico) die von Indianern einerseits und
Weißen und Negern anderseits verstanden werden; Kreolen (Crioulo) heißen in Brasilien die im Land gebornen Neger.
Die Einwanderung ist trotz vieler durch die Regierung gebotener Vorteile (s. unten) eine schwache gewesen; von 1855 bis 1883 wanderten
rund 6,000,000 Menschen ein, darunter 215,000 Portugiesen, 65,000 Deutsche, sonst noch Italiener (in zunehmenden Zahlen), Franzosen,
Briten, Spanier.
Die Ureinwohner, die Indianer, sind in spärlichen Gruppen über das weite Land zerstreut. Sie sind nur
von mittlerer Größe, aber von gedrungenem und muskulösem, ebenso geschmeidigem wie kraftvollem Körperbau. IhreFarbe wechselt
vom tiefen Rot bis zum bräunlichen Weiß, ihre Gesichtsbildung zeigt in manchen Fällen etwas Mongolisches: abgeplattetes,
rundes Gesicht,
[* 92] dicke Lippen, eingedrückte Nase,
[* 93] schwarze, kleine, schräg nach außen gezogene Augen und
schwarze, schlichte Haare;
[* 94]
bei andern Stämmen ist die Gesichtsbildung edler, der Wuchs schlanker.
Die Portugiesen teilten
sie in zwei Klassen ein: in die Küstenbewohner (Indios mansos oder caboclos) und in die Bewohner des innern Landes (Indios
bravos oder Tapuyas). Die bedeutendsten dieser Stämme, die Tupi, die Guarani und die Omagua, bilden ethnographisch
ein Ganzes, wie die Übereinstimmung der Sitten und namentlich der von den Stämmen gesprochenen Dialekte zeigt. Die durch die
Jesuitenmissionäre aus den verschiedenen Dialekten heraus entwickelte lingoa geral brasilica dient jetzt als das allgemeine
Verständigungsmittel mit den Indianern.
Die Tupi, welche im NO. wohnen, stehen mit den durch die erfolgreiche Thätigkeit der Jesuiten unter ihnen
wohlbekannten Guarani im SO. in engem Verwandtschaftsverhältnis, so daß man sie gern zu einer Gruppe zusammenfaßt, zu welcher
die Gualache und Itatine zwischen Paraguay und Parana, die Apiaca am Arinas, die Cabahyba im Quellgebiet des Tapajoz und seiner
Zuflüsse und einzelne Stämme an der Ostgrenze des ehemaligen Inkareichs gehören. Zu den Omagua zählen
die Omaguasyete oder Omagua im engern Sinn (s. Tafel »AmerikanischeVölker«,
[* 95] Fig. 19) an der Grenze gegen Peru und Ecuador zwischen
Amazonenstrom und Yapura, die Yurumagua am Yurua u. a. Aber zwischen diesen leben noch viele andre Indianerstämme,
die durch abweichende Sprachen und Sitten den Beweis liefern, daß sie ethnographisch von jenen getrennt
werden müssen und die zersprengten Überreste eines oder mehrerer größerer Stämme bilden. Dahin gehören: die Aymore oder
Guaymore, bekannter unter dem Namen der Botokuden
[* 90]
(Fig. 20 und 21) im O. des FlussesSão Francisco, die Kiriri
in der ProvinzBahia in der Nähe von Cachoeira, die Jundiähi und Jacunda am untern Tokantins, die Tikuna
[* 90]
(Fig. 22 und 23) und
die Miranha
[* 90]
(Fig. 24) zwischen den FlüssenIca und Yapura, die Mura und Parupuru am untern Purus, andrer kleinerer Volksabteilungen
nicht zu gedenken. Die ansässig
¶