Maßstab [* 2] 1:1250000.
Die Hauptorte der Regierungs-Bezirke sind doppelt unterstrichen. Die Namen der Kreise, [* 3] welche nicht nach den einfach unterstichenen Hauptorten benannt werden, sind eingeschrieben: z. B. Lebus.
1:450000.
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Storkower Kanal [* 6] am bedeutendsten; in der Nähe des Spreewaldes (bei Kottbus, Peitz etc.) liegen zahlreiche Teiche, der Karpfenzucht gewidmet. Das Klima [* 7] ist im ganzen gemäßigt und gesund, nur starken Veränderungen unterworfen (Durchschnittstemperatur in Berlin 8,9, Potsdam [* 8] 8,4, Frankfurt [* 9] 8,5° C.). Die jährliche Regenmenge beträgt 50-60 cm.
Bevölkerung. [* 10] Nahrungszweige. Nach der Zählung von 1880 hatte die Provinz ohne Berlin 2,266,651 Einw., davon sind 2,199,749 Evangelische, 50,963 Katholiken, 2468 Sektierer, 12,296 Juden etc. Diese Bevölkerung wohnt in 139 Städten, 3228 Landgemeinden und 1908 Gutsbezirken und besteht der Hauptmasse nach aus Deutschen; es gibt aber auch in der Lausitz, besonders in den Kreisen Kottbus und Spremberg, [* 11] noch Wenden, im ganzen etwa 52,000. Die Hauptbeschäftigungen der Bewohner sind Industrie, Handel, Schiffahrt und Landwirtschaft.
Von der Gesamtfläche der Provinz entfallen auf das Ackerland 45,9, die Gärten 0,8, die Wiesen 10,2, die Weiden 4,6 und die Holzungen 32,3 Proz. Durch Fruchtbarkeit zeichnen sich aus: ein Teil der Ukermark, das Oderbruch, die Gegenden von Landsberg, [* 12] Soldin, [* 13] im NO. und S. von Berlin, von Nauen, zwischen Neuruppin [* 14] und Fehrbellin, [* 15] zwischen Perleberg [* 16] und Pritzwalk, [* 17] von Lenzen etc. Hier wird viel Weizen gebaut, sonst sind aber Roggen und Kartoffeln, nächstdem Gerste [* 18] und Hafer [* 19] die Hauptfeldfrüchte; der Bedarf an Getreide [* 20] wird nicht gedeckt.
Außerdem erzeugt Brandenburg Zuckerrüben im Oderbruch, Tabak [* 21] bei Schwedt [* 22] und Vierraden, Obst und etwas Wein an der südlichen Havel (Werder) und in der Odergegend zwischen Guben [* 23] und Züllichau, Hopfen, [* 24] Flachs, Hanf, Buchweizen in den sandigen Gegenden, die ganz besonders in den Kreisen des Südens vorherrschen, wo auch die Waldungen, meist nur Nadelhölzer [* 25] enthaltend, die Ackerländereien an Umfang übertreffen. Auch sonst ist in der Provinz die Kiefer der herrschende Waldbaum, wiewohl auch einige prachtvolle Laubholzbestände nicht fehlen.
Die Wiesen sind am umfangreichsten im Havelland. Nach der Viehzählung von 1883 gab es in ohne Berlin 207,956 Pferde, [* 26] 691,636 Stück Rindvieh, 1,709,897 Schafe, [* 27] 567,707 Schweine [* 28] und 231,383 Ziegen. Die Pferde sind in den fruchtbaren Teilen des Nordens am zahlreichsten; die Rindviehzucht wird allgemein, die Schafzucht auf den größern Gütern gepflegt, nimmt aber sehr ab. Der Wildstand ist bedeutend und wird durch große Tiergärten geschützt; für die Fischzucht gibt es mehrere vortreffliche Brutanstalten.
Der Seidenbau geht trotz aller Pflege rückwärts. An Mineralien [* 29] findet man viel Braunkohlen (1882 über 18 Mill. metr. Ztr.) und zwar zwischen Frankfurt und Wriezen, am Lausitzer Grenzwall im S., in den Rauenschen Bergen, [* 30] im Land Sternberg etc.; etwas Raseneisenerz, viel Torf, Muschelkalk bei Rüdersdorf, Gips [* 31] bei Sperenberg (das Steinsalzlager daselbst wird nicht benutzt) etc.; die Mineralquellen bei Freienwalde, Eberswalde, [* 32] Frankfurt a. O. etc. sind nur von untergeordneter Bedeutung.
Die Industrie hat ihren Hauptsitz in Berlin (s. d.); sonst sind in der Provinz noch von Wichtigkeit die Wollspinnereien und Tuchfabriken in den Städten der Niederlausitz mit Einschluß von Kottbus, ferner zu Luckenwalde, [* 33] Schwiebus [* 34] etc., die Leinweberei im Kreise Sorau, [* 35] die Zuckerfabriken im Oderbruch, die Maschinenfabriken, Glashütten (Baruth), Tabaksfabriken (Schwedt), die optischen Fabriken (Rathenow), [* 36] die Ziegeleien in der Havelgegend, am Finowkanal etc., Dampfsägemühlen (Oderberg), die Bierbrauereien, die Spiritusbrennereien des Großgrundbesitzes (dem etwa die Hälfte des ganzen Grundbesitzes in der Provinz angehört).
Der lebhafte Handel wird durch zahlreiche schiffbare Gewässer sowie durch ein ausgedehntes Eisenbahnnetz, das strahlenförmig von Berlin nach allen Himmelsgegenden sich ausbreitet, und durch viele merkantile Institute unterstützt. Fast sämtliche Eisenbahnen der Provinz sind jetzt Staatseisenbahnen, nämlich Berlin-Hamburg, Berlin-Stralsund, Berlin-Stettin, Berlin-Konitz-Eydtkuhnen (Ostbahn), Berlin-Sagan-Breslau (Niederschlesisch-Märkische Eisenbahn), Frankfurt a. O. und Guben-Posen (Märkisch-Posener Eisenbahn), Stargard-Posen, Breslau-Stettin (Breslau-Schweidnitz-Freiburger Eisenbahn), Berlin-Görlitz, Berlin-Halle (Anhaltische Eisenbahn), Berlin-Blankenheim, Berlin-Potsdam-Magdeburg, Berlin-Lehrte und einige kleinere Linien.
Unter Staatsverwaltung stehen Berlin-Dresden (Zossen), Halle-Kottbus-Sorau (Guben) und Angermünde-Schwedt. Privatbahnen [* 37] sind Stargard-Küstrin mit Glasow-Berlinchen, Paulinenaue-Neuruppin und Wittenberge-Perleberg. Für die geistige Bildung sorgen (von Berlin abgesehen): 21 Gymnasien, 7 Realgymnasien, 1 Realschule, 8 Realprogymnasien, 8 Schullehrerseminare, 1 Landwirtschaftsschule, 3 Taubstummenanstalten, 1 Blindenanstalt, 1 höhere Forstlehranstalt zu Eberswalde etc. Eingeteilt wird die Provinz nach Ausschluß von Berlin in die Regierungsbezirke Potsdam mit 17 und Frankfurt mit 18 Kreisen; das Oberpräsidium hat seinen Sitz in Potsdam.
Für die Justiz bestehen ein Oberlandesgericht (Kammergericht) in Berlin, 9 Landgerichte (Berlin I und II, Frankfurt a. O., Guben, Kottbus, Landsberg a. W., Neuruppin, Potsdam und Prenzlau) [* 38] und 101 Amtsgerichte. Militärisch gehört die Provinz zum Bezirk des 3. Armeekorps; in Berlin und Umgegend steht außerdem das Gardekorps. In den deutschen Reichstag entsendet Brandenburg 26 (Berlin 6), in das preußische Abgeordnetenhaus 45 (Berlin 9) Mitglieder. Die ehemaligen Provinzialstände sind durch die neue Provinzial- und Kreisordnung aufgehoben worden (s. Preußen, [* 39] Staat). Von ältern Benennungen sind noch im Munde des Volkes: Ukermark, die Kreise Prenzlau, Angermünde und Templin;
Neumark, das Land im O. von der Oder, in engerer Bedeutung das im N. der Warthe;
Niederlausitz, der südliche Teil des Regierungsbezirks Frankfurt.
Andre Benennungen sind in den Kreisnamen beibehalten worden, z. B. Barnim, Havelland, Priegnitz, Lebus, Sternberg etc. Das brandenburgische Wappen [* 40] ist ein roter Adler [* 41] im silbernen Feld.
Geschichte.
Brandenburg ward zu Anfang der christlichen Zeitrechnung von den Semnonen, seit der Völkerwanderung aber von slawischen Völkern (Wenden), den Hevellern, Lutizen und Abotriten, bewohnt, bis der deutsche König Heinrich I. 927 die Slawen an der Elbe schlug, ihre Stadt Brennibor (Brandenburg) eroberte und aus dem ihnen entrissenen Land 931 die Mark Nordsachsen, später Altmark genannt, bildete. Unter Otto d. Gr. wurden die Bistümer Havelberg [* 42] (945) und Brandenburg (949) gestiftet. Aber nach dem Tod seines Sohns Otto II. 983 gingen durch einen furchtbaren Aufstand der Wenden alle Eroberungen wieder verloren; das Christentum wurde ausgerottet, und die Wenden blieben heidnisch und unabhängig, bis 1134 der Askanier Albrecht der Bär, Graf von Ballenstedt, mit der Nordmark belehnt wurde, welcher die Wenden zurückdrängte, die Priegnitz, Zauche und Mittelmark erwarb, Brandenburg anstatt Stendal [* 43] zur Residenz machte, die ¶
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Mark Nordsachsen der Abhängigkeit vom Herzogtum Sachsen [* 45] entriß und sich zuerst Markgraf von Brandenburg nannte. Er stellte die zerstörten Bistümer wieder her, errichtete Klöster, zog zahlreiche Ritter heran, welche feste Burgen [* 46] bauten, und besiedelte das flache Land mit Bauern aus Westfalen [* 47] und den Niederlanden; Kaufleute und Handwerker gründeten städtische Niederlassungen. Durch diese Kolonisation, welche seine Nachfolger fortsetzten, wurde Brandenburg bald germanisiert.
Albrechts Sohn Otto I. (1170-84) erschien auf dem Reichstag zu Mainz [* 48] 1182 zum erstenmal als Reichserzkämmerer und erwarb 1181 die Lehnshoheit über Pommern [* 49] und Mecklenburg. [* 50] Otto II. (1184-1205) mußte, wegen eines Streits mit dem Erzbischof von Magdeburg [* 51] von diesem gebannt, alle seine Allodien in der Altmark und im Westhavelland von dem Erzstift Magdeburg zu Lehen nehmen (1196). Der Versuch seines Bruders Albrecht II. (1205-20), die Güter dem Erzbischof wieder zu entreißen, mißlang.
Auf Albrecht II. folgten 1220 seine noch minderjährigen Söhne, Johann I. und Otto III., die bis 1226 unter der Vormundschaft ihrer Mutter Mathilde standen, dann 40 Jahre gemeinschaftlich regierten. Sie erweiterten Brandenburg durch ansehnliche Erwerbungen und nahmen Barnim und Teltow den Wenden, Stargard [* 52] in Mecklenburg und die Ukermark den Pommern, welche sie 1244 auch zur Anerkennung ihrer Lehnshoheit zwangen; sie eroberten ferner 1260 die Neumark und kauften Lebus und die Oberlausitz.
Die Ansiedelung deutscher Einwanderer wurde befördert und mehrere wichtige Städte gegründet, so Landsberg a. W. in der Neumark, Frankfurt a. O. im Land Lebus. 1232 erhielt das Dorf Köln, [* 53] 1242 Berlin brandenburgisches Stadtrecht. Ansehnliche Klöster, wie Chorin und Straußberg, wurden erbaut. So blühten die Marken gerade in einer Zeit aus, wo im übrigen Reich das Faustrecht herrschte. Johann und Otto teilten ihr Gebiet erst 1258 und machten Stendal und Salzwedel [* 54] zu ihren Regierungssitzen, während die Hauptstadt Brandenburg und die Lehnshoheit über die Bistümer und Havelberg gemeinsam blieb. Nach ihrem Tod (Johann I. starb 1266, Otto III. 1267) entstanden zwei Linien, die Johanneische oder Stendaler und die Ottonische oder Salzwedeler. Doch herrschte unter ihnen stets gutes Einvernehmen. 1280 zählten die beiden Linien 19 Markgrafen; Haupt der Familie war Otto IV. mit dem Pfeil (1281-1309). Durch Kauf von den Wettinern wurden die Besitzungen noch um die Mark Landsberg, die Pfalzgrafschaft Sachsen und die Niederlausitz vermehrt. Erst unter Waldemar (1309-19) wurden die Länder beider Linien wieder vereinigt und im Kampf gegen die neidischen Nachbarn behauptet.
Mit dem Tod seines minderjährigen Vetters, Heinrich von Landsberg, erlosch aber 1320 die brandenburgische Dynastie der Askanier. Nach heftigen Kämpfen um das herrenlose Land, in welchen ansehnliche Gebietsteile von demselben abgerissen wurden, verlieh Kaiser Ludwig der Bayer dasselbe 1323 seinem unmündigen Sohn, Ludwig dem ältern. Doch lag den Wittelsbachern das Wohl des Landes, welches wegen des Streits zwischen Kaiser und Papst mit dem Interdikt belegt und 1325 von Polen und Litauern verwüstet wurde, sehr wenig am Herzen, um so weniger, als die von Kaiser Karl IV. begünstigte Erhebung des falschen Waldemar (s. d.) zum Aufstand fast des ganzen Landes führte.
Während dieser Wirren geriet das Land in den traurigsten Zustand. Gewerbe und Handel lagen danieder, der Landbau wurde vernachlässigt, und bei der so häufig eintretenden Geldnot der Fürsten wurden die meisten landesherrlichen Rechte, Güter und Einkünfte an Private und Städte teils verpfändet, teils um geringen Preis verschleudert. Der Adel trotzte entweder in frechem Übermut der Macht und den Befehlen des Markgrafen, oder er ergab sich der Wegelagerei, welche bald so überhandnahm, daß sich die Städte zur Abschaffung dieses Unwesens durch besondere Bündnisse vereinigen mußten.
Die Schwäche der letzten Wittelsbacher (Ludwig der Römer [* 55] 1351-1365 und Otto der Faule 1365-73) benutzte Kaiser Karl IV., um durch Kauf und Gewalt die Mark, welche 1356 durch die Goldene Bulle im Besitz der Kurwürde bestätigt wurde, an das luxemburgische Haus zu bringen und seine Erwerbung 1373 durch den Vertrag von Fürstenwalde [* 56] zu sichern. Karl IV., der für seinen Sohn, den Kurfürsten und Markgrafen Wenzel (1373-78), die Regierung führte, bemühte sich, Ordnung, Gewerbfleiß, Handel und Wohlstand wiederherzustellen.
Für die Beschäftigung der niedern Stände sorgte er durch bedeutende Bauten, den Städten suchte er durch Erneuerung ihres alten Verhältnisses zum Hansabund wieder aufzuhelfen, der Straßenraub wurde streng bestraft und der Adel durch kaiserliche Verbote gehindert, neue Burgen und Schlösser ohne besondere Einwilligung des Landesherrn anzulegen. Die Fürsten von Pommern und Mecklenburg mußten die Lehnshoheit Brandenburgs anerkennen. Der Tod des Kaisers (1378) führte jedoch die meisten der alten Übel zurück. Siegmund (1378-1415), Karls IV. zweiter Sohn, dem die Marken zufielen, verweilte in denselben nur zweimal und nur, um hier Mittel zur Befriedigung seiner Geldbedürfnisse zu gewinnen. Endlich 1388 verpfändete er an den Markgrafen Jost von Mähren, [* 57] unter welchem die alte Verwirrung wiederkehrte.
Nach Josts Tod ernannte Siegmund 1411 seinen Rat und Feldherrn, den Burggrafen Friedrich von Nürnberg [* 58] (s. d.) aus dem Haus Hohenzollern, [* 59] zum Statthalter und zum Kurfürsten von Brandenburg. Die feierliche Belehnung erfolgte zu Konstanz. [* 60] Doch gelang es dem neuen Kurfürsten nur allmählich, sich geltend zu machen, indem er bedeutende Summen aufwenden mußte, um die verpfändeten fürstlichen Rechte einzulösen, und ihm die gewaltsame Demütigung des trotzigen Adels erst nach langwierigen Kämpfen gelang.
Sein energisches und staatskluges Auftreten begründete aber für die Mark den Beginn einer bessern Zukunft, und bald fanden sich mit der wiederhergestellten Ordnung die frühere Regsamkeit und der frühere Verkehr wieder ein. Wie Friedrich I. (gest. 14-40) den Adel, so beugte Friedrich II. (1440-70) die Städte, namentlich Berlin (s. d.), unter die landesfürstliche Gewalt. Unter ihm wurden 1450 die Lehnsstreitigkeiten mit dem Erzstift Magdeburg beigelegt. Die Altmark ward von der Lehnshoheit des Erzbistums gegen Abtretung einiger Ortschaften befreit, 1455 die Neumark, die Siegmund 1402 an den Deutschen Orden [* 61] verkauft hatte, wiedererworben und 1467 ein Teil der Niederlausitz von Böhmen abgetreten.
Ein Krieg, den er unternahm, um den Besitz der im Mannesstamm erloschenen Herzöge von Pommern-Stettin zu gewinnen, war dagegen erfolglos. Auf Friedrich H. folgte Albrecht Achilles (1470-86), der sich aber wenig um Brandenburg bekümmerte und meist in den fränkischen Besitzungen Ansbach [* 62] und Baireuth [* 63] residierte. Nach der von ihm festgesetzten Hausordnung (dispositio Achillea 1473) wurden indes die fränkischen Besitzungen von Brandenburg getrennt, so daß Albrechts ältester Sohn, Johann ¶
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Cicero (1486-99), ein kluger, sparsamer Fürst, die Mark allein bekam. Sein Sohn Joachim I. (1499-1535), ein starrer Gegner der Reformation, regierte in kraftvoller Weise und wußte namentlich den raubritterlichen Adel niederzuhalten. Joachim I. gründete 1506 die Universität Frankfurt a. O. und 1516 das Kammergericht zu Berlin als obersten Gerichtshof. Seine Söhne, der Kurfürst Joachim II. und Johann von Küstrin, [* 65] welcher die Neumark für sich bekam (beide bis 1571), traten 1539 zur lutherischen Kirche über.
Doch befolgte Joachim eine vorsichtige Politik im Schmalkaldischen Krieg, wie denn Brandenburg überhaupt in der Zeit der Reformation eine untergeordnete Rolle spielte. Erst nach dem Augsburger Religionsfrieden (1555) zeigte er sich als Beförderer der Reformation, zu deren Aufrechterhaltung er das Konsistorium zu Berlin errichtete. Seine Prachtliebe stürzte ihn freilich in große Schulden. Folgenreich war es auch, daß er (1537) mit den Herzögen von Liegnitz, [* 66] Brieg [* 67] und Wohlau eine Erbverbrüderung errichtete, kraft deren nach Aussterben des zu Liegnitz regierenden Hauses das Besitztum derselben an Kurbrandenburg fallen sollte, daß er für seinen Enkel Joachim Friedrich die Stifter Magdeburg und Halberstadt [* 68] erwarb, und daß er (1569) von Polen die Mitbelehnung für Preußen erhielt, die später den Erwerb dieses Herzogtums für sein Haus nach sich zog.
Sein Sohn Johann Georg (1571-98) vereinigte wieder das ganze brandenburgische Gebiet. Eine abermalige Zerstückelung verhinderte dessen ältester Sohn erster Ehe, Joachim Friedrich (1598-1608), indem er 1603 die Unteilbarkeit des Kurfürstentums Brandenburg behauptete und seine Stiefbrüder Christian und Joachim Ernst damit zufriedenstellte, daß er ihnen die erledigten hohenzollernschen Besitzungen in Franken überließ. Er gründete 1605 das Kollegium des Geheimen Rats als ständige oberste Verwaltungsbehörde und bereitete den Anfall des Herzogtums Preußen an Brandenburg vor.
In der That wurde Johann Siegmund (1608-1619), der mit Anna, der ältesten Tochter des Herzogs Albrecht Friedrich von Preußen, vermählt war, 1618 Herzog von Preußen. Dagegen konnte er seine Ansprüche auf die gesamte jülich-klevische Erbschaft, welche Anna von ihrer Mutter Maria Eleonore, der ältesten Schwester des 1609 kinderlos verstorbenen Herzogs Johann Wilhelm von Jülich, überkommen hatte, nicht durchsetzen (jülichscher Erbfolgestreit) und mußte sich 1614 mit Kleve, Mark, Ravensberg und Ravenstein begnügen. Er bereitete durch diese Erwerbungen die Periode glänzendster Machtentfaltung für Brandenburg vor.
Dieses erlebte aber unter Georg Wilhelm (1619-40) noch eine Zeit der äußersten Schwäche. Der Kurfürst vermochte weder seine rheinischen Besitzungen zu behaupten, noch seine Ansprüche auf Pommern durchzusetzen, das alten Verträgen zufolge 1637 beim Tode des kinderlosen Herzogs an Brandenburg hätte fallen müssen. Während des Dreißigjährigen Kriegs schwankte er ratlos zwischen den Parteien. Abwechselnd durchzogen schwedische und kaiserliche Truppen das Land, sogen dasselbe aus und zwangen dem Kurfürsten ihre Bundesgenossenschaft auf.
Dazu hatte der haltlose Fürst in dem Grafen Adam von Schwarzenberg (s. d.) einen zwar gewandten, aber eigennützigen Minister, der das Interesse der katholischen Partei mindestens ebenso im Auge [* 69] hatte wie das Brandenburgs. Trotz dieser Wirren gelang es dem Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm (1640-1688), sich in den sichern Besitz seiner Lande zu setzen, dieselben durch neue Erwerbungen zu vermehren und die Vereinigung der einzelnen Landesteile zu einem organischen Ganzen einzuleiten.
Seitdem geht die Geschichte Brandenburgs auf in der des preußischen Staats (s. Preußen), dessen Kern die brandenburgischen Lande trotz der Veränderung des Namens immer gebildet haben. Durch Neuorganisation der Verwaltung 1815 ward Brandenburg eine Provinz Preußens, [* 70] jedoch mit erheblich veränderten Grenzen, [* 71] indem der linkselbische Teil, die Altmark, zu der neuen Provinz Sachsen geschlagen, dagegen ein Teil des 1814 abgetretenen königl. sächsischen Gebiets (Belzig, Jüterbogk u. die Niederlausitz) mit Brandenburg vereinigt wurde (vgl. oben).
Vgl. Küster, Bibliotheca historica Brandenburgensis (Bresl. 1743; Accessiones dazu, 1768, 2 Bde.);
Derselbe, Collectio opusculorum historiam marchicam illustrantium (das. 1731-33, 2 Bde.);
Buchholz, Geschichte der Kurmark Brandenburg (Berl. 1865-1875, 2 Bde.);
v. Raumer, Über die älteste Geschichte und Verfassung der Kurmark Brandenburg (Zerbst [* 72] 1830);
Riedel, Die Mark Brandenburg im Jahr 1520 (Berl. 1831-32, 2 Bde.);
Derselbe, Codex diplomaticus Brandenburgensis (das. 1839-65, 4 Abtlgn. in 35 Bdn. und 1 Supplementband; 2 Registerbände von Heffter, 1867-69);
Spieker, Kirchen- und Reformationsgeschichte der Mark Brandenburg (das. 1839);
v. Bassewitz, Die Kurmark Brandenburg, ihr Zustand und ihre Verwaltung unmittelbar vor Ausbruch des französischen Kriegs 1806 (Leipz. 1847);
Derselbe, Die Kurmark Brandenburg im Zusammenhang mit den Schicksalen des Gesamtstaats von 1806 bis 1808 (das. 1860);
H. Berghaus, Landbuch der Mark Brandenburg, vollständige historisch-geographische Beschreibung (Brandenb. 1853-56, 3 Bde.);
Fontane, Wanderungen durch die Mark Brandenburg (3. Aufl., Berl. 1874-82, 4 Bde.);
Scholz, Die Erwerbung der Mark Brandenburg durch Karl IV. (Bresl. 1874);
F. Voigt, Geschichte des brandenburgisch-preußischen Staats (3. Aufl., Berl. 1878), und die vom Verein für die Geschichte der Mark Brandenburg (1837 in Berlin gegründet) seit 1841 herausgegebenen »Märkischen Forschungen« (bis 1884: 18 Bde.).
Das Bistum Brandenburg, 949 von Otto I. gegründet, stand anfangs unter dem Erzbischof von Mainz, seit 968 unter dem von Magdeburg. Nachdem es durch den Aufstand der Wenden 983 vernichtet worden, wurde es von Albrecht dem Bären wiederhergestellt. Nach dem Übertritt des Bischofs Matthias von Jagow zur lutherischen Lehre [* 73] hörte das Bistum als solches auf (1544), und die Administration ging auf das lutherische Haus über. Doch blieben 12 Domherrnstellen als Pfründen, welche jetzt noch vom König verliehen werden, und von welchen 9 dem Adel, 3 der Geistlichkeit zukommen. Im ganzen hatten seit Ditmar 44 Bischöfe in Brandenburg ihren Sitz gehabt.
Vgl. Gerken, Ausführliche Stiftshistorie von Brandenburg (Wolfenbüttel [* 74] 1766).