entgegenzutreten. Sie bildeten während des Siebenjährigen
Kriegs zuletzt ein
Regiment von 10
Schwadronen mit zusammen 1000 Mann
und wurden 1796 abermals verstärkt, 1800 aber in ein Towarzysregiment umgewandelt.
Vgl. v. Dziengel, Geschichte des 2. Ulanenregiments
(Potsd. 1858).
Das durchaus gebirgige Land wird von zahlreichen von
NW. nach SO. streichenden parallelen
Gebirgsketten der
Dinarischen Alpen durchfurcht, die, im N. aus der Saveniederung gegen das 1000 m hohe dalmatische Grenzgebirge allmählich
aufsteigend, im SO. ihren höchsten Gipfel erreichen. Die bedeutendsten
Gebirge (Planinen) sind im
NW. bei
Bihac das Germec-
und Crljevicagebirge (1460 und 1971
m) und die Cerna
Gora (1800 m) mit dem Vitoroggebirge. Die nächste
Parallelkette jenseit der Sanna beginnt im N. mit dem Kozaragebirge und endet in der 2000 m hohen Radusa.
Von dem oberhalb dieser sich erhebenden Gebirgsknoten Zec (2200 m) erstreckt sich nordwärts das Scit- und Vlasicgebirge
(1923 m), gegen O. die Bitovnja (2160
m) und das Ivangebirge, südöstlich die Jahorina mit dem Korjen-
(1872
m) und Ranjengebirge. Im W. laufen parallel mit ihr die Bjelasnica (2115
m) und Treskovica (2428 m); im S. hingegen beginnt
das
Konglomerat der herzegowinischen
Gebirge (Vucija 2070 m, Dumos 1700
m und Lebrsnik). Südlich von der Neretva erheben sich
die riesigen, schneebedeckten Gipfel des Prenjgebirges mit der
Velez- und Cabuljakette im
S. und W. In
Novibazar, nördlich vom
Dormitor, dem Bergriesen
Montenegros, erstrecken sich die langen, waldigen
Rücken der Ljubicnja, am
rechten Bosnaufer endlich das 1500 m hohe
Plateau des Romanjagebirges und die Vranagruppe, welche in dem riesigen Konjugebirge
abschließt.
Ebenen hat Bosnien nur längs der
Save und an der untern
Unna
[* 6] und
Bosna aufzuweisen, die größte auf dem linken
Wrbasufer (von
Banjaluka bis an die
Save). An fließenden Gewässern ist Bosnien, da die noch gut bewaldeten
Berge die
Quellen hinreichend
nähren, sehr reich. Viele derselben fließen nördlich zur
Save, so die
Unna mit der Sanna, der
Wrbas mit
der Pliva, Wrbanja und Ugar, die
Bosna, der Hauptfluß Bosniens; ferner die Ukrina und die
Drina mit dem Lim und Uwaz. Der
Hauptfluß im
SW. ist die ins
Adriatische Meer mündende
Narenta.
Seen gibt es wenige und nur unbedeutende,
so den bei Jesero, welchen die Pliva durchfließt, und einen
westlich bei
Mostar; desto reicher ist an
Sümpfen, darunter die großen Sevarovo Blato und Mostarsko Blato; beide werden mit
Moorhirse besäet. Das
Klima
[* 7] ist nur in der
Herzegowina zum Teil südlich-heiß, im eigentlichen Bosnien jedoch, wo die höchsten
Bergspitzen das ganze Jahr hindurch mitSchnee
[* 8] bedeckt sind, ist die Sommertemperatur eine milde, und
in den höhern Waldgebirgen herrscht zumeist eine feuchte, sehr gemäßigte
Luft; dagegen ist aber auch die
Kälte im
Winter
sehr bedeutend. An einigen
Orten, wie
auf der
Hochebene von Kupresch, der
Wasserscheide zwischen der
Donau und dem Adriatischen
Meer, bei Duvno und Liwno, wütet die
Bora wie auf dem Karstgebirge und wird nicht selten den Schafherden
und Wanderern gefährlich. Die
Kraina und die
Save-Ebene sind milder als das benachbarte
Kroatien.
Die
Bevölkerung besteht nach der in und der
Herzegowina durchgeführten Zählung aus 1,158,453 Einw.
(607,797 männlichen, 550,656 weiblichen), welche in 43
Städten, 31
Märkten und 5054 Dörfern wohnen
und mit Berücksichtigung der bis 1881 erfolgten administrativen Veränderungen sich auf die 6
Kreise
[* 9] und 49
Bezirke verteilen
wie folgt:
Hierzu kommen noch die Besatzungstruppen (etwa 27,000 Mann) und die
Fremden, ferner die auf 168,000
Köpfe geschätzte
Bevölkerung
[* 10] von
Novibazar. Die Einwohner sind
Slawen und gehören dem serbischen
Stamm an. Zum Unterschied von den eigentlichen
Serben werden
sie
Bosniaken genannt, wogegen man die Bewohner
RasciensRaizen, jene der
HerzegowinaHerzegowinaer nennt.
Der Rest besteht aus
Juden, seßhaften
Zigeunern (Mohammedanern, welche das Schmiedehandwerk betreiben) und nicht ansässigen
Fremden. Zu letztern gehören zahlreiche
Arbeiter, Beczari (»Junggesellen«) genannt, die aus
Albanien und
Bulgarien jeden
Sommer
hierher kommen,
Arbeit suchen und im
Winter in ihre
Heimat zurückkehren, ferner viele Flüchtlinge und
die sogen. Zeltbewohner (Czergassi), bestehend teils aus
Walachen (die herumwandernd
Holzwaren schnitzen oder als
Hirten auf
den
Gebirgen umherziehen), teils aus nomadisierenden, bettelnden und kesselflickenden
Zigeunern (Cigani).
Eigentliche
Osmanen gibt es nur vereinzelt, höchstens in den größern
Städten; ebenso sind die
Albanesen nur
zerstreut in
Novibazar zu finden. Die
Sprache
[* 11] ist in ganz Bosnien die serbische und hat sich namentlich auf dem Land ganz rein,
voll und schön erhalten. Das
Türkische hat sich trotz der langen Herrschaft der
Osmanen in Bosnien nirgends eingebürgert. Die
Religion scheidet die Bewohner Bosniens in
Christen, Mohammedaner und
Juden. 1879 zählte man 496,761 Griechisch-Katholische,
448,613 Mohammedaner, 209,391
Römisch-Katholische, 3439 Israeliten und 249 Andersgläubige.
Die Mohammedaner sind meist Bosnier, die einst, um ihre
Güter zu behaupten, zum
Islam übertraten, seitdem die ärgsten Feinde
des
Christentums sind und meist in den
Städten wohnen, wo sie
Handwerk und
Handel treiben. Die
Christen leben
in den Dörfern als
Landbauer, namentlich im N. von
Novi bis
Bjelina, dann längs der
GrenzeDalmatiens und der
Herzegowina. Die
griechischen Katholiken stehen unter dem
Patriarchen von
Konstantinopel
[* 12] und haben einen
Metropoliten in Sarajewo und zwei
Bischöfe
(Vladike) in
Mostar und Izvornik. Die römischen Katholiken bilden drei apostolische Vikariate, das bosnische,
das
Herzegowinaer und das Trebinjer Vikariat, von denen das letztere von
Jesuiten versehen wird und unter dem
Bischof von
Ragusa
[* 13] steht; die beiden erstern dagegen werden von
Franziskanern geleitet, welche, sämtlich aus Bosnien gebürtig, die Klöster
Foinitza,
¶
Die Frauen kleiden sich gleichfalls türkisch und genießen in Bosnien eine größere Freiheit als in der Türkei. Deshalb hüllen
auch die vornehmern mosleminischen Frauen ihr Gesicht
[* 20] bis auf die Augen in ein durchsichtiges Gewebe,
[* 21] so
daß man ihre Züge deutlich sehen kann. Im Narentathal findet man sie auch ganz unverschleiert. Jene der niedern Stände tragen
außer dem Gesichtsschleier auch noch einen den ganzen Oberkörper einhüllenden groben Überwurf. Die christlichen Bewohner,
deren soziale Stellung bis in die letzte Zeit eine vielfach bedrückte war, mußten sich in dunkle Stoffe
kleiden; ihr Fes ist braunrot oder noch dunkler, ihr ebenfalls nur bis zum Knie reichendes faltenreiches Beinkleid blau.
Nebst Gamaschen und Bundschuhen tragen sie einen Tuchgürtel und über diesem einen ledernen Fächergurt. Die christlichen
Frauen, deren Haar,
[* 22] in langen Zöpfen geflochten, über den Rücken herabhängt, sind serbisch-morlakisch
oder türkisch gekleidet. Meist tragen sie ein Fes, eine gelbe, rote oder braune, weitärmelige, vorn offene Jacke, darunter
ein niederes Mieder. Das Hemd ist auf der Brust bis zum Gürtel
[* 23] gleichfalls offen. Das dunkle, unschöne Beinkleid reicht von
den Hüften bis zu den Knöcheln, und die nackten Füße stecken in Pantoffeln oder weit ausgeschnittenen Schuhen.
Das Kinn ist bei den Christen und Mohammedanern glatt geschoren. Ganz abweichend ist die Tracht in der Kraina. Die Wohnungen in
den Dörfern sind ganz so wie diejenigen der Morlaken in Dalmatien gebaut; in den Städten bestehen die
Häuser größtenteils nur aus Gebälk mit schwachen Wänden aus Lehm und Kalk, haben keine Kamine und nur kleine Öffnungen für
die Fenster, die in den seltensten Fällen durch Glastafeln verwahrt und im Frauengemach durch ein Holzgitterwerk geschlossen
sind.
Vom Souterrain, wo sich der Stall und die Räume für die Diener befinden, führt eine steile Trevve in den
Wohnstock, der aus einem geräumigen Vorplatz, mehreren kleinen, niedern Gemächern und einer luftigen, achteckigen Veranda
(Divanhan) besteht. Den einzigen Möbelschmuck der Zimmer bildet ein Fußteppich und hier und da ein geschnitzter Wandschrank.
Als Sitz- und Lagerstatt dienen die sogen. »Minder«, d. h. längs der Wände angebrachte niedrige Pritschen,
die man mit Matratzen, Teppichen oder Rohrmatten bedeckt. Noch viel einfacher sind die Steinbauten der Herzegowinaer, die mit
ihrem platten Dach,
[* 24] der niedern Thoröffnung und den kleinen Fensterluken steinernen Höhlen gleichen. Eine Eigentümlichkeit
des Landes ist das in jedem Ort befindliche Einkehrhaus, Han genannt, das gleichfalls in jeder Beziehung
primitiv, mitunter kaum besser ist als eine schmutzige Viehstallung.
Die Städte, welche entweder aus dem Grad oder der Festung, oder der Varosch, der eigentlichen Stadt, die gewöhnlich von einem
Wallgraben und einer mit Zinnen versehenen Mauer umgeben ist, und der Mahala oder Vorstadt bestehen, oft
aber auch nicht geschlossen sind, haben mitunter, wenn sie von üppigen Gärten umrahmt werden, und wenn zwischen ihren Vierteln
zahlreiche Baum- und Vegetationsinseln liegen, von der Ferne aus betrachtet, ein pittoreskes, romantisch-heiteres Aussehen,
bieten aber in der Nähe zumeist ein trostloses Bild allgemeiner Verwahrlosung, weil selbst die Begüterten,
der orientalischen Unsitte gemäß, nur ihre individuellen Bedürfnisse befriedigen, das Gemeinwohl aber ganz außer acht
lassen und sich nicht daran kehren, daß ihre Gebäude oft aus förmlichen Kloaken oder aus sumpfartigen Straßen und Gassen
sich erheben.
Bei den christlichen Bewohnern finden sich ohne Unterschied noch alle ursprünglichen Sitten und moralischen
Eigenschaften vor: große Gastfreundschaft, patriarchalisches Familienleben, Tapferkeit und Kampfeslust, strenge Religiosität,
Rechtlichkeit untereinander und Unverbrüchlichkeit der Freundschaft, aber auch Unversöhnlichkeit in der Feindschaft, blutige
Rachsucht, Indolenz und Fatalismus. Die Nahrung ist sehr einfach; Milch, Schafkäse, Maiskuchen, Reis und Hammelfleisch, Zwiebeln,
Knoblauch und Schnaps sind die Hauptbestandteile derselben bei den christlichen Bosniern.
In der Herzegowina, wo die letztern (Rajahs) viel selbstbewußter sind, haben sich die serbischen Volkslieder, Gesänge und Erzählungen
noch erhalten, wogegen diese in Bosnien mehr und mehr verstummen. Der Grund und Boden gehört fast ganz den Mohammedanern; die Dorfbewohner
sind größtenteils Kmets, d. h. Bauern ohne eignes Land und eigne Wohnung, die Grundbesitzer entweder Begs,
d. h. Nachkommen des slawischen, zum mohammedanischen Glauben übergetretenen Adels, oder Agas, d. h. türkische Grundbesitzer,
mit denen der Kmet seinen Pachtkontrakt abschließen mußte. Übrigens unterscheidet sich die ganze besitzende türkische
Klasse, welche ursprünglich allein Waffen
[* 25] tragen durfte, weder durch Bildung noch durch Kleidung von den
Bauern, wenn diese vermögend genug sind, es ihnen nachzuthun.
[Naturprodukte und Nahrungszweige.]
Bosnien ist infolge seines Wasserreichtums und seiner atmosphärischen Niederschläge, mit
Ausnahme der südlichen Herzegowina und Novibazars, zumeist ein an Naturschönheiten reiches Waldland, in dem die Eiche, Ulme,
Erle, Buche, Kiefer, Esche und der Pflaumenbaum vorherrschen. Es hat äußerst fruchtbare Thäler und Ebenen
und vorzügliche Weiden, allein bisher wurde der größte Teil des Bodens gar nicht ausgenutzt. Ackerbau wurde nur für den notwendigsten
Bedarf und sehr mangelhaft betrieben. Weizen und
¶
Die Industrie des Landes ist eine sehr beschränkte und erstreckt sich bloß auf roh gearbeitete Eisenwaren,
Hand- und Schußwaffen, grobe Wollstoffe, Kotzen, Teppiche, Decken, Leder- und Kupferschmiedewaren. Das Sattler-, Riemer-, Schuhmacher-,
Lohgerber- und Kupferschmiedehandwerk wurde bisher fast ausschließlich von Mohammedanern ausgeübt. Die ziemlich entwickelte
Hausindustrie liefert fast alles für den täglichen Bedarf. Die männliche und weibliche Kleidung wird
in Bosnien von Frauen gearbeitet.
In politischer Hinsicht zerfiel Bosnien bis November 1878 in 7 Kaimakamlyks: Sarajewo, Travnik, Bihac, Banjaluka, Swornik, Mostar
und Novibazar, und jedes Kaimakamlyk in Kreise (Nahie oder Kasa), die unter einem Mudir standen. An der Spitze
jedes Kaimakamlyks stand ein Kaimakam, welcher wieder von dem Wali der Provinz abhing. Sowohl die richterliche als die polizeiliche
Gewalt hatten die Mohammedaner inne, die Christen waren davon ganz ausgeschlossen. Seit der Okkupation durch Österreich-Ungarn
wird in die bereits oben genannten 6 Kreise eingeteilt.
Die Landesregierung, welche dem kaiserlichen und königlichen gemeinsamen Ministerium untersteht, hat ihren Sitz in Sarajewo
und war seit 1878 bestrebt, in allen Zweigen der Verwaltung die notwendigen und mit Rücksicht auf die eigentümlichen Verhältnisse
des Landes möglichen Reformen einzuführen. In Sarajewo und den größern Städten fungiert ein Stadtrat.
Die Justiz wird durch 6 neue Kreisgerichte und 42 Bezirksgerichte ausgeübt. Die finanziellen Angelegenheiten leitet die
Finanzlandesdirektion in Sarajewo, welche zur Verwaltung der direkten und indirekten Steuern, des Zollwesens und zur Ausübung
des Kontrolldienstes Steuerinspektorate, 46 Steuerämter, 6 Finanzinspektorate, 8 Zollämter und eine Zoll- und Finanzwache
aufgestellt hat. Der Sicherheitsdienst wird durch ein aus 3000 Mann bestehendes Gendarmeriekorps vollzogen.
[Geschichte.]
Bosnien war im Altertum ein Teil Illyriens, kam als römische Provinz zu Pannonien, unter Augustus aber zu Dalmatien.
In der Völkerwanderung wurde es durch verschiedene Völkerzüge heimgesucht. Sodann stand das von Slawen oder slawisierten
Illyriern bewohnte Land bald unter serbischer, bald unter kroatischer Oberhoheit und wurde nebst Kroatien
auch von den ungarischen Königen abhängig, bis 1376 der Ban Twartko sich zum König von Bosnien erklärte. Durch Thronstreitigkeiten
wurden die Türken herbeigezogen, welche Bosnien zuerst 1401 eroberten. Doch wurde ihre Herrschaft unterbrochen, indem die
serbischen Könige wieder von Bosnien Besitz nahmen, bis es von
¶
mehr
Mohammed II. 1463 dauernd erobert wurde und rein osmanische Verfassung erhielt. 100,000 Menschen wurden als Sklaven weggeschleppt,
30,000 Knaben unter die Janitscharen eingereiht, viele Bosniaken nahmen den Islam an und wurden nun die Herren des Landes (Begs).
Nur einen kleinen Teil von Bosnien behaupteten die Ungarn
[* 49] bis zur Schlacht von Mohács 1526. Seitdem war ganz
Bosnien türkisch. Auch die spätern Türkenkriege änderten dies nicht, und im Karlowitzer Frieden 1699 wurde der Pforte der Besitz
von Bosnien ausdrücklich bestätigt.
Durch hohe Abgaben schwer bedrückt, erhoben sich die christlichen Bauern 1849 und 1850 in offenem Aufstand, der aber durch
Omer Pascha mit blutiger Strenge unterdrückt wurde. Der Steuerdruck wurde seitdem noch unerträglicher,
da die Gouverneure die Erhebung derSteuern Steuerpachtern übertrugen. 1875 brach daher ein neuer Aufstand aus, den die türkische
Regierung wegen gleichzeitiger andrer Aufstände und Kriege nicht zu dämpfen vermochte, der aber auch nicht den Sieg errang
und daher das Elend des Volkes vermehrte.
Die Beziehungen zur Türkei wurden durch einen Vertrag vom geregelt, welcher die Souveränität des Sultans über
Bosnien nominell anerkannte. 1880 wurde in das österreichische Zollgebiet einverleibt und 1881 ein Wehrgesetz nach
österreichischem Muster mit allgemeiner Wehrpflicht eingeführt. 1882 erhielt Bosnien eine Zivilverwaltung.
Der letzte dieser Könige, Pärisades II., übergab, von den Skythen bedrängt, seine Herrschaft um 115 v. Chr. dem König Mithridates
VI. von Pontus, der die Skythen ganz aus der Krim vertrieb. Nach seinem Tod erhielt sein Sohn Pharnakes für die
Unterstützung, die er denRömern im Kriege gegen Mithridates geleistet, von Pompejus das bosporanische Reich (63 v. Chr.). Des
Pharnakes Schwiegersohn Asandros wurde von Augustus als König anerkannt, doch war das Reich von jetzt an in Abhängigkeit von
Rom;
[* 59] schon im 1. Jahrh. n. Chr. ist den bosporanischen Münzen auf der einen Seite das Bild des römischen
Kaisers aufgeprägt. Seit ca. 300 n. Chr. geriet das Reich in Bedrängnis durch die Bewohner der Taurischen Chersonesos (Krim);
hierauf folgte die Völkerwanderung, in deren Stürmen das bosporanische Reich unterging.
Fast das ganze Jahr hindurch findet eine heftige Strömung aus dem SchwarzenMeer in das Marmara-Meer statt, und die Schiffahrt
durch den Bosporus ist bei der Enge der nördlichen Einfahrt, den oft plötzlich wechselnden Winden
[* 61] und den häufigen
dichten Nebeln im Herbst und Winter nicht immer ohne Gefahr, wird aber gleichwohl sehr lebhaft betrieben. Die Ufer sind im höchsten
Grad malerisch und bieten mit ihren schön geformten, oft schroff abfallenden Bergen
[* 62] (bis ca. 450 m Höhe), ihren reizenden,
von Cypressen, Lorbeerbäumen und uralten Platanen beschatteten Buchten und Thalöffnungen und der Menge von
Schlössern und Ruinen, Palästen, Kiosken, Dörfern, Villen und Gärten, welche sie beleben, eine ununterbrochene Folge der herrlichsten
Ansichten dar. Am Eingang aus dem Marmara-Meer liegt auf europäischer KüsteKonstantinopel nebst Pera, gegenüber auf asiatischer
Seite die Stadt Skutari; dann folgen als die hervorstechendsten Punkte auf dem linken Ufer die prachtvollen
kaiserlichen Lustschlösser Dolmabagtscheh, Beschiktasch und Tschiraghan Seraj; unmittelbar darauf das Dorf Ortaköi, gegenüber
dem Ort Bejlerbei (auf asiatischer Seite). Etwa in der Mitte des Bosporus stehen zwei feste Schlösser: auf europäischer KüsteRumeli Hissar,
auf asiatischer Anadoli Hissar, beide von Mohammed II. erbaut und als Kerker für Staats- und Kriegsgefangene
lange Zeit berüchtigt. Weiterhin folgt die Bucht von Jenikiöi und links Therapia, Sitz des englischen und französischen
Gesandten; ferner Bujukdere, an der breitesten Stelle,
¶
Als Kommandeur eines Observationskorps, welches einen von außen kommenden
russischen Angriff abzuwehren hatte, trug er zum
Sieg von Inkjerman (5. Nov.) bei, wo die von der Übermacht bedrängten Engländer durch sein rechtzeitiges Erscheinen gerettet
wurden. Am mit dem Kommando des 2. Korps der Orientarmee betraut, nahm er in der Nacht vom 23. zum 24. Febr. die
russischen Konterapproschen, welche die französischen Belagerungsarbeiten bedrohten, wirkte bei Erstürmung des Grünen Mamelon
wesentlich mit, leitete beim großen Sturm der Verbündeten auf Sebastopol
[* 68] (8. Sept.) den Angriff auf der rechten
Flanke gegen den Malakowabschnitt, erhielt aber dabei durch einen Bombensplitter eine schwere Wunde in der Hüfte, so daß er
sofort nach Frankreich zurückkehren mußte. Er wurde nach seiner Heimkehr im Februar 1856 zum Senator und Marschall ernannt
und erhielt 1858 das Oberkommando in Toulouse,
[* 69] starb aber nach langem Siechtum
Vgl. »Lettres
du maréchal à ses amis 1837-60« (Pan
[* 70] 1879, 2 Bde.).
in Groningen, 1806 Rektor der lateinischen Schule in Amsterdam,
[* 83] bald darauf Professor am Athenäum und Mitglied des königlichen
Instituts der Wissenschaften und starb dort Bosscha ist einer der trefflichsten lateinischen Dichter der neuern
Zeit; seine Dichtungen erschienen gesammelt als »Musa Daventriaca« (Deventer 1786) und »Poemata« (das. 1820).
Weniger Beifall fand seine »Geschiedenis der staatsomwenteling der Nederlanden
in het jaar 1813« (Amsterd. 1817). Von seinen holländischen Übersetzungen sind besonders
die von Denons »Voyage en Égypte«, Schillers »Abfall der Niederlande«
[* 84] und Plutarchs Lebensbeschreibungen zu erwähnen. Wertvoll
ist seine »Bibliotheca classica«, ein philologisches Handbuch der Mythologie, Altertumskunde und Geschichte.
2) Johannes, holländ. Staatsmann und Schriftsteller, geb. 1797 zu
Harderwijk, war Professor an der Militärakademie in Breda, später an der Hochschule zu Amsterdam und 1853-59 Kultusminister.
Seitdem lebte er im Haag
[* 85] schriftstellerisch thätig, hauptsächlich als Historiker, und starb Sein Hauptwerk ist:
»Neêrlands heldendaden te land« (1853-56; neue Ausg.,
Leeuward. 1869-75, 3 Bde.),
dem das »Leven van Willem II.« (4. Aufl., Amsterd. 1873) vorausging.
SeinVerdienst ist weniger in tiefer Forschung als in klarer und lebendiger Darstellung zu suchen. Bosscha gab auch bisher ungedruckte
BriefeRousseaus an MarcMichel Rey (Amsterd. 1858) heraus.
(spr. boss'),Abraham, Kupferstecher und Radierer, geboren um 1605 zu Tours,
[* 86] gest. 1678, lieferte eine ungeheure
MengeBlätter mit kulturhistorisch interessanten Schilderungen von Zeremonien, Festen und Szenen aus dem Volksleben. Er schrieb
auch mehrere Werke, worunter der »Traité des manières de graver en taille douce sur l'airain par l'eau forte et
les vernis durs et mols« (zuerst Par. 1645).
Vgl. G. Duplessis, Catalogue de l'œuvre d'Abraham Bosse (Par. 1859).
1) Carlo Aurelio, Baron de, ital. Lyriker, geb. zu Turin,
[* 87] trat, nachdem er sich
zuerst durch einige Tragödien und schwungvolle Oden bekannt gemacht hatte, in die Dienste
[* 88] seines Vaterlandes Sardinien,
[* 89] war
bis 1792 Unterstaatssekretär im auswärtigen Ministerium, ward 1796 sardinischer Gesandter zu Petersburg
[* 90] und verwaltete unter
Napoleon I. mehrere Präfekturen und diplomatische Ämter. Der SacheNapoleons eifrig ergeben, mußte er
sich nach den HundertTagen ins Privatleben zurückziehen. Er starb in Paris. Unter seinen poetischen Werken ist
das Gedicht auf die französische Revolution: »Oromasia«, in zwölf Gesängen, am berühmtesten geworden. Eine Sammlung seiner
Poesien erschien in 3 Bänden (Par. 1799 bis 1801; neue Aufl., Lond.
1816).
die »Untersuchungen über Christ. Kolumbus« (das. 1818) und
die »Istoria d'Italia« (das.
1816-1823, 19 Bde.). Er hat außer vielen Abhandlungen über 80 größere
und kleinere selbständige Werke verfaßt, darunter auch einen Band
[* 93] Trauerspiele (Turin 1805) und einige Lustspiele.
(auch bosselieren, bosseln, v. franz. bosse,
»Buckel, rundliche Erhöhung«),
die Kunst, einem weichen Stoff durch Bearbeiten mit einfachen Werkzeugen irgend eine
zweckdienliche oder künstlerische Form zu geben. Sie wird hauptsächlich angewandt, um Modelle für die Bildhauerei, die
Keramik
[* 94] und für den Metallguß darzustellen, oder auch, um Gegenstände (Bosse, Rondebosse) zu formen, welche unmittelbar
selbst als Verzierung oder zu anderm Behuf benutzt werden können. Zum Bossieren benutzt man Bossierwachs, eine beliebig
gefärbte Mischung von Wachs mit Terpentin, Talg, Baumöl etc., oder Thon mit einem Zusatz von Glycerin.
Runde (nach allen Seiten frei stehende) Gegenstände werden entweder ganz aus Wachs gebildet, oder sie erhalten einen Kern von
Holz; zu halb erhabenen Arbeiten trägt man das Wachs auf ein flaches Brett oder eine andre Unterlage auf
und bearbeitet es mit hölzernen, eisernen oder beinernen Griffeln (Bossiergriffeln, Bossierhölzern), d. h. Stäbchen, welche
an ihren Enden spitzig, rund, schaufelförmig, gebogen oder sonstwie gestaltet sind. Das in Thon geschieht auf dieselbe Weise.
Die Gegenstände des Bossierens stehen während der Arbeit auf dem drehbaren Bossierstuhl, so daß der
Künstler, ohne seinen Platz zu verlassen, die zu bearbeitende Masse nach allen Seiten hin drehen kann.