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Baßsaiten;
ebenso werden die zu beiden Seiten des Griffbretts der Drehleier (organistrum) liegenden, immer mit schnurrenden Saiten Bordune genannt.
Baßsaiten;
ebenso werden die zu beiden Seiten des Griffbretts der Drehleier (organistrum) liegenden, immer mit schnurrenden Saiten Bordune genannt.
(franz., Bordierung), Saum, Besatz, Einfassung, Verbrämung.
(ind., »Flut«),
in Ostindien. [* 2] Bezeichnung brandender Flutwellen, s. Ebbe und Flut.
der Nordwind der Griechen; bei den Römern Aquilo oder Septentrio, welcher von den Rhipäischen Gebirgen (in Hellas über die thrakischen Gebirge weg) herwehend gedacht wurde und Europa [* 3] wie Kleinasien reinen Himmel [* 4] und Kälte, Afrika [* 5] Wolken und Regen brachte. Als Gott verehrt und wegen seiner Wirkungen vielfach in Sage und Dichtung verflochten, war er der Sohn des Asträos und der Eos [* 6] (des Sternenhimmels und der Morgenröte), Bruder des Hesperos und Zephyros und wohnte in Thrakien, nach Kallimachos in einer Höhle des Hämos, nach andern am Meerbusen Salmydessos, in der Nachbarschaft der Hyperboreer (der »über Boreas hinaus Wohnenden«). Boreas entführte des athenischen Königs Erechtheus Tochter Oreithyia, als sie bei einem Festaufzug am Ilissos den Reigen anführte, und zeugte mit ihr den Kalais und Zetes (die sogen. Boreaden, welche den Phineus von den Harpyien [* 7] befreiten) sowie Kleopatra, die spätere Gemahlin des Phineus, und Chione. Er vernichtete die Athen [* 8] bedrohende Flotte des Xerxes, wie er sich auch den Megalopolitanern als tüchtiger Bundesgenosse erwies, als er die Sturmmaschinen der Spartaner zertrümmerte; daher hatte er zu Athen, wo der Nordwind sehr häufig ist, einen Altar [* 9] am Ilissos und ein besonderes Fest (Boreasmos). An dem Turm [* 10] der Winde [* 11] zu Athen ist Boreas als bärtiger Alter mit strengen Zügen und starkem Haarwuchs, langem, faltenreichem Mantel, eine Tritonsmuschel in der Rechten, abgebildet. Auf dem Kasten des Kypselos hatte er als Entführer der Oreithyia statt der Füße Schlangenschwänze. Als doppelt geflügelter Mann erscheint er aus Vasen. [* 12]
Vgl. Stephani, und die Boreaden (Petersb. 1871);
Stadt im preuß. Regierungsbezirk Posen, [* 13] Kreis [* 14] Krotoschin, unweit der Obra, mit evangelischer und kath. Pfarrkirche und (1880) 2081 Einw. (1300 Polen).
1) Petrus (eigentl. Pierre Borel d'Hauterive), franz. Schriftsteller, geb. zu Lyon, [* 15] gest. 1859 in Algerien, [* 16] bildete sich zum Architekten aus, wandte sich dann aber der Litteratur zu und machte sich durch seinen Übereifer für den Romantizismus sowie durch die Bizarrerie und Kühnheit seiner Schriften einen Namen. Wir nennen davon: »Rhapsodies«, Gedichte (1831);
»Le [* 17] livre de beauté« (1833);
»Champavert, contes immoraux« (1833, 1872) und »Madame Putiphar« (1839, 2 Bde.; 1877), sein seltsamstes Werk, welches die verdorbenen Sitten des 18. Jahrh. (Madame Potiphar ist die Pompadour) mit den grellsten Farben schildert.
Vgl. Claretie, Petrus Borel (Par. 1865).
2) Jean Louis, franz. General, geb. zu Faujeaux (Aude), besuchte 1838-40 die Schule von St.-Cyr und trat darauf als Leutnant in den Generalstab, in welchem er unter Mac Mahon in Afrika, in der Krim [* 18] und 1859 in Italien [* 19] diente und 1845 zum Kapitän, 1855 zum Major und 1867 zum Obersten avancierte. Erst 1869 vertauschte er seine Stellung als Adjutant Mac Mahons mit dem Posten eines Generalstabschefs der Nationalgarde von Paris. [* 20] Daher nahm er 1870 nicht an den ersten Kämpfen im deutsch-französischen Krieg teil, sondern ward nach seiner Beförderung zum Brigadegeneral im September zum Generalstabschef der Loirearmee unter Aurelle de Paladines, dann der Ostarmee unter Bourbaki, 1871 der Versailler Armee unter Mac Mahon ernannt. 1871 zum Divisionsgeneral befördert, erhielt er das Kommando einer Division in Reims, [* 21] ward Mitglied der Kommission für die Armeereorganisation, dann Generalstabschef des Gouverneurs von Paris und im Kabinett Dufaure Kriegsminister. Da er aber in seiner politischen Haltung den Wünschen der republikanischen Majorität der Kammer nicht entsprach, ward er im Januar 1879 durch Gresley ersetzt und zum Kommandeur des 3. Armeekorps in Rouen [* 22] ernannt. Er starb
(Borellus), Giovanni Alfonso, Arzt und Mathematiker, Stifter der iatromathematischen Schule, geb. zu Castelnuovo bei Neapel, [* 23] studierte in Florenz [* 24] Statik und Hydrostatik, [* 25] beobachtete die Jupitertrabanten und verglich ihre Bewegungen mit den Tafeln Galileis. Auch scheint er zuerst die parabolische Kometenbahn erkannt zu haben und schrieb in dieser Zeit: »Theoriae planetarum ex causis physicis deductae« (Flor. 1666, Leid. 1686), ward 1664 Professor der Mathematik in Messina, [* 26] bald nachher in Pisa. [* 27] 1668 siedelte er nach Messina, später nach Rom [* 28] über, wo er starb. Unter der großen Zahl seiner Werke zeichnet sich besonders das in seiner Art klassische Werk »De motu animalium« (Rom 1680-81, 2. Bde.; zuletzt Haag [* 29] 1743) aus, das als die Grundlage des iatromathematischen Systems zu betrachten ist. Seine Untersuchungen über die Mechanik der Muskelbewegung sind von allen spätern Schriftstellern über diesen Gegenstand den ihrigen zu Grunde gelegt worden.
(Broang), Paß im [* 30] westlichen Himalaja, 4624 m ü. M., welcher von der Landschaft Baschahr (s. d.) in das westliche Tibet führt.
See im schwed. Län Östergötland, von der Motala durchströmt, welche vom Wettern- zum Roxensee führt. Er gehört zum System des Götakanals und ist 10,7 km lang, 3,5 km breit, 27,6 qkm groß und liegt 72 m ü. M.
(Borretsch), s. Borago. ^[= Tourn. (Borrago, Borretsch), Gattung aus der Familie der Asperifoliaceen, ein- oder mehrjährige, ...]
(Borretschgewächse), s. Asperifoliaceen. ^[= (Borragineen, Borretschgewächse, Rauhblätterige), dikotyle Pflanzenfamilie aus der Ordnung ...]
Seestadt im sinn.
Gouvernement Nyland, an der Mündung des Borgaflusses in den Finnischen Meerbusen, hat zwei lutherische Kirchen, ein Gymnasium und (1880) 3876 Einw., worunter nur 437 Finnen, der Rest Schweden. [* 31]
Die Stadt besitzt mehrere Fabriken und lebhaften Handel mit Honig, Wachs, Häuten, Pelzwerk [* 32] etc. Zum Borgaschen, lutherischen Episkopat (Borgastift) gehören die Gouvernements Wiborg [* 33] und St. Michel nebst dem Ostteil der Gouvernements Tawastehus und Nyland.
Stadt im preuß. Regierungsbezirk Minden, [* 34] Kreis Warburg, an der Warburger Börde, mit Amtsgericht, kath. Pfarrkirche u. (1880) 1535 Einw.
(spr. -haut), Fabrikort in der belg. Provinz und im Arrondissement Antwerpen, [* 35] an der Schyn, Vorort von Antwerpen, mit Teppich- und Tabaksfabriken, Färbereien und Bleichereien und (1884) 23,962 Einw.
Bernard, Forstmann, geb. zu Magdeburg, [* 36] studierte auf der Forstakademie Eberswalde, [* 37] übernahm 1864 die Leitung der Forstverwaltung auf den fürstlich Hohenloheschen Herrschaften in Schlesien, [* 38] wurde 1866 Dozent der Forstwissenschaft an der landwirtschaftlichen Akademie zu ¶
Poppelsdorf und 1868 Professor der Botanik und Zoologie an der neuerrichteten Forstakademie Münden. 1872 trat er in den Forstverwaltungsdienst als Oberförster von Zöckeritz zurück, 1874 wurde er Oberförster des Forstreviers Kottenforst und abermals Dozent an der landwirtschaftlichen Akademie zu Poppelsdorf, 1879 Oberforstmeister und Direktor der Forstakademie Münden. Er schrieb: »Vogelfauna von Norddeutschland« (Berl. 1869),
»Forstreinertragslehre« (Bonn [* 40] 1878),
»Die gesetzliche Regelung der Feld- und Forstpolizei« (Leipz. 1880) und besorgte eine neue Bearbeitung von G. L. Hartigs »Lehrbuch für Förster« (Berl. 1871, 2. Aufl. 1875). Mit Grunert gibt er die »Forstlichen Blätter« heraus.
Villa, in Rom, unmittelbar vor der Porta del Popolo, der Sommerpalast des Borghesischen Fürstengeschlechts, mit ausgedehnten Parkanlagen (ca. 50 qkm groß), einst weltberühmt wegen seiner Schätze antiker Kunst, vom Kardinal Scipio Borghese, Papst Pauls V. Neffen, auf dem Grund und Boden und angeblich auch mit dem konfiszierten Vermögen der unglücklichen Cenci erbaut. Die hier einst bewahrten berühmten Kunstwerke des klassischen Altertums, darunter der Hermaphrodit, der sogen. sterbende Seneca und der Borghesische Fechter (s. d.), wanderten unter Napoleon I. (1806) in das Museum von Paris, wurden zwar 1815 der Familie zum Teil zurückgegeben, aber noch vor dem Rücktransport in Paris größtenteils veräußert. In neuerer Zeit ist wieder das sogen. Statuenkasino eingerichtet worden mit einer reichen Sammlung zum Teil bedeutender Antiken, darunter die sitzende Statue Anakreons, ein Bacchus, eine Juno Pronuba, eine Tyrtäosstatue, ein sitzender Pluto, tanzender Silen etc., meistens Funde neuern Datums. - Der Palast Borghese, seiner Form nach auch »il Cembalo Borghese« genannt, die städtische Wohnung der Borghesischen Familie, ist eins der prachtvollsten Gebäude Roms, von Martin Lunghi 1590 begonnen, von Flaminio Ponzio vollendet.
Die herrliche Bogenhalle des innern Hofs tragen 100 Granitsäulen. Die unschätzbare Gemäldesammlung in diesem Palast füllt zwölf große Säle des Erdgeschosses. Hier finden sich: die Grablegung von Raffael, die Jagd der Diana und die cumäische Sibylle von Domenichino, Arpinos Raub der Europa, Madonnen von Fr. Francia, Lorenzo di Credi, A. del Sarto, Lorenzo Lotto, Giulio Romano, Correggios Danae, Tizians Erziehung des Amor durch Venus und die Grazien sowie dessen himmlische und irdische Liebe, van Dycks Christus am Kreuz [* 41] und Grablegung u. a.
Camillo Filippo Ludovico, Fürst zu Sulmona und Rossano, geb. zu Rom aus der berühmten Familie, welche aus Siena stammte und durch Camillo Borghese, der als Paul V. 1605 den päpstlichen Stuhl bestieg, zu Ehren und Reichtümern gelangte, trat 1796 in französische Dienste [* 42] und heiratete 1803 Napoleons I. zweite Schwester, Pauline, Witwe des französischen Generals Leclerc. Infolge dieser Vermählung erhielt er 1804 die Würde eines französischen Prinzen, ward 1805 Eskadronschef der kaiserlichen Garde, bald darauf Oberst und später Divisionsgeneral und Herzog von Guastalla, 1808 Generalgouverneur von Piemont und 1809 Oberkommandant der 27. und 28. Militärdivision. Nach Napoleons Sturz trennte er sich von seiner Gemahlin, lebte seit 1818 in Florenz und abwechselnd in Rom und starb in Florenz ohne Leibeserben. - Ihn beerbte sein Bruder Francesco Borghese, Fürst Aldobrandini, geb. 1776 zu Rom, Generalmajor in französischen Diensten, gest. Derselbe hinterließ drei Söhne: Marco Antonio, Fürst Borghese, geb. Camillo Borghese, Fürst Aldobrandini, geb. vom 10. März bis päpstlicher Kriegsminister, und Scipione Borghese, Herzog von Salviati, geb. Die Besitzungen der Borghese umfassen außer den Fürstentümern Rossano und Sulmona die schönsten Ortschaften und Güter im Patrimonio di San Pietro in Sabina und den elften Teil der ganzen Campagna di Roma.
Bartolommeo, Graf, ital. Altertumsforscher, geb. zu Savignano bei Rimini, bildete sich in Bologna und (seit 1802) in Rom unter Marini, studierte die Sammlungen und Bibliotheken Italiens, [* 43] ordnete und katalogisierte dann verschiedene Münzsammlungen, insbesondere im Auftrag Pius' VII. die vatikanische, zog sich, um allen politischen Verwickelungen zu entgehen, 1821 nach San Marino zurück, wo er ganz den Wissenschaften lebte, ohne jedoch die ihm anvertrauten Staatsgeschäfte (er war lange Podestà der kleinen Republik) zu vernachlässigen, und starb daselbst hat sich um die römische Epigraphik und Numismatik außerordentliche Verdienste erworben.
Sein weltberühmtes Hauptwerk sind die »Nuovi frammenti dei fasti consolari capitolini« (Mail. 1818-20, 2 Bde.). Sonst ist der reiche Schatz seiner Forschungen in den archäologischen Zeitschriften Italiens niedergelegt, besonders in den »Atti dell' Accademia pontificale«, in den »Annali« und im »Bulletino« des Archäologischen Instituts sowie in dem von ihm mitbegründeten »Giornale Arcadico«. Eine Ausgabe seiner »Œuvres complètes«, gedruckter wie ungedruckter, hat die Akademie der Inschriften zu Paris im Auftrag der französischen Regierung beinahe zu Ende geführt (Par. 1862-79, Bd. 1-9).
Vgl. Henzen in den »Jahrbüchern für Philologie und Pädagogik«, Bd. 81, S. 569 ff. (1860).
Fechter, Bezeichnung der berühmten Statue eines wahrscheinlich gegen einen Reiter ankämpfenden Kriegers, welche, zu Anfang des 17. Jahrh. zu Porto d'Anzo gefunden, in die Villa Borghese bei Rom (s. oben) kam, aber von da unter Napoleon I. (1806) mit andern Kunstwerken in den Louvre entführt ward. Als Künstler nennt sich in der Inschrift Agasias aus Ephesos, [* 44] welcher zur Zeit der ersten römischen Kaiser blühte. Die Statue zeichnet sich durch vortreffliche anatomische Durchbildung (sie wird häufig als Musterfigur für anatomische Studien benutzt) und glückliche Lösung schwieriger Probleme aus (s. Tafel »Bildhauerkunst [* 45] IV«, [* 46] Fig. 7).
die einzige, erst 1816 angelegte Stadt der schwedischen Insel Öland, auf der Westküste derselben, mit Hafen und (1881) 913 Einw. Dabei die prächtige Ruine des alten, 1806 durch eine Feuersbrunst zerstörten Schlosses in welchem zuletzt Karl X. Gustav vor seiner Thronbesteigung 1654 gewohnt hat.
Stadt im preuß. Regierungsbezirk Minden, Kreis Halle, [* 47] 133 m ü. M., hat eine alte Kirche (mit berühmtem Altarbild), Segeltuch-, Butterfabrikation und (1880) 1136 Einw. In der Nähe liegen auf einer Anhöhe des Teutoburger Waldes die Ruinen des Stammschlosses der Grafen von Ravensberg.
Dorf im preuß. Regierungsbezirk Münster, [* 48] Kreis Steinfurt, an der Münster-Gronauer Eisenbahn, mit Baumwollspinnerei, Lein- und Baumwollweberei und (1880) 2800 kath. Einwohnern. ¶
(spr. bórdscha), berühmtes, aus Jativa bei Valencia [* 50] in Spanien [* 51] stammendes Adelsgeschlecht, das in Italien am Ausgang des 15. und Anfang des 16. Jahrh. mächtig war. Alfonso de Borgia bestieg als Calixtus III. (s. d.), sein Neffe Roderigo Lenzuoli Borgia im August 1492 als Alexander VI. (s. d.) den päpstlichen Stuhl. Des letztern Sohn Giovanni Borgia (geb. 1476; der älteste, Pedro Luis, starb früh), nebst vier andern Kindern mit der Römerin Vanozza de' Catanei erzeugt, erhielt auf Verwenden seines Vaters vom König von Spanien das Herzogtum Gandia in Valencia und 1497 von seinem Vater das Herzogtum Benevent nebst den Grafschaften Terracina und Pontecorvo, ward aber schon nach acht Tagen, wahrscheinlich von seinem Bruder Cesare (s. unten), ermordet und die Leiche in den Tiber geworfen. Auch seinen Schwager Alfons von Aragona ließ Cesare töten.
Cesare Borgia (geb. 1478), schön von Gestalt und von riesenhafter Stärke, [* 52] war nicht ohne Sinn für Künste und Wissenschaften, freigebig, von sehr gewandtem Benehmen und hinreißender Beredsamkeit, aber jeder Frevelthat fähig. Seinen Vater, den Papst, beherrschte er vollständig und leitete dessen eigennützige Familienpolitik. Anfangs für den geistlichen Stand bestimmt, erhielt er das Bistum Pamplona und ward 1492 zum Kardinal ernannt. Aber nach Ermordung seines Bruders Giovanni gab Cesare im Oktober 1498 mit Zustimmung seines Vaters seine Kirchenwürden aus und warb um die Tochter des Königs Friedrich von Neapel.
Als ihm deren Hand [* 53] verweigert wurde, ging er nach Frankreich und überbrachte 1499 als päpstlicher Legat dem König Ludwig XII. die erbetene Scheidungs- und Dispensationsbulle zur Vermählung mit der Erbin der Bretagne. Ludwig XII. belohnte ihn dafür mit einem ansehnlichen Jahrgehalt und dem Herzogtum Valentinois in der Dauphiné. Darauf verschaffte er ihm die Hand der Prinzessin Charlotte d'Albret, Schwester Johanns, Königs von Navarra, und nahm ihn mit sich nach Italien (September 1499), wo er ihm ein Truppenkorps zu eigner Verfügung übergab.
Mit diesem setzte sich Cesare 1499-1502 in den Besitz der Herrschaften der Romagna, deren Herren sich vom Papst fast unabhängig gemacht hatten, von Imola, Forli, Faenza, Rimini etc., und ließ sich von seinem Vater zum Herzog der Romagna, der er auch Urbino einverleibte, ernennen. 1501 entriß er Jakob von Appiano das Fürstentum Piombino, suchte aber vergeblich auch Bologna und Florenz unter seine Botmäßigkeit zu bringen. Die noch übrigen Feudalherren des Kirchenstaats lockte er zu einer Besprechung nach Sinigaglia und ließ sie dort teils festnehmen, teils hinrichten So auf dem Gipfel seiner Macht, verlor er plötzlich die Stütze derselben, seinen Vater, den Papst Alexander. Vater und Sohn sollen durch Verwechselung aus vergifteten Bechern getrunken haben, welche für ihre Gäste bestimmt gewesen, der Vater gestorben, der Sohn durch seine kräftige Natur gerettet worden sein. Wahr ist, daß Cesare damals längere Zeit krank lag, was wesentlich zur Vereitelung seiner Entwürfe beitrug. Nach der kurzen Regierung des schwachen Pius III. (8.-18. Okt. 1503) bestieg der kräftige Julius II. den päpstlichen Stuhl Dieser, ein Feind der Borgias und entschlossen, die Güter des Kirchenstaats wieder zusammenzubringen, ließ Cesare festnehmen der nun alles Eigentum des päpstlichen Stuhls, das er noch in Besitz hatte, ausliefern mußte und dann erst die Freiheit erhielt. Borgia ging nun zu den Spaniern nach Neapel, wurde aber bald auf Befehl Ferdinands des Katholischen verhaftet und nach Spanien abgeführt.
Dort saß er zwei Jahre lang einsam, nur mit einem einzigen Diener, gefangen auf dem Schloß Medina del Campo. Endlich gelang es ihm, zu seinem Schwager, dem König von Navarra, zu entfliehen; mit diesem zog er gegen Kastilien, fiel aber bei der Belagerung des Schlosses von Viana Eine Schilderung Borgias gibt Machiavelli in seinem »Principe«.
Vgl. »Leben des Cesare Borgia, Herzogs von Valentinois« (Berl. 1782);
Alvisi, Cesare Borgia, duca di Romagna (Imola 1878).
Seine Schwester Lucrezia Borgia (geb. 1480) wird als eine schöne und ungemein anmutige, vielseitig gebildete und kunstliebende Frau, zugleich aber nach der Überlieferung als ein moralisches Ungeheuer geschildert. Sie war bereits vor ihrem 13. Jahr zweimal verlobt und vermählte sich 1493 zum erstenmal mit Johann Sforza, Fürsten von Pesaro, der 1497 gezwungen wurde, sich von ihr scheiden zu lassen, weil ihr Vater, Papst Alexander VI., sie mit dem neapolitanischen Königshaus zu verschwägern gedachte.
Dies geschah durch ihre Verheiratung mit Don Alfonso, Herzog von Busselli, einem Neffen des Königs Alfons II. von Neapel, die im Juli 1498 im Vatikan [* 54] zu Rom vollzogen wurde. Als ihr Gatte von ihrem Bruder Cesare ermordet worden war (1501), schloß sie noch in demselben Jahr eine dritte Ehe mit dem Herzog Alfons von Ferrara, [* 55] dem sie drei Söhne gebar. Sie starb 1520. Ihr Name ist verrufen durch die Ausschweifungen, welche sie während ihres Aufenthalts zu Rom begangen haben soll; namentlich wird sie eines blutschänderischen Umgangs mit ihrem Vater und ihren Brüdern beschuldigt.
Indessen ermangeln diese Anklagen einer Begründung durch zeitgenössische römische Zeugen vollständig und werden von ihrem neuesten Biographen Gregorovius (s. unten) auf einen bloßen Verdacht zurückgeführt, der zuerst von ihrem schwer gekränkten Gatten Johann Sforza ausgesprochen, dann durch die Feinde der Borgias (besonders die Dichter Sannazar und Pontanus) in Umlauf gesetzt und schließlich aus einem Gerücht zu einer weitverbreiteten Meinung wurde. Von Sannazar stammt auch das bekannte Distichon als Aufschrift für ihren Leichenstein:
Hic jacet in tumulo Lucretia nomine, | |
---|---|
sed re Thais, Alexandri filia, sponsa, nurus. | |
("Hier ruht eine Lukretia dem Namen nach, in Wahrheit eine | |
Thais, Alexanders Tochter, Gattin und Schnur.«) |
Jedenfalls war das Heroische und Wildleidenschaftliche, das ihr die Tradition beilegt, ihrem Charakter fremd. In Ferrara zeigte sie ein Benehmen und eine Thätigkeit, welche ihr die Liebe des Volkes und die Verehrung der ausgezeichnetsten Geister, wie Aldus, Bembo, Ariosto u. a., erwarben. Die Geschichte der Borgia nach der gewöhnlichen Überlieferung ward von Victor Hugo zu einem Trauerspiel, von Donizetti zu einer Oper benutzt. Ihre Ehrenrettung versuchte zuerst Roscoe.
Ihm folgten später Cerri (»Alessandro VI, Papa, e suoi contemporanei«, Turin [* 56] 1858, 2. Aufl. 1873-74, 2 Bde.),
Campori (»Una vittima della storia, Lucrezia Borgia«, 1866),
Antonelli (»Lucrezia in Ferrara«, 1867),
Zucchetti (»Lucrezia Borgia, duchessa di Ferrara«, 1869),
besonders aber der Engländer Gilbert in »Lucrezia Borgia, duchess of Ferrara« (Lond. 1869; deutsch, Leipz. 1870),
der ersten ausführlichern, auf Urkunden gegründeten Geschichte der Lucrezia, und Gregorovius (»Lucrezia Borgia«, 1.-3. Aufl., Stuttg. 1874, 2 Bde.). ¶
Unter den folgenden Gliedern dieser Familie ist zunächst Francesco Borgia (geb. 1510), Herzog von Gandia und dritter General des Jesuitenordens, zu nennen, welcher aus einem in Spanien gebliebenen Zweig stammte. Er gehörte zuerst dem weltlichen Stand an, wurde von seinem Gönner Karl V. zum Vizekönig von Katalonien ernannt, trat aber nach dem Tod seiner Gattin, die ihm acht Kinder geboren, in den Jesuitenorden, gründete das sogen. Noviziat desselben, verbesserte das Missionswesen und den Unterricht, verfaßte mehrere Erbauungsbücher in spanischer Sprache, [* 58] wurde 1565 zum General ernannt, forderte die Könige von Frankreich, Spanien und Portugal vergeblich zu kräftigem Kriege gegen die Türken auf, starb 1572 in Rom und wurde 1625 kanonisiert.
Sein Enkel Francesco Borgia, öfter Borja geschrieben, Fürst von Squillace im Königreich Neapel und Graf von Magaldo, geboren zu Neapel, wurde 1614 Vizekönig von Peru, [* 59] erwarb der spanischen Krone die Provinz Maynas und gründete darin die Stadt Boria (Borga). Nach seiner Rückkehr aus Amerika [* 60] (1621) zog er sich in das Stillleben der Wissenschaft und Kunst zurück und starb Seine Gedichte (»Obras en verso«, Madrid [* 61] 1639, Antwerp. 1654 und 1664) zeichnen sich durch ihre Einfachheit aus.
Ferner hat man von ihm ein Epos: »Napoles recuperada por el reyo Don Alonso« (Saragossa [* 62] 1651), eine Übersetzung des Thomas a Kempis etc. Ein Nachkomme von ihm, Alessandro Borgia, geb. 1682 zu Velletri, starb 1724 als Erzbischof von Fermo. Er legte den Grund zu dem berühmten Museum Borgia zu Velletri. Sein Neffe war der Kardinal und Vorsteher der Propaganda, Stefano Borgia, rühmlichst bekannt als Beförderer der Wissenschaften und Wohlthäter verlassener Kinder, geb. zu Velletri, erhielt seine erste Erziehung bei seinem Oheim, ward 1750 Mitglied der etruskischen Akademie zu Cortona und bereicherte das von jenem gegründete Museum.
Als Gouverneur von Benevent (seit 1759) erwarb er sich durch die weisen Maßregeln, durch welche er 1764 Stadt und Gebiet vor drohender Hungersnot schützte, großes Verdienst. 1770 von Clemens XIV. zum Sekretär [* 63] der Propaganda ernannt, veranlaßte er die unter ihm stehenden Missionäre, ihm aus den verschiedensten Gegenden Handschriften und Kunstwerke zuzuführen, die er dann allgemein zugänglich machte. Als Oberaufseher der Findelhäuser, wozu Pius VI. ihn 1789 mit Verleihung der Kardinalswürde ernannte, traf er zur Verpflegung und Fortbildung der Findelkinder treffliche Einrichtungen.
Als die Revolution im Kirchenstaat 1797 ausbrach, legte Pius VI. die Diktatur in Borgias Hände. Von den Franzosen im Februar 1798 verhaftet und aus den römischen Staaten verwiesen, begab er sich nach Venedig [* 64] und darauf nach Padua. [* 65] Mit Pius VII. kehrte er nach Rom zurück und starb auf dem Weg nach Paris, wohin er den Papst zur Krönung Napoleons I. begleiten wollte, in Lyon Durch die »Istoria della città di Benevento« (1763-69, 3 Bde.) machte er sich als Historiker und Altertumsforscher einen Namen. Er schrieb ferner: »Monumento di Papa Giovanni XVI« (Rom 1750);
»Breve istoria dell' antica città Tadino dell' Umbria« (das. 1751) und »Breve istoria del dominio temporale della sede apostolica nelle due Sicilie« (das. 1788).
Sein Leben beschrieb Pater Paolino von S. Bartolommeo in lat. Sprache (Rom 1805). Die Familie Borgia blüht noch gegenwärtig in Velletri.
(Borgisschrift),
s. Bourgeois. ^[= (franz., spr. burschoa), Bürger, Bürgerlicher, Zivilperson. In der Buchdruckerei Name einer ...]
(spr. boruj),
s. Val d'Hérens. ^[= s. Hérens.]
(ital.), s. v. w. Weiler, Flecken, »Vorstadt«, in Südtirol und Italien Name zahlreicher Ortschaften, insbesondere auch der vatikanischen, am rechten Tiberufer gelegenen Stadtteile Roms.
1) (Borgo di Valsugana) Marktflecken in Südtirol, Hauptort des Valsugana (s. d.), zu beiden Seiten der Brenta gelegen, 390 m ü. M., seit dem Brand 1862 großenteils neugebaut, hat ein altes Bergschloß, (1880) 4377 Einw., welche starke Seidenzucht betreiben, und ist Sitz einer Bezirkshauptmannschaft und eines Bezirksgerichts. Bei der Verfolgung der Österreicher unter Wurmser durch das Suganer Thal [* 66] besetzte Napoleon I. den Ort und zwang am folgenden Tag die österreichische Nachhut, bei Primolano das Gewehr zu strecken. -
2) (Borgo San Dalmazzo) Dorf in der oberital. Provinz Cuneo, am Gesso und an der Straße über den Col di Tenda nach Nizza, [* 67] mit (1881) 2518 Einw. Hier schlugen die Österreicher unter Ott die Franzosen unter Garnier und warfen sie 15. Nov. bei Vernante bis zum Col di Tenda zurück. -
3) (Borgo San Donnino) Kreishauptstadt in der ital. Provinz Parma, [* 68] am Stirone und der Eisenbahn von Mailand [* 69] nach Bologna, Sitz eines Bischofs, hat eine Kathedrale im romanischen Stil (aus dem 13. Jahrh.), ein gotisches Rathaus, (1881) 4493 Einw., Seidenspinnerei, Glasfabrikation, [* 70] ein Gymnasium und ein Seminar. hat seinen Namen vom heil. Dominikus, der 304 hier enthauptet sein soll. In der Nähe stand das alte Fidentia.
(spr. -gonjöne), Ambrogio di Stefano oder Fossano, genannt Borgognone, ital. Maler, geboren um 1455 zu Mailand, wahrscheinlich ein Schüler Vincenzo Foppas des ältern, gestorben um 1523 in Mailand. Er malte Fresken und Altarbilder in der Art der ältern lombardischen Schule und unter dem Einfluß Leonardo da Vincis, voll Empfindung, aber ohne Leben.
Fresken von ihm finden sich besonders zahlreich in der Certosa bei Pavia und in Mailand, Altarbilder ebenda und in Berlin. [* 71]
Stadt in der oberital.
Provinz Novara, an der Agogna und an der Eisenbahn von Novara nach Gozzano, südlich vom Ortasee, mit (1881) 4821 Einw., welche Seidenspinnerei, Gerberei und Hutfabrikation, Thon- u. Kaolingewinnung betreiben.
Markt im ungar. Komitat Bistritz-Naszód (Siebenbürgen), an der Bistritz, mit (1881) 2011 Einw. Von da führt der 1196 m hohe Borgóprund- oder Borgópaß (Franzensstraße) über die Karpathen nach der Bukowina.
San Lorenzo, Flecken in der ital. Provinz Florenz, am Sieve, Hauptort des Mugello, des obern Sievethals, mit (1881) 3053 Einw.
San Sepólcro, s. San Sepolcro. ^[= (Borgo S.), Stadt in der ital. Provinz Arezzo, im obern Tiberthal, von Mauern umgeben, hat eine ...]
Kreishauptstadt in der oberital.
Provinz Parma, am obern Taro, mit einem alten Schloß, Ringmauern, einer Schwefelquelle, einem Gymnasium und (1881) 2243 Einw.
1) (Burghu, Barba) der mittlere Teil des sich aus beiden Ufern des untern Niger ausbreitenden Gando- (Gwandu-) Reichs (s. d.) zwischen Kubbi, Jaurie und Nupe, bewohnt von den ursprünglichen, jetzt in die Wälder zurückgedrängten Bewohnern, den Cambrie, eingewanderten Fulbe und dem gleichfalls eingewanderten, herrschenden Jorubastamm. Das Land wird im N. von einer Bergkette durchzogen, von dem hier sehr breiten, viele Inseln bildenden Niger, der die Ostgrenze, seinem Nebenfluß Mussa, der die Südgrenze bildet, und einem andern Nebenfluß, dem Oly, bewässert, hat eine parkähnliche Schönheit, ist sehr fruchtbar und dicht bevölkert. Die ¶
bedeutendsten Orte sind: Kiama, Cubly, Wawa, Bussa. Die Landschaft ist durch Mungo Parks, Clappertons, Landers und namentlich Barths Reisen bekannt geworden (s. Karte »Guinea etc.«). [* 73] -
(spr. -ahsch), Landstrich in der belg. Provinz Hennegau, südlich von Mons, [* 74] zeichnet sich besonders durch seinen Reichtum an Kohlen aus.
Wind, s. Bora. ^[= # (Bernus, Barnus), ein an den Nordküsten des Adriatischen Meeres, aus dem Karst, in ...]
Godunow, Feodorowitsch, russischer Zar, geb. 1552 als Sprößling eines angesehenen Geschlechts tatarischer Abstammung, spielte schon während der Regierung Iwans IV. am Hof [* 75] eine einflußreiche Rolle und gehörte zu den Bojaren, welche dem schwachen Zaren Feodor I. (1584-98) von seinem Vater als Mitregenten oder Minister beigeordnet worden waren. Boris Godunow vermählte den Zaren mit seiner Schwester und erlangte so großen Einfluß auf denselben, daß er die übrigen Ratgeber völlig verdrängte und bis zum Tode des Zaren die Regierung allein führte und zwar in kraftvoller Weise sowohl im Innern als nach außen hin. Er wußte die Geistlichkeit wie den Adel für sich zu gewinnen: erstere, indem er die russische Kirche von Konstantinopel [* 76] insofern unabhängig machte, als er das Patriarchat von Moskau [* 77] schuf;
der erste russische Patriarch, Hiob, war seine Kreatur. Zu gunsten des kleinern Adels, und um dessen militärischer und finanzieller Leistungen sicherer zu sein, hob er das Recht des freien Abzugs der Bauern auf (Ukase von 1592, 1593 und 1597) und machte diese so zu Leibeignen der Grundherren. Um sich des Throns zu bemächtigen, beseitigte er 1591 des Zaren neunjährigen Halbbruder Dimitri (Demetrius, s. d.), den einzigen männlichen Sprößling aus dem Haus Rurik, welches daher mit Feodors Tod 1598 erlosch.
Durch Wahl der Bojaren nunmehr auf den Thron [* 78] gehoben, herrschte Boris Godunow anfangs unter allgemeiner Anerkennung. Er sicherte die Grenzen [* 79] des Reichs, erbaute mehrere Städte, darunter Tobolsk, dehnte die Eroberungen in Sibirien aus, sicherte das Reich gegen die Einfälle der Tataren durch Schutzwälle, beschützte Künste und Wissenschaften und bemühte sich mit vielem Erfolg, ausgezeichnete Fremde in das Land zu ziehen. Boris Godunows Glück war indes nur von kurzer Dauer.
Hungersnot und Pest verheerten das Land, das unmittelbar darauf durch die Erhebung des falschen Demetrius in einen greuelvollen Bürgerkrieg gestürzt wurde. Schon rückten die Truppen des Prätendenten gegen Moskau, als Boris Godunow plötzlich starb, nach einigen Angaben vom Schlage getroffen, nach andern an Gift, das er selber genommen. Sein 16jähriger Sohn Feodor Borissowitsch wurde von den Bojaren aus den Thron gehoben, bald aber von einigen Verschwornen ermordet. Die Geschichte Boris Godunows ward von Puschkin dramatisch behandelt.
Kreisstadt im russ. Gouvernement Tambow, am Einfluß der Worona in den Choper und an der Eisenbahn Grjasi-Zarizyn, hat 3 Kirchen und (1870) 12,610 Einw., welche Branntweinbrennerei, Wollspinnerei und Eisengießerei [* 80] betreiben und besuchte Viehmärkte (namentlich 8. Juli) unterhalten. Unfern der Stadt beginnt die sogen. Chopersche Steppe (s. d.).
Kreisstadt im russ. Gouvernement Minsk, an der Beresina und der Eisenbahn von Warschau [* 81] nach Moskau, hat 4 Kirchen (darunter eine neuerbaute griechische Kathedrale), bedeutende Gerbereien und (1879) 14,235 Einw. Bei den naheliegenden Dörfern Studzianka und Zaniwki fand 27. und der weltberühmte unglückliche Übergang der französischen Armee unter Napoleon I. statt (s. Beresina).
Bezirksstadt in der span. Provinz Saragossa, unfern des Huecha, mit alten Mauern und (1878) 5619 Einw., welche trefflichen Flachs bauen und vorzügliche Feuersteine liefern.
Dabei auf der Höhe das befestigte Schloß Borja, Stammsitz der Familie Borgia.
Johann, schwed. Dichter, geb. im Kirchspiel Tanum, Län Bohus, als der Sohn eines Landmanns, studierte seit 1808 zu Upsala [* 82] Theologie, wurde 1816 Adjunkt an der Domkirche daselbst, 1821 königlicher Hofprediger und 1828 Seelsorger der großen Pastorei Weckholm, in welcher Stellung er bis zu seinem Tod verblieb. Seit 1859 zum Mitglied der schwedischen Akademie der Achtzehn ernannt, starb er in Upsala, wohin er in den letzten Jahren übergesiedelt war.
Als Dichter gehörte Börjesson zu der Schule der »Phosphoristen« (s. d.),
hatte aber mit seinen frühern Dichtungen, z. B. »Skapelsen« (»Die Schöpfung«),
keinen Erfolg. Erst seine dramatischen Arbeiten, denen er sich in seinen spätern Jahren zuwandte, verschafften ihm allgemeine Anerkennung. So namentlich sein erstes Stück: »Erik XIV« (deutsch von Winterfeld, Berl. 1855),
das 1846 mit stürmischem Beifall ausgeführt wurde und sein ungewöhnliches Talent für das Trauerspiel bekundete;
ferner die Tragödien: »Erik XIV son« (1847) und »Solen sjunker; Gustaf I sista dagar« (»Die Sonne [* 83] sinkt; die letzten Tage Gustavs I.«, 1856),
das Drama »Ur Carl XII ungdom« (»Aus Karls XII. Jugend«, 1858);
dann »Brödraskulden« (»Die Bruderschuld«, 1861),
eine Fortsetzung zu »Erich XIV.«, und das kurz vor seinem Tod vollendete historische Schauspiel »En statshvälfning i Rom« (»Eine Staatsumwälzung in Rom«, 1866).
Außer diesen Dramen, die augenscheinlich Shakespeare nachgebildet sind, aber sich mehr durch schöne lyrische Partien als durch dramatisches Leben auszeichnen, veröffentlichte Börjesson noch zwei Bände lyrische Gedichte: »Kärlek och poesi« (»Liebe und Poesie«, 1849) und »Blommor och tarar pa en dotters graf« (»Blumen und Thränen auf einer Tochter Grab«, 1854). Eine Auswahl seiner Schriften gab Dietrichson (Stockh. 1873-74, 2 Bde.) heraus.
altes Dynastengeschlecht in Hinterpommern, das der Sage nach von den wendischen Fürsten des Landes an der Rega abstammt.
Bekannt ist Sidonia von Bork, die Geliebte des Herzogs Ernst Ludwig von Wolgast, [* 84] die 1619 als Hexe angeklagt und durch die Folter zu dem Geständnis gezwungen ward, daß sie die Ausrottung des ganzen pommerschen Herzogshauses beabsichtigt habe.
Sie wurde im 80. Jahr ihres Lebens 1620 zu Stettin [* 85] enthauptet.
Ihre Geschichte verarbeitete Meinhold zu einem Roman: »Die Klosterhexe«.
oder Borkh., bei botan. Namen Abkürzung für M. B. Borkhausen (s. d.).
s. Rinde ^[= (Cortex), das den äußern Teil der Stengel und Wurzeln bildende, zwischen der Epidermis und ...] und Periderm.
1) in Westfalen, [* 86] Kreisstadt im preuß. Regierungsbezirk Münster, an der Aa, 2 km von der Eisenbahnstation Borken-Gemen (Linie Bismarck-Winterswijk), hat ein Amtsgericht, 2 kath. Kirchen, 2 mechanische Leinwebereien, Lohgerberei, eine Gasleitung und (1880) 3161 meist kath. Einwohner. Borken war im Mittelalter eine Freigrafschaft. -
2) Alte Stadt im preuß. Regierungsbezirk Kassel, [* 87] Kreis Homberg, 205 m ü. M., am Olmsbach und der Eisenbahnlinie Kassel-Frankfurt a. M., mit Amtsgericht und (1880) 1248 meist evang. Einwohnern. ¶
(Bostrichidae Erichs.), Käferfamilie aus der Gruppe der Kryptopentameren, den Rüsselkäfern nahestehend, umfaßt kleine Käfer [* 89] mit walzigem Körper, dickem, kurzem, vorn abgestutztem, in den Halsschild zurückgezogenem Kopf, kurzen, geknickten und am Ende knopfförmig verdickten Fühlern, hervorragenden Oberkiefern, sehr kurzen Tastern, seitlichen, langgestreckten Augen und kurzen Beinen mit erweiterten, zusammengedrückten, in einen Endhaken auslaufenden Schienen.
Die gedrungen walzigen, fußlosen Larven bohren, wie die Käfer, Gänge in Holz, [* 90] leben stets gesellig, meist mehrere Arten vereinigt, und gehören zu den gefürchtetsten Verwüstern besonders von Nadelholzwaldungen. Die Käfer fressen einen Gang [* 91] in die Rinde von Bäumen (in Europa fast ausschließlich von Nadelhölzern) und begatten sich hier. Das Weibchen führt darauf diesen Gang (Muttergang) weiter fort und legt zu beiden Seiten desselben in gleichen Abständen seine Eier [* 92] ab, für welche es zuvor kleine Grübchen ausnagt.
Die sich entwickelnden Larven fressen sich nun seitwärts von dem Hauptgang weiter und bilden dadurch ebenfalls Gänge, welche mit dem Wachstum der Larve, und je weiter sie sich von dem Ausgangspunkt entfernen, um so breiter werden. Da die meisten Arten sehr fruchtbar sind, kann der den Bäumen durch sie zugefügte Schade sehr beträchtlich werden (Wurmtrocknis). Von einigen Arten leben die Larven auch in Zweigen und Krautstengeln. Der große Kiefermarkkäfer (Waldgärtner, Hylesinus piniperda L., s. Tafel »Waldverderber [* 93] I«),
4 mm lang, mit vorn schwach rüsselförmig verjüngtem Kopf, ovalen, feinkörnigen Augen, vor ihnen eingelenkten Fühlern mit sechsgliederiger Geißel und eiförmigem, viergliederigem Endknopf, am dritten Fußglied zweilappig, glänzend pechschwarz, fein behaart, an Fühlern und Füßen rostrot, auch rostgelb oder braun (H. testaceus Fab.) mit punktiert gestreiften Flügeldecken, ist schwer zu unterscheiden von dem kleinen Kiefermarkkäfer (H. minor Hrtg., s. Tafel »Waldverderber I«),
welcher nicht immer kleiner ist, bei dem aber die zweite Hinterreihe zwischen den Punktstreifen der Flügeldecken bis zum Hinterrand der Decken reicht, während sie beim vorigen dort aufhört, wo diese ihre Beugung [* 94] nach unten beginnt. H. piniperda erscheint im März an frischen Stöcken, Klafterholz, an liegenden Stämmen etc., das Weibchen bohrt in die Rinde (selten stehenden Holzes), paart sich, die Leibesspitze aus dem Bohrloch heraussteckend, mit dem Männchen, geht bis auf die Sohle der Rinde und fertigt bald auf-, bald abwärts gehende, meist gerade Lotgänge.
Die Larvengänge zweigen sich dicht bei einander ab und enden mit den Puppenlagern in der Rinde. Von hier aus bohrt sich im Juli oder August der Käfer hervor, geht nun wagerecht in die jungen Triebe der Kiefern bis zum Mark, verzehrt dasselbe und geht aufwärts. Die Triebe werden dann leicht vom Wind abgebrochen (Abfälle), oder die endständigen Kronentriebe bleiben stehen, heilen allmählich aus, treiben aber zunächst zahlreiche Knospen, [* 95] welche zu sehr buschigen, kurzen Nadeln [* 96] auswachsen.
Dadurch erhalten die Wipfel ein sonderbares, schlank ausgeästetes Ansehen (Waldgärtner). Die Aus- und Eingangslöcher an den Abfällen sind stets von hellgelber Harzwolle umgeben. Der Käfer überwintert dicht über der Wurzel [* 97] der Stämme hinter Rindenschuppen oder in bis zum Bast [* 98] reichenden Bohrlöchern. Gegenmittel: Entrindung von brutbeförderndem Material, Fangbäume, wo letzteres fehlt. H. minor bohrt die dünne Rinde des Zopfendes von Stangenholz und 50-70jährigen Stämmen an und fertigt horizontale, zweiarmige Gänge, von welchen aus die Larven weiter fressen, um sich am Ende in ihre Gänge zu verpuppen.
Der Käfer geht ebenfalls in die jungen Triebe und verzehrt das Mark. Der Fichtenborkenkäfer (Buchdrucker, Bostrichus typographus L., s. Tafel »Waldverderber I«),
4 mm lang, mit mehr kugelförmigem, von oben nicht sichtbarem Kopf, im Ausschnitt der Augen sitzenden Fühlern mit fünfgliederiger Geißel und eiförmigem, viergliederigem Endknopf, einfachem dritten Fußglied, rotbraun oder pechbraun, gelb rauhhaarig; die Flügeldecken sind an der Spitze abschüssig und tief ausgehöhlt, mit groben Punktstreifen, auf den scharfen Rändern der Aushöhlung mit vier zahnartigen Höckern versehen. Dieser besonders den Fichten höchst verderbliche Käfer fliegt im April und Mai an die Bäume an, bohrt sich unter der Krone an der Sonnenseite durch die Rinde und legt von einer größern Höhlung aus, in welcher die Begattung erfolgt (Rammelkammer), einen oder zwei lotrechte Gänge an, von welchen die Larven seitwärts gehen.
Nach 8-13 Wochen fliegt die Brut aus und kann in demselben Jahr eine zweite Generation erzeugen. Geschieht dies nicht, so fliegen die jungen Käfer oft gar nicht aus, sondern fressen unregelmäßige, verworrene Gänge um ihre Wiege herum. Auch andre Arten der Gattung Bostrichus und Hylesinus richten Schaden an; während aber die Kiefer mehr auf Kulturen von den Borkenkäfers zu leiden hat, greifen diese die Fichten namentlich in großen, zusammenhängenden Beständen an. Als Gegenmittel empfehlen sich: gute Kultur, unverzügliches Aufarbeiten und Entrinden des Brutmaterials, welches Wind- und Schneebruch liefern, Entrinden der gefällten Hölzer, Auslegen von Fangbäumen.
Der Rüstersplintkäfer (Eccoptogaster scolytus Hbst., s. Tafel »Waldverderber I«),
6 mm lang, mit schief von vorn nach der Spitze zugeschärftem Hinterleib, von oben sichtbarem, nicht rüsselartig verlängertem, in zwei kräftige, breite, glänzende Kinnbacken endigendem Kopf, sehr langen, schmalen, quer stehenden Augen, zwischen ihnen stehenden Fühlern mit siebengliederiger Geißel und längerm Endknopf, breitem, fein und gleichmäßig punktiertem Halsschild, mäßig punktstreifigen Flügeldecken und zweilappigem dritten Fußglied, glänzend schwarz, an den Fühlern, Beinen und Flügeldecken braun, erscheint im Mai an Rüstern; das Weibchen bohrt sich in die Rinde ein, wird wie der große Kiefernmarkkäfer befruchtet, frißt dann den Muttergang und legt seine Eier. Die Larvengänge zweigen sich rechtwinkelig ab, sind ungemein zierlich, oft sehr lang und verworren und verzweigen sich strahlenartig. Die Larven überwintern hier, verpuppen sich auch zum Teil vor dem Winter. Andre Arten hausen in Eichen, Birken, Obstbäumen.
Vgl. Eichhoff, Die europäischen Borkenkäfer (Berl. 1880).
(Rhytina Ill.), Säugetiergattung aus der Ordnung der Wale [* 99] und der Unterordnung der Sirenen oder Seekühe, mit der einzigen Art Rytina Stelleri Cuv. (Stellers Seekuh). Dies war ein großes, 8-10 m langes und an 480 Ztr. schweres Tier, bedeckt mit einer der rissigen Rinde alter Eichen ähnlichen, haarlosen Haut. [* 100] Sein Kopf glich dem eines Büffels, die Kiefer waren zahnlos, aber jederseits oben und unten mit einer festen, hornigen Kauplatte versehen, die Augen sehr klein und ohne Augenlider; das äußere Ohr [* 101] fehlte gänzlich, die Vordergliedmaßen waren schwielig und unten mit vielen kurzen Borsten dicht besetzt. Die Schwanzflosse war halbmondförmig. Das Borkentier ward von ¶