wiederholte
Versuche, ihn zu stürzen, zu vereiteln. Den ersten dieser
Versuche machte der frühere
PräsidentManuel Isidor
Belzu, der aus
Peru,
[* 2] wo er bisher als Verbannter gelebt, mit einigen
Hundert Anhängern nach Bolivia
[* 3] zurückgekehrt war und sich in
La Paz zum
Präsidenten hatte ausrufen lassen. Aber schon 27. März wurde Belzu bei einem von Melgarejo aus
La Paz unternommenen
Angriff erschossen, womit diese Schilderhebung ihr Ende erreichte. Eine neue erfolgte schon 25. Mai unter
Castro Arguedas, der sich mehrere
Monate im
Feld behauptete, bis er bei Viacha in der
Nähe von
La Paz entscheidend
geschlagen ward, worauf Melgarejo eine allgemeine
Amnestie für
politische Verbrechen verkündigte.
Schon im
Oktober d. J. machten die
Demokraten einen neuen Aufstandsversuch, der aber rasch unterdrückt ward und den
Rädelsführern
das
Leben kostete. 1868 wurde eine neue
Konstitution vereinbart, die aber Melgarejo schon im
Februar 1869 wieder aufhob, so
daß er seitdem faktisch die
Diktatur ausübte. Ein
Aufstand, der im
Februar 1870 in den östlichen Teilen
des
Landes ausbrach, ward erst nach blutigem
Kampf niedergeworfen.
Indes machte sich Morales mit Vertreibung Melgarejos
zum
Präsidenten.
Letzterer wurde 1872 von seinem Schwiegersohn ermordet,
Morales aber vom Obersten Federico la
Fayé, seinem
Neffen, infolge eines Wortwechsels niedergeschossen. Darauf wurde Ballivian zum
Präsidenten der
Republik ernannt.
Ihm folgte 1873
Dr. Frias als
Präsident, wurde aber schon 1876 durch einen Soldatenaufstand gestürzt.
Nun bemächtigte sich
GeneralDaza der Herrschaft. Dieser schlug seine
Residenz in
Sucre auf, unterdrückte im
Januar 1877 einen
Aufstand gegen seine Herrschaft und erlangte seine
Wahl zum definitiven
Präsidenten durch einen konstituierenden
Nationalkonvent,
der auch eine
Verfassung nach
DazasWunsch beschloß, die ihm ganz unumschränkt zu regieren erlaubte.
Daza bereicherte sich durch
Mißbrauch seiner
Gewalt in schamloser
Weise. Aus selbstsüchtigen
Motiven ließ er sich 1879 von
Peru bewegen, einen
Krieg mit
Chile anzufangen, obwohl die bolivianische
Armee schlecht gerüstet und nur 5000 Mann (mit 1000
Offizieren)
stark war. Den
Anlaß boten die Salpeterbergwerke an der Atacamaküste, welche von den Chilenen ausgebeutet wurden, und welche
Daza entgegen bestimmten
Verträgen mit hohen
Abgaben belegte. Bolivia schloß ein
Schutz- und Trutzbündnis mit
Peru und überließ diesem die Hauptlast der Kriegführung.
Daza vereinigte sich im südlichen
Peru mit dem peruanischen
Heer, entzog sich aber feig dem
Kampf und ward daher im
Dezember 1879 von
den entrüsteten
Truppen verjagt. Eine
Nationalversammlung stellte
General Campero an die
Spitze desStaats
und des
Heers, das in den unglücklichen
Schlachten
[* 4] gegen die Chilenen 1880 mitkämpfte, sich aber dann gänzlich auflöste.
Nach dem vollständigen
SiegeChiles über die peruanischen
Truppen wurde zu
Santiago ein Waffenstillstandsvertrag
von unbestimmter Dauer abgeschlossen, welcher Bolivia zur Abtretung des ganzen Küstengebiets
(s. S. 165) nötigte.
Weiteres über diesen
Krieg s. unter
Chile.
Vgl.
Cortes, Ensayo sobre la historia de Bolivia
(Sucre 1801);
H.
Reck, Geschichte der
Republik Bolivia (»Ergänzungsblätter«, Bd.
1, Hildburgh. 1866);
»Archivo boliviano. Coleccion de documentos relativos de la historia de Bolivia« (Par.
1874, Bd. 1).
Kreisstadt im preuß. Regierungsbezirk
Liegnitz,
[* 5] an der Wütenden
Neiße,
[* 6] 344 m ü. M., schön gelegen,
hat ein
Amtsgericht, eine evangelische und kath.
Kirche, ein Kreiskrankenhaus, mechanische Leinweberei, Lederfabrik und (1880) 3026 Einw.
(599 Katholiken).
eine
GesellschaftJesuiten, die Mitarbeiter und
Herausgeber der von dem Jesuitenorden veranlaßten
Sammlung der Nachrichten über die
Heiligen der römisch-katholischen
Kirche, welche unter dem
Titel:
»Acta Sanctorum« 1643-1794
zu
Antwerpen,
[* 10]
Brüssel
[* 11] und Tongerloo erschienen. Sie führen jenen
Namen von
Johann Bolland (geb. 1596 im Limburgischen, gest.
1665), dem ersten Bearbeiter der von Heribert Rosweyd (gest. 1629) aus
Utrecht
[* 12] angelegten Sammlung. Unter ihnen
sind besonders
Gottfried Henschen (gest. 1681),
Dan. Papebroch (gest. 1714), Konr. Janninck (gest.
1723),
PeterBosch (gest. 1736), Konst. Suyskens (gest.
1771) etc. zu nennen.
Nach Erscheinen des 53.
Bandes (des 6. des
Oktobers) im Mai 1794 machte die französische
Okkupation dem Unternehmen ein Ende.
In neuerer Zeit (1837) aber konstituierte sich unter den
Auspizien der belgischen
Regierung, die einen
jährlichen Beitrag von 6000
Frank dazu aussetzte, eine neue, wieder aus
Jesuiten bestehende
Gesellschaft, welche im
Dezember 1845 in
zwei Teilen den 54.
Band
[* 13] des ganzen Werks (den 7. des
Oktobers) veröffentlichte. Seitdem ist das Werk bis zum 63.
Band fortgeschritten.
Eine neue
Ausgabe dieser
»Acta Sanctorum« der hat 1863-67 in 61
Bänden der Buchhändler
VictorPalmé in
Paris
[* 14] veranstaltet, wozu 1875L.
M. Rigollot einen
Band »Auctaria« lieferte. Nachträge, hagiographische
Handschriften u. a. bieten die seit 1882 in
Paris und
Brüssel erscheinenden »Analecta Bollandiana«.
s. v. w.
Gimpel^[= (Pyrrhula Cuv.), Vogelgattung aus der Ordnung der Sperlingsvögel, der Familie der Finken (Fringilli ...] und
Kirschkernbeißer (s.
Kernbeißer).
(ital.) hießen früher in Österreich
[* 19] die amtlichen Bescheinigungen über das mit einer Ware vorgenommene
zollgesetzliche Abfertigungsverfahren.
Heute nennt man Bolletten die bei der Erhebung von Brücken- und Wegegeld und von Verzehrungssteuern
ausgefertigten Scheine, während die über Amtshandlungen bei der Verzollung ausgestellten Scheine je nach
ihrer Bedeutung Begleitschein, Legitimationsschein, Kontrollschein etc. heißen.
Pompejus, Chemiker, geb. zu Heidelberg,
[* 20] studierte daselbst seit 1830 Naturwissenschaften, wurde 1833 wegen
seiner Beteiligung an der Burschenschaft in Untersuchung gezogen und nach achtmonatlicher Untersuchungshaft zu sechs
MonatenFestungsarrest verurteilt. Er erhielt 1838 eine Berufung als Professor der Chemie nach Aarau
[* 21] und ward hier zum Konrektor
der Kantonschule ernannt. 1855 folgte er einem Ruf an das eidgenössische Polytechnikum zu Zürich
[* 22] als Professor der technischen Chemie
und führte von 1859 bis 1865 das Rektorat dieser Anstalt. Er redigierte von 1841 bis 1854 das »Schweizerische
Gewerbeblatt« und seitdem mit Kronauer die »Schweizerische polytechnische
Zeitschrift«. Er schrieb ein sehr verbreitetes »Handbuch der chemisch-technischen
Untersuchungen« (5. Aufl. von Stahlschmidt, Leipz. 1879) und
begann die Herausgabe eines »Handbuchs der chemischen Technologie« in 8 Bänden (Braunschw. 1862 ff.),
an dessen Bearbeitung
mehrere Gelehrte beteiligt sind. Bolley beschäftigte sich hauptsächlich mit der Untersuchung von Färbesubstanzen
und galt auf diesem Gebiet als erste Autorität (vgl. seine Schrift »Altes und Neues aus der Farbenchemie«, Berl. 1868). Bolley war
wiederholt als Berichterstatter und Präsident einer der Klassenjuries auf den internationalen Industrieausstellungen thätig
und redigierte die schweizerischen offiziellen Berichte über diese Ausstellungen. Er starb in
Zürich.
Dorf in Oberelsaß, Kanton
[* 34] Sulz, an der EisenbahnStraßburg-Basel mit Zweigbahn nach Gebweiler,
[* 35] hat ein Schloß,
Baumwollspinnerei und Weberei,
[* 36] große Obstbaumschulen und (1880) 1170 Einw. Bollweiler kommt
unter dem Namen Beltowiler bereits 728 vor und war später Hauptort einer Baronie, die 1649 in den Besitz
des schwedischen Generals v. Rosen kam und 1739 zu einem Marquisat erhoben wurde.
außerdem
ist die Ebene von vielen Kanälen (darunter der CanaleNaviglio, ein bedeutendes Werk aus dem 14. Jahrh.)
durchschnitten, welche die Luft sehr feucht machen.
Die gleichnamige Hauptstadt ist eine der ältesten, größten und reichsten StädteItaliens,
[* 52] die wegen der Fruchtbarkeit ihrer
Umgebung la grassa (»die Fette«) genannt wird. Darin hat man wohl den ersten Grund ihrer Anlage und Entwickelung zu suchen. Aber
die Stadt lag auch für den Verkehr günstig; wie ehemals alle Landstraßen, so vereinigen sich jetzt
alle Straßen und Eisenbahnen, welche vom Simplon bis Triest
[* 53] die Alpen
[* 54] überschreiten, in und gehen von da weiter über den Apennin,
der im Renothal wie im Futapaß hier leicht gangbar ist, nach Toscanaoder an der Ostküste entlang nach
Brindisi und Tarent.
Deshalb haben hier die Römer
[* 55] gleichzeitig mit Placentia und Cremona eine Militärkolonie gegründet und zuweilen die Kaiser hier
residiert; aus demselben Grund wird in neuester Zeit zu einer der stärksten FestungenItaliens mit Arsenal und befestigtem Lager
[* 56] umgeschaffen. Bologna liegt auf der durch die alte Ämilische Straße bezeichneten Linie des Übergangs des
Apennin in die Ebene, an einem schiffbaren, in der Stadt zum Teil überbauten Kanal
[* 57] des westlich vorbeifließenden Reno, der
durch sein furchtbares Anschwellen und seine Geröllmassen eine beständige Bedrohung der Stadt ist.
Sie bildet, noch von alten Mauern und Gräben umgeben, ein unregelmäßiges Sechseck mit im Innern häufig
krummen und engen, aber reinlichen Straßen, von denen die wichtigsten doch ziemlich gerade radienförmig vom innersten, ältesten
Kern der Stadt zur Peripherie leiten. Die Häuser sind meist drei Stockwerke hoch, gut gebaut, ja palastartig und mit Arkaden
versehen. Unter den Plätzen sind besonders die PiazzaVittorio Emmanuele, der eigentliche Mittelpunkt der
Stadt, von Palästen umgeben, und der angrenzende Neptunsplatz mit dem berühmten Neptunsbrunnen, 1566 ausgeführt und mit
der Neptunstatue von Giovanni Bologna geschmückt, zu nennen.
Hier steht der Palazzo del Podesta, in welchem König Enzio 23 Jahre gefangen gehalten wurde, 1201-64 erbaut,
mit großem Turm, aber unvollendeter Fassade, das reiche Stadtarchiv enthaltend;
an der Ostseite der Portico dei Banchi mit
schönen Magazinen;
an der Westseite der Palazzo Pubblico, der Sitz der Staats- und Stadtbehörden, aus dem 13. Jahrh., mit
einer Bronzestatue Gregors XIII. und einem Thonrelief der Madonna an der Fassade;
an der Südseite die KircheSan Petronio, die größte der 75 Kirchen der Stadt, 1390 nach dem Plan des Vincenzi im italienisch-gotischen Stil begonnen, aber
nur bis zum Querschiff vollendet, mit schönen Skulpturen an der gleichfalls unvollendeten Fassade und an den Portalen, im Innern
mit Gemälden und Denkmälern reich ausgestattet, mit Angabe des hier 1653 bestimmten Meridians.
Der größte
Platz ist der an der Nordseite gelegene ehemalige Mercato, jetzt Piazza d'Armi, an den sich die Montagnola, ein großer öffentlicher
Garten,
[* 58] anschließt. Andre merkwürdige Kirchen sind: die KathedraleSan Pietro (1620 begonnen);
Santa Maria
dei Servi mit schönem Säulenvorhof und Hauptaltar;
San Giacomo Maggiore (1267-1497 erbaut) mit großem
Tonnengewölbe, reicher, aus 34 Bogen
[* 61] bestehender Säulenhalle, schönem Glockenturm und berühmtem Altarblatt von Francia, u. a.,
sämtlich noch im Besitz reicher Kunstschätze.
Nahe dem Mittelpunkt der Stadt stehen die beiden berühmten schiefen Türme,
der eine 1109 von Asinelli begonnen und nach ihm benannt, 83 m hoch mit 1 m Abweichung, der andre (von
1110) nach seinem Erbauer die Garisenda (auch Mozza) benannt, 42 m hoch und mit 2,5 m südlicher Abweichung von der Senkrechten.
Südlich davon erhebt sich die Loggia dei Mercanti (Mercanzia), Sitz der alten Börse, ein schöner Bau aus dem 14. Jahrh. hat
ferner eine große Zahl glänzender architektonischer und im Innern an Kunstwerken reicher Paläste, meist mit offenen Arkadenhallen
im Untergeschoß, schönen Fassaden und Höfen (darunter die Palazzi Bevilacqua, Fava, Buoncompagni, Pepoli, Sampieri, Fantuzzi,
das Collegio di Spagna).
Die Stadt zählt (1881) 103,998 Einw., die sich durch Handels- undGewerbfleiß auszeichnen. In großem
Ruf stehen die bolognesischen Makkaroni, Mortadellas, Liköre, eingemachten Früchte, künstlichen Blumen und wohlriechenden Seifen;
außerdem treibt man Seidenspinnerei und Seidenweberei, Hanf- und Tuchindustrie, Tabak-, Glas- und Papierfabrikation
[* 62] und Strohhutflechterei.
Bologna ist Sitz einer Universität, der ältesten Europas, 1119 gestiftet, die ihr im Mittelalter, wo sie oft von 12,000
Studenten aus ganz Europa
[* 63] besucht wurde und fast alle Nationen dort eigne Kollegien hatten, den größten Ruhm und den zweiten
Beinamen »la dotta« verschaffte.
mit Sammlung von Gräberfunden und andern Altertümern. Unter den Theatern Bolognas ist das Teatro Comunale als Haupttheater
hervorzuheben; bemerkenswert sind ferner die Theater
[* 66] Contavalli und del Corso. Musik wird hier sehr kultiviert. Dem Zweck der
Wohlthätigkeit dienen ein großes Krankenhaus
[* 67] (1801 gegründet), ein Findelhaus, ein Institut zur Unterstützung herabgekommener
Familien (Opera Vergognosi, 1495 gegründet), drei Waisenhäuser, ein Institut für erwachsene Waisen, das
Armeninstitut Vittorio Emmanuele (1735 gestiftet) u. a.; auch besitzt die Stadt ein Taubstummeninstitut
und eine Irrenanstalt (seit 1560). Bologna ist auch der Sitz eines Erzbischofs und eines Appellationsgerichts sowie eines deutschen
Konsuls.
Auf einem benachbarten Hügel im SW. vor derPortaSan Manoelo liegt SanMichele in Bosco, bis 1797 ein Olivetanerkloster
und jetzt ein königliches Lustschloß, mit Resten schöner Fresken im Klosterhof, und auf einem andern Hügelvor derPorta
Saragozza die Wallfahrtskirche Madonna di SanLuca, zu der ein bedeckter Säulengang von 635 Bogen führt. Vom ersten
Dritteil desselben führt ein neuer Arkadengang zu der 1335 erbauten Kartause (Certosa), die 1797 aufgehoben und 1801 zum öffentlichen
Friedhof (Campo santo) von Bologna geweiht wurde, mit schönen Denkmälern aus alter Zeit und neuen Grabmonumenten. In Bologna wurden 8 Päpste, 200 Kardinäle,
sehr viele Gelehrte und berühmte Künstler geboren, z. B. Francia, die Caracci, Albani, die Gebrüder Reni,
Galvani etc.
Bologna, ursprünglich Felsina als etrurische Stadt, wurde sodann Bononia genannt als Hauptstadt der Bojer und 189 v. Chr. von den
Römern erobert, welche eine starke Bürgerkolonie dahin führten. Im J. 43 v. Chr. ward in der Nähe auf einer Insel des Reno
das zweite Triumvirat abgeschlossen. Durch Augustus hob sich die in den Bürgerkriegen herabgekommene Stadt
zu neuer Blüte
[* 68] und war öfters die Residenz von Kaisern. Nach dem Untergang des ostgotischen Reichs kam Bologna zum Exarchat und dann
an die Langobarden, welchen sie Karl d. Gr. entriß, der sie zur Freien Stadt erklärte.
Als solche gewann sie eine nicht unbedeutende Macht; großes Ansehen genoß sie durch die angeblich schon
von Theodosius II. 425 begründete Universität, namentlich ihre Rechtsschule, die besonders durch Irnerius (gestorben um 1140)
gehoben ward. Als Glied
[* 69] des Lombardischen Bundes nahm Bologna teil am Kampf gegen die Hohenstaufen; KaiserFriedrichs H. Sohn
Enzio starb daselbst in der Gefangenschaft. Nach wechselnden Kämpfen der dortigen adligen Familien, der Geremei, Lambertazzi,
Guidi, Pepoli, Bentivoglio u. a., um die Herrschaft unterwarf sich die Stadt 1506 dem Papst und wurde nun päpstliche Legation,
behielt jedoch noch viele Freiheiten. Am wurde in Bologna Karl V. von PapstClemens VII. zum römischen
Kaiser gekrönt. 1547 wurde das Konzil von Trient
[* 70] nach Bologna verlegt und hielt hier zwei Sitzungen.
Nachdem die Stadt 1796 von den Franzosen genommen worden war, wurde sie nebst ihrem Gebiet ein Bestandteil der Cisalpinischen Republik,
später (als DepartementReno) des KönigreichsItalien; 1815 kam sie wieder zum Kirchenstaat. 1821 war Bologna der
Hauptherd des republikanischen Aufstandes, der 4. Febr. ausbrach und sich schnell bis nach Ancona
[* 71] verbreitete, worauf der Kardinal-Legat
flüchten mußte und eine provisorische Regierung eingesetzt wurde. Zwar ward der Aufstand durch die Österreicher unter GeneralFrimont bald unterdrückt, doch brachen die Unruhen schon von neuem aus, und die päpstliche
Regierung wurde nochmals
gestürzt. Aber auch diesmal stellten im Januar 1832 die österreichischen Waffen
[* 72] die alte Ordnung in
kurzem wieder her. An den Bewegungen seit 1848 nahm Bologna lebhaften Anteil und lieferte zu den italienischen Unabhängigkeitskriegen
eine große Anzahl Freiwilliger; ein österreichisches Korps, das Bologna durch einen Handstreich
besetzen wollte, wurde durch einen Aufstand in Masse gezwungen, die Stadt zu verlassen.
Als jedoch die Österreicher nach Abschluß des Friedens mit Sardinien
[* 73] und im Einverständnis mit dem Papst von neuem
anrückten, mußte sich Bologna nach achttägiger Gegenwehr und wiederholtem, jedoch ziemlich
unschädlichem Bombardement16. Mai ergeben, wurde in Belagerungszustand erklärt und blieb der Sitz eines österreichischen
Armeekommandos bis zum österreichisch-italienischen Krieg von 1859, infolge dessen die Stadt vom Kirchenstaat abfiel und im
März 1860 mit der Romagna ihren Anschluß an das KönigreichSardinien proklamierte.
Vgl. Savioli, Annali
della città di Bologna (Bassano 1788-95, 3 Bde.);
Guidicini (geb. 1763), Cosenotabili della città di Bologna (Bologna 1869-74, 6 Bde.).
(spr. -lonnja),Giovanni (nicht da Bologna, eigentlich JeanBoulogne), flandr. Bildhauer und Architekt, geb. 1524 zu
Douai, begab sich um 1540 nach Antwerpen, wo er die Bildhauerkunst
[* 74] bei Jacques Dubroeucq erlernte, und 1551 nach
Italien, wo er bis an sein Ende blieb und eine außerordentlich umfangreiche Thätigkeit als Bildner in Bronze
[* 75] und Marmor entfaltete.
Nach kurzem Aufenthalt in Rom,
[* 76] wo er den Einfluß Michelangelos erfuhr, ging er nach Florenz und trat hier 1561 in die Dienste
[* 77] des GroßherzogsCosimo I. Im J. 1563 wurde er von PapstPius IV. nach Bologna berufen, wo er bis 1567 sein
Hauptwerk, den Neptunsbrunnen, ausführte.
die Bronzereliefs für die Hauptthür des Doms in Pisa;
[* 80]
die Reiterstatue Ferdinands
I., aus dem Annunziataplatz in Florenz, und die von seinen Schülern vollendete, aber 1792 eingeschmolzene Reiterstatue Heinrichs
IV. für Paris. Bologna starb 1608 in Florenz. Er verband die Kühnheit Michelangelos mit einer geläuterten,
wenn auch etwas oberflächlichen Formengebung und war besonders hervorragend in der Eleganz und dem Schwung des Aufbaues bewegter
Gruppen.
Vgl. A. Desjardins, La vie et l'œuvre de Jean Bologne (Par. 1884).
Flasche,
[* 81] ein von Asmadei 1716 erfundenes und von dem Bologneser Balbi beschriebenes kleines,
kolbenförmiges, etwa 8 cm langes und in der Höhlung des gerundeten Bodens einen Daumen breites, oben offenes und sehr dickwandiges
Glas,
[* 82] wird gleich nach der Herstellung nicht, wie andre gläserne Gefäße, im Kühlofen allmählich, sondern rasch an der Luft
abgekühlt; dabei erhalten die schneller sich abkühlenden Oberflächenteilchen eine andre Spannung als
die innern, und dies hat zur Folge, daß durch die geringste Verletzung der Oberfläche der
¶
mehr
Zusammenhang aufgehoben wird. Das dicke Ende einer solchen Flasche widersteht einem ziemlich starken Hammerschlag; aber die
Flasche zerspringt zu kleinsten Trümmern, sobald man ein kleines, scharfes Steinchen in die Höhlung fallen läßt.
von Langley konstruiertes Instrument, welches als Ersatz der Thermosäule dienen
soll, besteht aus einer sogen. Wheatstoneschen Brücke, in deren beide Zweige je eine Anzahl (etwa 20)
äußerst dünner Streifen aus Stahl, Platin, Palladium etc. eingeschaltet sind. Beide Streifensysteme sind so in einen Hohlcylinder
eingeschlossen, daß nur das eine von einfallenden Wärmestrahlen getroffen werden kann. Sobald nun eine Bestrahlung der
einen Streifenpartie eintritt, erwärmt sich dieselbe und vermehrt demzufolge ihren Leitungswiderstand. Das in die Brücke
[* 85] eingeschaltete Galvanometer
[* 86] wird also infolge der Verschiedenheit der Stromstärken in den beiden Zweigen
der Leitung ausschlagen und dadurch eine Messung der stattgehabten Erwärmung ermöglichen. Das Instrument ist äußerst empfindlich,
so daß eine Temperaturveränderung von 1/100000 Grad noch wahrgenommen wird.
Tagh (»blaues Gebirge«, bei den Chinesen Tsungling, »Zwiebelpässe«),
Name, der von den Anwohnern
der Ebene den unbewohnten, unwirtlichen Hochthälern beigelegt wird, die am Westrand Zentralasiens, östlich von der Kisiljart-
und Pamirkette begrenzt, den Raum zwischen den Gebirgssystemen des Himalaja im S. und des Thianschan im N. ausfüllen. Er scheidet
die Stromgebiete des Jarkandflusses und des Amu Darja (Oxus). HohePässe führen über dieses Gebirge auf
das Wüstenplateau der Pamir.
[* 87] Unter den Hochgipfeln fällt am meisten auf der Taghalma, 79 km südwestlich von Janghissar,
von 7617 m Höhe. Die Arier hatten ihre Ursitze zu beiden Seiten dieser von Nomadenvölkern noch heute abgeweideten Hochthäler.
Die Gegend wurde 1879 von dem EngländerTrotter bereist.
Hieronymus, Gegner Calvins, war früher Karmelitermönch in Paris gewesen, studierte zu Genf
[* 88] Medizin, trat daselbst 1551 öffentlich
als Bestreiter der von Calvin vorgetragenen Prädestinationslehre auf, worauf er eingekerkert und aus
Genf
verwiesen wurde.
alte, früher sehr bedeutende Stadt in der niederländ. ProvinzFriesland, 24 km südwestlich
von Leeuwarden, hat eine schöne gotische Martinikirche mit Grabmälern der ältesten friesischen Grafen sowie des friesischen
Volksdichters Gysbert Jacobsz (gest. 1666) und (1883) 5939 Einw.,
Leinen- und Wollenindustrie, Ziegeleien, Butter-, Käse- und Viehhandel. Bolsward war ehedem befestigt und gehörte zu den Hansestädten.
1) Boetius a, niederländ. Kupferstecher,
geboren um 1580 zu Bolswert in Friesland, hielt sich zuerst in Holland auf und ging 1619 nach Antwerpen, wo er 1620 Meister wurde.
Bolswert wurde in Antwerpen durch den Einfluß Rubens', nach welchem er mehrere Stiche ausführte, zu größerer und breiterer Auffassung
der Formen gebracht, mit der er immer eine bestimmte und saubere Zeichnung verband. Er starb 1633 in Brüssel.
2) Schelte a, niederländ. Kupferstecher, jüngerer Bruder des vorigen, geboren um 1586, trat 1625 oder 1626 in die AntwerpenerGilde und starb daselbst im Dezember 1659. Unter Rubens' Leitung bildete er sich zu dem größten Stecher der vlämischen Schule
aus, welcher die malerische Kraft,
[* 93] die Kühnheit und die Größe jenes ebenso gut wiederzugeben wußte wie die weiche Anmut
und Zartheit van Dycks. In der Abstufung von Licht
[* 94] und Schatten,
[* 95] welche besonders den Stichen nach Landschaften zu gute kam, hatte
er eine außerordentliche Virtuosität erreicht.
Amely, Romanschriftstellerin, geb. zu Rehna in Mecklenburg-Schwerin als die Tochter des dortigen Bürgermeisters,
wurde nach dem Tod ihres Vaters, kaum 17 Jahre alt, Erzieherin auf einem adligen Gut und begab sich später (1839) nach England,
wo sie eifrig Englisch studierte und auch für deutsche Zeitschriften litterarisch thätig war. Nach ihrer
Rückkehr nach Deutschland
[* 96] (1852) ließ sie sich in Dresden,
[* 97] später in Wiesbaden
[* 98] nieder. Bölte begann als verständige Schriftstellerin
von gesunder Lebensauffassung und guter Beobachtungsgabe. IhrenRuf begründete sie mit den »Erzählungen aus der Mappe einer
Deutschen in London« (Leipz. 1848) und dem
¶
mehr
»Visitenbuch eines deutschen Arztes in London« (Berl. 1852),
»Liebe und Ehe«, Erzählungen (Hamb. 1857, 3 Bde.),
u. a. folgten, welche Werke vorzugsweise Schilderungen aus dem Leben der englischen Aristokratie, freilich mit greller Farbenauftragung,
enthalten. Später wandte sie sich dem biographischen Roman zu, worin sie zur künstlerischen Gestaltung
sowenig wie andre durchdrang, und sank auch in ihren Schilderungen aus dem modernen Leben zum Niveau der bessern Leihbibliothekenromane
herab. Wir nennen von ihren Werken dieser Art: »Frau von Staël« (Prag 1859);
(spr. bohlt'n), eine der blühendsten StädteLancashires (England), am Flüßchen Croach, inmitten malerischer
Moorstrecken, hat (1881) 105,414 Einw., unter denen wohl noch Nachkommen
der Vlämen, Pfälzer und Hugenotten sind, die hier gegen religiöse Verfolgung Schutz fanden. In jüngster Zeit ist
die Stadt bedeutend verschönert worden, und Stadthaus, Markthalle, städtische Bibliothek und Museum, Kranken- und Waisenhaus
sind sämtlich stattliche Gebäude.
Seit 1508 war die lichtbraune Siegelerde von Striegau,
[* 109] später die bläulichgraue sächsische Siegel- oder
Wundererde von Stolpen wie schon vorher eine weiße von Malta im Gebrauch. Hiernach werden unter dem Namen Bolus Thone von wesentlich
verschiedener Beschaffenheit und Zusammensetzung begriffen. Die Mineralogie beschränkt den Namen auf die mehr oder weniger fettig
anzufühlenden, schwach fettglänzenden, auf dem Strich glänzendern, in muschelige, scharfkantige Stücke
brechenden Thone, welche, ins Wasser geworfen, unter Zerknistern in eckige Stücke und endlich in eine feinerdige, plastische
Masse zerfallen.