1829) und den »Interpretamenta« des
Dositheus
(Bonn
[* 2] 1832) mit
Klenze die »Institutiones« des
Gajus und des Justinian (Berl. 1829)
heraus, welchen die »Fragmenta« Ulpians
(Bonn 1831; 4. Ausg., Leipz. 1855; faksimiliert, das.
1855) und die »Institutiones« des
Gajus
(Bonn 1837, 5. Ausg. 1866; faksimilierte
Ausgabe, Leipz. 1866) folgten. Die große
kritische
Ausgabe der »Notitia dignitatum«
(Bonn 1839-50, 5 Hefte;
Index 1853) ist die
Frucht 25jähriger
Studien. Auch gab Böcking eine
Rezension und Übersetzung der »Mosella« des
Ausonius (Berl. 1828),
welche später völlig umgearbeitet nebst den Moselgedichten
des
Venantius Fortunatus
(Bonn 1845) erschien. Seine
»Institutionen«
(Bonn 1843, Bd. 1; 2. Aufl. mit
dem
Titel:
»Pandekten des römischen
Privatrechts«, das. 1853, Bd.
1, und Leipz. 1855, Bd. 2, Lfg. 1)
sind unvollendet geblieben. Außerdem besorgte er eine
Ausgabe von A. W. v.
Schlegels sämtlichen deutschen, französischen
und lateinischen Werken (Leipz. 1846-48, zusammen 16 Bde.).
Sein letztes größeres Werk war die
Ausgabe der gesammelten Werke
Ulrichs v.
Hutten: »Opera quae reperiri
potuerunt omnia« (Leipz. 1859-62, 5 Bde.),
(Holzböcke,
LongicorniaLatr., CerambycidaeLeach), Käferfamilie aus der Abteilung der Kryptopentameren,
Käfer
[* 3] mit in die
Länge gezogenem
Körper, hervorgestrecktem
Kopf, borsten- und fadenförmigen, gewöhnlich
elfgliederigen
Fühlern, welche oft den
Körper an
Länge weit übertreffen, und deren zweites
Glied
[* 4] sehr kurz ist. Die
Kinnbacken
laufen meist in Einen scharfen
Zahn aus, die ziemlich kurzen
Taster in ein beil- und spindelförmiges
Glied; die
Schienen aller
Beine tragen Endsporen.
Die
Familie umfaßt über 7500 meist große und farbenprächtige
Arten, welche am redlichsten in den
Tropen
vertreten und häufig mit Haarbüscheln, Zahnfortsätzen etc. geschmückt sind. Oft besitzen
die Männchen stark verlängerte Oberkiefer, längere, gekämmte, gesägte oder gewedelte
Fühler und abweichende Färbung.
Bei der Berührung erzeugen die meisten
Arten durch Reiben des
Kopfes und Prothorax ein deutlich vernehmbares
Geräusch
(Geigen). Die Bockkäfer, namentlich die lebhaft gefärbten
Arten, sind im allgemeinen bewegliche
Tiere, welche an warmen
TagenBlumen, saftspendende
Stellen an Baumstämmen und in Wäldern aufgespeichertes Klafterholz aufsuchen.
Manche düster, schwarz oder braun gefärbte
Arten verlassen dagegen erst bei der
Dämmerung ihre Schlupfwinkel.
Die
Larven sind langgestreckt, niedergedrückt, nach vorn verbreitert, weichhäutig, mit undeutlichen oder fehlenden
Augen
und sehr kleinen, dreigliederigen
Fühlern;
Kopf und Rückenplatte des Prothorax sind hornig, die folgenden
Ringe meist mit
rauher
Platte auf der Mitte, die
Beine fehlen oder sind äußerst klein; sie leben meist in angegangenem
Holz,
[* 5] die
kleinern auch in
Stengeln und
Wurzelstöcken krautartiger
Gewächse, und können in einzelnen
Fällen den
Kulturpflanzen schädlich
werden. Zu der ersten
Gruppe, den plumpern, breitern, mehr kurzbeinigen, dickschenkeligen und breitschienigen
Prioniden(PrionidaeLeach), gehört der auf
Eichen und
Buchen lebende, 3-4
cm lange, oberseits pechbraune, dicht gerunzelte, unterseits gelb, filzig
behaarte
Gerber(Prionus coriariusL.), mit mehr als elfgliederigen, weniger als körperlangen, geschuppten
Fühlern und seitlich gedorntem Halsschild; seine
Larve lebt mehrere Jahre in mulmigem
Holz; zu den
Cerambyciden(CerambycidaeLeach) der schönste von allen, der glänzend schwarze
Spießbock (Eichenbockkäfer, CerambyxHerosL., s. Tafel
»Waldverderber
[* 6] I«),
fast 5
cm lang, mit mehr als körperlangen, vom dritten bis fünften
Glied stark kolbig verdickten
Fühlern, sehr grob, höckerig gerunzeltem, vorn und hinten eingeschnürtem
Thorax, glänzend schwarz, unterseits, an
Beinen
und
Fühlern sein seidenhaarig, auf den Flügeldecken pechbraun, mit rotbrauner, kurzgezahnter
Spitze. Er ist überall in
Europa
[* 7] häufig, seine
Larve lebt 3-4 Jahre im
Holz alter
Eichen und frißt in denselben sehr weite
Gänge, der
Käfer
kommt nur nach Sonnenuntergang aus dem
Holz hervor und schwärmt sehr kurze Zeit.
Der
Weidenbock
(Moschusbock,
AromiamoschataL.), 2,6-3
cm lang, mit sehr höckerigem Halsschild, verbreitet einen sehr intensiven,
moschusartig aromatischen
Geruch; seine
Larve lebt in
Weiden. Zu den
Lamiarien(LamiariaeLeach), deren
Stirn
senkrecht abfällt, und deren
Taster in ein zugespitztes Endglied auslaufen, gehört der rötlich aschgraue, 1,7cm lange
Zimmerbock
(AstynomusaedilisL.), mit 8
cm langen, dunkel geringelten
Fühlern und querem Halsschild mit Seitendornen und vier gelben
Punkten, welcher sich im Frühjahr an frisch gefällten Kiefernstämmen zeigt und häufig in die
Häuser verschleppt wird.
3
cm lang, mit
walzigem, querem Halsschild ohne
Buckel und
Dornen, graugelb, filzig behaart, legt seine
Eier
[* 8] in Rindenrisse von
Pappeln und
Weiden; seine
Larve durchwühlt das
Holz bis auf den
Kern, und wird oft sehr schädlich. Der bedeutend kleinere,
grünlich- oder gelblichgrau, filzig behaarte, auf dem Halsschild mit drei gelben Längslinien gezeichnete, auf den
Flügeln
gelb gefleckte, an den
Fühlern dunkel geringelte
Espenbock(S. populneaL.) lebt als
Larve im
Holz der Zitterpappel;
die
Gänge der
Larven werden schwarz und markieren sich durch knotige Anschwellungen, die nach dem Ausschlüpfen des
Käfers
ein schwarzes Flugloch zeigen.
Daneben hat Bocklet noch eine kalte
Schwefelquelle von 15° C. mit 700 Kubikzentimeter
Kohlensäure und 6,6
Kubikzentimeter
Schwefelwasserstoff in 1
Lit., welche sich besonders bei hartnäckigen
Katarrhen auf rheumatischer und gichtischer
Basis als wirksam erweist. Mit der Trinkkur werden oft Schlamm- und
Solbäder, zu denen die Einrichtungen vorhanden sind, mit
Erfolg angewendet. In vielen
Fällen benutzt man Bocklet als Nachkur nach dem
Gebrauch der Kissinger
Wasser.
Vgl. Scherpf, Stahlbad und seine
Heilmittel (Würzb. 1881);
Arnold, Maler, geb. zu Basel,
[* 15] begann seine Studien auf der DüsseldorferAkademie, wo er sich unter J. W.
^[JohannWilhelm] Schirmer zum Landschaftsmaler ausbildete, studierte dann weiter in Brüssel
[* 16] nach den alten Meistern und ging 1848 nach
Paris
[* 17] und 1850 nach Italien,
[* 18] wo er namentlich in der Umgegend von Rom
[* 19] landschaftliche Studien machte. Ein
Auftrag, den Speisesaal einer Villa mit fünf Gemälden zu schmücken, rief ihn nach Hannover.
[* 20] Seine phantastische Richtung
offenbarte sich schon in diesen Erstlingsbildern, mehr noch in dem großen Pan,
[* 21] den er in München
[* 22] ausstellte, wohin er 1856 übergesiedelt
war.
Hier befreite ihn aus tiefer Notlage die Protektion des GrafenSchack, welcher auf sein romantisch veranlagtes
Talent aufmerksam geworden war und eine Reihe nach freier Neigung geschaffener Bilder erwarb. In ihnen prägte sich Böcklins
Bestreben, die Figuren antiker Mythe im Glanz einer romantischen Phantastik und des reichsten modernen Kolorits neu zu beleben,
am reinsten aus. 1858 wurde er als Lehrer an die Kunstschule in Weimar
[* 23] berufen, wo er unter andern den Panischen
Schreck für die Schacksche Galerie, die Jagd der Diana für das Museum in Basel
und das Schloß am Meer schuf, legte aber schon nach
drei Jahren seine Professur nieder, um einen längern Aufenthalt in Italien zu nehmen.
Von 1866 bis 1871 hielt er sich in Basel
auf, wo er das Treppenhaus des Museums mit mythologischen und ein Privathaus mit biblischen
Fresken schmückte und für Schack den von Furien verfolgten Mörder, die Höhle des Drachen und den Ritt des Todes malte. 1871 ging
er wieder nach München und schuf hier in der großen Seeschlange die erste jener Meeresidylle, in welchen er mit groteskem
Humor das Leben der mythischen Meeresbewohner, Tritonen, Nixen und Seecentauren, schilderte. 1876 ließ er sich in Florenz
[* 24] nieder.
Böcklin ist in erster Linie Landschaftsmaler und verfügt als solcher über eine große dichterische Kraft,
[* 25] welche von einem zauberischen Kolorit getragen wird.
In der Behandlung der Figuren verfährt er dagegen mit großer Nachlässigkeit, die sogar bei religiösen Gemälden, wie der
Kreuzabnahme auf Golgatha (1876), verletzend wirkt. Oft verdirbt er durch die Staffage seine schönsten poetischen Erfindungen
(z. B. die Insel der Seligen in der Berliner
[* 26] Nationalgalerie), und deshalb sind seine vollkommensten und
stimmungsreinsten Schöpfungen diejenigen, in welchen, wie in dem gefesselten Prometheus (1882) und der Toteninsel (1883),
der landschaftliche Teil überwiegt.
kurze, bauchige, etwas breitgedrückte Weinflasche, auf welche die besten Frankenweine
(besonders Leisten- und Steinwein) abgezogen werden; dann (schon seit dem 17. Jahrh.) Bezeichnung für herkömmlichen
Schlendrian und steif bewahrten alten Brauch; daher Bocksbeutelei, das pedantische Festhalten an solchen Sitten und Gewohnheiten.
Das Wort in letzterer Bedeutung wird von einigen vom niederdeutschen Booksbüdel (Bücherbeutel) abgeleitet,
einem beutelartigen Überzug, in welchem wie die Frauen ihr Gesangbuch, so die Ratsherren in Hamburg,
[* 34] wenn sie in den Rat gingen,
ihr Statutenbuch bei sich führten, auf dessen Bestimmungen, wenn auch noch so veraltet, sie streng hielten.
Spottname für eine falsche Art, den Triller auszuführen.
Sie besteht entweder darin, daß die beiden
Töne des Trillers nicht in gleicher Geschwindigkeit abwechseln, sondern hinken, oder daß der Hilfston zu hoch genommen wird.
Als Mitglied des Vereinigten
[* 40] Landtags von 1847 und 1848 sowie als Mitglied der Ersten Kammer 1849-51 war er ein eifriger Vertreter
liberaler politischer Anschauungen. 1852 wurde er in das Abgeordnetenhaus gewählt, dem er seitdem ununterbrochen angehört
hat. Im Oktober 1852 ward er von dem MinisteriumManteuffel-Westphalen zur Disposition gestellt, 1859 aber
von dem Ministerium der »neuen Ära« als Oberregierungsrat in Koblenz
[* 41] wieder in Thätigkeit gesetzt. Im Abgeordnetenhaus hatte
er inzwischen trotz geringer rednerischer Begabung durch die Unabhängigkeit seiner Meinungsäußerungen, genaue Sachkenntnis
in allen Fächern der Verwaltung und unermüdliche Arbeitskraft bedeutendes Ansehen erlangt. Er wurde 1861 zum zweiten Vizepräsidenten
gewählt und gehörte zu den Stiftern einer neuen Partei, die sich anfangs nach seinem NamenFraktion Bockum-Dolffs, später »linkes Zentrum«
nannte und eine Mittelstellung zwischen der Fortschrittspartei und den gemäßigten Liberalen einnahm.
Deswegen ward er 1862 »im Interesse des Dienstes« nach Gumbinnen
[* 42] versetzt. In der Sitzung vom geriet
Bockum-Dolffs als Präsident des Hauses mit dem Kriegsminister v. Roon, der sich eine Unterbrechung seitens des Präsidenten nicht gefallen
lassen wollte, in heftigen Konflikt und schloß die Sitzung, indem er sich mit seinem Hut
[* 43] bedeckte. 1865 nahm er seine Entlassung
und zog sich auf sein Gut Völlinghausen bei Soest zurück. Seit 1867 war er auch ununterbrochen Mitglied
des norddeutschen, nachher des deutschen Reichstags, dem er noch jetzt angehört.
ausschließlich der Pflege des Schulgesangs. Um 1815 begann er die Lancastersche Methode in mehrere Privatschulen einzuführen,
und sein Erfolg war ein so glänzender, daß er 1819 von den Behörden beauftragt wurde, den Musikunterricht in allen Elementarschulen
der Stadt zu organisieren. 1839 wurde ihm seitens der Regierung die Aufsicht über den gesamten Schulgesangsunterricht
übertragen. Er starb in Chaillot bei Paris Unter seinen hinterlassenen Werken sind Kompositionen für Gesang sowie
mehrere instruktive Werke zu bemerken, namentlich sein »Manuel musical; methode graduée pour le chant élémentaire, etc.«
(Par. 1846 u. öfter).
der Jasmunder Bodden, im nordöstlichen Teil von Rügen, zwischen den Halbinseln Wittow und Jasmund
und dem Innern der Insel, gegen 110 qkm (2 QM.) groß;
1) JohannJoachimChristoph, bekannter Übersetzer, geb. zu Braunschweig,
[* 56] Sohn eines armen Tagelöhners
aus Schöppenstedt, kam als Schäferjunge zu seinem Großvater in Barum, lernte dann seit 1745 als Musikus
in Braunschweig und wurde 1750 Hoboist in einem Regiment daselbst. Ein Student in Helmstedt, wo er sich in der Musik weiter ausbildete,
gab ihm französischen Unterricht; auch Englisch lernte er dort. Im J. 1752 trat er als Hoboist zu Celle
[* 57] in hannöversche Dienste,
komponierte hier mehrere Konzerte und Solostücke für das Fagott und gab Liederkompositionen heraus; auch
begann er hier zu schriftstellern.
Nach dem Tod seiner Frau ging er 1757 nach Hamburg, wo er als Sprach- und Musiklehrer wirkte, zugleich Übersetzungen aus dem
Französischen und Englischen lieferte, für das Kochsche Theater
[* 58] arbeitete und 1762-63 die Redaktion des »Hamburgischen Korrespondenten«
leitete. Durch eine zweite Heirat mit einer reichen Schülerin (Simonette Tam) kam er in den Besitz eines
bedeutenden Vermögens. Als dieselbe nach wenigen Jahren ebenfalls starb, verehelichte er sich zum drittenmal mit der Witwe
des Buchhändlers Bohn, errichtete eine Buchdruckerei und verband sich mit Lessing zu einer »Buchhandlung der Gelehrten«. Er
verlegte eigne und fremde Werke (Lessings »Dramaturgie«, Goethes »Götz«, Klopstocks »Oden«),
sah aber, da er das kaufmännische
Geschäft so wenig wie Lessing verstand, das Unternehmen bald scheitern und sein Vermögen zugesetzt. Bode folgte nun 1778 der
Gräfin von Bernstorff, der Witwe des berühmten dänischen Ministers, als deren Geschäftsführer nach Weimar,
wo er als Hofrat starb. Unter Bodes Übersetzungen, durch welche er einen nicht geringen Einfluß auf die deutsche Litteratur
übte, sind Sternes »Yoriks empfindsame Reise« (Hamb. 1768, 5. Aufl. 1804),
Goldsmiths »Dorfprediger von Wakefield« (Leipz. 1776 u. öfter) und Fieldings »TomJones« (das. 1786-88, 6 Bde.)
als die besten hervorzuheben. Auch von Montaignes »Gedanken und Meinungen« (Berl. 1793-97, 7 Bde.)
gab er eine treffliche Übersetzung.
Vgl. Böttiger, Bodes litterarisches Leben (Berl. 1796).
dann gab er seine »Anleitung
zur Kenntnis des gestirnten Himmels« (11. Aufl., hrsg. von Bremiker, das.
1858) und die Monatsschrift »Anleitung zur Kenntnis der Lage und der Bewegung des Mondes und der übrigen Planeten«
[* 60] (1770-77)
heraus. Im J. 1772 wurde Bode Astronom der Akademie der Wissenschaften zu Berlin, 1786 aber Direktor der Sternwarte
[* 61] daselbst, wo er auch starb. Er schrieb noch: »Erläuterung der Sternkunde« (Berl. 1778, 2 Bde.; 3. Aufl.
1808);
4) Wilhelm, Kunstschriftsteller, geb. zu Kalvörde im Herzogtum Braunschweig, studierte seit 1864 die
Rechte und arbeitete zwei Jahre lang als Auditor im braunschweigischen Staatsdienst, gab aber die juristische Laufbahn auf,
um 1869-71 in Berlin und Wien
[* 69] Archäologie und Kunstgeschichte zu studieren und daneben seine Kenntnisse auf Reisen zu erweitern.
Die erste Frucht seiner Galeriestudien war 1870 seine Doktordissertation »FransHals und seine Schule«. 1872 wurde er als Assistent
an den königlichen Museen in Berlin, als Stellvertreter des Direktors der Gemäldegalerie und als Leiter der Abteilung für christliche
Plastik angestellt. Es gelang ihm, die letztere durch eine Reihe glücklicher Ankäufe in Italien zu einer
Sammlung ersten Ranges zu erheben. 1880 wurde er in dieser Stellung zum Direktor ernannt. Er hat sich um die Erforschung der
Geschichte der italienischen Plastik des Mittelalters und der Renaissance sowie der niederländischen Malerei durch seine schneidige
Kritik, sein feines Stilgefühl und durch sichere Beherrschung des Materials große Verdienste erworben.
(spr. -dell),Jean, franz. Trouvère des 13. Jahrh., aus Arras
[* 71] gebürtig, begleitete den heil.
Ludwig auf seinem Kreuzzug nach Ägypten.
[* 72] Nach seiner Heimkehr vom Aussatz befallen, zog er sich von den Seinigen zurück und
starb in der Abgeschiedenheit. Man hat von ihm ein
Abschiedsgedicht an die Stadt Arras (»Li congies«, zuletzt hrsg. von Reynaud,
Par. 1880),
ein sehr lebendiges Mirakelspiel: »La Jeus de St.-Nicolas« (hrsg. von Michel u. Monmerqué
im »Théâtre français du moyen-âge«, das. 1839),
und mehrere Pastorellen (hrsg. von Bartsch, Leipz. 1879). Von einigen wird
ihm auch das epische Gedicht »Guiteclin de Sassaigne« (hrsg.
von Michel, Par. 1839) zugeschrieben, das den KampfKarls d. Gr. gegen den Sachsenkönig Wittekind behandelt.
Mit der Revolution von 1848 hatte er keine Sympathien, nahm 19. März seine Entlassung und wurde in die preußische Zweite Kammer,
zuerst im Januar 1849 und wiederum nach dem oktroyierten Wahlgesetz von 1849, später auch ins Erfurter Volkshaus gewählt.
Er unterstützte hier die Unionspolitik des preußischen Ministeriums; auch wurde er im September 1849 zum
Vorsitzenden des Verwaltungsrats der Union ernannt. In der Kammersitzung von 1850 bis 1851 war er Führer der Zentrumspartei,
welche die Politik der Regierung zwar mißbilligte, ihr aber doch die Mittel zur Fortsetzung derselben gewährte. 1852 zum Regierungspräsidenten
in Arnsberg
[* 79] ernannt, starb er auf einer Dienstreise in Medebach.
2) Karl von, preuß. Minister, Bruder des vorigen, geb. zu Velmede bei Hamm, studierte die Rechte, war 1837-45 Landrat
in Hamm, dann Oberregierungsrat in Minden,
[* 80] Regierungsvizepräsident in Münster, Regierungspräsident in Arnsberg, seit 1849 streng
konservatives Mitglied des Abgeordnetenhauses sowie 1851-58 unter Manteuffel und 1862-66 unter Bismarck
Finanzminister. Da er 1866 die Verantwortung für die Beschaffung der Geldmittel für den Krieg nicht übernehmen wollte, erhielt
er seine Entlassung. Er starb
(Solum), das jüngste Glied der festen Erdrinde, die äußerste Schicht derselben, ein erdiger Überzug über
dem festen Gestein (Grund und Boden). Oft nur wenige Zentimeter tief auf dem unterliegenden Fels haftend, oft Hunderte von Metern
hoch als Niederschlag aus Wasserfluten der Vorzeit und Gegenwart abgelagert (Deltabildungen), besteht er immer aus dem Trümmerschutt
der Gebirge, vermengt mit den Resten untergegangener tierischer und pflanzlicher Gebilde. KeinGestein vermag
auf die Dauer der Verwitterung zu widerstehen;
¶
mehr
mechanische und chemische Kräfte sind unablässig thätig, zu zertrümmern, zu lösen, zu trennen und das Vorhandene in andre
Verbindungen überzuführen, neues Bodenmaterial zu bilden. Unter dem Einfluß der Sonnenstrahlen werden die einzelnen
Bestandteile des Gesteins in ungleichem Grad ausgedehnt; zahllose Risse und Sprünge entstehen, in welchen sich der wässerige
Niederschlag ansammeln kann; die ausdehnende Gewalt des frierenden Wassers erweitert die Ritzen.
Zarte Moose
[* 82] und Flechten
[* 83] haften an jedem noch so geringen Vorsprung, in der kleinsten Spalte; sie bilden die Vorläufer für
höher organisierte Pflanzen, an deren WurzelnWasser und Luft in die Spaltungsräume geleitet werden, während diese selbst
eindringend erweitern helfen und durch Ausscheidung von Kohlensäure zersetzend und umwandelnd wirken.
Regengüsse und Stürme, im Hochgebirge die Lawinen, am Meeresstrand die Sturmfluten, Vulkane
[* 84] und Erdbeben
[* 85] sind die sichtbarer
wirkenden Zerstörungsmittel der Natur; grober und kleiner Trümmerschutt kennzeichnet ihr Walten, welches, so wie die Werkzeuge
[* 86] des Landmannes, den chemischen Kräften vorarbeiten und diesen die Einwirkung durch Vergrößerung der
Berührungsflächen erleichtern muß.
Sauerstoff, Kohlensäure, Ammoniak und die Salpetersäure der Atmosphäre vollenden den Verwitterungsprozeß, sie verbinden sich
mit einzelnen Bestandteilen des Gesteins zu löslichen Salzen und hinterlassen ein loses Haufwerk pulverig-erdiger Substanz,
welches entweder auf der ursprünglichen Bildungsstätte liegen bleibt (primitiver, angestammter Boden, Grundschutt),
oder durch das Wasser anderwärts abgelagert wird (angeschwemmter, sekundärer Boden, Flutschutt).
Auch im zertrümmerten Gestein, dem rohen oder Verwitterungsboden, siedeln sich anfangs nur solche Pflanzen an, welche mit
nur wenigen Wurzeln im B. haften und ihre Nahrung vorzugsweise der Atmosphäre und dem Wasser entnehmen (Algen,
[* 87] Moose, Flechten
etc.). Absterbend bilden sie die ersten Pflanzenreste, welche dem Boden die
Fähigkeit geben, höher organisierte Pflanzen zu tragen; auch diese sterben wieder ab, und so bildet sich im jahrhundertelangen
Wechsel zwischen Leben und Sterben die fruchtbare Walderde als der Träger
[* 88] der großartigen Urwaldvegetation, in der Thalsohle
die Wiese, im Sumpfboden der Bruch, Moor oder Torf, während überall da, wo die Trümmergebilde nur Sand,
Kies oder groben Schutt enthalten, die Flora zurückbleibt oder höchstens bis zur Heide sich erheben kann.
Zahllose Tiere leben vom Ertrag des Bodens oder durchwühlen denselben; ihre Exkremente und ihre Kadaver vollenden den Bildungsprozeß,
in ihren Zersetzungsprodukten den PflanzenNahrung bietend und die Umwandlung des Bodenmaterials in Pflanzennahrung
beschleunigend. Dies geschieht auch durch mikroskopische Organismen einfachster Art, welche fermentartig wirken und z. B.
die Bildung von Salpetersäuresalzen im B. veranlassen. Der Mensch endlich sucht den irgendwo vorgefundenen Boden (Naturboden)
zu verbessern, für seine Zwecke nutzbarer zu machen und durch Bearbeitung, Düngung und geeignete Art
des Anbaues mit Pflanzen (Fruchtwechsel) seine Tragkraft zu erhalten und zu steigern, ihn zu Kulturboden, Ackererde umzugestalten.
Bodenkunde ist die Lehre
[* 89] von der Beschaffenheit der äußersten Erdoberfläche, im engern Sinn die Lehre von der Erforschung der
Beziehungen dieses Erdabschnittes zur Vegetation unter dem Einfluß der klimatischen Einwirkungen. Zweck
derselben ist
im allgemeinen die Bereicherung unsrer wissenschaftlichen Erkenntnis, im besondern deren Verwertung im Dienste
des Waldbaues, der Landwirtschaft und der Gärtnerei.
Hauptbestandteile des Bodens.
In jedem Boden sind als Hauptbestandteile folgende zu unterscheiden:
1) Luft erfüllt alle Hohlräume und stellt das belebende Agens dar, ohne welches weder ein Pflanzenwachstum
noch ein fortschreitender Verwitterungs- und Verwesungsprozeß gedacht werden kann; die Schicht, bis zu welcher der Einfluß
der Luft in wirksamer Weise gehen kann, heißt Krume im Gegensatz zum darunterliegenden Untergrund. Die Luft im B. ist reicher
an Kohlensäure als die über dem Boden, nach frischer Düngung und in Gegenwart von vielen Pflanzenresten
bis 36mal reicher; sie ist in ihrer lösenden und umwandelnden Kraft demnach auch stärker.
2) Wasser findet sich im B. fließend oder stehend, kapillarisch und hygroskopisch. Ersteres ist nur im nassen Boden der
Fall und zwar dann, wenn im Untergrund solche Schichten sind, welche den Abfluß des Wassers verhindern,
und wenn von höher liegenden SchichtenWasser niederfließt und im lockern Boden zu Tage treten kann. Man unterscheidet Schichtwasser,
Quellwasser, Grundwasser.
[* 90] Sein Vorhandensein deutet immer aus undurchlassenden Boden; seine Entfernung wird ermöglicht durch Durchbrechung
dieser Schichten (Ackerfontanelle, s. d.), durch Abfuhrkanäle (Drainage
[* 91] oder offene Gräben) oder durch Ableitung des
von oberhalb kommenden Wassers.
Das kapillarische Wasser ist dasjenige, welches die feinen Zwischenräume des Bodens vermöge der sogen. Haarröhrchenkraft
zurückhalten, ohne es tropfbarflüssig abgießen zu lassen. Es bildet sich aus atmosphärischen Niederschlagen oder durch
Kondensation von Wasserdampf bei Temperaturdifferenzen. Die Fähigkeit des Bodens, aus dem Grundwasser kapillarisch die Feuchtigkeit
abzuziehen und nach auswärts zu führen, ist abhängig von dessen Zusammensetzung.
Die bisherigen Untersuchungen ergaben z. B. für thonigen Lehmboden 0,627
m, für Streusand 0,209 m, für Thonboden 0,47 m, für Torf 0,8 m sogen. Erhebungszone, d. h.
die Höhe, bis zu welcher das Wasser kapillarisch über einen Wasserspiegel zu steigen vermag. HygroskopischesWasser ist dasjenige, welches die einzelnen Erdpartikelchen als feine Schicht von Wasserdampf umhüllt, angezogen aus der Luft,
aus dem Untergrund oder aus der Verdunstung der Wurzeln. Es unterhält das Wachstum bei trocknem Wetter,
[* 92] da und Luft das Bestreben
haben, ihre Feuchtigkeitszustände auszugleichen.
Bei Tage findet Verdunstung mit Wärmeverlust, bei NachtVerdichtung von Wasserdampf mit Freiwerden von Wärme
[* 93] statt. Die dadurch bewirkten Temperaturdifferenzen können sehr beträchtliche sein, 5-10° R. betragen. Das Wasser muß die
im Boden vorhandenen Nährstoffe lösen und den Pflanzen zuführen; die äußersten Wurzelenden nehmen durch Diffusion
[* 94] die Lösungen
auf, an den Blättern verdunstet das Wasser wieder. Auf 1 Hektar Land entfallen in Deutschland
[* 95] im Durchschnitt
5-7,5 Mill. kg meteorisches Wasser, am meisten zur Zeit des Stillstandes der Vegetation. Während dieser selbst verdunsten
durch die Blätter 5-12 Mill. kg Wasser, mehr also, als der Gesamtniederfall beträgt. Die Differenz repräsentiert den derAtmosphäre
entzogenen Wasserdampf. TrockneLuft entzieht dem Boden das Wasser und begünstigt das Aufsteigen aus der Tiefe,
feuchte Luft gibt Wasser ab
¶
mehr
und verhindert die Verdunstung im B. Das aufsteigende Wasser führt die in die Tiefe gespülten und dort gelösten Stoffe, zum
Teil wenigstens, an die Oberfläche, wo sie zurückbleiben, während das Wasser verdunstet.
Der Land- und Forstwirt unterscheidet im B. nur nach Hauptgemengteilen und benennt danach die einzelnen
Vorkommnisse. Unter Sand (Sandboden) versteht er die Gesamtheit aller kleinen, unzersetzten, unbeweglichen und unverbundenen
(Quarz-) Körner, entstanden aus quarzführenden Gesteinen und Sandsteinen, meist angeschwemmt als Niederschlag. Er bildet das
lockernde und erwärmende Prinzip im B., neben dem Eisen
[* 98] den schwersten Bestandteil dem Gewicht nach. Leicht
heißen aber die Sandboden deshalb, weil sie der Bearbeitung (dem Eindringen der Wurzeln, der Luft und des Wassers) keinen Widerstand
entgegensetzen.
Der Sand ist vorzugsweise trocken, weil durchlassend für das Wasser (wertvoll im Untergrund); er vermag es nicht zurückzuhalten
und begünstigt die rasche Verdunstung. Die Wärme nimmt er rasch auf und strahlt sie langsam wieder aus.
Er entbehrt des Zusammenhalts und bildet also keine Schollen. Tierischer und vegetabilischer Dünger zersetzt sich rasch im
Sand, für welchen Gründünger, Komposte, Poudretten, flüssiger Dünger und feucht-speckiger Mist am tauglichsten sind. Die
Walze muß hier fleißig zum Zusammendrücken gebraucht
werden; beschattende Pflanzen bilden die beste
Nutzungsart, Mischungen mit thoniger Erde und Humus die beste Korrektur. Je nach Klima,
[* 99] Lage und Beimischung darf der reine Sandgehalt
von 60 bis selbst 90 Proz. betragen. Ohne thonige Erde ist der Sand absolut unfruchtbar, ebenso wie der Kies (Kies-Geröllboden).
Im Gegensatz zu ihm steht der Thon (Thonboden) als der Inbegriff aller thonerdehaltigen Verwitterungsprodukte,
also vorzugsweise der Feldspate; er ist das bindende, kältende Prinzip im B., aber auch der Träger des so wichtigen Absorptionsvermögens.
Er zieht mit Begierde das Wasser an (zungenklebend), hält es mit großer Kraft zurück und hindert durch seinen festen Zusammenhalt
dessen Verdunstung. Er erwärmt sich nur langsam und erkaltet rasch. BeimRegen schwillt er an, und beim Austrocknen zieht er
sich zusammen, Risse und Sprünge bildend, wird hart und zäh.
Seine Teilchen halten fest aneinander, daher Bearbeitung und Eindringen von Luft und Wurzeln schwierig sind (schwerer Boden). In
feuchtem Zustand formbar, haftet er anWerkzeugen und am Schuhwerk und ackert sich in zusammenhängenden
Schollen und Stücken, welche nicht von selbst auseinander fallen. Durch den Frost wird er mürbe, durch Gluthitze zerfällt
er zu Pulver und wird nicht wieder fest (Bodenbrennen). Die thonige Feinerde hat vorzugsweise die Fähigkeit, die im Wasser
gelösten Stoffe zu absorbieren, Kali-, Ammoniak- und Phosphorsäure zurückzuhalten und Kalk und Natronsalze dagegen in Austausch
zu geben, sowie die, das Ammoniak der Luft zu verdichten. v. Schwerz vindizierte dem Thon das eigentliche Prinzip der Fruchtbarkeit;
wir wissen jetzt, daß ohne ihn dauerndes Wachstum nicht möglich ist. Er enthält vorzugsweise die Kaliverbindungen.
Sehr eisenhaltiger Thon bedarf der tüchtigsten Bearbeitung und fleißigsten Düngung mit Mist. Clayboden ist ein an Thon sehr
reicher, kalkarmer Boden; im Thonboden kann der Kalkgehalt bis 5 Proz., der Humusgehalt
bis 20 Proz. gehen, der Thongehalt darf nicht unter 60 Proz.
betragen. Ist der Thon durch Wasser fortgeführt und anderwärts abgelagert worden, so heißt er Lehm (Lehmboden). Dessen Bestandteile
sind homogener gemischt, er ist weniger bindig und fest, milder, mürber und hat die charakteristischten Eigenschaften des
Thons verloren. Er zeigt mehr die des Kalk- und Sandbodens und heißt auch Mittelboden, zumal wenn es ihm
nicht an Humus fehlt. Der Thongehalt geht nicht über 60 Proz.; je geringer er ist, um so günstiger
ist die Mischung, um so mehr der Charakter des Lehmbodens gegeben.