Bisexuell
(lat.), beide Geschlechter habend, hermaphroditisch (besonders von Pflanzen).
(lat.), beide Geschlechter habend, hermaphroditisch (besonders von Pflanzen).
s. Schmerle. ^[= (Cobitis L.), Gattung aus der Ordnung der Edelfische und der Familie der Karpfen (Cyprinoidei ...]
(spr. bischop), Henry Rowley, Komponist, geb. 1782 zu London, [* 2] machte seine Studien unter Leitung Francesco Bianchis und trat 1806 als Ballettkomponist zum erstenmal in die Öffentlichkeit. Drei Jahre später versuchte er sich auch mit einer Oper, und sein Erstlingswerk dieser Gattung: »The Circassian bride«, hatte so guten Erfolg, daß er sich von nun an ihr ausschließlich widmete. Von 1810 an war er eine Reihe von Jahren Musikdirektor des Coventgarden-Theaters, für welches er auch die Mehrzahl seiner Werke geschrieben hat; seit den 20er Jahren aber bethätigte er sich vorwiegend als Lehrer, anfangs an den Universitäten von Edinburg [* 3] und Oxford [* 4] (welch letztere ihm auch 1848 die Doktorwürde verlieh), später als Kompositionslehrer am königlichen Musikinstitut in London, woselbst er starb.
Bishops dramatische Werke, nicht weniger als 88 an der Zahl, danken ihren außerordentlichen Erfolg hauptsächlich der geschickten Kombination originaler Erfindung mit beliebten Motiven älterer Kompositionen, namentlich englischer Volksmelodien. Können sie in diesem Sinne nur zur Hälfte als das geistige Eigentum ihres Autors gelten, so war derselbe darum doch vom englischen Publikum nicht weniger geliebt und geehrt; vielmehr wurden ihm nach und nach die höchsten musikalischen Ehrenstellen zu teil. Bei der Gründung der Philharmonischen Gesellschaft wählte man ihn zu einem der Direktoren; während mehrerer Jahre dirigierte er die Konzerte der Gesellschaft für alte Musik, dann wurde er zum Musikdirektor der Königin und endlich (1842) von dieser zum Baronet ernannt.
and his Clerk (spr. bischŏp änd), Inselgruppe, s. Macquarie.
Auckland [* 5] (spr. óckländ), Stadt in der engl. Grafschaft Durham, auf einer Anhöhe am Wear gelegen, hat einen großen Marktplatz, einen alten Palast des Bischofs von Durham, eine Lateinschule und (1881) 10,087 Einw. Die 1388 erbaute Brücke [* 6] steht auf römischen Pfeilern.
Stortford, Stadt in Hertfordshire (England), am Stort, nordöstlich von Hertford, hat (1881) 6704 Einw. und sehr wichtige Malzdarren, Korn- und Viehmärkte.
(spr. -sinjā-), Stadt in der unterital.
Provinz Cosenza, in herrlicher Lage auf einem Hügel am Crati, an der Eisenbahn Buffaloria-Cosenza, Bischofsitz mit Kastell, einer Kathedrale mit schönem gotischen Portal, einem Seminar und (1881) 3906 Einw.;
Von Bisignano haben die Sanseverini den Fürstentitel.
(franz.), eine Art kleines, rundes, den Makkaroni ähnelndes Zuckerbrot, welches sich in der Provence einer großen Beliebtheit erfreut.
Namentlich die Biskotten von Aix sind bekannt.
(Biscara), Stadt in Algerien, [* 7] Provinz Konstantine, am Südabhang des Aurêsgebirges und dem Wad Biskra, besteht aus sieben mit Mauern umgebenen Berberdörfern (Kjurs) und dem französischen Quartier mit dem Fort St.-Germain und zahlt 7000 Einw., darunter 300 Europäer. Die Oase wird im Winter vom Wad Biskra, im Sommer durch Quellen bewässert und zählt 150,000 prächtig gedeihende Dattelpalmen nebst 5000 Ölbäumen. Das Klima, [* 8] im Sommer sehr heiß, im Winter ebenso mild, zieht eine jährlich wachsende Zahl von Winterkurgästen aus Paris an. [* 9] Biskra war schon zur Römerzeit bekannt, führte den Namen Zaba und war in der christlichen Zeit Sitz eines Bischofs; später unter den Mauren wurde es eine sehr bedeutende Stadt, die 1663 durch die Pest 71,000 Menschen verlor.
[* 10] (franz., ital. Biscotto, vom mittellat. biscoctus, »zweimal gebacken«, s. v. w. Zwieback), Gebäck aus Mehl, [* 11] Eiern, Butter, Zucker [* 12] und Gewürzen, welches namentlich in England in außerordentlicher Mannigfaltigkeit (Fancy-Biskuit) hergestellt wird und einen wichtigen Handelsartikel bildet. In neuerer Zeit haben die englischen Biskuits (Cakes) auch in Deutschland [* 13] weitere Verbreitung gefunden. Unter dem Namen Kleberbiskuit findet man häufig ein Gebäck aus Kleber, Zucker und etwas Mehl.
Zur Herstellung dieser Ware werden die Materialien in einer Knetmaschine in einen festen Teig verwandelt, den man wiederholt zwischen Walzen hindurchgehen läßt, um schließlich eine lange, gummiartige Platte zu erhalten. Diese bringt man auf die Egalisier- und Ausstechmaschine, welche zunächst ihre Stärke [* 14] reguliert und sie dann auf endlosen Tüchern einem Apparat mit zahlreichen Ausstechern zuführt. Jeder Hub der Maschine [* 15] liefert Dutzende von Biskuits, welche die Maschine selbstthätig auf Bleche ablegt, während die Teigreste wieder auf ein endloses Tuch gelangen und entfernt werden. Auf den Blechen passieren die Biskuits langsam den langen Backofen, aus dessen hinterm Ende sie fertig gebacken in Kisten fallen. Zu den weichen Biskuits (Queens) wird der Teig aus einer Spritze in Form eines Stranges herausgepreßt und durch einen Mechanismus in Scheiben zerschnitten. - In der Thonwarenindustrie bezeichnet man mit Biskuit zweimal gebranntes, unglasiertes, besonders zu Figuren verwendetes Porzellan.
Gemeinde im preuß. Regierungsbezirk Oppeln, [* 16] Kreis [* 17] Zabrze, am Beuthener Wasser, mit kathol. Kirche, Steinkohlenbergbau und (1880) 6276 Einw. Dazu gehörig das bedeutende Eisenwerk Borsigwerk.
(spr. -li), altes Städtchen in Gloucestershire (England), 6 km östlich von Stroud, mit (1881) 5168 Einw. und Tuchweberei.
Hauptstadt des nordamerikan. Territoriums Dakota, an der Nord-Pacificbahn, die hier den Missouri überschreitet, mit (1883) 5000 Einw.
ein 1872 von K. Mauch im Innern Südafrikas entdeckter und benannter zweikuppiger Berg unter 32° 46' östl. L. v. Gr. und 17° 20' südl. Br. im Lande der Batonga.
Südlich davon der Moltkeberg, zwischen beiden das große »Kaiser Wilhelm-Goldfeld«.
Höhenangaben über beide Berge fehlen.
Otto Eduard Leopold, Fürst, Kanzler des Deutschen Reichs und preuß. Ministerpräsident, geb. auf dem Familiengut Schönhausen in der Altmark aus einer altadligen Familie, welche schon im 13. Jahrh. in dem Städtchen Bismark angesessen und von da nach dem benachbarten Stendal [* 18] übergesiedelt war. Rule (Rudolf) von Bismarck wird 1309 als Altmeister der Gewandschneidergilde von Stendal erwähnt; dessen Sohn Klaus zeichnete sich im Dienste [* 19] des Erzbischofs Dietrich Kagelwid von Magdeburg [* 20] und des Markgrafen Ludwig des ältern von Brandenburg [* 21] aus und wurde von letzterm 1345 mit der Herrschaft Burgstall belehnt. Diese vertauschte die Familie 1562 mit Crevese, Schönhausen und andern Besitzungen, die jedoch zum größten Teil im Lauf der Zeit verloren gingen. Aus der Familie Bismarck, von der einige Zweige den Freiherrn- und Grafentitel erlangten, gingen eine stattliche Zahl von Offizieren und auch zwei Minister (der ¶
Justizminister Levin Friedrich v. Bismarck, geb. 1703, gest. 1774, und dessen Sohn, der Finanzminister August Wilhelm v. Bismarck, geb. 1750, gest.
1783) hervor. Bismarcks Vater Karl Wilhelm Ferdinand v. Bismarck (geb. gest. 1845) nahm als Rittmeister seine Entlassung aus der preußischen Armee, um seine Güter Schönhausen sowie Kniephof, Külz und Jarchelin in Pommern [* 23] zu bewirtschaften; er vermählte sich 1806 mit Luise Wilhelmine Mencken, der Tochter des Kabinettsrats Mencken, einer schönen, geistig bedeutenden Frau (gest. 1839), welcher Ehe sechs Kinder entsprossen, von denen Bismarck das vierte war, und von denen außer diesem nur noch ein älterer Bruder, Bernhard, Landrat in Naugard, und eine jüngere Schwester, Malwine, Gemahlin des Kammerherrn v. Arnim-Kröchelndorf, am Leben sind.
Otto v. Bismarck besuchte zuerst 1821-27 die Plamannsche Erziehungsanstalt, 1827-30 das Friedrich-Wilhelms-Gymnasium und 1830-32 das Graue Kloster in Berlin [* 24] und bezog Ostern 1832 die Universität Göttingen, [* 25] wo er drei Semester zwar das Studentenleben gründlich genoß und dem juristischen Fachstudium wenig Zeit widmete, aber doch mit lebhaftem Geist seine Kenntnisse und seine Anschauungen bereicherte. Nachdem er in Berlin eifrigen Privatstudien obgelegen, bestand er Ostern 1835 das Auskultatorexamen und arbeitete am Berliner [* 26] Stadtgericht, bis er 1836 zur Verwaltung überging und nach Aachen [* 27] versetzt wurde. Nachdem er das zweite juristische Examen gemacht, ward er 1837 als Referendar bei der Potsdamer Regierung beschäftigt und trat Ostern 1838 bei dem Gardejägerbataillon als Einjährig-Freiwilliger ein, ließ sich aber im Herbst zum 2. Jägerbataillon nach Greifswald [* 28] versetzen, um zugleich in Eldena Landwirtschaft zu studieren. Denn da sich sein Vater nach dem Tode der Mutter nach Schönhausen zurückzog, sollte er mit seinem Bruder Bernhard gemeinschaftlich die Verwaltung der etwas in Verfall geratenen und verschuldeten pommerschen Güter übernehmen.
Als der Vater starb, erhielt Bismarck Kniephof und das durch den Verkauf der größern Hälfte sehr verkleinerte Gut Schönhausen, wo er fortan seinen Wohnsitz nahm und zum Deichhauptmann und zum Abgeordneten in den sächsischen Provinziallandtag gewählt wurde. In dieser letztern Eigenschaft ward er auch 1847 Mitglied des Vereinigten [* 29] Landtags.
Auch Bismarck erkannte, daß Preußen [* 30] den wichtigen Schritt, sich eine freiere politische Verfassung zu geben, thun müsse. Indes war bei ihm der altpreußische Patriotismus doch das vorherrschende Gefühl, und dem gab er 17. Mai bei seinem ersten Auftreten in einer parlamentarischen Versammlung entschiedenen Ausdruck, indem er gegen die liberale Behauptung, daß politische Freiheit das Ziel der Befreiungskriege 1813-1815 gewesen sei, Einspruch erhob und unter dem Murren der Versammelten nur die Befreiung von der Fremdherrschaft als Beweggrund des Volkes gelten lassen wollte.
Auch bei andern Gelegenheiten trat er den landläufigen liberalen Ansichten und Forderungen mit keckem Übermut entgegen, indem er die unabhängige Stellung des Königtums und die Freiwilligkeit seiner Zugeständnisse wahrte, sich gegen die Zulassung von Juden zu öffentlichen Ämtern erklärte und dabei bekannte, daß er allerdings der von den Liberalen als finster und mittelalterlich bezeichneten Richtung angehöre, dem großen Haufen, der noch an Vorurteilen klebe.
Den hierdurch erworbenen Ruf eines ultrakonservativen Junkers befestigte er noch durch sein Auftreten in der zweiten Session des Vereinigten Landtags im April 1848, wo er, die Niederlage des preußischen Königtums und der bisher herrschenden Stände beklagend, gegen die vom Landtag beschlossene Dankadresse stimmte, und durch manche Äußerungen seines Ingrimms gegen das damalige Treiben in Berlin, wie die, »daß die großen Städte als Herde der Revolutionen vom Erdboden vertilgt werden müßten«. Er ward daher auch erst nach dem politischen Umschwung Ende 1848 in die Zweite Kammer gewählt, welche 1849 zusammentrat.
Auch hier opponierte er sowohl den demokratischen als den nationaldeutschen Tendenzen. Die 1849 beschlossene Reichsverfassung ließ nach seiner Meinung der Monarchie zu geringe Macht; wenn es sich nicht selbst gefährden wollte, müßte Preußen den Deutschen befehlen, welches ihre Verfassung sein solle, und dazu sich erst durch Wiederherstellung eines starken Königtums, innerer Eintracht und kräftiger Wehrfähigkeit tüchtig machen, bis dahin aber mit Österreich [* 31] in Gemeinschaft handeln. Er bekämpfte daher auch die Radowitzsche Unionspolitik im Erfurter Parlament und verteidigte in der preußischen Zweiten Kammer sogar die Olmützer Übereinkunft. Die Bildung einer starken königstreuen Partei war sein Hauptziel, welches er auch durch Beteiligung an der »Kreuzzeitung« zu fördern bemüht war.
König Friedrich Wilhelm IV., der Bismarck persönlich schätzte und seine politischen Verdienste würdigte, ernannte ihn im Mai 1851 zum Legationsrat bei der Bundestagsgesandtschaft in Frankfurt [* 32] a. M. und 18. Aug. zum Bundestagsgesandten. Hier lernte Bismarck die Kläglichkeit und Unverbesserlichkeit des Deutschen Bundes kennen, die kleinliche Engherzigkeit, die Eifersucht, die Angst und Feigheit der Mittel- und Kleinstaaten und die ränkevolle, hinterlistige Politik des Österreich, wie es Fürst Felix Schwarzenberg wiederhergestellt hatte, und erkannte, daß Preußen bei ihnen nie auf treue, aufrichtige Freundschaft rechnen könne, daß es seine deutschen Bundesgenossen aber auch nicht zu fürchten habe.
In der That bewies die Achtung, die der junge, unerfahrene Diplomat sich selbst bei dem hochmütigen österreichischen Präsidialgesandten erzwang, daß Preußen eine ganz andre Stellung in Deutschland einnehmen könne, wenn es wolle, und Bismarck faßte in Frankfurt zuerst den Gedanken eines Zollvereinsparlaments und der Wiederaufnahme von Preußens [* 33] hegemonischen Bestrebungen. Im J. 1859 schien ihm der Augenblick gekommen, um Preußen von der Bevormundung Österreichs zu befreien und ihm eine gebietendere Stellung in Deutschland zu verschaffen. Er sprach es offen aus, daß Preußen Österreich nicht Vasallendienste leisten, nicht ihm den Krieg ohne Gegenleistung abnehmen solle. Indes das neue Ministerium Hohenzollern-Schleinitz wollte sich den Bundespflichten nicht ohne weiteres entziehen, und Bismarck ward daher von Frankfurt abberufen und als Gesandter nach Petersburg [* 34] versetzt. Der achtjährige Aufenthalt in der Bundeshauptstadt, der von vielen Reisen in das Ausland unterbrochen war, bezeichnete einen wichtigen Abschnitt in Bismarcks staatsmännischer Entwickelung.
In Petersburg blieb Bismarck drei Jahre, erwarb sich durch sein offenes, sicheres Wesen die Gunst des Kaisers und der Gesellschaft, auch die Gortschakows, als dessen Schüler er sich, um dem eitlen Mann zu schmeicheln, bezeichnete. Während er seinen Amtsgeschäften, der Erziehung seiner Kinder und dem Vergnügen der Jagd seine Zeit und Kraft [* 35] widmete, beobachtete er die Entwickelung der Dinge in Preußen und Deutschland mit scharfem Blick und überreichte 1861 in Baden-Baden [* 36] dem König Wilhelm I. eine Denkschrift ¶
über die deutsche Verfassungsfrage, welche denselben im Frühjahr 1862 nach Entlassung des Ministeriums der neuen Ära bewog, Bismarck nach Berlin kommen zu lassen. Indes trug er doch Bedenken, einem Mann von so ausgeprägter Parteirichtung, wie Bismarck zu sein schien, die Leitung des Ministeriums zu übertragen, das sich mit dem Landtag verständigen sollte, und ernannte ihn zum Gesandten in Paris. Indes da das neue Ministerium Hohenlohe-Heydt seine Aufgabe nicht nur nicht löste, sondern nach dem entschieden fortschrittlichen Ausfall der Wahlen im Sommer 1862 der Militärkonflikt sich noch verschärfte, so ward Bismarck schon im September von Biarritz nach Berlin berufen und als Staatsminister mit dem interimistischen Vorsitz im Ministerium beauftragt.
Die Lage in Preußen war eine schwierige, denn der König wollte die Reorganisation der Armee nicht rückgängig machen, das Abgeordnetenhaus protestierte gegen die definitive Durchführung derselben ohne Bewilligung der Mittel und wahrte sein Budgetrecht durch Absetzung der Mehrkosten im Militärbudget. Bismarck übernahm die Aufgabe, die Reorganisation zu sichern, und er hoffte es bei dem Abgeordnetenhaus dadurch zu erreichen, daß er in der Sitzung der Budgetkommission 30. Sept. sehr versöhnlich auftrat und auf die Notwendigkeit einer starken Rüstung [* 38] Preußens hinwies, da Deutschland nicht auf dessen Liberalismus, sondern auf seine Macht sehe und die großen Fragen der Zeit nicht durch Reden und Majoritätsbeschlüsse, sondern durch Blut und Eisen [* 39] entschieden würden.
Indessen diese »Blut- und Eisenpolitik« begegnete nur spöttischem Mißtrauen. Man sah in Bismarck nur den beschränkten Junker von 1848 und das gefügige Werkzeug der Reaktion, welche die konstitutionelle Verfassung vernichten und im Bund mit Österreich Deutschland knechten wolle. Die Erinnerung an die schwächliche deutsche Politik Friedrich Wilhelms IV. und auch Schleinitz' und Bernstorffs sowie der von der noch nicht überwundenen politischen Unreife des preußischen Volkes zeugende unüberwindliche Argwohn gegen alle Maßnahmen und Worte der Regierung ließen den Gedanken in der Opposition gar nicht aufkommen, daß Preußen sein Schwert wirklich einmal für die Einigung Deutschlands [* 40] ziehen werde; die überwiegende Mehrheit des Hauses wollte daher von der Anerkennung der Heeresreorganisation und ihrer Mehrkosten nichts wissen und nahm 7. Okt. einen Antrag an, welcher das Budgetrecht des Landtags voll und ganz wahren sollte.
Bismarck, der 8. Okt. zum Ministerpräsidenten und auswärtigen Minister ernannt wurde, verzichtete unter diesen Umständen auf jeden weitern Versöhnungsversuch und beschloß, nachdem das Herrenhaus das Budget des Abgeordnetenhauses verworfen hatte, ohne Budget zu regieren, den Widerstand des Landes aber dadurch zu überwinden, daß er die angekündigte deutsche Politik auch ohne Unterstützung der Volksvertretung verwirklichte. Dem Abgeordnetenhaus trat er fortan mit rücksichtslos offener Sprache [* 41] entgegen und erregte namentlich einen Sturm der Entrüstung durch die Darlegung seiner Ansicht, daß das Haus, indem es seinen Standpunkt einseitig festhalte und ein Kompromiß mit den andern gesetzgebenden Gewalten ablehne, einen Konflikt heraufbeschworen habe, Konflikte aber zu Machtfragen würden und wer die Macht habe, dann in seinem Sinn vorgehe.
Parlamentarische Streitpunkte, so über die Ausdehnung [* 42] der Disziplinargewalt des Präsidenten auf die Minister, welche Bismarck bestritt, erweiterten die Kluft zwischen dem Ministerium und dem Abgeordnetenhaus, scharfe Maßregeln, wie die Preßordonnanz vom und manche kleinliche Akte gegen liberale Behörden und Personen von seiten der teilweise unbedeutenden Kollegen Bismarcks verstärkten im Volk die Furcht vor der Reaktion und das Mißtrauen gegen die Regierung, so daß eine Versöhnung zwischen dem Ministerium und der Volksvertretung in der That unmöglich schien.
Inzwischen hatte Bismarck die Lösung der deutschen Frage in Angriff genommen. Bereits im Januar 1863 hatte er Österreich erklärt, daß es entweder die Leitung der deutschen Angelegenheiten mit Preußen freundschaftlich teilen, oder eines offenen Bruches gewärtig sein müsse. Österreich glaubte indes Preußen und Bismarck durch den Verfassungskonflikt so geschwächt, daß es im August 1863 den Versuch machte, auf dem Fürstenkongreß in Frankfurt eine neue deutsche Verfassung zu stande zu bringen, welche gerade dazu dienen sollte, Preußen zu majorisieren und seinen Interessen dienstbar zu machen. Bismarck vereitelte dies, indem er den König bewog, vom Kongreß fern zu bleiben, und offenbarte 15. Sept. als Ziel seiner deutschen Politik die Berufung einer deutschen Volksvertretung.
Aber mit dieser Aussicht auf die Erfüllung der 1849 gescheiterten Hoffnungen stieß er ebenso auf spöttischen Unglauben wie mit seiner schleswig-holsteinischen Politik 1863-64, die auf einem meisterhaften Überblick der Sachlage, der schärfsten Beurteilung der übrigen Mächte beruhte und durch den Erfolg glänzend gerechtfertigt ward, indessen nicht gelingen konnte, wenn ihr Ziel vorzeitig verkündet wurde; daher ward sie auch von den preußischen Liberalen nicht verstanden und gewürdigt und nicht zum Anlaß einer Versöhnung genommen.
Als der Wiener Friede und die Zurückdrängung des Augustenburgers wenigstens in Preußen mehr und mehr die Überzeugung aufdämmern ließen, daß Bismarck Preußens Machtstellung vortrefflich gewahrt habe, erneuerte die Vertagung des Konflikts mit Österreich durch den Gasteiner Vertrag, den Bismarck, der Friedensliebe des Königs nachgebend, schloß, wofür er zum Grafen erhoben wurde, wiederum das Mißtrauen gegen die auswärtige Politik der Regierung, und der Verfassungskampf brach 1866 mit verschärfter Heftigkeit aus.
Indes bestärkte dieser neuere Zwist Österreich und die Mittelstaaten in ihrer Verblendung über Preußens Streitkraft und in ihrer Kriegslust und täuschte auch Napoleon III. über den voraussichtlichen Ausgang des deutschen Entscheidungskriegs, so daß er neutral blieb. Einen Bundesgenossen gewann Bismarck in Italien. [* 43] Im Volk wurde seine Politik natürlich vielfach heftig angefeindet; am machte ein Student Cohen, ein Stiefsohn K. Blinds, ein erfolgloses Attentat auf Bismarck. Große Mühe kostete es ihm, den König zum Krieg mit Österreich zu bestimmen.
Zum Glück scheiterten alle Vermittelungsversuche, die Bismarck nicht hindern konnte, an der Hartnäckigkeit der Gegner, welche nicht glauben mochten, daß Preußen diesmal Ernst machen werde. Aber Bismarck trieb die Politik in großem Stil. Am 9. April legte er dem Bundestag den Antrag auf Berufung eines deutschen Parlaments vor, am 10. Juni die Grundzüge einer neuen Bundesverfassung. Die Annahme des österreichischen Antrags auf Mobilisierung der nichtpreußischen Bundeskorps gegen Preußen wegen Verletzung des Bundesrechts in Holstein beantwortete er 14. Juni mit der Erklärung des Austritts aus dem Bunde. Die Ablehnung des preußischen Ultimatums durch Kurhessen, Hannover [* 44] und Sachsen [* 45] verurteilte diese ¶
Staaten zur Vernichtung. Am Krieg nahm Bismarck im Gefolge des Königs teil. Das in der Konfliktszeit scharf geschliffene Schwert Preußens bewährte sich auf dem Schlachtfeld in glänzendster Weise. Nachdem Sieg wollte Bismarck mit Österreich direkt Frieden schließen, dieses aber zog es vor, sich in die Arme Frankreichs zu werfen und dessen Vermittelung anzurufen, die Bismarck nicht ablehnen konnte. Er sah die Notwendigkeit ein, in der Ausbeutung des Siegs sich zu beschränken, und so setzte er gegen den König und dessen militärische Umgebung den Abschluß des Waffenstillstandes, die Integrität des österreichischen Gebiets (außer Venetien), die Schonung der süddeutschen Staaten durch und begnügte sich damit, das preußische Gebiet durch die Annexion Schleswig-Holsteins, Hannovers, Kurhessens, Nassaus und Frankfurts abzurunden und seine Hegemonie über Norddeutschland zu begründen; auch den Paragraphen über die Volksabstimmung in Schleswig [* 47] im Prager Frieden gestand er auf Verlangen Frankreichs zu. Dagegen wies er dessen Kompensationsforderungen von Rheingebiet entschieden zurück und verband die süddeutschen Staaten durch die geheimen Schutz- und Trutzbündnisse mit Norddeutschland.
Nachdem schon die Neuwahlen zum preußischen Abgeordnetenhaus die Anhänger der Regierung vermehrt und die glänzenden militärischen und diplomatischen Erfolge einen völligen Umschwung in der Volksmeinung hervorgebracht hatten, vollendete Bismarck die Versöhnung mit der Volksvertretung durch die Anerkennung des Budgetrechts derselben in der Forderung der Bewilligung der Indemnität für die budgetlose Verwaltung 1862-66. Er fand fortan in der größern Hälfte der bisherigen Opposition, der nationalliberalen Partei, wirksame Unterstützung.
Die ihm bewilligte Dotation verwendete er zum Ankauf der Blumenthalschen Herrschaft Varzin in Hinterpommern. Bei der Beratung der Verfassung des Norddeutschen Bundes zeigte er sich gegen die kleinern Staaten sehr loyal und erwarb sich das Vertrauen der Fürsten. Die Bestimmungen derselben verteidigte er im konstituierenden Reichstag 1867 mit großem Eifer und meist mit Erfolg, namentlich das allgemeine, direkte Wahlrecht für den Reichstag und die alleinige Verantwortlichkeit des Bundeskanzlers.
Der Welt gab er in der Luxemburger Frage 1867 einen unzweideutigen Beweis seiner Friedfertigkeit; er sah wohl den Krieg mit Frankreich voraus, das ihn fortwährend mit Anträgen eines Bündnisses und gemeinschaftlicher Annexionen behelligte, die er nicht annahm und nicht ablehnte, wollte aber jede Möglichkeit wahrnehmen, einen so blutigen Kampf zu vermeiden. Um Napoleon jeden Vorwand zu entziehen, vermied er auch alles, was den Eintritt der süddeutschen Staaten in den Bund beschleunigen konnte; selbst als sein Versuch mit dem Zollparlament 1868 scheiterte, übte er keinen Druck auf dieselben aus. Es gelang ihm so, wirklich den Krieg hinauszuschieben und die Ungeduld der französischen Politiker so zu reizen, daß dieselben endlich die spanische Thronkandidatur zum Vorwand einer Kriegserklärung nahmen, sich dadurch als Angreifer ins Unrecht setzten und sich ihrer Allianzen beraubten.
Durch seine Enthüllungen über Napoleons Absichten auf Belgien [* 48] in seinem Rundschreiben vom machte er die öffentliche Meinung in England Frankreich abspenstig. Er begleitete wiederum den König in den Krieg und leitete die auswärtige Politik vom Hauptquartier aus. Zur rechten Zeit verkündete er in den Rundschreiben vom 13. und 16. Sept. die Absicht und das Recht Deutschlands, sich gegen künftige französische Angriffe durch Verlegung der schutzlosen süddeutschen Grenze nach Westen und den Besitz der eroberten Rhein- und Moselfestungen zu sichern, und hütete sich wohl, den nationalen Standpunkt in seinen Verhandlungen mit den Franzosen über Gebühr zu betonen.
Fremde Einmischung in die Friedensverhandlungen wehrte er mit dem Hinweis ab, daß Deutschland den Krieg allein ausgekämpft, also auch das Recht habe, den Frieden allein abzuschließen. Die Verträge über den Eintritt der süddeutschen Staaten in das Deutsche Reich [* 49] brachte er in Versailles [* 50] zum Abschluß und scheute sich nicht, Bayern [* 51] beträchtliche besondere Zugeständnisse zu machen. Den Frieden von Frankfurt a. M. schloß er persönlich ab. Mit der Errichtung des Deutschen Reichs ward er zum Reichskanzler ernannt, in den Fürstenstand erhoben und ihm eine große Domäne in Lauenburg [* 52] mit dem Sachsenwald geschenkt.
Den neuerworbenen Reichslanden Elsaß-Lothringen [* 53] wendete er seine besondere Fürsorge zu, und alle diese betreffenden Maßregeln sind auf seine eigne Anregung erfolgt und von ihm selbst im Reichstag verteidigt worden. Hauptsächlich aber wurden seine Kräfte nach dem deutsch-französischen Krieg von dem Kulturkampf in Anspruch genommen, den er mit der ganzen ihm eigentümlichen Kraft und Energie führte, sobald die Zentrumspartei ihn durch Mobilmachung aller reichsfeindlichen Elemente unter klerikaler Fahne eröffnet hatte.
In den ersten Jahren trat er im Landtag mit mehreren bedeutenden Reden für die Sicherung des Staats gegen die päpstliche Anmaßung ein, zog sich freilich auch dadurch die heftigsten Angriffe seitens der Ultramontanen zu; machte sogar ein fanatisierter Böttchergeselle, Kullmann, in Kissingen [* 54] einen Mordanfall auf ihn. Die ungeheure Last der Geschäfte, die auf ihn drückte, die aufreibende Thätigkeit der frühern Jahre, die unaufhörlichen Anfeindungen, welche er auch von seiten früherer Parteigenossen erfuhr, seit er sich auf die Liberalen im Parlament stützte, besonders seit dem Arnimschen Fall, erschütterten seine Gesundheit so, daß er sich bis vom preußischen Ministerpräsidium entbinden und 1878 eine geregelte Stellvertretung einsetzen ließ.
Wiederholt bat er um seine Entlassung, die der König aber nicht bewilligte, da er sich nicht von ihm trennen zu wollen erklärte. Seine Aufenthalte in Varzin und Friedrichsruh zur Erholung dehnten sich daher oft auf mehrere Monate aus; im Sommer gebrauchte er meist in Kissingen die Kur. Sein unermüdlicher Geist schuf sich immer neue Aufgaben zur Verwirklichung seines Ziels, der Macht und Größe seines Vaterlandes, so das Reichseisenbahnprojekt, nach dessen Scheitern er den Ankauf der Bahnen in Preußen durch den Staat durchsetzte, und 1879 die neue Zoll- und Wirtschaftspolitik, in deren weiterer Verfolgung er mit den Nationalliberalen brach, worauf er, um die Ultramontanen zu gewinnen, den Kulturkampf aufhören ließ; auch übernahm er der wirtschaftlichen Reformen wegen das preußische Handelsministerium. An die neue Zollgesetzgebung, welche die Einnahmen des Reichs steigerte und manche Zweige der Industrie hob, schlossen sich soziale Reformen, welche durch Befriedigung der berechtigten Forderungen des Arbeiterstandes denselben vor dem verderblichen Einfluß der Sozialdemokratie bewahren sollten. Bismarck stieß hierbei allerdings auf Opposition bei den Liberalen. Er trug kein Bedenken, deren Schwächung und Spaltung zu befördern, ohne daß es ihm jedoch gelang, eine ¶
konservative Mehrheit im Reichstag zu stande zu bringen. Wegen der schroff oppositionellen Haltung der Fortschrittspartei mußte Bismarck sich daher auf das Zentrum stützen und diesem in dem kirchlichen Streit manche Zugeständnisse machen. Nur mit Mühe und nach langen Verhandlungen wurden das Krankenkassengesetz und das Unfallversicherungsgesetz im Reichstag angenommen, das Tabaksmonopol aber abgelehnt.
Die auswärtige Politik leitete Bismarck nach wie vor mit gewohnter Meisterschaft, so daß ihm die Nation in dieser Beziehung unbedingtes Vertrauen schenkte. Erhaltung des Friedens war sein Ziel, und während des russisch-türkischen Kriegs waren seine Bemühungen mit Erfolg darauf gerichtet und wurden dadurch anerkannt, daß Berlin 1878 zum Sitz des Friedenskongresses und Bismarck zum Präsidenten desselben erwählt wurde. Von Rußland wendete er sich mehr und mehr ab und Österreich zu, mit dem er im September 1879 ein Schutzbündnis schloß.
Dasselbe führte zu einer dauernden gemeinschaftlichen Aktion Deutschlands und Österreichs und ward 1883 erneuert. Es befestigte sich so, daß auch Italien sich ihm anschloß und Rußland seine Eifersucht unterdrückte. Selbst das Verhältnis zu Frankreich wußte Bismarck durch weise Mäßigung zeitweilig freundlicher zu gestalten. Gestützt auf das gute Verhältnis des Deutschen Reichs zu den Kontinentalmächten, unternahm es Bismarck 1884, deutsche Kolonien zu erwerben; den Widerstand Englands wußte er mit großer diplomatischer Kunst zu beseitigen.
Schwieriger war es, die klerikal-fortschrittliche Opposition gegen die Kolonialpolitik und den Plan, Dampferlinien nach den fremden Erdteilen zu subventionieren, im Reichstag zu überwinden. Um so mehr Beifall fand die erfolgreiche Thätigkeit Bismarcks auch auf diesem Gebiet bei den Mächten, wie der Verlauf der von Bismarck nach Berlin berufenen Congokonferenz bewies, und bei dem deutschen Volk. In seiner Gesundheit durch eine glückliche Kur gekräftigt, hielt Bismarck 1885 im Reichstag mehrere Reden über seine auswärtige und Kolonialpolitik, die im Volk einen mächtigen Widerhall hervorriefen. Der 70jährige Geburtstag Bismarcks wurde daher unter glänzenden Ovationen aus allen Teilen Deutschlands und allen Schichten der Bevölkerung [* 56] gefeiert; der Tag gestaltete sich zu einem allgemeinen Volksfest. Aus den reichen Erträgen der »Bismarckspende« wurde dem Reichskanzler das 1830 der Familie verloren gegangene Hauptgut Schönhausen geschenkt.
Bismarck ist von hohem Wuchse; sein markiger Körperbau, die hohe Stirn, die scharf ausgeprägten Gesichtszüge, der lebhafte Blick seiner unter den buschigen Brauen stark hervortretenden Augen lassen auch äußerlich die geist- und kraftvolle Persönlichkeit erkennen. Durch ritterliche Übungen hat er von Jugend auf seinen Körper gestählt; Reiten und Jagen waren stets seine liebste Erholung. Die körperlichen und geistigen Kräfte sind seinem Willen unterthan; auch in den Momenten der größten Erregung erscheint er ruhig und kalt, sein tiefes Gefühl und die Leidenschaftlichkeit seiner starken Natur kommen nur selten zum Durchbruch.
Als Redner hat Bismarck mit der Überfülle der ihm zuströmenden Gedanken zu kämpfen, oft scheint er in der Rede zu stocken, weil er sorgfältig abwägend die Worte auswählt, welche seinen Gedanken den genauesten Ausdruck geben und nicht mehr sagen, als er sagen will; deshalb machen seine Reden auf den Lesenden noch größern Eindruck als auf den, der sie hört. Ihre Wirkung reicht durch die Kraft der Gedanken und die oft durch den frischesten Humor gewürzte Anschaulichkeit der Darstellung weit über den Kreis hinaus, an den sie zunächst gerichtet ist.
Bismarcks Gemahlin, Fürstin Johanna von Bismarck, geborne v. Puttkamer, ist geboren. Der am geschlossenen Ehe sind drei Kinder entsprossen: Gräfin Marie, geb. seit 1878 vermählt mit dem Legationsrat Grafen Rantzau;
Graf Herbert, geb. Unterstaatssekretär im Auswärtigen Amt und oft zu wichtigen diplomatischen Sendungen verwendet, Mitglied des Reichstags, und Graf Wilhelm, geb. Landrat in Hanau. [* 57]
Vgl. Hesekiel, Das Buch vom Fürsten Bismarck (3. Aufl., Bielef. 1873);
L. Bamberger, Herr v. Bismarck (Bresl. 1868);
Vilbort, L'œuvre de M. de Bismarck (Par. 1869; deutsch, Berl. 1870);
Klee, Fürst und unsre Zeit (das. 1879);
v. Köppen, Fürst Bismarck, der deutsche Reichskanzler (Leipz. 1875);
Hahn, [* 58] Fürst Bismarck (Sammlung seiner Reden, Staatsschriften etc., das. 1878, 3 Bde.), und dessen kleinere Schrift »Zwanzig Jahre. 1862-82« (das. 1883);
M. Busch, Graf und seine Leute während des Kriegs mit Frankreich (Leipz. 1878, 2 Bde.);
Derselbe, Unser Reichskanzler (das. 1884);
W. Müller, Reichskanzler Fürst Bismarck (Stuttg. 1881);
v. Poschinger, Preußen im Bundestag (Leipz. 1882-1884, 4 Bde.);
»Bismarck nach dem Krieg« (anonym, das. 1883).
Eine vollständige Sammlung seiner Reden (seit 1847) gab Böhm (Stuttg. 1885),
die »Reden in den Parlamenten 1847-51« Riedel (2. Aufl., Berl. 1885) heraus. »Ausgewählte Reden Bismarcks 1862 bis 1881« erschienen (Berl. 1877-81) in 3 Bänden.
s. Neubritannia-Archipel. ^[= (s. Karte "Neuguinea"), deutsche Inselgruppe im westlichen Stillen ...]
Friedrich Alexander, Graf von, preuß. General, geb. zu Karlsburg in Vorpommern, erhielt seine Ausbildung im Kadettenkorps und trat 1835 als Sekondeleutnant in das Gardedragonerregiment. 1842 begleitete er den Prinzen Adalbert auf seiner Reise nach Südamerika, [* 59] und 1846-48 war er dem Prinzen Friedrich Karl während dessen Aufenthalts auf der Universität Bonn [* 60] als militärischer Begleiter beigeben. Am wurde er zum königlichen Flügeladjutanten ernannt, avancierte im Juli 1854 zum Major, im April 1857 zum Oberstleutnant, erhielt 1856 das Kommando der Leibgendarmerie, im Juli 1858 das des Gardehusarenregiments, dann, Ende Mai 1859 zum Obersten befördert, das der 5. Kavalleriebrigade in Frankfurt a. O. Im Juni 1864 zum Generalmajor ernannt, nahm er im Feldzug 1866 im Stab [* 61] des Generalkommandos des Kavalleriekorps der ersten Armee an den Gefechten und Schlachten [* 62] bei Liebenau, Münchengrätz, Gitschin, Königgrätz [* 63] und Blumenau teil und ward im Herbst zum Generalleutnant und Generaladjutanten und zum Kommandanten der Stadt Hannover ernannt, wo er unter schwierigen Verhältnissen die Ordnung aufrecht zu halten wußte. Im Januar 1868 erhielt er die Stelle eines Kommandanten von Berlin.
Von hier wurde er zum Generalgouverneur des Elsaß berufen, wo er durch Milde und Gerechtigkeit die Bevölkerung zu gewinnen suchte. Selbst streng kirchlich gesinnt, begünstigte er die Geistlichkeit in ihren Ansprüchen auf die Herrschaft über die Schule, leitete aber sonst mit vielem Takte den Übergang des Elsaß in deutsche Verhältnisse ein. Am von seinem Posten abberufen, zog er sich mit dem Rang eines Generals der Kavallerie auf seine Güter in Vorpommern zurück.
s. Azofarbstoffe. ^[= Teerfarbstoffe, welche ihrer Mannigfaltigkeit, Leichtigkeit der Darstellung und Farbenpracht ...]
Stadt im preuß. Regierungsbezirk Magdeburg, Kreis Stendal, an der Eisenbahn von ¶
Stendal nach Langwedel, mit Amtsgericht, evangelischer Kirche und (1880) 2099 Einw.
Friedrich Wilhelm, Graf von, württemb. Generalleutnant und Militärschriftsteller, geb. zu Windheim in Westfalen, [* 65] ward 1796 Kornett in hannöverschen Diensten, trat 1803 in nassauische, 1804 in englische Dienste und wohnte 1805 der Expedition nach Norddeutschland bei. 1807 trat er wieder in württembergischen Dienst. Im Feldzug von 1809 zeichnete er sich als Rittmeister bei Riedau aus, 1812 unter Ney namentlich in der Schlacht an der Moßkwa (Borodino). 1813 focht er an der Spitze eines württembergischen Chevauleger-Regiments bei Bautzen, [* 66] Dennewitz und Wartenburg.
Bei Leipzig [* 67] gefangen genommen, ward er nach dem Übertritt der Württemberger zu den Alliierten freigelassen und im Feldzug von 1814 dem Prinzen Adam von Württemberg [* 68] als Chef des Generalstabs beigegeben. Den Feldzug von 1815 machte er als Generalquartiermeister der Reiterei des Kronprinzen von Württemberg mit, ward dann Flügeladjutant des Königs, im April 1816 in den Grafenstand erhoben, nach Wilhelms I. Regierungsantritt mit der neuen Organisation der Reiterei betraut und 1819 Generalmajor. 1820 zum lebenslänglichen Mitglied der Kammer der Standesherren sowie zum Gesandten am Hof [* 69] zu Karlsruhe, [* 70] 1825 auch an den Höfen zu Berlin, Hannover und Dresden [* 71] ernannt, folgte er 1826 dem Ruf, an der neuen Organisation der dänischen Armee mitzuwirken. Im J. 1830 ward er Generalleutnant und Kommandant der Reiterei. 1835 lud ihn Kaiser Nikolaus von Rußland nach St. Petersburg ein, um die russische Kavallerie zu begutachten. 1848 in den Ruhestand versetzt, starb er in Konstanz. [* 72] Er wirkte für Vereinfachung der Bewegungen der Reiterei und ausgedehnte Verwendung derselben im Sicherheitsdienst und Nachrichtenwesen.
Von seinen Schriften sind hervorzuheben: »Vorlesungen über die Taktik der Reiterei« (Karlsr. 1818, 3. Aufl. 1826);
»System der Reiterei« (Berl. u. Posen [* 73] 1822);
»Felddienst der Reiterei« (Karlsr. 1820);
»Felddienstinstruktion für Schützen und Reiter« (das. 1821, 4. Aufl. 1835);
»Neues Schützensystem der Reiterei« (Stuttg. 1824, 2. Aufl. 1825);
»Reiterbibliothek« (Karlsr. 1825-31, 6 Bde.);
»Ideentaktik der Reiterei« (das. 1829),
sein bestes Werk;
»Die königlich preußische Reiterei unter Friedrich d. Gr.« (das. 1837);
»Aufzeichnungen« (das. 1847).
dän. Gewicht, = 12 Pfd. à 0,5 kg.
ein als Aufforderung oder Einladung üblicher Ausruf.
s. v. w. Wismutglanz. ^[= (Schwefelwismut, Bismutīn), Mineral aus der Ordnung der einfachen Sulfuride, kristallisiert ...]
Mineral aus der Ordnung der Karbonate, findet sich amorph, derb, eingesprengt, ist gelblichgrün, grau, strohgelb, schwach glänzend, undurchsichtig, Härte 4-4,5, spez. Gew. 6,12-6,27, besteht aus kohlensaurem Wismut Bi16CO11+aq.
Man kennt es von Ullersreuth in Schlesien, [* 74] Sparenberg im Vogtland, Schneeberg, Johanngeorgenstadt.
Bismutum hydrico-nitricum, subnitricum, nitricum praecipitatum, Magisterium Bismuti, basisch salpetersaures Wismut;
Bismutum metallicum, regulinisches Wismut;
Bismutum valerianicum, baldriansaures Wismut.
(ital.), die Notadresse bei Wechseln, s. v. w. al bisogno.
Wisent. ^[= ( Sund., Bonasus Wagn.), Untergattung der Wiederkäuergattung Rind (Bos L.), charakterisiert ...]
(Bißwunde), s. Wunde. ^[= (Vulnus), jede mechanische Trennung organischer Teile. Man unterscheidet nach der Art der verletzend ...]
(Bissau), portug. Fort an der Westküste Afrikas, unter 11° 51' nördl. Br. auf einer Insel an der Mündung des Geba, mit gutem Hafen, wird von etwa 600 Freien und 800 Sklaven bewohnt.
(Bissao), eine Gruppe von etwa 30 Inseln an der Küste Senegambiens, zwischen dem Kap Roxo und Kap Verga. Die Inseln bestehen vorherrschend aus Schlackenmassen und sind von zahlreichen Klippen [* 75] umgeben, im übrigen schön, überaus fruchtbar (Hauptprodukte: Baumwolle, [* 76] Indigo, [* 77] Reis, Wachs, Häute) und zum Teil dicht bevölkert, aber für Europäer ein höchst ungesunder Aufenthalt. Die Bewohner, Bissago oder Bijuga genannt, sind ein Negervolk, stark, kriegerisch und gute Schiffer. Portugal [* 78] besitzt die Inseln Bolama, Galinhas und Orango, welche dem auf der Insel Bolama (s. d.) an der Mündung des Rio Grande [* 79] residierenden Gouverneur von Portugiesisch-Guinea unterstellt sind. (S. Karte »Senegambien etc.«)
(Visaya), Volksstamm auf den Philippinen in Ostasien, bewohnt die Inseln Sámar, Léyte, Bohol, Cebu, Negros und Panáy nebst einigen kleinern, deren Gesamtheit in administrativer Hinsicht den Distrikt Bissaya mit 54,788 qkm (996 QM.) Areal und (1879) 2,094,982 Einw. bildet.
Die Bissaya gehören zur malaiischen Rasse, sind teils Mohammedaner, teils Heiden und nur zum Teil den Spaniern unterworfen.
Von den Tagalen auf Luzon unterscheiden sie sich eigentlich nur durch die geringere Kulturstufe, auf der sie stehen. Vgl. Philippinen.
Hermann Wilhelm, Bildhauer, geb. in Schleswig, bezog als Maler 1816 die Kopenhagener Akademie der Künste, ging aber einige Jahre später zur Bildhauerei über. Nachdem ihm 1823 die große goldene Medaille zu teil geworden, ging er in demselben Jahr nach Rom, [* 80] wo er sich unter Thorwaldsens Leitung ausbildete, von dessen Schülern in reinem Schönheitssinn und idealer Auffassung keiner dem Meister so nahe gekommen ist wie er. Seine Hauptwerke sind: die Walküre (1835), Narziß, Orest vor den Furien flüchtend (1851, beim Brande des Schlosses Christiansborg 1884 vernichtet), Philoktet (1856), Zug der Ceres und des Bacchus (ein Fries von 41 m Länge mit über 300 Figuren, im Rittersaal der Christiansborg zu Kopenhagen, [* 81] der bei dem Brande des Schlosses ebenfalls zerstört wurde), Moses der Gesetzgeber (1859, am Eingang der Frauenkirche zu Kopenhagen aufgestellt), die überlebensgroßen 18 Statuen, welche die sogen. Königintreppe des Schlosses Christiansborg zieren, die Viktoria auf dem Thorwaldsen-Museum, Apollon [* 82] Musagetes und Minerva in der Universitätsvorhalle zu Kopenhagen (1843) sowie nach Thorwaldsens Entwurf (1832-1834) Gutenbergs kolossale Statue und die zwei Basreliefs an dem Sockel der Statue in Mainz. [* 83] Auch fertigte er den Tapfern Landsoldaten bei Fredericia. Thorwaldsen übertrug ihm in seinem Testament sowohl die künstlerische Aufsicht über sein Museum als die Vollendung seiner nicht fertig gewordenen Werke. Seit 1850 Direktor der Akademie in Kopenhagen, starb er daselbst
Vgl. Plon, Le [* 84] sculpteur danois Wilhelm Bissen (2. Aufl., Par. 1871).
s. Petschenegen. ^[= (Petscheneger), wildes Nomadenvolk türkischen Stammes, von den Russen Petschenegi, von den ...]
(Bissahir), Landschaft, s. Baschahr. ^[= (Bissahir), Gebirgslandschaft im Himalaja, 8548 qkm (155 QM.) groß, mit etwa 90,000 ...]
Henriette von, geborne Krohn, Romanschriftstellerin, geb. zu Warin in Mecklenburg-Schwerin, verheiratete sich frühzeitig mit dem Leutnant v. Bissing, dem sie nach den verschiedenen Garnisonsplätzen folgte, bis er 1837 als Oberstleutnant seinen Abschied nahm und sich nach Nienburg [* 85] a. d. Weser zurückzog. Nach seinem Tod lebte sie in Anklam, [* 86] wo sie starb. Frau v. Bissing ist eine der begabtern ¶