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mit reichem plastischen Bilderschmuck. Mit den hervorragendsten Künstlern seiner Zeit (Leochares, Bryaxis, Timotheos u. a.) war er an der Ausführung des Mausoleions (Grabmal des Königs Mausolos von Karien) zu Halikarnassos beteiligt, dessen neuerdings ausgegrabene Reste jetzt dem Britischen Museum angehören. Von seinen Werken, denen ein hohes Pathos nachgerühmt wird, sind noch hervorzuheben ein Apollon [* 2] als Kitharöde, eine Bacchantin und eine große Statuengruppe, welche die Überbringung der von Hephästos [* 3] für Achilleus gefertigten Waffen [* 4] darstellte. Die Gruppe der Niobe (s. Tafel II, [* 1] Fig. 7) mit ihren Kindern wurde schon von den Alten bald ihm, bald dem Praxiteles zugeschrieben. Auch die berühmte Aphrodite [* 5] von Melos (s. Tafel II, [* 1] Fig. 6) hat man ihm zuschreiben wollen, doch ohne Wahrscheinlichkeit.
Neben Skopas steht der etwas jüngere Praxiteles von Athen [* 6] (380-340) als derjenige Meister, in welchem sich die neue Richtung der attischen Schule in ihrer ganzen Eigentümlichkeit am vollendetsten entwickelte. Jene Elemente einer schwunghaften Begeisterung, einer pathetischen Auffassungsweise, die bei Skopas hervortraten, machen bei ihm einer weichern Schwärmerei und einer zartern Sinnlichkeit Platz. Er vollendete das Ideal der Aphrodite, deren Reize er unverhüllt zur Anschauung brachte, und wußte in der Gestalt der Liebesgöttin den unmittelbaren Ausdruck der Liebe und schmachtenden Verlangens darzustellen. So war namentlich die berühmteste unter seinen Aphroditestatuen, die von Knidos, gearbeitet.
Auf gleiche Weise bildete er das Ideal des Eros [* 7] und in ihm die schönste Auffassung des menschlichen Körpers im Übergang des Knabenalters zu dem des Jünglings aus. Alle Vorzüge und Reize seiner Kunst treten uns in dem einzigen übriggebliebenen Originalwerk, der in Olympia gefundenen Marmorstatue des Hermes [* 8] mit dem Dionysoskind auf dem Arm, entgegen (s. Tafel III, [* 1] Fig. 4). An Skopas und Praxiteles und an ihre Richtung reiht sich die große Schar der übrigen Bildhauer an, welche das 4. Jahrh. hindurch den Ruhm der attischen Schule aufrecht erhalten. Die vorzüglichsten unter diesen sind: Leochares (Ganymed mit dem Adler [* 9] des Zeus), [* 10] Timotheos, Bryaxis (Sarapis), Silanion und die Söhne des Praxiteles, Kephisodotos der jüngere und Timarchos.
Der Schule von Athen steht auch in dieser Periode die sikyonisch-argivische des Peloponnes gegenüber. Ihre Eigentümlichkeiten beruhen auch jetzt noch auf ihrer ursprünglichen Richtung, die durch die Ausführung der Athletenbilder begründet ist, und in der es vornehmlich auf die fein durchgebildete Darstellung körperlicher Wohlgestalt und heroischer Kraft [* 11] abgesehen war. Doch macht sich auch hier die veränderte Richtung des künstlerischen Gefühls und Geschmacks bemerklich, sowohl in den Gegenständen selbst als in deren Behandlung.
Wirkliche Athletenbilder wurden jetzt seltener gefertigt; der schlichte Sinn, der sich in ihrer Errichtung ausgesprochen, genügte nicht mehr; die Zeit forderte Aufgaben, welche den Anschein einer größern Würde hatten, und so sind es die Standbilder einzelner Heroen und die idealisierten Darstellungen mächtiger Fürsten und ihrer Genossen, vor allen des großen Alexander und seiner Feldherren, welche an deren Stelle treten. Ebensowenig genügte das Bildungsgesetz, welches durch Polyklet eingeführt war.
Wie man sich in den Einzelheiten mehr den Formen der Natur anschloß und beispielsweise das Haar [* 12] naturalistisch treuer wiedergab, so bricht sich auch in Bezug auf die Proportionen mehr und mehr die Neigung für schlankere Verhältnisse Bahn, eine Entwickelung, die, von dem auch als Maler bedeutenden Euphranor vom Isthmus vorbereitet, ihren Abschluß durch Lysippos fand, den Zeitgenossen Alexanders d. Gr. und Hauptvertreter der jüngern peloponnesischen Kunst, dessen eigentümlicher Stil den weitreichendsten Einfluß ausübte.
Lysippos war ein Künstler von erstaunlicher Fruchtbarkeit und Vielseitigkeit, man schrieb ihm an 1500 Werke zu. Die bedeutendsten sind: die Turma Alexandri (das Geschwader Alexanders), aus 35 Statuen bestehend, der in Erz gearbeitete Zeus zu Tarent, ein Poseidon [* 13] zu Korinth [* 14] und verschiedene Darstellungen des Herakles, [* 15] daneben zahlreiche Ehrenstatuen siegreicher Athleten, denen auch der berühmte Apoxyomenos (Marmorkopie im vatikanischen Museum) beizurechnen sein wird. An Lysippos schloß sich eine zahlreiche Schule an, welcher einzelne noch erhaltene Meisterwerke von ausgezeichneter Schönheit (der sitzende Ares [* 16] Ludovisi, der betende Knabe in Berlin [* 17] u. a.) anzugehören scheinen.
Im Zeitalter Alexanders d. Gr. hatte die griechische Kunst ihren Ideenkreis ziemlich erschöpft. Für die verschiedenen Gestalten des griechischen Mythus, für die ideale Darstellung von Personen des wirklichen Lebens waren die Typen in einer Weise ausgebildet und festgestellt, daß der freien Erfindung (wollte man von der Bahn der Schönheit nicht geradezu ablenken) zunächst nur noch ein geringer Spielraum übrigbleiben konnte. Ebenso war die Meisterschaft der technischen Behandlung aufs vollständigste entwickelt.
Gleichwohl war die künstlerische Kraft noch keineswegs erloschen. Innerhalb der gezogenen Grenzen [* 18] war wenigstens zu mancherlei geistreichen Modifikationen noch Gelegenheit geboten, noch ließ sich auf eine stärkere Erregung und Erschütterung des Gefühls, auf die Darstellung einer noch bewegtern Leidenschaft hinarbeiten. Solche Zwecke zu erreichen, mußte denn auch die Meisterschaft der Technik in ihrem höchsten Glanz gezeigt werden. Aber indem man die frühern Leistungen der Kunst in ihrer einfachen Größe zu überbieten trachtete, konnte es nicht fehlen, daß dies Streben mehr oder weniger sichtbar ward, daß an die Stelle der frühern Naivität eine gewisse theatralische Berechnung trat, daß man anfing, die technische Meisterschaft als solche zur Schau zu tragen.
Mit dieser innern Umwandlung der künstlerischen Richtung standen die äußern Verhältnisse im Einklang. Indem die Kunst an die Höfe der Fürsten, die sich in das Reich Alexanders d. Gr. geteilt, hinübergeführt wurde, indem sie die Bestimmung erhielt, der orientalischen Pracht ihres Lebens zu dienen, mußte nicht minder das Streben nach äußerm Scheine, nach überraschender Wirkung, nach verlockendem Sinnenreiz sich geltend machen. Dennoch aber hatte die griechische Kunst aus den Ursprüngen ihrer Entwickelung eine solche Fülle von Gesundheit und Kraft in sich gesogen, daß sie auch in dieser Zeit trotz der eben berührten Mißstände noch immer im höchsten Grad bewundernswert erscheint. Als Hauptstätten der Kunst sind in dieser Periode, nachdem im eigentlichen Griechenland [* 19] die unmittelbare Einwirkung des Praxiteles und Lysippos ausgeklungen war, verschiedene Punkte der kleinasiatischen Küstenländer hervorzuheben.
Die Eroberungen Alexanders d. Gr. trugen die griechische Kultur in die weitesten Länder; aber im eigentlichen Griechenland traten die bisher herrschend gewesenen Kunstschulen in den Hintergrund. Wie die Grenzländer an politischer Macht zunahmen, wurden sie auch die Erben der künstlerischen Thätigkeit. Die ¶
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wichtigste Schule dieser Zeit ist die von Pergamon, [* 21] wo Isigonos, Phyromachos, Stratonikos und Antigonos thätig waren. Werke dieser Schule waren die umfangreichen Statuengruppen, die König Attalos zur Erinnerung an die Besiegung der Gallier auf der Burg von Athen aufstellte, Darstellungen mythischer Kämpfe (gegen Giganten und Amazonen), der Schlacht von Marathon und der Besiegung der Gallier selber, von welchen eine Anzahl Einzelfiguren in Venedig, [* 22] Neapel, [* 23] Rom [* 24] etc. erhalten sind. Dasselbe historische Ereignis gab der Schule auch Gelegenheit zur Schöpfung der Galliergruppe in Villa Ludovisi (s. Tafel II, [* 20] Fig. 10) und des sogen. sterbenden Fechters im Museum des Kapitols, während der Kampf der Götter gegen die Giganten von ihr nochmals in einem figurenreichen Fries behandelt wurde, der den kolossalen, würfelförmigen Unterbau eines auf der Burg von Pergamon errichteten großen Altars schmückte, und dessen gegenwärtig dem Berliner [* 25] Museum einverleibte Überreste von den Leistungen der Künstler von Pergamon den höchsten Begriff geben (s. Tafel III, [* 20] Fig. 5 u. 6). Auch auf Rhodus entwickelte sich eine treffliche Schule, welche durch zahlreiche Künstler vertreten war. Von den Werken derselben sind nur zwei auf uns gekommen. Das bedeutendere ist die herrliche Laokoongruppe im Vatikan [* 26] (s. Tafel II, [* 20] Fig. 8), von den Rhodiern Agesandros, Polydoros und Athenodoros gefertigt; das andre die Gruppe des sogen. Farnesischen Stiers in Neapel von Tauriskos und Apollonios aus Tralles in Karien (s. Tafel II, [* 20] Fig. 9). In dieser Zeit entstand auch das Original des berühmten Apollon von Belvedere (s. Tafel III, [* 20] Fig. 6) und einzelner uns nur durch römische Kopien bekannter Meisterwerke.
Mit dem allmählichen Untergang der griechischen Freiheit verfiel auch die Kunst im eigentlichen Griechenland. Um die Mitte des 2. Jahrh. v. Chr. sammeln sich eine Reihe griechischer, zumeist aus Athen gebürtiger Künstler in Rom, welche eine Renaissance der griechischen Kunst herbeiführten. Die daselbst sich bildende sogen. neuattische Schule brachte noch manches herrliche Werk hervor, so die Mediceische Venus zu Florenz [* 27] von Kleomenes (s. Tafel IV, [* 20] Fig. 5), den Torso des Herakles im Belvedere des Vatikans von Apollonios, den Farnesischen Herakles zu Neapel von Glykon (s. Tafel IV, [* 20] Fig. 8). Alle diese Werke sind mehr oder weniger freie Reproduktionen von Werken früherer Meister. Selbständiger tritt die kleinasiatische Kunst in Rom auf, wo besonders Agasias aus Ephesos [* 28] mit dem Borghesischen Fechter (s. Tafel IV, [* 20] Fig. 7) zu nennen ist.
Kleinasiate ist auch Archelaos von Priene, der Künstler der Apotheose des Homer. Eine eigentümliche Richtung, welche in akademischem Eklektizismus Formen der altertümlichen Kunst mit den mehr eleganten der römischen Zeit verquickte, verfolgte Pasiteles und seine Schule, aus welcher gleichwohl noch ein Werk von der Bedeutung der Gruppe des Menelaos [* 29] in Villa Ludovisi hervorging. Noch sind Arkesilaos, der Künstler der Venus Genetrix, zu erwähnen und Zenodoros, der den Koloß des Nero fertigte. Zu Augustus' Zeiten lebte der Steinschneider Dioskurides.
Den Übergang von der griechischen zur römischen Kunst bildete die der Etrusker. Sind auch die uns von ihnen erhaltenen Werke, namentlich die der Bildhauerkunst, [* 30] nicht frei von griechischem Einfluß, so finden wir doch das griechische Element auf so besondere Weise modifiziert und begegnen einzelnen Motiven so eigentümlicher Auffassung, daß wir die ursprüngliche Anlage es etruskischen Kunstgeistes zu erkennen vermögen. Der Stil gleicht im allgemeinen dem altgriechischen, ist aber häufig mehr oder weniger von orientalischen Elementen durchsetzt (s. Tafel I, [* 20] Fig. 15, Elfenbeinrelief aus Corneto).
Die umfassendste Thätigkeit der etruskischen Bildner gehört der Arbeit in Thon (namentlich der Fabrikation der verschiedenartigsten Gefäße) sowie dem damit in unmittelbarer Verbindung stehenden Erzguß und der Metallarbeit überhaupt an (s. Etrurien). Eherne Standbilder erfüllten die etruskischen Städte; das einzige Volsinii zählte deren an 2000, als es 265 v. Chr. von den Römern erobert ward. An den Statuen von menschlicher Bildung bemerkt man nur selten ein sorgfältiges Eingehen auf den natürlichen Organismus; es ist vielmehr meist etwas Befangenes, Ängstliches in der Gesamterscheinung dieser Statuen, was mehrfach noch die Nachwirkung altertümlicher Auffassungsweise erkennen läßt. Von größern plastischen Werken kennt man die in Arezzo ausgegrabene Chimära in Florenz, die kapitolinische Wölfin, zu welcher die säugenden Knaben jedoch erst im 15. Jahrh. zugefügt worden sind, den Mars [* 31] von Todi, den Knaben mit der Gans (s. Tafel IV, [* 20] Fig. 1), die Statue des Aulus Metellus u. a.
Die römische Bildhauerkunst.
Die Römer [* 32] waren von Haus aus kein künstlerisches Volk; aus ihrer Mitte sind auch nur wenige namhafte Künstler hervorgegangen. Dennoch erforderten die großen Städteanlagen, Tempel, [* 33] öffentlichen Plätze wie Privatbauten zur angemessenen Ausstattung bildnerischen Schmuck. Diesen lieferten zuerst die etruskischen Meister (Volcanius aus Veji wurde z. B. zur Anfertigung der Statue des kapitolinischen Jupiter nach Rom berufen) und ihre Zöglinge, später aber die griechischen Künstler.
Von der Nachblüte der griechischen Kunst in Rom war oben die Rede. Neben der griechischen Kunstrichtung und der Nachahmung derselben bildete sich aber auch eine eigentümlich römische Auffassung und Behandlungsweise der Bildhauerkunst. Dies römische Element besteht in einer unmittelbaren, frischen, derben Aufnahme der Erscheinungen und Verhältnisse des äußern Lebens; es faßt die Gestalten des Lebens, wie sie sind, mit scharfer Naturwahrheit und mit feiner und sorglicher Individualisierung auf, aber es ist zugleich eine eigentümliche Größe darin, ein gemessener Ernst, eine männliche Würde, so daß sie vor dem Ausdruck der Gemeinheit bewahrt bleiben.
Die römische Kunst im engern Sinn hat nicht jenen idealen Hauch, der die Gebilde der griechischen Kunst erfüllt; sie führt den Beschauer auf die Erde und ihre vergänglichen Interessen zurück. Ihr eigentliches Feld ist die historische Darstellung und das Porträt. Die historische Darstellung entwickelte sich besonders in der Unterordnung unter die Architektur, so an Triumphbogen, Säulen [* 34] etc. Am bedeutendsten sind durch ihren Bilderschmuck die Bogen [* 35] des Titus (s. Tafel IV, [* 20] Fig. 14) und Konstantin (s. Tafel »Baukunst [* 36] VI«, [* 37] Fig. 7) und die Trajans- und Mark Aurels-Säule. Die höchste Blüte [* 38] der römischen historischen Bildnerei fällt unter Trajan; die Seele seiner Kunstunternehmungen war Apollodoros von Damaskus. Im Porträtfach wurde Vorzügliches geleistet. Zu dem Besten gehören die Augustusstatue des Vatikans (s. Tafel IV, [* 20] Fig. 10), die Statue des Balbus in Neapel (s. Tafel IV, [* 20] Fig. 11), die der ältern Agrippina (s. Tafel IV, [* 20] Fig. 12) des Kapitols und die schönen Frauenstatuen aus Herculaneum in Dresden. [* 39] Auch im Typus von Gottheiten stellte man Personen dar; ein schönes Beispiel davon ist die porträtartige Junostatue (s. Tafel IV, [* 20] Fig. 13) des Kapitols. Für das Privatleben wurden auch viele ¶
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griechische Werke kopiert, so daß uns manches untergegangene griechische Werk in römischer Kopie erhalten ist. In den Darstellungen der Sarkophage hat sich der griechische Einfluß am längsten erhalten. Eine rein griechische Reaktion trat unter Hadrian (117-138 n. Chr.) ein. Noch ein Ideal bildete die griechische Kunst, das des Antinoos [* 41] (s. d.), des Lieblings des Hadrian. Die schönsten uns erhaltenen Darstellungen desselben sind die Statuen des Vatikans und Laterans und das Hochrelief der Villa Albani. Charakteristisch für diese Zeit ist die Vorliebe für altertümliche Werke, deren Stil man gern für Gegenstände des Kultus verwendete, ohne imstande zu sein, die naive Ursprünglichkeit desselben zu erfassen und wiederzugeben. Infolge der Einführung fremder Religionen wurden auch die Typen fremder Gottheiten in römisch-griechische umgebildet, wie z. B. die Isisstatue des Kapitols (s. Tafel IV, [* 40] Fig. 15) zeigt. Um diese Zeit arbeiteten Aristeas und Papias die beiden Centauren des Kapitols in schwarzem Marmor (s. Tafel IV, [* 40] Fig. 9). Nach der Zeit der Antonine trat wieder die spezifisch römische Kunst in den Vordergrund, erreichte aber nie wieder die frühere Blüte, bis sie schließlich ganz in Verfall geriet, wovon uns der Bogen des Septimius Severus (193-211) u. ein Teil der Reliefs am Konstantinsbogen Beispiele geben. Das beste wurde immer noch im Porträt geleistet.
Die Bildhauerkunst des Mittelalters und der Renaissance.
Die altchristliche Kunst hat sich aus der antiken entwickelt, was besonders die Sarkophage nachweisen, von denen einer der schönsten der des Junius Bassus (s. Tafel V, [* 40] Fig. 2) ist. Derselbe Einfluß zeigt sich auch in den wenigen statuarischen Werken, von denen das wichtigste die große eherne Statue des heil. Petrus in der Peterskirche zu Rom (s. Tafel V, [* 40] Fig. 1) ist. Der byzantinische Stil, anfangs ebenfalls von der Antike ausgehend, wurde bald von orientalischen Einflüssen durchdrungen, erlangte aber keinen selbständigen Charakter und artete wegen Mangels an Ideengehalt in einen trocknen, starren Formalismus aus, welcher sich, getragen durch eine vorzügliche Technik, über das ganze Abendland verbreitete und lange Zeit die Herrschaft behauptete, bis die Innigkeit des germanischen Geistes und ein lebhafteres Naturgefühl zum Durchbruch kamen.
Die Bildnerei der romanischen Epoche wurde anfangs von der Malerei in den Hintergrund gedrängt, so daß sie bis in die Mitte des 12. Jahrh. sich fast nur auf die Kleinkunst beschränkte. Besonders sind die Elfenbeinreliefs zu beachten (Diptychon Ottos II. zu Paris). [* 42] Neben den Arbeiten in edlen Metallen tritt auch der Erzguß hervor (Domthüren zu Hildesheim [* 43] und Augsburg, [* 44] der eherne Löwe Heinrichs des Löwen zu Braunschweig). [* 45] Im 12. Jahrh. nimmt die Steinskulptur einen bedeutenden Aufschwung, indem sie mit der Architektur in Verbindung tritt. Der Einfluß der Antike erlosch fast ganz, aber es zeigen diese Werke trotz mancher Roheit und Plumpheit Lebensfrische und Naivität (Reliefs der Externsteine, s. Tafel V, [* 40] Fig. 3, in Westfalen; [* 46] Portale zu Hildesheim, Regensburg, [* 47] Chartres, Bourges, Le Mans, [* 48] St. Denis; Fassaden verschiedener italienischer Dome, z. B. Ferrara, [* 49] Verona). [* 50] Die Skulpturen zu Wechselburg und die der goldenen Pforte des Doms zu Freiberg [* 51] (s. Tafel V, [* 40] Fig. 4 u. 5) bezeichnen den Übergang zur gotischen Epoche. In dieser drängt sich in der Auffassung die Empfindung in den Vordergrund, welche sich allmählich bis zur Sentimentalität steigert.
Der Marienkultus und die Frauenverehrung führten besonders zur Darstellung weiblicher Anmut, welche auch häufig auf die Männer übertragen ist. In der äußern Erscheinung haben auch die Werke dieser Epoche die Unterordnung unter das Architektonische mit denen der vorigen gemein. Voran schreitet Frankreich mit seinen trefflichen Skulpturen an und in den Kathedralen zu Reims, [* 52] Paris, Amiens [* 53] und Chartres. Um 1400 treten besonders zwei Schulen aus den Niederlanden herbeigerufener Künstler in den Vordergrund: die Schule von Tournai und diejenige von Dijon [* 54] (Mosesbrunnen daselbst, s. Tafel V, [* 40] Fig. 7). In Deutschland [* 55] sind die Ausschmückungen der Dome zu Freiburg, [* 56] Straßburg [* 57] (s. Tafel V, [* 40] Fig. 6), Köln, [* 58] Bamberg [* 59] zu nennen.
Eine besonders reiche Thätigkeit entwickelte Nürnberg [* 60] (St. Lorenz, Frauenkirche, s. Tafel VI, [* 40] Fig. 1; der Schöne Brunnen [* 61] von Heinrich dem Balier, Tafel VI, [* 40] Fig. 2). Auch in England entstehen eine Reihe tüchtiger kirchlicher Skulpturen; weit wichtiger aber sind die dieser Zeit entstandenen Grabdenkmäler (Grabmal zu Chichester, s. Tafel V, [* 40] Fig. 8), von denen auch verschiedene sehr bedeutende Deutschland angehören (Peter v. Aspelt zu Mainz). [* 62] Erzguß, Elfenbein- und Holzschnitzerei waren ebenfalls in Übung. Unter den Werken der letztern Technik ist besonders der Hochaltar der Stiftskirche zu Oberwesel zu nennen.
In Italien [* 63] war die Bildhauerkunst im 11. und 12. Jahrh. sehr herabgekommen. Sie beschränkte sich auf eine rohe Nachahmung der Antike, bis Nicola Pisano (um 1205 geboren) wieder mit tiefem Verständnis in den Geist und die Formensprache der Antike eindrang. Seine Werke gehören zu den bedeutendsten Erscheinungen, welche die Kunstgeschichte aufzuweisen hat, und mit Recht kann man von ihm die Entwickelung der neuern Bildhauerkunst datieren. Angeregt durch die Antiken des Campo santo zu Pisa, [* 64] führte er den gewaltigen Umschwung herbei, welcher aber noch nicht gleich allgemein fortwirkte, wie groß auch die Wirkung auf seine Zeitgenossen gewesen sein mußte. Seine bedeutendsten Werke sind: das Relief der Kreuzabnahme im Dom zu Lucca, [* 65] 1233 (s. Tafel V, [* 40] Fig. 9), Figuren und Reliefs an der Kanzel im Baptisterium zu Pisa (1260) und an der Kanzel im Dom zu Siena (1266). Seine namhaftesten Schüler sind Fra Guglielmo d' Agnello und Arnolfo di Cambio, welche in seinem Stil weiterarbeiteten. Sein Sohn Giovanni (ca. 1250 bis ca. 1328) legte der mehr formalen Richtung des Vaters gegenüber den Hauptnachdruck auf den geistigen Inhalt und seelischen Ausdruck (Fassade des Doms zu Orvieto, Madonna del Fiore zu Florenz, s. Tafel VI, [* 40] Fig. 11). Seiner Richtung schloß sich eine große Anzahl von Nachfolgern an, deren Mittelpunkt Florenz bildete, wo der vielseitige Meister Giotto (1276-1336) wirkte.
Unter seinem Einfluß stand Andrea Pisano, dessen Hauptwerk die südliche Erzthür des Baptisteriums von Florenz ist. Sohn und Schüler des Andrea war Nino Pisano, ein Künstler, der sich durch anmutig zarte und feine Durchbildung auszeichnet. Andre namhafte toscanische Bildhauer des 14. Jahrh. sind: Cinello, Alberto di Arnoldo (um 1360), Niccolò Piero de Lamberti aus Arezzo, Andrea di Cione, genannt Orcagna (1329-1368). In Oberitalien [* 66] legte sich die Bildhauerkunst des 15. Jahrh. meist auf die Grabdenkmäler, und hierin weisen Ravenna, Venedig, Ferrara viele namhafte Künstler auf, darunter Pietro Lombardo und seine Söhne Antonio und Tullio, Lorenzo und Antonio Bregno u. a. Auch Unteritalien, besonders Neapel, nimmt am neuen Aufschwung teil (Andrea Ciccione). Die lombardische Kunst im 15. und 16. Jahrh. zeigt sich am besten an den Statuen und Reliefs der Kartause in ¶
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Pavia, wo namentlich neben vielen andern Antonio Amadeo und Andrea Fusina thätig waren. In Toscana macht sich das Streben nach formaler, auf die Gesetze der Antike gegründeter Durchbildung besonders bemerkbar. Als einer derjenigen Bildhauer, welche die auf bewußter Nachahmung der Antike fußende neue Kunstrichtung begründet haben, ist Jacopo della Quercia, aus der Gegend von Siena gebürtig (1374-1438), hervorzuheben. Er steht an der Grenzscheide zwischen dem ältern und dem modernen Stil der Kunst, aber mit großer Kraft weiß er dem letztern Bahn zu brechen.
Namentlich in der Anordnung der Gewänder entwickelt sich bei ihm auf der ältern Grundlage ein eigentümlicher großartiger Schwung; auch für das frische körperliche Leben zeigt er einen rege erwachten Sinn. Sein Hauptwerk ist das Hauptportal von San Petronio zu Bologna (s. Tafel V, [* 67] Fig. 10). Ein zweiter Hauptmeister der toscanischen Bildhauerkunst ist der Erzbildner Lorenzo Ghiberti aus Florenz (1381-1455). Seine frühern Arbeiten haben in den Hauptmotiven der künstlerischen Anlage noch wesentlich das Gepräge des gotischen Stils, nur daß dabei von vornherein eine größere Formenfülle und das Streben nach freier Entwickelung und Bewegung bemerkbar sind. In seinen spätern Werken tritt der Einfluß der Antike hinzu und bringt die anmutvollste und lauterste Umbildung der ursprünglichen Richtung, allerdings mit entschiedener Hinneigung zum malerischen Stil, zuwege. Sein bedeutendstes Werk sind die weltberühmten Bronzethüren (s. Tafel V, [* 67] Fig. 11) des Florentiner [* 68] Baptisteriums. An Ghiberti schließt sich zunächst in verwandtem, künstlerischem Sinn Luca della Robbia (geboren um 1400) an, der Marmor und Bronzearbeiten, besonders aber solche in gebranntem Thon, die er mit einem glasierten Überzug versah, lieferte.
Als dritter Begründer der modernen Kunst ist Donatello (1386-1468) anzuführen, bei welchem aber trotz eifrigen Studiums der Antike das Streben nach scharfer Charakteristik sich manchmal bis zum Häßlichen und Bizarren versteigt. Dessenungeachtet fand sein dem Zeitgeschmack entsprechendes Streben eine Menge Nachfolger, die aber die von ihm begründete Richtung zum Teil wiederum auf mannigfach eigentümliche Weise umzubilden wußten. Andrea Verrocchio von Florenz (1432-88), Schüler Donatellos, faßte das durch den letztern und seine Zeitgenossen eingeleitete Naturstudium mit großer Gründlichkeit und Tiefe auf und war durch die weitere Ausbildung desselben von bedeutender Einwirkung auf den Entwickelungsgang der gesamten toscanischen Kunst, welche ihren am meisten charakteristischen Ausdruck in der Porträtbildnerei gefunden hat. Unter den übrigen florentinischen Bildhauern, die als Schüler Donatellos genannt werden, sind Nanni di Banco (gest. 1430) und der Architekt Michelozzo Michelozzi zu erwähnen, dessen seltene Bildhauerarbeiten Streben nach zarterer Anmut erkennen lassen.
Dasselbe Streben, aber aufs liebenswürdigste durchgebildet und mit einer ansprechend weichen Ausführung vereint, steht man in den Werken des Antonio Rossellino. Derselben Richtung gehören Benedetto da Majano, Desiderio da Settignano und dessen Schüler Mino da Fiesole an. Letzterer trug durch seine vielseitige Thätigkeit viel zur Verbreitung des neuen Stils bei. In Lucca blühte Matteo Civitali (1435-1501, St. Sebastian am Dom zu Lucca, s. Tafel VI, [* 67] Fig. 12).
In der ersten Hälfte des 16. Jahrh. waren die Mittelpunkte der Bildhauerkunst Florenz und Oberitalien, denen sich sodann, wie früher, Neapel anschließt. Um den Beginn des 16. Jahrh. treten uns in Florenz vorerst zwei Meister entgegen, deren Arbeiten, in einer einfach schlichten Würde gehalten, den Anfang des neuen und freiern Strebens bezeichnen: Baccio da Montelupo und Benedetto da Rovezzano. Zu einer höhern Entwickelung führen die Kunst: Giovanni Francesco Rustici, ein Schüler des Andrea Verrocchio (Gruppe des predigenden Johannes zu Florenz; Pharisäer daraus s. Tafel VI, [* 67] Fig. 13), und Contucci, genannt Sansovino (gest. 1529), welcher sich wie Ghiberti zum malerischen Stil neigte.
Eins der schönsten seiner Werke ist die Bronzegruppe der Taufe Christi am Baptisterium zu Florenz (s. Tafel VI, [* 67] Fig. 14). Als dritter neben Rustici und Andrea Sansovino ist Michelangelo Buonarroti (1475 bis 1564) zu nennen. Die Bildhauerkunst hatte dieser Künstler zu seinem eigentlichen Beruf ersehen. Obgleich er von der Antike ausging, ist doch nicht Schönheit das Ziel seiner Kunst, sondern alles strebt dahin, seinen innersten Ideen, seiner leidenschaftlichen. Subjektivität Ausdruck zu verleihen. Seine Werke sind titanisch, sie überwältigen und reißen mit sich fort, ohne immer einen reinen Genuß zu bieten. Zu den vollkommensten gehören seine Pietà (s. Tafel VI, [* 67] Fig. 15) und sein Moses, außerdem die Mediceergräber zu Florenz.
Für die gesamte Bildhauerkunst der folgenden Zeit ist sein Vorgang entscheidend gewesen. Baccio Bandinelli (1487 bis 1559), obwohl ein persönlicher Feind Michelangelos, stand doch wesentlich unter seinem Einfluß, insofern er ein ähnliches Streben nach Großartigkeit zeigt, doch bereits in völlig manierierter Weise. Selbständiger ist Benvenuto Cellini (1500-1572), dessen Arbeiten aber in der Anordnung wie im Stil einen mehr dekorativen Charakter haben. Anziehende Entwickelungsmomente finden sich zu Anfang des 16. Jahrh. in der oberitalienischen Bildhauerkunst, vornehmlich im Gebiet von Venedig. Sie schließen sich im einzelnen der antiken Darstellungs- und Behandlungsweise sehr nahe an, wozu sie die Anregungen von Florenz her erhielten. Die Künstlerfamilie Lombardi wurde schon oben erwähnt. Antonio Begarelli aus Modena (Frauenkopf, s. Tafel VI, [* 67] Fig. 16) verfällt stark ins Malerische, während Jacopo Tatti, nach seinem Lehrer Sansovino genannt (1477-1570), seinen malerischen Stil, aber auch unter dem Einfluß Michelangelos, nach Venedig verpflanzte.
Die Hauptvertreter der Schule von Neapel sind Girolamo Santacroce und Giovanni da Nola. Unter den Schülern und gleichstrebenden Zeitgenossen des Jacopo Sansovino zu Venedig sind hervorzuheben: Danese Cattaneo, Girolamo Campagna, Alessandro Vittoria, Giulio dal Moro u. a. Unter den lombardischen Meistern des 16. Jahrh. sind der Erwähnung würdig: Agostino Busti, genannt Bambaja, von Mailand, [* 69] Marco Agrate und Christofano ^[richtig: Cristofano, meistens Cristoforo] Solario il Gobbo.
Der nordischen Bildhauerkunst mangelt in dieser Periode jene Größe und Würde der Formen, welche die italienische sich unter dem Einfluß der Antike anzueignen wußte. Dafür zeichnet sie sich aber durch lebensvolle, charakteristische Auffassung und kecke, realistische Darstellung aus. Am bedeutendsten tritt in dieser Epoche Deutschland hervor. Einer der hervorragendsten Meister war Adam Kraft (gest. 1507), der in seinen Werken das auf entschiedene Charakteristik und treue Lebenswahrheit gerichtete Streben der Nürnberger Schule befolgt und zwar in jener Schärfe und Herbigkeit der Behandlung, die zu seiner Zeit auch in der nürnbergischen Malerei hervortrat. Berühmt sind seine Stationen zu Nürnberg (s. Tafel VI, [* 67] Fig. 6 u. 7) und das Sakramentsgehäuse zu St. Lorenz daselbst. ¶
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Als ein bedeutender Künstler von verwandter Richtung ist Tilman Riemenschneider von Würzburg [* 71] zu nennen. Ungleich umfassender als im Bereich eines selbständigen Schaffens tritt uns die deutsche an denjenigen Werken entgegen, die sie in Verbindung mit der Malerei hervorgebracht hat. Dies sind vornehmlich die großen Altarwerke, deren Inneres in der Regel mit bemalter und vergoldeter Bildnerei (in Holz [* 72] geschnitzt) ausgefüllt ist, während das Äußere durch wirkliche Gemälde nicht selten aus mehrfach übereinander zu klappenden Flügeln gebildet wird.
Hier sind besonders die Altarwerke Michael Wohlgemuths in Nürnberg hervorzuheben. Als ein tüchtiger Bildschnitzer erscheint nach jenem in Nürnberg und in Krakau [* 73] Veit Stoß (1447-1542), der sich durch eigentümlich zarte, naive Anmut auszeichnete, die vornehmlich seinen weiblichen Gestalten ein anziehendes Gepräge verlieh. Sein Hauptwerk ist der Rosenkranz in St. Lorenz (s. Tafel VI, [* 70] Fig. 3). Im Rathaus zu Nürnberg ist die herrliche Madonna eines unbekannten Meisters (s. Tafel VI, [* 70] Fig. 4). Weiter sind als Bildschnitzer zu nennen die beiden Syrlin aus Ulm [* 74] und Hans Brüggemann, der Verfertiger des schönen Altars im Dom zu Schleswig. [* 75] In einer zum Teil wesentlichen Verschiedenheit von den stilistischen Eigentümlichkeiten der übrigen deutschen Bildnerei erscheint die Mehrzahl der deutschen Bronzearbeiten dieser Periode, namentlich derjenigen, welche durch Peter Vischer (gest. 1529) in Nürnberg und seine Familie geliefert wurden. Sein mit Hilfe seiner fünf Söhne ausgeführtes Hauptwerk ist das Sebaldusgrab zu Nürnberg. Im architektonischen Aufbau ist dasselbe gotisch; in den Figuren vermischt sich die italienische Formengebung mit der realistischen Charakterisierungsart des spätgotischen Stils (s. Tafel VI, [* 70] Fig. 8. u. 9).
In Frankreich bildet die Kathedrale von St. Denis mit ihren Königsgräbern den Mittelpunkt der Thätigkeit (Jean Juste: Grab Ludwigs XII.; Pierre Bontemps: Grab Franz' I.). In den Niederlanden drängt die Malerei die Plastik zurück. Dennoch finden sich einige tüchtige Meister (Jan de Baker: Monument der Maria von Burgund zu Brügge; treffliches Grabmal in St. Jakob daselbst, von einem unbekannten Meister). Der Kamin des Justizpalastes zu Brügge ist ein Meisterstück der Holzdekoration. In England ward die Bildhauerkunst meist von Ausländern geübt. Besonders zu erwähnen ist der Gegner Michelangelos, Pietro Torrigiano (Grabmal Heinrichs VII. und seiner Gemahlin in Westminster). Auch in Spanien [* 76] entwickelt sich die Bildhauerkunst besonders an den Grabdenkmälern (Gil de Siloë und Berruguete).
In der italienischen Bildhauerkunst sehen wir in der zweiten Hälfte des 16. Jahrh. den Stil des Michelangelo vorherrschend, teils so, daß man demselben ganz in der Weise zu folgen sich bestrebte, wie er durch den Meister selbst vorgebildet war, teils so, daß man andre Schulrichtungen nach den Eigentümlichkeiten seines Stils umzuändern suchte. Als die bedeutendsten Bildhauer der erstern Klasse sind Montorsoli, Raphael da Montelupo, Guglielmo della Porta (gest. 1577), Vincenzio Danti (1530-75) und Bartolommeo Ammanati (1511-92) zu nennen.
Giovanni Bandini, genannt Giovanni dall' Opera, und Leone Leoni haben eine mehr zierliche Richtung, die sich besonders bei dem letztern zu einer eigentümlich feinen, aber doch in dem damaligen manierierten Zeitgeschmack befangenen Grazie entwickelt. Giovanni Bologna (1524-1608, aus Douai in Flandern) erscheint wiederum als Nachfolger Michelangelos, überragt indessen seine Zeitgenossen durch größere Mäßigung und ein feineres plastisches Formgefühl. Am bekanntesten sind sein Raub der Sabinerinnen (s. Tafel VI, [* 70] Fig. 17) und sein Merkur [* 77] (s. Tafel VI, [* 70] Fig. 18).
In der französischen Kunst entfaltete sich durch Benvenuto Cellinis Einfluß das in der Nationalität begründete Streben nach eigentümlicher Grazie und gesuchter Eleganz noch weiter, so daß es öfters in Manier ausartete. Da die künstlerischen Dekorationen des Schlosses Fontainebleau den Mittelpunkt der Kunstbestrebungen dieser Zeit ausmachten, so begreift man den gesamten Kreis [* 78] der Künstler, welche damals in Frankreich thätig waren, gewöhnlich unter dem Namen der Schule von Fontainebleau, deren Blüte der Mitte und der zweiten Hälfte des 16. Jahrh. angehört. Durch edle Anordnung, feinen Sinn und zarte, verständige Ausführung zeichnen sich aus: Jean Goujon (gest. 1572), der bedeutendste Meister dieser Zeit, Germain Pilon (gest. 1590), Jean Cousin (gest. 1589), Barthélemy Prieur, Pierre Francheville, Paul Ponce.
Die neuere Bildhauerkunst.
Zu Anfang des 17. Jahrh. raffte sich die Bildhauerkunst zu einem neuen Aufschwung empor. In ihrem Streben nach Leidenschaft und Effekt überschritt sie aber ihre Grenzen und verfiel vollends ins Malerische. Dieser neue Stil, welcher von Italien ausging, der Barockstil, beherrschte die Kunst fast zwei Jahrhunderte. Als Führer tritt Lorenzo Bernini (1598-1680) hervor. Es ist etwas Rauschendes, ekstatisch Bewegtes in seinen Gestalten und zugleich im Einzelnen der Behandlung eine Naturwahrheit, durch welche diese Glut des Gefühls dem Beschauer unmittelbar nahegerückt wird.
Aber die Begeisterung ist bei ihm kein freier Erguß des Innern, sondern sie erscheint wesentlich nur als eine Erhitzung des nüchternen Verstandes, und darum haben seine Darstellungen durchweg ein mehr oder weniger affektiertes Gepräge; zugleich treibt ihn sein Streben nach Naturwahrheit zu einer malerischen Behandlungsweise, in welcher sich die Gesetze des plastischen Stils völlig auflösen. Die Mehrzahl der Zeitgenossen folgte Berninis Spuren, so Alessandro Algardi (1598-1654), Francesco Mocchi (gest. 1646), Ercole da Ferrara u. a. Um so mehr ist es anzuerkennen, wenn Meister wie Stefano Maderna (1571-1636) und François Duquesnoy, genannt il Fiammingo, sich von seinem Einfluß frei zu halten wußten.
Eine ähnliche Richtung wie in Italien zeigt die Bildhauerkunst Frankreichs. Dort brachte sie am Hof [* 79] Ludwigs XIV. manches tüchtige Werk, besonders im Porträtfach, hervor, obgleich sich im allgemeinen das Theatralische, was noch durch das Zeitkostüm gefördert wurde, viel zu breit macht. Nicht ohne anerkennungswerte Energie zeigt sich diese Richtung zunächst in der berühmten Marmorgruppe des Pierre Puget (1622-94): dem Milon von Kroton, der von einem Löwen [* 80] zerrissen wird (im Louvre).
Tüchtige Arbeiter sind: François Anguier (1604-69), François Girardon (1628-1715) und Martin Desjardins (1640-94). Als Meister im Porträt ist besonders Antoine Coyzevox (1640-1720) zu nennen. Allmählich verirrt sich die in eine süßliche Zierlichkeit, als deren Hauptvertreter Frémin und die beiden Coustou zu nennen sind. Hervorzuheben ist noch Jean Baptiste Pigalle (1714-85), der Schöpfer des Denkmals für Moritz von Sachsen [* 81] in der Thomaskirche zu Straßburg.
In den Niederlanden erhielt sich während dieser Zeit ein kräftiger Natursinn, welcher von großem Einfluß auf Deutschland wurde (Quellinus' ¶
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Karyatide [* 83] am Rathaus zu Amsterdam, [* 84] s. Tafel VI, [* 82] Fig. 10). Hubert Gerhard und A. de Vries wirkten in Augsburg, P. de Witte nebst Gerhard in München. [* 85] Deutschland war durch den Dreißigjährigen Krieg verhindert worden, an der Entwickelung der Kunst besondern Anteil zu nehmen. Aber schon unter dem Großen Kurfürsten beginnt es sich wieder zu regen. Für seine Schöpfungen ließ er sich holländische Architekten und Bildhauer kommen. Von diesem Einfluß bestimmt, trat Andreas Schlüter (1662-1714) auf, gleich groß als Architekt wie als Bildhauer.
Tiefe Auffassung und kräftige, lebensvolle Darstellung treten uns in seinen Werken entgegen, unter denen das Denkmal des Großen Kurfürsten und die Masken [* 86] sterbender Krieger am Zeughaus in Berlin die bedeutendsten sind. In Wien [* 87] blühte Raphael Donner (1692-1741). Während der wieder erwachende Sinn für die höhere Aufgabe der Kunst auf der einen Seite zu einem innigern Anschluß an die Natur trieb, veranlaßte derselbe zugleich eine höhere geläuterte Auffassung der Natur, wie sie sich in den Werken aus der Blütezeit der griechischen Kunst kundgibt, zu deren Studium man sich jetzt zurückwandte.
Winckelmann brach durch sein tiefes Eindringen in den Geist der griechischen Bildhauerkunst dieser Richtung Bahn. Der Schwede Sergell und der Italiener Canova sind als die ersten Meister zu nennen, welche die Bildhauerkunst nach den Gesetzen, die sie den Werken des klassischen Altertums entlehnt, neu zu gestalten suchten. Namentlich hat Canova eine große Anzahl bewunderter Werke geschaffen, die jedoch, bei großer Vollendung der Technik, nicht ganz frei von italienischer Affektation und süßlicher Sentimentalität sind.
Bekannt sind seine Grazien, seine Venus sowie die Grabmäler Clemens' XIII. zu Rom und der Erzherzogin Christina zu Wien (s. Tafel VI, [* 82] Fig. 19). An diese reihten sich der Franzose Chaudet (1763-1810), die Deutschen Alexander Trippel (1774-93) und Dannecker (1758-1841). In der Individualisierung Vorzügliches leistend, gehören seine Büsten zu den besten der Neuzeit; von andern Werken ist namentlich Ariadne, als Bacchusbraut auf dem Panther reitend, bekannt. Alle aber überragt der Däne Thorwaldsen (1770-1844), dessen Werke das Gepräge klassisch reiner griechischer Erhabenheit und zugleich der anmutigsten idyllischen Zartheit an sich tragen.
Hauptwerke sind: Iason in London, [* 88] der Triumphzug Alexanders (s. Tafel VII, [* 82] Fig. 1 u. 2), die Basreliefs von Priamos und Achilleus, die Gruppe der Grazien, Ganymed den Adler tränkend, das Reiterbild des Kurfürsten Maximilian I. in München, die Schillerstatue in Stuttgart [* 89] u. a. War Thorwaldsens Hauptaugenmerk auf die formale Durchbildung gelenkt, so gebührt Gottfried Schadow (1764-1850) das Verdienst, zuerst wieder Wert auf eine tiefere Charakteristik gelegt zu haben (Denkmal des alten Dessauers und Zietens in Berlin, Luthers in Wittenberg). [* 90] In Deutschland bildeten sich später verschiedene Schulen in München, Berlin, Dresden und Wien aus. In München wirkten Konrad Eberhard (1768-1858), dessen Werke voll religiösen Ernstes sind, Johann Haller (1792-1826) und Ludwig Schwanthaler (1820-48), dessen zahlreiche Arbeiten von seinem unermüdlichen Fleiß und seiner reichen Erfindungsgabe zeugen. Stilvoll und einfach in der Form, ist er der eigentliche Schöpfer der romantischen Bildhauerkunst der Neuzeit; Werke: Kolossalstatue der Bavaria, Ausschmückung der Walhalla bei Regensburg (s. Tafel VII, [* 82] Fig. 4) u. a. Die gesamte Münchener Bildhauerschule wurde von ihm bestimmt; wir nennen besonders: E. Mayer (1796-1846), Johann Leeb (1790 bis 1863), A. H. Lossow (1805-74), F. Sanguinetti (1800-1870), Xaver Schwanthaler (1799-1854), Ludwig Schaller (1804-65), J. O. ^[Joseph Otto] Entres (1804-1870), F. Schönlaub (1805-83), Anton Sickinger (1807-73), M. Widnmann (geb. 1812), Halbig (1814-82), Brugger (1813-70), Fortner (1822-1862). Durch die großartigen Bauten in München hatten die dortigen Bildhauer vielfach Gelegenheit, nach allen Seiten hin zu wirken und die ihnen eigentümlichen Talente zu verwerten.
Leider aber artete diese Richtung in ein fabrikmäßiges Produzieren aus und gelangte nicht zur tiefern Auffassung der Form. Deshalb sind die Denkmäler Münchens im ganzen wenig erfreulich; zu den bessern gehört Widnmanns König Ludwig I. zu Pferde. [* 91] Bedeutenderes als in der Monumentalplastik leistete diese Schule in der kirchlichen Kunst. Als Erzgießer verdienen in München Stiglmayr und Miller, in Nürnberg Daniel Burgschmiet (1798-1859) erwähnt zu werden. In Berlin ist vor allen Christian Rauch (1777-1857) zu nennen, welcher der Bildnerkunst eine nationale Richtung gegeben hat, ohne sie der freiesten Bewegung nach allen Seiten zu berauben. Nach den Befreiungskriegen schuf er die Standbilder Blüchers, Scharnhorsts, Bülows v. Dennewitz, die Büsten von Goethe, Humboldt, Thorwaldsen u. a. Am bekanntesten sind außerdem das Denkmal Friedrichs d. Gr. (s. Tafel VIII, [* 82] Fig. 3), das Grabdenkmal der Königin Luise (s. Tafel VIII, [* 82] Fig. 1) und eine Reihe von Viktoriendarstellungen (s. Tafel VIII, [* 82] Fig. 2), deren Typus er geschaffen hat.
Neben Rauch ist Friedrich Tieck (1776-1851) zu nennen. Rauchs Schule ist eine sehr ausgebreitete und hat ihre Hauptvertreter in Berlin und Dresden (s. unten). In Frankfurt [* 92] wirkten: Karl Eduard Wendelstadt (1815-41; [* 82] Figur Afrika [* 93] an der Neuen Börse und Statue Karls d. Gr. auf der Brücke, [* 94] Büsten Liszts und Thalbergs), Zwerger, Eduard von der Launitz (1795-1869; Gutenbergdenkmal, Statuen am Börsengebäude etc.), v. Nordheim, zugleich Münzgraveur (gest. 1884);
in Stuttgart: Theodor Wagner, Schüler Danneckers und Thorwaldsens, Ludwig Hofer (Reiterstatue des Grafen Eberhard im Bart; Rossebändiger, s. Tafel VIII, [* 82] Fig. 7), Karl Kopp (geb. 1825), Joseph Kopf (geb. 1827);
in Wien: Joseph Klieber, Johann Schaller (1777-1842);
in Prag: [* 95] Joseph und Emanuel Max (Radetzkymonument);
in Hannover: [* 96] Ernst Bandel, der aus der Münchener Schule hervorgegangen ist (Hermannsdenkmal); [* 97]
in Hamburg: [* 98] O. S. Runge;
in Rom: Martin Wagner (1773-1858), der Schöpfer des Walhallafrieses und des Giebelfeldes der Münchener Glyptothek (s. Tafel IX, [* 82] Fig. 1), Heinrich Im Hof, H. A. G. Kümmel, Matthiä, Julius Troschel, Peter Schöpf, Karl Steinhäuser, Wittich, Achtermann u. a., über deren Leben und Werke die Spezialartikel näheres bringen.
Nach Rauchs Tod lebte die Tradition des Meisters in einer großen Schule fort, deren zahlreiche Vertreter Berlin zu der ersten Stätte moderner Bildnerei erhoben haben. F. Drake hat eine der acht Idealgruppen der Schloßbrücke gefertigt, welche Künstler der Schule nach einer Schinkelschen Idee schufen (s. Tafel VII, [* 82] Fig. 7). Am populärsten ist sein Friedrich Wilhelm III. im Tiergarten, gleich ausgezeichnet durch die schlichte Porträtgestalt des Fürsten wie durch die idyllischen Hochreliefs am Sockel (s. Tafel IX, [* 82] Fig. 2). Schievelbein (1817-67) hat sich durch einen Relieffries (Untergang Pompejis, in der Berliner Nationalgalerie) einen Namen gemacht. Bläsers (1812 bis 1874) Gruppe auf der Schloßbrücke: Minerva schirmt den Jüngling, der in die Schlacht stürmt ¶