Unfähigkeit ist jedoch der
Erwerb durch Stellvertreter eingeführt. Auch der Willensfähige kann den Besitz ebenso wie in eigner
Person durch Stellvertreter erwerben. Verloren wird der Besitz dadurch, daß das eine oder andre der beiden
Elemente (corpus und
animus), also das körperliche
Verhältnis zur
Sache oder der Besitzwille, zerstört und der entgegengesetzte
Zustand eingetreten ist. Dies ist aber in Beziehung auf das
Corpus die Unmöglichkeit, sich beliebig in den Zustand faktischer
Gewalt über die
Sache zu setzen, und hinsichtlich des Besitzwillens der
Wille, nicht mehr zu besitzen.
Bernhard von, schwed. Dichter, geb. zu
Stockholm,
[* 5] war der Sohn eines
Kaufmanns und Bergwerksbesitzers, von
dem er ein bedeutendes
Vermögen erbte, das er mit großer
Liberalität zur Unterstützung talentvoller
Künstler anwendete, während er selbst für seine öffentlichen
Dienste
[* 6] auf jede
Besoldung verzichtete. Ausgerüstet mit
Anlagen für
Malerei;
Musik und
Dichtkunst, wandte er sich vorzugsweise
der letztern zu. Wiederholt bereiste er das südliche
Europa,
[* 7] ward 1814 in der königlichen
Kanzlei angestellt, 1818 Protokollsekretär
und 1824, in welchem Jahr
er den großen
Preis der schwedischen
Akademie für sein Gedicht
»Sveriges anor« gewann, Privatsekretär
des
KronprinzenOskar. Seit 1826 geadelt, wurde er 1830
Direktor der königlichen
Bühne zu
Stockholm, gab
indessen 1832 diese
Stellung wieder auf, erhielt 1833 das
Amt eines
Hofmarschalls und wurde zugleich zum beständigen
Sekretär,
[* 8] später zum
Präsidenten der schwedischen
Akademie ernannt. Er starb Schon in seinen frühsten Gedichten (»Vitterhets
försök«, Stockh. 1818) trat das nationale
Element stark hervor, namentlich aber in dem erwähnten Gedicht
»Sveriges anor« (deutsch: »SchwedensAhnen«,
Lübeck
[* 9] 1838),
in welchem sein
Stil zugleich die größte Pracht entwickelte.
Noch
mehr Beifall als dieses fanden seine nationalen
Dramen, wie: »Erik den fjortonde« (1828),
»Gustaf
Adolf i Tyskland« (1838) u. a., die zwar einer streng durchgeführten
Handlung ermangeln, aber als historische Zeitbilder von großem
Interesse sind und ohne
Zweifel zu dem
Besten gehören, was die
schwedische Litteratur in dieser
Gattung besitzt.
Noch zu erwähnen sind seine »Vandringsminnen«, Reiseerinnerungen (Stockh.
1833-34, 2 Bde.),
und »Minnesbilder« (das. 1860-66, 2 Bde.);
ferner die »Minnesteckningar«, elegante und meisterhaft
dargestellte Charakterzeichnungen von verstorbenen Mitgliedern der
Akademie, und die durch dieselben Vorzüge ausgezeichneten
historischen Schilderungen von
Gustav III. (»Om Gustaf den tredje sa som konung och menniska«, das. 1860 ff.)
und
Karl XII.
(»Karl den tolfte«, das. 1868-69, 2 Bde.),
wenn dieselben auch eine strenge geschichtliche
Kritik nicht bestehen können. Seine dramatischen Werke
(»Dramatiska studier«) erschienen in 3
Bänden (Stockh. 1836-38) und wurden von
Öhlenschläger ins Deutsche
[* 10]
übertragen (Leipz.
1841-43, 3
Bde.). Die 1870 veröffentlichten Lebenserinnerungen
(»Lefnadsminnen«) des Dichters umfassen nur dessen
Jugend.
(spr. bäläh),Charles, franz. Sozialist, geb. 1794 in derBretagne, übernahm nach in
Paris
[* 11] erhaltener Vorbildung die Leitung des väterlichen
Geschäfts dort, siegte 1830 bei den
Wahlen über seinen legitimistischen
Gegenkandidaten und gehörte zur liberalen
Opposition. 1848 wieder in die
Kammer gewählt, stand er auf seiten der republikanischen
Partei und stimmte allein gegen den
Antrag, auf
Cavaignac die höchsteGewalt zu
übertragen.
BeimStaatsstreichLudwigNapoleons 1851 eilte er in seine
Heimat, um einen
Aufstand zu organisieren, erhielt aber nicht die nötige Unterstützung. 1864 gehörte
er zu den
Gründern der
Internationale und war 1871
Alterspräsident der
PariserKommune, zu deren ehrenwertesten Mitgliedern
er unbedingt zählte. Ihm verdankte die Banque de
France ihre Rettung. Er starb Anfang April 1878 in
Neuchâtel.
Beslay veröffentlichte: »Mes souvenirs 1830, 1848, 1871« (Par. 1872),
wertvoll für die Zeitgeschichte, und »La vérité sur
la
Commune« (das. 1877).
das
Einkommen, welches einem öffentlichen Beamten (des
Staats, einer
Gemeinde, einer
Korporation etc.) für
die ihm übertragene fortlaufende Dienstleistung verabreicht oder angewiesen wird. Nicht zur Besoldung ist
zu rechnen der
Lohn für einzelne Verrichtungen oder
Arbeiten, welche vermöge besondern
Vertrags oder Auftrags übernommen
und geleistet werden (z. B. für eine außerordentliche Kommissionsreise, für die Ausführung
eines bestimmten
Baues etc.), ebensowenig der für bloße Privatdienste bezogeneGehalt.
Auch gewisse Nebeneinnahmen und Vergütungen der Beamten, wie
Tage- und Meilengelder,
Servis, Wohnungsgeldzuschüsse, Pauschalsummen
für Büreaubedürfnisse,
Repräsentations-, Umzugs-, Fahrkosten u. dgl.,
gehören nicht zu der eigentlichen Besoldung. Dieselbe besteht jetzt zumeist in barem
Geld, indem die früher vielfach üblichen Naturalbezüge
zumeist beseitigt sind. Bei den Besoldungen der
Geistlichen kommen solche allerdings noch vielfach vor.
Die
Pfändung der Besoldung ist nur in gewissem
Umfang zulässig (s.
Pfändung).
derjenige
Geistes- und Gemütszustand, in welchem wir »bei
Sinnen«, d. h. des richtigen Urteilens (über
uns selbst und andres) und, soweit das
Wollen von unsrer Einsicht abhängt, des richtigen
Wollens fähig sind.
Ursache des
Gegenteils wird jeder Umstand, der uns »der
Sinne beraubt«, gänzliche oder teilweise
Bewußtlosigkeit unsrer selbst und der
Außenwelt (durch
Schlaf,
Ohnmacht, aber auch durch heftige
Gemütsbewegung,
Affekt, Selbstverblendung u. dgl.) erzeugt
und durch die gänzliche oder teilweise Vernichtung klarer Selbst- und Weltbeobachtung auch den leitenden Einfluß der Einsicht
auf den
Willen unmöglich macht. Je nachdem die
Gründe, welche das Aufhören der Besonnenheit herbeigeführt haben,
außerhalb der Möglichkeit des Willenseinflusses gelegene oder solche sind, die durch Hinlenkung der
Aufmerksamkeit und energische
Willensthätigkeit hätten vermieden werden können und sollen, wird der an die
Stelle der Besonnenheit tretende
Geistes- und Gemütszustand
als Besinnungslosigkeit oder als bloße Unbesonnenheit bezeichnet. Erstere hat das
Bewußtsein, letztere
nur »den
Kopf verloren«. Der Zustand der rückkehrenden Besonnenheit, d. h. des »zu
Sinnen« und damit zum klaren
Bewußtsein seiner selbst und der
Außenwelt Kommens, wird Besinnung genannt
¶
vom SchwarzenMeer, dem
Dnjestr und dem Pruth umschlossen, welch letzterer die Grenze gegen die Moldau u. Bukowina bildet, umfaßt 45,630,8 qkm (828,7
QM.). Der südliche Teil ist flaches, mit hohem Gras überwuchertes Steppenland, den nördlichen bedeckt
ein nicht hoher, bewaldeter Zweig der Karpathen. Bei Bender beginnen die aus verkrüppelten Eichen, wilden Obstbäumen und Dornengebüsch
bestehenden Steppengehölze, in welchen sich zahlreiche Wölfe sammeln. Im ganzen ist etwa ein Fünftel der Provinz unbrauchbares
Land, etwa ebensoviel ist Kulturboden, und fast die Hälfte bildet Weideland; 2808 qkm (51 QM.)
sind mit Wald bedeckt.
Außer den erwähnten Grenzflüssen sind der Kagilnik und der Jalpuch als Hauptflüsse des Landes zu nennen. Das Klima
[* 17] ist
im Sommer sehr heiß, namentlich im S., im Winter dagegen ziemlich streng; zuweilen dauert der Frost vom September bis März.
Aber trotz der häufigen Dürre und der gewaltigen Sommerhitze sind nach dem Regen die Ernten äußerst
ergiebig; nur die Weinernte wird nicht selten durch anhaltenden Herbstregen verdorben. Die Bevölkerung
[* 18] bezifferte sich 1881 auf
1,397,842 Seelen.
Die Industrie ist meist nur auf den Lokalbedarf berechnet. 1879 zählte man nur 130 Fabriken mit 894 Arbeitern und einem Produktionswert
von 2 Mill. Rubel. Nicht viel bedeutender ist der Handel, der durch mehrere gute Häfen, z. B. zu Kilia
und Akjerman, unterstützt wird und fast ausschließlich in den Händen der Juden und Armenier sich befindet. Bessarabien wird von einem
Zivilgouverneur, der unter dem Generalgouverneur von Neurußland steht, verwaltet. Die Hauptstadt Kischinew
[* 32] ist der Sitz einer
Diözese, zu welcher 1034 Kirchen und etwa 20 Klöster gehören. Eingeteilt wird in sieben Kreise
[* 33] (Tsenuts):
Kischinew, Bielzy, Chotin, Bender, Akjerman, Orgjejew und Soroki. - Bessarabien, von skythischen Nomadenstämmen bewohnt, kam 106 n. Chr.
als östlicher Teil von Dacien durch Trajan in lockere Abhängigkeit von Rom,
[* 34] ward im 3. Jahrh. von den Goten besetzt, in der
Völkerwanderung der Schauplatz verheerender Völkerzüge, von dem Stamm der Bessen (von denen es seinen
Namen führt), dann nacheinander von andern Völkern (Ugrern, Petschenegen, Kumanen etc.) besetzt.
Seit 1367 gehörte es zur Moldau und war dann abwechselnd im Besitz der Tataren und der Türken. Ein Zankapfel in den Kriegen
zwischen Rußland und der Türkei,
[* 35] wurde Bessarabien durch den Frieden von Bukarest
[* 36] mit Rußland vereinigt.
Da das Land sehr verwahrlost war, wurde von der russischen Regierung bestimmt, daß die großen Gutsbesitzer entweder ihren
Wohnsitz im Land nehmen, oder ihre Güter verkaufen mußten; so wurden letztere meist verkauft, wodurch eine
große Zahl kleinerer Besitzer ins Land kam, was zur Kultur desselben einiges beitrug.
BeimFrieden von Adrianopel 1829 kamen noch einige Annexe an Rußland, wodurch die Donaumündungen der Türkei verloren gingen.
Diese Annexe, ein Landstrich zwischen dem Pruth und Jalpuch und der südliche Teil bis zum Trajanswall, mit den FestungenIsmail und Kilia, etwa 202 QM. mit 180,000 Einw., wurden durch den
PariserFrieden vom an die Moldau zurückgegeben. In demBerliner
[* 37] Frieden von 1878 erhielt Rußland 9274 qkm (168,4
QM.) mit gegen 127,000 Einw. zurück.
Vgl. Nakko, Geschichte Bessarabiens von den ältesten Zeiten an (Odessa
[* 38] 1873).
geworden. Er starb auf der Rückkehr von einer wichtigen, aber erfolglosen Sendung nach Frankreich in Ravenna. Seine
Bibliothek, an griechischen Handschriften damals die reichste im Abendland, schenkte er noch bei Lebzeiten der Stadt Venedig;
[* 44] sie bildet den Kern der berühmten Marciana. Seine Schriften, teils lateinische Übersetzungen griechischer
Autoren, teils Streitschriften zur Verteidigung der PlatonischenPhilosophie sowie seines Glaubenswechsels, sind nur vereinzelt
im Druck erschienen; sie finden sich am vollständigsten als »Bessarionis opera
omnia« in Mignes »Patrologia graeca«, Bd. 161 (Par.
1866).
Vgl. Bandini, De vita et rebus gestis Bessarionis (Rom 1777), und Vast, Le
[* 45] cardinal Bessarion (Par. 1879).
(spr. -ssähsch), Stadt im franz. DepartementGard, ArrondissementAlais, an der Cèze und
der LyonerBahn, hat (1881) 10,052 Einw., bedeutenden Kohlen- und Eisenbergbau, Hochöfen, Eisenraffinierwerke und Glasfabrikation.
[* 47]
2) FriedrichWilhelm, der größte Astronom der Neuzeit, geb. zu Minden,
[* 50] widmete sich in Bremen
[* 51] dem Kaufmannsstand, verwandte hier alle freie Zeit auf das Studium der Mathematik und Astronomie,
[* 52] beobachtete vier Jahre auf
der Privatsternwarte von Schröter in Lilienthal, wurde 1810 nach Königsberg
[* 53] berufen und legte 1811-13 die dortige Sternwarte
[* 54] an, die 1819 mit Reichenbachschen Instrumenten von der höchsten Vollkommenheit versehen wurde. Mit diesen
Instrumenten, unter denen besonders das Heliometer
[* 55] bald weltberühmt wurde, stellte er Beobachtungen von noch heute unübertroffener
Schärfe an und bahnte überhaupt der astronomischen Beobachtungskunst neue Wege. Daneben war auch in den mathematischen
Theorien der Astronomie tief erfahren und Schöpfer ganz neuer Methoden. Kein Astronom der Gegenwart oder
Vergangenheit war in gleichem Grad wie Bessel Beobachter und Theoretiker zugleich. Er starb Zu seinen frühsten Schriften
gehören die Abhandlungen: »Über die wahre Bahn des 1807 erschienenen Kometen«
[* 56] (Königsb. 1810) und »Theorie der Störungen
der Kometen« (das. 1810). Sehr wichtig sind seine »AstronomischenBeobachtungen auf der Sternwarte zu Königsberg«
(Königsb. 1815-46, 21 Abtlgn., welche die Zeit
von 1815 bis mit 1835 umfassen; fortgesetzt von Busch),
nicht minder seine spätern Schriften: »Fundamenta astronomiae deducta
ex observationibus J.
^[James] Bradley« (Königsb. 1818),
»Darstellung der Untersuchungen und Maßregeln,
welche in den Jahren 1835 bis 1838 durch die Einheit des preußischen Längenmaßes veranlaßt worden sind« (das. 1839),
dieselbe bot die erste befriedigende
Lösung des berühmten Problems von der Parallaxe
[* 61] der Fixsterne.
[* 62] Zu den letzten und wichtigsten ArbeitenBessels gehört eine 1844 erschienene
Abhandlung, welche die genauesten Untersuchungen über die Veränderlichkeit der eignen Bewegungen gewisser Fixsterne enthält,
sowie eine biographische Skizze seines LehrersOlbers für die von dem Ärztlichen Verein zu Bremen herausgegebenen
»Biographischen Skizzen verstorbener bremischer Ärzte und Naturforscher«.
Bessels »Populäre Vorlesungen über wissenschaftliche
Gegenstände« wurden von seinem FreundSchumacher (Hamb. 1848) herausgegeben; seine »Abhandlungen«
(Leipz. 1876, 3 Bde.) und »Rezensionen« (das. 1878) hat R. Engelmann veröffentlicht. Seinen »Briefwechsel mit Olbers« gab A.
Erman heraus (Leipz. 1852, 2 Bde.),
denjenigen mit Gauß die BerlinerAkademie (Leipz. 1880).
geographical survey« schrieb Bessels den ersten Teil (»Physical
observations«) des dreibändigen Reisewerks der Polaris-Expedition: »Scientific
results of the United StatesArctic expedition« (Washingt. 1876) und »Die
amerikanische Nordpolexpedition« (Leipz. 1878). Zur Zeit lebt Bessels als Generalsekretär
der Smithsonian Institution in Washington.
[* 69]
Henry, Techniker, geb. 1813 in Hertfordshire als Sohn eines Landedelmanns, kam in seinem 18. Jahr
mit seinen Eltern nach London.
[* 70] Mit großer Neigung und Begabung für das Maschinenwesen ausgerüstet, konstruierte er eine
Maschine
[* 71] zur Herstellung von Bronzestaub, wie er zum Vergolden benutzt wird. Der große durch diese erste Erfindung erzielte
Gewinn machte es ihm möglich, sich ausschließlich Versuchen auf dem Gebiet der mechanischen Wissenschaften
zu widmen.
Die zahlreichen Patente, welche er nahm, beziehen sich unter anderm auf Verbesserungen in der Typengießerei, aus Eisenbahnbremsen,
Glasfabrikation und namentlich Eisen- und Stahlfabrikation. Seine bekannteste und wichtigste Erfindung, die des Bessemerprozesses,
kündigte er 1856 der British Assoziation an, zur Überraschung der wissenschaftlichen Welt und zum Schrecken
der Stahlfabrikanten in Birmingham;
[* 72] darauf folgte die Verwirklichung in großem Maßstab
[* 73] (vgl. Stahl). Er machte auch den Vorschlag,
Metalle unter erhöhtem Druck zu schmelzen, und konstruierte einen Schiffsalon, welcher, mit einer dem CardanischenRing ähnlichen
Vorrichtung versehen, sich auch bei unruhigem Wetter
[* 74] stets in unveränderter Lage erhalten und dadurch
die Seekrankheit verhindern sollte.
Unter FriedrichWilhelm I., welcher mit den überflüssigen Hofchargen auch die des Hofpoeten abschaffte, aller seiner Ämter
entsetzt, geriet er in die drückendste Lage, bis er 1717 als GeheimerKriegsrat und Zeremonienmeister nach
Dresden
[* 77] berufen wurde. Hier starb er Besser gehörte zu den höfischen Gelegenheitsdichtern seiner
Zeit; seine zahlreichen, mit mythologischem Prunk ausstaffierten Gelegenheitsgedichte waren matt und weitschweifig, seine
»galanten« Gedichte schamlos und widrig lüstern. Eine vollständige Ausgabe besorgte König (Leipz. 1732).
Eine treffliche Biographie Bessers findet sich in Varnhagen v. Enses »Biographischen Denkmalen«, Bd. 4 (3.
Aufl., Leipz. 1872).
(Korrektionsanstalten), öffentliche oder auch Privatanstalten, welche zur Aufnahme von Verbrechern
und verwahrlosten Personen bestimmt sind und zwar in der Weise, daß ihr Hauptzweck nicht Bestrafung, sondern Besserung derselben
ist. Dergleichen Anstalten sind entweder polizeiliche Besserungsstrafanstalten, welche neben der Bestrafung zugleich die
sittliche Besserung der Sträflinge erzielen (vgl. Arbeitshäuser), oder Wohlthätigkeitsanstalten für
sittlich gesunkene Individuen.
Überhaupt, wie Vagabunden, Trunkenbolde, Arbeitsscheue, liederliche Dirnen etc., sowie für entlassene
Sträflinge, die darin zur Arbeit angehalten werden und an eine geordnete Lebensführung gewöhnt werden sollen, oder Besserungs-
und Erziehungshäuser für verwahrloste jugendliche Individuen. Die erste Klasse dieser Besserungsanstalten gründete sich
auf die sogen. Besserungstheorie, nach welcher dem Staat obliegt, nicht allein für Strafvollstreckung, sondern auch für Besserung
des Verbrechers und Bewahrung desselben vor völligem sittlichen Untergang zu sorgen.
Bei weitem die größte Wichtigkeit haben die meistenteils von Privatpersonen oder Vereinen begründeten Magdalenenstifte für
gefallene Mädchen sowie die Besserungsanstalten für jugendliche Verbrecher und verwahrloste
Kinder. Das deutsche Strafgesetzbuch bestimmt (§ 56), daß Unerwachsene im Alter zwischen 12 und 18 Jahren, die von der Anschuldigung
einer Strafthat wegen mangelnder Geistesreife freigesprochen wurden, durch richterliches Urteil entweder ihrer Familie oder
einer Erziehungs- und Besserungsanstalt überwiesen werden können, um dort so lange zu verbleiben, als
es die der Anstalt vorgesetzte Verwaltungsbehörde für erforderlich erachtet (jedoch nicht über das vollendete 20. Lebensjahr).
Ähnliche Bestimmungen kennt auch die englische und französische Gesetzgebung. Deutschland
[* 78] besitzt eine Musteranstalt am RauhenHaus (s. d.) bei Hamburg,
[* 79] das von Wichern im Sinn der innern Mission begründet ward, Frankreich eine nach andern
Prinzipien geleitete Anstalt zu Mettray. Am weitesten ausgedehnt und verallgemeinert sind die englischen, vom Staat unterstützten
und beaufsichtigten unter denen man industrial schools (Arbeitsschulen im engern Sinn) und reformatory schools (Besserungsschulen)
unterscheidet. Preußen erließ ein besonderes Gesetz, betreffend die Unterbringung verwahrloster Kinder, das 1. Okt. d. J.
in Wirksamkeit trat.
Vgl. Fr. Ötker, Über Erziehungsanstalten für verwahrloste Kinder (Berl. 1879).
Peter Alexejewitsch, russ. Geschichtsforscher, geb. 1828, war
längere Zeit Bibliothekar an der MoskauerUniversität, ist seit 1878 als Professor der Geschichte Rußlands in Charkow thätig.
Sein Hauptverdienst bildet die Herausgabe slawischer Volkslieder;
pers. Satrap von Baktrien, ein Verwandter des KönigsDareios Kodomannos, wurde 330 v. Chr. das Haupt der persischen
Nationalpartei, welche den schwachen König beseitigen wollte, um dem makedonischen Eroberer kräftiger
widerstehen zu können. Man nahm den König zunächst gefangen, tötete ihn aber, als durch Alexanders rasche Verfolgung die
Gefahr entstand, daß der gefangene König in dessen Gewalt kommen könnte. Bessos nahm nunmehr selbst den Königstitel an, nannte
sich Artaxerxes IV. und organisierte die Verteidigung von Baktrien und Parthien, die in der That viel kraftvoller
und nachhaltiger geführt wurde als zuvor der Kampf in den westlichen Provinzen des Perserreichs. Als Alexander aber im Frühjahr 329 den
Hindukusch überstieg, flüchtete Bessos nach Sogdiana. Hier wurde er von den Großen seines Hofs gefangen genommen und gefesselt
an Alexander abgeliefert, der ihn nach Zariaspa bringen ließ und daselbst vor einen aus einheimischen
Großen zusammengesetzten Gerichtshof stellte. Von diesem zum Tod verurteilt, wurde Bessos 328 in Ekbatana nach persischer Sitte an
Nase
[* 93] und Ohren verstümmelt und dann gekreuzigt.
WilliamThomas, hochbedeutender engl. Orgelspieler, geb. zu
Carlisle, bekleidete seit 1840 eine Organistenstelle in Liverpool,
[* 96] wurde 1852 an der berühmten Panoptikumorgel und der Martinskirche
in London angestellt und wirkt seit 1854 an Lincoln'sInnChapel und der St. Georgshalle (Konzerthaus) in Liverpool. Seine außerordentliche
Kunstfertigkeit auf der Orgel hat er besonders durch die unentgeltlichen Nachmittagskonzerte, die er in
seiner Kirche veranstaltet, in weiten Kreisen bekannt gemacht. Außer Kirchenkompositionen, Orgel- und Klavierstücken veröffentlichte
er mehrere instruktive Werke, namentlich: »The modern school for the organ«
(Lond. 1853) und »The art of the organ playing«
(Bd. 1 u. 2, das.
1870).
s. v. w. Dauerhaftigkeit, wird vornehmlich von dem Verhalten des Menschen in seinen Verhältnissen
zu andern, von seiner Ausdauer in Zuneigung und Abneigung, Liebe und Haß, Freundschaft und Feindschaft, insofern dieselbe weniger
auf einem einmal gefaßten und festgehaltenen bewußten Willensentschluß als auf unwillkürlich entstandenen
und durch Gewohnheit befestigten Gefühlen beruht, gebraucht und ist daher nicht sowohl eine Eigenschaft des Charakters als des
bloßen Naturells.
forstliche, Teil des Waldbaues (s. Waldbau). Herstellung eines jungen Holzbestandes. Die Bestandsgründung erfolgt
nach einem Vorbestand (Verjüngung) oder auf einer seither unbestockten Fläche (Aufforstung). Man unterscheidet:
1) natürliche Bestandsgründung. Sie erfolgt durch einen Mutterbestand und zwar a) in Samenschlägen, durch den Samen
[* 97] eines Mutterbestandes
(s. Samenschlag); b) durch den Anschlag eines Mutterbestandes;
2) künstliche Bestandsgründung (Anbau) und zwar durch Saat oder Pflanzunga) in Schirmschlägen (Schutzschlägen), d. h. unter
dem Schirmschutz eines Bestandes, b) auf Kahlschlägen, d. h. nach dem kahlen Abtrieb eines Bestandes. Die natürliche Bestandsgründung durch
Samenschläge ist die vorherrschende Verjüngungsart der Buchen- und Weißtannenhochwaldungen. Durch Ausschlag werden Niederwaldungen
und das Schlagholz der Mittelwaldungen verjüngt. Die künstliche Verjüngung hat, mit Ausnahme von Buche und Weißtanne sowie
vom Niederwald und Mittelschlagholz, in den letzten Jahrzehnten beträchtlich an Ausdehnung
[* 98] gewonnen. In der
neuesten Zeit wird dieselbe mehr durch Pflanzung als durch die früher vorherrschende Saat bewirkt.
ein Teil des Waldbaues (s. d.), umfaßt die waldbaulichen Maßregeln zur gedeihlichen
Entwickelung der Holzbestände in Masse, Form und Wert.
Maßregeln der Bestandspflege sind:
1) Bodenpflege zur Erhaltung und Vermehrung der Bodenfruchtbarkeit, z. B. durch Anzucht von Bodenschutzholz in ältern,
sich lichtenden Beständen oder von Nadelholzstreifen an den Windseiten der Bestände, welche das Wegwehen des Laubes in denselben
hindern (Windmantel);
einer von den Teilen, aus welchen ein Ganzes zusammengesetzt ist. Man unterscheidet: physische oder mechanische
und chemische
¶
mehr
Bestandteile, je nachdem man sie als bloß nebeneinander liegend und durch mechanische Trennung isolierbar oder als chemisch
verbunden und nur durch chemische Prozesse ausscheidbar denkt; nähere und entferntere Bestandteile, d. h. solche, welche
bei der Zersetzung des Körpers sich zunächst darstellen, und solche, welche bei weiterer Zerlegung als die letzten unteilbaren
Elemente erkannt werden; wesentliche (integrierende), ohne welche das Ganze aufhören würde zu sein, was es ist, und
zufällige, in welchen sich nur die durch besondere Umstände bewirkten Modifikationen eines und desselben Haupttypus von
gewissen Körperklassen verraten.
das Korrelat vom Vorschlagsrecht, wird überall da wirksam, wo zur Fassung eines Beschlusses, insbesondere
aber zur Wahl einer Person die Mitwirkung von zwei oder mehr verschiedenen Faktoren erforderlich ist. Der Ausdruck wird meistens
von dem Fall gebraucht, wo der bestätigende Faktor eine öffentliche Behörde ist. Die Ausübung des Bestätigungsrechts
von seiten richterlicher Behörden in Zivilrechts-, insbesondere Hypotheken-, Vormundschafts- und Handelsgesellschafts-, sowie
in Zivilprozeß- und Konkurssachen ist mit der Zeit immer mehr eingeschränkt worden, indem man entweder das Bestätigungsrecht selbst
oder das entsprechende Vorschlagsrecht des Mitbeteiligten beseitigte.
Gegenwärtig spielt das Bestätigungsrecht nur noch im öffentlichen Recht eine wichtige Rolle. Man versteht darunter das
Recht einer vorgesetzten Behörde, die von einer Gemeinde, einem Kreis
[* 100] oder irgend einer andern autonomen Korporation vorgenommene
Wahl von Beamten oder Beantragten gutzuheißen oder zu verwerfen. Dieses Recht wurde unter der Herrschaft des absoluten und
vielleicht noch mehr in den Anfängen des konstitutionellen Staats in sehr ausgedehnter Weise ausgeübt
und erstreckt sich noch gegenwärtig in den meisten deutschen Staaten auf die Wahl sämtlicher Magistratsmitglieder in den
Städten und zuweilen auch der Mitglieder entsprechender Kollegien in andern Gemeinden.
(Corruptio, Crimen barattariae), das Verbrechen oder Vergehen, welches derjenige Beamte begeht, der von einem
andern ein Geschenk oder einen sonstigen Vorteil annimmt, fordert oder sich versprechen läßt, auf welchen er rechtlich und
gesetzlich keinen Anspruch hat, während er weiß, daß dadurch auf seine Amtsthätigkeit eingewirkt
werden soll (passive Bestechung). Aber auch derjenige, welcher dem Beamten den ungesetzlichen Vorteil zusagt oder
gewährt in der Absicht, dadurch auf dessen amtliche Thätigkeit einzuwirken, macht sich einer strafbaren Handlung schuldig
(aktive Bestechung). Das deutsche Strafgesetzbuch unterscheidet folgende Fälle:
2) Als Straferhöhungsgrund erscheint es (§ 334), wenn ein Richter, Schiedsrichter, Geschworner oder SchöffeGeschenke oder andre Vorteile fordert, annimmt oder sich versprechen läßt, um eine Rechtssache, deren Leitung und Entscheidung
ihm obliegt, zu gunsten oder zum Nachteil eines Beteiligten zu leiten oder zu entscheiden (Bestechung des Richters). In solchem Fall
tritt Zuchthausstrafe bis zu 15 Jahren ein, und ebendieselbe Strafe ist in diesem Fall für die aktive Bestechung angeordnet.
3) Aber auch schon dann wird nach dem deutschen Strafgesetzbuch (§ 331) ein Beamter mit Geldstrafe bis zu 1500 Mk. oder Gefängnis
bis zu 6 Monaten bestraft, wenn er für eine in sein Amt einschlagende Handlung, welche an sich nicht pflichtwidrig ist, Geschenke
oder andre Vorteile annimmt, fordert oder sich versprechen läßt. Derjenige, welcher solche Geschenke
oder andre Vorteile zuwendet oder verspricht, bleibt straflos. Man pflegt diese strafbare Geschenkannahme seitens eines Beamten
wohl auch als einfache Bestechung im Gegensatz zur qualifizierten (1 und 2) zu bezeichnen.
Unter Beamten im Sinn des Strafgesetzbuchs sind übrigens alle im Dienste des Reichs oder im unmittelbaren
oder mittelbaren (Kommunal-) Dienst eines Bundesstaats auf Lebenszeit, auf Zeit oder auch nur vorläufig angestellte Personen,
ohne Unterschied, ob sie einen Diensteid geleistet haben oder nicht, ingleichen Notare, nicht aber Advokaten und Anwalte, zu
verstehen (Strafgesetzbuch, § 359). Mag es sich nun um eine einfache oder um eine qualifizierte Bestechung handeln,
so ist doch stets das Empfangene oder der Wert desselben für dem Staat verfallen im Strafurteil zu erklären (§ 335). Unter
Wahlbestechung endlich wird das Vergehen desjenigen verstanden, welcher in öffentlichen Angelegenheiten eine Wahlstimme kauft
oder verkauft, ein Vergehen, welches in dem deutschen Strafgesetzbuch (§ 109) mit Gefängnisstrafe von
einem Monat bis zu zwei Jahren bedroht ist.
(chirurgisches Besteck), die in einem Futteral aufbewahrte Sammlung solcher Instrumente, welche zu bestimmten chirurgischen
Operationen, z. B. zur Star-, Steinoperation etc., nötig sind; im engern Sinn aber die in einer zum Zusammenlegen eingerichteten
ledernen Verbandtasche enthaltenen Instrumente, wie sie der Wundarzt für die gewöhnlichsten Vorfälle¶