Dorf in der sächs. Kreishauptmannschaft
Bautzen,
[* 2] Amtshauptmannschaft
Löbau,
[* 3] nahe bei
Herrnhut, mit einem
großen Rittergut, einem vomGrafenZinzendorf erbauten
Schloß, Bierbrauerei,
[* 4]
Weberei
[* 5] und (1880) 1837 Einw.
Berthelsdorf gehört der
Brüdergemeinde und ist Sitz ihrer Ältestenkonferenz, welche die Oberaufsicht über sämtliche
Brüdergemeinden
in den verschiedenen
Weltteilen hat.
(spr. -tä),Elie, franz. Romanschriftsteller, geb. zu
Limoges, kam 1834 nach
Paris,
[* 6] um die
Rechte zu
studieren, wandte sich aber bald der Litteratur zu und entwickelte eine außergewöhnliche
Fruchtbarkeit
in Feuilletonromanen. Von seinen über 100
Bände füllenden, auch mehrfach übersetzten
Romanen sind die bekanntesten: »Le
[* 7] nid de cigognes« (1848);
»Romans préhistoriques« (1876) u. a. Über den Mittelschlag
hinaus erhebt sich keiner, und zwei Theaterstücke, die Berthet mit P.
Foucher und
Dennery geschrieben: »Le pacte de famine« und
»Les garçons de recettes«, sind noch unbedeutender.
Obgleich seine Thätigkeit im österreichischen
Krieg von 1809 scharfen
Tadel erfuhr, wurde er doch von
Napoleon nach der
Schlacht bei
Wagram zum
Fürsten von
Wagram erhoben und bekleidete auch in den
Feldzügen von 1812 bis 1814 seinen
alten
Posten als
Chef des
Generalstabs, bei
dem er allerdings bloß die Befehle des
Kaisers auszuführen und
nicht selbständig anzuordnen hatte. Die unaufhörlichen
Kriege billigte Berthier nicht, da er sich nach
Frieden und ruhigem
Genuß
seiner hohen
Stellung und seines
Reichtums sehnte.
2)
César,
Bruder des vorigen, geb. wurde 1802 Brigadegeneral, später
Chef des
Generalstabs der ersten Militärdivision, befehligte 1805 ein
Observationskorps an der holländischen
Küste, wurde 1811 Divisionsgeneral,
Graf des Kaiserreichs,
Gouverneur von
Tobago und dann von
Corsica
[* 19] und trat 1814 auf die Seite
Ludwigs XVIII. über; er starb in
Grosbois.
Mineral aus der
Ordnung der
Sulfosalze, findet sich nur derb in stängeligen oder faserigen
Aggregaten,
ist dunkel stahlgrau, etwas gelblich oder rötlich, bunt anlaufend,Härte 2-3, spez. Gew. 4,0-4,3,
besteht aus
Schwefelantimon und
Schwefeleisen in wechselnden Verhältnissen mit 51,7-60,1 Proz.
Antimon.
2) Bischof von Chiemsee, geb. 1465 zu Salzburg,
[* 28] seit 1508 Bischof, trat gegen das Verderben in der Kirche
sowohl auf Synoden als in der Schrift »Onus ecclesiae« auf; dieselbe erschien anonym 1524, forderte eine Reformation, die aber
nicht von einem Sektenhaupt wie Luther, sondern von den berufenen Organen der Kirche ausgehen sollte. Berthold resignierte 1525; seine 1528 erschienene
»Tewtsche Theologey« nahm einen Teil der gegen Lehre
[* 29] und Leben der katholischen Kirche erhobenen Vorwürfe
wieder zurück. Er starb 1543.
Franz, Pseudonym der Schriftstellerin AdelheidReinbold (s. d.). ^[= Adelheid, unter dem Namen Franz bekannte Schriftstellerin, geb. 1802 zu Hannover, war ...]
Seine (in zahlreichen Handschriften erhaltenen) Predigten gehören zu dem Vorzüglichsten, was
die deutsche Homiletik alter
und neuer Zeit aufzuweisen hat. Sie sind am besten von Pfeiffer und Strobl (Wien
[* 44] 1862-80, 2 Bde.) herausgegeben;
ins Neuhochdeutsche wurden sie übertragen von Göbel (3. Aufl., Regensb. 1873; »zeitgemäß
bearbeitet«, das. 1884).
Vgl. Stromberger, R. berthold von Regensburg (Gütersl. 1877);
Humb. et Bonpl., Gattung aus der Familie der Myrtaceen, mit der einzigen Art Bertholletia excelsa Humb. et Bonpl.,
einem prächtigen, 30 m hohen, im östlichen Südamerika,
[* 47] besonders am Orinoko, auch in Brasilien
[* 48] und Guayana einheimischen,
in Cayenne seit langer Zeit angepflanzten immergrünen Baum mit abwechselnden, wagerechten Ästen, deren
Enden wie Seile herunterhängen und die Erde berühren, länglichen, lederigen Blättern und gelben, in ährenartigen Trauben
stehenden Blüten.
Die 16 bis 20 hartschaligen, 4-5 cm langen, dreikantigen Samen
[* 49] in großen, kugeligen Kapseln
[* 50] mit holziger Fruchtschale, die
mit lautem Knall aufspringt, haben einen ölreichen und schmackhaften Kern;
sie heißen in der Heimat auch
Juvia und bei den Portugiesen, die einen starken Handel damit treiben, Almendron;
man genießt sie roh oder preßt ein gutes
Brennöl aus denselben;
(spr. -tu),Henri, franz. Schriftsteller und Kulturhistoriker, geb. zu
Cambrai,
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mehr
machte seine Studien im Collège von Douai, erwarb sich, noch ziemlich jung, um seine Vaterstadt durch wissenschaftliche Anregungen
und Gründungen namhafte Verdienste und durch gehaltvolle Feuilletonartikel die Mitarbeiterschaft an den geschätztesten PariserJournalen. Namentlich schrieb er jahrelang unter dem NamenSam in die »Patrie« populärwissenschaftliche Abhandlungen, die ihr
besonderes Publikum hatten und unter den Titeln: »Fantaisies scientifiques« (1861, 16 Bde.)
und »Petites chroniques de la science« (1867-71, 10 Bde.)
gesammelt erschienen. Von seinen geschichtlichen Arbeiten seien »Chroniques et traditions sur naturelles de Flandre« (1831-34, 3 Bde.),
»El-Hioudi« (1847) und »Le zéphyr
d'El-Arouch« (1850) besonders erwähnt. Auch die Jugendschriftstellerei hat an Berthoud einen
gediegenen Vertreter gefunden in »La France historique, industrielle et pittoresque« (1835-37, 3 Bde.);
»Histoires pour les petits et pour les grands enfants« (1863);
(spr. -täng), 1) Antoine, genannt Chevalier Bertin, franz. Dichter, geb. auf
IleBourbon, wurde in Paris erzogen, betrat die militärische Laufbahn und brachte es bis zum Grad eines Kapitäns der Reiterei,
beschäftigte sich aber dabei eifrig mit Poesie und Litteratur und starb, ein Opfer seiner Ausschweifungen, bereits 1790 auf
Santo Domingo.
[* 54] Einer der sinnlichsten ErotikerFrankreichs, erhielt er den Beinamen des »französischen Properz«;
doch gehen ihm die Mannigfaltigkeit, Lebendigkeit und der lyrische Schwung des römischen Dichters ab. Seine durch Geist und
Geschmack ausgezeichneten Dichtungen erschienen zuerst unter dem Titel: »Les Amours« (1780),
in neuerer Ausgabe als »Œuvres complètes«
(1824) und als »Poésies et œuvres diverses« (1879).
2) LouisFrançois, genannt Bertin der ältere (l'aîné) zum Unterschied von Bertin 3) u.
4), franz. Journalist, geb. zu Paris, Sohn eines Sekretärs des Herzogs von Choiseul, wollte sich dem geistlichen
Stand widmen, als die Revolution ihn nötigte, eine andre Laufbahn einzuschlagen. Er entfaltete nun seit 1793 eine
große journalistische Thätigkeit, gab den »Eclair« heraus, arbeitete
am »Courrier Universel« und gründete 1799 mit seinem Bruder das »Journal des Débats«, welches bald das bedeutendste Organ
der monarchisch gesinnten Partei wurde.
Royalistischer Tendenzen verdächtig, ward er 1802, nachdem er schon 1800 beinahe ein ganzes Jahr im Gefängnis
gesessen, von neuem verhaftet und nach Elba verwiesen und erhielt nur mit Mühe die Erlaubnis, den Aufenthalt auf der Insel
mit dem in Italien zu vertauschen. 1805 nach Paris zurückgekehrt, übernahm er wieder die Redaktion seines Blattes, welches
aber auf kaiserlichen Befehl den Titel: »Journal de l'Empire« führen mußte und unter der Leitung des
der Redaktion aufgedrängten Fiévée eine fast ganz offizielle Farbe erhielt.
geb. zu Paris, genoß eine gelehrte Bildung und versah nach
der Restauration den Dienst eines Sekretärs bei Chateaubriand während dessen Gesandtschaft zu London.
[* 58] 1820 einer der Redakteure
des »Journal des Débats«, übernahm er nach seines VatersTode dessen Hauptleitung. Dem Julikönigtum gegenüber wußte er
seinem Blatt eine gewisse Unabhängigkeit zu wahren. So wies er, als ihm LudwigPhilipp einen die Waffenthaten
des Herzogs von Aumale in Algerien
[* 59] ungebührlich erhebenden Artikel zum Abdruck übersandte, das Manuskript mit einer beißenden
Bemerkung zurück. Auch nach der Revolution von 1848, wo man die Existenz des »Journal des Débats« bedroht glaubte, wußte
Bertin dessen Fortbestehen zu sichern, indem er mit vielem Takt seinen ursprünglich liberal-konservativen
Standpunkt festhielt. Er starb - Sein älterer Bruder, Edouard, geb. 1797 zu Paris, gest. daselbst, widmete
sich unter Girodets und Bidaults Leitung der Landschaftsmalerei historischen Stils und war unter LudwigPhilipp Inspektor der
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mehr
schönen Künste, bis er nach seines BrudersTod (1854) die Leitung des »Journal des Débats« übernahm. - Seine SchwesterLouise
Angélique, geb. zu Les Roches bei Bièvres, widmete sich anfangs ebenfalls der Malerei, dann unter Fétis' und Reichas
Leitung der Musik und komponierte verschiedene Opern: »Guy Mannering«, »Le Loup-garou« (1827),
»Fausto« (1834) und »Esmeralda« (Text von V. Hugo, 1836). Auch gab sie eine Sammlung von Gedichten: »Les Glanes« (Par. 1842),
heraus, die von der Akademie gekrönt wurden. Sie starb in Paris.
Carlo Antonio, unter dem NamenCarlino berühmter ital. Komiker und Improvisator, geboren
um 1713 zu Turin, war ursprünglich Soldat, wirkte dann in verschiedenen StädtenItaliens
[* 61] als Komiker und ging 1741 nach Paris
zur ItalienischenKomödie. Mit außerordentlichem Beifall spielte er hier bis zu seinem Tode die Rollen
[* 62] des Harlekins, wobei
er im Improvisieren eine so erstaunliche Gewandtheit entwickelte, daß er selbst fünfaktige Stücke ganz
aus dem Stegreif spielte. Er starb in Paris Im Druck erschienen von ihm nur »Nouvelles métamorphoses d'Arlequin«
(Par. 1763). Das Buch »Clément XIV et Carlo Bertinazzi, correspondance inédite« (Par. 1827) ist Erdichtung
von de Latouche, der es herausgab.
1) Henri, Klaviervirtuose und Komponist für sein Instrument, geb. zu London,
war Schüler seines von Clementi gebildeten BrudersBenoit und machte, kaum zwölf Jahre alt, mit seinem Vater eine Kunstreise
durch Holland, Belgien
[* 63] und Deutschland.
[* 64] In der Folge widmete er sich vorwiegend dem Studium der Komposition und von 1821 an in
Paris dem Lehrfach, in welchem er die glänzendsten Erfolge erzielte. hat sich besonders durch seine trefflichen
Etüden, die »Études caractéristiques«, »Caprices-Études«,
»Études artistiques« etc., einen Namen gemacht. Seine größern Klavierkompositionen sind melodiös und geschickt gearbeitet,
aber von geringerm Wert. Als Virtuose folgte er der von Cramer und Hummel eingeschlagenen Richtung. Er starb auf
seinem Landsitz zu Meylan bei Grenoble,
[* 65] nachdem er sich schon 20 Jahre zuvor von der Öffentlichkeit zurückgezogen hatte.
2) Domenico, Komponist und Musikschriftsteller, geb. zu Lucca,
[* 66] erhielt seine Ausbildung an der dortigen Musikschule
sowie später durch Puccini, debütierte 1850 als Komponist mit einer Messe und wurde 1857 zum Kapellmeister
und Direktor der Musikschule in Massa-Carrara ernannt. Von hier siedelte er 1862 nach Florenz
[* 67] über, wo er sich bis zur Gegenwart
teils als Direktor der »Società Cherubini«, teils als Mitarbeiter des »Boccherini« und andrer Musikzeitungen ehrenvoll ausgezeichnet
hat. Bertini ist Autor zweier Opern und einer verdienstvollen theoretischen Arbeit: »Compendio di principii di
musica« (Flor. 1866).
ital. Volksbuch, dessen gleichnamiger Held, ein verkrüppeltes Bäuerlein, zu Verona
[* 68] am Hof des Langobardenkönigs
Alboin allerlei Schwänke treibt. Es ist eine im italienischen Sinn unternommene Bearbeitung des uralten Volksbuchs von Salomon
und Markolf und gehört zu den volksmäßigsten Produkten der burlesken Poesie in Italien.
Eine Fortsetzung
desselben bildet die Geschichte von »Bertoldino und Cacasenno« von Giul.
welcher er eine »Flora italica cryptogama« (das. 1858-67, 2 Bde.)
folgen ließ. Von seinen übrigen Schriften sind noch erwähnenswert: »Amoenitates italicae« (Bologna 1819);
»Pralectiones rei herbariae« (das. 1827);
»Dissertatio de quibusdam novis plantarum speciebus et de Bysso antiquorum« (das.
1835);
»Florula guatimalensis« (das. 1840);
»Miscellanea botanica« (das. 1842-63, 24 Tle.) und »Piante nuove asiatiche« (das.
1864-65).
(spr. -tong), Musikerfamilie, deren Stammvater PierreMontan, geb. 1727 zu Paris, gest. 1780 daselbst,
als Opernkomponist bekannt geworden ist, überdies und namentlich aber dadurch, daß er seit 1774 der GroßenOper in Paris
als Generaladministrator vorstand und als solcher sowie durch seine Fähigkeit als Dirigent zum Erfolg der Gluckschen Opernreform
persönlich mitgewirkt hat. - Als schaffender Künstler von ungleich höherer Bedeutung war sein Sohn HenriMontan Berton, geb. zu Paris, gest. daselbst.
Von Sacchini in der Komposition unterrichtet, konnte Berton schon 1786 mit einer Kantate im Concert spirituel erfolgreich debütieren
und im folgenden Jahr auch mit einer Oper: »Les promesses de mariage«, in der Comédie italienne freundliche
Aufnahme finden. Zwei weitere Opern verschafften ihm eine so geachtete Stellung in der Künstlerwelt, daß er 1795 an das eben
neuerrichtete Konservatorium als Lehrer der Komposition berufen wurde. Von 1807 bis 1809 wirkte er als Musikdirektor an der
ItalienischenOper mit Erfolg zur Hebung
[* 70] des Geschmacks, unter anderm auch durch Einstudierung von Mozarts
»Hochzeit des Figaro«, dann bis 1815 als Chef des Gesanges an der GroßenOper. Später widmete er sich ausschließlich der Lehrthätigkeit
und der dramatischen Komposition. Von seinen nahe an 60 Werken dieser Gattung haben ihn nur drei überlebt: »Montano et Stéphanie«,
»Le Délire« und »Aline«,
welche neben großer Bühnengewandtheit eine ausgeprägte Persönlichkeit erkennen lassen. - François Berton, der natürliche
Sohn des vorhergehenden und der Opernsängerin Maillard, geb. zu Paris, gest. hat sich als Gesanglehrer
und Romanzenkomponist, von 1810 an auch durch einige beifällig aufgenommene Opern bekannt gemacht. -
Sein Sohn Adolphe Berton, geb. 1817 zu Paris, bildete sich am Konservatorium zum dramatischen Sänger aus, hatte jedoch als solcher
in Paris keinen Erfolg und ging deshalb 1843 nach Algier, wo er als geschätztes Mitglied des Theaters starb.
2) CharlesFrançois, franz. Schauspieler, geb. zu Paris, trat 1836 daselbst ins Konservatorium,
errang den ersten Preis im Lustspiel, debütierte aber 1837 im Théâtre français mit wenig Glück; er ging daher zum Vaudevilletheater,
nach dessen baldigem Schluß aber von neuem zum Théâtre français, wo er nun im »Menteur« reüssierte. Unter Duprez' Leitung
vervollkommne er sich auch im Gesang und folgte später als Sänger einem glänzenden Anerbieten nach Wien
und Petersburg.
[* 71] Hier war er 1846-53 der Nachfolger Bressants, den er später am Gymnasetheater ersetzte. Gefeiert in Stücken
wie »Diane de Lys«, »Le gendre de Mr. Poirier«, »Demi-Monde« und andern Sensationsstücken des modernen
¶
mehr
Repertoires, galt er für einen der besten Darsteller. Er ging später zum zweitenmal nach Rußland, wirkte nach seiner
Rückkehr (1860) mehrere Jahre am Gaitétheater und errang dann als Marquis von Villemer im Odéon, noch mehr 1866 als Baron
d'Estrigaud in Augiers »Contagion« und 1867 als PrinzCondé in Bouilhets »Conjuration d'Amboise« große
Erfolge. Seit einiger Zeit in Melancholie, zuletzt in Irrsinn verfallen, starb Berton in Paris. - Seine Frau (seit 1842)
Karoline Berton, Tochter seines frühern Lehrers, Samson, hat sich durch Romane, Novellen und Proverbes bekannt gemacht. Beider Sohn
Peter Berton, geb. 1843 zu Paris, gehörte eine Reihe von Jahren hindurch dem Gymnasetheater an und spielte erste
Liebhaber. 1871 ging er nach Bordeaux
[* 73] und wurde im folgenden Jahr Mitglied der PariserComédie française. Er ist auch Verfasser
mehrerer dramatischer Arbeiten.
Tochter des GrafenSimon I. von Montfort, wurde mit Fulko, Grafen von Anjou, verheiratet. Philipp I.,
König von Frankreich, sah das reizende Weib, verstieß seine erste Gemahlin, Bertha, nach 20jähriger Ehe und vermählte sich 1092 mit
der ihrem Gemahl entführten Bertrade. Da ihn jedoch 1096 der Bann deshalb traf und die Grafen von Anjou und Flandern sich empörten,
schied er sich zum Schein von Bertrade, nahm sie später aber wieder zu sich und lebte mit ihr bis zu seinem
Tod (1108), worauf sich in das von ihr gestiftete Kloster Hautes-Bruyères bei Chartres zurückzog.
Dorf und Badeort im preuß. Regierungsbezirk Koblenz,
[* 86] Kreis
[* 87] Kochem, 165 m ü. M., in einem engen, von steilen
Bergen
[* 88] begrenzten und vom Üsbach durchflossenen Seitenthal der Mosel, 11 km vom Bahnhof Bullay (Koblenz-Trierer Eisenbahn),
mit einer katholischen Kirche und (1880) 434 Einw. Die hiesige, schon den Römern bekannte und ziemlich
stark besuchte Heilquelle ist eine alkalische Glaubersalztherme von 32° C. und wird vorzüglich bei Gicht und Rheumatismus,
Katarrhen des Magens und der Gallenwege, Menstruationsstörungen, Hysterie und Hautkrankheiten
[* 89] angewendet.
Das Klima
[* 90] ist mild, doch nicht frei von Temperatursprüngen. Die Badeanstalten (neues Badehaus von 1882 mit
Dampfheizung) sind mit allem Komfort eingerichtet. In der Nähe sind eine Basaltgrotte (»Käskeller« genannt),
der 16 m hohe
Fall des Elbisbaches und die sogen. »Falkenlei«,
ein 415 m hoher halbkugelförmiger vulkanischer Schlackenhügel, merkwürdig.
Bertuch durch seine Übersetzungen und Zeitschriften sowie durch die von ihm ins Leben gerufenen Institute verdient gemacht. Von
den Übersetzungen verdient vor allen die des »Don Quichotte« von Cervantes nebst der Fortsetzung des Avellaneda (Leipz. 1775,
wiederholt 1780-81, 6 Bde.) hervorgehoben zu werden, weil sie
zuerst die Aufmerksamkeit der Deutschen auf die spanische Litteratur hinlenkte. Mit Wieland und Schütz entwarf
Bertuch 1784 den Plan zu der »Jenaischen allgemeinen Litteraturzeitung« und gab seit 1786 mit Kraus das »Journal des Luxus und der
Moden« heraus, das bis 1827 bestand und für die Sitten- und Kulturgeschichte zur Zeit der französischen Revolution und des
Kaiserreichs von bleibendem historischen Interesse ist. Gleichzeitig veröffentlichte er das »Magazin der spanischen und portugiesischen
Litteratur« (Dessau
[* 96] 1780-82, 3 Bde.),
Werke, zu deren Herstellung
und Vertrieb er 1791 das »Landesindustriekontor« begründete. Bald verbanden sich mit dem Institut verschiedene andre Anstalten,
welche zahlreiche Schriftsteller, Künstler und Handwerker beschäftigten, darunter das noch jetzt bestehende »GeographischeInstitut« (für Kartenverlag) sowie seit 1805 eine Buchhandlung in Rudolstadt.
[* 99] Seine zuerst mit Zach, dann mit Gaspari, Ehrmann
u. a. herausgegebenen »GeographischenEphemeriden« (1798-1824) wie nicht minder die »NeueBibliothek der wichtigsten Reisebeschreibungen«
(Wien 1815 ff., von Bertuch bis zum 32. Bd.
herausgegeben) trugen viel zur Beförderung der geographischen Studien bei.
(Beschreien), einem noch jetzt sehr verbreiteten Aberglauben zufolge ein Schade, den man sich selbst oder andern,
namentlich kleinen Kindern, absichtlich oder auch unabsichtlich durch unvorsichtiges und übertriebenes Loben oder Bewundern,
durch allzu bestimmte Hoffnung auf einen glücklichen Ausgang einer Sache etc. zufügen kann. Dieser weitverbreitete Glaube gründet
sich auf die alte Anschauung von dem Neide der Götter oder der Schicksalsschwestern.
Schon im Altertum brauchte man als Vorbeugungsmittel eine Demütigung, indem man sich nach einem unbedachten oder übermütigen
Ausdruck in den eignen Busen spie, und noch jetzt ist dreimaliges Ausspeien zur Abwendung des Berufens im Volk sehr üblich.
In denFällen, wo man bei unheilbarem Siechtum der Kinder ein Berufen von seiten böser Leute als Ursache annahm,
wurden Räucherungen und Waschungen mit sogen. Berufskräutern vorgenommen, unter denen Erigeron Conyza und Stachys recta die
gebräuchlichsten waren.
heißen die auf Grund des deutschen Unfallversicherungsgesetzes vom für
bestimmte Bezirke gebildeten und auf Gegenseitigkeit beruhenden Unternehmerverbände, welche innerhalb dieser Bezirke alle
Betriebe der Industriezweige umfassen, für die sie errichtet sind, und welche die in diesen Betrieben beschäftigten Arbeiter
und Beamten, deren Jahresarbeitsverdienst an Lohn und Gehalt 2000 Mk. nicht übersteigt, gegen die Folgen der
bei dem Betrieb sich ereignenden Unfälle zu versichern haben. Eine Anleitung zur Aufstellung von Statuten nach
dem erwähnten
Gesetz gibt das im Januar 1885 vom Reichsversicherungsamt veröffentlichte »Normalstatut«. Vgl. Unfallversicherung.
ein dogmatischer Kunstausdruck, welcher sich an das in den Parabeln Jesu vorkommende Bild vom Einladen zum
messianischen Mahl und an die Paulinische Lehrsprache anlehnt. In der Dogmatik heißt Berufung die erste Station aus dem Heilsweg,
da der Mensch das Wort von der Gnade vernimmt und auf solche Weise eingeladen wird, dieselbe zu ergreifen. Gegenüber den Calvinisten
(Prädestinatianern) wird von den Lutheranern behauptet, die Berufung sei ernsthaft gemeint, Verlangen wirkend,
erstrecke sich auf alle Sünder, trete an jeden heran, könne aber abgewiesen werden.
(Appellation), im Rechtswesen dasjenige Rechtsmittel, wodurch ein gerichtliches Urteil angefochten werden kann,
um eine nochmalige Prüfung und Entscheidung der Sache durch das zuständige höhere Gericht herbeizuführen. Das höhere Gericht,
an welches die Berufung geht, ist das Obergericht (Appellationsgericht, Berufungsrichter, judex, ad quem); dasjenige
Gericht, gegen dessen Urteil Berufung eingelegt (appelliert) wird, ist das Untergericht (Vorderrichter, judex, a quo).
Die Gerichte, welche zu einander in dem Verhältnis der Unter- und Überordnung stehen, werden Instanzen genannt, und man spricht
vom Instanzenzug als von der Reihenfolge, in welcher die gerichtlichen Entscheidungen in ebenderselben
Rechtssache herbeigeführt werden können. Die Berufung muß binnen einer gesetzlich bestimmten ausschließlichen
Frist (Appellationsfrist, Notfrist) eingelegt werden. Diese Frist war früher eine zehntägige. Die hat Suspensiveffekt, d. h.
sie hat suspensive oder aufschiebende Wirkung, sie hemmt (suspendiert) die Rechtskraft des erstinstanzlichen Urteils.
Sie hat aber auch Devolutiveffekt, d. h. sie überträgt (devolviert) die
richterliche Entscheidung vom Unterrichter auf das Obergericht. Das Rechtsmittel der Berufung kommt nicht nur in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten,
sondern auch in Strafsachen vor, ebenso in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit und im Verwaltungsstreitverfahren,
indem z. B. in Preußen gegen erstinstanzliche Entscheidungen der Kreisverwaltungsgerichte die an die Bezirksverwaltungsgerichte
und die Berufung gegen erstinstanzliche Entscheidungen der letztern an das Oberverwaltungsgericht geht (s. Verwaltung).
Übrigens wird der Ausdruck Berufung neuerdings auch zur Bezeichnung der Beschwerde oder des Rekurses gegen Entscheidungen der Verwaltungsbehörden
gebraucht, so auch zur Bezeichnung der Beschwerde, welche gegen Mißbrauch der geistlichen Gewalt an die
weltliche Behörde gerichtet wird (s. Recursus ab abusu). Die gerichtliche Berufung (lat. appellatio) ist aus dem römischen
Recht in das moderne Rechtsleben übergegangen. Der römische KaiserAugustus setzte zuerst ein bestimmtes Verfahren und einen
bestimmten Instanzenzug fest, welcher bis an den Kaiser selbst ging. In Deutschland fand der Grundsatz,
daß namentlich in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten eine mehrfache Entscheidung durch Unter- und Obergerichte möglich sein
müsse, durch die Errichtung des Reichskammergerichts als oberster Appellationsinstanz in wichtigern Rechtssachen für das
ganze Reich eine ausdrückliche Anerkennung. Wenn sich nun auch in der Folgezeit nicht wenige Territorien durch Privilegien
de non appellando von der Gerichtsbarkeit des Reichskammergerichts und des neben ihm bestehenden Reichshofrats
zu befreien
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