eignen
Namen abgeschlossen hatte. Umsonst erinnerte
Richelieu,
Breisach sei mit französischem
Geld und
Blut erobert und gehöre
nicht zum Elsaß, umsonst trug er dem
Herzog die
Hand
[* 2] seiner
Nichte an: Bernhard schob seine Feldherrnpflichten vor und lehnte die
Heirat als eine nicht ebenbürtige ab. Selbst das
Versprechen,
Breisach nach seinem
Tod an
Frankreich zu überlassen,
wollte er nicht leisten. Aber auch die Anerbietungen, die man ihm von seiten des
WienerHofs machte, wies er zurück. Er hatte,
wie es scheint, die Absicht, mit der verwitweten Landgräfin Amalie von
Hessen
[* 3] sich zu vermählen und zwischen dem
Kaiser und
dessen Gegnern eine dritte vermittelnde Macht zu bilden.
Nachdem Bernhard den
Winter hindurch in Hochburgund verweilt hatte, begab er sich (Anfang April 1639) nach
Breisach zurück. Allein
unter den Vorbereitungen zu dem neuen
Feldzug gegen die Kaiserlichen starb er in
Neuburg
[* 4] am
Rhein. Der
Verdacht, daß
er anGift, das ihm vielleicht auf
Richelieus Betrieb beigebracht worden, gestorben sei, ist nicht erwiesen.
Über Bernhards
Erbe stritten alle im
Krieg begriffenen Mächte.
Sein kurzes
Testament bestimmte nur im allgemeinen, daß die
eroberten
Lande ihrer Wichtigkeit wegen bei dem
DeutschenReich verbleiben sollten; er wünschte, seine
Brüder möchten sie
unter schwedischemSchutz übernehmen.
7) König von
Italien,
[* 21] Sohn
Pippins, des 810 gestorbenen
SohnsKarls d. Gr., ward von diesem zum König von
Italien ernannt und 813 gekrönt.
Durch die von
Ludwig dem
Frommen 817 vorgenommeneTeilung des
Reichs unter seine
Söhne und die
Übertragung
des Kaisertums auf
Lothar sich für benachteiligt haltend, griff Bernhard zu den
Waffen,
[* 22] wurde aber unter dem
Schein von Unterhandlungen
nach
Châlon an der
Saône gelockt und 818 geblendet, infolgedessen er 17. April starb.
Ludwig der
Fromme bereute diese grausame
That aufrichtig und nahm 822 eine öffentliche
Kirchenbuße dafür auf sich.
Abälard (s. d.), dessen Verurteilung auf der Synode zu Sens er durchsetzte. Auch die religionsphilosophischen Lehren
[* 32] des BischofsGilbert von Poitiers ließ er und zwar zu Reims
[* 33] 1148 verdammen, und nicht minder eifrig wirkte Bernhard gegen die ketzerischen Sekten
im SüdenFrankreichs, wiewohl er sich allen äußern Gewaltmaßregeln abgeneigt zeigte. Er starb in
Clairvaux und ward von PapstAlexander III. 1173 heilig gesprochen. Seine Schriften (Abhandlungen, Predigten, Hymnen) sind herausgegeben
von Mabillon (Par. 1667-90, 6 Bde.; 2. Aufl.
1719, 2 Bde.; neuer Abdruck, das. 1839-40, 2 Bde.;
wiederholt in Mignes »Patrologie«, das. 1851-52, 4 Bde.).
Das bedeutendste unter seinen größern Werken, »De consideratione libri V«, wurde zuletzt herausgegeben
von Schneider (Berl. 1850).
Vgl. Neander, Der heilige und sein Zeitalter (3. Aufl., Gotha 1865);
»Sprachlehre« (das. 1801-1803, 2 Bde.)
und »Anfangsgründe der Sprachwissenschaft« (das.
1805), die letzten beiden Schriften von Bedeutung für die neuere Sprachwissenschaft. Am bekanntesten ist er durch seine Verbindung
mit den Häuptern der romantischen Schule.
Daraus sind seine Theaterkritiken etc., besonders aber seine
»Bambocciaden« (Berl. 1797-1800, 3 Bde.),
2) Karl, Schriftsteller, geb. zu Ottau in Kurhessen, studierte zu Marburg
[* 39] Theologie und Philologie, erhielt 1826 die
Stelle eines Universitätsbibliothekars in Löwen, wo er seine Studien fortgesetzt hatte, und wurde 1829 als erster
Bibliothekar an die kurhessische Landesbibliothek in Kassel
[* 40] berufen. Die hessische Bewegung von 1830 fand in ihm einen ihrer
rüstigsten Vorkämpfer. 1848 trat er für den Wahlbezirk Eschwege in die Nationalversammlung, wo er zu der ParteiGagern gehörte.
Von seinen Schriften verdienen hervorgehoben zu werden: »Versuch einer Kritik der Gründe, die für großes und kleines Grundeigentum
angeführt werden« (Petersb. 1849);
vonSiena,Heiliger, geb. 1380 in Massa-Carrara, machte sich 1400, als eine Pest durch
ganz Italien wütete, durch aufopfernde Krankenpflege verdient. Im J. 1404 trat er in den Franziskanerorden, als dessen Generalvikar
er für die Einführung der strikten Observanz in mehr als 500 Klöstern eifrig thätig war. Mehrere ihm angebotene Bistümer
schlug er aus. Er starb 1444 und wurde 1450 heilig gesprochen. In der Geschichte der Predigt gilt er als
einer der ausgezeichnetsten Repräsentanten der volksmäßigen Beredsamkeit.
Vgl. Toussaint, Das Leben des heil. Bernhardin (Regensb.
1873).
Sie ging bald ans Gymnasetheater, lebte dann in Paris, bis sie 1866 wieder im Théâtre de la PorteSt.-Martin
auftauchte, auf dessen Bühne sie unter angenommenem Namen selbst im Chor mitwirken mußte. 1867 siedelte sie ins Odéontheater
über, auf dem sie in CoppéesSchauspiel »Passant« als Zanetto und als Königin in VictorHugos »Ruy Blas« einen durchschlagenden
Erfolg errang. Allein noch einmal legten sich die Verhältnisse hemmend zwischen sie und ihre nachmalige
Berühmtheit.
Später kehrte sie wieder zu dauerndem Aufenthalt nach Paris zurück und führte eine Zeitlang selbst Direktion,
jedoch mit so geringem Erfolg, daß sie auf Jahre hinaus verschuldet ist. Als Schauspielerin ist sie jedenfalls ein großartiges
Talent, ausgerüstet mit durchdringendem Geiste, doch leider mit nur geringer physischer Kraft,
[* 62] was in leidenschaftlichen Stellen
störend hervortritt. IhreStimme besitzt eine ungewöhnliche Weichheit und melodische Reinheit, ihre schlanke
Figur ist von sprichwörtlich gewordener Magerkeit, ihr feines Gesicht
[* 63] trägt den Ausdruck des Leidens. DoñaSol in VictorHugos
»Hernani« gilt als eine ihrer vorzüglichsten Rollen.
[* 64] Die schauspielerische Bedeutung der Bernhardt wird übrigens noch übertroffen
von ihrer nahezu kindischen Eitelkeit und raffinierten Reklamesucht. Vermählt ist sie seit April 1882 mit
einem mittelmäßigen Schauspieler, Daria (eigentlich Jacques d'Amala).
Vgl. Clamant, Biographie de S. Bernhardt (1879);Colombier,
Le
[* 65] voyage de S. en Amérique (1881).
(Bernia), Francesco, ital. Dichter, geboren gegen Ende des 15. Jahrh.
zu Lamporecchio im Toscanischen als Sprößling einer adligen, aber armen Familie. Nach einer in großer Dürftigkeit verlebten
Jugend trat er in seinem 20. Jahr zu Rom in die Dienste seines Verwandten, des KardinalsBibbiena (s. d.),
nach dessen Tod in die seines Neffen Angiolo und wurde schließlich Sekretär
[* 69] beim Datario Ghiberti, Bischof von Verona,
[* 70] bei welchem
er sieben Jahre blieb. Sein Hang zur Ungebundenheit und zu Genüssen, besonders aber seine rücksichtslose Spottlust, welche
auch die höchsten geistlichen Würdenträger nicht verschonte, verhinderten ihn jedoch, sich eine gesicherte
und behagliche Existenz zu verschaffen, während sein Witz, seine heitere Laune und seine poetischen Talente ihm Freunde und Ruhm
erwarben. Berni war eins der angesehensten Mitglieder der 1527 gestifteten Accademia de' Vignajuoli, zu welcher die
bedeutendsten damals in Rom lebenden Dichter gehörten.
Der Verlust seiner Habe bei der PlünderungRoms 1527 verleidete ihm den Aufenthalt daselbst, und er begab sich nach Florenz,
wo er von den Einkünften eines ihm zugefallenen Kanonikats lebte und des Schutzes des KardinalsHippolyt von Medici und des
Herzogs Alessandro genoß. Die Verbindung mit diesen wurde jedoch verhängnisvoll für Berni. Denn als der
Herzog ihm zumutete, den Kardinal zu vergiften, und Berni sich dessen weigerte, soll er von jenem selbst Gift bekommen haben, woran
er 1536 starb.
Bernis Hauptwerk ist sein »Orlando innamorato« (zuerst Vened. 1541 u. öfter;
am besten Flor. 1827-28, 2 Bde.), eigentlich nur
eine Überarbeitung des Gedichts von Bojardo (s. d.), bei welcher er, ohne an dem Stoff selbst oder am Gang
[* 71] der Erzählung irgend
etwas zu ändern, nur Sprache, Stil und Versifikation des Gedichts verbesserte und demselben einen scherzhaften, oft sogar
burlesken Ton verlieh. Nur die schönen Anfänge der Gesänge gehören Berni ganz zu eigen. Wegen der Reinheit,
Anmut und Eleganz der Sprache und des Versbaues wird jedoch dieser Bernische »Orlando« als klassisch betrachtet, hat das Originalgedicht
bis auf die neuere Zeit fast ganz in Vergessenheit gebracht und wird von den Italienern nur dem »Orlando furioso« des Ariost
nachgestellt. Nächstdem ist Berni besonders berühmt
¶
mehr
wegen seiner burlesk-satirischen Gedichte. Dieselben sind teils Sonette, teils sogen. Capitoli in Terzinen und werden wegen
ihres Witzes und ihrer Laune wie besonders wegen der reinen, echt florentinischen Sprache sehr geschätzt, verletzen aber meistens
in gröblicher Weise den Anstand. Die Italiener betrachten Berni als den größten Meister in dieser Gattung,
die sie nach ihm Poesia bernesca nennen. Diese Gedichte sind mit andern ähnlichen seiner Zeitgenossen (Giov.
della Casa, Molza, Varchi, Mauro u. a.) enthalten in der Sammlung »Opere burlesche« (Flor. 1548-55, 2 Bde.; das.
[Neapel]
[* 73] 1723, 3 Bde., u. öfter)
wie auch in Auswahl abgedruckt hinter der Ausgabe des »Orlando« in den »Classici italiani« (Mail. 1806).
Außerdem hat man von Berni noch einige weniger bedeutende Gedichte und Prosaschriften und eine Anzahl Briefe. Auch als lateinischer
Dichter hat er sich ausgezeichnet. Diese »Rime, poesie latine e lettere«
wurden herausgegeben von Virgili (Flor. 1885).
Hochgebirgsgruppe der Graubündner Alpen, zerfällt durch den Sattel des wilden und vergletscherten Murettopasses
in eine westliche und östliche Hälfte, jene mit dem Monte della Disgrazia (3680 m), diese mit dem Piz Bernina (4052 m) als
Haupt. Hier erreichen die Graubündner Alpen ihre mächtigste Entwickelung; aus einer großartigen Schnee- und
Eiswelt ragt ernst und feierlich ein Kranz von Felsgipfeln auf. Der Eisstrom des Morteratschgletschers, der sich in seiner
obern Hälfte mit dem Persgletscher vereinigt, ist 7,5 km lang und ein wahrer Modellgletscher,
insofern sich auf ihm alle Gletscherphänomene vorfinden.
Gleich ihm entsenden auch der Roseg- und der Tschiervagletscher in ihrer Vereinigung (zur Zeit stark
im Rückgang begriffen) einen Abfluß zum Inn. Aus der Mitte des Gletschers erhebt sich eine mit Kräutern bewachsene Felseninsel,
ein beliebtes Touristenziel. Der Roseggletscher bietet von Pontresina aus einen herrlichen Anblick dar. Von Pontresina, der
besten Station für die Berninagruppe, führen Wege (1¼, bez. 2½ Stunden) zu dem Unterende des Morteratsch-
sowie des Roseggletschers, die man beide von ihrer Fronte besteigen kann.
Durch schön grüne Färbung zeichnet sich der Palügletscher aus, der gegen ValPoschiavo hinabsteigt und mit ein paar andern
Eisströmen der Südabdachung des Gebirges angehört. Auch die abgetrennte Westhälfte des ganzen Berninagebirges, diejenige
des Monte della Disgrazia, birgt ihre mächtigen Eisströme auf der Schweizerseite, in den Nebenthälern
des Bergell: den Fornogetscher ^[richtig: Fornogletscher] und den Albignagletscher. Die Ersteigung der schwierigsten Gipfel
eröffnete der Churer Forstinspektor Coaz mit dem Piz Bernina. Es folgten zunächst Piz Morteratsch (Brügger u. a., 1858),
Piz Tremoggia (J. J. ^[JohannJacob] Weilenmann, 1859), Monte della Disgrazia (Kennedy und Leslie Stephen,
1862), Piz Zupò (Enderlin und Serardy, 1863), Muot da Palü, die mittlere (höchste) Spitze des Palüstocks (Buxton u. a.,
1863), PizRoseg, die etwas niedrigere Nordspitze (Birham, 1863), Piz Roseg, der höhere Südgipfel (Moore und Walker,
[* 74] 1865),
Crasta Güzza (J. J. ^[JohannJacob] Weilenmann, 1865). Diesen ersten Besteigungen folgten weitere gründliche
Durchforschungen der ganzen Gebirgsgruppe, in neuester Zeit besonders durch Güßfeldt, ProfessorMinnigerode, ProfessorSchulz.
Heute ist die Berninagruppe ein Hauptziel des alpinen Sports. Die Spitze des Bernina erreicht man auf dem gewöhnlichen Weg in 8-9
Stunden von der Bovalhütte aus, die 4 Stunden von
Pontresina an der Westseite des Morteratschgletschers
liegt. Einen vortrefflichen Ein- und Überblick der Berninagruppe gewähren auch die nördlich gelegenen Felsnadeln des PizLanguard und des Piz Ot. Die Einsenkung zwischen der Berninagruppe und den mit PizLanguard zur Ofenpaßgruppe gehörigen nächsten
Gebirgsstöcken bildet den Paß Bernina (2330 m), der Engadin und Veltlin (zunächst Puschlav) verbindet (s. Flatz
und Poschiavo).
Die Paßstraße, erst 1864 vollendet, ist die dritthöchste Fahrstraße der Schweiz
[* 75] (Furka 2436 m, Flüela 2403 m) und auch im
Winter lebhaft benutzt. Sie steigt hinter Pontresina, angesichts des Morteratschgletschers, hinan, am Berninawirtshaus vorüber;
weiterhin erscheinen rechts die beiden 7 Monate jährlich zugefrornen Hochseen, deren einer, der LagoNero,
zum Inngebiet gehört, während der Abfluß des LagoBianco dem Po sich zuwendet. Etwa 10 Minuten unterhalb der Paßhöhe, noch
auf der Engadiner Seite, erreicht man das sogen. Ospizio (2309 m), ein gewöhnliches Wirtshaus.
Von hier aus folgt ein näherer (älterer) Fußweg dem Abfluß des LagoBianco über Cavaglia, von wo der
schöne Palügletscher besucht werden kann; die Straße aber biegt links ab und steigt in zahlreichen Windungen thalwärts
am Wirtshaus La Rosa vorüber nach Poschiavo.
Seine Reise dahin, über welche er ein noch erhaltenes Tagebuch geführt hat, glich einem Triumphzug; allein
seine Zeichnungen zum Louvre mußten später ClaudePerraultsEntwürfen weichen. Mehr Beifall hatte eine Büste des Königs aus
Marmor, die Bernini ebenfalls in Paris fertigte; dagegen mißriet eine Reiterstatue des Königs gänzlich. In Rom fand der Künstler
unter Clemens X. sein altes Ansehen wieder und behauptete dasselbe bis zu seinem Tod, Bernini besaß
bedeutende Phantasie und große technische Geschicklichkeit; aber seine Richtung war eine der einfachen Schönheit entfremdete,
dem Geschmack des sinnlichen Reiz und Pomp verlangenden Zeitalters frönende.
Seine Gestalten sind gespreizt und unnatürlich. SeinFleisch hat ein so aufgedunsenes Ansehen, daß die
Muskeln
[* 79] der männlichen Körper an Blasen erinnern, und die Fleischmassen seiner Frauen sind von übertriebener Üppigkeit. SeinFaltenwurf ist manieriert. Auch als Architekt huldigte Bernini demselben theatralischen Pomp; er ist einer der hervorragendsten Vertreter
des Barockstils. In beiden Richtungen, namentlich aber in der Plastik, hat Bernini den größten Einfluß auf
seine Zeitgenossen ausgeübt und zu den verdrehten und haltungslosen Figuren, welche die Bildhauerei vom Ende des 17. Jahrh.
bis über die Mitte des 18. kennzeichnen, das Vorbild gegeben. Von seinen zahlreichen, meist in Rom befindlichen Werken sind
hervorzuheben: die Säulengänge auf dem St. Petersplatz, Berninis Hauptwerk, 1667 angefangen und unter
Clemens IX. vollendet, mit 162 Statuen von Heiligen und Ordensstiftern, die
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Nachdem er 1756 das Bündnis mit Österreich gegen Friedrich II. von Preußen,
[* 87] der auch ihn durch spöttische
Bemerkungen beleidigt hatte, zu stande gebracht, übernahm er 1757 das Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten, das er
indes nur bis 1758 behaupten konnte, da er wegen des unglücklichen Verlaufs der Kriegsereignisse immer dringender zum Frieden
mit Preußen auch ohne Österreich riet. Kurz vor seiner Verabschiedung erhielt er zwar den Kardinalshut,
[* 88] wurde jedoch durch einen Kabinettsbefehl nach seiner Abtei St.-Médard verwiesen.
Nachdem er hier fünf Jahre in philosophischer Muße gelebt hatte, rief ihn der König 1764 zurück und ernannte ihn zum
Erzbischof von Albi. 1769 wurde er nach Rom zum Konklave gesandt und bewirkte durch seinen Einfluß die WahlClemens' XIV., sowie er auch bei der durch diesen verfügten Aufhebung des Jesuitenordens thätig war. Da er bald darauf zum
Gesandten in Rom ernannt wurde, so verließ er Rom nicht mehr. Die Achtung, die ihm sein Hof zollte, bewies der ihm 1774 bewilligte
ungewöhnliche Titel Protecteur des églises de France.
Seine Freigebigkeit und Dienstfertigkeit, die edlen Eigenschaften seines Charakters, aber auch seine großen geistigen Vorzüge,
sein feiner Sinn für Litteratur und Kunst und sein freies, unbefangenes Urteil machten sein Haus zu einem Sammelplatz der ausgezeichnetsten
MännerRoms, erschöpften aber seine Mittel. Nach der französischen Revolution wurde er seines Gesandtschaftspostens
entsetzt und verlor seinen hohen Gehalt und seine Einkünfte aus Pfründen (400,000
Livres), blieb aber zu Rom, auf Verwendung
seines Freundes, des RittersAzara, vom spanischen Hofe freigebig unterstützt, und starb daselbst Als Dichter hat
er besonders die »beschreibende Poesie« kultiviert und namentlich mit »Les quatre saisons, ou les Géorgiques
française« und »Le palais des heures, ou les quatre points du jour«
große Erfolge geerntet.
Ausgaben seiner »Œuvres complètes« erschienen zu Paris 1797 und 1825; seine »Poésies« gab Drujon heraus (das. 1882). Seit
er sich ausschließlich dem geistlichen Stand gewidmet, entsagte er der Ausübung der Dichtkunst und vermied
selbst die Erwähnung seiner poetischen Werke. Nach seinem Tod fand sich unter seinen Papieren ein Gedicht: »La religion vengée«
(neue Ausg. 1848). Seine Korrespondenz mit Voltaire erschien Paris 1799; seine Memoiren und politische Korrespondenz gab Masson
heraus (»Mémoires et lettres du cardinal de Bernis 1715-58«, Par.
1878, 2 Bde.) und im Anschluß daran: »Le
cardinal de Bernis depuis son ministère, 1758-74« (das. 1884).
(Beronis castellum), Kreisstadt im preuß. Regierungsbezirk Trier,
[* 89] rechts an der Mosel in enger Thalschlucht 104 m ü. M.
romantisch gelegen, mit Wengerohr an der Koblenz-TriererBahn durch eine Zweigbahn verbunden, hat ein Amtsgericht,
eine evangelische und kath. Kirche, eine Moselbrücke, Zigarrenfabrikation, berühmten Weinbau (»Bernkasteler Doktor«),
Handel
mit Wein und Schiefersteinen, Schiffahrt, Schieferbrüche in der Nähe und (1880) 2460 Einw. (76 Evangelische und 93 Juden). Über
der Stadt Trümmer eines Bergschlosses. Bernkastel gehörte frühzeitig zum Erzstift Trier und erhielt durch König
AdolfStadtrechte. Die Burg wurde bereits im 7. Jahrh. von einem Grafen Bero erbaut (daher der Name), aber 1017 vom Erzbischof
Poppo als Raubnest zerstört. Der jetzige Bau rührt vom ErzbischofHeinrich her (1277), wurde 1639 von den Franzosen eingenommen, 1674 vergeblich
belagert und brannte 1692 ab.
J. 1693 ward er Professor der Mathematik in Wolfenbüttel,
[* 96] kehrte aber 1694 nach Basel
zurück, wo er in der medizinischen Fakultät
promovierte. In seiner Inauguraldissertation »De motu musculorum« (Groningen 1694) wandte er die Differentialrechnung auf die
mechanische Muskelbewegung an. Im J. 1695 wurde er Professor der Mathematik in Groningen, 1705 in Basel,
starb daselbst Seine
Abhandlungen wurden von Cramer gesammelt (Genf
1742, 4 Bde.). Seine »Korrespondenz mit Leibniz« erschien zu Genf
1745, 4 Bde. Bernoulli erfand
das leuchtende Barometer
[* 97] und lieferte Untersuchungen über die Verluste und Zunahme, welche der menschliche Körper erfährt.
In der Abhandlung »De nutritione« (Lausanne
[* 98] 1742) behauptet er, daß der Mensch innerhalb eines Jahrs zwei
Drittel seines Körpers verliere, und daß nach zehn Jahren nur noch der 50. Teil des ursprünglichen Stoffes übrig sei. Unter
seinen astronomischen Abhandlungen sind die über die elliptische Form und die Neigung der Planetenbahnen die bedeutendsten.
Seine »Opera omnia« erschienen zu Lausanne 1742, 4 Bde., und enthalten 189 Aufsätze.
6) Johann, Sohn von Bernoulli 5), geb. zu Basel,
ward 1764 Astronom in Berlin und starb daselbst als Direktor der mathematischen
Klasse der Akademie Er schrieb: »Recueil pour les astronomes« (Berl. 1772-76, 3 Bde.);
»Lettres sur différents sujets« (das. 1777-79, 3 Bde.);
7) Christoph, Neffe des vorigen, geb. zu Basel,
studierte nach einer wechselvollen Jugend seit 1801 Naturwissenschaften in
Göttingen
[* 103] und kam 1802 als ordentlicher Lehrer an das Pädagogium nach Halle. Nach zwei Jahren ging er nach
Berlin und Paris, eröffnete dann in seiner Vaterstadt 1806 eine Privatlehranstalt und erhielt 1817 die Professur der Naturgeschichte
an der Universität, seit welcher Zeit er sein Privatstudium vorzüglich der Technologie und Statistik zuwendete. 1861 legte
er seine Professur nieder und starb Bernoulli war einer der fleißigsten Schriftsteller
im Fach der Technologie und politischen Arithmetik; seine Schriften vermitteln den Übergang von der ältern empirischen Behandlungsweise
zu der neuern rationellen.
Die verdienstlichsten sind: »Über den nachteiligen Einfluß der Zunftverfassung auf die Industrie« (Basel
1822);
»Handbuch der Populationistik« (Ulm
[* 104] 1840-41, Nachtrag 1843) und »Technologische Handencyklopädie«
(Stuttg. 1850).
Auch gab Bernoulli das »Bürgerblatt« und nach dessen Aufhören
das »Schweizerische Archiv für Statistik und Nationalökonomie« (Basel
1828-30, 5 Bde.) heraus. - Sein Sohn JohannGustav Bernoulli, geb. 1811 zu Basel,
gest. bearbeitete
das von seinem Vater herausgegebene »Vademekum des Mechanikers« (17. Aufl., bearbeitet von Autenheimer, Stuttg.
1884).