(spr. bihk),CharlesTilstone, engl. Reisender, geb. zu
London,
[* 2] erlernte den
Handel, sah sich aber durch
Familienverhältnisse veranlaßt, diesen mit der
Rechtswissenschaft zu vertauschen, und trat als
Student derselben in
Lincoln'sInn ein. Allein bald entsagte er auch dieser Laufbahn, um sich historischen, ethnographischen und philologischen
Studien zuzuwenden, und veröffentlichte als
Frucht derselben »Origines biblicae, or researches in primeval history«
(Lond. 1834, Bd. 1), welches vom Standpunkt
der strengsten Bibelbuchstabengläubigkeit aus verfaßte Werk namentlich in
Deutschland
[* 3] scharfe
Kritiken erfuhr. Nachdem er in
Leipzig,
[* 4] wo er 1836-1837 die
Geschäfte des englischen
Konsulats versah, seine
»Verteidigung gegenDr.
Paulus«
(Leipz. 1836) geschrieben, begleitete er 1837
Moore auf seiner
Reise nach
Palästina,
[* 5] wo er die ersten Messungen über die
Depression
[* 6] des
TotenMeers vornahm, wurde darauf 1840 der Expedition des
MajorsHarris nach
Abessinien beigesellt und erwarb sich hier namentlich
durch die Erforschung
Godschams und der südlicher gelegenen, bis dahin noch völlig unbekannten
Länder
ausgezeichnete
Verdienste. Die
Resultate seiner
Reise sind in »Abyssinia. A statement of facts etc.«
(2. Aufl., Lond. 1846) veröffentlicht. Nach seiner Rückkehr erregte
Beke durch die
Schriften: »Essay on the
Nile and its tributaries« (Lond. 1847),
»On the sources of the
Nile in the mountains
of the Moon« (das. 1848),
»On the sources of the
Nile« (das. 1849) sowie durch sein
»Mémoire justificatif en réhabilitation
des pères Paetz et
Lobo« (Par. 1848) unter den Geographen Aufsehen. Auch wurde er mit A. d'Abbadie in einen
Streit verwickelt, indem
er denBeweis zu führen suchte, daß des letztern
Reise nach
Kaffa zur
Entdeckung
der Nilquellen (1843-44) erdichtet sei. Indessen ward d'Abbadie in der
Folge glänzend gerechtfertigt.
Noch sind anzuführen:
seine
Arbeit »On the geographical distribution of the languages of Abyssinia«
(Edinb. 1849) und das für die nordische Entdeckungsgeschichte wichtige Werk »Gerrit
de Veer« (Lond. 1853). In »The
sources of the
Nile, with the history of Nilotic discovery« (Lond. 1860) stellte er dann die Ergebnisse
seiner langjährigen Untersuchungen über die Nilfrage zusammen.
Andre Werke von ihm sind: »The French and the
English in the
Red Sea« (Lond. 1863) und
»Jacob's flight,
or a pilgrimage to
Harran« (das. 1865), die
Beschreibung eines 1861 unternommenen
Ausflugs nach
Harran und von da über das
GebirgeGilead nach
Palästina.
Abermals verließ Beke
England, als er im
November 1865 die erfolglose
Mission nach
Abessinien zur
Befreiung der englischen Gefangenen
übernahm. Nach seiner Rückkehr nach
London veröffentlichte er das Werk »The British captives in
Abyssinia« (Lond. 1867), schrieb mehrere neue Abhandlungen über das noch immer nicht gelöste
Problem der Nilquellen (wie er denn 1870 die Behauptung aufstellte, der Kassabi sei die eigentliche
Quelle
[* 7] des
Nils) und unternahm 1874 eine
neue
Reise nach
Ägypten
[* 8] und dem nordwestlichen
Arabien, wo er in dem
Dschebel el Bârghir am
Busen von
Akabah
den eigentlichen
Sinai gefunden zu haben glaubte. Er starb in
London. Seine
Witwe veröffentlichte noch »Discovery
of
MountSinai in Arabia and of
Midian« (Lond. 1878).
auf
Grund der neutestamentlichen
Forderung »Thut
Buße« (wörtlich: »stellt euern
Sinn um«)
und »bekehrt euch« (wörtlich: »wendet
euch herum«) gebildeter dogmatischer und asketischer
Kunstausdruck für
den auf religiösen
Motiven beruhenden sittlichen Umschwung,
auf welchen es alle christliche
Verkündigung abgesehen hat.
Die Bekehrung besteht nach lutherischer Lehrweise aus
Buße und
Glauben,
nach reformierter aus
Absterben des alten, Aufleben des neuen
Menschen.
Gegenüber der Blittersdorffschen
Reaktion blieb Bekk seinen freisinnigen Überzeugungen nicht nur treu, sondern war auch eine
Zeitlang der eigentliche
Führer der
Opposition. Der
Bericht, in welchem 1841 der
Regierung das
Recht der Urlaubsverweigerung
bestritten ward, war Bekks
Arbeit, und die ruhige, aber feste
Opposition wurde von ihm geleitet. Dabei
zeichnete ihn eine maßvolle
Besonnenheit aus, weshalb er auch 1842 zum Kammerpräsidenten gewählt wurde. Seit
Blittersdorffs¶
Auch 1848 setzte er den allgemeinen Forderungen keinen Widerstand entgegen. Nachdem er das Ministerium durch gleichgesinnte Kollegen
ergänzt hatte, war er redlich bemüht, eine Reorganisation der gesamten Staatsverfassung auf friedlichem
Weg durchzuführen. Infolge der badischen Mairevolution erhielt er indes seine Entlassung. Nach der Unterdrückung
des Aufstandes wählte man ihn in mehreren Wahlbezirken zum Abgeordneten. Als solcher saß er auch im Volkshaus zu Erfurt;
[* 24] in der badischen Kammer aber nahm er im März 1850 wiederum den Präsidentensitz und hierauf die Stelle
eines Präsidenten des Hofgerichts in Bruchsal an, wo er starb. Außer mehreren Monographien über einzelne Teile
der Rechtswissenschaft und trefflichen Beiträgen zu den von ihm redigierten »Annalen der badischen Gerichte« schrieb er: »Die
Bewegung in Baden«
[* 25] (Mannh. 1850), worin er sich gegen die Vorwürfe verteidigte,
die gegen ihn sowohl von seiten der Radikalen als der Konservativen erhoben worden waren.
1) Balthasar, aufgeklärter Theolog der reform. Kirche, geb. zu Metzlavier in Westfriesland, wo
sein VaterPrediger war, studierte zu Groningen und Franeker, ward Prediger in dem friesischen Dorf Oosterlittens,
sodann nacheinander zu Franeker, Loenen und Weesp in Holland, endlich 1669 zu Amsterdam.
[* 26] Schon in Friesland hatten ihm seine Verteidigung
der Cartesianischen Philosophie und die Herausgabe eines Lehrbuches der Dogmatik (betitelt »Vaste Spisse«, »StarkeSpeise«) den
Vorwurf des Socinianismus zugezogen; als er aber in seinem Hauptwerk: »De betoverde weereld« (»Die bezauberte
Welt«, 1691 u. öfter), den herrschenden Aberglauben in betreff böser Geister, Hexen und Zauberer angriff, ward er von einer
Synode 1692 abgesetzt und exkommuniziert. Er starb
2) Elisabeth, eine der ausgezeichnetsten holländ. Schriftstellerinnen, geb. zu
Vlissingen, war verheiratet mit dem reformierten PredigerAdrianWolff in Beemster und trat zuerst mit kleinen
satirischen Arbeiten, dann auch mit größern Werken auf. Aufsehen erregte gleich anfangs ihre Erzählung »De menuet en de Dominées-Pruik«,
ein witziges und in seinen naiven Sittenschilderungen äußerst treffendes Werkchen. Dann lieferte sie ernsthafte Gedichte,
z. B. »Walcheren« (1769),
mit welcher sie auch während
des sogen. englischen Kriegs nach Frankreich zog und sich zu Trévoux niederließ (1788), wo ihre Liedersammlung »Wandelingen
in Bourgogne« entstand. Endlich 1798 nach Holland zurückgekehrt, nahmen sie ihren Wohnsitz im Haag,
[* 27] wo Bekker starb
und ihre Freundin Deken ihr bereits 14. Nov. d. J. im Tod nachfolgte. Die Bedeutung von Bekker für die holländische Litteratur beruht
nicht auf ihren Gedichten, sondern auf ihren Prosawerken, namentlich den
Romanen, welche sie in Gemeinschaft
mit der Deken schrieb, und worin sie sich bemühte, der Schriftsprache die ungezwungene, natürliche Leichtigkeit der Unterhaltungssprache
zu geben.
Beide Frauen sind als die Schöpferinnen des niederländischen Originalromans zu betrachten. Ihr Hauptwerk ist die »Historie
van mejuffrouw Sara Burgerhart« (Haag 1782, 2 Bde.; neue Ausg.
1879), die sich ebenso gegen die französische Romantik wie gegen die deutsche Sentimentalität wandte
und ihren Wert ohne alles Haschen nach Effekt in einfacher, wohlmotivierter Darstellung und gediegener Charakteristik suchte.
Die folgenden Romane sind in demselben Geist gehalten, aber breiter und redseliger und geben der Neigung zum Moralisieren zu
viel Raum. Sie heißen: »Historie van den heer Willem Leevend« (Haag 1784-85, 8 Bde.);
»Brieven van Abraham
Blankaart« (das. 1787-89, 3 Bde.);
Seine großartige Thätigkeit richtete sich fast ausschließlich auf die diplomatisch-kritische Bearbeitung der klassischen
Schriftwerke. Er unterscheidet selbst Rezensionen, d. h. völlig selbständig nur auf neuverglichenen Handschriften beruhende
oder zuerst herausgegebene Schriften, und Rekognitionen. Von erstern nennen wir: »Apollonii Alexandrini
de pronomine liber« in Buttmanns und Wolfs »Museum antiquitatis« (Berl. 1811),
Sophista, Polybios, Appian, Lukian, Diodor, Suidas, Apollodors Bibliothek, Heliodors Äthiopika, FlaviusJosephus, Plutarchs Biographien.
Von der durch die BerlinerAkademie veranstalteten Sammlung der »Scriptores historiae byzantinae« hat er 25 Bände bearbeitet.
Von lateinischen Autoren hat er nur Livius (Berl. 1829) und Tacitus (Leipz. 1831, 2 Bde.)
ediert. Auch besorgte er eine neue Ausgabe von Nitz' »Griechischem Wörterbuch in etymologischer Ordnung«
(Berl. 1821). Außerdem hat er sich viel mit provençalischen und altfranzösischen, zum großen
Teil bis dahin ungedruckten Sachen befaßt, die teils in den Abhandlungen der Akademie, teils an andern Stellen publiziert wurden;
so unter andern der provençalische »Fierabras«, die altfranzösischen Romane von »Aspremont«, von »Flor
und Blancheflor«. Seine letzte Schrift sind die »Homerischen Blätter« (Bonn 1863-72, 2 Bde.).
4) ErnstImmanuel, namhafter Rechtsgelehrter, Sohn des vorigen, geb. zu Berlin, studierte daselbst und in Heidelberg
und habilitierte sich nach einigen Jahren praktischer Thätigkeit 1853 in Halle, wurde dort 1855 zum außerordentlichen
Professor ernannt und 1857 als ordentlicher Professor der Rechte nach Greifswald
[* 39] berufen. 1874 ging er als Nachfolger Windscheids
nach Heidelberg. Er schrieb: »Die prozessualische Konsumption« (Berl. 1853);
»Über die Kouponsprozesse der österreichischen
Eisenbahngesellschaften« (Weim. 1881).
Mit Th. Muther begründete er das »Jahrbuch des gemeinen deutschen Rechts« (Leipz. 1857-63, 6 Bde.).
Auch war er eine Zeitlang Mitherausgeber der »Kritischen Vierteljahrschrift für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft«.
im deutschen HeerKommissionen, welche für die Beschaffung, Aufbewahrung
und Auffrischung der Bekleidungs- und Ausrüstungsstücke der Regimenter zu sorgen sowie deren Bekleidungsfonds zu verwalten
haben;
Außer diesen Regiments-Bekleidungskommissionen gibt
es noch Bataillons-Bekleidungskommissionen, denen die Aufbewahrung der ihnen überwiesenen Vorräte und die Abfindung der Kompanien
obliegen.
Gott, s. Baal. Die biblische Historie vom Bel zu Babel und Drachen zuBabel bildet zwei Beilagen
zum Daniel (s. d.), welche in der alexandrinischen und in andern alten Bibelübersetzungen das 14. Kapitel jenes prophetischen
Buches ausmachen und bei Luther unter den Apokryphen des Alten Testaments stehen. Es sind spätere, griechisch geschriebene Sprößlinge
der Danielssage.
»DeMaria Hungariae regina comment. hist. crit.« (das. 1742) und »DeMaria Hungariae non rege sed regina« (das. 1744)
u. a. und redigierte die »Acta Eruditorum« und die »Leipziger gelehrte Zeitung«, die er von 1753 bis 1781 herausgab.
2) Bela II., der Blinde, Enkel des vorigen, war, als Knabe mit seinem Vater Almus vom König Koloman geblendet, ein unselbständiger
Fürst, gegen welchen als Prätendent Boris, Sohn der von Koloman wegen Ehebruchs verstoßenen Gattin, der russischen Prinzessin
Pendslawa, auftrat, regierte 1131-1141, wurde beherrscht von seiner Gemahlin Helena, Tochter des Serbenfürsten
Wrosin, die zur Einschüchterung der Gegenpartei den sogen. Arader Bluttag in Szene setzte.
Nach dem Abzug der Mongolen that Bela alles zur Herstellung des Wohlstandes: er rief deutsche Kolonisten herbei, hob die Städte,
sorgte für bessern Anbau des Bodens, siedelte die Kumanen in den Einöden an der Theiß an und beförderte
eine bessere Stellung des Bauernstandes. Auch eroberte er 1246 die an HerzogFriedrich abgetretenen Landstriche zurück. 1262 wehrte
er einen neuen Einfall der Mongolen in Ungarn siegreich ab. Zuletzt geriet er noch in einen Krieg mit seinem
Sohn Stephan, der sich gegen ihn empört hatte.
5) Bela V., der unter diesem Namen 1305 als Kronprätendent auftretende Otto vonBayern,
[* 53] dessen Großvater von mütterlicher Seite
Bela IV. war.
(arab., Plural von Biled), s. v. w. Bezirk, häufig vorkommend in arabischen Lokalnamen, z. B. Belâd Bescharah, eine
Gebirgslandschaft der Drusen
[* 54] im Libanon, mit Tibnin als Hauptort;
die Gesamtheit des artilleristischen und technischen Materials zur Belagerung einer Festung;
[* 57] auch der
Platz, wo dasselbe vor derFestung angesammelt ist. Der artilleristische Belagerungspark umfaßt die Geschütze, Munition, Laboratorien, das
Batteriebaumaterial etc., der Ingenieur-Belagerungspark das Material für die Angriffs arbeiten der Pioniertruppen. Man legt den in der Nähe
von Eisenbahnen, Wasser und fahrbaren Straßen, womöglich nicht sichtbar und außerhalb des Schußbereichs
der Festung, etwa 8-10 km von derselben entfernt, an. Die Verbindung mit den Angriffs arbeiten vor derFestung vermitteln näher
gelegene, sogen. Zwischendepots. Vgl. Festungskrieg. Alles im B. zu sammelnde Material wird im Frieden als Belagerungstrain in
gewissen Festungen bereit gehalten. Es gibt eine bestimmte Anzahl Belagerungstrains, in Sektionen mit je
einer Munitionsparkkolonne geteilt, deren Zusammensetzung und Organisation geheim gehalten wird. Je nach der Größe der zu
belagernden Festung werden eine gewisse Anzahl Sektionen der Belagerungstrains zu einem Belagerungspark vereinigt.
(franz. État de siége), eine Art moderner Diktatur, bestehend in der Übertragung
der gesamten öffentlichen Autorität auf die Militärbehörden, welche zugleich mit außerordentlichen Vollmachten bekleidet
werden. Ursprünglich nur auf das bestimmte kriegerische Verhältnis einer eigentlichen Belagerung berechnet, wurde der auch
auf andre Verhältnisse übertragen, und zwar versuchte die französische Revolution zuerst eine Regelung dieses Gegenstandes
durch Gesetz vom woran sich dann später, namentlich unter Napoleon I., verschiedene andre wichtige
Gesetze anschlossen.
Hiernach kann der Belagerungszustand über ganze Distrikte und Provinzen und nicht bloß bei einer eigentlichen Belagerung und überhaupt nicht
bloßen Kriegszeiten, sondern auch
im Frieden zur Unterdrückung revolutionärer Bewegungen verhängt werden. So
erklärte z. B. Karl X. die Stadt Paris in den Belagerungszustand. Auch das Jahr 1848 rief über die Hauptstadt der damaligen französischen
Republik den Belagerungszustand herbei, und Gleiches war 1871 infolge des furchtbaren Aufruhrs der Kommune zu Paris der Fall. Ebenso ist in diesem
Jahrhundert auch in andern Staaten des Kontinents wiederholt der Belagerungszustand zur Unterdrückung von revolutionären
Versuchen verfügt worden, namentlich auch in Deutschland 1848 und 1849, insbesondere nach dem badischen Aufstand, ebenso von
den Österreichern 1878 in Bosnien.
[* 58] Auch wurden während des Kriegs 1870/71 einzelne Bezirke in Deutschland in Belagerungszustand erklärt. Nach
der gegenwärtigen deutschen Reichsverfassung (Art. 68) steht dem Kaiser das Recht zu, wenn die öffentliche
Sicherheit in dem Bundesgebiet bedroht ist, einen jeden Teil desselben in den Kriegszustand zu erklären, eine Bestimmung,
die jedoch für Bayern keine Geltung hat.
Dabei wird auf das königlich preußische Gesetz vom über den Belagerungszustand Bezug genommen, dessen Bestimmungen
in einem solchen Fall maßgebend sein sollen, so daß also hiernach die Erklärung des Belagerungszustandes von der vorgängigen
Erklärung des Kriegszustandes abhängig ist. Nach dem angezogenen Gesetz vom ist für den Fall des Kriegs in den vom
Feind bedrohten Provinzen jeder Festungskommandant befugt, die ihm anvertraute Festung mit ihrem Rayonbezirk
in Belagerungszustand zu erklären; für andre Bezirke steht die Erklärung dem kommandierenden General zu. Für den Fall eines Aufruhrs kann
der Belagerungszustand sowohl in Kriegs- als Friedenszeiten erklärt werden, doch geht die Erklärung dann vom Staatsministerium aus, und nur
in dringenden Fällen kann dieselbe provisorisch und vorbehaltlich der ministeriellen Bestätigung, rücksichtlich
einzelner Orte und Bezirke, durch den obersten Militärbefehlshaber auf Antrag des Verwaltungschefs oder, wenn Gefahr im Verzug
ist, durch den Militärbefehlshaber allein erfolgen.
Die Erklärung des Belagerungszustandes geschieht durch öffentlichen Ausruf bei Trommelschlag oder Trompetenschall, durch
Mitteilung an die Gemeindebehörde, durch Anschlag an öffentlichen Plätzen und durch öffentliche Blätter.
Mit der erfolgten Bekanntmachung geht die vollziehende Gewalt an die Militärbefehlshaber über, so daß die Zivilverwaltungs-
und die Kommunalbehörden den Anordnungen der Militärbefehlshaber Folge zu leisten haben. Gleichzeitig können auch das freie
Vereins- und Versammlungsrecht, das Recht, daß niemand seinem ordentlichen Richter entzogen werden darf,
die Freiheit der Presse,
[* 59] die Rechte, welche sich auf Unverletzlichkeit der Wohnung und die persönliche Freiheit beziehen, für
die Dauer des Ausnahmezustandes suspendiert werden, und es hängt lediglich von dem Ermessen des kommandierenden Militärbefehlshabers
ab, welche Beschränkungen er an die Stelle der hierüber sonst geltenden Bestimmungen treten lassen will.
Stelle der Zivilrichter selbst Kommunalbeamte dazu genommen werden. Das Verfahren ist ein sehr summarisches, das sogen. standrechtliche.
Die Verhandlungen sind öffentlich und mündlich, und der Beschuldigte kann sich eines Verteidigers bedienen. Der Berichterstatter
(öffentliche Ankläger), als welcher ein Auditeur oder in Ermangelung desselben ein andrer Offizier fungiert, trägt in Anwesenheit
des Beschuldigten die demselben zur Last gelegte Thatsache vor.
Der Beschuldigte wird aufgefordert, sich darüber zu erklären, und wenn er dieselbe bestreitet, so wird sogleich zur Aufnahme desThatbestandes durch Erhebung der vorliegenden Beweise geschritten. Darauf folgt sogleich in nichtöffentlicher Beratung die
Fassung des Urteilsspruchs, gegen den kein Rechtsmittel zulässig ist; nur die auf Todesstrafe lautenden
Erkenntnisse unterliegen in Friedenszeiten der Bestätigung von seiten des kommandierenden Generals der Provinz.
AlleStrafen werden sogleich nach Verkündigung des Erkenntnisses zum Vollzug gebracht und zwar binnen 24 Stunden, Todesstrafen
in gleicher Zeit nach der erfolgten Bestätigung des Befehlshabers. Die letztern werden durch Erschießen
vollstreckt. In Frankreich ist ein neues Gesetz über den Belagerungszustand verkündet worden, wonach derselbe im Fall eines bewaffneten
Aufstandes und im Fall einer feindlichen Invasion eintreten kann. Außerdem kann der Präsident auf Grund eines Gutachtens des
Staatsrats auch in sonstigen Notfällen den Belagerungszustand erklären.
Die Maßregel muß aber den Kammern zur Bestätigung unterbreitet werden. Das englische Recht kennt das
Institut des Belagerungszustandes nicht, sondern nur die Suspension gewisser Gesetze in Zeiten der Not, namentlich die Suspension
der Habeaskorpusakte. Als sogen. kleiner Belagerungszustand werden die infolge des Sozialistengesetzes
über gewisse Bezirke verhängten Ausnahmsmaßregeln bezeichnet (s. Sozialdemokratie).
Vgl. Finlason, A
treatise in martial law (Lond. 1866).
(Bilbeis), Stadt in Unterägypten, nordöstlich von Kairo,
[* 61] mit 2-3000 Einw., welche Lupinen-, Bohnen- und Korianderbau
treiben. Belbês war sonst eine große, stark befestigte Stadt, welche Ägypten gegen Syrien deckte und durch (jetzt meist verfallene)
Kanäle ihr Wasser aus dem Nil erhielt.
Napoleon I. ließ Belbês 1798 von neuem befestigen.
(Belbog), Dorf im preuß. Regierungsbezirk Stettin,
[* 62] bei Treptow a. R., mit 140 Einw., geschichtlich merkwürdig
durch das früher hier auf einer Anhöhe gelegene gleichnamige Kloster, das, 1170 von Kasimir I. gegründet, eins der mächtigsten
in Pommern
[* 63] war, von dem aber heute nur noch wenige Ruinen vorhanden sind. 1269 gehörten dem Kloster 47 Dörfer
und der größte Teil der Stadt Treptow; der Abt führte das Zeichen der bischöflichen Würde und übte über die meisten Adligen
der Gegend die Lehnshoheit. Dabei zeichnete Bildung den Konvent vorteilhaft aus. Als sich 1523 der größte
Teil der Mönche für die Reformation erklärte und das Kloster verließ, zog HerzogBogislaw X. die Güter desselben ein.
1) der zweithöchste Berg des Schwarzwaldes, südwestlich vom Feldberg, 1415 m hoch, ein schroff ansteigender
Kegel, dessen Spitze eine herrliche Aussicht nach dem Wasgenwald, der ganzen Alpenkette vom Montblanc bis
zum Säntis und über die Rauhe Alb und den Schwarzwald gewährt. Der Belchenpaß (1119 m) führt über die Krinne aus dem Münsterthal
in das Wiesenthal. -
(spr. beltscher),Sir Edward, engl. Seefahrer, geb. 1799, begleitete 1825 den KapitänBeechey nach der Beringsstraße,
machte 1836-42 eine Reise um die Erde, war 1843-48 mit Aufnahme der Küsten des IndischenOzeans beschäftigt, wobei er von den
Piraten bei Borneo gefährlich verwundet ward, und leitete 1852-54 eine Expedition nach den Polarländern
zur Aufsuchung Franklins, die aber trotz der weit ausgedehnten Schlittenreisen und wichtiger während derselben gemachter
Aufnahmen für verfehlt gehalten wurde, zumal da er von fünf Schiffen vier im Eis
[* 67] zurückgelassen hatte. Vor ein Kriegsgericht
gestellt, wurde er freigesprochen und 1864 zum Konteradmiral, 1866 zum Vizeadmiral ernannt. Er starb in
London. Belcher schrieb: »Narrative of a voyage round the world« (Lond.
1843, 2 Bde.);
»Voyage of the Samarang to the eastern archipelago« (1848, 2 Bde.);
»The last of the arctic voyages« (1855, 2 Bde.);
»The great equatorial current, misnamed Gulfstream« (1871).
Adam, poln. Schriftsteller, geb. 1839 zu Krakau,
[* 69] absolvierte 1865 die philosophische Fakultät der dortigen
Universität und wurde im nächsten Jahr zum Dozenten der polnischen Litteratur an der WarschauerUniversität
ernannt. 1868 siedelte er in derselben Eigenschaft nach Krakau über, wo er 1870 auch Mitglied der Akademie wurde. Von seinen
zahlreichen historischen Dramen sind hervorzuheben: »Adam Tarlo« (1869),
»Krol Wladyslaw Warnenczyk« (1877) u.
»Przysiega« (1878). Wenig Anklang fanden seine
Sittenromane, wie: »Dlug honorowy« (1872),
»Patryarcha« (1872) etc.
Von nicht geringem Werte dagegen sind seine litterar-historischen Schriften: »Romantika przed Mickiewiczem«, »Konrad Wallenrod«,
»Die polnische Poesie des 19. Jahrhunderts«, »KasimirBrodzinski« (1875),
berüchtigte »Sistierungspolitik«, die mit allen Mitteln der Gewalt und jesuitischer Schlauheit, dabei mit junkerhaftem Leichtsinn
auf Herstellung des Absolutismus und der Konkordatsherrschaft sowie auf Niederdrückung der Deutschen und der Ungarn hinarbeitete.
Während des durch Belcredis Politik mit heraufbeschwornen Kriegs von 1866 suchte er unter dem Schutz des Kriegszustandes die
Erreichung der ihm vorschwebenden Ziele zu fördern. Hartnäckig trotz des allgemeinen Unwillens an seinem
Portefeuille festhaltend, behauptete er sich auch noch neben Beust und dessen Ausgleichspolitik, bis endlich das Gelingen der
letztern ihn zu Falle brachte. Anfang Februar 1870 nahm Belcredi seine Entlassung. Nach dem neuen Sieg derKlerikal-Feudalen unter
Taaffe ward Belcredi 1881 zum Präsidenten des Verwaltungsgerichtshofs und zum Mitglied des Herrenhauses ernannt.
(Injurie, lat. Injuria, Beschimpfung, Ehrenkränkung, Ehrenverletzung), die rechtswidrige Handlung, durch welche
eine Person vorsätzlich die Ehre einer andern angreift. Je nachdem dies durch Thätlichkeiten oder auf
andre Weise (Wort, Schrift, Abbildung etc.) geschieht, pflegt man zwischen Real- und Verbalinjurien zu unterscheiden. Wichtig
ist ferner der Unterschied zwischen einfacher und Verleumdung (verleumderischer Beleidigung), welch letztere dann vorliegt, wenn die
Behauptung oder Verbreitung einer ehrenrührigen Thatsache wider besseres Wissen, also trotz des Bewußtseins
der Unwahrheit derselben, erfolgte.
Ebenso unterscheidet das französische Recht zwischen Injure und Diffamation (Verleumdung), indem die fälschliche Beschuldigung
einer strafbaren Handlung insbesondere Calomnie und die verleumderische Beleidigung eines öffentlichen Beamten Outrage genannt werden.
Die einzelnen Merkmale einer Beleidigung sind folgende:
1) Die Ehre einer Person muß angegriffen sein, d. h. die Achtung, welche einer Person als solcher zukommt,
ohne besondere Rücksicht auf die privatpersönliche Ehrenhaftigkeit derselben. Deshalb macht der Verlust der bürgerlichen
Ehrenrechte die gegen den dadurch
Betroffenen verübte Beleidigung nicht etwa straflos, weil jenem ja nur bestimmte
staatsbürgerliche Rechte, keineswegs aber das Recht der Persönlichkeit überhaupt entzogen ist. Ebendeshalb
können auch Unmündige und Wahnsinnige sowie die sogen. juristischen Personen, z. B. eine Gemeinde, beleidigt werden.
2) Eine Verletzung dieser Ehre muß vorliegen; es gibt keinen strafbaren Versuch der Beleidigung. Ob in der fraglichen Handlung wirklich
ein Angriff auf die Ehre zu finden sei, bestimmt sich nach den Umständen des einzelnen Falles, namentlich
auch nach der Lebensstellung des Beleidigers und des Beleidigten. In letzterer Beziehung erscheint es als Straferhöhungsgrund,
wenn ein Beamter in seiner amtlichen Stellung beleidigt wurde (s. Amtsbeleidigung), oder wenn eine Militärperson einen Vorgesetzten
beleidigte (sogen. Militärbeleidigung, s. unten).
3) Die Handlungsweise des Beleidigenden muß eine vorsätzliche sein. Aus Fahrlässigkeit kann man sich
einer Beleidigung nicht schuldig machen; es gehört dazu vielmehr das Bewußtsein des beleidigenden Moments (animus injuriandi), wozu
jedoch das Bewußtsein genügt, daß diese Handlungsweise geeignet sei, den andern an seiner Ehre zu kränken.
4) Die Handlungsweise muß widerrechtlich sein. In dieser Beziehung ist besonders hervorzuheben,
daß man die Wahrheit jederzeit sagen darf, sollte dies auch der Ehre eines andern Eintrag thun. Man nennt den Einwand, daß
die angeblich injuriöse Behauptung die Wahrheit enthalte, die Einrede der Wahrheit (exceptio veritatis), deren Beweis derjenige,
welcher sich darauf beruft, zu erbringen hat. Ist die Thatsache, um welche es sich handelt, eine strafbare
Handlung, so soll nach dem deutschen Reichsstrafgesetzbuch (§ 190) der Beweis der Wahrheit als erbracht angesehen werden, wenn
der angeblich Beleidigte wegen dieser Handlung rechtskräftig verurteilt worden ist.
Dagegen soll der Beweis der Wahrheit ausgeschlossen sein, wenn der Beleidigte wegen dieser Handlung bereits rechtskräftig
freigesprochen worden ist. Dazu kommt die Vorschrift § 191, wonach für den Fall, daß wegen der behaupteten strafbaren HandlungAnzeige beider Behörde gemacht ist, das Verfahren wegen der Beleidigung bis zur Erledigung jener Untersuchungssache sistiert werden
soll. Dabei ist aber zu beachten und auch § 192 des Reichsstrafgesetzbuchs ausdrücklich hervorgehoben,
daß der Beweis der Wahrheit die Strafbarkeit der Handlungsweise nicht ausschließt, wenn die Form der Behauptung schon an
und für sich eine beleidigende war.
Diese letztere Einschränkung gilt auch für die § 193 zusammengestellten Fälle; es sollen nämlich hiernach tadelnde Urteile
über wissenschaftliche, künstlerische oder gewerbliche Leistungen, ferner Äußerungen, welche zur
Ausführung oder Verteidigung von Rechten oder zur Wahrnehmung berechtigter Interessen gemacht werden, sowie Vorhaltungen und
Rügen der Vorgesetzten gegen ihre Untergebenen, dienstliche Anzeigen oder Urteile von seiten eines Beamten und ähnliche Fälle,
also z. B. auch Rügen des Lehrers den Schülern, der Eltern den Kindern, des Dienstherrn dem Dienstboten gegenüber,
an und für sich straflos sein.
Was die Bestrafung der Beleidigung anbelangt, so ging das ältere Recht von der Ansicht aus, daß dieselbe lediglich als Privatdelikt
erscheine, und ebendarum gab das römische Recht dem Beleidigten nur eine zivilrechtliche Klage (actio injuriarum aestimatoria)
auf eine an ihn zu zahlende Privatbuße. Das deutsche Recht nahm dagegen an, daß durch die Beleidigung mittelbar
¶