nach dem Vereinszollgesetz vom zollamtliche
Ausfertigung zweifacher Art für aus dem
Ausland
eingehende
Waren, welche nicht an der
Grenze, sondern erst an dem inländischen Bestimmungsort versteuert werden sollen. Begleitschein I
hat den
Zweck, den richtigen Eingang der
Ware am inländischen Bestimmungsort oder die Wiederausfuhr derselben zu
sichern, Begleitschein II die
Erhebung des durch spez.
Revision an der
Grenze ermittelten und festgestellten Zollbetrags einem andern
Zollamt
im Innern gegen
Sicherheitsleistung zu überweisen.
Der Begleitschein II, welcher
nur fürWaren ausgestellt wird, für die 15
Mk. oder mehr an
Zoll zu zahlen ist, soll ein genaues Verzeichnis
der
Waren, auf die er lautet, nach Maßgabe der vorhandenen
Deklaration enthalten; ferner soll er angeben
die Zahl der
Fässer,
Kisten,
Kolli etc., deren Bezeichnung und amtlichen Verschluß, dann
Namen und Wohnort des Adressaten und
desjenigen, welcher den hat ausstellen lassen, sowie den
Namen des
Ausfertigungs- und Empfangsamtes, endlich den
Tag der
Ausstellung, die Nummer, unter welcher der Begleitschein im Begleitscheinausfertigungsregister eingetragen wurde,
sowie den Zeitraum, für welchen er gültig ist, oder innerhalb dessen der
Beweis der erreichten Bestimmung gewährt werden
muß.
Das beim Eingang ermittelte, im B. angegebene
Gewicht der
Waren, bez. die Stückzahl wird, wenn spezielle
Deklaration vorliegt,
der Verzollung oder weitern Abfertigung zu
Grunde gelegt. Fehlt eine solche zureichende
Deklaration, so wird die
Ware einer
speziellen
Revision unterworfen. Vor
Ausfertigung von Begleitschein II wird die
Ware speziell revidiert und der zu erhebende Zollbetrag
festgestellt. Begleitschein II enthält die nähere Bezeichnung der
Ware,
Namen, Wohnort des Adressaten, Zollbetrag,
Zeit seiner Fälligkeit etc.; insbesondere gibt er auch an, ob und welche Sicherheit für die
Zollentrichtung geleistet ist. Derjenige, auf dessen Verlangen Begleitschein II ausgestellt wird, hat für die Zollzahlung
zu haften und zwar nach dem höchsten Erhebungssatz des
Zolltarifs, wenn die
Ware nicht speziell revidiert oder als zollfrei
deklariert wurde. Über das bei
Ausfertigung und Erledigung der Begleitscheine zu beobachtende
Verfahren
enthält ein besonderes Begleitscheinregulativ ausführliche Bestimmungen.
heißt das Zollabfertigungspapier, welches bei über die
Grenze eingehenden und bei dem Grenzzollamt
mit
Ladungsverzeichnis angemeldeten
Eisenbahnwagen dem
Zugführer oder einem
Bevollmächtigten der Bahnverwaltung zur Ablieferung
an das gewählte, im Innern des Zollgebiets liegende Abfertigungsamt übergeben wird. In demselben sind
Wagen,
Warenverschluß und Gestellungsfrist bei diesem
Amt angegeben, auch sind ihm die zugehörigen
Frachtbriefe und
Schlüssel
amtlich verschlossen beigefügt.
Das Nähere gibt das
»Regulativ über die zollamtliche Behandlung des
Güter- und Effektentransports
auf den
Eisenbahnen«.
(lat. Aggratiatio), der gänzliche oder teilweise
Erlaß der durch eine strafbare
Handlung verwirkten
Strafe
durch das Staatsoberhaupt; Begnadigungsrecht (jus aggratiandi), die Befugnis zu solcher
Verfügung, ein
wichtiges Souveränitätsrecht. Dabei ist zu unterscheiden zwischen der Begnadigung im engern
Sinn
(Einzelbegnadigung) und der sogen.
Amnestie, je nachdem es sich um die Begnadigung eines einzelnen Verbrechers oder um die Begnadigung einer
ganzen
Klasse von Verbrechern handelt.
Eine solche
Amnestie
(Generalpardon) kommt namentlich politischen Verbrechern gegenüber vor, um nach politisch
bewegten
Zeiten eine
Versöhnung der Staatsregierung mit ihren Gegnern herbeizuführen. Die Einzelbegnadigung ist ebenso wie
die
Amnestie entweder eine Begnadigung nach oder vor gefälltem
Strafurteil. Für den letztern
Fall ist der
AusdruckAbolition
(Niederschlagung)
gebräuchlich. Die nach gefälltem
Strafurteil eintretende Begnadigung kann entweder in einem gänzlichen (aggratiatio
plena) oder in einem teilweisen
Erlaß der
Strafe bestehen (aggratiatio minus plena), oder sie tritt erst nach teilweiser
Vollstreckung
der
Strafe ein, indem
sie denErlaß des Strafrestes herbeiführt, oder indem sie die mit der
Strafe verbundenen Rechtsnachteile
aufhebt. In diesem letztern
Sinn wird die Begnadigung als
Rehabilitation bezeichnet, wenn sie die Wiederherstellung
der dem Verbrecher entzogenen bürgerlichen
Ehrenrechte enthält.
Darüber, ob das Begnadigungsrecht des
Souveräns, welches verfassungsmäßig in den meisten Kulturstaaten ausdrücklich anerkannt
ist, auch vom rechtspolitischen und rechtsphilosophischen Standpunkt aus zu rechtfertigen sei, ist viel Streit. Namentlich
war der große
PhilosophKant ein Gegner desselben. Es läßt sich ja in der That auch nicht leugnen, daß
das Begnadigungsrecht eine
Abweichung von dem nach der Gesetzesvorschrift stattfindenden strafrechtlichen
Verfahren bewirkt,
daß ferner die Möglichkeit einer willkürlichen und ungerechten Handhabung desselben nicht ausgeschlossen ist, und daß
dasselbe endlich ganz entbehrlich sein würde, wenn die Strafgesetzgebung und die Rechtsprechung vollkommen
wären. Da dies aber bei der Mangelhaftigkeit aller menschlichen Einrichtungen nie ganz der
Fall sein wird, da vielmehr das
formelle
Recht, wie es sich in den Durchschnittsregeln der Strafgesetzgebung darstellt, mit dem materiellen
Recht, wie es der
Idee der höhern
Gerechtigkeit und
Billigkeit entspricht, immerhin in
Widerspruch geraten kann, so erscheint
das Begnadigungsrecht des
Souveräns als dessen schönstes
Recht, notwendig zur Vermittelung und Ausgleichung der
Härten des
starren
Rechts.
Wohl zu beachten ist aber hierbei, daß die Anwendungssphäre des Begnadigungsrechts eine engere wird, je größer der
Spielraum ist, welchen die Strafgesetze dem richterlichen Ermessen bei Ausmessung derStrafe offen lassen,
und je mehr der
Richter selbst hiernach die individuellen Verhältnisse des Angeschuldigten berücksichtigen kann, wie dies
namentlich nach dem deutschen
Strafgesetzbuch der
Fall ist. Das
Recht der Begnadigung steht dem Monarchen und in den
Republiken den verfassungsmäßig
damit ausgestatteten
Organen, so z. B. in den deutschen
FreienStädten dem
Senat, zu. In leichtern
Fällen
ist die Ausübung dieses
Rechts von dem
Souverän vielfach bestimmten Behörden, besonders dem
Justizministerium, in Kriegszeiten
einem kommandierenden
General, einem
Statthalter etc.
übertragen. Im
DeutschenReich hat der
Kaiser als solcher nur in denjenigen
Strafsachen das
Recht der Begnadigung, welche in erster
Instanz vor das
Reichsgericht gehören, also in den
Fällen
des
Hochverrats und des
Landesverrats, insofern diese
Verbrechen gegen den
Kaiser oder das
Reich gerichtet sind (deutsche Strafprozeßordnung,
§ 484), sowie in denjenigen
Fällen, in welchen ein deutscher
Konsul oder ein Konsulargericht in erster
Instanz erkannt hat.
Auch übt
¶
mehr
der Kaiser für Elsaß-Lothringen
[* 4] das Recht der Begnadigung aus. Im übrigen steht das Begnadigungsrecht den Monarchen der deutschen
Einzelstaaten und in den FreienStädten den Senaten zu. Für Preußen
[* 5] ist das Begnadigungswesen durch eine allgemeine Verfügung
des Justizministers vom geregelt. Todesurteile bedürfen nach der deutschen Strafprozeßordnung (§
486) zu ihrer Vollstreckung zwar keiner Bestätigung mehr, doch sollen sie nicht eher vollstreckt werden, als bis die Entschließung
des Staatsoberhauptes, resp. des Kaisers ergangen ist, in dem vorliegenden Fall von dem Rechte der Begnadigung keinen Gebrauch machen
zu wollen.
Analoge Bestimmungen gelten in Österreich.
[* 6] Übrigens ist in den Verfassungsurkunden der modernen konstitutionellen
Monarchien eine Beschränkung des Begnadigungsrechts insofern anerkannt, als ein Minister oder ein sonstiger höherer verantwortlicher
Staatsbeamter, welcher durch die Stände einer Verfassungsverletzung angeklagt worden ist, von der gegen ihn deshalb ausgesprochenen
Strafe nicht oder doch nur auf Antrag der anklagenden Kammer selbst im Gnadenweg befreit werden kann, weil
sonst ein Hauptmoment des konstitutionellen Systems, das Institut der Ministerverantwortlichkeit und Ministeranklage, hinfällig
werden würde (vgl. die Verfassungsurkunden von Belgien,
[* 7] § 91; Preußen, § 49; Sachsen,
[* 8] § 150; Württemberg,
[* 9] § 205; bayrisches
Gesetz, die Verantwortlichkeit der Minister betreffend, vom Art. 12, etc.). Eine weitere Beschränkung des
Begnadigungsrechts ist in manchen Verfassungsgesetzen in Ansehung der Abolition enthalten, die teils für gänzlich unzulässig
erklärt, teils wenigstens bei gewissen Verbrechen nicht statthaft ist.
Andre Verfassungsurkunden knüpfen die Zulässigkeit der Niederschlagung an die Zustimmung des höchsten Gerichtshofs oder des
Landtags. Was ferner die viel erörterte Frage anbetrifft, ob ein Verurteilter auch gegen seinen Willen
begnadigt werden könne, so dürfte dieselbe wohl zu bejahen sein, da die Begnadigung kein Akt der Willkür, sondern ein Akt der höhern
Gerechtigkeit sein soll, welchem sich der einzelne nicht beliebig entziehen kann. Nur in Ansehung der Abolition könnte es
für einen Unschuldigen geradezu eine Härte sein, wenn er auch gegen seinen Willen eine solche Begnadigung annehmen
müßte; er hat vielmehr ein Recht, zu verlangen, daß seine Unschuld durch Urteil und Recht dargethan werde, und ebendarum
würde er eine solche Begnadigung gegen seinen Willen ablehnen können.
Die norwegische Verfassung statuiert ganz allgemein die Zurückweisung einer Begnadigung seitens des gegen
seinen Willen Begnadigten. Endlich ist noch darauf hinzuweisen, daß die privatrechtlichen Folgen eines Verbrechens, z. B. die
Verpflichtung zum Schadenersatz, durch eine Begnadigung nicht verändert oder aufgehoben werden.
Vgl. außer den Lehrbüchern des Staatsrechts
und des Strafrechts: Lueder, Das Souveränitätsrecht der Begnadigung (Leipz. 1860);
v. Arnold, Über Umfang und Anwendung
des Begnadigungsrechts (Erlang. 1860);
Fluß in Norwegen,
[* 10] entspringt am Filefjeld, durchfließt den Spirillensee, dann den vierarmigen, von schönen,
fruchtbaren Ufern umgebenen Tyrifjordsee, nimmt links die Etna-Elf auf und mündet bei Drammen in eine Seitenbucht
des Fjords von Christiania.
[* 11]
Interessant ist die enorme Vermehrungsfähigkeit der Begonien; sie wachsen sehr schnell, auch Stecklinge gedeihen gut, und
wenn man ein abgeschnittenes Blatt
[* 19] auf feuchte Erde legt und die Blattnerven an zahlreichen Stellen verletzt, so wachsen aus
allen diesen Stellen junge Pflanzen hervor. Von den sehr zahlreichen Arten werden viele bei uns in Gewächshäusern
und als Zimmerpflanzen
[* 20] kultiviert. Die Blattbegonien zeichnen sich durch große, bunte Blätter aus. Die hauptsächlichste
Stammform ist BegoniaRexPutz. (s. Tafel »Blattpflanzen
[* 21] I«)
[* 22] aus Ostindien mit breitem Silberband und mit gleichgefärbten Flecken
auf den großen, dunkelgrünen Blättern.
Blendlinge dieser Art mit andern sind seit Anfang der 50er Jahre sehr beliebt und als Marktpflanzen in
sehr großer Zahl herangezogen worden. Die einziehenden Blüten- oder Knollenbegonien sind in den letzten Jahren sehr glücklich
ausgebildet worden und rivalisieren in Bezug auf Effekt, Blütenfülle und Blütendauer mit den Scharlachpelargonien. Stammformen
sind Begonia boliviensis A.Dec. (s. Tafel »Zimmerpflanzen I«)
[* 23] mit leuchtend roten Blüten aus Bolivia
[* 24] und Begonia Veitchi
Hook und Begonia rosaeflora Hook aus Peru.
[* 25] Die Blüten der aus diesen erhaltenen Blendlinge variieren von ziemlich reinem Weiß bis
zum dunkelsten Rot, auch gibt es gefüllte Formen. Von den immergrünen, strauch- oder halbstrauchartigen
Begonien werden mehrere Arten, wie Begonia Weltoniensis hort.,
Begonia semperflorensLink et Otto, Begonia incarnataLink et Otto, Begonia SchmidtiRgl. u. a., wegen ihrer Monate hindurch und mehrfach im Winter
erscheinenden Blüten halber kultiviert.
dikotyle, etwa 350 Arten umfassende, in der warmen Zone lebende Pflanzenfamilie von zweifelhafter systematischer
Stellung. Ausgezeichnet sind die Begoniaceen durch ungleichseitige, schief herzförmige Blätter und merkwürdig
gebaute, eingeschlechtige Blüten. Die männlichen Blüten haben eine korellinische Blütenhülle und zahlreiche in ein kugeliges
Köpfchen gehäufte Staubblätter, die weibliche Blüte
[* 26] besitzt außer dem gefärbten Perigon ein dreifächeriges, von drei
zweispaltigen Griffeln gekröntes Ovar, dessen Karpiden am Rücken in je einen Längsflügel ausgezogen
sind; letztere bilden sich in ungleicher Größe aus. Im Innern jedes Ovarfaches liegen zwei plattenförmige, auf der ganzen
Fläche mit zahlreichen Eichen besetzte Samenleisten.
(Sterbemünzen), auf den Tod fürstlicher oder sonst ausgezeichneter Persönlichkeiten geprägte
Münzen,
[* 28] sind eigentlich mehr Denkmünzen; doch benutzte man auch häufig kurrente Münzen dazu und unterscheidet daher Begräbnis-
oder Sterbethaler, Sterbegulden etc. Dergleichen Begräbnismünzen waren
¶
mehr
besonders in den sächsischen Linien und zwar bis in die neueste Zeit üblich. Als sogen. SterbethalerFriedrichs d. Gr. gelten
Thaler vom Jahr 1786, die sich nur dadurch auszeichnen, daß das A zwischen der Jahreszahl durch zwei Punkte eingeschlossen
ist (17. A. 86). Diese Punkte, angeblich zur Bezeichnung des Todestags dienend soll der Münzmeister
in dem Augenblick hinzugefügt haben, als er denTod des Königs erfuhr; doch bezeichnen sie in Wirklichkeit die zweite Münzstätte
in Berlin.
[* 30]
Später, als man feste Wohnplätze gewann, entstanden Familienbegräbnisplätze, und bei verschiedenen Naturvölkern
ist es sogar üblich, dem Toten die Wohnung ganz zu überlassen. Öffentliche Begräbnisplätze finden sich zwar schon bei Naturvölkern
auf gewissen heiligen Bezirken, wie z. B. bei Stonehenge, auf dazu erlesenen Inseln und Feldern (Urnenfriedhöfe
der Germanen und Slawen, s. Gräber); allgemeiner wurden sie aber erst, als die Menschen sich in Städten und Dörfern vereinigten,
wo es an Raum zu Familienbegräbnissen mangelte und polizeiliche Rücksichten desfallsige Anordnungen im großen erheischten.
Daher finden wir bei den Ägyptern und andern alten Völkern die in Felsen gehauenen weitläufigen Totenstädte
(Nekropolen). Die Hebräer benutzten Höhlen, schattige Grotten, Gärten und Bergabhänge zu Begräbnisplätzen, verschlossen
die Gräber mit großen Steinen und pflegten sie zu übertünchen, um die Vorübergehenden vor verunreinigender Berührung
zu warnen. Wie wir aus Überbleibseln in Palästina
[* 31] und Syrien sehen, sind diese Begräbnisplätze mit
Treppen
[* 32] versehen oder horizontal in der Erde angelegt und enthalten mehrere Abteilungen von 2-2,5 m Länge, meist untereinander,
in welche die Leichen geschoben wurden.
Die Könige besaßen erbliche und mit vielem Aufwand erbaute Gräber, wie z. B. die Gräber der Könige nördlich von
Jerusalem
[* 33] besondere Vorhöfe hatten. Auf den Gräbern errichtete man Grabmäler, in frühern Zeiten aus rohen Steinen, später
in Form prachtvoller Mausoleen mit allerlei Sinnbildern. Die Griechen, Römer,
[* 34] Gallier, Germanen besaßen anfänglich, wie die
Hebräer, meist Familiengrüfte. In Sparta wurden die Toten innerhalb der Stadt begraben; in Athen
[* 35] hatte man womöglich
Privatgräber, doch gab es auch einen öffentlichen in der Nähe der Stadt.
Die Römer hatten ihre Begräbnisse auf ihren Landgütern, besonders neben den Straßen; ein gemeinsamer öffentlicher Begräbnisplatz war inRom
[* 36] nur für die Armen, Sklaven u. dgl. vorhanden, er lag auf
dem Esquilinus; doch gab es auch gemeinsame Kolumbarien (s. d.), in denen
die Asche von Beamten und weniger reichen Personen beigesetzt wurde. Die Christen hatten während der Verfolgungen keine besondern
Begräbnisplätze, sondern bestatteten ihre Toten in freiem Feld. Später wurden die Begräbnisplätze vielfach in die Katakomben
verlegt, wo in unterirdischen Kapellen die Versammlungen der Gemeinde stattfanden, und blieben auch für
später in der Nähe der Kirchen, weil man glaubte, daß diese heiligen Stätten, die gewöhnlich durch in denselben beigesetzte
Märtyrergebeine und Reliquien geweiht waren, die beste Ruhestätte gewährten.
Auf diese Weise entstanden die Kirchhöfe, welche im ganzen Mittelalter die gemeinschaftlichen Begräbnisplätze bildeten; ja,
Vornehme erhielten ihre Gräber sogar inmitten der Kirchen. Vergebens verlangten mehrere Kirchenversammlungen
Verbote gegen diese Unsitte; erst in späterer Zeit hat man angefangen, in größern Städten die Begräbnisplätze außerhalb
der Mauern zu verlegen, und dringt darauf, daß auch in kleinern Orten und Dörfern diese Maßregel ausgeführt werde.
In der katholischen Kirche muß bei Anlegung eines neuen Begräbnisplatzes die Erde zuvor von dem Bischof
feierlich geweiht werden, und in streng römischen Ländern ist die heilige Stätte Akatholiken verschlossen. Häufig befindet
sich auf dem Begräbnisplatz eine besondere Totenkapelle. In der Schweiz
[* 37] und andern Ländern mit beschränktem Platz trifft man außerdem
Beinhäuser für die ausgegrabenen Gebeine. In der protestantischen Kirche findet eine Weihe der Begräbnisplätze
nur nach völliger Vollendung derselben, gewöhnlich bei der ersten Leiche, statt.
Doch wurde auch hier noch bis vor kurzem Selbstmördern und Andersgläubigen die Aufnahme versagt, weshalb man in größern
Städten die Frage der konfessionslosen Gemeindefriedhöfe infolge der Unduldsamkeit mancher Geistlichen anregen mußte. Die
Totenäcker der griechischen Kirche, besonders in Rußland, liegen außerhalb der Orte, soviel wie möglich auf Anhöhen, und
werden durch hohe Fichten eingefriedigt. Die heutigen Juden suchen, wo es angeht, ihre Begräbnisplätze in der Nähe der Synagogen
anzulegen.
Die aufrecht stehenden Leichensteine derselben gleichen den Grenzsteinen und tragen den Namen des Verstorbenen
und alttestamentliche Stellen. Bei den Mohammedanern befinden sich die Begräbnisplätze immer an den Straßen, damit die Vorübergehenden
für die Toten beten können; es sind übrigens große Gärten, mit Gebüsch, Cypressen und Pappeln bepflanzt und mit Kiosken
und Gängen versehen, so daß sie vielfach zu Vergnügungsorten dienen. Auf den Monumenten ist der Turban
des Verstorbenen und bei einem gewaltsamen Tode durch die Schnur, Enthauptung, Spießen etc. die Todesart selbst abgebildet.
Die Chinesen, welche den meisten Wert darauf legen, in heimatlicher Erde zu ruhen, legen ihre Begräbnisplätze auf Anhöhen
an und umgeben sie mit Fichten, Cypressen oder Mauern, während die Gräber selbst kleinen Häusern gleichen;
nur bei den Ärmern bestehen sie aus Erdpyramiden.
[* 38]
Unter den ältern christlichen Kirchhöfen verdient das mit herrlichen Kunstwerken geschmückte Campo santo in Pisa,
[* 39] dessen
Erde auf Schiffen aus Palästina herbeigeschafft wurde, besondere Erwähnung; berüchtigt ist der Armenkirchhof von Neapel
[* 40] mit 365 Gewölben,
die an den aufeinander folgenden Tagen des Jahrs zur Bestattung dienen, vielbesucht ferner der Judenfriedhof
in Prag,
[* 41] der Johannisfriedhof zu Nürnberg
[* 42] und der Père Lachaise in Paris,
[* 43] der einem herrlichen Park mit kostbaren Monumenten
berühmter Personen ähnlich ist. In der letzten Zeit ist in fast allen deutschen Städten von einiger Bedeutung, namentlich
in den Residenzstädten, Wesentliches zur Verbesserung und würdigen Ausschmückung der Kirchhöfe geschehen.
Man hat nicht nur aus Sanitätsrücksichten die Notwendigkeit der Verlegung der Begräbnisplätze außerhalb der Städte¶
mehr
erkannt und angefangen, für zweckmäßig eingerichtete Leichenhäuser (s. d.) zu sorgen, sondern auch für schöne Anlagen
und entsprechenden Schmuck der Gräber Sorge getragen. Die Begräbnisplätze galten zu allen Zeiten und bei allen gebildeten
Völkern als heilig; namentlich rechneten Griechen und Römer jede Verletzung derselben zu den schwersten Verbrechen. Das Areal
der Begräbnisplätze ist in der RegelEigentum der Kirche. Im Fall der Unvermögendheit dieser ist ihre
Erhaltung, resp. zweckmäßige Einrichtung Pflicht der Eingepfarrten.
Die Anlegung neuer Begräbnisplätze kann bloß unter Genehmigung der kirchlichen Oberbehörden, welche dabei das Gutachten
der Medizinalpolizei zu hören haben, erfolgen. Ebenso unterliegt die Wahl besonderer Begräbnisplätze außerhalb
des Totenackers der Genehmigung von seiten dieser Behörde. Zweckmäßig hat man neuerdings für die Totenäcker den NamenFriedhof vorgezogen.
im allgemeinen s. v. w. Gemeinvorstellung, welche die mehreren andern
Vorstellungen gemeinsamen Bestandteile in Eins zusammenfaßt (»begreift«, concipit, daher conceptus, »Begriffe«).
Wir haben vom Baum, Haus etc. einen Begriff, wenn wir dasjenige denken, was der Eiche mit der Buche, Birke, Palme
[* 47] etc., dem Wohnhaus
[* 48] mit der Hütte und dem Palast gemeinsam ist. Wird dabei lediglich auf die Entstehung des Begriffs aus den
ihm zu Grunde liegenden Vorstellungen durch Vereinigung der gemeinsamen und Absonderung der jeder derselben eigentümlichen
Bestandteile (Abstraktion, s. Abstrakt) geachtet, so hat man den Begriff im psychologischen Sinn, wird dagegen ausschließlich auf
dasjenige, was in demselben gedacht wird, auf seinen Inhalt, gesehen, den Begriff im logischen Sinn im Auge.
[* 49] In letzterm ist jeder Begriff, d. h. jeder gedachte Inhalt, nur einmal, in ersterm dagegen überhaupt so oft vorhanden, als derselbe
Begriff wieder gedacht wird. An dem Begriff im logischen Sinn wird dessen Inhalt, d. h. die Summe der in ihm vereinigten gemeinsamen Bestandteile
(Merkmale, notae), von dessen Umfang, d. h. der Summe derjenigen Vorstellungen unterschieden, deren Gemeinsames
er ausmacht. So machen die Merkmale: Stamm, Blätter, Wurzel
[* 50] etc. den Inhalt, die Vorstellungen: Eiche, Buche, Birke etc. den Umfang
des Begriffs Baum aus.
Beide stehen im verkehrten Verhältnis zu einander; denn je mehr Merkmale im Inhalt zusammengefaßt werden, desto kleiner muß
notwendig die Anzahl derjenigen Vorstellungen werden, welche alle diese Merkmale miteinander gemein haben.
Nimmt man z. B. unter die Merkmale eines Baums den Besitz von Ästen und Zweigen auf, so muß man die (astlose) Palme aus dessen
Umfang ausscheiden. In Bezug auf den Inhalt sind die Begriffe einander entweder verwandt oder disparat, je
nachdem sie gewisse Merkmale oder gar keins dergleichen gemein haben, die verwandten ähnlich oder entgegengesetzt, je nachdem
ihre Merkmale identisch sind oder sich gegenseitig ausschließen. So sind die Begriffe: Eiche und Birke verwandt, weil sie
das Merkmal: holzstämmige Pflanze gemein, Farbe und Ton dagegen disparat, weil sie kein Merkmal gemein
haben.
Jene beiden sind einander überdies auf jenes gemeinsame Merkmal hin ähnlich, während beide dem Kohl als einer Pflanze mit
krautartigem Stengel entgegengesetzt sind. In Bezug auf den Umfang unterscheidet man die Begriffe in solche, deren Umfang ganz
oder teilweise zusammen-, und solche, bei welchen der Umfang
des einen gänzlich außerhalb des Umfanges
des andern fällt. Begriffe, deren Umfang ein und derselbe ist, heißen Wechselbegriffe, z. B. gleichseitiges und gleichwinkeliges
Dreieck.
[* 51]
Von Begriffen, bei welchen der Umfang des einen gänzlich im Umfang des andern liegt, heißt dieser der über-, jener der untergeordnete
Begriff, z. B. Vogel und Wasservogel. Fallen
[* 52] die Umfänge beider nur zum Teil zusammen, so daß sie einander durchkreuzen,
so heißen die Begriffe verträglich. Von dieser Art sind z. B. die Begriffe: Europäer und Götzendiener, weil es im Norden
[* 53] wirklich noch heidnische Völkerschaften gibt. Begriffe dagegen, deren Umfänge gänzlich außereinander liegen, heißen einander
ausschließende, entweder nur in dem Sinn, daß kein Begriff, der im Umfang des einen liegt, zugleich in jenem
des andern liegen kann (konträrer), oder daß jeder, welcher nicht im Umfang des einen liegt, in jenem des andern liegen
muß (kontradiktorischer Gegensatz). So schließen die Begriffe: eine rote Blume und eine blaue Blume einander konträr, die
Begriffe: Sein und Nichts einander kontradiktorisch aus. Liegen einander konträr entgegengesetzte Begriffe
zugleich im Umfang desselben dritten, d. h. sind sie, als demselben Begriff untergeordnet, einander
beigeordnet, und schließen sich ihre Umfänge untereinander aus, so heißen sie disjunkt, z. B. Laufvogel und Flugvogel.
Die Angabe des Inhalts eines Begriffs heißt Erklärung (definitio, s. Definition), z. B.: der Mensch ist
das sinnlich-vernünftige Erdenwesen. Die Angabe des Umfanges ist die Einteilung (divisio, s. Einteilung), z. B.: alle beweglichen
Weltkörper unsers Sonnensystems zerfallen in periodisch und nichtperiodisch bewegliche. Die von der Angabe der nächsten
Merkmale (Gattungsmerkmal und spezifische Differenz) durch weitere Angabe der Merkmale dieser selbst fortgesetzte Erklärung
muß schließlich zu nicht weiter erklärbaren, d. h. einfachen, Ur- oder Stammbegriffen kleinsten Inhalts
und weitesten Umfanges, Kategorien, die fortgesetzte Einteilung der Einteilungsglieder schließlich zu nicht weiter einteilbaren,
d. h. Einzelbegriffen (kleinsten Umfanges und größten Inhalts, Individualvorstellungen), führen.
Der Inbegriff aller auseinander durch Erklärung und Einteilung abgeleiteten Begriffe in ihrer natürlichen Abfolge der nächstfolgenden
aus den nächst vorhergehenden, von den Kategorien bis zu den Individualbegriffen, bildet das (in seiner logischen Vollständigkeit
unerreichte und unerreichbare) Ideal einer erschöpfenden Klassifikation aller (überhaupt oder doch innerhalb eines gewissen
Gedankenkreises) möglichen Begriffe, das Begriffssystem (systema, s. System).
Wie der Begriff im psychologischen vom Begriff im logischen, so ist dieser selbst vom Begriff im
grammatischen Sinn, d. h. von der sprachlichen Bezeichnung desselben durch das Wort, zu unterscheiden, indem nicht nur derselbe
Begriff durch verschiedene Worte (Synonymie), sondern auch oft durch dasselbe Wort ein verschiedener Begriff (Homonymie) bezeichnet wird.
Je nachdem nun der Entstehungsprozeß des (psychologischen) Begriffs aus den ihm zu Grunde liegenden Einzelwahrnehmungen
(des Gemeinbildes aus seinen Anschauungen), oder die Zusammensetzung des (logischen) Begriffs aus seinen Inhaltsmerkmalen,
oder der in der Zeit sich vollziehende Wechsel derWorte für denselben oder die Bedeutungen (Begriffe) desselben Wortes ins
Auge gefaßt wird, läßt sich von einer Geschichte des Begriffs in psychologischem, logischem und
sprachlichem Sinn des Wortes und in letzterer Hinsicht so
¶
mehr
wohl von einer Geschichte des Begriffs dieses in verschiedenen Bezeichnungen als des Wortes, d. h. seiner verschiedenen Bedeutungen,
sprechen. In diesem Sinn hat Eucken eine »Geschichte der philosophischen Terminologie«, d. h. der Kunstworte für philosophische
Begriffe (Jena
[* 55] 1878),
und Teichmüller »Studien zur Geschichte der Begriffe« (Berl. 1874) und »NeueStudien« (Gotha
[* 56] 1876-79, 3 Tle.),
d. h. Untersuchungen über die Bedeutung desselben Kunstwortes bei verschiedenen Philosophen (insbesondere Platon und Aristoteles),
geliefert.
die Zeichen, durch welche man andern beim Begegnen, Besuchen und Abschiednehmen Freundschaft und Achtung
zu erkennen gibt. Die Begrüßungsform ist nach Zeiten und Verhältnissen sehr verschieden. Man kann mit Spencer annehmen,
daß die ältesten Begrüßungsformen diejenigen sind, welche durch Zubodenwerfen die völlige Unterwürfigkeit
und Ergebung in die Macht des Begrüßten ausdrücken sollten. Diese bei orientalischen und barbarischen Völkern noch heute
gebräuchlichen Begrüßungen wurden dann gemildert in dauerndes oder momentanes Knieen, Verbeugungen und Knixe, mit denen man symbolisch
seine Absicht, sich niederzuwerfen, andeutet. Da hierbei die Kopfbedeckung von selbst abfällt, so nimmt
man sie ab oder macht wenigstens eine Handbewegung, als ob man sie abnehmen wollte (militärischer Gruß).
Neben diesen Grundformen, deren Abstufungen nicht zu verkennen sind, treten aber zahlreiche Varianten bei den verschiedenen
Völkern auf, und diese Verschiedenheit der Begrüßungen geht so weit, daß das, was bei einem
Volk als Höflichkeitsbezeigung gilt, bei einem andern für ein Merkmal der Ungeschliffenheit gehalten wird. Die Griechen
riefen einander beim Kommen, Begegnen und Scheiden: »Chaire« (Freude dir!) zu. Die Römer sagten beim Kommen: »Ave« (Sei gegrüßt!),
beim Abschied: »Vale« (Bleibe gesund!). Bei den Israeliten pflegten nähere Bekannte einander Hand,
[* 57] Haupt undSchulter zu küssen. Gewöhnliche Grußformel war der Zuruf: »Schōlem alēchem«
(Friede sei mit euch!). Das Entblößen des Hauptes scheint als allgemeine Sitte erst seit dem 16. oder 17. Jahrh. in Gebrauch
gekommen zu sein. In manchen deutschen Ländern, besonders in Österreich, küßt man den Damen die Hand;
dagegen ist in Italien
[* 58] der Handkuß ein Zeichen von Vertraulichkeit, das sich nur die nächsten Freunde erlauben dürfen.
In der neuern Gesellschaft ist die Abschiedsformel von der ersten Begrüßung gewöhnlich verschieden, und hier hat sich das
ältere: »Gott befohlen!« (franz. Adieu!) vielfach in ein Selbstempfehlen (Empfehle mich!) verwandelt. Besondere Stände haben
auch besondere Begrüßungen, wie das »Glückauf!« der Bergleute und die langen, als Erkennungsmittel dienenden Begrüßungsformeln der
alten Zünfte. Der Russe wirft sich zu den Füßen seines Herrn nieder, umklammert dessen Kniee und küßt
sie.
Der Pole verneigt sich bis zur Erde oder wirft sich ebenfalls dem Herrn zu Füßen oder küßt die
Schultern; der Böhme küßt
die untern Säume der Kleider. Die Bewohner von Schumadia in Serbien
[* 60] grüßen seltsamerweise beim Begegnen
mit den Worten: »Gibt es Eicheln?«, weil sie als Hirten auf die Eicheln großen Wert legen. Der Russe grüßt beim Begegnen: »Seid
gesund!« (Sdráwsdwujtje),
bei einer Trennung auf längere Zeit: »Verzeiht!«
(nämlich, daß ich euch schon verlasse; Proschtscháitje). Der Engländer grüßt: »How d'you do? Goodbye!
Farewell!« Dem ähnlich der Holländer: »Vaar wél!« und der Schwede: »Farval!« Der Franzose: »Bon jour! Au plaisir!« (nämlich
»de vous revoir«). Der Italiener: »Buon giorno! Addio! A rivederci!« Der Spanier: »Buenas dias! Adios! Hasta la vista!« (Auf
Wiedersehen!). Der Türke schlägt beide Arme übereinander, legt sie auf die Brust und beugt sich mit dem
Kopf gegen den, welchen er begrüßt. Der gemeine Araber sagt: »Salem aleikum« (Friede sei mit euch!),
dann legt er die Hand
auf die Brust, um anzudeuten, daß ihm der Wunsch von Herzen gehe;
der Begrüßte erwidert: »Aleikum essalem« (Mit euch sei
Friede!).
Die Hindu inBengalen berühren mit der rechten Hand die Stirn und beugen den Kopf vorwärts. Wollen sie sich tief verbeugen,
so legen sie erst die rechte Hand auf die Brust, berühren dann mit dieser Hand die Erde und zuletzt die Stirn. Dabei nennen sie
sich »unterthänige Sklaven« des Begrüßten. Überhaupt
tragen die meisten Begrüßungsarten im Orient das Gepräge einer sklavischen Denkart. Die Perser begrüßen den Fremden, den
sie zu einem Gastmahl einladen, folgendermaßen: der Wirt geht seinem Gast eine Strecke entgegen, bewillkommt ihn mit den ehrfurchtsvollsten
Komplimenten, läuft dann schnell zurück bis an die Thür seines Hauses und erwartet hier den Ankommenden,
um ihm noch einmal mit denselben Zeremonien seine Hochachtung zu bezeigen.
Begegnen sich in China zwei Personen zu Pferde,
[* 61] so steigt der Niedere vom Pferd
[* 62] ab und läßt stehend den Höhern vorbei. In Japan
muß der Geringere vor dem Vornehmern seine Sandalen
[* 63] ausziehen, die rechte Hand in den linken Ärmel stecken,
die Arme langsam bis an die Kniee herabgleiten lassen, mit abgemessenen Schritten vor dem andern vorübergehen und mit furchtsamen
Gebärden rufen: »Augh, augh« (Füge mir kein Leid zu!) Auf der InselCeylon
[* 64] legt man bei der Begrüßung die flache Hand an die
Stirn und verbeugt sich tief dabei.
Vor einem Vorgesetzten wirft man sich auf die Erde und spricht dessen Namen und Würde wohl fünfzigmal aus, während der Obere
sehr ernsthaft vorüberschreitet und den Begrüßenden kaum eines Kopfnickens würdigt. Auch bei den meisten afrikanischen
Völkern sind die Begrüßungsweisen durchaus sklavisch. Die Abessinier fallen auf das Knie und küssen
die Erde. Die Mandinka fassen bei der Begrüßung einer Frau deren Hand, bringen sie an die Nase
[* 65] und beriechen sie zweimal.
Die Ägypter strecken die Hand aus, legen sie auf die Brust und neigen den Kopf. Als besondere Artigkeit gilt der Kuß auf die
eigne Hand, welche man dann auf den Kopf legt. Den vornehmen Männern, aber nicht den Frauen, küßt man
die Hand. Viele seltsame Umständlichkeiten sind bei den Völkerstämmen des nordwestlichen Amerika mit dem Grüßen verbunden.
Die Art, wie sich die Eingebornen des südlichen Amerika begrüßen, ist kurz. Die Anrede ist: »Ama re ka?« (Du?)
und die Antwort: »A!« (Ja!). Auf den Gesellschafts- und Freundschaftsinseln berühren die Grüßenden einander die Nasenspitzen.
In Neuguinea bedeckt man sich das
¶
mehr
Haupt mit Baumblättern, was nicht bloß als Gruß, sondern zugleich auch als Zeichen des Friedens gilt.
Vgl. die ausführlichen
Nachweise in HerbertSpencers »Soziologie«, Bd. 2. Von
eigentümlicher Art und genau geregelt sind die militärischen Begrüßungen sowie die der Schiffe
[* 67] (s. Ehrenbezeigungen).
im Strafrecht die vorsätzliche Thätigkeit, welche die zivil- oder strafrechtlichen Folgen einer strafbaren
Handlung durch wissentlichen Beistand abzuwenden sucht, welcher dem Thäter oder dem Teilnehmer in der Absicht geleistet wird,
um ihn der Bestrafung zu entziehen, oder um ihm die Vorteile der strafbaren Handlung zu sichern. Während
Wissenschaft und Gesetzgebung die Begünstigung früher als einen Fall der Teilnahme am Verbrechen behandelten, wird dieselbe jetzt als
ein besonderes Delikt bestraft und zwar nach dem deutschen Strafgesetzbuch nur dann, wenn es sich um die Begünstigung von Verbrechen oder
Vergehen handelt; die Begünstigung von Übertretungen ist straflos.
Eine Begünstigung aus Fahrlässigkeit ist der Gesetzgebung unbekannt. Sie muß in einer positiven Thätigkeit bestehen; das bloße Unterlassen
einer Anzeige ist keine Begünstigung. Das deutsche Strafgesetzbuch bestraft die Begünstigung mit Geldstrafe von 3 bis zu 600 Mk. oder mit Gefängnis
von 1 Tag bis zu 1 Jahr und, wenn der Begünstiger den Beistand um seines Vorteils willen leistete, nur
mit Gefängnis von 1 Tag bis zu 5 Jahren. Die Strafe darf jedoch der Art oder dem Maß nach keine schwerere sein als die auf
die Handlung selbst angedrohte.
Die Begünstigung ist straflos, wenn sie dem Thäter oder Teilnehmer von einem Angehörigen (s. d.) gewährt worden
ist, um ihn der Bestrafung zu entziehen. Wurde die Begünstigung vor Begehung der That zugesagt, so ist sie als Beihilfe (s. d.) zu bestrafen.
Diese letztere Bestimmung leidet auch auf Angehörige Anwendung. Handelte es sich aber um einen von dem Begünstigten verübten
Diebstahl, eine Unterschlagung, einen Raub oder um ein dem Raub gleich zu bestrafendes Verbrechen, und wurde die in solchem Fall
von dem Begünstiger um seines Vorteils willen verübt, so wird das Delikt als Hehlerei (s. d.) bestraft, auch wenn der Begünstiger
oder Hehler ein Angehöriger ist. Das österreichische Strafgesetzbuch behandelt und bezeichnet die Begünstigung mit
mehreren verwandten Vergehen zusammen als Vorschubleistung.
derPflanzen (Pubescentia), die eigentümliche Beschaffenheit der Oberfläche der Pflanzenteile, welche durch
die Pflanzenhaare hervorgebracht wird, ist von Wichtigkeit für die beschreibende Botanik. Auf die Fälle, wo die Haare
[* 69] noch
einzeln unterscheidbar sind, beziehen sich die Ausdrücke: flaumhaarig oder weichhaarig (pubescens), steifhaarig (hirtus),
zerstreuthaarig (pilosus), dicht- oder rauhhaarig (hirsutus), zottig (villosus). Eine Behaarung, wo
die Haare miteinander verwebt und nicht einzeln unterscheidbar sind, kann seidenartig (sericeus), wollig (lanatus, lanuginosus),
filzig (tomentosus) und flockig (floccosus) sein. Die Haare können sich auch verbreitern zu schuppenartigen Gebilden, und
wenn sie hinreichend groß sind, um deutlich als solche erkannt zu
werden, so heißt der Überzug spreuartig
(paleaceus), wenn sie aber sehr klein und dicht anliegend sind, schelferig (lepidotus).
Feld- und Gartenarbeit, welche die Entfernung des Unkrauts und die Auflockerung des Bodens um die Acker- und
Gartenpflanzen herum zum Zweck hat. Es geschieht meist mit der Handhacke, bei ausgedehntern Pflanzungen auch mit der Pferdehacke
und mit sogen. Kultivatoren
[* 70] und Skarifikatoren und ist stets für das Gedeihen der Pflanzen sehr förderlich,
unerläßlich aber bei solchen Bodenarten, die zum Begrasen sehr geeignet sind oder sich nach heftigen Regengüssen gern
mit einer festen Rinde bedecken, welche das Eindringen der Luft in den Boden hindert.
Das Behacken während der Vegetationszeit kann nur bei Reihensaaten ermöglicht werden; in Weinbergen, Hopfengärten,
Baumschulen und dergleichen Anlagen bildet es eine regelmäßig wiederkehrende Arbeit, welche im Lauf desSommers zu verschiedenen
Zwecken wiederholt wird. Die Einführung der Drillsaaten hat das auch im großen Feldbau eingebürgert; man hackt zwischen
den Pflanzenreihen, selbst beim Getreide,
[* 71] im Herbst und im Frühjahr oder nur einmal. Von den Rüben sagt
man, daß sie »groß gehackt werden müssen«. Man bezeichnet eine bestimmte
Kategorie von Feldpflanzen mit dem Namen Hackfrucht, als Kartoffeln, Rüben, Kraut, oft auch Grünmais, da sie zu ihrem Gedeihen
ein öfteres Behacken bedürfen. In der Gärtnerei ist es am gebräuchlichsten. Für die verschiedenen Pflanzen
hat man je besondere Hacken, z. B. Mohn-, Rüben-, Kartoffelhacken etc.
Nach 19 Monaten zurückgekehrt, ging er 1486 nach der azorischen InselFayal, wo eine vlämische Kolonie
bestand, deren StatthalterJobst von Hurter Behaims Schwiegervater wurde. Hier wohnte Behaim bis 1490, dann verweilte er, mit Ehren
und Reichtümern überhäuft, von 1491 bis 1493 in Nürnberg und hinterließ dort den noch jetzt vorhandenen großen Erdglobus,
der mehrmals abgebildet und beschrieben wurde, so z. B. in Doppelmayrs
»Historischen Nachrichten von nürnbergischen Mathematicis und Künstlern« (Nürnb.
1730), aber selbst für die damalige Zeit starke Fehler enthält. Behaim kehrte 1493 über Flandern und Frankreich nach Portugal
[* 75] zurück, hielt sich nochmals von 1491 bis 1506 auf Fayal auf und ging dann wieder nach Lissabon, wo er starb.
Behaim war mit Kolumbus und Magelhaens befreundet; sein Einfluß auf ihre Entdeckungen kann jedoch nur sehr gering gewesen sein,
und die Behauptung, Behaim sei der eigentliche Entdecker der Neuen Welt, gehört ohne Zweifel in den Bereich der Fabel.