jede oder wenigstens die
christliche Religion umstürzen zu wollen. Bayle starb Außer seinen schon genannten
Schriften
sind noch zu erwähnen seine
»Lettres« (Rotterd. 1712, Amsterd. 1729). Die
»Œuvres diverses« sind herausgegeben worden im
Haag
[* 2] 1725-31, 4 Bde.
Vgl. Desmaizeaux, La
vie dePierre Bayle (Amsterd. 1730,Haag 1732, 2 Bde.; deutsch von
Kohl, Hamb. 1731);
(spr. bajónn), 1) Arrondissementshauptstadt und
Festung
[* 4] im französichen
DepartementNiederpyrenäen,
am Zusammenfluß der Nive und des
Adour, 5 km von der
Bai vonViscaya, an der Südbahn gelegen, zerfällt in drei Hauptstadtteile:
Großbayonne, auf dem linken
Ufer der Nive, Kleinbayonne, zwischen dieser und dem
Adour, und die Vorstadt
St.-Esprit (welche
unter 7000 Einw. etwa 2000
Juden zählt), rechts vom
Adour. Die Stadt hat breite und gerade
Straßen, schöne
Häuser und gehört zu den ersten
Festungen des
Landes.
Die
Citadelle, auf einer Anhöhe in der Vorstadt
St.-Esprit gelegen und den
Fluß wie die
Fläche ringsum auf weite
Entfernung
beherrschend, ist ein Meisterwerk
Vaubans, das sich heute noch seiner Jungfräulichkeit rühmt; sie trägt
die
Inschrift: »Numquam polluta« (»niemals
entehrt«). Unter den sieben
Kirchen ist die 1213 im
Bau begonnene
Kathedrale im ältesten Teil der Stadt, mit drei
Schiffen,
vorspringendem
Portal und bogenreichem
Dach,
[* 5] alles im reinsten
Stil, am merkwürdigsten.
Der
Hafen Bayonnes, mit Schiffswerften und
Arsenal versehen, zeigt verhältnismäßig wenig
Leben (1881 liefen 760
Schiffe
[* 14] mit
104,559
Ton. ein), weil die Einfahrt in die durch eine
Barre gesperrte Mündung des
Adour immer schwierig ist. Dieselbe mündete
früher zwei
Jahrhunderte lang 36 km weiter nördlich, bis es gelang, 1571 die jetzige Mündung zu eröffnen.
hat ein theologisches
Seminar und eine
Seemannsschule, ferner ein
Theater
[* 15] und einen
Zirkus
für
Stiergefechte (in St.-Esprit),
die jährlich im
September abgehalten werden, und ist Sitz des Suffraganbischofs von Auch sowie eines Handelsgerichts. - Bayonne ist
das alte
Lapurdum, dessen
Name sich in dem der
Landschaft Labourd erhalten hat. Es gehörte zum Herzogtum
Aquitanien, dann zu
Gascogne und stand 1152-1451 unter englischer Herrschaft. An Wichtigkeit verlor die Stadt, als die Mündung
des
Adour versandete (um die Mitte des 15. Jahrh.), so daß nur noch Fahrzeuge von 25 bis 30
Ton. dahin gelangen konnten.
In denKriegen mit
Spanien wurde es oft belagert, aber nie erobert. 1808 fand hier die Zusammenkunft
Napoleons I. mit
Karl IV.,
König von
Spanien, und dem
Prinzen von
Asturien statt, infolge deren 5. und 10. Mai letztere eine Abtretungsurkunde unterzeichneten,
worin sie ihre
Rechte aufSpanien dem französischenKaiser abtraten.
Napoleon berief nun 15. Juni eine spanische
Generaljunta nach Bayonne zur Abfassung einer
Konstitution, die 6. Juli bekannt gemacht wurde. Gleichzeitig wurde die
Bayonner
Konvention zwischen
Frankreich und dem Großherzogtum
Warschau
[* 16] unterzeichnet. 1814 wurde Bayonne von den Spaniern und Briten
vergebens belagert.
Vgl. Balasque undDulaurens, Études historiques sur la ville de Bayonne (Bayonne 1862-75, 3 Bde.).
KarlTheodor, philosoph. Schriftsteller, geb. 1812 zu
Marburg
[* 18] in
Kurhessen, studierte daselbst und in
Heidelberg,
[* 19] wurde 1838 außerordentlicher und 1845 ordentlicher
Professor der
Philosophie (eifriger
JüngerHegels) in seiner Vaterstadt,
wandte sich später freireligiösen und liberalen politischen Bestrebungen zu, wurde 1846 infolge derselben suspendiert,
während der (kurzen) Herrschaft des Liberalismus zum
Präsidenten der hessischen
Kammer gewählt, nach
der Rückkehr des
Kurfürsten aber 1853 zur
Auswanderung nach
Amerika
[* 20] genötigt.
namentlich aber in seiner
»Idee und Geschichte
der
Philosophie« (das. 1838),
klar ausgesprochen, daß
Hegel die absolute
Idee errungen habe und nur an der Fortbildung und
Vollendung der Hegelschen
Theorie zu arbeiten sei, während er in den »Beiträgen zur
Naturphilosophie« (Leipz. 1839-40, 2 Bde.),
in denen er die
Theorie mit derEmpirie zu versöhnen suchte, von seiner frühern
Anschauung abwich. Dann
trat er in einer
Reihe von
Schriften als Verfechter des Deutschkatholizismus auf. Die Grundzüge der von ihm erstrebten
»Religion
der
Freiheit« erörterte er in seinen »Untersuchungen über
Wesen, Geschichte und
Kritik der
Religion« in den
»Jahrbüchern für
Wissenschaft und
Leben« (1849).
(2368 m). Vor diesen Ketten stehen vereinzelt der Säuling über Hohenschwangau (2041 m), die Soyernspitze (2312 m) und die
Kreuzspitze (2189 m). Von den äußersten Voralpenstöcken sind zu nennen die Klamspitze (1926 m) und die Benediktenwand (1804
m). Noch weiter östlich zwischen Isar und Inn lagert das Mangfallgebirge, gruppiert um den schönen Tegern-
und den Schliersee, denen die Mangfall ihre Wasserfülle verdankt. Unter den einzelnen Erhebungen sind hier namentlich der Wendelstein
(1849 m), der Miesing (1873 m), die Rote Wand (1890 m) zu erwähnen. S. Karte »Bayern« und die »Alpenkarte«.
Auf dem Reichstag erhob sich gegen das Vorgehen Österreichs gegründeter Widerspruch. Gleichzeitig wurden auch von Sachsen
[* 28] Ansprüche
auf einzelne Teile von Bayern erhoben, und es entspann sich ein langwieriger Federkrieg in diplomatischen Noten und politischen
Deduktionen. Da die Unterhandlungen trotz der Abgeneigtheit der KaiserinMaria Theresia gegen den Krieg nicht
zum Ziel führten, so ließ Friedrich II. im Juli 1778 seine durch sächsische Regimenter verstärkten Truppen in Böhmen
[* 29] einrücken,
wo unter dem Oberbefehl Laudons und Lacys österreichische Truppen an der sächsischen und schlesischen Grenze zusammengezogen
worden waren. Es kam aber, da kein Teil rechte Lust zum Krieg hatte, bloß zu strategischen Bewegungen
und unbedeutenden Plänkeleien.
Weil es sich bei diesen oft nur um Erbeutung von Lebensmitteln handelte, nannten die Soldaten den Krieg »Kartoffelkrieg«. Der
Eintritt des Winters machte auch diesem Scheinkrieg ein Ende, indem die preußischen Truppen sich der leichtern Verproviantierung
wegen nach Schlesien
[* 30] und Sachsen zurückzogen. Endlich kam unter Vermittelung Rußlands und Frankreichs und
besonders durch die Bemühungen Maria Theresias der Friede von Teschen zu stande, in welchem Österreich das Innviertel
mit Braunau erhielt, dafür aber seinen auf andre bayrische Gebiete erhobenen Ansprüchen entsagte, Preußen
die Erbfolge in
den Markgrafschaften Ansbach
[* 31] und Baireuth
[* 32] zugestanden und die Ansprüche Sachsens mit 12 Mill. Mk. und der
Landeshoheit über die Schönburgschen Herrschaften abgekauft wurden.
Kreis,
[* 34] einer der zehn Kreise
[* 35] des DeutschenReichs, schon 1500 eingerichtet zwischen Böhmen, dem österreichischen,
fränkischen und schwäbischen Kreis, hatte zu verschiedenen Zeiten verschiedenen Umfang, 1805 noch 45,150 qkm (820 QM.).
Ebenso wie Bazaine weniger den Abmarsch von Metz als die Verteidigung dieser Festung als seine Hauptaufgabe betrachtet hatte, suchte
er jetzt besonders seine Stelle zu behaupten und entwickelte während der Zernierung von Metz nicht die
erforderliche Energie, um dieselbe zu durchbrechen und sich mit Mac Mahon zu vereinigen. Nach der Schlacht bei Noisseville(31. Aug.
und 1. Sept.) gab er jeden Durchbruchsversuch auf und hatte offenbar die Absicht, seine Armee bis zum voraussichtlichen Frieden
intakt zu halten, um dann als unbesiegter Feldherr den entscheidenden politischen Einfluß an sich zu reißen.
Doch wurde er 27. Okt. durch Mangel an Lebensmitteln gezwungen, sich mit 170,000 Mann kriegsgefangen zu ergeben und Metz zu überliefern.
Er selbst begab sich nach Kassel
[* 50] zu Napoleon. Die Kapitulation von Metz erregte in Frankreich die höchste
Erbitterung gegen Bazaine, auf den man so große Hoffnungen gesetzt hatte; er wurde nicht nur der Unfähigkeit und Feigheit, sondern
auch des Verrats beschuldigt und 1872 auf sein Verlangen verhaftet, um vor ein Kriegsgericht gestellt zu werden. Dasselbe trat
im Oktober 1873 unter dem Vorsitz des Herzogs von Aumale im SchloßTrianon zusammen, erklärte ihn unter
dem Druck der öffentlichen Meinung, die ein Opfer verlangte, und unter dem Einfluß seiner politischen und persönlichen Gegner
in der Armee10. Dez. einstimmig der Pflichtverletzung für schuldig und verurteilte ihn nach vorhergegangener Degradation zum
Tode. Auf das Gnadengesuch des Kriegsgerichts verwandelte Mac Mahon die Todesstrafe in 20jährige Haft. Bazaine ward
nach der InselSainte-Marguerite bei Cannes gebracht, entfloh aber von da mit Hilfe seiner Gemahlin und wahrscheinlich
mit geheimer Zulassung seitens der Beamten und lebt jetzt zu Madrid
[* 51] in völliger Zurückgezogenheit. Er veröffentlichte zu
seiner Rechtfertigung: »Épisodes de la guerre de 1870 et le blocus de Metz« (1883),
(spr. -sangkuhr),César, Baron de, franz. Roman- und Militärschriftsteller, geb. 1810 zu Paris,
[* 53] war unter
der Julimonarchie Bibliothekar im Schloß von Compiègne. 1854 wurde er von der kaiserlichen Regierung nach
der Krim
[* 54] gesandt mit dem Auftrag, eine Geschichte des Krimfeldzugs zu
schreiben, als deren Vorläufer eine Sammlung von Briefen
unter dem Titel: »Cinq mois au camp devant Sébastopol« (Par. 1855) gelten kann, welche seine Beobachtungen vom Kriegsschauplatz
nach der Heimat meldeten.
Das eigentliche Werk: »L'expédition de Crimée, jusqu'à la prise de Sebastopol, chroniques de la guerre d'Occident« (1856, 2 Bde.),
fand wegen der Unparteilichkeit und Gewissenhaftigkeit der Kritik, der lebendigen und interessanten Darstellung eine so glänzende
Aufnahme, daß in einem Jahr vier Auflagen nötig wurden und zugleich eine deutsche Übersetzung (Wien
[* 55] 1856)
erschien. Außerdem stammen aus seiner Feder: »La marine française dans la mer Noire et la Baltique« (1858);
eine Geschichte
des italienischen Feldzugs: »La campagne d'Italie de 1859« (3. Aufl. 1862;
deutsch, Naumb. 1868);
»Les expéditions de Chine et de Cochinchine, d'après documents officiels« (1861-62, 2 Bde.);
und die vielgelesenen Schriften: »Histoire de Sicile sous la domination des Normands« (1846, 2 Bde.)
und »Les secrets de l'épée« (1862), letzteres eine interessante Geschichte
der Fechtkunst.
[* 57] Bazancourt starb in Paris.
(spr. -sār; arab. und pers.),
in oriental. Städten Marktplatz oder breite Straße, oft mit Bäumen bepflanzt, auch mit Hallen versehen oder überdeckt (Bazestan),
Sammelplatz aller Handelsartikel und Mittelpunkt aller Handelsgeschäfte, oft des gesamten städtischen
Verkehrs. In Persien
[* 58] und im türkischen Reich hat jede Stadt ihren Bazar von größerm oder geringerm Umfang und Glanz. Der in Ispahan
ist einer der schönsten, jener in Tebriz vielleicht der größte. In europäischen Städten (London,
[* 59] Paris, Berlin
[* 60] u. a.)
nennt man Bazare große Gebäude oder Hallen mit zahlreichen Läden, in denen alle Handelsartikel, vorzüglich Luxuswaren,
in größter Auswahl zum Verkauf ausgestellt sind. In neuester Zeit bezeichnet man nach englischem Vorgehen als auch den
für Wohlthätigkeitszwecke veranstalteten Verkauf unentgeltlich beigesteuerter Gegenstände durch Frauen in Form einer Ausstellung.
(spr. -sar),Saint-Amand, einer der Begründer des Saint-Simonismus in Frankreich und der bedeutendste Vertreter
dieser sozialistischen Richtung (s. Sozialismus), wurde erst nach dem TodSaint-Simons (1825) Anhänger von dessen Lehre.
[* 61] Geb. zu
Paris, schloß er sich nach der Restauration der republikanischen Opposition an, wurde ein Hauptführer der französischen
Karbonari und gründete unter dem Deckmantel der Freimaurerei die republikanische Gesellschaft der »Amis de la vérité«, die
sich 1820 schnell über alle Provinzen verbreitete und eine große Zahl Mitglieder zählte. Bazard leitete, an der Spitze des Zentralausschusses
stehend, die Bewegung, beteiligte sich an einem mißlungenen Aufstand und wurde in contumaciam zum Tod verurteilt.
Begnadigt und von Olinde Rodrigues für die LehreSaint-Simons, deren Organ von 1825 bis 1827 der »Producteur« war, gewonnen,
widmete er sich mit Enfantin vornehmlich der spekulativen Ausbildung und systematischen Gestaltung der Lehre. Im J. 1828 eröffnete
in der Rue Taranne zu Paris Vorlesungen über die von ihm weiter entwickelten Lehren
[* 62] Saint-Simons, die der
Sekte viele Anhänger
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gewannen. Den Inhalt dieser Vorlesungen gibt die »Exposition de la doctrine de Saint-Simon« (Par. 1828-30, 2 Bde.; 2. Ausg.
1854) wieder. Besonders erhielt darin die materielle Seite des Saint-Simonismus ihre systematische Ausbildung. 1829 wurde der
»Organisateur«, eine Wochenschrift, gegründet und das »Collège«, die Vereinigung der Eingeweihten, eingerichtet, und Enfantin
wurden zu Häuptern der Lehre gewählt. Ihre eigentlichen Ziele legten beide 1830 in der »Religion saint-simonienne«, einer an den
Präsidenten der Deputiertenkammer gerichteten Broschüre, dar und begründeten sie weiter in dem seit 1830 herausgegebenen
neuen und einflußreichen Blatt
[* 64] »Le Globe«. Bald jedoch entwickelte sich eine Spaltung in der Schule, in deren
Folge Bazard als Gegner des immer exzentrischer auftretenden Enfantin im November 1831 aus derselben ausschied (s. Enfantin). Er
zog sich nach Courtry bei Montfermeil zurück und starb daselbst
(spr. basahs; im AltertumCastrum Vasatum), Arrondissementshauptstadt im franz. DepartementGironde, durch Eisenbahn mit Bordeaux
[* 66] verbunden, mit schöner gotischer Kathedrale, einem geistlichen Collège, Leder-, Woll- und
Hutfabriken und (1881) 2976 Einw. Bazas, zur Römerzeit als
Cossio, die Hauptstadt der Vasaten, ein blühender Ort, war seit dem 5. Jahrh. bis 1792 Bischofsitz.
(spr. basäng), 1) Jacques Rigomer, franz. Demokrat und Publizist, geb. 1771 zu Le Mans, ergriff anfangs mit Eifer
die Grundsätze der Revolution, stellte sich aber dann in seiner Vaterstadt an die Spitze einer Partei (Bazinisten), welche gegen
die Schreckensherrschaft entschiedene Opposition machte. Da er den Gewaltthaten des Konventskommissars
Garnier in Le Mans entgegentrat, wurde er von diesem nebst elf Mitgliedern des Klubs verhaftet und nach Paris gesandt, wo die
Angeklagten erst nach dem 9. Thermidor ihre Freiheit wiedererhielten. Bazin setzte nun in Le Mans und Paris als Journalist und als
Lehrer seine Thätigkeit für die republikanische Sache fort. 1812 verband er sich mit GeneralMallet und
wurde als Mitwisser von dessen Verschwörung verhaftet und interniert.
deRaucou (spr. basäng d'rokuh), Anaïs, franz.
Historiker, geb. zu Paris als Sohn eines Advokaten, studierte daselbst die Rechte und wurde 1818 Advokat,
widmete sich aber bald wissenschaftlichen Studien und starb 1850. Er lieferte der »Quotidienne« unter fremdem
Namen viele Artikel, arbeitete auch an dem »Livre de Cent-et-un«, an der »Revue de Paris«, am »Plutarque français« etc.
Seine übrigen Werke sind: »Eloge historique de Chrétien GuillaumeLamoignon de Malesherbes« (Par. 1831);
ursprünglich die Gilde der Pariser Advokatengehilfen (clercs),
deren Oberhaupt
den Titel »Roi de la Bazoche« führte. Der Verein erhielt 1303 vom König Philipp das Privilegium zur Aufführung
geistlicher Schauspiele und bildete eine eigne allegorische Gattung moralischer Spiele, die »Moralités«, aus, neben denen er
später die sogen. Sottien (s. d.) und Farcen (s. d.),
die Grundlage der nationalen KomödieMolières, darstellte. Die beste
dieser Farcen war der komische Prozeß »Pathelin« (zuerst 1480 dargestellt), worin
sich die Gesellschaft über die Schwächen ihres eignen Standes lustig machte. Die Ausartung der Satire hatte vielfache Verbote
zur Folge, die schließlich (1540) zu gänzlicher Aufhebung der Erlaubnis, dramatische Darstellungen zu geben, führte. Die
Glanzzeit der Bazoche fällt in
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die RegierungLudwigs XII., der sie, obgleich selbst von ihr nicht verschont, begünstigte und ihr 1500 sogar erlaubte, ihre
Bühne auf der berühmten Table de marbre im Justizpalast aufzuschlagen. Die Gilde selbst bestand bis zur Revolution fort.
Antonio, Violinspieler und Komponist, geb. 1818 zu Brescia, war bereits mit 15 Jahren ein ausgezeichneter Solospieler
und wurde zwei Jahre später Chordirigent an einer Kirche seiner Vaterstadt. Im J. 1841 machte er seine
erste Kunstreise, die ihn durch Oberitalien,
[* 72] Deutschland,
[* 73] wo R. SchumannFreundschaft mit ihm schloß, England und Frankreich
führte, und von der er nach mehreren Jahren als berühmter und gefeierter Künstler nach Brescia zurückkehrte.
Später ließ er sich in Florenz
[* 74] nieder, übernahm jedoch 1873, nachdem er sich mehr und mehr der ernsten
Komposition zugewendet, die Stellung eines Kompositionslehrers am Konservatorium zu Mailand.
[* 75] Als Geiger zeichnet er sich durch
vollendete Technik und Lieblichkeit des Tons aus, als Komponist durch eine unter seinen Landsleuten seltene Gediegenheit, die
sich nicht nur in seinen größern Vokalwerken (darunter die Oper »Turandot« verschiedene Psalmen, Symphoniekantaten und die
Ouvertüre »Saul«),
sondern auch in seinen zahlreichen, überaus brillanten Kompositionen für sein Instrument bekundet.
dur (ital. Si. ♭ maggiore, franz. Si bémol majeur, engl. B flat major), s. v. w. B mit großer
Terz. B dur-Akkord = b d f. Über die B dur-Tonart, zwei ♭ vorgezeichnet, s. Tonart.
(spr. béckensfihld od. bihkens-),BenjaminDisraeli, Earl
of, brit. Staatsmann und Schriftsteller, geb. zu
London, Sohn des Schriftstellers IsaakDisraeli (s. d.), stammte aus einer jüdischen Familie, die am Ende
des 15. Jahrh. vor der spanischen Inquisition nach Venedig
[* 79] flüchtete und 1748 nach England übersiedelte. IsaakDisraeli sagte
sich 1817 vom Judentum los und ließ auch an einem Sohn die Taufe vollziehen. Sorgfältig von einem Vater erzogen, ward Beaconsfield 1821 Lehrling
einer Advokatenfirma, widmete sich aber gleichzeitig der litterarischen Thätigkeit und spielte schon
früh durch seine interessante Erscheinung und seinen Witz eine Rolle in der aristokratischen GesellschaftLondons. 1826 erschien
der erste Band
[* 80] seines Romans »Vivian Grey«, der insbesondere wegen seiner scharfen und getreuen Schilderungen der Sitten der
höhern englischen Kreise Aufsehen erregte; fast unbewußt legte er dem ehrgeizigen Helden, dem Sohn eines
Schriftstellers, der durch kalte Berechnung und kluge Benutzung der menschlichen Leidenschaften emporzukommen sucht, Züge
seines eignen Charakters bei.
Seine spätern Romane: »Popanilla«, »The wondrous tale
of Dav. Alroy«, »The young duke« (1831),
»Henrietta Temple« (1836) und »Venetia« (1837), erhielten
eine eigentümliche orientalische Färbung unter dem Eindruck der Reise, die Beaconsfield nach dem SüdenEuropas und
nach dem Orient unternahm, wo er auf seine jüdische Abstammung stolz wurde. Schriftstellerisch allgemein bekannt geworden,
bewarb er sich 1832 zu Wycombe, anfangs mit radikaler Unterstützung, um einen Sitz im Unterhaus, doch mehrere Jahre ohne
Erfolg. Während der Wahlkämpfe sprach er sich immer schärfer gegen die Whigs aus und näherte sich den Tories, doch nahm
er in seinem politischen Glaubensbekenntnis, der Broschüre »What is he?« (1833),
noch eine Mittelstellung ein. 1835 trat er
aber schon als Kandidat der Tories auf, verteidigte deren Anschauungen in der Schrift »Vindication of the
English constitution« (1835) und ward endlich 1837 zu Maidstone in das Unterhaus gewählt. Mit seiner Jungfernrede
erlitt er freilich eine empfindliche Niederlage; das Gelächter und der Lärm seiner Gegner zwangen ihn, seinen Vortrag abzubrechen.
Doch ließ er sich nicht entmutigen und schloß seine Rede mit den Worten: »Und wenn ich mich jetzt auch
niedersetzen muß, die Zeit wird kommen, da man mich hören wird«. Indem er schon wenige Tage darauf und dann wiederholt das
Wort ergriff, errang er sich allmählich eine geachtete Stellung im Haus. Um dieselbe Zeit erlangte er ökonomische Unabhängigkeit
durch die Heirat mit einer ältern, reichen Witwe, einer Mrs. Lewis.
Beaconsfield bildete mit einer Anzahl litterarischer und politischer Freunde (darunter LordJohnManners und GeorgeSmyth, der spätere Lord
Strangford) eine Gruppe, die man als das junge England bezeichnete. Die politischen Anschauungen dieses Kreises brachten Beaconsfields
nächste Romane: »Coningsby, or the new generation« (1844),
»Sybil, or the nations« (1845) und »Tancred,
or the new crusade« (1847), zu lebhaftem Ausdruck. Der Grundgedanke derselben war, daß die herrschende Whigaristokratie in
keiner Weise als eine Vertretung der Interessen und Bedürfnisse des Landes gelten könne; die durchaus notwendige RegenerationEnglands könne vielmehr nur ausgehen von der regenerierten Torypartei, welche sich der wahren Interessen
des Volks annehmen und mit einem starken, populären Königtum verbinden müsse: Ideen, welche damals fast gar nicht
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verstanden wurden. Die neuen Romane Beaconsfields wurden daher von der Kritik sehr scharf beurteilt; ihr äußerer Erfolg war
aber wegen der darin enthaltenen packenden Schilderungen der englischen Gesellschaft ein ungewöhnlich glänzender: sie wurden
in England geradezu verschlungen und in fast alle europäischen Sprachen übersetzt. Seine wachsende litterarische Berühmtheit
trug natürlich dazu bei, seine Stellung im Parlament zu heben und ihn an die Spitze einer Gruppe zu bringen,
mit der er zu Peel, dem damaligen Führer der Konservativen, in Opposition trat.
Zwar unterstützte Beaconsfield noch 1842 PeelsVorschläge über die Kornzollgesetzgebung, aber schon 1843 stellte er sich sowohl in
Fragen der auswärtigen Politik als auch namentlich in Bezug auf die irischen Zwangsmaßregeln dem Premierminister
entgegen. und sein FreundLordGeorgeBentinck, dessen Biographie er 1852 schrieb, wurden die Führer des Teils der konservativen
Partei, der, entschieden schutzzöllnerisch gesinnt, sich von der Regierung lossagte. Sie konnten zwar die Aufhebung der Kornzölle
(Mai 1846) nicht hindern, rächten sich aber wenige Wochen später, indem sie in Verbindung mit den Whigs die irische Zwangsbill
Peels verwarfen und diesen zum Rücktritt nötigten.
Seine ministerielle Thätigkeit begann freilich wie seine schriftstellerische und seine parlamentarische
mit Mißerfolgen. Bereits die Neuwahlen von 1852 zeigten, daß die Regierung auf keine feste Majorität rechnen könne. Als
nun Beaconsfield eine Budgetvorlage einbrachte, welche die durch die freihändlerische Gesetzgebung der letzten Jahre geschädigte ländliche
Bevölkerung durch Erleichterung von deren Steuerlast begünstigen, dagegen die Häusersteuer in
den Städten und die Einkommensteuer erhöhen wollte, wurde dieselbe von Gladstone, Beaconsfields fähigstem und unversöhnlichstem
Gegner, mit solchem Erfolg bekämpft, daß die Vorlage abgelehnt und das Ministerium gestürzt wurde Zwar gelang
es der Torypartei im Januar 1855, durch Unterstützung des Roebuckschen Tadelsvotums wegen der Führung
des Krimkriegs das Aberdeensche Kabinett zu Falle zu bringen und 1857 im Bund mit den Radikalen und den Peeliten einen Beschluß
gegen die chinesische Politik der Whigregierung durchzusetzen; aber 1855 vermochte Derby kein Toryministerium zu stande zu
bringen, und 1857 löste Palmerston das Parlament auf und errang bei den Neuwahlen den Sieg.
Die wichtigste politische Frage in jener Zeit war aber die Parlamentsreform durch Erweiterung des Wahlrechts, für welche Bright
eine starke Agitation eingeleitet hatte. Die Regierung hielt es für notwendig, mit Zugeständnissen entgegenzukommen.
Beaconsfield brachte eine Reformbill im Unterhaus ein, welche jedoch niemand befriedigte, so daß nach siebentägiger Debatte31. März ein
Gegenantrag LordRussells mit 34 StimmenMajorität angenommen wurde. Wegen der Verwickelungen in Italien wünschte die Königin
einen Ministerwechsel zu vermeiden und löste das Parlament auf; aber bei den Neuwahlen unterlag die Toryregierung,
und nach einem im neuen Unterhaus beschlossenen Mißtrauensvotum trat sie 17. Juni zurück. Beaconsfield richtete fortan seine Angriffe besonders
gegen die auswärtige Politik des MinisteriumsPalmerston, das für sein Verhalten zu den kontinentalen Angelegenheiten die
Nichtintervention zum Prinzip erhoben hatte. Beaconsfield tadelte diese Politik, weil sie den naturgemäßen und legitimen
Einfluß Großbritanniens im Rate der europäischen Mächte vermindere.
Indes die Mehrheit des englischen Volks war ganz damit einverstanden, daß die Regierung sich von jeder den Frieden gefährdenden
Verwickelung fern hielt, und legte auf Englands Machtstellung in Europa wenig Gewicht. Die Anträge Beaconsfields
über auswärtige Politik hatten daher keinen Erfolg. Dagegen wurde die Reformbill, die Gladstone 1866 einbrachte, infolge des
Abfalles eines Teils der Liberalen18. Juni im Unterhaus abgelehnt, worauf Derby und Beaconsfield zum drittenmal in den Besitz der Gewalt kamen.
Beaconsfield brachte 1867 im Namen der Torypartei einen Wahlgesetzentwurf ein, der unleugbar radikaler war als der
Gladstones, indem er in den Städten das sogen. Household suffrage, d. h. das Wahlrecht aller, die eine eigne oder Mietwohnung
innehatten, mit wenigen Beschränkungen durchführte und das ländliche Wahlrecht bedeutend erweiterte.
Der kühne Schritt fand aber die Billigung des Parlaments, und der Erfolg bestätigte die Befürchtungen,
die man an ihn knüpfte, keineswegs. In der äußern Politik zeigte sich Beaconsfield, der nach Derbys Rücktritt im Februar 1868 auch
die formelle Präsidentschaft des Ministeriums übernahm, thatkräftig und entschlossen; er begann zur Aufrechterhaltung des
britischen Einflusses und Ansehens außerhalb Europas den kurzen und glücklichen Krieg gegen Abessinien.
Obwohl er sich der von den Liberalen verlangten Entstaatlichung der irischen Kirche entschieden widersetzte, wurde die
ResolutionGladstones, welche sie forderte, im Unterhaus mit 56 Stimmen Mehrheit angenommen. Wiederum lehnte die Königin sein
Entlassungsgesuch ab, verweigerte aber auch die Auflösung des Parlaments; sie verlangte vielmehr, daß
Beaconsfield im Amte bleibe, bis das nach dem neuen Wahlgesetz zu wählende Unterhaus die Entscheidung treffen könne. Aber die Neuwahlen
fielen zu gunsten der Liberalen aus, so daß Beaconsfield zurücktrat.
Im neuen Parlament bekämpfte Beaconsfield sowohl die Vorschläge, betreffend die Entstaatlichung der irischen Kirche, als die auswärtige
Politik der Gladstoneschen Regierung, welche auf der Pontuskonferenz 1871 und in der Alabamafrage empfindliche Niederlagen erlitt.
Dies und andre Dinge verfehlten ihre Wirkung nicht; die liberale Partei zersplitterte sich mehr und mehr;
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