Beginn 1000, Blütezeit 1200, Ausartung 13. Jahrh.
1. Würfelkapitäl [* 2] von S. Godehard in Hildesheim. [* 3]
2. Säule a. d. Klosterkirche zu Hecklingen (1139).
3. Dom zu Bamberg. [* 4] Ostseite spätroman. Stil, erbaut 1009-1012, restaur. 1828-1837.
4. Grundriss des Doms zu Bamberg.
5. Gesims [* 5] am obern Stockwerk des Doms zu Bamberg. Profil.
6. Dom zu Mainz. [* 6] Ostseite 978-1175. Hauptperiode 1081-1136.
7. Grundriss des Doms zu Mainz.
8. Seitenportal (S. Gallus) des Münsters zu Basel [* 7] (Spätzeit des roman. Stils).
9. Refectorium (Rebenthal) des Klosters zu Maulbronn 1215-1220.
10. Fensteröffnungen am Palaste Barbarossa's zu Gelnhausen [* 8] 12. Jahrh.
11. Kapitäl aus dem Palaste Barbarossa's.
Zum Artikel »Baukunst«. [* 9] ¶
Beginn 12. Jahrh., Blütezeit 13.-14. Jahrh., Verfall 15. u. 16. Jahrh.
1. Kathedrale zu York, erbaut 1291 ? um 1410.
2. Altstadt-Rathaus zu Braunschweig, [* 11] begonnen um 1250, vollendet 1468.
3. Tuchhalle zu Ypern, erbaut 1201-1342.
4. Kathedrale zu Burgos, begonnen 1221, vollendet 1442-1487 durch Johann von Köln. [* 12]
5. Kathedrale zu Reims, [* 13] begonnen 1212 durch Robert de Coucy, vollendet um 1300.
6. Dom zu Siena, begonnen um 1250, Bau der Fassade durch Giovanni Pisano seit 1284, fortgesetzt bis 1357.
1. Certosa bei Pavia, Frontaufriss beg. 1473.
2. S. Peter zu Rom. [* 15] Frontaufriss.
3. S. Peter zu Rom, Längenschnitt.
4. S. Peter zu Rom. Innenansicht.
5. S. Peter zu Rom, Grundriss. Begonnen 1506 von Bramante, fortges. von Raffael, Peruzzi, San Gallo u. 1546 von Michel Angelo, vollend. 1667 von Bernini.
1. Palast Strozzi zu Florenz. [* 17] Erbaut 1483 von Benedetto da Majano.
2. S. Zaccaria zu Venedig. [* 18] Erbaut 1457-1515 von Martino Lombardo.
3. Bibliothek S. Marco zu Venedig. Erbaut von Jacopo Sansovino 1536.
4. Pavillon de l'Horloge (Sully) des Louvre zu Paris. [* 19] Begonnen von Lemercier 1524.
5. Otto-Heinrichsbau des Schlosses zu Heidelberg. [* 20] Erbaut 1556-1559.
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jenen des nördlichen Europa [* 22] zu vergleichen sind und z. B. auf der Osterinsel große Steinhaufen von pyramidaler Form oder bei den Morais (heiligen Begräbnisorten) regelmäßig behauene, zum Teil mächtige Steine bilden, die zu einem ebenso regelmäßigen wie einfachen architektonischen Ganzen zusammengefügt sind. Andre Beispiele einer frühen Entwickelung der Kunst finden wir in den alten Denkmälern von Amerika [* 23] (s. Amerikanische Altertümer und Tafel »Baukunst I«, [* 21] Fig. 1-3). Die Denkmäler des alten Mexiko [* 24] zeigen, obwohl keiner Urzeit des Menschengeschlechts angehörend, in ihrer künstlerischen Gestaltung keine fremden Einflüsse und sind daher als ein Zeugnis selbständiger, volkstümlicher Entwickelung zu betrachten. Sie zeigen in den Teokallis von Guernavaca [* 21] (Fig. 1), von Tusapan [* 21] (Fig. 2), von Papantla [* 21] (Fig. 3) u. a. die zum Teil schon in reicher Weise ausgebildete und mannigfach geschmückte Grundform der Pyramide.
Die Baukunst der orientalischen Völker.
Dieselbe Form finden wir in Ägypten [* 25] (s. Tafel III). Das ganze sich an den Ufern des Nilstroms hinziehende Land war mit einer Menge von Denkmälern bedeckt, von denen noch viele mehr oder weniger erhalten sind, so besonders die zum Teil kolossalen Grabdenkmäler des alten Memphis (s. Tafel III, [* 21] Fig. 1 u. 2), die Pyramiden, welche an den Abhängen der libyschen Bergkette auf einer Strecke von 8 Meilen in mehreren Gruppen zerstreut liegen und bis in das 5. Jahrtausend v. Chr. hinaufreichen. In die auf die Vertreibung der Hyksos folgende Blüteperiode des ägyptischen Lebens gehören die glänzendsten, an den Ufern des Nils aufgeführten Denkmäler, vor allen die Monumente von Theben in Oberägypten, die fast sämtlich von Ramses d. Gr. oder Sesostris (um die Mitte des 15. Jahrh. v. Chr.) und seinen Vorgängern und nähern Nachfolgern herrühren. In diesen altägyptischen Bauwerken tritt wieder die Form der Pyramide als älteste Architekturform hervor.
Die Umfangsmauern der Tempel [* 26] erhielten einen Anlauf [* 27] und wurden an den Kanten mit Rundstäben geschmückt, die Decken mit einem horizontalen Abschluß und mit einer mächtigen Hohlkehle versehen (s. Tafel III, [* 21] Fig. 18). Keine Fensteröffnung oder Säulenstellung unterbrach die gewaltigen Flächen dieser Umfangsmauern, welche ein langgestrecktes Rechteck umschlossen und mit farbenreicher Bilderschrift, mit Darstellungen der Götter und Herrscher bedeckt waren. Ausgedehnte Doppelreihen von kolossalen Sphinxen oder Widdern führten zu dem hohen, schmalen Eingang, der zwischen zwei turmartige Pylonen gleichsam eingeschoben und bisweilen von Obelisken oder kolossalen sitzenden Herrscherstatuen flankiert ward. Die zu beiden Seiten desselben in die Pylonen eingelassenen Nuten (s. Tafel III, [* 21] Fig. 4) dienten zur Aufnahme hoher, bei Festen mit flatternden Wimpeln geschmückter Masten.
Die enge Pforte führte in den unbedachten, auf mindestens drei Seiten von einer bedeckten Säulenstellung umgebenen Vorhof, welcher sich bei einigen Tempeln hinter einem zweiten Pylonenpaar wiederholt, und von da in einen oft ebenso großen Saal, dessen schwere Steinbalkendecke auf Reihen dicht gestellter Säulen [* 28] ruht, von welchen die mittlern höher waren und eine höhere Decke [* 29] trugen, unter der dem Säulensaal von beiden Seiten durch vergitterte Öffnungen Licht [* 30] zugeführt wurde. An diesen Saal, der in keinem ägyptischen Tempel fehlt, reihten sich die übrigen kleinern und düstern Räume des Heiligtums mit der engen, niedrigen Cella, welche das Götterbild aufnahm.
Auch diese innern Räume sind mit bunter Hieroglyphenschrift bedeckt. Die ägyptische Säule (s. Tafel III, [* 21] Fig. 4-9 und 11-17) zeigt bereits die verschiedenen durch das Wesen der Säule bedingten Elemente in regelmäßiger, gesetzmäßiger Wiederkehr. Über einer runden Plinthe erhebt sich der runde, ganz unten mehr oder weniger eingezogene, nach oben zu allmählich verjüngte Schaft der Säule und nimmt das entweder kesselförmige, unten ausgebauchte, oben eingezogene geschlossene oder kelchförmige, unten etwas ausgebauchte, oben überfallende offene Lotoskapitäl mit quadratischer Platte auf, worüber der aus starken, von Säule zu Säule reichenden Steinbalken bestehende Architrav [* 31] ruht.
Sowohl die Säulenschäfte als die Kapitäler erhalten bisweilen konvexe oder konkave Längsrippen und sind teils mit Pflanzengebilden als Sinnbildern der elastischen Biegsamkeit, teils mit Bilderschrift bedeckt. Insbesondere erhalten die offenen Lotoskapitäler Ornamente [* 32] aus schlanken Pflanzenblättern oder auf elastischen Stielen sich wiegenden Blüten. Unter die mystischen Symbole der ägyptischen Architektur gehört die besonders über den Portalen oft mehrfach angebrachte geflügelte Sonnenscheibe [* 33] (s. Tafel III, [* 21] Fig. 19). Von den einzelnen Monumenten erwähnen wir die Reste der beiden riesigen Tempel zu Karnak (s. Tafel III, [* 21] Fig. 12 u. 14) und zu Luksor, die durch eine fast 2 km lange Allee von Sphinxkolossen verbunden werden, den großen Tempelpalast bei Medinet Abu (s. Tafel III, [* 21] Fig. 11 u. 17) und das nördlich von diesem gelegene Trümmerfeld mit vielen Bruchstücken kolossaler Statuen, von denen noch zwei aufrecht sitzen, wovon eine die berühmte Memnonsstatue ist.
Der nördlich davon befindliche Totenpalast ist ein Mausoleum des Ramses (s. Tafel III, [* 21] Fig. 10). Als Werke derselben frühen Periode sind die Denkmäler von Abu Simbal (Ebsambul, s. Tafel III, [* 21] Fig. 8), Derri, Girrscheh und Sebua in Unternubien zu betrachten, welche ganz oder zum Teil in den Felsen gehauen sind. Bei den nach Anlage und Form mehrfach abweichenden Denkmälern der spätern Zeit, worunter sich der prachtvolle Tempel zu Dendrah unterhalb Theben (s. Tafel III, [* 21] Fig. 16), der östliche und westliche Tempel auf der Insel Philä (s. Tafel III, [* 21] Fig. 9 u. 13) und der große Tempel zu Edfu (s. Tafel III, [* 21] Fig. 4-7) aus der Ptolemäerzeit auszeichnen, ist die vordere große Säulenhalle fast nirgends mehr geschlossen, sondern mit offener Säulenstellung versehen, so jedoch, daß die Brüstungsmauern und Thürpfosten zwischen den Säulen nie fehlen.
Vor dieser Halle [* 34] befindet sich entweder noch der Vorhof mit dem Pylon, oder es fehlt auch diese vordere Anlage. Die auf allen vier Seiten von einer Säulenstellung umgebenen Tempel sind als eine Nachahmung griechischer Tempelbauten zu betrachten, bei welchen nur die auf den Ecken angebrachten anlaufenden Pfeiler an das pyramidale Grundelement der ägyptischen Architektur erinnern. Bei der Säulenbildung kommt das nach oben zu geschlossene Kapitäl nur noch selten, die Kelchform, mannigfaltig geschmückt, als die vorherrschende zur Anwendung.
Gewöhnlich ist der Kelch aus mehreren kolossalen Blättern gebildet, worauf Pflanzenornamente eingegraben und durch bunte Färbung ausgezeichnet sind; auch werden die Blätter des Kelchkapitäls nicht selten mit eigentümlichen Voluten und Schnörkeln verbunden, wodurch sie an die griechisch-korinthische Kapitälform erinnern. Die zwischen Kapitäl und Architrav eingeschaltete Platte ist zuweilen sehr niedrig, zuweilen über die Würfelform erhöht und bildet, besonders an den Typhonien, einen ¶
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hohen Aufsatz, an dessen Seiten dämonische Gestalten dargestellt sind. Der hohe, über dem Kelchkapitäl [* 36] zunächst mit vier Gesichtsmasken (Bildern der Isis [* 37] oder Hathor) [* 38] und über diesen mit vier kleinen Tempelfassaden geschmückte Aufsatz, worüber gewöhnlich noch eine besondere kleine Platte angeordnet ist (s. Tafel III, [* 35] Fig. 16), erscheint als eine weit spätere Anordnung, bei welcher der eigentliche Kelch des Kapitäls bisweilen ganz weggelassen ist, so daß dasselbe nur aus den Bildern jenes Aufsatzes besteht. Auch in den dem gemeinen Nutzen gewidmeten Unternehmungen leisteten die Ägypter Ausgezeichnetes, besonders im Wasserbau zum Schutz gegen die jährlichen Überschwemmungen des Nils.
Die Baukunst der alten Völker des westlichen Asien [* 39] diesseit des Indus kennen wir nur aus ungenügenden Berichten der Schriftsteller des Altertums und vereinzelten Resten ihrer Denkmäler. Unter die Bauwerke des einst so mächtigen Reichs von Babylonien gehört der durch die ältesten biblischen Sagen als »Turm [* 40] von Babel« bekannte Tempel des Belus, ein massiver pyramidaler Bau, der an der Basis etwa 200 m breit und ebenso hoch war und in acht großen Absätzen emporstieg. Zu den ältern Monumenten von Babylon gehörte ferner die alte königliche Burg, deren Mauern mit bildlichen Darstellungen großer Jagden auf wilde Tiere geschmückt waren.
Die übrigen Trümmer von Babylon gehören schon der jüngern Zeit an, wo sich nach dem Sturz des alten Reichs durch das Eindringen der Chaldäer ein neues, chaldäisch-babylonisches Reich erhob. Zu diesen spätern Werken gehört ein zweiter königlicher Palast mit einem prächtigen Garten, [* 41] der sich terrassenförmig erhob und später unter der Benennung der »hängenden Gärten der Semiramis« unter die »sieben Wunder der Welt« gezählt wurde. Der Trümmerberg El Kasr wird für den Rest des Palastes gehalten.
Seit Jahrtausenden sind die Ruinen Babylons als Steingruben für den Bau benachbarter Städte benutzt worden und dadurch zu unregelmäßigen Schutthaufen zusammengesunken. Unter den Ruinenhügeln von Nimrud, welche man für Reste des alten Ninive hält, haben der beim Dorf Chorsabad und der mehr nördlich gelegene Kujundschik wertvolle Bruchstücke (s. Tafel II, [* 35] Fig. 1-3) enthalten. Das Baumaterial sind Steine aus gebranntem Thon, die durch ein Erdharz, zum Teil auch durch Kalkmörtel, auf sehr feste Weise verbunden wurden.
Die Phöniker bildeten einen Teil desselben Volksstammes, welchem die Babylonier angehörten; ihr religiöser Kultus stand in inniger Verbindung mit dem von Babylon. Mancherlei Tempel und andre Architekturen werden zwar erwähnt, aber was wir darüber wissen, bezieht sich meist nur auf die glänzende Ausschmückung, die sie durch edle Metalle erhielten. Zu den berühmtesten Denkmälern gehören die von König Hiram erbauten Tempel zu Tyros. Karthago [* 42] besaß einen prachtvollen Tempel auf der Burg; an einem andern Tempel am Markt hatten die innern Wände einen Überzug von Goldplatten. Diese Stadt war überdies durch großartige Hafenbauten ausgezeichnet.
An die Bauwerke der Phöniker schließen sich die der Juden (s. Tafel II, [* 35] Fig. 10-13) an. Unter der Regierung Salomos (um 1000 v. Chr.) wurde die alte transportable Stiftshütte durch einen massiven Tempel auf dem Berg Moria zu Jerusalem [* 43] ersetzt. Nur ein Teil seines kolossalen Unterbaues (s. Tafel II, [* 35] Fig. 10) hat sich erhalten, aber von seiner Pracht enthalten die biblischen Schriften überschwengliche Schilderungen. Ungefähr 420 Jahre nach seiner Erbauung ward der Tempel Salomos durch Nebukadnezar zerstört.
Der neue, von den Juden nach ihrer Rückkehr aus dem Exil (gegen Ende des 6. Jahrh.) erbaute Tempel war nur ein Schatten [* 44] von der Pracht und Herrlichkeit des alten. Ein zweiter Neubau, 20 v. Chr. unter Herodes d. Gr. begonnen, sollte den alten Ruhm des Salomonischen Tempels wiederherstellen, stand aber nur 70 Jahre. Über die Detailformen der hebräischen Baukunst geben uns einzelne Bruchstücke aus den Felsengräbern von Jerusalem (s. Tafel II, [* 35] Fig. 11-13) Aufschluß, unter welchen das sogen. Grab des Absalom [* 35] (Fig. 13) besondere Beachtung verdient.
Die Volksstämme Kleinasiens haben vorzugsweise Grabmonumente hinterlassen, die sich noch in erheblicher Anzahl und mannigfacher Formbildung vorfinden. Die ältesten und primitivsten derselben stammen von den Lydiern (ca. 700-600 v. Chr.) und haben meist die Form eines einfachen Tumulus, der auf kreisrundem Unterbau kegelförmig aufsteigt (Grab des Tantalos [* 45] bei Smyrna). Ihnen gegenüber stehen die Felsgrottenbauten der Phrygier mit ihren künstlich aufgemeißelten Giebelfassaden (Grab des Midas im Thal [* 46] Doghanlü), während die Grabmäler der Lykier (500-300 v. Chr.) wieder eine andre, noch reicher entwickelte Form darbieten.
Man meißelte hier entweder aus dem freien Felsgestein das Grabmal als einen selbständigen monolithen Sarkophag [* 47] heraus, oder man legte die Grabkammer im Felsen an und meißelte dem letztern eine Fassade auf, in beiden Fällen jedoch mit getreuer Nachahmung einer Holzkonstruktion; Beispiele finden sich bei Phellos, Antiphellos (s. Tafel II, [* 35] Fig. 15), Myra etc. In einzelnen Werken macht sich hier auch griechischer Einfluß geltend, indem der ionische Säulenbau und sonstige griechische Formbildung zur Anwendung kommen, so bei den Gräbern von Telmissos (s. Tafel II, [* 35] Fig. 14).
In der Glanzperiode des persischen Reichs nahmen die Könige ihr Hoflager besonders zu Ekbatana in Medien, Susa und Persepolis. Ekbatana war die Residenz des medischen Reichs gewesen und ihre Burg schon beim Beginn der Mederherrschaft auf großartige Weise angelegt worden. Auf einer Anhöhe stieg sie in sieben Absätzen empor, deren übereinander emporragende Mauerzinnen in verschiedenen Farben erglänzten. Am Fuß der Burg lag der königliche Palast; die Säulen, das Balkenwerk und das Täfelwerk der Wände bestanden aus Zedern- und Cypressenholz und waren durchaus mit Gold- und Silberblech überzogen.
Die in der Nähe des heutigen Hamadan aufgefundenen Reste, namentlich Basis und Schaft einer Säule, stimmen mit den Formen der persepolitanischen Architektur überein. Von Susa, dessen Erbauung den ersten persischen Herrschern zugeschrieben wird, wissen wir, daß es in der Bauweise von Babylon angelegt war. Das eigentliche Heiligtum des persischen Reichs bildete aber der alte Stammsitz der persischen Herrscher, ursprünglich Pasargadä (»Perserlager«),
von den Griechen Persepolis genannt. Hier stand die alte Burg des königlichen Geschlechts, hier wurden die Gebeine der Könige bestattet und ihre Ruhestätten durch glänzende Denkmäler bezeichnet (s. Tafel II, [* 35] Fig. 7), hier erhob sich ein neuer, umfangreicher Palast (s. Tafel II, [* 35] Fig. 4 u. 5). Das auf der Stätte der alten Residenz, in der Gegend von Murghab, erhaltene Grabmal des Cyrus (s. Tafel II, [* 35] Fig. 6) ist ein pyramidaler, aus kolossalen weißen Marmorblöcken aufgeführter, an der Basis ¶
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13 m langer, 12 m breiter und 12 m hoher Bau, der in sieben Stufen emporsteigt und auf der obern Fläche ein steinernes Häuschen mit giebelförmigem, durch ein schlichtes Gesims von der Wandfläche abgesetztem Dach [* 49] (gleichfalls von Marmor) trägt. Dies Häuschen enthielt den goldenen Sarg des Königs. Die in der Gegend des südlicher gelegenen neuen Reichspalastes befindlichen Gräber der spätern Könige sind in den Felsen gearbeitete Kammern mit verschlossenem und verborgenem Eingang, welche an dem Äußern der Felswand durch eine ausgemeißelte Fassade (s. Tafel II, [* 48] Fig. 7) bezeichnet sind, deren architektonisches Gerüst an sich einfach, jedoch durch bildnerische Zierden bereichert ist. Es besteht aus einer Reihe schlanker Halbsäulen, in deren Mitte eine Thür angedeutet ist, und auf welchen ein mehrfach gegliedertes Gebälk ruht. Die Halbsäulen haben keine weitere Zierde als das Kapitäl, welches aus zwei nach den Seiten hinausragenden, mit den Leibern zusammenhängenden Einhörnern (s. Tafel II, [* 48] Fig. 8 u. 9) besteht, zwischen deren Hälsen die Stirn eines Balkenkopfes vortritt, welcher einen Querbalken andeutet, worauf der Architrav des Hauptgebälkes ruht.
Darüber erhebt sich eine Art von prächtigem Thronbau, der größtenteils durch die Reliefs menschlicher Figuren ausgefüllt wird. Das merkwürdigste aller Monumente der persischen Baukunst bilden die Reste des großen Palastes von Persepolis, die gegenwärtig den Namen Tschil Minar (»die vierzig Säulen«) führen (s. Tafel II, [* 48] Fig. 4). An babylonische Anlagen erinnernd, erheben sie sich in mehreren breiten Terrassen auf einer Abdachung des Bergs Rachmed und umschließen einen Raum von 440 m Länge und 280 m Breite. [* 50] Die architektonische Ausbildung der Säulen, die Zusammensetzung der Kapitäler sowohl als die besondere Anwendung der Voluten beweisen, daß die persepolitanischen Denkmäler am Schluß einer lange fortgesetzten Kunstentwickelung stehen, insofern sie einer schon ausartenden Kunst angehören.
Getrennt von dem Völkerleben des westlichen Asien entwickelte sich der Osten dieses Weltteils, als dessen Kultursitz vornehmlich Hindostan erscheint. Die zahlreichen Denkmäler dieses Landes sind an Umfang und Pracht nur mit denen des ägyptischen Volks zu vergleichen (s. Tafel I, [* 48] Fig. 4-13). Der Grundzug des indischen Volkscharakters, eine große Weichheit des Gefühls und eine lebhafte Glut der Phantasie, in der sich fast jede übrige Thätigkeit des Geistes auflöst, zeigt sich auch in den indischen Bauwerken, bei denen durchweg ein lebendiges Gefühl hervortritt, welches die Form nicht um einer konventionellen Bedeutung, sondern um ihrer selbst willen bildet; aber die fessellose Phantasie gestattet dem Gefühl nicht oder nur selten die zu einer harmonischen Durchbildung notwendige Ruhe, sie häuft Formen auf Formen und endet mit dem Eindruck einer fast chaotischen Verwirrung.
Die Blütezeit der indischen Baukunst fällt mit dem gleichzeitigen Bestehen des Brahmanismus und Buddhismus zusammen, besonders in das letzte Jahrhundert vor Christo. Die bedeutendsten Baureste finden sich in Dekhan, deren wichtigste jene zum Teil sehr umfassenden Felsmonumente sind, die auf der Westseite der Halbinsel, in größerer oder geringerer Entfernung von der Stadt Bombay, [* 51] liegen. Sie zeigen eine mehr oder weniger entschiedene Übereinstimmung des Stils und gehören ohne Zweifel derselben Entwickelungsperiode an. Die brahmanischen Felsentempel bedecken gewöhnlich einen viereckigen, zuweilen auch unregelmäßigen Hauptraum von größerer oder geringerer Ausdehnung, [* 52] an den sich nicht selten kleinere Nebenräume anschließen, unter denen das mit dem Bild oder dem Symbol des Gottes geschmückte Sanktuarium der wichtigste ist, das entweder eine Kammer für sich bildet, oder noch von einem Gang [* 53] umgeben ist.
Der Hauptraum, als die Vorhalle des eigentlichen Heiligtums, hat immer eine flache Decke, welche durch Säulen- oder Pfeilerstellungen gestützt wird, deren vordere Reihe die offene Fassade des Tempels bildet. Höfe mit Galerien, Nebenkammern oder monolithen Monumenten finden sich häufig vor den Tempeln. Zuweilen liegen zwei, bisweilen sogar drei solcher Tempelräume übereinander. Die Säulen oder Pfeiler, welche die Felsdecke des Hauptraums stützen, stehen gewöhnlich in rechtwinkelig sich durchschneidenden Reihen und sind an der Decke durch architravähnliche Streifen verbunden, während die mit ihren Reihen korrespondierenden, an den Wänden hervortretenden Pilaster zwischen sich Nischen einschließen, welche in der Regel durch Bildwerke ausgefüllt sind. Jene frei stehenden Stützen (s. Tafel I, [* 48] Fig. 10-12) haben meist eine halb pfeiler-, halb säulenartige Gestalt und bestehen durchweg aus einem festen Untersatz von würfelartiger Form, einem kurzen, runden Schaft mit einem unten eingezogenen, oben ausladenden, einem großen Pfühl gleichenden Kapitäl und einem viereckigen Aufsatz, an welchen sich oft [* 48] (Fig. 11) seitwärts zwei Konsolen anschließen.
Zuweilen verbindet sich mit der Grottenanlage ein sehr ausgebildeter, obwohl nur aus dem Felsen gemeißelter Freibau, der dadurch entsteht, daß der das Sanktuarium umgebende Gang in beträchtlicher Breite angelegt und von der darüberschwebenden Felsdecke befreit ist, wodurch das Sanktuarium eine inmitten eines Hofraums liegende Kapelle bildet. In den Grotten von Ellora (s. Tafel I, [* 48] Fig. 10), namentlich im größern Tempel des Indra und in den Monumenten des Kailasa (s. Tafel I, [* 48] Fig. 8 u. 9), finden sich sehr merkwürdige Beispiele dieser Anordnung.
Die buddhistischen Grottentempel öffnen sich nicht frei gegen außen. Sie bilden einen länglichen Raum, der nach hinten halbkreisförmig abschließt und rings von einem schmalen Umgang umgeben ist; Pfeilerstellungen trennen den Umgang von dem mittlern Hauptraum. Die Decke des letztern hat die Form eines überhöhten halbkreisförmigen, zuweilen hufeisenförmigen Tonnengewölbes, während die Decke des Umganges flach ist. Die Pfeiler sind teils einfach achteckig, ohne Basis und Kapitäl, teils mehr durchgebildet und mit Basis und Kapitäl versehen, welche in der Hauptform denjenigen der Grottentempel gleichen, auch wohl über dem Kapitäl noch mit phantastischen Skulpturen geschmückt sind. Im Grunde des Mittelraums, vor seinem halbkreisförmigen Abschluß, befindet sich das Heiligtum, wodurch sich diese Anlagen als buddhistische kennzeichnen, der sogen. Dagop, eine etwas überhöhte, auf einem breiten, cylinderförmigen Untersatz ruhende halbkugelige Masse.
Dieser Dagop, das Bild der Wasserblase und stets wiederkehrende Symbol der Vergänglichkeit im Buddhismus, pflegt irgend eine Reliquie Buddhas oder eines Buddha-Heiligen einzuschließen. Vor ihm steht gewöhnlich die Statue Buddhas in ihrer stets wiederkehrenden typischen Bildung. Einige Grottentempel der Koromandelküste bei Madras [* 54] tragen den Charakter frei stehender architektonischer Monumente, die aber im Innern nicht ausgehöhlt sind und nach Form und Stil den frei stehenden Monumenten von Ellora entsprechen. Die auf dem heiligen Boden von Orissa, auf der Ostküste Indiens, vorhandenen Monumente sind aus ¶
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Werkstücken (zum Teil auch aus Ziegeln) aufgeführte Bauten. Diese von den Europäern gewöhnlich Pagoden (verdorben aus dem Wort Bhagavati, »heiliges Haus«) genannten Tempelbauten zeigen je nach dem Grade der Heiligkeit des Ortes größere oder geringere Ausdehnung und als Hauptform wieder diejenige der Pyramide, die aber durch eine Menge aus dem Dach jedes untern Absatzes hervortretender Kuppeln, mannigfaches Pilasterwerk (zum Teil auch Säulen) an den Wänden der untern Absätze, Nischen, die ihre besondern bunt geschweiften (zum Teil spitzbogig geschweiften) Bekrönungen haben, Zwischengesimse, besonders vielgestaltige Fußgesimse, endlich durch eine oft übergroße Menge von bildnerischen Darstellungen, die alle freien Stellen der Architektur einnehmen, das Gepräge einer wüsten Verworrenheit erhalten, die den Sinn des Beschauers schwindeln macht. Hervorzuheben sind die Pagoden zu Tiravalur, Chillambrum u. Madura (s. Tafel I, [* 55] Fig. 6, 7), wo sich auch der riesige, zur Aufnahme der Pilger bestimmte neuere Saal oder Tschultri (s. Tafel I, [* 55] Fig. 4 u. 5) befindet, dessen Decke von 124 in vier Reihen stehenden, bis zum Kapitäl aus je Einem Granitblock gearbeiteten Säulen getragen wird.
Auch in den bei Manikyala im Indusland beginnenden, der alten, von Indien durch Kabulistan nach Persien [* 56] und Baktrien führenden Königsstraße entlang liegenden Topen (von Stupa, »Tumulus«),
turmartigen Bauten von 15-25 m Höhe, hat man die Dagope, also dieselben buddhistischen Heiligtümer, wieder erkannt, die sich im Innern der indisch-buddhistischen Tempelgrotten vorfinden. Die Periode, in welcher diese merkwürdigen Denkmäler entstanden, ist diejenige, in welcher hier seit dem Sturz der makedonisch-baktrischen Herrschaft (136 v. Chr.) bis zum 7. Jahrh. n. Chr. und zum Teil noch länger mächtige buddhistische Reiche blühten. In dieselbe Periode gehören auch die kolossalen, an der Felswand von Bamian befindlichen, in Nischen stehenden Relieffiguren bis zu 40 m Höhe.
Auch auf Ceylon [* 57] entstanden seit der Einführung des Buddhismus zu Ende des 4. Jahrh. v. Chr. zahlreiche Bauten, unter denen kolossale, im 2. Jahrh. erbaute Dagope hervorzuheben sind. Auch an den wichtigsten Monumenten von Nepal, den sogen. Chaityas im Norden [* 58] des indischen Gangeslandes, zeigt sich derselbe Baustil, indem sie außen die kuppelartige Form des Dagop zeigen und innen bereits zum freien, hoch gewölbten Raum geworden sind. Die bedeutenden, auf der Insel Java wie auch auf einigen andern Sundainseln erhaltenen Denkmäler gehören der Zeit des Mittelalters an und verdanken ihren Ursprung indischen Kolonisationen.
Auch China [* 59] empfing von Ostindien [* 60] mit der Religion des Buddha seine Baukunst. Die bedeutsamsten Monumente der Chinesen gründen sich wiederum auf die hier wesentlich umgestaltete Dagopform. Die chinesischen Buddhisten beseitigten den symbolischen Kuppelbau gänzlich und behielten nur die stufenförmige Spitze bei, die sie zum selbständigen Turmbau (Tha) ausbildeten. Diese Türme steigen in vielen Geschossen empor, jedes obere um etwas verjüngt, jedes mit einem geschweiften Dach versehen und mit Glöckchen behängt; die Dachziegel haben einen goldblinkenden Firnis, die Wände sind bunt angestrichen oder mit glänzenden Porzellanplatten belegt.
Der im 15. Jahrh. erbaute Porzellanturm von Nanking ist eins der berühmtesten Bauwerke dieser Art. Die Tempel der Chinesen sind an sich von kleiner Dimension [* 61] und gewöhnlich von Säulenstellungen umgeben, doch haben die bedeutenden derselben auch anderweite Umgebungen, namentlich Höfe und Säulenhallen verschiedener Art. Nach ihrem architektonischen Charakter sind sie von den Privatbauten, namentlich von deren Höfen und Hallen in den Prachtwohnungen der Vornehmen, nicht verschieden.
In dem Prinzip des Säulenbaues erkennt man wieder eine große Verwandtschaft mit den Säulenbauten der spätindischen Kunst, wohin namentlich die Anwendung der auf verschiedene Weise geschnitzten Konsolen gehört, die an dem Kopf der Säulen, statt eines Kapitäls, zur Unterstützung des Architravs hervortreten. Auch die Basen der Säulen, wo solche vorhanden sind, erinnern an spätindische Formen. Übrigens bestehen diese Säulen durchweg aus Holz [* 62] und sind mit glänzend roter Lackierung versehen.
Oben und zwischen den Säulen ist oft ein künstliches vergoldetes Gitterwerk angebracht. Das Dach hat stets eine geschweifte, nach den Ecken aufwärts gekrümmte Form und ist über den Ecken gewöhnlich mit allerlei fabelhaftem Schnitzwerk, besonders mit Drachenfiguren, geschmückt. Die chinesischen, zur Verherrlichung der Thaten verdienter Personen bestimmten Denkmäler sind quer über die Straßen gebaute Pforten, Pälu genannt, und bestehen, je nachdem ein Durchgang oder deren drei beabsichtigt waren, aus zwei oder vier Pfosten (von Stein oder auch nur von Holz), die oben durch Querbalken verbunden sind. Ausgezeichnet dagegen sind die Chinesen in gemeinnützigen Bauanlagen, wohin besonders die kolossale Mauer, als Schutz gegen die Einfälle der Mongolen, ferner das ausgedehnte System von Kanälen, das die gegen Osten fließenden Ströme des Landes verbindet und die ausgedehnteste Wasserkommunikation ermöglicht, gehören.
Die griechische Baukunst.
Als das erste Stadium in der Entwickelung der griechischen Architektur (Tafel IV) betrachten wir die Schöpfungen, welche dem Heroenzeitalter der griechischen Geschichte angehören. Die einfachsten Denkmäler, deren in den Homerischen Gesängen Erwähnung geschieht, sind die Grabmäler der gefallenen Helden, kegelförmige Erdhügel, in deren Tiefe die Asche des Verstorbenen beigesetzt ward, und auf deren Spitze bisweilen einzelne große teils roh-, teils unbearbeitete Steine aufgerichtet waren. Die wichtigsten Äußerungen baukünstlerischer Thätigkeit finden wir in der Anlage von Burgen, [* 63] deren gewaltige, von der spätern Sage als Cyklopenmauern bezeichnete Ringmauern aus polygonen Steinblöcken (s. Tafel IV, [* 55] Fig. 2) bestanden.
Die erhaltenen Mauerreste (s. Tafel IV, [* 55] Fig. 1-5), welche einen allmählichen Fortschritt der Technik erkennen lassen, sind teils aus rohen, kolossalen Blöcken aufgebaut, deren Lücken mit kleinern Steinen ausgefüllt wurden, teils aus mehr oder weniger sorgfältig behauenen, mit ihren Kanten und Winkeln genau ineinander gefügten Steinen zusammengesetzt. Das Streben, die Steine in horizontalen Schichten übereinander zu legen, führte endlich zum regelmäßigen Quaderbau.
Die in diesen Mauern angebrachten Thore zeigen verschiedene Gestalt. Ihre Seitenwände haben in der Regel eine Neigung, die teils dadurch, daß die obern Steine über die untern mehr heraustreten, teils durch schräg stehende größere Pfosten erzeugt wird. Auch ihre Bedeckung ist häufig von giebelförmiger Gestalt, teils durch übereinander vorgekragte, teils durch sparrenförmig gegeneinander gelehnte, seltener durch horizontal liegende Steine gebildet. Bei größern Thoren, z. B. zu Phigalia und Amphissa (s. Tafel III, [* 55] Fig. 4 u. 5), sind beide Arten der Überdeckung in der Weise kombiniert, daß ein über die Thürpfosten gelegter starker steinerner Sturz durch ¶
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allmählich vorgekragtes, ein hohles Dreieck [* 65] bildendes Mauerwerk entlastet und dieses Dreieck nur durch einen flachen Stein von verhältnismäßig geringem Gewicht ausgesetzt wird. Das bedeutendste Werk dieser Art ist das Löwenthor zu Mykenä [* 66] (s. Tafel IV, [* 64] Fig. 1), bei welchem der zuletzt erwähnte dreieckige Stein die Reliefdarstellung zweier Löwen [* 67] zeigt, die sich gegen eine kandelaberartige Säule emporrichten. Über die Beschaffenheit der Fürstenhäuser jener Epoche haben uns auch die Ausgrabungen von Schliemann nur unvollkommene Vorstellungen geliefert. (Vgl. Mykenä, Orchomenos, Tiryns, Troja.) [* 68] Auch nach diesen Ausgrabungen sind wir noch nicht über das Stadium der Vermutungen hinausgekommen.
Die zur Aufbewahrung von Kostbarkeiten bestimmten Teile dieser fürstlichen Anlagen, die sogen. Thesauren oder Schatzhäuser, bestanden in meist unterirdischen, kreisrunden Räumen, die durch kuppelförmige, aus horizontalen, allmählich vorgekragten Steinringen bestehende, oben durch je eine größere Platte geschlossene Überbaue abgedeckt waren, und unter welchen das Schatzhaus des Atreus zu Mykenä das merkwürdigste und am besten erhaltene ist. Wenn Schliemanns Ausgrabungen uns auch keine positiven Aufklärungen über die Wohnräume der griechischen Heroen geliefert haben, so verdanken wir ihnen doch ein sehr reichhaltiges Material zur Unterstützung des Nachweises, daß die griechische ein Sprößling des Orients ist, und daß der griechische Geist aus den Überlieferungen Asiens und Ägyptens jene Gebilde edelster Harmonie entwickelte, deren herrlichstes Symbol der griechische Tempel ist.
Die ältesten Göttertempel sind auch die ältesten Erzeugnisse nationalgriechischer Kunst. Der griechische Tempel in seiner ursprünglichen Anlage bestand nur aus der rechteckigen Zelle, [* 69] in welcher das Götterbild aufgerichtet war, und aus einer offenen Vorhalle, welche eine freie Säulenstellung erhielt, die man bei größern Anlagen später rings um das Tempelhaus führte. Als die Ausbildung der Tempelform ihren Höhepunkt erreicht hatte, wurde das architektonische Gerüst aus der Reihe der Säulen gebildet, die, auf einem gemeinsamen, aus mehreren Stufen bestehenden Unterbau errichtet, in geschlossener Kraft [* 70] emporstrebten und den Architrav aufnahmen, der durch seine äußere Form die flache Bedeckung der Halle und ihre Verbindung mit dem Tempelhaus aussprach.
Über dem Architrav erhob sich nicht unmittelbar, wie in den übrigen Architekturen der Alten Welt, das krönende Gesims, sondern der für den bildnerischen Schmuck bestimmte Fries, der Zophoros oder »Bildträger«. Über dem Bildwerk des Frieses ruhte das Kranzgesims, [* 71] dessen Hauptglied, eine stark vortretende Platte, einen festen Abschluß bildete. An der Schmalseite des Tempels und der ihr entsprechenden Rückseite stieg über dem Kranzgesims noch der Giebel empor, dessen Gestalt, ein flaches Dreieck, durch die Form des Tempeldaches bedingt war.
In dem Giebelfeld war das bedeutsamste Bildwerk enthalten, das wiederum in dem kräftig vortretenden Giebelgesims seinen Abschluß fand. Die Endpunkte des Giebels, der Gipfel und die äußern Ecken, waren außerdem durch aufgelegte Platten, die Akroterien, [* 72] und frei gebildetes, aufstrebendes Ornament ausgezeichnet. Je nach der einfachern oder reichern Anwendung einer einfachen oder doppelten Säulenstellung, nur an der Vorder- und Hinterseite oder auf allen Seiten des Tempels, unterscheidet man den Tempel in antis, den Prostylos, Amphiprostylos, Peripteros, Pseudoperipteros, Dipteros, Pseudodipteros.
Nach der wegen des in der Mitte liegenden Einganges stets geraden Zahl der Säulen an der Vorderseite des Tempels nannte man die Tempel tetrastylos (viersäulig), hexastylos (sechssäulig), oktastylos (achtsäulig), dekastylos (zehnsäulig), dodekastylos (zwölfsäulig); nach der geringern oder größern Weite des Zwischenraums zwischen je zwei Säulen: pyknostylos (engsäulig), systylos (nahsäulig), eustylos (schönsäulig), diastylos (weitsäulig), aräostylos (fernsäulig).
Näheres s. Tempel und die einzelnen eben genannten Gattungsbezeichnungen. Das geschlossene Tempelhaus bestand aus der eigentlichen Zelle (Naos), die bei den gewöhnlichen Anlagen keine Fenster hatte, und aus der Vorhalle (Pronaos), die mit jener durch eine große Thür verbunden war. Bei einzelnen Tempeln findet sich hinter der Zelle ein abgeschlossenes, wohl meist als Schatzkammer dienendes Hinterhaus (Opisthodom). Der Amphiprostylos erhielt gewöhnlich an der Rückseite eine dem Pronaos entsprechende Halle (Posticum).
Bei Tempelanlagen, die eine größere Ausdehnung hatten und zur Aufnahme eine größere Menschenmenge bestimmt waren, dehnte sich die Zelle zum offenen Hofraum, dem Hypäthron, aus, der mit Säulenreihen vor den Wänden, bisweilen mit zweien übereinander, von denen die obern eine Galerie bildeten, oder mit vorspringenden Wandpfeilern, von denen mehr oder weniger tiefe Nischen eingeschlossen wurden, umgeben war. Die Einzelform gestaltete sich nach den Eigentümlichkeiten des dorischen und ionischen Stammes, durch welche die griechische ein zweifaches Gepräge erhielt, verschieden.
Die dorischen Tempel zeigen schwerere Verhältnisse. Die Säulen stehen in einem Abstand von 1¼-1½ ihres untern Durchmessers und sind etwa nur vier- bis fünfmal so hoch als ihr unterer Durchmesser, während ihre Verjüngung sich auf etwa ⅙ des untern Durchmessers beläuft. Die Höhe des Gebälks und Giebels beträgt ⅓-½ der Säulenhöhe. Ebenso kräftig wie die Gesamtanordnung ist die Profilierung der einzelnen Glieder. [* 73] Zu den vollkommensten Schöpfungen des dorischen Stils gehört der Tempel des Theseus oder das Theseion, der der Pallas Athene [* 74] oder der Parthenon (s. Tafel IV, [* 64] Fig. 6) zu Athen [* 75] und der des Zeus [* 76] in Olympia. In der ionischen Bauweise erscheint die Form des architektonischen Gerüstes reicher gegliedert und zierlicher ausgebildet; die Zwischenglieder sind mannigfaltiger, weicher und flüssiger. Die Verhältnisse sind freier und leichter, das Ganze hat das Gepräge einer anmutvollen Majestät. Von großer Feinheit der Form sind der Tempel der Athene zu Priene und der Tempel des Erechtheus oder das Erechtheion (s. Tafel IV, [* 64] Fig. 7) auf der Akropolis [* 77] zu Athen.
Als Bauwerke von Bedeutung reihen sich den Tempeln die Prachthallen an, welche den Zugang zu dem heiligen Bezirk, der die Tempel umgab, bildeten: die Propyläen. In ihrer äußern Erscheinung den Tempeln nahestehend, unterscheiden sie sich von jenen durch das Fehlen der Zellenmauern, wodurch sie einen offenen Durchgang bilden. Beispiele von Propyläen sind in Athen und Eleusis erhalten. Die für andre Zwecke bestimmten Säulenhallen wurden teils mit ringsum offenen Säulenstellungen, die eine gemeinsame Decke trugen, versehen, teils außerhalb der Säulen durch Mauern von dem allgemeinen Verkehr abgeschlossen, teils als Säulenhöfe, etwa nach Art der Hypäthraltempel, eingerichtet. Hierher gehören die sogen. Basiliken, Gerichtshallen, die jedoch erst in der Periode der römischen Kunst ihre höhere Bedeutung erhielten. Auch bei den Gymnasien pflegten die Säulenhallen den wichtigsten Schmuck zu bilden, nicht ¶