Balafre
(franz.), Hiebwunde im Gesicht. ^[= # (Gesichtssinn, Visus), das Vermögen, zu sehen, die Gesamtheit der Verrichtungen des Auges, ...] [* 2]
(franz.), Hiebwunde im Gesicht. ^[= # (Gesichtssinn, Visus), das Vermögen, zu sehen, die Gesamtheit der Verrichtungen des Auges, ...] [* 2]
(russ.), Bude, Schaubude;
Volksfest in der Butterwoche. ^[= (russ. Masliza), die den achtwöchentlichen Osterfasten der griechisch-russischen Kirche vorhergehen ...]
(spr. -ghēr), Bezirksstadt in der span. Provinz Lerida, am Segre, in fruchtbarer Gegend, mit (1878) 4742 Einw., welche Ackerbau und Seilerei treiben. Balaguer wurde 1645 von den Franzosen unter General Harcourt, nachdem er die Spanier hier geschlagen hatte, erobert, 1703 von Karl III. genommen, befestigt, aber, als Philipp V. 1711 siegte, verlassen.
(spr. -ghēr), Victor, span. Dichter und Historiker, geb. zu Barcelona, [* 3] studierte hier die Rechte, beschäftigte sich aber mehr mit auf die Geschichte Kataloniens bezüglichen Studien und wurde 1854 zum Archivar von Barcelona, bald darauf zum Professor der Geschichte daselbst ernannt. Seit 1869 Mitglied der Cortes für Villanueva und Geltru, hat er sich stets durch vortreffliches Rednertalent und große Unerschrockenheit ausgezeichnet. Als Dichter that sich Balaguer zunächst durch eine stattliche Reihe von Dramen hervor, die dem Stoff nach teils der katalonischen Geschichte, teils dem Altertum entnommen sind und lebhaften Beifall fanden, so besonders: »Don Enrique el Dadivoso«, »Al roque de la oracion«, »Juan de Padilla«, »Coreolano«, »Lo sombra de Cesar«, »El compte Foix« etc. Von größerer Originalität und echt volkstümlich sind seine lyrischen Dichtungen, deren beliebteste die Sammlung »Trovador de Montserrat« (Madr. 1850 u. öfter) enthält. Seine ansprechende Dichtung »La verge de Montserrat« wurde Anlaß, daß man in Barcelona die lange nicht mehr gefeierten »Juegos floreales« (»Blumenfeste«) wieder aufnahm, bei denen 1861 Balaguer im Wettstreit drei Preise davontrug. Eine Sammlung von Legenden und Balladen gab er unter dem Titel: »Prima vera del ultimo trovador catalan« heraus. Von seinen Novellen ist vor allen »Don Juan de Serrallonga« (5. Aufl., Barc. 1875) zu erwähnen sowie als sonstige wichtigere Arbeiten die »Estudios historicos y politicos« (Madr. 1876),
die verdienstliche »Historia de Cataluña« und besonders eine Geschichte der katalonischen Troubadoure: »Historia politica y litteraria de los trovadores« (das. 1878-80, 6 Bde.). Seit 1875 ist Balaguer Mitglied der königlichen Akademie von Madrid. [* 4] Seine Dramen erschienen gesammelt als »Tragedias« (Barc. 1879),
seine übrigen Dichtungen unter den Titeln: »Poesias completas« (Madr. 1874) und »Obras poeticas« (das. 1880).
jetzt Name der im türk. Wilajet Angora in Kleinasien gelegenen Trümmer des alten Pessinus (s. d.), der Hauptstadt der galatischen Tolistobojer, unter welchen besonders die Ruinen eines prachtvollen Tempels der Kybele, [* 5] einer Akropolis, [* 6] eines Theaters und eines Hippodroms hervorragen.
russ. Hafenstadt, an der Südküste der Halbinsel Krim [* 7] (Gouvernement Taurien), südöstlich von Sebastopol, [* 8] anmutig von Bergen [* 9] umgeben, mit einem tief ins Land eingehenden sichern, aber kleinen Hafen, einer städtischen Bank und (1879) 695 Einw., meist Griechen. Westlich von am Meer liegt das St. Georgskloster auf dem Gipfel eines vorspringenden Felsens, angeblich an der Stelle, wo einst der Tempel [* 10] der taurischen Diana stand, in welchem Iphigenia das Amt der Priesterin verwaltete.
Den heutigen Namen leitet man aus dem Tatarischen her. Der Ort wurde im Mittelalter als Portus Symbolorum bezeichnet, die Genuesen, welche diese Gegend im 14. Jahrh. innehatten, nannten ihn »Cembalo« (besonders die Citadelle, von der Ruinen noch heute sichtbar sind) und »Bella chiave«. Als die Türken die Italiener aus der Krim verjagten, ward Balaklawa von ihnen geplündert und zerstört (1475). Im orientalischen Krieg 1854-56 war Balaklawa der Hauptstationsort für die Magazine der Engländer, die nach der Landung bei Eupatoria von der schwach verteidigten Stadt ohne Schwierigkeit Besitz genommen hatten; es stand mit dem englischen Lager [* 11] durch eine Eisenbahn, mit Warna durch einen unterseeischen Telegraphen [* 12] in Verbindung. Am fand hier ein Treffen zwischen den Russen unter Liprandi und einer englischen Reiterbrigade statt, in welchem die letztere völlig aufgerieben wurde. Auch verlegt man die Lästrygonenbucht in Homers Odyssee hierher (vgl. E. v. Baer, Über die Homerischen Lokalitäten in der Odyssee, Braunschw. 1878).
ein guitarreartiges Instrument mit zwei Saiten, das in der Ukraine zur Begleitung der Volksgesänge in Gebrauch ist;
auch in den Händen der Zigeuner trifft man es bisweilen.
Die eine Saite ist die Melodiesaite, die andre wird unverändert als Baßton hinzugenommen.
Hermann Ludwig von, deutscher Diplomat, geb. zu Berlin, [* 13] studierte 1829-1832 die Rechte, trat dann in den Staatsverwaltungsdienst und ging 1835 zur diplomatischen Karriere über. Er ward 1837 Legationssekretär in Brüssel, [* 14] 1841 Hilfsarbeiter im auswärtigen Ministerium, 1842 Legationsrat, 1845 Generalkonsul in Warschau, [* 15] 1846 Ministerresident in Frankfurt [* 16] a. M., 1848 Geschäftsträger in Darmstadt, [* 17] 1850 vortragender Rat und 1854 Chef der ersten Abteilung im auswärtigen Ministerium, 1859, nachdem er geadelt worden, Gesandter in Kopenhagen [* 18] und nahm 1864 am Londoner Kongreß und an den Verhandlungen des Wiener Friedens teil. Hierauf wurde er zum Gesandten in Brüssel ernannt, versah aber 1871-73 wiederholt die Stelle eines Staatssekretärs des auswärtigen Amtes in Berlin und nahm, ins Herrenhaus berufen, auch an der konstitutionellen Entwickelung Preußens [* 19] in liberalem Sinn teil. Er starb in Brüssel.
Walfisch. ^[= # ( L.), Säugetiergattung aus der Ordnung der Wale und der Familie der Glattwale (Balaenida ...]
(franz., spr. -lāngs), Wage, [* 20] Gleichgewicht, [* 21] Schwebe;
im Seewesen Angabe der Kauffahrteischiffe über ihre Ladung.
(franz., spr. -langsseh), Tanzschritt des Kontertanzes, auf der Stelle ohne Sprung gemacht und bestehend aus zwei Demicoupés, von denen einer vorn und einer hinten ausgeführt wird.
(franz., spr. -langss'máng), s. v. w. Bebung (s. d.), eine Spielmanier auf dem Klavichord.
[* 22] (franz., spr. -angssjeh), großer, ein- oder doppelarmiger, um eine horizontale Achse drehbarer Hebel, [* 23] dient dazu, irgend eine Kraft [* 24] am einen Ende aufzunehmen und vermittels des andern mit passender Änderung weiter zu übertragen. Findet der Balancier speziell dazu Anwendung, an einem Arm ein Gegengewicht zu tragen, welches den auf- und abgehenden Massen einer am andern Arm angreifenden Maschine [* 25] das Gleichgewicht halten soll, so heißt er Gegengewichtsbalancier.
Bei den Dampfmaschinen [* 26] war der Balancier das älteste Mittel, durch welches man die geradlinige Bewegung des Kolbens in eine rotierende umzuwandeln und dadurch auf ein Schwungrad zu übertragen wußte. Solche Maschinen, wie sie ursprünglich von Watt konstruiert wurden, sind gegenwärtig immer noch vielfach im Gebrauch, besonders in Bergwerken und auf Flußdampfschiffen, und man nennt sie auch Balanciermaschinen (s. Dampfmaschine) [* 27] im Gegensatz zu solchen, bei welchen der Kolben seine Bewegung direkt vermittelst der Bleuelstange auf die Kurbel [* 28] des Schwungrades überträgt. Die ¶
Balanciers der Dampfmaschinen nehmen häufig ganz riesige Dimensionen an, weshalb man sie jetzt vielfach zur Erhöhung der Festigkeit [* 30] aus Schmiedeeisen (Blech mit Winkeleisen) herstellt, da das früher ausschließlich gebrauchte Gußeisen bei der starken Inanspruchnahme des Balanciers nicht genügende Sicherheit bot. Auch die Balanciers der Dampfmaschinen sind entweder einarmige oder zweiarmige Hebel, deren eines Ende durch eine Gelenkgeradführung (z. B. ein Wattsches Parallelogramm) [* 31] mit der Stange des Dampfkolbens in Verbindung gebracht ist, während an einer andern Stelle (bei zweiarmigen Balanciers am andern Ende) die zu treibende Kurbel oder ein geradlinig auf- und niedergehender Teil mittels einer Bleuelstange angeschlossen ist.
Die Gegengewichtsbalanciers sind insbesondere bei Wassersäulenmaschinen [* 32] im Gebrauch und dienen sowohl dazu, den Gang [* 33] der einseitig wirkenden Wassersäulenmaschinen zu regulieren, indem sie die Bewegung des Treibkolbens nach der einen Richtung hin unterstützen und nach der entgegengesetzten Richtung hindern, so daß das Kolbenspiel seinen regelmäßigen Fortgang hat, ohne eine bedeutende Geschwindigkeitsveränderung zu erfahren, als auch dazu, bei den Pumpwerken das ungeheure Gewicht des oft mehrere Hundert Meter in den Schacht hinabreichenden Gestänges auszugleichen, welches sonst, vorzugsweise auf den untersten Stangen ruhend, unfehlbar deren Verbiegen und Brechen bewirken würde. Man unterscheidet hierbei mechanische und hydraulische Balanciers, je nachdem das Gewicht eines festen Körpers oder einer Wassersäule zur Ausgleichung benutzt wird. An Prägmaschinen heißt der mit der Schraube verbundene horizontale und an beiden Enden mit schweren Gewichten versehene gleicharmige Hebel Balancier.
(franz.), das Gleichgewicht halten, Körper in die Gleichgewichtslage bringen oder darin erhalten. Die Kunst des auf dem Seil balancierenden Seiltänzers beruht darauf, daß er durch geschickte Bewegung seiner Körperteile und der Balancierstange stets bewirkt, seinen Schwerpunkt [* 34] lotrecht über dem Seil zu erhalten. Beim Balancieren von Stöcken, Degen sucht man den Unterstützungspunkt beständig lotrecht unter den Schwerpunkt des Gegenstandes zu schieben.
Bei manchen Gegenständen unterstützt der Luftwiderstand das Balancieren, wie beim Balancieren einer Pfauenfeder, während wieder in andern Fällen die Zentrifugalkraft [* 35] und das Verlegen des Schwerpunktes in eine um den Unterstützungspunkt herum gedachte Kreislinie benutzt werden, wie in dem Tellerspiel, wobei Teller auf der Spitze eines Stabes rotierend in Balance erhalten werden. Allgemein ist balancieren s. v. w. vergleichen, gegenüberstellen, eine Rechnung abschließen.
s. Dampfpflug. ^[= (hierzu die Tafel "Dampfpflug"), mechan. Vorrichtung zur Beackerung des Bodens mit ...] [* 36]
(Bilander), ein holländisches einmastiges, plattes Fahrzeug.
(Glattwale), Familie der Wale [* 37] (s. d.). ^[= (Fischsäugetiere, Walfische, Cetacea; hierzu Tafel "Wale"), Ordnung der Säugetiere ...]
s. Rüsselkäfer. ^[= (Curculionina Gerst.), Käferfamilie aus der Gruppe der Kryptopentameren, sehr verschieden gestaltet ...] [* 38]
s. Eichelentzündung. ^[= (Eicheltripper, griech. ), eiterige Absonderung unter der entzündeten Vorhaut um den ...]
(Kolbenschosser), dikotyle Pflanzenfamilie von zweifelhafter Verwandtschaft, Schmarotzer ohne grüne Farbe, die mit thallusartigen Organen in den Wurzeln andrer Pflanzen leben. Aus diesen treten sogleich die nur unten mit schuppigen Blattrudimenten besetzten Blütenstände hervor. Diese sind einfach oder ästig und traubenartig mit den zahlreichen kleinen, ein- oder zweihäusigen Blüten bedeckt. Die männlichen Blüten besitzen entweder kein Perigon und 1 oder 2 Staubgefäße [* 39] oder ein zwei- bis sechsteiliges oder unregelmäßig zerschlitztes oder zu Schuppen reduziertes Perigon mit 3-6 den Perigonteilen gegenüberstehenden Staubgefäßen.
Die weiblichen Blüten haben kein Perigon. Der Fruchtknoten wird aus 1-3 Fruchtblättern gebildet, hat eine sitzende Narbe oder 1-2 Griffel und enthält 1-3 meist mit der Fruchtknotenwand verwachsene, hüllenlose, rudimentäre Samenknospen. Die trocknen, nicht aufspringenden Früchte sind oft miteinander verwachsen. Der Same enthält Endosperm und einen sehr kleinen Embryo. Diese aus ca. 40 Arten bestehende Familie ist fast ausschließlich auf die Tropen beschränkt; in Europa [* 40] wird sie nur durch das auf Sardinien [* 41] und in Spanien [* 42] vorkommende Cynomorium coccineum L. vertreten.
Vgl. Eichler, Balanophoraceae, in »Prodrom. XVII« und in Martius' »Flora brasiliensis« (Fasc. 47).
Finnfisch. ^[= (Schnabelwal, Röhrenwal, Physalus Gray), Säugetiergattung aus der Ordnung der Wale (Cetacea ...]
(Röhrenwale), Familie der Wale (s. d.). ^[= (Fischsäugetiere, Walfische, Cetacea; hierzu Tafel "Wale"), Ordnung der Säugetiere ...]
(lat.), Eichel;
auch s. v. w. Meereichel. ^[= (Seepocke Lister), Krustaceengattung aus der Ordnung der Rankenfüßer (Cirripedia ...]
(ital.), Art sizil.
Zweimaster.
(spr. -lar), Antoine Jérôme, Chemiker, geb. zu Montpellier, [* 43] war anfangs Pharmazeut, dann Professor an dem Collège Royal, der École de pharmacie und endlich an der Universität. 1826 entdeckte er das Brom in den bei der Meersalzgewinnung am Mittelländischen Meer abfallenden Mutterlaugen und erhielt bald darauf in Paris [* 44] die Professur an der wissenschaftlichen Fakultät und 1851 am Collège de France. Seit 1868 war er Generalinspektor des höhern Unterrichts und starb in Paris. Die zahlreichen Forschungen Balards beziehen sich zum Teil auch auf die industrielle Chemie.
les Bains (spr. -rük läh bäng), Badeort im franz. Departement Hérault, Arrondissement Montpellier, am Strandsee von Thau, mit Solbädern von 47-50° C., welche schon den Römern bekannt waren, und deren Wasser gegen Lähmungen, Rheumatismen und Skrofeln gebraucht werden.
Kreisstadt im russ. Gouvernement Saratow, links am von hier ab schiffbaren Choper, hat (1881) 10,081 Einw., Lederfabriken, Seifensiedereien, Talg- und Wachsschmelzereien, Ausfuhr von Weizen, Roggen, Hafer [* 45] und Talg.
Hafenstadt im englisch-ind. Kaiserreich, am Bengalischen Meerbusen, mit bedeutendem Export von Landesprodukten und (1881) 20,265 Einw. In Balasor war 1642 eine der ersten englischen Handelsfaktoreien in Bengalen;
der Distrikt gleichen Namens von 5356 qkm (97 QM.) und 750,000 Einw. wurde 1803 erworben.
Tücher aus Baumbast, aus Ostindien. ^[= (hierzu Karte "Ostindien"), im weitern Sinn die beiden Halbinseln Vorder- und Hinterindien ...] [* 46]
s. v. w. roter Spinell. ^[= Mineral aus der Ordnung der Anhydride, findet sich in gewöhnlich kleinen, regulären Kristallen, ...] [* 47]
(spr. balascha-djarmath), Markt, Sitz des ungar. Komitats Neográd, an der Eipel, mit (1881) 6788 Einw., Gerichtshof und Steuerinspektorat.
Hier 1626 Friedensschluß zwischen Österreich [* 48] und den Türken.
der eingetrocknete Milchsaft des Bullytree (Sapota Muelleri Bleck.) in Guayana, zu dessen Gewinnung man die Stämme durch zwei Längsschnitte verletzt und die dazwischenliegende Rinde herausschält. Der sich reichlich ergießende Milchsaft wird in Gefäßen gesammelt und bleibt darin stehen, bis er sich in eine weißliche oder rötliche, meist stark poröse, schwammige Masse verwandelt hat. Ein Stamm gibt im Jahr 0,3-0,5 kg und schon im nächsten Jahr kann man ihn an einer andern Stelle wieder anschneiden. Die rohe Balata ist mit Holz [* 49] und ¶
Rindenstückchen gemengt, rötlichweiß bis braunrötlich, geschmacklos, riecht beim Erwärmen wie Guttapercha, ist lederartig zäh, außerordentlich biegsam und elastischer als Guttapercha. Bei 49° wird sie plastisch und schmilzt bei 149°. Durch Reiben wird sie elektrisch; Wärme [* 51] und Elektrizität [* 52] soll sie schlechter leiten als Guttapercha, in den Löslichkeitsverhältnissen aber mit derselben übereinstimmen. Kaustische Alkalien und konzentrierte Salzsäure greifen sie nicht an, durch Schwefelsäure [* 53] und Salpetersäure wird sie zersetzt. Sie besteht aus 88,5 Proz. Kohlenstoff und 11,5 Proz. Wasserstoff und wird zu Treibriemen, Schuhsohlen etc., zu chirurgischen Zwecken und zu Isolatoren für elektrische Apparate benutzt.
(lat.), Schmarotzer. ^[= (Parasiten), Organismen, welche sich auf Kosten eines andern Organismus ernähren, indem sie ...]
Ruinenhügel der assyr. Stadt Imgur Bel, 13 km nordöstlich von Nimrud im alten Assyrien, wo 1878 Hormuzd Rassam (s. d.) wichtige Altertümer, wie Inschriften des Königs Assurnasirpal (885-860 v. Chr.), Tempel- und Palastreste und namentlich zwei bronzene, mit Reliefdarstellungen bedeckte Thüren, ausgrub.
(Ballhahn, Pulwen), aus Filz etc. gemachter oder ausgestopfter Birkhahn zum Anlocken andrer in der Balzzeit.
Der Balban wird auf abgestorbene Bäume (Fallbäume) gestellt, nach denen man die Hähne treibt, um solche, wenn sie sich dort einschwingen, aus in der Nähe angebrachten Hütten [* 54] oder Schirmen zu erlegen.
regelmäßig geformte Stücke Steinsalz von über 3 Ztr. Schwere, wie sie von Wieliczka in den Handel kommen;
nach Balban oder Balwan, einem altslawischen Götzenbild, benannt.
s. Baalbek. ^[= ("Höhe des Thals", griech. Heliopolis, "Sonnenstadt"), einst eine der prachtvol ...]
Adriano, ital. Geograph und Statistiker, geb. zu Venedig, [* 55] erregte durch seinen »Prospetto politico-geografico dello stato attuale del globo« (Vened. 1808) so große Aufmerksamkeit, daß Kardinal Zurla ihn als Lehrer der Geographie am Kollegium San Michele zu Murano anstellte. In den Jahren 1811-13 war Balbi Lehrer der Physik am Lyceum zu Fermo. Später bei der Generalzolldirektion in Venedig angestellt, arbeitete er hier sein »Compendio di geografia universale« aus.
Als ihn 1820 Familienangelegenheiten nach Portugal führten, sammelte er in den königlichen Archiven die Materialien zu seinem »Essai statistique sur le royaume de Portugal et d'Algarve« (Par. 1822, 2 Bde.),
welches treffliche Werk vieles über portugiesische Litteratur und Kunst enthält, was man anderswo nicht findet. Balbi nahm 1821 seinen Aufenthalt in Paris, arbeitete hier mehrere Jahre hindurch an seinem »Atlas [* 56] ethnographique du globe, ou classification des peuples anciens et modernes d'après leurs langues« (Par. 1826) und kehrte endlich 1832 nach Italien [* 57] zurück; wo er in Padua [* 58] starb. Sein bekanntestes Werk ist der »Abrégé de géographie« (3. Aufl. 1850; deutsch, 7. Aufl. von Chavanne, Wien [* 59] 1883). Die Gunst, deren sich dasselbe dauernd erfreut, erklärt sich durch die Reichhaltigkeit und die allgemein verständliche, schwunghaftere Behandlung des Stoffs; die Geographie als Wissenschaft ist dadurch nicht wesentlich gefördert worden. - Sein Sohn Eugenio Balbi, geb. zu Florenz, [* 60] gest. als Professor der Geographie an der Universität in Pavia, veröffentlichte die »Scritti geografici« seines Vaters (Tur. 1841-42, 5 Bde.) und schrieb: »Gea, ossia la terra descritta« (Triest [* 61] 1854-67, 7 Tle.) und »Saggio di geografia« (Mail. 1868).
Boheslaw, böhm. Geschichtschreiber, geb. 1621, gest. 1688, Priester des Jesuitenordens, veröffentlichte 25 Foliobände und 35 kleinere Schriften historischen Inhalts, sämtlich in lateinischer Sprache, [* 62] aber mit stark nationaler Färbung.
Sein wichtigstes Werk ist die »Epitome rerum bohemicarum« (1678), ferner die Biographie des ersten Prager Erzbischofs, Arnost von Pardebic.
Decius Cölius, röm. Kaiser 238 n. Chr. Von edler Abkunft, reich und ausgezeichnet durch die Tugenden des Friedens, war er zweimal Konsul und Statthalter gewesen, als der Senat ihn und Maximus Pupienus auf den Thron [* 63] gegen Maximinus Thrax erhob. Maximus zog, während in Rom [* 64] blieb, gegen Maximinus, kehrte aber bald zurück, als Maximinus vor Aquileja ermordet worden war, und die Eintracht und Weisheit der beiden Kaiser schien nun dem Reich eine bessere Zukunft zu versprechen, Allein die Soldaten waren unzufrieden mit den ihnen vom Senat gegebenen Herren, überfielen die Kaiser bei den kapitolinischen Spielen und ermordeten sie nach einer nur dreimonatlichen Regierung im Juli 238.
Cesare, Graf, ital. Staatsmann und Schriftsteller, geb. zu Turin, [* 65] wurde mit 18 Jahren Auditeur bei dem Staatsrat in Paris, 1808 Sekretär [* 66] der Regierungskommission, welche Toscanas Vereinigung mit dem Kaiserreich vollzog, und später der zu gleichem Zweck für Rom ernannten Konsulta. 1812 ward er französischer Regierungskommissar für die illyrischen Provinzen, nach Napoleons I. Sturz sardinischer Offizier und war eine Zeitlang der Gesandtschaft in London [* 67] beigegeben, trat aber infolge der piemontesischen Revolution von 1821 als Major aus der Armee aus. In Turin widmete er sich historischen Studien und veröffentlichte von 1821 bis 1843 mehrere Arbeiten, darunter eine »Geschichte Italiens«, [* 68] die jedoch in 2 Bänden nur bis zu Karl d. Gr. reicht, und eine Übersetzung von Leos »Entwickelung der Verfassung der lombardischen Städte« (»Communi italiani«) nebst Kommentar.
Allgemeiner bekannt machten ihn zuerst 1843 die »Speranze d'Italia«, worin er zeigte, daß die Unabhängigkeit und Einheit Italiens der Freiheit vorangehen müßten. Um diese Parole sammelten sich alle gemäßigten Liberalen. Auch Balbos »Kompendium der italienischen Geschichte« (»Della storia d'Italia, dall'origine fino al 1814«, 11. Aufl., Bastia 1860) fand wegen umfassender Geschichtskenntnis, kernigen und bestimmten Stils großen Beifall. Außer kleinern historischen und politischen Schriften lieferte Balbo Artikel für das Turiner Journal »Risorgimento«.
Als Haupt der gemäßigten Liberalen nahm er seit 1847 eine hervorragende Stellung ein. Der demokratischen Partei stand er 1848-49 feindlich gegenüber, nahm dagegen lebhaften Anteil an dem Kriege gegen Österreich. Seit Erlaß der Verfassung vom 8. Febr. leiteten in Sardinien meist Balbos Freunde und Männer aus seiner Schule die Regierung, an der er selbst nur ganz kurze Zeit Anteil nahm. Auch mit dem Ministerium Azeglio stand er stets in freundschaftlichsten Beziehungen. Nach dem Tode des Königs Karl Albert zog er sich von der Öffentlichkeit zurück und starb Seine Biographie schrieben Ricotti (Flor. 1856) und Reuchlin (Nördling. 1860).
Vasco Nuñez de, span. Konquistador, geb. 1475 zu Jeres de Badajoz, ging nach ziemlich stürmisch verlebter Jugend nach Santo Domingo, [* 69] wo er sich, um seinen Gläubigern zu entgehen, der Expedition ¶
des Francisco de Enrico 1510 gegen Darien anschloß. Durch einen Aufstand erhielt er die oberste Gewalt in der neuen Kolonie. Dunkle Nachrichten, welche ihm ein Kazike von einem nahen westlichen Goldland brachte, bewogen ihn 1513 zu einer südwestlichen Entdeckungsreise. Nach unsäglichen Mühseligkeiten und Gefahren erblickte er 25. Sept. von einem Berg des Isthmus von Panama die Südsee, von deren Küstenländern er im Namen des Königs von Spanien Besitz ergriff. In Anerkennung seines Verdienstes ernannte ihn der spanische Hof [* 71] zum Admiral des Südmeers. Intrigen verschafften aber fast gleichzeitig dem Pedrarias Davila den Befehl über die von Balboa eroberten Landstriche. Balboa unterwarf sich 1514 dem neuen Gouverneur und unternahm in untergeordneter Stellung noch mehrere glückliche Expeditionen in das Innere des neuen Weltteils. Allein der Neid und Haß Pedrarias Davilas ruhten nicht eher, als bis Balboa, der Rebellion angeklagt, mit Verletzung aller rechtlichen Formen 1517 zu Santa Maria enthauptet ward.
Hafenstadt in der irischen Grafschaft Dublin, [* 72] mit (1881) 2443 Einw. und berühmter Strumpfwirkerei.
Don Bernardo de, span. Dichter, geb. 1568 zu Val de Peñas in der Provinz Mancha, kam jung nach Mexiko, [* 73] wo er seine theologischen Studien machte und bereits mit 17 Jahren als Dichter Ruf hatte. Das Mutterland hat er mehrmals besucht, seine meiste Zeit aber in Jamaica zugebracht, wo er eine Pfründe besaß, und in Puerto Rico, zu dessen Bischof er 1620 ernannt wurde. Er starb hier 1627. Seine Hauptwerke sind die drei epischen Dichtungen: »El siglo de oro« (»Das goldene Zeitalter«, Madr. 1608, 2. Ausg. 1821),
eine Schäfernovelle in Prosa und Versen, die namentlich mehrere trefflich gelungene Eklogen enthält;
»La grandeza mejicana« (»Die Größe Mexikos«, Mexiko 1609),
eine poetische Beschreibung dieser Stadt, und »El Bernardo, ó la victoria de Roncesvalles«, Epos von ungefähr 45,000 Versen, das die Geschichte des Bernardo del Carpio in fast Ariostschem Geist behandelt (Madr. 1624, neue Ausg. 1808),
M. Nonius, [* 74] Name zweier vornehmer Römer [* 75] (Vater und Sohn),
deren ausgezeichnete Reiterstatuen in der Basilika [* 76] zu Herculaneum gefunden wurden (jetzt im Museum zu Neapel); [* 77]
(s. Tafel »Bildhauerkunst [* 78] IV«, [* 79] Fig. 11).
Stadt im südlichen Turkistan, seit 1850 wieder zu Afghanistan [* 80] gehörig, liegt in der Ebene vor dem Nordabhang des Hindukuschgebirges, der Gegend des alten Baktrien. hat seine wichtige Bedeutung als Kreuzung für die Karawanen nach und von Afghanistan und China [* 81] an Nachbarorte abgeben müssen, ist aber geschichtlich denkwürdig als die Wiege der Lehre [* 82] Zoroasters, dessen Religion unter den Parsen der Gegenwart fortlebt. In der Keilinschrift des Dareios heißt der Ort Bhachtris oder Bhachtaris, im Zendavesta Bachdhi; die Alten nennen ihn Baktra.
Später wurde Balch eine Hauptstätte des buddhistischen Glaubens. Von der Herrlichkeit des alten Baktra ist jetzt jegliche Spur verschwunden; seit der Verwüstung durch Dschengischan (1220) konnte es sich nicht wieder zu der frühern Macht erheben. Die Ruinen sollen mehrere Meilen im Umfang haben; ob sich Ziegel mit Keilinschrift darunter finden, ist noch zweifelhaft. Im nahen Mazarascherif starb der Emir von Afghanistan, Schir Ali, als Flüchtling.
Vgl. Spiegel, [* 83] Eranische Altertumskunde, Bd. 1 (Leipz. 1871).
(bei den Chinesen Sihai, »Westmeer«, bei den Kirgisen Tengis, »Meer«, genannt), Binnensee Asiens, am Ostende [* 84] der Kirgisensteppe, zwischen 73½-79½° östl. L. v. Gr. und 44-47° nördl. Br., seit 1867 die Grenze zwischen den russischen Gouvernements Westsibirien und Turkistan bildend, erstreckt sich von NO. nach WSW. etwa 520 km und bedeckt einen Flächenraum von 21,805 qkm (396 QM.). Die Breite [* 85] des Westendes beträgt 82 km, die des Ostendes nur 7-15 km, seine größte Tiefe 19 m; sie nimmt nordwärts zu, südwärts ab. Seine Meereshöhe beträgt 238 m. Das Wasser ist klar, aber bittersalzig und ungenießbar.
Die Schiffahrt auf dem See ist der heftigen Windstöße wegen gefährlich. Von Ende November bis Anfang April friert er zu; die Kälte erreicht -25° C. Der Hauptzufluß kommt dem am Südostende zu im Ilifluß, der sich wie alle andern Zuflüsse in einem schilfigen Delta [* 86] ergießt, aber hinter diesem Delta fahrbar wird. Nur der Nordrand bietet feste Umrisse dar; der südliche Ufersaum dagegen bildet ein Labyrinth von Sandhügeln, die in Halbinsel- und Inselform den Wasserspiegel überragen, sowie von Buchten und Wasserzungen, die sich ins Land hinein erstrecken.
Dieser Uferstrich ist mit Rohrwald von einer Höhe bis zu 5 m bestanden und der Aufenthalt zahlreicher Schwärme von Wasservögeln und stechenden Mücken; auch Schweine [* 87] finden sich daselbst. Eine 260 km breite Niederung von ödem, lehmigem, bisweilen sandigem, stellenweise auch salzigem Steppenboden dehnt sich zwischen dem See und den Vorbergen des Alatau aus. Sie ist fast gänzlich von Vegetation entblößt; nur Saksaulsträucher, einige Sandpflanzen und Salzkräuter kommen stellenweise vor.
Kirgisen bringen den Winter am Seeufer zu, durch das Schilfdickicht notdürftig gegen die Schneestürme geschützt; Ende Mai ziehen sie wieder den Bergweiden des Alatau zu. Östlich vom Balchasch liegen die Reste seiner ehemaligen Fortsetzung, die Seen Sassik Kul (»stinkendes Wasser«) und Ala Kul (»bunter See«) mit der kleinen Insel Aral Tube und einem Flächeninhalt von 1707 qkm (170 QM.). Noch in historischer Zeit haben und Ala Kul ein einziges Becken gebildet; die Umgebungen des letztern zeigen deutliche Spuren jüngsten Austrocknens. S. Karte »Zentralasien«. [* 88]
Vgl. Spörer, Die Seenzone des (in »Petermanns Mitteilungen« 1868).
(franz. Baldaquin, ital. Baldacchino), eine verzierte, von Säulen [* 89] getragene oder auch an der Wand befestigte Decke [* 90] über einem Thron, einem Bett, [* 91] einer Kanzel etc.; auch ein auf vier Stangen getragener viereckiger Schirm von Seide, [* 92] Brokat oder andern reichen Stoffen. Man trug früher einen solchen Baldachin häufig bei feierlichen Aufzügen über fürstlichen und andern vornehmen Personen; jetzt kommt er in Europa nur noch bei den Prozessionen der katholischen Kirche vor, wo der die Monstranz tragende Geistliche unter demselben geht. Das Wort wie die Sache stammen aus dem Orient, wo die Herrscher und Vornehmen teils aus Rücksicht auf die heißen Sonnenstrahlen, teils zum Zeichen ihres Ansehens sich selten anders als unter einem oft von den Großen des Volks getragenen Baldachin zeigen. - In der Architektur ist ein kleines, von Konsolen getragenes Dach [* 93] über Kanzeln oder Statuen, vorzugsweise in der Gotik, wo es eine Art nach drei Seiten offener Nischen bildet und außen an Türmen und Strebepfeilern, im Innern an Säulenpfeilern angebracht wird.
August Karl Eduard, Ornitholog, geb. zu Giersleben bei Aschersleben, [* 94] studierte seit 1833 in Berlin Theologie, ward 1836 ¶
Hauslehrer und 1839 Gymnasiallehrer in Köthen. [* 96] Hier widmete er sich unter dem Einfluß Naumanns der schon lange von ihm gepflegten Ornithologie. Auf seine Einladung trat 1845 die erste deutsche Ornithologenversammlung in Köthen zusammen, und 1850 wurde auf seinen Antrag die Gesellschaft deutscher Ornithologen gegründet, als deren Vorstandsmitglied und Sekretär er viele Jahre fungierte. 1849 erhielt er die Pfarrstelle zu Diebzig und 1858 die zu Osternienburg bei Köthen, siedelte aber 1865 in Urlaub nach Halle [* 97] über, ward 1868 emeritiert und lebt seit 1870 in Koburg. [* 98]
Seit 1842 unternahm er viele ornithologische Reisen, und besonders fruchtbringend war ihm ein Aufenthalt an der untern Donau, im Banat, in den Karpathen, den serbischen Gebirgen 1847 sowie eine Reise in Graubünden und im Engadin 1867. Er bearbeitete mit Blasius den Schluß von Naumanns »Naturgeschichte der Vögel [* 99] Deutschlands«, [* 100] gab 1849-58 die »Naumannia. Archiv für Ornithologie etc.« heraus und schrieb: »Illustriertes Handbuch der Federviehzucht« (2. Aufl., Dresd. 1881, 2 Bde.);
»Vogelmärchen« (das. 1876) und »Das Hausgeflügel« (das. 1882).
Seine Studien waren in erster Linie der Fortpflanzung der Vögel gewidmet, über die er ein großes Werk bearbeitet, welchem als Unterlage die berühmte Nester- und Eiersammlung des Verfassers dient.
Giovanni, toscan. Ministerpräsident, geb. 1790 zu Livorno, [* 101] wurde zuerst Douanier in Pisa [* 102] und dann Rechnungsrevisor (sindaco) in Florenz; 1845 erhielt er den Titel eines Staatsrats und thatsächlich die Leitung des Finanzwesens, den Charakter als Finanzdirektor aber erst im August 1847. Bei den Ministerkrisen im September 1847 und Juni 1848 behauptete sich auch bei veränderten Regierungsprinzipien. Zum Senator ernannt, wurde er mit dem Ministerium Ridolfi durch die republikanische Demonstration vom gestürzt, begab sich dann auf den Ruf Leopolds II. nach Gaeta und trat an die Spitze der neugebildeten konservativen Regierung. Im Sommer 1850 war er mit dem Großherzog in Wien und brachte von dort die toscanischen Septembergesetze mit, durch welche die Konstitution auf unbestimmte Zeit suspendiert und die Preßfreiheit beschränkt wurde. Als Finanzminister bemühte er sich, durch Erhöhung der direkten und indirekten Steuern den zerrütteten Staatsfinanzen aufzuhelfen. Im Herbst 1852 wurde ein Mordversuch gegen ihn gemacht. Im Mai 1859 mußte er abermals dem Umschwung der Dinge weichen. Er starb Baldasseroni schrieb eine Biographie des Großherzogs Leopold II. (Flor. 1871).
Jakob, einer der vorzüglichsten neuern lateinischen Dichter, geb. zu Ensisheim im Elsaß, studierte zu Ingolstadt, [* 103] trat 1624 in den Jesuitenorden, kam 1626 als Scholastiker nach München, [* 104] 1628 als Professor der Rhetorik nach Innsbruck, [* 105] studierte dann erst in Ingolstadt Theologie, erhielt 1633 die Priesterweihe, wurde 1635 Professor der Rhetorik in Ingolstadt, lebte seit 1637 in München, wo er 1638-40 Hofprediger war, wirkte seit 1650 in Landshut [* 106] und Amberg [* 107] als Kanzelredner, seit 1654 in Neuburg [* 108] a. D. als pfalzgräflicher Hofprediger und starb daselbst.
Seine lateinischen Gedichte, zumal die lyrischen: »Lyricorum libri IV«, »Epodon liber unus«, »Sylvae lyricae« (Münch. 1643-45; zuletzt von Benno Müller, neue Ausg., Regensb. 1884, und Hippler, Münster [* 109] 1856),
zeugen von echt poetischer Begabung;
die wenigen deutschen Gedichte stehen weit dahinter zurück.
Seine »Opera omnia« erschienen in 8 Bänden (Münch. 1729),
eine Auswahl besorgte Orelli (2. Aufl., Zür. 1818). Sein Andenken haben vorzüglich Herder (durch treffliche Übersetzung vieler Oden in der »Terpsichore«) und A. W. Schlegel wieder geweckt. Neuere Übersetzungen lieferten unter andern Neubig (»Oden«, Kempt. 1830, 3 Bde.),
Schlüter (»Mariengesänge«, Paderb. 1857),
Schrott und Schleich (»Ausgewählte Dichtungen«, Münch. 1870).
Vgl. Westermayer, Jakobus Balde (Münch. 1868).
See, s. Hallwyl. ^[= altes Schloß im schweizer. Kanton Aargau, Stammhaus eines noch bestehenden adligen Geschlechts ...]
Stadt im preuß. Regierungsbezirk Marienwerder, [* 110] Kreis [* 111] Schlochau, am fischreichen Bölzigsee und an der Eisenbahn Posen-Stolpmünde, mit Amtsgericht, evang. Kirche und (1880) 2419 Einw.
(Baldr, Baldur), in der nord. Mythologie Sohn Odins und der Frigg, der Gott der Reinheit und Unschuld, um und um »Licht«, [* 112] im Götterkreis allbeliebt und dann allbeweint, der mildeste und gerechteste Richter zugleich, dessen Urteile unumstößlich sind, weil sie zugleich alles versöhnen. Die weißeste Blume heißt »Balders Braue«, sein Palast Breidablik (»Weitglanz«). Seine Gattin war die schöne Nanna, die Tochter Neps, mit der er Forseti, den Gott der Gerechtigkeit, zeugte.
Balder, von Träumen geängstigt, die ihm seinen nahen Tod ankündigten, erzählte dies den Göttern, und sie hielten großen Rat, wie man ihn schützen könnte. Frigg nahm alles, was in der Welt ist, Lebendiges und Lebloses, in Eid, ihm nicht zu schaden, vergaß aber das Bäumchen Mistiltein (Mistel). Die Götter, nun das Leben Balders gesichert glaubend, trieben allerlei Scherz mit ihm; einige schossen mit Pfeilen oder hieben mit Schwerten auf ihn, andre warfen ihn mit Steinen, ohne ihn zu verletzen.
Nur der tückische Loke teilte die Freude nicht. Als eine alte Frau ging er zu Frigg und entlockte ihr, welche Vorkehrungen sie zu Balders Schutz getroffen. Unglücklicherweise erwähnte sie auch des am Thor Walhallas wachsenden Bäumchens Mistiltein, das sie beim Eid übergangen. Loke begab sich darauf mit dem Bäumchen unter die Götter, beredete hier den blinden Höder, den Bruder des Balder, mit dem Mistiltein nach Balder zu werfen, und Balder stürzte tot nieder. Der Leichnam ward auf Balders Schiff [* 113] Hringhorn gebracht, das die Riesin Hyrrockin vom Strand schieben mußte, und hier auf einem Scheiterhaufen zugleich mit Nanna, welche der Schmerz getötet hatte, und seinem Roß verbrannt.
Odin und Frigg, die Walküren sowie viele Berg- und Eisriesen waren zugegen; brennend fuhr das Schiff in die See hinaus. Inzwischen hatten die Götter ihren Boten, den schnellen Hermoder, hinab zur Hel gesandt, um Balder zurückzuerbitten, und Hel willigte in die Bitte, »wenn alle Wesen, sowohl lebendige als leblose, den Balder beweinen würden«. Diese waren leicht zu bewegen; schon kehrten die Boten fröhlich zur Hel zurück, um den geliebten Balder zurückzuholen, als sie ein Riesenweib, mit Namen Thökk (»Vergeltung« - es war Loke), antrafen, welches die Teilnahme an der allgemeinen Klage verweigerte. So mußte nun Balder bei Hel bleiben. Balder war wohl ursprünglich der himmlische Lichtgott der schönen Frühlings- und Sommerzeit. Mit der Sonnenwende, wo die Tage wieder kürzer werden, glaubte man ihn »in den dann eintretenden Gewittern« verendet und zur Hel hinabgestiegen. Aus dem erwähnten Naturkreis scheint auch die Szenerie seines Todes, namentlich das Wettschießen nach ihm, entlehnt, denn die Blitze faßte man als ein solch himmlisches Schießen [* 114] auf. Nanna aber stellt das Blütenleben dar, welches mit dem Sommer dahinstirbt. Der eine der sogen. ¶
Merseburger Zaubersprüche berichtet einen eigentümlichen mythischen Zug, wie Phol (d. h. Balder) und Wodan zu Walde ritten, dem Fohlen Phols der Fuß ausgerenkt ward und der zauberkundige Wodan ihn dann einrenkte (alte Besprechungsformel). Über den Ursprung des Mythus von Balder vgl. Schwartz, Indogermanischer Volksglaube (Berl. 1885).
s. Baudrier. ^[= (franz., spr. bōdrĭeh; ), Wehr-, Degengehenk.]
(der »vergnügt Geliebte«),
altdeutscher Mannesname, von dem Balduin (s. d.) abgeleitet ist;
Bernardino, ital. Dichter und Gelehrter, geb. 1553 zu Urbino, studierte in Padua besonders Mathematik und Griechisch, übersetzte schon damals Aratos' »Phaenomena« in italienische Verse, kehrte dann 1576 beim Ausbruch der Pest nach Urbino zurück und wurde bald darauf von Don Ferrante II., Herzog von Guastalla, zum Hofmathematiker und einige Jahre später zum Abt von Guastalla ernannt. Er starb 1617 in seiner Vaterstadt. Baldi war ein außerordentlich vielseitiger Schriftsteller und ist Verfasser einer Reihe schätzbarer wissenschaftlicher Werke aus den verschiedensten Fächern.
Die Dichtkunst trieb er zwar nur zu seiner Erholung, hat sich aber in derselben einen höchst achtbaren Namen erworben. Von seinen poetischen Werken stehen das didaktische Epos »La Nautica«, eins der besten seiner Art in der italienischen Litteratur, sowie seine vortrefflichen »Egloghe« obenan. Letztere sind in reimlosen Versen (versi sciolti) geschrieben, einer Versart, die er mit einer Meisterschaft wie wenige andre italienische Dichter handhabte. Wenig Beifall dagegen fand sein Versuch, 18 und 14silbige Verse, in welchen sein Epos »Diluvio universale« und seine Jugendarbeit »Lauro« verfaßt sind, einzuführen. Unbedeutend sind seine Fabeln in Prosa. Seine poetischen Werke erschienen unter dem Titel: »Versi e prose« (Vened. 1590). Sein Leben beschrieb Affo (Parma [* 116] 1783.)
Baccio, Goldschmied und Kupferstecher zu Florenz, geb. 1436, gestorben nach 1480, einer der ältesten ital. Kupferstecher, vielleicht Schüler Finiguerras.
Seine Stiche, die noch sehr unvollkommen in der Technik sind und hinter den gleichzeitigen deutschen und niederländischen zurückstehen, sollen sämtlich nach Botticellis Zeichnungen gefertigt sein.
Für die Stiche einer Florentiner [* 117] Dante-Ausgabe von 1481, welche ihm zugeschrieben werden, sind die jetzt im Berliner [* 118] Museum befindlichen Zeichnungen Botticellis jedenfalls benutzt worden.
(spr. -nuttschi), Filippo, ital. Kunstschriftsteller, geb. 1624 zu Florenz, gest. 1696 daselbst, hat sich um die Kunstgeschichte durch die Herausgabe eines umfassenden biographischen Sammelwerks verdient gemacht, dessen erste Ausgabe in Florenz 1681-1728 unter dem Titel: »Notizie de' professori del disegno da Cimabue in qua« (bis 1670) erschien (4. Ausg., Flor. 1846-47, 5 Bde.) und besonders eine Ergänzung des Vasari bezweckte. Er schrieb außerdem eine Biographie Berninis (1682) und ein »Vocabolario delle arte del disegno« (1681).
(hebr.), in der Gaunersprache der die Gelegenheit zu Diebstählen Auskundschaftende.
s. Valeriana. ^[= L. Gattung aus der Familie der Valerianeen, ein- oder mehrjährige Kräuter, Halbsträuc ...]
s. Valeriansäure. ^[= (Baldriansäure) C3H10O2 findet sich in der Wurzel des Baldrians (Valeriana officinalis), in ...]
durch Destillation [* 119] mit Wasser aus der Baldrianwurzel gewonnenes (Ausbeute 0,4-1,4 Proz.) blaßgelbes oder grünliches, dünnflüssiges, ätherisches Öl von durchdringendem Baldriangeruch und gewürzhaftem, bitterm, kampferartigem Geschmack. Das spezifische Gewicht ist 0,90-0,94, es reagiert sauer, löst sich wenig in Wasser, leicht in Alkohol und Äther, wird im Alter dick und braun, indem es verharzt. Alte Wurzeln geben schon bei der Destillation ein dickflüssiges, braunes Öl. Das Baldrianöl besteht aus einem Kohlenwasserstoff (Valeren), Baldriansäure und Valerol. Man benutzt es in der Medizin.
s. Valerianeen. ^[= dikotyle Pflanzenfamilie aus der Ordnung der Aggregaten, einjährige oder ...]
s. v. w. Valeriansäure. ^[= C3H10O2 findet sich in der Wurzel des Baldrians (Valeriana officinalis), in ...]
männlicher Vorname, dem altdeutschen Baldewin (s. d.) entsprechend. Bemerkenswerte Fürsten desselben:
Lateinische Kaiser des byzantinischen Reichs 1) Balduin I., Sohn Balduins VIII., Grafen von Flandern, geb. 1171, seit 1195 Graf von Flandern und Hennegau, wurde nach der Eroberung von Konstantinopel [* 120] durch die Kreuzfahrer 1204 zum Oberhaupt des lateinischen Kaisertums gewählt, 1205 von dem Bulgarenkönig Johannes bei Adrianopel geschlagen und starb in der Gefangenschaft. - 2) Balduin II., letzter lat. Kaiser in Konstantinopel (1228-61), zu Anfang minderjährig und unter der Vormundschaft Johanns von Brienne, ein sehr schwacher Regent, suchte, 1261 durch Michael Paläologos vom Thron gestürzt, vergebens beim Papst und den abendländischen Fürsten, namentlich bei Karl von Anjou, Beistand zur Wiedererlangung seines Throns. Er starb 1273.
3) Balduin I., jüngster Bruder des Herzogs Gottfried von Bouillon, nahm teil am ersten Kreuzzug, trennte sich aber in Syrien vom Hauptheer und wandte sich gegen Edessa, wo er nach der Ermordung des Fürsten Thoros durch den erbitterten Pöbel selbst den fürstlichen Thron bestieg. Er verteidigte Edessa gegen Kerboga, welcher zum Entsatz von Antiochia herbeizog. Nach seines Bruders Gottfried Tod (1100) wurde Balduin König von Jerusalem trotz der Opposition des Patriarchen von Jerusalem, Dagobert, und Tancreds. Balduin war ein kräftiger Regent, der das Gebiet durch Eroberung einer Reihe von Städten, wie Arsuf, Cäsarea, Ptolemais, Beirut, Sidon, erweiterte, im Innern möglichst die Ruhe erhielt und sich überall Achtung zu verschaffen wußte. Er erhob Bethlehem zum Bistum. Balduin starb auf einem Zuge gegen Ägypten [* 122] 1118 zu El Arisch. - 4) Balduin II., Vetter und Nachfolger des vorigen, vorher Graf von Edessa, ward vom Patriarchen Arnulf zum König gesalbt. Schon alt, suchte er mehr durch Vorsicht und Klugheit als durch kriegerisches Vorgehen sich der Feinde zu erwehren. 1123 wurde er, als er den gefangenen Grafen Joscelin von Edessa befreien wollte, selbst von den Sarazenen gefangen und nur gegen hohes Lösegeld und Abtretung einiger Plätze freigelassen. Unter seiner Regierung entstand der Templerorden. Balduin starb Der Nachfolger war sein Schwiegersohn Fulco von Anjou. - 5) Balduin III., Enkel des vorigen, Sohn des Königs Fulco, geb. 1129, stand nach seines Vaters Tod (1143) unter der Vormundschaft seiner Mutter Melisende. Am nahm Emadeddin Zenki, Reichsverweser des Sultans von Mosul, das von Joscelin dem jüngern schlecht beschützte Edessa.
Dieses kam zwar nach Zenkis Tod 1146 wieder an die Christen; als es aber Nureddin von Damaskus abermals eroberte, entriß Balduin seiner herrschsüchtigen Mutter mit Gewalt die Herrschaft, eroberte nach achtmonatlicher Belagerung Askalon 1153, schlug 1157 Nureddin bei Tiberias, heiratete Theodora, die Nichte des Kaisers Manuel, wodurch er dessen Bundesgenossenschaft gewann, starb aber schon dem Gerücht zufolge durch den Leibarzt des Grafen von Tripolis vergiftet, zu Tripolis, ein kräftiger und ¶