Die 9. Okt. zu einer kurzen
Session einberufenen
Kammern genehmigten nicht bloß den Friedensvertrag einstimmig, sondern sprachen
auch 24. Okt. mit großer Mehrheit gegen die
Regierung den
Wunsch aus, daß
sie denEintritt der süddeutschen
Staaten, insbesondere
Badens, in die
Verbindung der norddeutschen
Staaten zur möglichen Wiederherstellung eines Gesamtdeutschland
mit aller Entschiedenheit erstrebe und bis zur Erreichung des bezeichneten
Ziels jede irgend mögliche
AnnäherungBadens an
Preußen und den Norddeutschen
Bund, sowohl aus volkswirtschaftlichen Gebieten als durch vertragsmäßige
Sicherung des Zusammengehens für den
Fall eines
Kriegs und Verabredung dem entsprechender militärischer Einrichtungen, zu
erreichen suche.
Daneben gingen innere
Reformen her. Ein Ministerverantwortlichkeitsgesetz, ein
Preßgesetz und ein Schulgesetz, welches den
allgemeinen
Schulzwang einführte, kamen zu stande. Um für eine wissenschaftliche und nationale
Bildung
der
Geistlichkeit zu sorgen, ward derselben durch
Verordnung vom eine staatliche
Prüfung über ihre allgemein wissenschaftliche
Vorbildung auferlegt. Dagegen trug die
Regierung Bedenken, den
Wunsch der
Kammern nach Einführung der obligatorischen
Zivilehe
sofort zu erfüllen. Dies bewog, als nach dem
TodMathysJolly an die
Spitze derRegierung trat
und das
Ministerium durch mehrere neue
Männer ergänzt wurde, ohne daß eine vorherige Verständigung
mit der Kammermajorität
erfolgt war, einen Teil der
Liberalen auf einer Versammlung in
Offenburg
[* 8] Ende 1868, dem
MinisteriumOpposition anzukündigen,
falls es nicht gewisse
Forderungen, wieAbkürzung der Präsenzzeit, Verminderung der Militärausgaben,
eine liberale kirchliche
Politik etc., erfülle.
Indessen war die
Spaltung der liberalen
Partei nicht von Dauer, da die klerikale
Partei zu früh verriet, daß sie sich dieselbe
zu nutze zu machen beabsichtige. Nachdem nämlich der Streit mit der
FreiburgerKurie wegen jener Examenverordnung derRegierung,
deren Befolgung
Vicari allen katholischen
Geistlichen verbot, und wegen der Besetzung des
Freiburger Erzbistums nach dem
TodVicaris welche das
Domkapitel durch
Ausstellung einer unannehmbaren Kandidatenliste unmöglich machte, von neuem
ausgebrochen war, erließen, ermutigt durch den
Ausfall der Zollparlamentswahlen, bei denen sie sechs Sitze gewannen, die
Ultramontanen, unterstützt von der großdeutsch-demokratischen
Partei, einen Aufruf, in welchem
sie
»Auflösung der jetzigen
Ständeversammlung und Einberufung eines außerordentlichen
Landtags zur Schaffung eines neuen
Wahlgesetzes auf Grundlage des direkten, geheimen Wahlverfahrens« verlangten und ein
Mißtrauensvotum gegen das
MinisteriumJolly beantragten.
Dasselbe wurde nach längern
Debatten über direkte und indirekte
Wahlen von beiden
Kammern genehmigt. Der
Gesetzentwurf über Einführung der obligatorischen
Zivilehe und der bürgerlichen Standesbeamtung wurde von der Zweiten
Kammer17. Nov. mit
allen gegen 6, von der Ersten
Kammer4. Dez. gleichfalls mit allen gegen 6
Stimmen angenommen. Das
Gesetz über eine neue
Einteilung
der Wahlbezirke, welches bestimmte, daß behufs der
Wahl der 63 Abgeordneten das Land in 56 Wahlbezirke
eingeteilt werden solle, wovon die Wahlbezirke der zwei größten
Städte,
Karlsruhe und
Mannheim,
[* 9] je 3, die Wahlbezirke der
drei nächstgrößten
Städte, Freiburg,
[* 10]
Pforzheim,
[* 11]
Heidelberg,
[* 12] je 2, alle übrigen Wahlbezirke je 1 Abgeordneten zu wählen hätten,
wurde mit dem
Amendement, die Mandatsdauer der Abgeordneten von 8 auf 4 Jahre herabzusetzen und alle 2 Jahre
die eine Hälfte austreten zu lassen, im März 1870 genehmigt. Außerdem wurde das sogen. Stiftungsgesetz,
wonach diejenigen
Stiftungen, welche nicht kirchlichen
Zwecken gewidmet waren, sondern in das Gebiet der
Schule¶
Hierauf erließ sie an sämtliche Mitglieder religiöser Orden
[* 28] und Kongregationen den Befehl, ihre bisherige Lehrthätigkeit
binnen vier Wochen einzustellen. Da die FreiburgerKurie den Widerstand gegen die Examinarordnung vom hartnäckig fortsetzte,
so gestattete das Ministerium fortan keinem neuangestellten Pfarrer oder Pfarrverweser, der sich nicht
jener Verordnung unterwarf, die Ausübung einer geistlichen Verrichtung, so daß allmählich zahlreiche Pfarrvakanzen eintraten.
Durch ein 1874 vom Landtag gebilligtes Gesetz wurden die Strafbestimmungen gegen unbefugte geistliche Handlungen noch verschärft
und die Schließung aller Knabenseminare und Konvikte angeordnet. Den Altkatholiken wurden mehrere Kirchen
eingeräumt und die Bildung altkatholischer Gemeinden gestattet. Den altkatholischen BischofReinkens erkannte die Regierung an.
Da das FreiburgerDomkapitel sich hartnäckig weigerte, eine neue Kandidatenliste für die Erzbischofswahl vorzulegen, so wurde
von 1875 ab der sogen. erzbischöfliche Tischtitel vom Budget gestrichen. Der Landtag von 1874 nahm auch
noch ein Gesetz über den Schutz der Altkatholiken, eine Kapitalrentensteuer und eine neue Städteordnung für die sieben größten
Städte an, welche die Wahlrechte der Einwohner vermehrte.
Dem 1875-76 versammelten Landtag wurde von der Regierung ein Gesetzentwurf über die Aufbesserung der Pfarrgehalte, ein zweiter,
von der Zweiten Kammer im Jahr zuvor gewünschter über die Einführung konfessionell gemischter Volksschulen,
ferner Entwürfe einer Steuerreform und der Organisation derOberrechnungskammer vorgelegt. Den wichtigsten Gegenstand der Verhandlungen
bildete das Schulgesetz, gegen welches vor allen die Ultramontanen eiferten. Das Gesetz befahl zwar die Verschmelzung der
Schulen verschiedenen Bekenntnisses in Einer Gemeinde und Einführung eines gemeinschaftlichen Unterrichts
für alle Schüler; doch betraf diese Bestimmung nur 153 Gemeinden, der Religionsunterricht ward ausdrücklich ausgenommen,
und bei der Wahl der Lehrer sollte auf die Konfession der Mehrheit der Schüler Rücksicht genommen, einer Minderheit von wenigstens 20 Schülern
auch ein
¶
mehr
Lehrer ihrer Konfession zugestanden werden. Die Kammern gaben ihre Zustimmung. Auch das Pfarrdotationsgesetz wurde
mit einigen Modifikationen angenommen, ebenso das Gesetz über die Oberrechnungskammer und die Erwerbsteuer, worauf der Landtag geschlossen
wurde. Da aber inzwischen am Hof
[* 30] eine strengere kirchliche Richtung Einfluß erlangt hatte, welche mehrere
Zugeständnisse Jollys bei der Schulgesetzverhandlung mißbilligte und dessen Forderung, daß auch die evangelischen Geistlichen
den für eine Erhöhung der Dotation geforderten Revers unterzeichnen sollten, besonders übel aufnahm, so erhielt Jolly plötzlich
seine Entlassung.
Das neue Ministerium vereinbarte 1878 und 1879 mit dem Landtag die umfassenden Einführungsgesetze zur Reichsjustizreform und
das Gesetz über die Aufbringung des Gemeindeaufwandes. Darauf trat es 1880 mit den seit langem vorbereiteten Vorschlägen
über eine Aussöhnung mit der Kurie hervor, indem es beantragte, die durch die Verordnung von 1867 und
durch Gesetz von 1874 befohlene besondere Staatsprüfung für Geistliche fallen zu lassen und sich mit der Anwesenheit eines
Staatskommissars bei der gewöhnlichen Prüfung zu begnügen.
Die Zweite Kammer indes lehnte den Antrag ab, da die FreiburgerKurie selbst die Nachsuchung des Dispenses
für die ältern Geistlichen nicht erlauben wollte, und nahm einen neuen Gesetzentwurf, welcher bloß den Nachweis des Maturitätsexamens
und dreijährigen Universitätsbesuchs forderte, erst an, nachdem die Kurie die Einholung des Dispenses gestattet hatte. Die
Folge dieser Verhandlungen war der SturzStössers. Indes bewirkte die nachgiebige Haltung der Regierung doch
ein solches Erstarken der Ultramontanen und ihr zeitweiliger Zerfall mit der liberalen Kammermajorität eine solche Schwächung
der letztern, daß bei den Ergänzungswahlen 1881 die Nationalliberalen die unbedingte Mehrheit verloren und die Ultramontanen
auf 22 Mitglieder stiegen. Es trat daher eine Stockung in der Gesetzgebung ein, bis 1883 die Nationalliberalen
sich wieder auf Kosten der Ultramontanen auf 34 (von 63) verstärkten. Regierung und Landtag gingen nun an eine Reform der innern
Verwaltung.
[* 4] 1) (Baden-Baden) Hauptstadt des bad. Kreises Baden (1045 qkm, 19 QM., mit [1880] 134,511 Einw.),
liegt südlich von Rastatt im anmutigen Thal
[* 31] der Oos, durch eine Zweigbahn mit der Rheinthalbahn verbunden, und ist berühmt
als einer der glänzendsten und besuchtesten Badeorte Europas. Die Stadt, 183 m ü. M., ist Sitz eines Amtsgerichts und eines
Bezirksamts, hat 7 Kirchen (3 kath., 1 evang., 2 russische
und 1 anglikanische), 1 Gymnasium (mit Realgymnasium verbunden), 1 höhere Töchterschule, 1 Gewerbeschule, 1 Kranken-, 1 Armenhaus, 1 Gasanstalt
und (1888) 11,923 Einw. (2507 Evangelische). Baden ist zwar die alte Stamm- und Hauptstadt Badens, aber jetzt seinem größern
Teil nach eine ganz moderne Anlage, reich an prachtvollen Hotels und in edlem Stil gebauten Villen und Privatwohnungen.
Die katholische Stadtpfarrkirche (aus dem 15. Jahrh.), auf dem Platz eines römischen Tempels, enthält die Grabmäler von 14 Mitgliedern
des markgräflich badischen Hauses sowie neue, schöne Glasgemälde und ist seit 1864 im gotischen Stil schön restauriert.
Die evangelische Kirche ist nach dem Plan von Eisenlohr im gotischen Stil neu erbaut; die neue russische Kirche
von 1882 enthält herrliche Freskomalereien; die griechische Kapelle auf dem Michaelsberg, mit goldener Kuppel, ist eine prachtvolle
SchöpfungKlenzes (1866 eingeweiht).
Auch die anglikanische Kirche (im normännischen Stil) und die Grabkapelle (von Hübsch) auf dem Friedhof
sowie das Theater
[* 32] (seit 1863) sind neue Bauten. Als sonstige Hauptgebäude sind das Konversationshaus (1822-24 im Renaissancestil
erbaut), die großartige neue Trinkhalle (ein 85 m langer Arkadenbau, nach Hübsch' Plan 1839-42 ausgeführt, mit einer Galerie
berühmter Fresken von Götzenberger) zu erwähnen. Über der Stadt erhebt sich das sogen. NeueSchloß,
die sommerliche Privatwohnung des Großherzogs von Baden, vom MarkgrafenJakob 1479 auf römischen Fundamenten angelegt und nach
der Zerstörung durch die Franzosen (1689) in seiner jetzigen Form hergestellt, mit prächtiger Aussicht.
Die Thermen Badens, seit den Zeiten der Römer
[* 33] bekannt und immer stark besucht, entspringen in der sogen. Hölle aus
Gneisfelsen und kommen aus einer Tiefe von etwa 1350 m (750,000 Lit. in 24 Stunden). Es sind ihrer mehr als 20, deren Wasser
jedoch nur hinsichtlich der Temperatur (71-47° C.), nicht ihrem chemischen Gehalt nach verschieden ist. Sie haben warm einen
etwas salzigen, fleischbrühartigen Geschmack. Die Hauptquelle (62,7°) enthält in 1L. 2,015 g Chlornatrium,
0,053 g Chlorlithium, 0,0007 g arsensauren Kalk, auch Chlorrubidium und Chlorcäsium.
Die Hauptquelle ist der »Ursprung«, mit der durch neuere Schürfungen der
Brühbrunnen, die Felsenquelle und die Judenquelle vereinigt sind. AndreQuellen sind die Klosterquelle, die Büttenquellen,
die Fett-, Murr-, Ungemachquelle etc. Die Thermen von Baden werden benutzt als Wasserbäder, als Getränk, als
Douche oder als Einspritzung
[* 34] bei Krankheiten des Uterinsystems und in Form von Thermaldämpfen. Im allgemeinen ist ihr Gebrauch
in allen Fällen indiziert, wo eine kräftige, erregende Einwirkung auf Nerven-
Neben diesen warmen Quellen hat Baden drei schwache Stahlquellen (2° C. kühler als die mittlere Temperatur der Erde), die in der
Falkenhalde (für das »Stahlbad«) und in Lichtenthal zu Tage treten und besonders zu Nachkuren beim Gebrauch
der Thermen benutzt werden. Die Saison dauert vom 1. Mai bis 31. Okt. und erreicht ihre Höhe im Juli und August. Die eigentlichen
Zentralpunkte des Badelebens bilden das Konversationshaus mit prachtvollen Sälen für die verschiedensten Zwecke (darunter
das Lesekabinett mit über 150 Zeitungen in allen Sprachen) und die Trinkhalle, wo das Wasser der Badener
Quelle
[* 38] (55° C.) genossen wird und zugleich 40 Sorten fremder Mineralwässer sowie warme Kuh- und Ziegenmilch zu haben sind.
Über dem »Ursprung« befindet sich das ältere Dampfbad; das von Dernfeld entworfene und im Renaissancestil ausgeführte Friedrichsbad
(1877 eröffnet) ist die eleganteste derartige Anstalt in Europa.
[* 39] Einrichtungen zu Wannenbädern mit Thermalwasser
finden sich in den meisten Gasthäusern; für mittellose Kurgäste ist ein Armenbad vorhanden. Unter den Anlagen im Freien
nimmt die »Promenade« mit ihren großartigen Verkaufsläden den ersten Platz ein. Die Zahl der Badegäste belief sich 1883 auf
über 50,000. Unter ihnen ist die vornehme und abenteuernde Welt aller Nationen vertreten; die Hauptrolle
aber spielten seit Jahrzehnten die Franzosen, welche Baden als einen Lieblingsausflug ansahen und dort französischen Ton und
französisches Leben mehr als wünschenswert einführten.
Mit Aufhebung der Spielbank (Ende 1872) nahm der Besuch ein wenig ab; es entwickelte sich aber dafür
eine mehr und mehr an Bedeutung gewinnende Wintersaison, und für den Schaden, welcher Baden aus dem Wegfall des Hasardspiels
zu erwachsen drohte, hat die badische Regierung die Gründung eines besondern Badefonds verfügt, aus welchem nicht nur das
neue Friedrichsbad gebaut ward, sondern auch die nötigen Mittel beschafft werden sollen, um die bestehenden
Vergnügungen zum größern Teil auch ferner durchführen zu können.
Die Umgegend Badens ist überaus schön und anmutig. Der nächste und gewöhnlichste Spaziergang ist die schnurgerade LichtenthalerAllee (gegen Abend der Korso der Badewelt); sie führt nach dem nahen, an eine steile, mit Tannen besetzte
Bergwand gelehnten Cistercienser-NonnenklosterLichtenthal, das (1245 gestiftet) sich durch alle Stürme der Zeit erhalten hat.
Ein Seitenkanal des Oosbachs leitet zum Geroldsauer Wasserfall. Unter den weitern Touren ist das Murgthal die besuchteste.
Durch den Bau des NeuenSchlosses (1479) und die Erteilung wichtiger Privilegien hob sich Baden immer mehr, bis es durch den Dreißigjährigen
Krieg und besonders durch den pfälzischen Erbfolgekrieg wieder sehr geschädigt und endlich 1689 von den
Franzosen fast gänzlich zerstört wurde. MarkgrafLudwigWilhelm der Siegreiche verlegte 1706 die Residenz nach Rastatt. Die erste
Grundlage zur heutigen Bedeutung Badens als Badeort wurde durch die zahlreichen französischen Emigranten gelegt, welche zur
Zeit der großen Revolution nach Baden kamen, das dann durch den RastatterFriedenskongreß bis
noch mehr in Aufnahme kam.
Jetzt erschienen Beschreibungen von Baden, Bauten erhoben sich, 1802 erstand die Antiquitätenhalle, 1808 das Gesellschaftshaus, 1822 das
Konversationshaus, und der Pachter der Hasardspiele bezahlte schon 29,000 Fl. jährliches Pachtgeld. Besonders seit 1814 hat
Baden seinen fast zweitausendjährigen Ruhm wieder erlangt und ist Mode- und Weltbad geblieben, auch nachdem
die Hasardspiele 1872 verboten wurden.
Vgl. Schnars, und Umgegend (3. Aufl., Bad.
[* 43] 1882);
»Baden, Wegweiser durch Stadt und Umgebung«
(10. Aufl., das. 1884);
2) (Baden bei Wien) Stadt und berühmter Badeort im Erzherzogtum Niederösterreich, liegt 27 km südlich von Wien an der Schwechat,
am Eingang des lieblichen Helenenthals, 212 m ü. M. und steht mit Wien durch die Südbahn in Verbindung. Baden zählt jetzt unter
die schönsten Badestädte in Österreich und ist reicher als andre an prachtvollen Villen, reizenden Gärten
und schöner Umgebung. Hervorragende Gebäude sind die schöne Pfarrkirche, die von van der Nüll und Siccardsburg 1848 erbaute
Mineral-Schwimm- und Badeanstalt
[* 45] mit großem Bassin, das Kaiserhaus, das Rathaus, die auf einer Anhöhe des Helenenthals vom
ErzherzogKarl 1823 erbaute Weilburg, jetzt seinem Sohn, ErzherzogAlbrecht, gehörig, mit gotischer Hauskapelle
und schönen Anlagen und die neue Villa des ErzherzogsWilhelm. Baden ist Sitz einer Bezirkshauptmannschaft und eines Bezirksgerichts,
hat ein Landesrealgymnasium mit Museum, gewerbliche Fortbildungsschule, Sparkasse, Theater und Arena. Seit 1866 ist die Gasbeleuchtung
eingeführt. An Humanitätsanstalten befinden sich hier: ein Wohlthätigkeitshaus für Arme aus Niederösterreich
zum Gebrauch der Bäder (mit 240 Betten), das Marienspital, das k. k. Militärspital; wo jährlich 1800-1900
Soldaten verpflegt werden, das Bürgerspital, Lazarett etc. Die Zahl der Einwohner von Baden
¶
mehr
beträgt (1880) mit den Vorstädten Gutenbrunn und Leesdorf 9645, mit der anstoßenden Ortsgemeinde
Weikersdorf 13,342, und ihre hauptsächlichste Erwerbsquelle ist der Fremdenverkehr, daneben auch ausgezeichneter Weinbau
und Weichselrohrerzeugung. Seit Jahren befindet sich bei der Stadt eine Filiale der Züricher Maschinenfabrik von Escher-Wyß.
Zu Promenaden dienen der schöne Kurpark, der Vereinigungsplatz der eleganten Welt, mit Musikpavillon,
Kursaal und Trinkhalle (in der NäheStatue des Dichters Grillparzer, gest. 1872); daran angrenzend der Kalvarienberg mit prächtiger
Aussicht und schönen Anlagen, der Doblhof- und Sauerhofgarten, die Alexandrowitschschen und Schönfeldschen Anlagen, die Anlagen
nächst der Weilburg, das Jägerhaus und die Jägerwiese, die Hauswiese etc. Die
umliegenden Berge sind mit Ruinen gekrönt (Rauheneck, Scharfeneck, Rauhenstein).
Weitere Ausflüge bilden die Krainerhütte, der Lindkogel oder das Eiserne Thor (830 m) mit Aussichtsturm und großartiger
Fernsicht, Meierling, Heiligenkreuz, Vöslau, Merkenstein, Schönau etc. Vom Bahnhof führt eine Pferdebahn durch die Stadt bis
nach Rauhenstein im Helenenthal. Die WienerWasserleitung,
[* 47] welche auch Baden mit Trinkwasser versorgt, überschreitet
dieses Thal unmittelbar hinter der Stadt mit einem großen Aquädukt. Das Klima
[* 48] ist gesund, aber scharfen Temperaturwechseln
ausgesetzt.
Die Bäder sind meist Vollbäder, in denen beide Geschlechter gemeinsam baden; doch gibt es auch Separatbäder,
ferner eine Mineral- und eine Kaltwasserschwimmanstalt, Einrichtungen für Schlammbäder, Dampfbäder und Molkenkur. Die besteingerichteten
Badeanstalten sind das 1877 umgebaute Frauen- und Karolinenbad, das Herzogs- und Antonsbad, das Johannesbad und die Mineralschwimmanstalt.
Für Winterkurgäste ist das Herzogs- und Antonsbad eingerichtet. Die Kurfrequenz belief sich 1883 auf 10,400
Personen. Bei der reizenden Lage des Orts und der Nähe von Wien ist Baden übrigens mehr Vergnügungs- als Kurort; zahlreiche Wiener
nehmen hier ihren Sommeraufenthalt, und an Sonn- und Feiertagen strömt ein großer Teil der Bewohner Wiens nach und in dessen
Umgebungen. - Die Bäder sind seit den Römerzeiten bekannt; schon Marcus Aurelius gedenkt ihrer unter
dem NamenAquae Pannonicae.
Im 11. und 12. Jahrh., als die Babenberger ihre Residenz in der Nähe nahmen, hoben sie sich wieder.
Zwar hatte der Ort (seit 1480 Stadt) durch die Ungarn
[* 50] unter M. Corvinus und 1529 und 1683 durch die Türken
viel zu leiden und wurde im letztern Jahr fast gänzlich zerstört; aber immer wieder erstand er aus den Trümmern, aus denen
die Quellen unversiegbar hervorsprudelten. Rühmlichst wird ihrer im 16. und 17. Jahrh. gedacht; 1767 und 1797 fand
man noch Überreste römischer Bäder. Im J. 1812 litt die Stadt durch einen großen Brand; seitdem aber
nahm sie einen fortgesetzten Aufschwung.
Die Quellen werden als Getränk wie in Form von Wannenbädern, Douchen, Dampfbädern und Inhalationen benutzt und besonders gegen
Rheumatismen und Gicht, chronische Kehlkopf- und Lungenkatarrhe mit Erfolg angewendet. Die Zahl der Kurgäste beläuft sich
jährlich auf ca. 20,000 Personen. Baden, wohl der älteste Badeort der Schweiz, wurde schon zur Römerzeit
um seiner Schwefelthermen willen besucht. Zur Zeit der österreichischen Herrschaft befand ich zeitweilig auf dem »Stein«
das herzogliche Hoflager, und als 1415 die Eidgenossen das Gebiet eroberten, verlegte selbst die alte Tagsatzung ihre Sitzungen
nach Baden (1424-1712). Historisch denkwürdig sind das Religionsgespräch zu Baden von 1526, wo Öcolampadius und
BadenHaller mit Eck disputierten, und der Friede zu Baden vom zwischen Frankreich und dem DeutschenReich abgeschlossen,
in welchem der zu Rastatt6. März d. J. zwischen Österreich und Frankreich vereinbarte Friede mit wenigen Abänderungen bestätigt
wurde.
Vgl. Mousson, GeologischeSkizze der Umgebungen von Baden (Zür. 1840);
Dorf und Badeort im bad. Kreis
[* 54] Lörrach, 7 km von der Eisenbahnstation Müllheim, am Fuß des Schwarzwaldes
(Blauen) unter der Ruine und 427 m ü. M. gelegen, mit 572 Einw.
Die Heilquelle, eine indifferente Therme von 27½° C., die in 16 Unzen nur 2,2 Gran
[* 55] feste Bestandteile (besonders schwefelsaures
Natron, Kali und Kalkerde) enthält, war schon den Römern bekannt und wird vorzugsweise bei beginnender Tuberkulose und Lungenkatarrh
angewendet; sie belebt die Thätigkeit der Haut und beruhigt ein allzu reizbares Nervensystem. hat auch
eine Molkenkuranstalt und wird jährlich von mehr als 4000 Fremden besucht. In der Nähe mehrere Luftkurorte. Im J. 1784 entdeckte
man daselbst ein
¶
mehr
wohlerhaltenes Römerbad, das vier große und acht kleine Bäder, dazu Schwitzbäder und zahlreiche Ankleidezimmer etc. nebeneinander
enthält; eine Inschrift widmet dasselbe der Diana des Schwarzwaldes (DianaAbnoba). Das ehemalige vielbesuchte Schloß Badenweiler, 475 m
hoch auf einem isolierten Bergkegel gelegen, wurde 1633 von den Kaiserlichen erobert, 1678 von den Franzosen
zerstört.
(lat. Balnĕator), ehedem der Besitzer und Vorsteher einer Badestube (Bademeister, Stübner), jetzt in mehreren
Staaten ein Mann, der zur Ausübung der niedern Chirurgie und zum Rasieren berechtigt ist, also s. v. w.
Barbier. Schon die Griechen hatten ihre Aleipten, Badediener, welche das Reiben und Salben im Bad besorgten, nebenher auch schröpften
und zur Ader ließen. An den öffentlichen Bädern der Römer gehörten solche Personen zur Klasse der Staatssklaven, und auch
als Aufwärter der Ärzte bei Zubereitung von Bädern kommen Bader vor.
Mit dem Römerreich verfielen auch die Badeanstalten in Italien
[* 57] wie in den Provinzen, und erst durch die Kreuzzüge kamen sie
im Abendland wieder allgemein in Aufnahme, und seitdem kommen auch besondere oder Bademeister vor (s. Bad, S. 222). Diese und
die Barbiere rissen jetzt die Chirurgiean sich und würdigten sie zu einem Gewerbe herab, welches handwerksmäßig
gelehrt und gelernt wurde. Lange Zeit bildeten die Barbiere neben den Badern eine für sich bestehende Korporation, welche erst
später, durch Reichsgesetze 1779, in Österreich 1773, mit den Badern, die sich nur mit dem Schröpfen und der
Behandlung von Verwundeten beschäftigen durften, vereinigt wurde.
Beide Klassen standen in Deutschland
[* 58] lange Zeit unter dem stärksten Druck, da sie, größtenteils Leibeigne und wendischer
Abkunft, von einer jeden Innung und Zunft ausgeschlossen blieben. KeinHandwerker nahm einen jungen Menschen in die Lehre,
[* 59] der
einem Barbier oder Bader verwandt war. Erst 1406 gab der KaiserWenzel den Badern aus Dankbarkeit, weil er von der
Tochter eines Baders aus dem Schloß Wiltberg im Österreichischen gerettet worden war, ein Privilegium, worin sie für ehrlich
erklärt und ihnen ein Wappen erteilt wurde. Da dies jedoch nicht rechtskräftig war, so gelangten sie erst zum vollen
Genuß desselben, als sie 1548 durch einen Beschluß des AugsburgerReichstags für zünftig erklärt und abermals rein gesprochen
wurden.
Von jetzt an und namentlich nach der geschehenen Vereinigung der und Barbiere wurden beide und die Wundärzte als nicht voneinander
unterschiedene Handwerker betrachtet. Seitdem wurde die Ausübung der niedern Chirurgie nur denjenigen
zugestanden, welche zunftmäßig sieben Jahre das Rasieren getrieben und im Besitz einer Barbierstube oder sogen. chirurgischen
Gerechtigkeit (Badestubengerechtigkeit) waren. Alle die Einrichtungen, welche aus der Vereinigung der niedern Chirurgie mit
dem Bader- und Barbierertum hervorgehen mußten, sind neuerdings fast überall beseitigt worden, und die Chirurgie in ihrem
ganzen Umfang wurde die ausschließliche Domäne der vom Staat approbierten und zur Ausübung der gesamten
Heilkunde berechtigten Ärzte. Das Gewerbegesetz vom gab in Deutschland die ganze ärztliche Praxis vollständig frei
(vgl. Arzt).
KarlAdam, Opernsänger, geb. zu Bamberg
[* 60] als der Sohn des dortigen Domorganisten,
trat mit 18 Jahren an
seines VatersStelle, entschloß sich aber bald darauf, zur Bühne zu gehen, um seine prachtvolle Tenorstimme
in ihrem Dienst zu verwerten. Er debütierte 1811 als Loredano in Paërs »Camilla« zu Bamberg, während dort E. T. A. Hoffmann
das musikalische Zepter führte. Nach vier Lehrjahren in München, die ihn zum Meister machten, wirkte er an
den Bühnen von Bremen,
[* 61] Hamburg
[* 62] und Braunschweig
[* 63] und wurde 1820 an der Berliner
[* 64] Hofbühne engagiert, wo er nach Beendigung seiner
darstellenden Wirksamkeit (1845) noch einige Jahre als Regisseur thätig war.
Nach seiner Pensionierung (1849) fungierte er noch als Leiter des musikalischen Gottesdienstes in der katholischen
St. Hedwigskirche, wo er vorzugsweise die Werke alter italienischer Meister zur Ausführung brachte. Er starb in
Berlin.
[* 65] Baders Wirksamkeit an der BerlinerOper gehört zu den ruhmreichsten Erinnerungen derselben, denn er bildete mit den Sängerinnen
Milder und Schultze und dem Bassisten Blume das den ältern Berliner Musikfreunden unvergeßlich gebliebene
Gesangsquartett der Spontinischen Zeit.
die bekannteste Art der Schwämme (s. d.), gehört zu den Hornschwämmen
und besitzt ein maschiges Gerüst von hornigen Fäden, die am lebenden Tier von dessen eigentlichem Weichkörper allseitig umgeben
sind. Frisch aus dem Wasser genommen, hat der Badeschwamm ebenso große Ähnlichkeit
[* 67] mit dem Badeschwamm des Handels wie etwa
ein lebender Mensch mit seinem Skelett.
[* 68] Durch Kneten, Auswaschen und Liegenlassen an feuchter Luft wird das Gerüst des Badeschwammes,
welches in chemischer Hinsicht der Substanz des Seidenfadens nahesteht, von den zelligen Elementen befreit. Der Badeschwamm findet
sich in den wärmern Meeren; dort ist er in der Nähe der Küste auf dem Grund an Steinen festgewachsen. Man unterscheidet mehrere
Varietäten des Badeschwammes (E. officinalis var. adriatica, var.
mollissima etc.) und als besondere Gattung den Pferdeschwamm (Hippospongia equina). - In neuerer Zeit hat man die künstliche
Vermehrung des Badeschwammes versucht.
Diese besteht darin, aus einem lebenden Badeschwamm durch Zerschneiden, Anpflöcken der Teilstücke und Versenken
derselben an geeigneten Stellen des Meers ebenso viele ganze Badeschwämme zu erzielen, als man Teilstücke geschnitten hat.
Indessen haben diese von O.Schmidt in den dalmatischen und quarnerischen Gewässern angestellten Versuche aufgegeben werden
müssen, weil alle Holzanlagen vom Pfahlwurm (Teredo) zerstört wurden, und weil die dalmatischen Küstenbewohner
die Anlagen zerstörten und beraubten.
Die Fortpflanzung des Badeschwammes durch freie, aus Eiern sich entwickelnde Larven ist eine sehr reichliche; dennoch wird der
Ertrag der Schwammfischerei beständig geringer, weil man schon in den ersten Frühlingswochen mit der
Ausbeutung beginnt und Millionen noch im Schwamm enthaltener Larven zerstört. Auch an der syrischen Küste nimmt der Ertrag ab.
Im J. 1870 wurde in England für 113,000 Pfd. Sterl. Badeschwamm von den Mittelmeerstaaten eingeführt.
Im GriechischenMeer und an der syrischen Küste gewinnt man den Badeschwamm von Mai bis Ende September durch Taucher
von einer Barke aus. Sie gehen 18 m tief und halten 1½-3 Minuten aus. An der dalmatischen und istrischen Küste fischen die
Bewohner der Insel Krapano die Schwämme mit vierzinkigen Gabeln. Der Sand, welcher sich fast stets in den Schwämmen findet,
wird ihnen erst in den Magazinen der Großhändler einverleibt, um ihr Gewicht zu erhöhen. Der
¶