31 Mill. ins
Ausland gingen). Aussig ist ein wichtiger Zentralpunkt des nordböhmischen
Verkehrs geworden; es ist
Station der Elbdampfschiffahrt
und der
Prag-DresdenerBahn, Ausgangspunkt der Aussig-Teplitzer und Bielathalbahn und steht mit der Elbthalbahn durch eine Zweiglinie
mit Gitterbrücke über die
Elbe in
Verbindung. Neben dem Kohlenhandel ist auch der Obsthandel von großer
Bedeutung. Aussig ist Sitz einer Bezirkshauptmannschaft, eines Bezirksgerichts und
Hauptzollamts. Am rechten
Ufer der
Elbe, 3 km
oberhalb Aussig, liegt die
Ruine Schreckenstein auf steilem, 90 m hohem, in den
Strom vorspringendem
Felsen mit schöner Aussicht.
Die Stadt, seit
Ottokar II. königliche Stadt, 1282 an
Brandenburg
[* 2] verpfändet, aber bald zurückerworben,
in der Hussitenepoche an
Meißen
[* 3] verpfändet, früher stark befestigt, wurde 1426 von den
Hussiten zerstört, welche 18. Jan. d. J.
die
Meißener bei dem nahen Dorf Predlitz und 15. Juni bei der eine
Stunde entfernten Anhöhe Biehanj schlugen. Im J. 1538 eingeäschert,
erhielt Aussig als »allzeit getreue Stadt« 1547 Sitz
und
Stimme in den
Landtagen. Im J. 1639 ward von den
Schweden
[* 4] unter
Baner erobert. Aussig ist der Geburtsort des Malers
RaphaelMengs.
Vgl. Feistner, Geschichte der königlichen Stadt Aussig
(Reichenberg
[* 5] 1883).
in der deutschen und der österreichischen Konkursordnung die
Ausscheidung von Gegenständen, welche
dem
Gemeinschuldner nicht gehören, aus der
Konkursmasse, sei es auf
Grund eines dinglichen oder eines persönlichen
Rechts. Die ausgesonderten Gegenstände werden dem berechtigten Ansprecher durch den Konkursverwalter ausgeantwortet.
Bei offenbarer
Berechtigung erfolgt die Aussonderung ohne vorgängigen
Rechtsstreit zwischen dem Aussonderungsberechtigten und dem Konkursverwalter.
Dieser hat jedoch bei Ansprüchen von mehr als 300 Mk. Wert zuvor die
Genehmigung des
Gläubigerausschusses
einzuholen, auch den
Gemeinschuldner vorher zu benachrichtigen, der die Aussonderung durch das
Gericht untersagen lassen kann.
Vgl. Deutsche
[* 6] Konkursordnung, § 9, 35 ff., 121, 123; Österreichische Konkursordnung, § 26 f.
(engl.
Lock-out) ist eine Maßregel koalierter Arbeitgeber bei
Differenzen mit den Arbeitern, in
deren
Folge ein
Streik, eine gemeinsame
Arbeitseinstellung, eingetreten ist oder in Aussicht steht, um die
Arbeiter zur Unterwerfung
unter den
Willen der Arbeitgeber zu zwingen.
Die koalierten Arbeitgeber sperren sämtlich ihre Werkstätten so lange, bis
die
Differenzen mit den Arbeitern erledigt sind und, falls eine
Arbeitseinstellung stattfand, die
Arbeiter die
Arbeit wieder aufnehmen.
das
Spielen mehrerer
Personen um eine und dieselbe
Sache, woran jeder
Spieler Anspruch hat, wobei aber jeder
seinen
Rechten zum Vorteil der übrigen zu entsagen verspricht, sobald das
Spiel gegen ihn ausfallen sollte. Das Ausspielgeschäft
beruht auf einem Spielvertrag, in welchem sowohl die
Bedingung, auf welcher der
Sieg beruhen soll, als
auch die
Sache, deren Erwerbung für den
Sieger von dem
Eintritt der festgesetzten
Bedingung abhängig sein soll, genau bestimmt
sind.
Als
Bedingung kann jedes
Spiel gewählt werden,
Würfel,
Karten,
Billard,
Schießen
[* 7] etc.; der glücklichste Wurf, der beste
Schuß
etc. gewährt den
Sieg. In Rücksicht auf die
Sache ist zu unterscheiden, ob der Gegenstand, der ausgespielt
werden soll, vom Anfang an den Spielenden gemeinschaftlich gehört, oder ob dies nicht der
Fall ist. Im erstern
Fall, z. B.
wenn mehrere eine gewisse
Summe zu gleichen Teilen zusammengeschossen haben,
verliert jeder Mitspielende, sobald er besiegt
ist, seinen
Anteil an dem Gesellschaftsgegenstand und tritt ihn an diejenigen ab, gegen welche die festgesetzte
Bedingung noch nicht verneinend entschieden hat.
Der abgetretene Besiegte hat kein
Recht mehr auf die
Sache, und es bleibt lediglich der übrigen
Gesellschaft überlassen, was
sie mit derselben machen will. Von den übrigen Spielern hat keiner größereRechte an der
Sache als der
andre, sie behalten also auch, wenn sie die
Gemeinschaft fortsetzen, gleiche Teile und bestimmen gleiche
Anteile, wenn sie
die
Teilung vornehmen. Im andern
Fall, wenn die
Sache bisher
Eigentum eines Einzelnen war, schließt das Ausspielen zwei ganz verschiedene
Geschäftein sich, nämlich ein vorbereitendes, wodurch die
Sache erst an die Spielenden kommt und in ein
solches
Verhältnis zu ihnen gebracht wird, daß sie darum spielen können, und das eigentliche Spielgeschäft selbst, welches
auf dem schon erwähnten Spielvertrag beruht.
Jenes vorbereitende
Geschäft bezweckt, der zum Ausspielen vereinigten
Gesellschaft die
Sache zu erwerben oder ihr doch einen
Rechtstitel zur Erwerbung zu verschaffen. Dieses
Geschäft kann eine
Schenkung oder irgend ein andrer
Kontrakt sein; gewöhnlich
ist es ein Kaufkontrakt, d. h. man gibt Einsatz. Der Einsatz aller
Spieler ist der
Kaufschilling. Von dem
Ausgang des zweiten
Geschäfts, des eigentlichen
Spiels, ist jenes vorbereitende durchaus nicht abhängig. Vgl.
Lotterie.
die Art und
Weise, die
Laute einer
Sprache
[* 8] vernehmbar zu machen. Sie ist bei allen
Sprachen je nach dem Wohnort
eine mehr oder weniger verschiedene; ja, genau genommen gibt es nicht zwei Individuen, welche ganz die nämliche Aussprache haben,
mag die Verschiedenheit nun auf
Vererbung oder auf
Gewohnheit oder klimatischen Einflüssen oder einem
Zusammenwirken aller dieser und ähnlicher
Faktoren beruhen. Die beste Aussprache wird meistenteils da gefunden, wo sich das geistige
Leben eines
Volks konzentriert, oder wo sich früher die Schriftsprache desselben ausgebildet hat; so wird das
Französische
in
Paris,
[* 9] das
Italienische in
Toscana am richtigsten ausgesprochen. Übrigens ist die Aussprache fortwährenden
Veränderungen ausgesetzt, welche festzustellen und zu erklären die Aufgabe der wissenschaftlichen
Lautlehre (s. d.) ist.
Winkel,
[* 10] in der
GeometrieWinkel, die kleiner als ein gestreckter (zwei rechte
Winkel) sind; bei Festungswerken
(franz. saillants) die ihre
Spitze nach außen kehrenden
Ecken oder
Winkel. Sie sind fast stets die schwächsten
Stellen einer
Befestigung und daher die günstigsten Angriffspunkte, da der unbestrichene
Raum vor dem
Saillant das Vorgehen
erleichtert. Man macht deshalb den
Winkel möglichst groß, nie unter 60°, wenn möglich nicht unter 120°. Den Nachteil
des von der
Brustwehr
[* 11] aus durch
Feuer nicht zu bestreichenden
Raums mindert man durchAbstumpfen des
Winkels
und damit Teilen dieses
Raums, durch
Anlage von
Hindernismitteln und durch flankierendes
Feuer von Nebenwerken aus.
nennen wir die Darstellungen der gewerblichen und künstlerischen Thätigkeit eines Landes
oder mehrerer Länder durch Vorführung der in dem vertretenen Gebiet erzeugten Produkte. Je nach der sachlichen, örtlichen
und zeitlichen Ausdehnung
[* 13] der Ausstellungen unterscheidet man allgemeine und Spezialausstellungen (bei letztern Beschränkung
auf bestimmte Gebiete der Wirtschaft, des Verkehrs, der Kunst, des Unterrichts etc.), periodische und permanente Ausstellungen (letztere
unterscheiden sich von Sammlungen und Museen im wesentlichen dadurch, daß die ausgestellten Gegenstände
von Zeit zu Zeit durch neue ersetzt werden), Bezirks-, Landes- und Weltausstellungen.
Alle diese Ausstellungen haben in der neuern Zeit dadurch an Bedeutung gewonnen, daß auf denselben nicht allein
fertige Produkte, sondern auch die aufeinander folgenden Stadien der Verarbeitung und der Verarbeitungsprozeß
selbst dem Publikum vorgeführt werden. Auch ist man mehr bemüht, durch geeignete Gruppierung der Gegenstände möglichst
eine Übersicht über die gesamte wirtschaftliche und Kulturentwickelung eines Landes, gleichzeitig aber auch eine solche
über die gleiche Industrie verschiedener Länder zu bieten. Am vollständigsten ließe sich dieses Ziel durch fächerweise
Anordnung erreichen.
Die Praxis der Ausstellungen ist freilich von der Verwirklichung dieses Ideals wegen der großen derselben entgegenstehenden Schwierigkeiten
weit entfernt. Da die Ausstellungen viel Mühe, Zeit und Geld kosten, und da dieselben doch dem Publikum jeweilig neue Entwickelungsstadien
vorführen sollen, so dürfen sie am gleichen Ort nicht zu häufig wiederkehren. Die zulässige Dauer
der Wiederkehr hängt im wesentlichen von Art und Umfang der Ausstellungen ab. Näheres über Arrangement, Licht- und Schattenseiten der
Ausstellungen etc. vgl. in dem unten angeführten Werk
von Exner.
Solche Ausstellungen sind wesentlich neuern Datums. Das klassische Altertum kannte und brauchte sie auch nicht. Das christlich-germanische
Mittelalter brachte zur Schaustellung vorzugsweise Novitäten, namentlich aber Gegenstände religiöser
Verehrung. Die Klosterschulen veranstalteten schon früh der Arbeiten ihrer Zöglinge, die Zünfte von Meisterstücken. Vornehmlich
entwickelten sich aber die Ausstellungen aus den Warenlagern und Schaustellungen der Messen und Märkte heraus; sie haben bei der fortwährenden
Abnahme dieser letztern stetig an Wichtigkeit und Umfang zugenommen.
Ihrem Wesen nach waren solche Ausstellungen zuerst ausschließlich Industrieausstellungen; jedoch fing man gleichzeitig auch an, künstlerische
Leistungen auszustellen, wozu namentlich die Malerei Veranlassung gab, deren Werke nicht so häufig an allgemein zugänglichen
Plätzen zu finden sind. Damit entstanden die Kunstausstellungen (s. d.), und diese beiden vereint bilden
heute den Kern des gesamten vielseitig ausgebildeten Ausstellungswesens. Öfters selbständig auftretend, zuweilen mit jenen
vereint erscheinen die landwirtschaftlichen Ausstellungen, Maschinen-, Blumenausstellungen u. a.; in allerneuester Zeit hat man mit Erfolg
einzelne neue Gebiete zu kultivieren versucht, so durch die Fischereiausstellung in Berlin,
[* 14] Ausstellung der Wollindustrie in
Leipzig
[* 15] u. a. Diesen Bestrebungen gegenüber, welche den Zweck verfolgen, zur Nachahmung anzuregen und zu
belehren, sind solche Schaustellungen
wie die von Hunden oder gar von Kindern, die lediglich oder hauptsächlich zur Unterhaltung
des Publikums dienen, nur ausnahmsweise mit dem Namen Ausstellungen belegt worden.
Die erste Industrieausstellung wurde 1756 und 1757 durch die Society for the promotion of arts, manufactures
and commerce in London
[* 16] veranstaltet. Auf deutschem Boden fand die erste eigentliche Gewerbeausstellung 1791 zu Prag
[* 17] statt; sie
sollte den Umfang und den Stand der Industrie des KönigreichsBöhmen
[* 18] zur Anschauung bringen. Die nächste Ausstellung eröffnete
Paris 1798, ihr folgten ebenda die von 1801, 1802, 1806, 1819, 1823, 1827, 1834, 1839, 1844 und 1848. Bei
der letzten war die Zahl der Aussteller auf 5494 gewachsen.
indes blieben dieselben auf engere
Kreise
[* 27] beschränkt.
Die erste gemeinsame deutsche Industrieausstellung fand 1842 zu Mainz
[* 28] statt; weit großartiger aber gestaltete
sich die im nächsten Jahr in Berlin eröffnete, wo sich in dem zum Ausstellungsraum erwählten Zeughaus 3040 Aussteller (75
aus Österreich)
[* 29] zusammenfanden. In Wien,
[* 30] wo schon 1835 und 1839 kleinere Ausstellungen stattgefunden hatten, beteiligten
sich 1850 gegen 2000, in Leipzig 1850: 1414 Aussteller. Alle diese waren indes nur auf das eigne Land beschränkt.
Die deutsche Industrie glänzte besonders durch Buchdruck, Steindruck, Typengießerei, Instrumente, Glaswaren, Porzellan, überhaupt
solche Produkte, bei denen Kunstgeschick und tüchtige Schulbildung Hauptfaktoren sind. Neu und großartig
wie die Ausstellung selbst war das zu ihrer Aufnahme bestimmte Gebäude, der sogen. Kristallpalast, von Paxton ganz aus Glas
[* 37] und
Eisen
[* 38] errichtet, ein Ausstellungsobjekt in sich selber, das ganz neue Wege zur Benutzung dieser beiden Materialien zeigte.
Die finanziellen Ergebnisse der Ausstellung waren sehr günstig: den Ausgaben von 339,334 Pfd. Sterl. standen
Einnahmen von 512,632 Pfd. Sterl. gegenüber, mithin ergab sich ein Überschuß von
173,298 Pfd. Sterl. Die Zahl der Besucher belief sich auf über 6 Mill.
die Teilnahme an der 1854 zu München abgehaltenen allgemeinen Ausstellung deutscher Industrie- und Gewerbserzeugnisse, bei welcher
neben Bayern (2331 Aussteller) namentlich Österreich (1477 Aussteller) vertreten war.
Paris 1855. Die Weltausstellung zu Paris 1855 sollte allen Nationen geöffnet sein, aber in gleichmäßigerer Weise als vorher
in London. Die Zahl der Ausstellenden stieg auf 21,779, darunter 2175 Deutsche. In London hatte man die
ausgestellten Objekte unter 6 Gruppen gebracht, jetzt nahm man eine Einteilung in 30 Klassen an. Nächst der französischen war
hier die deutsche und österreichische Industrie am glänzendsten vertreten.
London 1862. Viel weiter als ihre gleichartigen Vorgänger ging die große Ausstellung aller Nationen in London 1862. Nicht nur
war die Zahl der Teilnehmer überhaupt (24,864) größer, die Beteiligung erstreckte sich auch auf weitere Kreise. England
freilich war durch eine geringere Zahl von Ausstellern vertreten als 1851, die andrer Länder hatte sich
aber mehr als verdoppelt; Bewerber aus vorher nicht vertretenen Gebieten waren erschienen. England wurde durch 7189, Deutschland
durch 2875 Namen repräsentiert.
Als ein ganz neues Moment muß das Zurückgreifen um 100 Jahre bei den Schöpfungen der Malerei und Skulptur
bezeichnet werden, man wollte dadurch »den Fortschritt und gegenwärtigen Stand der modernen Künste beleuchten«. Alle Gegenstände
waren in 4 große Abteilungen gebracht worden, welche zusammen 40 Klassen bildeten.
Paris 1867. Die bisherigen Ausstellungen hatten rein praktische Ziele verfolgt, die internationale Ausstellung zu Paris 1867 ging erheblich
weiter. Hier wurden zum erstenmal die Anstalten vorgeführt, welche sich mit der Hebung
[* 46] der physischen und moralischen Lage
des Volks beschäftigen, die Methode des Unterrichts, Wohnungen, Hausgeräte, Hausinstrumente etc. Neu war
auch der Versuch, das Verfahren der Herstellung gewisser Artikel praktisch vorzuführen. Damit verband sich eine kulturgeschichtliche
Abteilung: die Geschichte der Arbeit.
Das aus Eisen und Glas auf steinernem Fundament errichtete Ausstellungsgebäude
[* 47] war nach einem neuen, ganz besondern Plan erbaut.
Scheidewände teilten dasselbe in sieben elliptische, von oben beleuchtete Ringe, in deren Mitte sich ein
gartenartiger Hof
[* 48] mit Werken der plastischen Kunst befand. Jeder Rundgang bildete eine besondere Abteilung für eine spezielle
Art von Erzeugnissen, und sämtliche konzentrische Ringe waren durch 16 radiale Straßen in breitere oder schmälere, den einzelnen
Ländern zugewiesene keilförmige Sektoren geteilt.
Durchschritt man somit die Ringe in radialer Richtung, so befand man ich immer in demselben Land, während man, wenn man sie
peripherisch durchwanderte, in einem Rundgang die von allen Nationen der Welt ausgestellten Produkte einer und derselben Gattung
zu besichtigen Gelegenheit hatte. Dadurch wurde die vergleichende Übersicht der verschiedenen Erzeugnisse
wesentlich erleichtert. Freilich konnte das Prinzip nicht strikte durchgeführt werden, indem die zugemessenen Räume den aufzustellenden
Gegenständen häufig durchaus nicht entsprachen, so
daß viele Gegenstände ihren Platz in den besonders errichteten 13 Annexen
fanden.
Eine der größten Eigentümlichkeiten dieser Ausstellung bildete der Park, in welchem alle Länder, teilweise in verschiedenen
geschichtlichen Perioden, durch charakteristische Bauten repräsentiert waren. Kioske, maurische Paläste, altägyptische Tempel,
[* 49] türkische Bäder, gotische Kirchen, Schulhäuser, Arbeiterhäuser, Kolossalmonumente u. a. waren hier errichtet. Der Katalog
umfaßte 10 Gruppen, welche in 95 Klassen zerfielen. Die Zahl der Aussteller betrug 42,217, davon aus Frankreich und seinen
Kolonien 11,645, aus England und seinen Kolonien 3609, Deutschland 3388, Österreich 3072. Die Beteiligung
deutscherseits war unvollständig, sie zeigte aber dennoch den großen industriellen Fortschritt der letzten Jahre.
Der deutsche Gußstahl war unerreicht, Glas und Papier standen auf der höchsten Stufe, in chemischen Produkten schlug Deutschland
englische und französische Konkurrenz. In Garnspinnereimaschinen hatte der deutsche Maschinenbau der
ausländischen Industrie den Rang abgelaufen. Die deutschen mechanischen Webstühle,
[* 50] Werkzeugmaschinen, Lokomotiven standen englischen
und amerikanischen zum mindesten gleich. Den schönsten Preis aber hatten das Unterrichtswesen und das Unterrichtsmaterial
Deutschlands
[* 51] davongetragen.
Erziehungs-, Unterrichts- und Bildungswesen sollte in viel reichhaltigerm Maß zur Anschauung gebracht, eine Geschichte der Erfindungen
durch Nebeneinanderstellung von Maschinen, Apparaten aus verschiedenen Zeiten, eine Geschichte der Gewerbe durch Ausstellung von
gleichartigen, aus aufeinander folgenden Epochen stammenden Objekten, die Verwertung von Abfällen durch Gegenüberstellung
der letztern und der daraus gewonnenen Fabrikate gegeben werden u. a. Manche der Versuche stellten sich
allerdings in der Folge als Fehlschläge heraus; aber trotzdem war die WienerWeltausstellung nicht allein die reichste, kostbarste
und inhaltsvollste Sammlung, welche der Welt bis dahin geboten war, sie ist auch in dieser Hinsicht bis jetzt
nicht übertroffen worden.
Deutschland ragte in Wien namentlich hervor im Hüttenwesen, den chemischen Industrien, landwirtschaftlichen Produkten, der Industrie
in Leder, Kautschuk, Guttapercha, in Maschinenwesen und Transportmitteln, wissenschaftlichen Instrumenten, dem Marinewesen, der
bildenden Kunst und dem Erziehungs- und Unterrichtswesen. Die Zahl der Aussteller war geringer als in Paris. Von im ganzen
39,500 Ausstellenden entfielen 12,208 auf Österreich, 7524 auf Deutschland, 3564 auf Frankreich mit Kolonien, 1216 auf England
und Kolonien. Während der Dauer der Ausstellung tagten zwölf verschiedene Kongresse: ein volkswirtschaftlicher, ein medizinischer,
ein kunstwissenschaftlicher, ein meteorologischer u. a. Gegen Ende der Ausstellung fanden Vorträge über einzelne besonders
beachtenswerte Zweige der Ausstellung statt. Um dieselbe des Kaiserreichs würdig zu machen,
¶
mehr
hatten weder Staat noch Stadt Opfer gescheut. Der Kaiser bewilligte zum Ausstellungsplatz den Wiener Prater. Hier wurden Brücken
[* 53] geschlagen, neue Straßen gezogen, das Netz der Pferdebahn erweitert. Auf dem Industriepalast, nach dem sogen. Fischgrätensystem
konstruiert, erhob sich eine vom englischen IngenieurScottRussell entworfene Rotunde, 135 m im Durchmesser, 105 m
hoch, die Peterskirche zu Rom
[* 54] in beider Hinsicht überragend. Den gemachten großen Anstrengungen entsprachen die Resultate
leider nicht; gleich nach den ersten Wochen spielte der WienerKrach störend hinein, und mit der Frequenzziffer der Besucher
(7,254,687) blieb Wien hinter Paris (15 Mill.) weit zurück, in finanzieller Hinsicht schloß diese Ausstellung
am ungünstigsten ab.
Vgl. den »Offiziellen Ausstellungsbericht«, herausgegeben durch die Generaldirektion der Weltausstellung
(Wien 1874, 14 Bde.);
Philadelphia
[* 55] 1876. Den äußern Anlaß zu dieser Ausstellung gab die hundertste Wiederkehr der Unabhängigkeitserklärung der
Vereinigten Staaten von Nordamerika 1776; man nannte sie daher die Centennial Exhibition. Als Platz wurde Philadelphia gewählt,
das in seinem Fairmountpark ein vorzüglich geeignetes Terrain bot, dabei zugleich in den schattigen Baumgruppen, Wiesenflächen
und Thalschluchten desselben der Ausstellung einen landschaftlichen Reiz gab, dessen sich keine ihrer Vorgängerinnen rühmen
konnte.
Aber die Beteiligung Europas wie Asiens war hier eine weit geringere als aus den vorhergegangenen europäischen Ausstellungen. Die Centennial
Exhibition trug einen vorwiegend amerikanischen Charakter. Von den 28 Mill. kg Waren, welche installiert werden
mußten, lieferten die Vereinigten Staaten allein 19 Mill. kg. Indessen gehörten von den 14,420 Ausstellern doch
nur 3475 der Union an; aus England und seinen Kolonien kamen 2360 Aussteller, aus der Türkei
[* 56] 1606, aus Spanien
[* 57] 1007, Frankreich
721, Deutschland 669, Portugal 560, Rußland 402, Österreich-Ungarn
[* 58] 347 etc. Dazu kommen noch für die
Maschinenhalle Anmeldungen von 2321 und für die Agrikulturhalle von 11,137, welche mit den 2472 Ausstellern, die in der
Memorialhalle mit Gemälden, Skulpturen, Stichen etc. aufgeführt sind, die Gesamtzahl der Aussteller auf 30,400 bringen, während
nur 26,986 wirklich ausgestellt haben sollen.
Der Charakter dieser Ausstellung war ein wesentlich andrer als der ihrer Vorgänger, der Schwerpunkt
[* 59] war
auf ein ganz andres Gebiet gerückt. Schon in Wien hatte Amerika
[* 60] gezeigt, daß es in der Maschinenindustrie sich mit allen andern
Ländern messen könne. Hier war aber der Maschinenhalle mehr als ein Viertel der gesamten Baufläche zugewiesen worden. Die
»Corliß-Centennialmaschine« in der Mitte der Halle,
[* 61] welche sämtliche andre Maschinen durch eine unübersehbare
Länge von Transmissionssträngen trieb, bildete den Hauptanziehungspunkt der Maschinenausstellung, wie diese selbst
das allgemeinste Interesse in der ganzen Ausstellung erregte.
Von der Leistungsfähigkeit des deutschen Kunst- und Gewerbfleißes gab die Ausstellung in Philadelphia kein zutreffendes Bild.
In Wien war Deutschland durch 8663 Aussteller vertreten, in Philadelphia durch 1001. Eine genaue Prüfung
des Katalogs und der von ProfessorReuleaux und andern kompetenten Richtern erstatteten Berichte ergibt, daß
das von ersterm
gefällte abfällige Urteil (»billig und schlecht«) einer wesentlichen Modifizierung bedarf.
Daß trotzdem das Reuleauxsche Urteil auf viele unsrer Fabrikate paßte, beweisen selbst diejenigen, welche
ihn am heftigsten angriffen. Übrigens erntete die deutsche Ausstellung in vielen ihrer Fächer
[* 62] sogar von französischer Seite
rückhaltloses Lob.
Österreich, durch den finanziellen Mißerfolg 1873 abgeschreckt, entschloß sich erst in später Stunde, leistete aber sehr
Tüchtiges. AndreStaaten waren aber sehr bedeutend beteiligt. Das Programm bot nichts Neues; alle Gegenstände wurden
unter 9 Gruppen in 90 Klassen geordnet. OriginelleZüge, durch welche sich die Ausstellung vor ihren Vorgängerinnen auszeichnete,
waren: die Fassadenreihe, eine Straße, in welcher sich die Baustile aller auf der Ausstellung vertretenen Völker nebeneinander
präsentierten, und die Galerie der Arbeit, welche die überwiegend auf Thätigkeit der Hände beruhenden Gewerbe
in voller Lebendigkeit vor Augen führte.
Auf dem Gebiet der Verkehrsanstalten war manches Neue da, wie das von Chartinn-Herrmann ausgestellte Modell einer Gleitschuhlokomotive
(locomotive à patins), die mit komprimierter Luft getriebenen Tramwayfahrzeuge (pneumatic tramways), ferner die Beleuchtung
[* 63] mittels Elektrizität.
[* 64] Neu war auch die Zusammenstellung völliger Zimmereinrichtungen. Arbeitsmaschinen wie Maschinen für
bewegende Kraft
[* 65] zeigten große Vervollkommnung, so die mit verschiedenen Modifikationen erscheinenden kalorischen Maschinen
und Gasmotoren, während die elektromagnetischen den Bedürfnissen noch nicht entsprachen.
Als Platz war wiederum das Marsfeld gewählt worden, doch hatte man diesmal den auf dem andern Ufer der Seine liegenden Trocadero
mit einbezogen. Besucht wurde die Ausstellung von 12,623,847 Personen oder mit Einschluß der Arbeiterdelegationen
von 16,158,719 Personen. Auch der pekuniäre Erfolg war ein günstiger, denn dem sich ergebenden Defizit von 20 Mill. Frank
stand ein Mehrerträgnis der indirekten Steuern von 70 Mill. Fr. gegenüber. Die Weltausstellung zu Paris war, wie die in Wien,
Gelegenheit für eine Anzahl der verschiedensten Kongresse. Wirklich wichtige Erfolge erreichten aber nur
drei derselben, welche aus den offiziellen Abgeordneten der verschiedenen Staaten bestanden: der internationale Postkongreß,
welcher eine Erweiterung des Weltpostvereins zur Folge hatte, die internationale Münzkonferenz und die internationale statistische
Permanenzkommission. Auch über die PariserAusstellung wurde ein wertvoller amtlicher Bericht veröffentlicht.
vorbereitet, konkrete Gestalt angenommen, während die für Rom undParis, welche gleichzeitig an eine Weltausstellung für 1889 denken,
bisher gemachten Anregungen noch keinen festen Boden gewonnen haben und die mehrfach und wiederholt ventilierte Frage einer
in Berlin zu veranstaltenden Weltausstellung sich einer Unterstützung seitens der maßgebenden Kreise nicht erfreuen konnte.
Bei den entscheidenden Erwägungen ist der Kostenpunkt nicht ohne Einfluß gewesen, denn während kleinere, in engere Rahmen
gefaßte Ausstellungen fast durchweg neben der Erreichung des eigentlichen Zwecks noch gute pekuniäre Erfolge aufwiesen, sind die letztern
bei den großen Ausstellungen durchweg ausgeblieben.
Die PariserAusstellung von 1867 kostete bei 23 Mill. Fr. 10 Mill. Fr. Subvention, die Wiener bei 19,250,000
Fl. 10 Mill. Fl. Nur die im fünften Weltteil 1879-80 zu Sydney
[* 68] und 1880-81 zu Melbourne
[* 69] durch die Kolonialregierungen von Neusüdwales,
resp. Victoria
[* 70] veranstalteten Ausstellungen schlossen mit guten Bilanzen ab. Diese beiden Ausstellungen sind übrigens für die Erweiterung des deutschen
Absatzgebiets ganz besonders förderlich gewesen. Nachstehende Tabelle gibt einen Einblick in die Frequenz
der bisher veranstalteten Weltausstellungen, wobei freilich weder die wirkliche Zahl der einzelnen Individuen noch auch das
Verhältnis der Einheimischen zu den Fremden festgestellt werden kann:
Die Signatur der der neuesten Zeit ist die Beschränkung auf räumlich oder sachlich begrenzte Gebiete.
Entweder waren es einzelne Staaten oder auch Provinzen, welche die innerhalb ihrer Grenzen
[* 71] entwickelte gewerbliche Thätigkeit
durch Ausstellungen zum Ausdruck brachten, oder es ward eine besondere Richtung menschlichen Schaffens, wie sich eine solche bei allen
Kulturvölkern der Erde gegenwärtig geltend macht, zu einem überaus lehrreichen Vergleich zusammengestellt.
Allen diesen Ausstellungen ist das Bestreben gemein, dem vorschwebenden Gedanken einen möglichst vollendeten künstlerischen Ausdruck
zu geben.
Die Ausstellungen seit 1879.
Von den innerhalb der Jahre 1879-85 veranstalteten nationalen oder lokalen Ausstellungen sind namentlich folgende
nennenswert. Für Deutschland 1879 die Berliner
[* 72] Gewerbeausstellung, welche einen sehr guten pekuniären Erfolg (Reingewinn
500,000 Mk.) erzielte und dadurch von unberechenbarem Wert wurde, daß sie das seit der Ausstellung von Philadelphia erschütterte
deutsche Selbstvertrauen wieder kräftigen half; dann die beiden Kunstgewerbeausstellungen zu Leipzig und München, welche
den Fortschritt Deutschlands in den von ihnen angezeigten Richtungen deutlich bekundeten; 1880 die Ausstellung zu Düsseldorf,
[* 73] deren Schwerpunkt in den Produkten des Kohlen- und Eisenbergbaues sowie den zu der Förderung und Bearbeitung
der betreffenden Mineralprodukte nötigen Maschinen lag, und die auch in finanzieller Hinsicht äußerst befriedigend mit
einem Überschuß von
500,000 Mk. abschloß; 1881 die allgemeine deutsche Patent- und Musterausstellung zu Frankfurt
[* 74] a. M.
mit einer Anzahl Spezialausstellungen, welche, wie ihre Vorgänger, aus der thatkräftigen Initiative
der Bürgerschaft hervorgegangen, leider den Erwartungen nicht entsprach und mit einer Unterbilanz von 400,000 Mk. abschloß,
wogegen die zu Stuttgart
[* 75] inszenierte württembergische Landes- und Gewerbeausstellung, welche die Produkte des schwäbischen
Kunstfleißes zum erstenmal in Einem Raum versammelte, einen Überschuß von 300,000 Mk. erzielte.
Für das Königreich und die ProvinzSachsen geplant war die Ausstellung desselben Jahrs in Halle ausstellungen S., die indes noch über den
Charakter einer Provinzialausstellung hinausging, trotz vortrefflicher Leistungen aber mit einem Defizit von 100,000 Mk. abschloß.
Dagegen gestaltete sich 1882 die bayrische Landes-Industrie-, Gewerbe- und Kunstausstellung in Nürnberg zu
einem großartigen Erfolg und zwar auch in finanzieller Hinsicht, so daß ein reiner Überschuß von 405,000 Mk.
dem Programm gemäß an das bayrische Gewerbemuseum überwiesen werden konnte.
Einen großartigen Erfolg hatte auch die in Berlin 1883 abgehaltene allgemeine deutsche Ausstellung auf dem Gebiet der Hygieine
und des Rettungswesens zu verzeichnen. Schon im Vorjahr fast bis zur Eröffnung fertiggestellt, ward dieselbe
durch einen Brand völlig vernichtet, konnte aber dank der Freigebigkeit des deutschen Kaisers, der Stadt Berlin u. a. in größerm
Maßstab
[* 76] und besserer Anordnung schon nach Jahresfrist wirklich eröffnet werden. Von den Ausstellungen des Auslandes sind an dieser Stelle
zu erwähnen die belgische zu Brüssel
[* 77] 1880, welche ihren Glanzpunkt in der großartigen Montan- und Metallindustrie
des Königreichs hatte;
1883 die österreichisch-ungarische Ausstellung in Triest,
[* 78] welche zwar vorzüglich beschickt,
aber durch politische und elementare Ereignisse derartig beeinträchtigt wurde, daß die äußern Erfolge
in keiner Weise befriedigten;
endlich 1883 die schweizerische Landesausstellung in Zürich,
[* 79] die größte und erfolgreichste, welche
die Republik je veranstaltet hatte.
Internationale Ausstellungen fanden in nicht geringer Zahl statt; was aber fast alle derartigen Ausstellungen dieser
Periode von ihren Vorgängern besonders unterscheidet, das ist die Konzentrierung auf bestimmte Gebiete, wodurch
sie intensiv gewannen, was sie extensiv aufgaben. Das erste hervorragende Beispiel dieser Art Ausstellungen gab die 1880 eröffnete internationale
Fischereiausstellung zu Berlin, welche ungemein reich beschickt war, indem sich außer den meisten europäischen Staaten auch
die amerikanische Union, China,
[* 82] Japan u. a. beteiligten. Ganz besonders wertvoll war auch die bei dieser
Gelegenheit gesammelte Litteratur über Fischerei
[* 83] von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart, welche in solcher Vollständigkeit
noch nie beisammen gewesen war. Zwei Jahre später wurde dieser in Berlin so gelungene Versuch in Edinburg,
[* 84] freilich in kleinerm
Maßstab, 1883 aber in großartigerer Weise in London wiederholt. Spanien veranstaltete 1883 in
¶
mehr
Madrid
[* 86] eine internationale Ausstellung von Erzeugnissen des Bergbaues, der Hüttenindustrie, der Stein-, Thon- und Glasfabrikation,
[* 87] Frankreich 1882 eine solche in Bordeaux
[* 88] für Weine und Spirituosen; andre Spezialausstellungen wurden in London, Nürnberg, Berlin
u. a. O. in der Folge abgehalten. Allgemeine internationale waren die zu Moskau
[* 89] (1882), zu Amsterdam
[* 90] (1883), zu Nizza
[* 91] und Kalkutta
[* 92] (1883-84), von welchen die erste nach vielfacher Vertagung damals endlich eröffnet wurde und einen guten Beweis
für die Erstarkung der russischen Industrie lieferte, die zu Kalkutta aber von Deutschland aus fast gar nicht beschickt wurde
und die zu Amsterdam das früher Dagewesene vielfach wiederholte, aber in ihrem kolonialen Teil einen
berechtigten Anspruch auf Originalität machen konnte.
Obwohl den internationalen ja den Ausstellungen überhaupt von vielen Seiten ihre Berechtigung für unsre Zeit abgesprochen worden ist,
so läßt sich doch der Wert, den eine vergleichende Zusammenstellung der Produkte verschiedener Länder und die damit verbundene
Selbstschätzung für den Produzenten haben kann, nicht in Abrede stellen, während solche Ausstellungen auch
dem Kaufmann für die Anknüpfung vorteilhafter Verbindungen vortreffliche Fingerzeige zu geben im stande sind.
Vgl. Exner,
Der Aussteller und die Ausstellungen (2. Aufl., Weim. 1872).
(Ausstattung), dasjenige, was der Frau zu ihrer und des Hauses erster Einrichtung bei Eingehung der
Ehe mitgegeben wird. Die Aussteuer wird gewöhnlich als Beitrag zu den ehelichen Lasten angesehen und daher im Zweifel nach den Grundsätzen
der Mitgift und nach dem Güterrechtssystem, welches für die betreffende Ehe überhaupt maßgebend ist, beurteilt. Die Aussteuer macht
gewöhnlich einen Teil der künftigen Erbportion aus, wenn sie nicht, wie dies beim Bauern und Adelstand
zuweilen vorzukommen pflegt, als eine Abfindung wegen der Ausschließung von der Erbfolge erscheint; für ihre Größe gibt die
Landessitte den Maßstab.
Bei den adligen Töchtern bestimmt sie sich nicht selten auch nach Familienverträgen und Familienobservanzen, nötigenfalls
nach richterlichem Ermessen. Die Aussteuer kommt auch unter dem NamenKasten- oder Kistenpfand, Braut- oder Kammerwagen
(apparatus et instructus muliebris) vor. Verschieden von der gewöhnlichen Aussteuer sind die Prinzessin- und Fräuleinsteuer. Unter
Prinzessinsteuer versteht man die Abgabe, welche in vielen deutschen Ländern die Unterthanen bei Vermählung einer Prinzessin
des fürstlichen Hauses entrichten müssen. Die Größe derselben ist gewöhnlich durch Hausobservanzen
oder Verträge bestimmt. Fräuleinsteuer war die Abgabe, welche in manchen Gegenden von den Hintersassen der Rittergüter bei
der Verheiratung einer Tochter des Gutsherrn entrichtet werden mußte.
eine der mannigfaltigen Formen der Kapitalversicherung. Ihr charakteristisches Merkmal besteht
darin, daß gegen einmalige oder jährliche Prämienzahlung die Versicherungenstalt (oder eine Aussteuerkasse,
auch Kinderausstattungskasse) sich verpflichtet, dem Nutznießer, zu dessen gunsten eingezahlt wurde, zu einer bestimmten
Zeit ein gewisses Kapital auszuzahlen. Der gewöhnliche Zweck dieser Art von Versicherung ist, Eltern, Verwandten etc. Gelegenheit
zu bieten, ihren Kindern oder Schutzbefohlenen bei Erreichung eines bestimmten Alters ein Kapital zu verschaffen, welches denselben
als Aussteuer für die Ehe oder für Studien oder für geschäftliche Etablierung etc. dienen kann.
Auch diese Art der Versicherung läßt wie jede andre Kapitalversicherung je
nach Vereinbarung die mannigfachsten Kombinationen
betreffs der Prämienzahlung, Prämienrückgewähr etc. zu. Die Aussteuerversicherung ist
eine Art der Lebensversicherung, sobald nur die Eventualität des Erlebens bestimmter Altersjahre des Nutznießers
oder etwa zugleich des Versorgers maßgebend für die Erfüllung des Vertrags sind. Es können aber daneben auch andre Eventualitäten
dafür in Betracht gezogen sein, z. B. die des Militärdienstes, für dessen Erleichterung
die Militärdienstversicherung neuerdings von einer besondern Gesellschaft, der Hamburger, welche Ende 1882 einen Bestand von
16,373 Versicherungen (über 17,332,840 Mk.) aufwies, und von dieser oder jener Lebensversicherungsgesellschaft
als Nebengeschäft eingeführt worden ist. - Die gewöhnliche Aussteuerversicherung wird in Deutschland von einer Reihe von Kapital- und Rentenanstalten,
auch von einigen ausländischen (z. B. dem Conservateur) unter Anwendung des Tontinenprinzips
(s. Tontinen), betrieben. Vgl. Versicherung.
vonWärme
[* 93] und Licht
[* 94] (Emission). Ein Körper wird zur Wärme- und Lichtquelle durch eine äußerst rasche,
schwingende Bewegung seiner Teilchen, welche sich in dem umgebenden Äther (s. Licht) wellenartig fortpflanzt und von unsern
Gefühlsnerven als Wärme, von dem Sehnerv dagegen, falls die Schwingungen rasch genug erfolgen, als Licht empfunden
wird. Jeder Körper besteht zunächst aus Molekülen; er ist fest, wenn seine Moleküle durch die zwischen ihnen thätige Zusammenhangskraft
(Kohäsion) nach bestimmten Gleichgewichtslagen hingezogen werden, so daß sie, aus diesen Lagen aufgestört, Schwingungen um
dieselben ausführen. Im flüssigen Zustand sind den Molekülen keine festen Plätze angewiesen, sie bewegen sich durcheinander
von Ort zu Ort; die immer noch thätige Kohäsion verhindert sie aber, sich über eine gewisse Grenze hinaus zu entfernen. Im
gasförmigen Zustand endlich sind die Moleküle aus jedem gegenseitigen Zusammenhang losgelöst und bewegen sich unabhängig
voneinander frei durch den Raum.
Jedes Molekül ist aus gleichartigen oder ungleichartigen Atomen, welche durch die chemische Anziehungskraft
(Affinität) zusammengehalten werden, in gesetzmäßiger Weise aufgebaut. Durch die Art, Zahl und Gruppierung der Atome, welche
ein Molekül zusammensetzen, sind die chemischen Eigenschaften des Moleküls und somit auch des Körpers bedingt, der aus einer
Unzahl solcher unter sich gleichen Moleküle besteht. Wie nun eine angeschlagene Saite einen ganz bestimmten
Grundton nebst dessen Obertönen hören läßt, welcher von der Länge, Dicke, Spannung und dem Material der Saite abhängt, so
sind auch die Atome innerhalb eines jeden Moleküls nur einer bestimmten Reihe von Schwingungen fähig, deren Schwingungszahlen
durch den Bau des Moleküls, d. h. durch seine chemische Beschaffenheit, ein für allemal vorgeschrieben
sind. Ebenso wie wir sagen, eine Saite oder eine Stimmgabel sei auf einen gewissen Ton gestimmt, können wir auch sagen, ein
Natriummolekül sei auf den gelben Farbenton D abgestimmt. So begreift man, daß die chemische Natur eines Stoffes durch bestimmte
helle Linien im Spektrum seines Lichtes sich verraten muß (s. Spektralanalyse).
[* 95]
Wenn man in den geöffneten Kasten eines Pianinos einen Ton hineinsingt, so tönt als Antwort derselbe Ton leise zurück; diejenige
Saite nämlich, welche auf diesen Ton abgestimmt ist, gerät in Schwingungen, sobald derselbe von anderswoher erklingt; an allen
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