Blinden und Gläubigen ihre
Dienste
[* 2] an. Dies Unwesen der Starstecherkunst herrschte während des 16.-17. Jahrh. fast
durch ganz
Europa.
[* 3] Erst im 18. Jahrh. begann man, wieder einige
Aufmerksamkeit auf die Augenheilkunde zu verwenden; hier und da fingen
Ärzte von neuem an, den
Krankheiten des
Auges eine besondere Berücksichtigung zu schenken.
Maître-Jean
in
Frankreich war einer der ersten, welche manchen glücklichen Kunstgriff in der
Kur derAugenkrankheiten
[* 4] ausübten. Boerhave
erwarb sich das große
Verdienst, die
Augenkrankheiten systematisch geordnet und beschrieben und auf eine rationellere
Weise
abgehandelt zu haben. In
Frankreich machte die Augenheilkunde erfreulichere Fortschritte, erhielt aber bald eine zu mechanische
Tendenz, und es waren vorzüglich die Augenoperationen, welche später die französischen
Ärzte beschäftigten. In
Deutschland
[* 5] blieb die Augenheilkunde lange zurück; Bartisch,
Schurig, Widemann waren mehr Augenoperateure als Augenärzte; auch wurde
Deutschland
bis gegen das Ende des vorigen
Jahrhunderts von italienischen und französischen
Ärzten durchzogen, welche im
Lande den
Star stachen.
A.
^[JohannAdam]
Schmidt,
Himly und
Beer, welche zum
Aufblühen der in
Deutschland thätig und erfolgreich wirkten. In
Göttingen wurde unter
Richters Leitung
eine Augenklinik errichtet, nach deren Vorbild ähnliche Anstalten fast aus allen wichtigern
UniversitätenDeutschlands ins
Leben traten.
Indes ward in diesen Anstalten die Augenheilkunde als ein der
Chirurgie untergeordneter
Zweig betrachtet und behandelt. Die
erste ausschließlich für Augenheilkunde bestimmte
Klinik entstand durch
Beers Bemühungen in
Wien.
Später erhielt
Wien eine zweite Augenklinik unter
Jägers Leitung. Gegenwärtig fehlt es in keiner der größern
StädteDeutschlands
an einer besondern Heilanstalt für Augenkranke, und namentlich bestehen an allen, auch den kleinern deutschen
Universitäten
Lehrstühle und klinische Anstalten, in welchen die Studierenden der
Medizin mit der praktischen Augenheilkunde vertraut
gemacht werden. Auch in das
Regulativ von 1872 für die Staatsprüfung ist die Augenheilkunde als Prüfungsgegenstand aufgenommen worden.
Ähnliches gilt, wenn auch nicht ganz in dem gleichen
Umfang, von
England,
Frankreich und
Italien.
[* 9] Die staunenswerten Fortschritte,
welche die in den beiden letzten Jahrzehnten gemacht hat, verdankt sie hauptsächlich den Physiologen,
welche sich eingehender mit der
Physik des
Auges beschäftigten. Denn die Kenntnis einer
Reihe innerer
Augenkrankheiten war bis
auf einen
Punkt angekommen, wo für längere Zeit hinaus eine
Grenze für deren weitere
Ausbildung gesteckt zu sein schien.
Da machte
Helmholtz 1851 die hochwichtige
Erfindung des
Augenspiegels (s. d.), und damit war das
Mittel gefunden,
die bis jetzt so dunkeln krankhaften Veränderungen der tiefern Augengebilde (der brechenden
Medien und der
Netzhaut) genau
zu erkennen und diejenigen Heilwege zu finden, welche dem jeweiligen, nun viel strenger unterscheidbaren
Leiden
[* 10] entsprechen.
Mit der
Ausbildung des
physiologischen Teils der Augenheilkunde, an welcher neben
Helmholtz namentlich noch
Donders
in
Utrecht
[* 11] den rühmlichsten und fruchtbarsten
Anteil genommen hat, ist auch die Forschung auf dem Gebiet der mikroskopischen
und pathologischen
Anatomie des
AugesHand
[* 12] in
Hand gegangen und wesentlich gefördert worden. Nicht geringere Fortschritte hat
der eigentlich kurative, zumal der operative, Teil der Augenheilkunde gemacht. Die
Technik der Augenoperation hat
eine hohe Vollendung erreicht, zahlreiche neue Operationsweisen und mehrere neue wertvolle
Arzneimittel sind in die
Praxis
der Augenheilkunde eingeführt worden.
[* 4] (hierzu Tafel »Augenkrankheiten«). Der komplizierte
Bau des
Auges, die Ernährungseigentümlichkeiten der einzelnen
Gewebe,
[* 22] die
Lage und die außerordentlich hohen und mit dem Fortschreiten
der
Kultur stets wachsenden Ansprüche an die
Arbeit des
Organs veranlassen die mannigfaltigsten
Störungen. Nach Ruetes
Beobachtungen
sollen
Männer öfter von Augenkrankheiten befallen werden als
Frauen, auch soll sich bei Individuen mit weißem
Teint,
hellem
Haar
[* 23] und blauer
Iris eine größere
Anlage herausgestellt haben als bei dunkel Gefärbten.
Das
Lebensalter zwischen der
Geburt und dem zehnten Lebensjahr soll am meisten zu Augenleiden disponieren, und zwar sind die
Kinder am häufigsten zu entzündlichen
Affektionen des
Auges geneigt, welche
Disposition später abnimmt,
aber zur Zeit der Geschlechtsentwickelung wieder wächst. Vom 20.-50. Lebensjahr ist die
Disposition zu Augenkrankheiten gering; von da
an nimmt sie aber wieder zu, indem jetzt die Linsentrübungen häufiger werden; vom 70.-90. Jahr aber sinkt dieselbe auf
Null herab.
Die ältern
Ärzte waren vielfach der
Ansicht, daß gewisse
Krankheiten des Gesamtorganismus sich mit Vorliebe
am
Auge
[* 24] gleichsam lokalisierten. Sie sahen deshalb in den meisten Augenkrankheiten nur den
Ausdruck eines Allgemeinleidens, und demgemäß
kämpften sie gegen das letztere an in der Meinung, mit dem präsumtiven Allgemeinleiden werde auch die Augenkrankheit verschwinden.
Ja, man fürchtete sogar, durch Beseitigung des Augenleidens könnte ein allgemeines
Leiden, eine
Krankheit
an innern
Organen, hervorgerufen oder eine schon bestehende
Krankheit gesteigert werden. Diese
Ansichten sind im allgemeinen
zwar irrig, aber doch gibt es
Krankheiten, welche an keinem andern
Organ mit der
Bestimmtheit erkannt werden können wie am
Auge, so daß z. B. eine allgemeine akute Miliartuberkulose oft nur dadurch von einigen
in
Frage kommenden fieberhaften
Krankheiten unterschieden werden kann, daß der
Augenspiegel
[* 25] die
Knötchen in der
Aderhaut direkt
erkennen läßt,
¶
und das Gleiche gilt von einer bösartigen Zerstörung der Herzklappen, die nicht selten im Augenhintergrund an ihren Folgen
sicher beobachtet wird, noch ehe die Untersuchung des Herzens selbst die Erkrankung und den nahen Tod ahnen läßt. Doch sind
solche Fälle immerhin selten, und es gilt als allgemeiner Grundsatz in der Augenheilkunde, daß man bei
Augenkrankheiten sich direkt gegen dieselben wendet, daß man also eine vorzugsweise lokale Behandlung einleitet,
wobei selbstverständlich die Rücksichten auf ein etwa vorhandenes Allgemeinleiden des Körpers nicht aus dem Auge gesetzt
werden. Das große Heer der Augenkrankheiten überblickt man am besten an der Hand des topographisch-physiologischen Einteilungsprinzips,
indem man etwa folgende Gruppen von Augenkrankheiten unterscheidet:
Die der Haustiere sind, da der anatomische Bau ihrer Augen nicht wesentlich von dem des menschlichen Auges
abweicht, nicht prinzipiell verschieden von denen des Menschen. Am häufigsten werden beobachtet: Entzündungen der Konjunktiva,
entsteht teils durch Erkältung (Conjunctivitis catarrhalis), teils als eine eigenartige epidemische Affektion (vgl. Augenseuche),
teils infolge spezifischer Reize als Symptom bei akuten fieberhaften Infektionskrankheiten (C. symptomatica), teils nach Quetschungen
und Verwundungen (C. traumatica).
Der Verlauf der Konjunktivitis ist gewöhnlich günstig; nur bei längerer Dauer dehnt sich der Entzündungsprozeß
auf die durchsichtige Hornhaut und selbst auf die Regenbogenhaut und die Kristalllinse aus. Zur Behandlung ist eine Waschung
der Augen mit Bleiwasser empfehlenswert. Verlieren sich die Erscheinungen hiernach nicht in wenigen Tagen, so erweist sich die
täglich zweimal zu wiederholende Applikation einer ½prozentigen Lösung von Atropin vorteilhaft.
Entzündungen der durchsichtigen Hornhaut (Keratitis) entstehen als Folgeleiden der oben gedachten Prozesse oder durch direkte
Verwundungen (Peitschenhiebe bei Pferden). Wunden mit Substanzverlust verheilen mit Zurücklassung von Narben, die aber nur
dann störend wirken, wenn sie in der Sehachse liegen. Aufenthalt der Tiere in einem dunkeln Raum und wiederholte
Bepinselung des kranken Auges mit Atropinlösung haben eine günstige Wirkung auf den Verlauf der Keratitis.
Die drei zuletzt erwähnten Augenleiden sind bei den Tieren unheilbar. Nur beim grauen Star der Hunde
[* 32] wird
die operative Behandlung als Palliativmittel zuweilen versucht. Fehlerhafte Zustände der Augen werden bei Pferden am besten
in der Weise ermittelt, daß man zunächst die Tiere in einen dunkeln Raum stellt oder ihnen einen dunkeln Gegenstand vor die
Augen hält, um die Pupille zur Erweiterung zu bringen. Läßt man nun plötzlich das Tageslicht auf die
Augen einwirken, so zieht sich die Pupille schnell zusammen. Ist bei dieser Prüfung die Erweiterung und Verengerung der Pupille
nicht wahrnehmbar, so ist eine Störung des Sehvermögens anzunehmen. Nach vorheriger Anwendung von Atropin kann auch bei den
Tieren die Untersuchung der Augen mit dem Augenspiegel bewirkt werden.
künstliche. Zum Ersatz verloren gegangener natürlicher Augen benutzt man längliche Näpfchen oder Schälchen
aus Glas,
[* 33] Email oder Celluloid von der Größe des vordern, bei geöffneten Lidern sichtbaren Teils des Augapfels und diesem
an Farbe und Glanz möglichst treu nachgebildet. Die vorn konvexen, innen hohlen, einer halben Nußschale
vergleichbaren künstlichen Augen dienen sowohl dem kosmetischen Zweck, die arge Entstellung zu verdecken, welche der Verlust
eines Auges bedingt, als auch zum Schutz des Augenstumpfes und zur Stütze der Augenlider, welche sich sonst leicht umlegen
und entzünden würden.
Beim künstlichen Auge muß die Größe der Iris und ihre Stellung aufs genaueste mit dem gesunden Auge übereinstimmen, da selbst
geringe Abweichungen die Aufmerksamkeit des Beobachters erregen, während die Farbennüancen viel weniger
stören. Das künstliche Auge wird nur durch die Bewegung der Augenlider bewegt, und der die Muskeln
[* 37] noch enthaltende Augenstumpf
wirkt nur insofern mit, als eben die Muskeln auf die Lidbewegung influieren. Vor der Einsetzung des künstlichen Auges muß
jede entzündliche Affektion beseitigt und letzteres anfangs nur so lange getragen werden, als es ohne
lästiges Gefühl geschehen kann. Die Kranken lernen das Einlegen und Herausnehmen des künstlichen Auges in der Regel sehr
bald. Beim Herausnehmen bedient man sich einer Stecknadel, deren Kopf man nach abgezogenem untern Lid unter den Rand des Kunstauges
schiebt, worauf man denselben hervorzieht. Auch der Sport hat sich dieses Schönheitsmittels bemächtigt
und läßt bei Luxuspferden den Verlust des Auges durch künstliche Augen ersetzen.
KünstlicheAugen nennt man auch sogen. Augenphantome oder Modelle, d. h. Nachbildungen des ganzen Augapfels und seines Bewegungsapparats,
welche von Optikern konstruiert werden, um den Bau und die Brechungsverhältnisse der einzelnen durchsichtigen Teile des Auges
zu erläutern.
die Schätzung von Raumgrößen und Größenverhältnissen nach dem bloßen Ansehen.
Die scheinbare Größe eines Gegenstandes wird vor allem durch den Sehwinkel bedingt, den er in unserm Sehfeld einnimmt, und
das Augenmaß beruht auf der durch Übung erlangten Fähigkeit, scheinbare Größen richtig zu beurteilen und miteinander zu vergleichen.
Dabei wird unser Urteil durch unwillkürliche und unvermeidliche Täuschungen vielfach irre geführt (vgl.
Pseudoskopische Erscheinungen).
[* 39]
Eine vertikale Linie halten wir für länger als eine gleichlange horizontale. Eine durch Teilstriche abgeteilte Strecke erscheint
uns länger als eine gleichgroße ungeteilte, ebenso ein geteilter Winkel
[* 40] größer als ein ungeteilter. Das Himmelsgewölbe
scheint uns nicht halbkugelförmig, sondern im Zenith abgeplattet zu sein, weil wir die Entfernung nach
dem Horizont
[* 41] wegen der vielen Gegenstände, die auf dieser Strecke dem Blick Anhaltspunkte bieten, für größer halten als
die Entfernung nach dem Zenith. Sonne
[* 42] und Mond
[* 43] scheinen uns am Horizont größer zu sein, als wenn sie hoch am Himmel
[* 44] stehen, weil
wir sie im erstern Fall bei gleicher scheinbarer Größe für entfernter halten. Ein dunkler Gegenstand
auf hellem Grund erscheint uns kleiner als ein gleichgroßer heller Gegenstand auf dunklem Grund (Irradiation).
[* 45]
(Augendiätetik). Mit sorgfältiger Pflege des Auges muß von frühster Kindheit an der
Anfang gemacht werden. Das Kind lernt zwar erst einige Wochen nach der Geburt die Gegenstände fixieren, d. h. sie deutlich
sehen; aber nichtsdestoweniger ist sein Auge gegen stärkern Lichtreiz sehr empfindlich. Es muß deshalb auch alle grelle
Lichteinwirkung auf der Neugebornen Augen vermieden werden. Das Licht
[* 46] soll aber niemals vollkommen abgesperrt,
sondern nur gemäßigt und namentlich ein schneller Wechsel zwischen Licht und Dunkel vermieden werden.
Man verhülle deshalb das Fenster der Wohnstube nicht mit dunkeln, undurchdringlichen Tüchern, sondern am besten mit einem
mattblau gefärbten Vorhang und nur, wenn die Sonne ans Fenster scheint, etwas dichter. Die Wiege des Kindes stellt
man am besten so, daß das Licht von der Seite einfällt, nicht von oben. Die zweite Sorge betrifft die strengste Reinigung
der Augen, welche stets mit vorher gekochtem, lauwarmem Wasser vorzunehmen ist, wozu man sich eines zarten Leinwandläppchens
zu bedienen hat, welches selbstredend nach jedem Gebrauch zu wechseln ist.
Man habe dabei sorgfältig acht, ob sich stärkere Schleimabsonderung einstellt, ob die Augenlider im
Schlafe verkleben, sich röten, anschwellen, oder ob gar eine eiterartige Absonderung sich zeigt. Ist dies der Fall, so muß
die Reinigung mit Zusatz von etwas Bleiwasser um so öfter geschehen, und es muß ohne Zeitverlust der Rat
des Arztes eingeholt werden, da diese Augenentzündung (s. d.) der Neugebornen, welche gewöhnlich am dritten oder
vierten Tag, selten später eintritt, eine der allergefährlichsten Augenkrankheiten ist.
Selbst nach Beseitigung der Gefahr für das Sehvermögen muß das für Entzündungen mehr
als gewöhnlich empfängliche Auge
gehütet werden. Jetzt aber ist der Genuß der frischen Luft ganz besonders vorteilhaft, natürlich stets
unter Anwendung aller Vorsichtsmaßregeln. Man schütze das kindliche Auge durch einen übergehaltenen Schirm vor dem hellen
Himmelslicht, suche mehr schattige Orte auf und vermeide ebenso raschen Temperaturwechsel wie zugige Stellen.
Bleiben trübe Stellen der durchsichtigen Augenhäute zurück, so muß der Arzt alsbald die erforderlichen
Mittel ergreifen, um die Trübung zu beseitigen. Denn geschieht dies nicht, so wird das Auge blöde, schwachsichtig, und die
Kinder lernen leicht schielen. Im kindlichen Alter aber lassen sich Hornhauttrübungen oft mit einfachen Mitteln beseitigen,
während später dies entweder nur schwerer oder gar nicht mehr gelingt. Fängt das Kind einige Wochen
nach der Geburt an zu fixieren, so bemerkt man, daß sein Auge gern glänzenden, leuchtenden Gegenständen folgt.
Werden dieselben zu nahe gehalten oder so, daß das Kind dieselben nur mit einem Auge sieht, so soll nach dem Ausspruch erfahrener
Augenärzte zuweilen Schielen entstehen. Die Spielzeuge müssen daher in angemessener Entfernung von den
Augen gehalten werden. Auch sollte man dieselben nicht zu klein wählen, weil kleine Gegenstände näher ans Auge gebracht
werden müssen und dadurch Kurzsichtigkeit entstehen könnte. Bemerkt man eine solche Gewohnheit, so trage man die Kinder fleißig
ins Freie, damit sie ihre Augen auf entferntere Gegenstände richten lernen. Es ist überhaupt nicht genug
zu empfehlen, die Aufmerksamkeit der Kinder beizeiten fleißig auf ferne Gegenstände zu lenken, damit das Auge geübt, der
Umfang des Gesichts gestärkt werde, an Schärfe und Ausdauer gewinne.
Bei skrofulösen Kindern, welche über die erste Zahnperiode hinaus sind, kommt häufig ein eigentümlicher Bläschenausschlag
der Binde- und Hornhaut (Ophthalmia pustularis, phlyktänuläre Ophthalmie) vor, wobei die Augen sehr empfindlich
und so lichtscheu sind wie kaum bei irgend einer andern Augenkrankheit, was sich bis zum heftigsten und schmerzhaftesten Lidkrampf
steigert, begleitet von außerordentlich starkem Thränenfluß, so daß die Lider, die Wangen, die Nase,
[* 47] die Lippen, mit dem
scharf salzigen Sekret stets befeuchtet, ebenfalls entzündlich anschwellen, wund werden und sich mit Krusten bedecken.
Dann laufen die Halsdrüsen an, die Kinder verlieren den Appetit, sind sehr verdrießlich und kommen in der Ernährung immer
mehr herunter. Diese Augenkrankheit oder die Neigung dazu zieht sich oft in die Jahre der Entwickelung hinaus
und liefert das größte Kontingent der augenkranken Kinder. Es ist bei dieser oft sehr hartnäckigen Krankheit stets notwendig,
alsbald einen Augenarzt zu Rate zu ziehen. Das Licht, so sehr es auch wegen der überaus großen Empfindlichkeit der Augen gescheut
wird, darf nicht ganz vermieden werden; im Gegenteil, man zwinge die Kinder zum Öffnen der Augen, indem
man ihnen allerlei, was sie gern hätten, auch das Essen
[* 48] und Spielzeug, nur so reicht, daß sie dabei die Augen aufmachen müssen.
Von dem größten Nutzen bei dieser Krankheit ist der Genuß der frischen Luft, eine leichtverdauliche, nahrhafte Kost, sorgsame
Pflege der Haut durch Bäder, namentlich Seesalzbäder, der Gebrauch des Leberthrans und ähnlicher auf das
Allgemeinbefinden gerichteter Mittel. Auch bei den gewöhnlichen Kinderkrankheiten, den Masern, dem Scharlach, den Pocken, werden
die Augen in Mitleidenschaft gezogen. Bei Masern ist es eine verschieden heftige
¶
mehr
katarrhalische Bindehautentzündung, welche selten gefährlich wird, und wobei eine andre Behandlung als eine diätetische
selten einzutreten braucht; bei den Blattern aber entstehen zuweilen Pusteln auch auf dem Augapfel und erfordern schleunigst
ärztliche Behandlung. Von besonderer Wichtigkeit ist es, die Augen der Kinder sorgfältig zu überwachen, wenn diese beginnen,
ihre Augen zu einer regelmäßigen Beschäftigung zu gebrauchen.
Die Kurzsichtigkeit (Myopia), welche in neuerer Zeit viel allgemeiner verbreitet ist als früher, hat zwar oft genug in dem
angebornen myopischen Bau des Auges ihren Grund; öfter aber ist dieselbe erworben, oder es bildet sich ein niederer Grad infolge
unzweckmäßigen Gebrauchs des Sehorgans zu einem höhern aus, wozu sich oft Schwachsichtigkeit (Amblyopia)
hinzugesellt. Vor allem ist hier zu anhaltendes Lesen zu vermeiden und stets nur ein guter, schöner Druck zu wählen.
Auch müssen Eltern und Lehrer darauf achthaben, daß die Kinder ihre Augen nicht zu sehr dem Buch nähern, sondern es etwa in der
normalen Sehweite von 26 cm vom Auge entfernt halten, damit das Anpassungsvermögen an entferntere Gegenstände
nicht geschwächt werde. Die richtige Beleuchtung
[* 50] spielt dabei eine wichtige Rolle. Düstere Schulstuben, Lesen, Schreiben bei
unzureichendem Licht sind so schädlich, daß sie häufig den Grund zur Verderbnis der Augen legen.
Auch sollen die Augen nicht zu lange auf einen Gegenstand gerichtet werden, sondern immer möglichst häufige
Abwechselung stattfinden. Kommt aber die Zeit, wo der Beruf gewählt werden muß, so sollte in Fällen, wo auch nur eine geringe
Neigung zu Augenschwäche u. dgl. vorhanden
ist, stets der Rat eines erfahrenen Spezialaugenarztes eingeholt werden. Denn es kann wohl ein Auge vollkommen
seine Dienste thun, wenn dasselbe mehr im Freien benutzt werden kann, während dasselbe Auge unaufhaltsam völligem Ruin entgegengeht,
wenn es zu feinen Arbeiten, wie sie z. B. bei der Gravierarbeit und der Uhrmacherkunst vorkommen, verwendet
werden sollte.
Kurzsichtige, welche die gehörige Ausdauer und Schärfe des Gesichts besitzen, können dagegen einen Beruf
wählen, der ein längeres und angestrengtes Sehen
[* 51] in der Nähe erfordert, wenn es ihnen nur zugleich möglich ist, in angemessener
Weise die Augen wieder ausruhen zu lassen, was überhaupt als Regel dienen mag, auch für solche, welche einen gelehrten Beruf
wählen und anhaltenden Studien obliegen, sobald sich nur das geringste Gefühl der Ermüdung des Auges einstellt.
Ein Knabe, welcher früher öfters an Augenentzündungen gelitten hat, und dessen Augen meist noch bis in spätere Jahre zu
einer gewissen Reizbarkeit und Empfindlichkeit neigen, darf keinen Beruf wählen, bei dem die Augen starker Hitze oder grellem
Feuer oder scharfen Ausdünstungen oder Staub und Rauch etc. ausgesetzt werden müßten. Er würde einen
solchen Beruf doch wieder aufgeben müssen. Für Mädchen gelten ähnliche Regeln: feine Arbeiten, Sticken, Weißzeugnähen
etc., passen nur für ganz gesunde und ausdauernde Augen, abgesehen davon, daß auch die anhaltend sitzende Lebensweise mit
stark vorgebeugtem Oberkörper manche blühende Gesundheit untergräbt. Die Zeit der Geschlechtsentwickelung,
zu welcher bei beiden Geschlechtern eine vermehrte Anlage zu Entzündungszuständen der Augen vorhanden ist, erheischt eine
besonders sorgfältige Überwachung von seiten der Eltern und Erzieher.
Auch im erwachsenen Alter ist das Auge zahlreichen Störungen und Leiden ausgesetzt; namentlich sind hier gewisse Berufsbeschäftigungen
von
entscheidendem Einfluß. Damit die äußersten Anstrengungen von einem sonst gesunden Auge ertragen
werden, dazu ist Hauptbedingung hinreichendes Licht und richtige Beleuchtung. Die lichtempfindende Netzhaut des Auges vermag
sich wohl allmählich an geringe Lichtstärke zu gewöhnen und selbst im Halbdunkel noch seine Gegenstände genau erkennen
zu lernen; ja, die Empfindlichkeit derselben nimmt bei abnehmendem Licht sogar noch zu. Dies ist aber gerade
die Ursache, warum ein Auge, welches lange Zeit das Tageslicht entbehren mußte, so empfindlich wird, daß schon mäßiges
Licht hinreicht, dasselbe zu blenden.
Überhaupt ist jeder rasche Wechsel von sehr verschiedenen Helligkeitsgraden auch dem gesündesten Auge nachteilig, und nie
lernt es, diesen Wechsel zu ertragen und sich an ihn zu gewöhnen. Es ist schädlich, zu lesen oder zu schreiben etc.,
während die Sonne das Papier bescheint. Auch das Licht des Vollmondes und das Feuer der Hochöfen oder stark brennende Gaslampen
können die Augen schwächen, wenn sie längere Zeit in dieselben blicken, um so mehr, als die Umgebung
im tiefsten Schatten
[* 52] erscheint. Es ist daher rätlich, grell scheinendes Lampenlicht durch matte Glocken zu dämpfen und anderseits
zu schwaches Abendlicht beim Lesen zu vermeiden.
Nachteiligen Einfluß übt auch das reflektierte Licht aus, d. h. dasjenige Licht, welches von hellen Wänden, glatten Gegenständen
oder von beschneiten Flächen zurückgeworfen wird. Die Schneeblindheit, welche diejenigen befällt, die längere Zeit hindurch
die blendenden Reflexlichter weißer, von klarer Wintersonne beschienener Schneeflächen auszuhalten haben, kann nur verhütet
werden, wenn das Auge durch blaue Gläser oder Schleier, bei Blendung heller Wände durch blaue Gardinen u. dgl. geschützt wird.
Je gleichmäßiger die Verteilung des Lichts, desto wohlthätiger ist es dem Auge, und darum ist uns auch
das diffuse Licht der Sonne, das Tageslicht, am wohlthuendsten.
Nicht allein die Lichtstärke ist es, welche bei dem künstlichen Licht nachteilig wirkt, sondern mehr noch die Farbe des Lichts,
welche das Auge reizt und in einen Zustand der Erregung versetzt. Unser künstliches Licht, das Lampenlicht,
enthält vorwiegend gelbe und rote Strahlen, und bei demselben erscheinen farbige Körper anders als im weißen Licht, blau
wird grünlich, rot gelblich etc.; und gerade dieses Rot undGelb greift die Augen mehr an und macht die Verarbeitung bunter
Stoffe bei Lampenlicht schädlich.
Die offen brennenden Lichter, Talg- und Stearinkerzen, wie auch besonders die offenen Gasflammen flackern und geben eine sehr
unruhige Beleuchtung. Am besten eignen sich daher für diejenigen, welche sich viele Stunden des Nachts namentlich mit Lesen
und Schreiben beschäftigen, die stetig brennenden Öl- oder Petroleumlampen, welch letztere ein ganz
besonders weißes und helles Licht geben. Der Fuß der Lampen
[* 53] aber sollte stets dunkel gefärbt sein, damit nicht falsches Licht
in die Augen falle.
FalschesLicht nennt man dasjenige, welches, wenn das Auge auf einen Gegenstand gerichtet ist, gleichzeitig von andern Punkten
aus die Netzhaut trifft. Ferner strenge man die Augen nicht gleich nach Tisch an, gehe öfters ins Freie und
lasse den Blick in die Ferne schweifen, um die Spannung der innern Augenmuskeln aufzuheben und das Akkommodationsvermögen für
ferne Gesichtsobjekte zu üben. Fleißiges Auswaschen der Augen mehrmals des Tags ist außerordentlich ratsam, nur soll es nicht
morgens früh gleich nach dem Erwachen
¶
mehr
und nicht mit ganz kaltem Wasser geschehen. Das Auswaschen der Augen ist besonders dann nötig, wenn die Atmosphäre mit Staub,
Rauch und andern reizenden Beimischungen verunreinigt ist.
Kommen größere Partikelchen mit dem Staub oder überhaupt ein fremder Körper in die Augen, so reibe man nicht an denselben,
sondern suche die Augenlidspalte offen zu erhalten, rolle die Augen stark hin und her und wasche dieselben
mit frischem Wasser aus. Verletzungen der Hornhaut durch kleine Metallsplitter, wie sie bei Arbeitern in Eisenfabriken häufig
vorkommen, sind stets als ernstliche Leiden zu betrachten, welche ärztliche Behandlung erfordern. Kommen durch Unvorsichtigkeit
ätzende Substanzen in das Auge, wie Mineralsäuren oder Kalk, so ist vor allen Dingen die sorgfältige Entfernung
durch fleißiges Auswaschen nötig, dann träufle man lauwarme Milch oder Öl ein und mache kalte Umschläge, bis der Arzt kommt
und das Weitere verordnet.
Das Zigarren- und Tabakrauchen schadet den Augen insofern, als diese durch den Aufenthalt in einer mit
Rauch erfüllten Atmosphäre stark gereizt werden, zumal wenn der Rauch direkt von der Zigarre an das Auge herantritt. Daß Mäßigkeit
in Speise und Trank auch für das Auge vorteilhaft ist, braucht nicht erst besonders betont zu werden. Die Wahl einer Brille
[* 55] muß unbedingt dem Arztübertragen werden, weil nicht immer diejenige Brille die beste und richtige ist,
welche im Augenblick das deutlichste Bild gibt; schon manches Auge ist durch die Umgehung ärztlichen Rats bei dieser wichtigen
Entscheidung zu Grunde gegangen.
Kurzsichtige besonders greifen meist nach solchen Nummern, welche für die optischen Verhältnisse zu scharf sind. Die Kurzsichtigkeit
steigert sich dann, und der dadurch herbeigeführte innere Spannungszustand führt zuletzt zur Schwachsichtigkeit. Bei beginnender
Fernsichtigkeit sollte niemals lange mit den Gebrauch einer Konvexbrille gewartet werden. Ein zu langes Warten ruft gern einen
Zustand von Reizbarkeit des Auges hervor, der das Sehvermögen gefährdet.
Schließlich sei mit Nachdruck vor dem Gebrauch der zahlreich angepriesenen Augenwässer gewarnt, denn
je edler das Organ ist, um so gewissenhafter prüfe man bei eintretender Krankheit das Mittel und die Ratgeber, welche dasselbe
empfehlen.
(lat. Inspectio ocularis, Augenscheinseinnahme, Besichtigung, Okularinspektion), die von einer Behörde
in amtlicher Eigenschaft vorgenommene Besichtigung eines Gegenstandes; in der weitern und gewöhnlichen Bedeutung des Worts
jede amtliche Sinneswahrnehmung. Namentlich versteht man darunter die richterliche Augenscheinseinnahme, welche
als Beweismittel von großer Wichtigkeit ist. In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten können die Parteien auf Augenscheinseinnahme
antragen, doch kann der Richter auch von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins veranlassen, unter Zuziehung der Parteien und
nach Befinden auch unter Zuziehung von Sachverständigen.
Findet im strafrechtlichen Verfahren eine Besichtigung statt, z. B. die Besichtigung einer Brandstätte,
einer Leiche, des Schauplatzes eines Verbrechens, der Werkzeuge,
[* 58] womit ein solches verübt ward, u. dgl.,
so ist nach der deutschen Strafprozeßordnung der vorgefundene Sachbestand im Protokoll festzustellen und auch darüber Auskunft
zu geben, welche Spuren und Merkmale, deren Vorhandensein nach der Beschaffenheit des Falles vermutet werden konnte, gefehlt
haben.
In der Voruntersuchung ist der Staatsanwaltschaft, dem Angeschuldigten und dem Verteidiger die Anwesenheit bei der Augenscheinseinnahme
zu gestatten, dem verhafteten Angeschuldigten jedenfalls bei der Einnahme des Augenscheins an der Gerichtsstelle des Haftorts.
Von besonderer Wichtigkeit ist die gerichtliche Totenschau (s. d.)
(Ophthalmia epidemica boum), eine in mehr oder weniger großer Verbreitung bei Rindern vorkommende ansteckende
Augenentzündung. Die Krankheit hat ihren Sitz in der Schleimhaut der Augenlider, breitet sich aber gewöhnlich auf die durchsichtige
Hornhaut und nicht selten auch auf die Regenbogenhaut aus. Als Ursache ist nur die Ansteckung bekannt. Ob
das Kontagium sich in einzelnen Gegenden dauernd erhält, oder ob die Krankheit stets aus dem Ausland eingeschleppt wird, ist
nicht ermittelt.
Die ersten Erkrankungen stellen sich bei Tieren ein, welche die Weide
[* 60] besuchen. Aber das Leiden überträgt
sich auch auf Stallvieh. Die Symptome bestehen in starker Lichtscheu, Verschließen der Augen, Thränenfluß, Ausscheidung eines
schleimigen oder eiterigen Sekrets aus den innern Augenwinkeln, Trübung und Bläschen- (Phlyktänen-) Bildung auf der durchsichtigen
Hornhaut, blutigem und fibrinösem Exsudat in der vordern Augenkammer. Man findet gewöhnlich, daß ein Auge stärker affiziert
ist als das andre. Der Verlauf vollzieht sich in 10-14 Tagen, aber oft leidet das schwer erkrankte Auge noch mehrere Wochen
an Nachkrankheiten (teilweiser Verdunkelung der Hornhaut). Zur Behandlung empfiehlt sich, die kranken Augen häufig mit durch
geseihtem Leinsamenschleim zu bähen, daneben täglich einmal Zinksalbe in die Augenlider zu streichen.
Bei sehr schmerzhafter Affektion ist die Einpinselung einer ½proz. Lösung von Atropin angezeigt.
[* 25] (Ophthalmoskop), Apparat, mit dessen Hilfe der Arzt die innern Teile eines Auges und namentlich die Netzhaut
beleuchtet, um ein deutliches Bild von derselben zu erhalten. Der Augenspiegel wurde 1851 von Helmholtz erfunden und bezeichnet den
¶
mehr
Beginn des neuern gewaltigen Aufschwungs der Augenheilkunde, welcher wesentlich durch die mit Hilfe dieses Apparats gewonnene
Erkenntnis ermöglicht wurde. Der Augengrund erscheint selbst beim stärksten Sonnenlicht schwarz und zwar nicht etwa,
weil das schwarze Pigment der Choroidea alles in das Auge fallende Licht absorbiert, sondern weil derjenige Teil des einfallenden
Lichts, welcher reflektiert wird, aus dem auf die Lichtquelle akkommodierten Auge nicht in das Auge des Beobachters gelangt,
sondern zu seinem Ausgangspunkt, der Lichtquelle selbst, zurückkehrt.
Ist dagegen das beobachtete Auge nicht für die Lichtquelle akkommodiert, so kann Licht in das Auge des Beobachters gelangen
und unter günstigen Umständen so viel, daß die beobachtete Pupille hell und leuchtend erscheint. Ist
A in
[* 61]
Fig. 1 das Auge des Beobachters, B das beobachtete Auge, C die Lichtflamme und SS eine ebene Glasplatte, welche so gestellt
ist, daß das von C kommende Licht zum Teil nach der Pupille von B hin gespiegelt wird, so gelangt von der
Flamme
[* 62] kein Licht in das Auge des Beobachters als dasjenige, welches aus dem beobachteten Auge reflektiert wird.
Auf diese BeobachtungBrückes und Erlachs gründete Helmholtz seinen der im wesentlichen aus einem Satz kleiner, dünner Glasplatten
besteht, die man in richtiger Lage vor das zu beobachtende Auge hält. Man erblickt durch die Glasplatten
die Netzhaut mit ihren Gefäßen und der Eintrittsstelle des Sehnervs vollkommen deutlich und zwar im aufrechten Bild und in
etwa 14facher Vergrößerung, da der brechende Apparat des beobachteten Auges dem Untersucher gewissermaßen als Lupe
[* 63] dient.
Diese Lupe verrichtet aber nur dann ihren Dienst, wenn das untersuchte Auge normal gebaut ist, während
sie bei nicht normalem Bau ein verschwommenes Bild liefert. Der Augenspiegel muß daher mit Linsen versehen werden, welche die vorhandene
Ametropie korrigieren, und der Augenarzt ist mithin im stande, aus der Beschaffenheit der für deutliches Sehen zu wählenden
Linse ohne alles Zuthun des Untersuchten den Grad der vorhandenen Ametropie zu bestimmen. Helmholtz stattete
seinen Augenspiegel zu diesem Zweck mit acht Konkavlinsen aus, die einzeln oder in verschiedener Gruppierung vor das Auge des Beobachters
geschoben werden können. Später hat man Refraktionsophthalmoskope konstruiert, welche ein schnelles Austauschen der Linsen
ermöglichen. Ein andres Prinzip zur Beleuchtung des Augenhintergrundes hat 1852 Ruete angegeben. Er wendete
statt der reflektierenden Glasplatten einen
in der Mitte durchbohrten Hohlspiegel
[* 64] Sp
[* 61]
(Fig. 2) an, welcher das Licht einer Flamme
C in das beobachtete Auge B reflektiert, und durch dessen Durchbohrung der Beobachter A blickt.
DiesenSpiegel
[* 65] wandte Ruete auf die Untersuchung des Auges im umgekehrten Bild an. Er setzte vor das beleuchtete
Auge eine Konvexlinse von 5-8 cmBrennweite und vereinigte dadurch die aus dem Auge kommenden Lichtstrahlen zu einem reellen
umgekehrten Bild, welches der Beobachter deutlich sieht, wenn er sich mit seinem Spiegel so weit entfernt, daß das Bild in
seinen Nahepunkt fällt. Die Vergrößerung ist hierbei geringer, das Gesichtsfeld aber größer. Der
durchbohrte Spiegel kann auch für die Beobachtung im aufrechten Bild benutzt werden, doch genügt dann ein Planspiegel.
Man hat auch binokulare Augenspiegel konstruiert, bei welchen der Arzt mit beiden Augen beobachtet, ferner solche, in welchen das Auge
seinen eignen Augenhintergrund sieht (Autophthalmoskop), und solche, bei welchen der Beobachter mit einem Auge sein eignes
zweites untersucht. Von den zahlreichen Augenspiegeln haben die stabilen (Ruete, Liebreich, Epkens-Donders, Engelhardt etc.)
gegenwärtig nur noch pädagogischen Wert; man benutzt vielmehr allgemein die kleinen portativen Augenspiegel (Coccius, Liebreich, Jäger,
Hasner etc.), von denen besonders der »kleine
Liebreich« weit verbreitet ist. Es ist ein durchbohrter, belegter Konkavspiegel mit zwei verschiedenen Konvexlinsen für das
umgekehrte Bild und mit einer Gabel hinter der Durchbohrung des Spiegels zur Aufnahme der korrigierenden Konkavlinsen für das
aufrechte Bild.
Bei der Benutzung stellt man die Lampe
[* 66] im dunkeln Zimmer zur Seite hinter den zu Untersuchenden. Den Hohlspiegel
hält man gegen den Supraorbitalrand des eignen Auges
[* 61]
(Fig. 3), um ihm eine Stütze zu geben, und schaut nun durch die Öffnung
des Spiegels in das Auge des Patienten, indem man den Spiegel so lange dreht und wendet, bis das reflektierte Lampenlicht das
zu untersuchende Auge trifft. Hierauf hält man eine der beiden Konvexlinsen vor das Auge des Patienten und nähert oder entfernt
sich von der Linse so weit mit dem eignen Auge, bis man das umgekehrte Bild der Netzhautvor derLinse erblickt.