gallertartige Substanz, welche durch eine eigne zarte Membran, die Glashaut, zusammengehalten wird. Letztere heftet sich, indem
sie sich in zwei Blätter spaltet, sowohl an die vordere als auch an die hintere Wand der Linsenkapsel an und verschmilzt mit
ihnen, jedoch nicht so vollständig, daß nicht ein um die Linsenkapsel herumlaufender, mit einer wasserhellen
Flüssigkeit gefüllter Kanal,
[* 4] der Petitsche Kanal, übrigbliebe. Der Raumvor derLinse
[* 5] und der Iris heißt die vordere, der seitlich
von der Linse und hinter der Iris gelegene die hintere Augenkammer; beide sind mit der klaren, sogen. wässerigen Augenflüssigkeit
(Humor aqueus) ausgefüllt, welche von den Gefäßen der Ciliarfortsätze abgesondert wird und die beiden
Augenkammern sowie besonders die Hornhaut in Spannung zu erhalten hat.
Die von einem zu sehenden Gegenstand ausgesandten Lichtstrahlen gelangen, nachdem sie durch die Linse und den gleichfalls
durchsichtigen Glaskörper in besonderer Weise gebrochen sind, auf die im Hintergrund des Auges befindliche Netzhaut (Retina,
[* 3]
Fig.
7), wo sie unter normalen Verhältnissen sich zu einem Bildchen des Gegenstandes vereinigen. Die Netzhaut, nach hinten zu
von der undurchsichtigen Aderhaut umgeben, ist nichts weiter als die flächenhafte Ausbreitung des Sehnervs in Gestalt einer
zarten Haut,
[* 6] welche sich nach vorn bis an die Ciliarfortsätze erstreckt, jedoch nur bis etwa zur Augenmitte
der Lichtempfindung dient.
Der Sehnerv (Nervus opticus,
[* 3]
Fig. 1, 2, 3, 4, 6, 10) entspringt im vordern Teil des Gehirns und zwar so, daß derjenige für
das rechte Auge von der linken Hirnhälfte und umgekehrt herstammt. Es findet daher beim Austritt der beiden Nerven
[* 7] aus dem
Gehirn
[* 8] eine vollständige Kreuzung aller Fasern (Chiasma nervorum opticorum,
[* 3]
Fig. 1 b) statt. Darauf tritt
der Nerv, indem seine Umhüllung mit der weißen Augenhaut verschmilzt, durch ein Loch in der letztern in das Auge ein und breitet
sich hier als Netzhaut aus; indessen liegt die Eintrittsstelle (die sogen. Papilla optica oder der
blinde Fleck,
[* 3]
Fig. 7 b) nicht genau in der Mittellinie (Achse) des Auges, sondern mehr nach innen zu. Dem Achsenpunkt der Netzhaut
entspricht eine etwas verdünnte Stelle, deren Umfang gelblich gefärbt ist (Macula lutea retinae, gelber Fleck,
[* 3]
Fig. 7 a). Hier
findet das schärfste Sehen
[* 9] statt (s. Gesicht).
[* 10] Die Netzhaut hat einen außerordentlich komplizierten Bau,
der jedoch im einzelnen trotz aller Bemühungen noch nicht völlig aufgeklärt ist (s. Gesicht).
Die sechs Augenmuskeln ermöglichen die Bewegung des Augapfels in allen Richtungen: der gerade äußere und innere
[* 3]
(Fig. 1 d,
e;
[* 3]
Fig. 3 a) dienen zur horizontalen, der gerade obere und untere
[* 3]
(Fig.
2; 3 b, c) zur vertikalen und der schiefe obere und untere
[* 3]
(Fig. 2; 3 d, e) zur schrägen Bewegung. Der schiefe obere Muskel
läuft hierbei durch eine besondere sehnige Schleife (Rolle,
[* 3]
Fig. 3 f). Da die zwei schiefen Muskeln von vorn, die vier geraden
von hinten her am Augapfel ziehen, so wird bei Anspannung von allen zusammen (d. h.
beim Blicke geradeaus) ein Zurückweichen desselben in die Augenhöhle vermieden; überdies ruht der Augapfel auf dem Fettpolster
[* 3]
(Fig. 2), welches im Hintergrund der Augenhöhle alle Lücken ausfüllt.
Gewöhnlich bewegen sich beide Augen stets zusammen in gleicher Richtung; überwiegt der äußere oder
innere gerade Muskel über den innern oder äußern, so findet Schielen
[* 11] statt. Die Augenlider (Palpebrae,
[* 3]
Fig. 2 a, b) sind zwei
bewegliche, faltenartige Fortsetzungen der
äußern Haut, welche den Augapfel von vorn her bedecken und sich beim Schluß mit
ihren Rändern berühren; im Innern hat jedes zwei halbmondförmige Bindegewebsscheiben (sogen.
Knorpel)
[* 12] und wird dadurch steif erhalten.
Nahe dem Vorderrand ragen die Augenwimpern (Cilia) hervor (oben 100-150, unten 50-75), mehr nach hinten liegt eine Reihe feinster
Öffnungen von etwa 30 eigentümlichen Talgdrüsen (Meibomsche Drüsen, s. d. und
[* 3]
Fig. 9). Zur willkürlichen
oder unwillkürlichen (sogen. Blinzeln) Bewegung der Lider dient der Öffner der Augenlidspalte oder Hebemuskel
(Levator palpebrae superioris,
[* 3]
Fig. 2 c, 9), welcher das obere Lid in die Höhe hebt, sowie der ringförmige Schließmuskel (Orbicularis
palpebrarum, s. Tafel »Muskeln des Menschen«,
[* 3]
Fig. 1, und Tafel »Nerven I«,
[* 3]
Fig. 2). Die innere Haut der Lider setzt sich auf
den Augapfel als sogen. Bindehaut (Conjunctiva, Textfig. 3) fort und überkleidet ihn mit Ausnahme der
Hornhaut, welche nur einen ganz feinen Überzug erhält, von vorn. Eine besondere Falte im innern Augenwinkel
[* 3]
(Fig.
8) ist ein Überrest des schon oben erwähnten dritten Augenlides, der Nickhaut (s. d.). Der Thränenapparat
[* 3]
(Fig. 9),
zur Absonderung und Wegleitung der Thränen (Lacrymae), besteht aus der Thränendrüse und der Thränenleitung.
Erstere
[* 3]
(Fig. 9 a) ist im äußern Augenwinkel an das Dach
[* 13] der knöchernen Augenhöhle (s. unten) befestigt; die von ihr abgesonderten
Thränen (sie enthalten ungefähr 1 Proz. feste Substanz) gelangen durch 7-10 enge Ausführungsgänge im äußern Augenwinkel
auf die Hornhaut, benetzen diese und die Innenfläche der Lider und fließen im innern Augenwinkel durch
zwei trichterförmige Öffnungen (Thränenpunkte) in den Thränengang, von da in den Thränensack und so in die Nasenhöhle.
Die knöcherne Augenhöhle (Orbita,
[* 3]
Fig. 1, 3), in welcher das Auge liegt, wird von Teilen verschiedener Schädelknochen,
die hier zusammenstoßen, gebildet (s. Tafel »Skelett
[* 14] II«,
[* 3]
Fig. 1). Die Blutgefäße des Auges treten mit
dem Sehnerv in sie ein; zum Teil verlaufen sie im Innern des Sehnervs als dessen Zentralgefäße und gelangen so zur Netzhaut,
wo ihre Verzweigungen
[* 3]
(Fig. 7) mit dem Augenspiegel
[* 15] sichtbar sind, ferner gehen sie zu der äußerst blutreichen
Aderhaut und bilden dort dichte Netze von Kapillaren, endlich zu den Muskeln etc. der Augenhöhle.
Die Venen der Netzhaut haben denselben Verlauf wie die Arterien
[* 3]
(Fig. 7); diejenigen der Aderhaut heißen Strudelgefäße (Vasa
vorticosa,
[* 3]
Fig. 6 a) wegen ihres eigentümlich geschlängelten Verlaufs; einige aus dem Ciliarmuskel
kommende kleine Venen vereinigen sich zu einer ringförmigen Vene, dem sogen. Schlemmschen Kanal. Als Bewegungsnerven
dienen das 3., 4. und 6. Hirnnervenpaar (s. Gehirn und Tafel »Nerven I«,
[* 3]
Fig. 1), von denen das letztere (Nervus abducens) zum
äußern geraden, das 4. Paar (Nervus trochlearis) zum obern schiefen Augenmuskel und das 3. Paar (Nervus oculomotorius)
zu den übrigen Muskeln geht.
Besonders stark sind unter seinen Zweigen die Ciliar- oder Blendungsnerven (Nervi ciliares,
[* 3]
Fig. 6, 11), welche die Verengerung
und Erweiterung der Pupille herbeiführen. Der Schließmuskel der Augenlider bekommt seine Bewegungsnervenfasern von dem Gesichtsnerv
(Nervus facialis). Die Empfindungsnerven des Auges kommen von der größern Portion des 5. Gehirnnervenpaars
(Nervus trigeminus) her. Über den Sehnerv s. oben. Die Farbe des Auges rührt, wie oben erwähnt, von der Verteilung des Farbstoffs
in der Regenbogenhaut her. Der Glanz¶
[* 1] 1) in der Botanik gleichbedeutend mit Knospe, besonders solche Knospen,
[* 22] aus welchen sich laubtragende Zweige entwickeln
(s. Knospe); - 2) in der Architektur die in der Mitte von Spiralen, insbesondere denjenigen der ionischen Kapitäler, zum Abschluß
der immer enger werdenden Windungen angebrachte kleine Scheibe; Brückenauge, im Brückenbau eine über
den Köpfen der Zwischenpfeiler gewölbter Brücken
[* 23] zur Verdunstung des Sickerwassers und Ersparnis von Mauerwerk angeordnete
kreisförmige Öffnung der Stirnmauer; - 3) s. v. w. Öse, das verbreiterte, mit einer Öffnung zur Aufnahme eines Bolzens etc.
versehene runde Ende einer eisernen Schiene, z. B. eines Kettengliedes; Öse in der Weberlitze, s. Maillon;
- 4) in der Buchdruckerei die erhabene Bildfläche der Type, Linie, Klammer etc., welche den Druck abgibt, d. h. also derjenige
Teil, welcher nach dem Druck als das Bild der Type auf dem Papier erscheint.
in der griech. Mythe Tochter des Aleos und der Neära, eines Königspaars zu Tegea
in Arkadien, war Priesterin der Athene.
[* 24] Von Herakles
[* 25] Mutter geworden, verbarg sie ihr Kind im Tempel.
[* 26] Als die Göttin deshalb Unfruchtbarkeit
über das Land verhängte, ließ Aleos nach einem Orakel das Heiligtum untersuchen und das gefundene Kind auf dem Parthenischen
Berg aussetzen (s. Telephos). Die Auge übergab Aleos dem Nauplios mit dem Auftrag, sie ins Meer zu werfen;
aber gerührt von ihrer Schönheit, geleitete sie Nauplios nach Mysien zum König Teuthras, der die Verlassene an Kindes Statt
annahm.
Ihr Sohn Telephos, nachdem er herangewachsen, zog aus, seine Mutter zu suchen, und kam, vom delphischen Orakel unterrichtet,
nach Mysien, wo Teuthras eben in einen schweren Krieg verwickelt war. Telephos half ihm; der gerettete Fürst
versprach ihm dafür die Hand
[* 27] seiner Pflegetochter Auge und das Reich. Als sich diese jedoch, des Herakles eingedenk, der Vermählung
mit einem Sterblichen widersetzte und im Brautgemach sogar mit dem Schwerte drohte, erschien zwischen beiden, von den
Göttern gesandt, eine Schlange,
[* 28] worüber erschrocken Auge das Schwert fallen ließ. Telephos ergreift dieses und zückt es auf
die Auge, als diese in der Todesangst laut den Herakles anruft, woran Telephos die gesuchte Mutter erkennt und sie in die Heimat
zurückführt. Nach andrer Sage trieb der Kasten, in welchem Aleos die Auge mit Telephos ausgesetzt hatte,
an die Küste von Mysien, und Teuthras nahm zur Frau.
(Augias), König der Epeer in Elis, Sohn des Phorbas und der Hyrmine, nach andern des Helios
[* 29] oder auch des Poseidon
[* 30] und einer Nymphe, erlangte Berühmtheit durch ein Abenteuer des Herakles (s. d.). Nachdem er mit Ehren am
Argonautenzug teilgenommen, ließ er sich in Elis nieder und scharrte teils durch Bedrückung seiner Unterthanen, teils durch
Beraubung seiner Nachbarn Reichtümer zusammen, die vorzüglich in Pferden und Rindern bestanden. In einem ungeheuern Stall standen
ihm 3000 Rinder,
[* 31] deren Mist seit geraumer Zeit sich aufhäufte.
Denselben in Einem Tag wegzuschaffen, war nun eine
der zwölf Arbeiten, die Eurystheus dem Herakles auferlegte.
Letzterer vollbrachte die Riesenarbeit; da ihm aber den ausbedungenen Lohn verweigerte, überzog er ihn mit Krieg, worin der
König mit seinen SöhnenEurytos und Agasthenes getötet wurde. Das Reich erhielt der allein übriggebliebene Sohn Phyleus,
weil er zur Gerechtigkeit gegen Herakles geraten, deshalb aber von dem erzürnten Vater verbannt worden war. Nach andrer Sage
starb Augeias an Altersschwäche.
die Zeit, binnen welcher beim gewöhnlichen Blinzeln die Augen geschlossen sind. Da die Eindrücke der Gegenstände
auf die Netzhaut noch einige Zeit währen, nachdem sie nicht mehr gesehen werden, so sind wir uns der
Dauer eines Augenblickes in der Regel gar nicht bewußt.
Daher Augenblick s. v. w. Zeitraum von unmerklich kleiner Ausdehnung.
[* 33]
(Gramia, Lemositas), eine zähe, gelbliche Substanz, welche in den Augenwinkeln besonders jüngerer und
kachektischer Personen als Sekret der Schleimdrüsen, der sogen. Caruncula lacrymalis am innern Augenwinkel
auftritt.
Als Ursachen desselben sind alle äußern Reize zu nennen, welche das Auge treffen, z. B. scharfe und rauhe
Luft, Staub, Sand und andre fremde Körper, obwohl durch keinen derselben regelmäßig eine Augenentzündung hervorgebracht wird und wir die
wesentlichsten, wahrscheinlich organischen Ansteckungsstoffe, welche so häufig Ophthalmien erregen, überhaupt noch nicht
genau kennen. Eine auffallende Neigung zu Augenentzündungen beobachtet man bei solchen Subjekten, welche
an Skrofeln, Gicht,
¶
mehr
Rheumatismus, Katarrhen etc. leiden. Im Beginn rötet sich die Bindehaut (d. h. die innere Fläche der Augenlider und das Weiße
im Auge), sie verliert ihren Glanz und ihre Durchsichtigkeit und schwillt an. Die Röte breitet sich allmählich aus und wird
immer lebhafter. Das Auge fühlt sich je nach dem Grade der Entzündung wärmer an als im normalen Zustand.
Stets ist es empfindlicher gegen helles Licht, oft selbst in hohem Grad lichtscheu und in der Regel schmerzhaft, häufig beobachtet
man kleine Eiterpusteln (Phlyktänen) auf der Bindehaut (s. Tafel »Augenkrankheiten«, Fig. 1). Die Empfindung ist in geringen
Graden bloß juckend oder schabend, als ob ein Sandkorn im Auge wäre, in höhern Graden drückend und spannend
oder stechend und klopfend.
Fast stets findet eine reichlichere Abänderung von teils wässeriger (Thränen), teils schleimiger Feuchtigkeit auf der Bindehaut
statt. Beim Erwachen aus dem Schlaf pflegen die Augenlider solcher Patienten durch die eingetrocknete Feuchtigkeit zusammengeklebt
zu sein. Zweifellos ansteckend und wohl immer durch Ansteckung hervorgerufen sind die schweren, sogen.
blennorrhöischen Formen der Augenentzündung, welche mit starker Schwellung und Eiterbildung einhergehen und sich in höchsten
Graden zu kruppösen oder diphtheritischen Formen steigern können. Im letztern Fall erfolgt Geschwürbildung und nicht selten
Verlust des ganzen Auges.
Dauert der Entzündungsreiz fort, was namentlich bei der durch Ansteckung entstandenen ägyptischen Augenentzündung stattfindet,
bei welcher unter Vermittelung niederster Organismen der Eiter immer von neuem als Reizmittel wirkt, so kommt es im chronischen
Stadium der Blennorrhöe zur Bildung sogen. Granulationen aus der Konjunktiva. Solange Eiter gebildet wird, besteht die Gefahr
der Ansteckung. Ist die abgeänderte Flüssigkeit aber klar und wässerig geworden, so ist sie in der Regel
nicht mehr ansteckend, auch wenn die Bindehaut noch gerötet und etwas aufgelockert sein sollte.
Tritt die blennorrhöische in ein chronisches Stadium, so wird die Bindehaut gewulstet (Trachom), die stark erweiterten kleinen
Gefäße verleihen dem Auge ein blutrotes Aussehen; der Schmerz nimmt allmählich ab, während die Thränenabsonderung
fortbesteht. Es kann dann Trübung der Hornhaut, Geschwürbildung in derselben, ja völlige Blindheit den Ausgang der Augenentzündung bilden.
Zu den granulierenden ansteckenden Ophthalmien gehören die sogen. Ägyptische Augenentzündung (s. d. und Tafel »Augenkrankheiten«, Fig.
2, 3), der Augentripper (Ophthalmia gonorrhoica), welcher durch Ansteckung mit Trippereiter bei unreinlichen
Personen hervorgerufen wird und sehr heftig aufzutreten pflegt, und die der Neugebornen (O. neonatorum), welche einzig
durch Ansteckung mit unreinem Sekret während des Geburtsaktes entsteht.
Alle diese Ophthalmien sind, wenn sie nicht rechtzeitig in die Behandlung eines tüchtigen Arztes kommen, äußerst gefährlich.
Die Behandlung der Augenentzündung besteht bei frischem Katarrh in anhaltenden eiskalten Umschlägen von dünnem Bleiwasser, Ruhe des Auges
und des ganzen Körpers bei mäßiger Diät und kühlenden Abführmitteln (Glaubersalz). Vor allem ist zur Vermeidung weiterer
Ansteckung äußerste Reinlichkeit in Schwämmen, Handtüchern, Händen und Wäsche geboten. Die schweren Formen erfordern möglichst
frühzeitige ärztliche Hilfe. Über Augenentzündung bei Tieren s. Augenkrankheiten; periodische Augenentzündung, s. v. w. Mondblindheit.
(Flügelfell, Pterygium), eine Verdickung der Bindehaut des Auges in Form eines Dreieckes, das mit seiner Basis
gegen den
innern Augenwinkel gerichtet zu sein pflegt, mit seiner Spitze aber der Hornhaut aufliegt. Die Spitze des Augenfells
wächst stets vom Rande der Hornhaut nach deren Zentrum hin, erreicht dasselbe aber nur sehr selten. Das
Augenfell kommt am häufigsten bei bejahrten Leuten vor, welche sich in einer mit Staub und scharfen Dünsten erfüllten Atmosphäre
aufhalten müssen. Es sind gewöhnlich keine besondern Beschwerden damit verbunden; in den seltenen Fällen, wo
das Sehvermögen darunter leidet, muß seine Heilung auf operativem Weg angestrebt werden.
Die Netzhaut produziert weniger schlimme Sarkome und Gliome, eine weiche, zellenreiche, relativ gutartige Geschwulstart von
dem Bau des Nervenzwischengewebes. Die Behandlung aller dieser Augengeschwülste ist nur durch Operation möglich, es
ist aber besonders bei den melanotischen Augengeschwülsten zu beherzigen, daß jeder TagAufschub die Gefahr vergrößert,
da es nicht selten beobachtet worden ist, daß zur Zeit, als das kranke und stets für immer verlorne Auge entfernt
wurde, die Ausbreitung schon stattgefunden hatte, so daß der Tod nicht mehr verhütet werden konnte.
Hippokrates, Celsus und Galen hatten eine eingehende Kenntnis von den Augenkrankheiten und ihrer Behandlung. Unter den spätern
griechischen Ärzten haben Aetius und Paul von Ägina die Augenkrankheiten vortrefflich in ihren Werken abgehandelt.
Unter den arabischen Ärzten sind Avicenna, Avenzoar und Abulkasem als Augenärzte ausgezeichnet, und ihre Schriften über Augenkrankheiten
sind besonders beachtenswert. Mit dem Verfall der arabischen Medizin beginnt für die Augenheilkunde ein langer und trauriger Zeitraum,
welcher bis in das 18. Jahrh. sich erstreckt und dadurch charakterisiert
ist, daß die in die Hände unwissender Routiniers geriet, welche, in den Barbierstuben erzogen, gleich chirurgischen Handlangern
ihr Fach behandelten. Die Ärzte betrachteten die Augenheilkunde als ein ihrer unwürdiges Studium. Marktschreier durchzogen das Land und
boten den
¶
mehr
Blinden und Gläubigen ihre Dienste an. Dies Unwesen der Starstecherkunst herrschte während des 16.-17. Jahrh. fast
durch ganz Europa.
[* 41] Erst im 18. Jahrh. begann man, wieder einige Aufmerksamkeit auf die Augenheilkunde zu verwenden; hier und da fingen
Ärzte von neuem an, den Krankheiten des Auges eine besondere Berücksichtigung zu schenken. Maître-Jean
in Frankreich war einer der ersten, welche manchen glücklichen Kunstgriff in der Kur derAugenkrankheiten ausübten. Boerhave
erwarb sich das große Verdienst, die Augenkrankheiten systematisch geordnet und beschrieben und auf eine rationellere Weise
abgehandelt zu haben. In Frankreich machte die Augenheilkunde erfreulichere Fortschritte, erhielt aber bald eine zu mechanische
Tendenz, und es waren vorzüglich die Augenoperationen, welche später die französischen Ärzte beschäftigten. In Deutschland
[* 42] blieb die Augenheilkunde lange zurück; Bartisch, Schurig, Widemann waren mehr Augenoperateure als Augenärzte; auch wurde Deutschland
bis gegen das Ende des vorigen Jahrhunderts von italienischen und französischen Ärzten durchzogen, welche im Lande den Star
stachen.
A. ^[JohannAdam] Schmidt, Himly und Beer, welche zum
Aufblühen der in Deutschland thätig und erfolgreich wirkten. In Göttingen wurde unter Richters Leitung
eine Augenklinik errichtet, nach deren Vorbild ähnliche Anstalten fast aus allen wichtigern UniversitätenDeutschlands ins
Leben traten. Indes ward in diesen Anstalten die Augenheilkunde als ein der Chirurgie untergeordneter Zweig betrachtet und behandelt. Die
erste ausschließlich für Augenheilkunde bestimmte Klinik entstand durch Beers Bemühungen in Wien.
Später erhielt Wien eine zweite Augenklinik unter Jägers Leitung. Gegenwärtig fehlt es in keiner der größern StädteDeutschlands
an einer besondern Heilanstalt für Augenkranke, und namentlich bestehen an allen, auch den kleinern deutschen Universitäten
Lehrstühle und klinische Anstalten, in welchen die Studierenden der Medizin mit der praktischen Augenheilkunde vertraut
gemacht werden. Auch in das Regulativ von 1872 für die Staatsprüfung ist die Augenheilkunde als Prüfungsgegenstand aufgenommen worden.
Ähnliches gilt, wenn auch nicht ganz in dem gleichen Umfang, von England, Frankreich und Italien.
[* 46] Die staunenswerten Fortschritte,
welche die in den beiden letzten Jahrzehnten gemacht hat, verdankt sie hauptsächlich den Physiologen,
welche sich eingehender mit der Physik des Auges beschäftigten. Denn die Kenntnis einer Reihe innerer Augenkrankheiten war bis
auf einen Punkt angekommen, wo für längere Zeit hinaus eine Grenze für deren weitere Ausbildung gesteckt zu sein schien.
Da machte Helmholtz 1851 die hochwichtige Erfindung des Augenspiegels (s. d.), und damit war das Mittel gefunden,
die bis jetzt so dunkeln krankhaften Veränderungen der tiefern Augengebilde (der brechenden Medien und der Netzhaut) genau
zu erkennen und diejenigen Heilwege zu finden, welche dem jeweiligen, nun viel strenger unterscheidbaren Leiden
[* 47] entsprechen.
Mit der Ausbildung des
physiologischen Teils der Augenheilkunde, an welcher neben Helmholtz namentlich noch Donders
in Utrecht
[* 48] den rühmlichsten und fruchtbarsten Anteil genommen hat, ist auch die Forschung auf dem Gebiet der mikroskopischen
und pathologischen Anatomie des AugesHand in Hand gegangen und wesentlich gefördert worden. Nicht geringere Fortschritte hat
der eigentlich kurative, zumal der operative, Teil der Augenheilkunde gemacht. Die Technik der Augenoperation hat
eine hohe Vollendung erreicht, zahlreiche neue Operationsweisen und mehrere neue wertvolle Arzneimittel sind in die Praxis
der Augenheilkunde eingeführt worden.
[* 21] (hierzu Tafel »Augenkrankheiten«). Der komplizierte
Bau des Auges, die Ernährungseigentümlichkeiten der einzelnen Gewebe, die Lage und die außerordentlich hohen und mit dem Fortschreiten
der Kultur stets wachsenden Ansprüche an die Arbeit des Organs veranlassen die mannigfaltigsten Störungen. Nach Ruetes Beobachtungen
sollen Männer öfter von Augenkrankheiten befallen werden als Frauen, auch soll sich bei Individuen mit weißem Teint,
hellem Haar
[* 58] und blauer Iris eine größere Anlage herausgestellt haben als bei dunkel Gefärbten.
Das Lebensalter zwischen der Geburt und dem zehnten Lebensjahr soll am meisten zu Augenleiden disponieren, und zwar sind die
Kinder am häufigsten zu entzündlichen Affektionen des Auges geneigt, welche Disposition später abnimmt,
aber zur Zeit der Geschlechtsentwickelung wieder wächst. Vom 20.-50. Lebensjahr ist die Disposition zu Augenkrankheiten gering; von da
an nimmt sie aber wieder zu, indem jetzt die Linsentrübungen häufiger werden; vom 70.-90. Jahr aber sinkt dieselbe auf
Null herab.
Die ältern Ärzte waren vielfach der Ansicht, daß gewisse Krankheiten des Gesamtorganismus sich mit Vorliebe
am Auge gleichsam lokalisierten. Sie sahen deshalb in den meisten Augenkrankheiten nur den Ausdruck eines Allgemeinleidens, und demgemäß
kämpften sie gegen das letztere an in der Meinung, mit dem präsumtiven Allgemeinleiden werde auch die Augenkrankheit verschwinden.
Ja, man fürchtete sogar, durch Beseitigung des Augenleidens könnte ein allgemeines Leiden, eine Krankheit
an innern Organen, hervorgerufen oder eine schon bestehende Krankheit gesteigert werden. Diese Ansichten sind im allgemeinen
zwar irrig, aber doch gibt es Krankheiten, welche an keinem andern Organ mit der Bestimmtheit erkannt werden können wie am
Auge, so daß z. B. eine allgemeine akute Miliartuberkulose oft nur dadurch von einigen
in Frage kommenden fieberhaften Krankheiten unterschieden werden kann, daß der Augenspiegel die Knötchen in der Aderhaut direkt
erkennen läßt,
¶
und das Gleiche gilt von einer bösartigen Zerstörung der Herzklappen, die nicht selten im Augenhintergrund an ihren Folgen
sicher beobachtet wird, noch ehe die Untersuchung des Herzens selbst die Erkrankung und den nahen Tod ahnen läßt. Doch sind
solche Fälle immerhin selten, und es gilt als allgemeiner Grundsatz in der Augenheilkunde, daß man bei
Augenkrankheiten sich direkt gegen dieselben wendet, daß man also eine vorzugsweise lokale Behandlung einleitet,
wobei selbstverständlich die Rücksichten auf ein etwa vorhandenes Allgemeinleiden des Körpers nicht aus dem Auge gesetzt
werden. Das große Heer der Augenkrankheiten überblickt man am besten an der Hand des topographisch-physiologischen Einteilungsprinzips,
indem man etwa folgende Gruppen von Augenkrankheiten unterscheidet:
Die der Haustiere sind, da der anatomische Bau ihrer Augen nicht wesentlich von dem des menschlichen Auges
abweicht, nicht prinzipiell verschieden von denen des Menschen. Am häufigsten werden beobachtet: Entzündungen der Konjunktiva,
entsteht teils durch Erkältung (Conjunctivitis catarrhalis), teils als eine eigenartige epidemische Affektion (vgl. Augenseuche),
teils infolge spezifischer Reize als Symptom bei akuten fieberhaften Infektionskrankheiten (C. symptomatica), teils nach Quetschungen
und Verwundungen (C. traumatica).
Der Verlauf der Konjunktivitis ist gewöhnlich günstig; nur bei längerer Dauer dehnt sich der Entzündungsprozeß
auf die durchsichtige Hornhaut und selbst auf die Regenbogenhaut und die Kristalllinse aus. Zur Behandlung ist eine Waschung
der Augen mit Bleiwasser empfehlenswert. Verlieren sich die Erscheinungen hiernach nicht in wenigen Tagen, so erweist sich die
täglich zweimal zu wiederholende Applikation einer ½prozentigen Lösung von Atropin vorteilhaft.
Entzündungen der durchsichtigen Hornhaut (Keratitis) entstehen als Folgeleiden der oben gedachten Prozesse oder durch direkte
Verwundungen (Peitschenhiebe bei Pferden). Wunden mit Substanzverlust verheilen mit Zurücklassung von Narben, die aber nur
dann störend wirken, wenn sie in der Sehachse liegen. Aufenthalt der Tiere in einem dunkeln Raum und wiederholte
Bepinselung des kranken Auges mit Atropinlösung haben eine günstige Wirkung auf den Verlauf der Keratitis.
Die drei zuletzt erwähnten Augenleiden sind bei den Tieren unheilbar. Nur beim grauen Star der Hunde
[* 62] wird
die operative Behandlung als Palliativmittel zuweilen versucht. Fehlerhafte Zustände der Augen werden bei Pferden am besten
in der Weise ermittelt, daß man zunächst die Tiere in einen dunkeln Raum stellt oder ihnen einen dunkeln Gegenstand vor die
Augen hält, um die Pupille zur Erweiterung zu bringen. Läßt man nun plötzlich das Tageslicht auf die
Augen einwirken, so zieht sich die Pupille schnell zusammen. Ist bei dieser Prüfung die Erweiterung und Verengerung der Pupille
nicht wahrnehmbar, so ist eine Störung des Sehvermögens anzunehmen. Nach vorheriger Anwendung von Atropin kann auch bei den
Tieren die Untersuchung der Augen mit dem Augenspiegel bewirkt werden.
künstliche. Zum Ersatz verloren gegangener natürlicher Augen benutzt man längliche Näpfchen oder Schälchen
aus Glas,
[* 63] Email oder Celluloid von der Größe des vordern, bei geöffneten Lidern sichtbaren Teils des Augapfels und diesem
an Farbe und Glanz möglichst treu nachgebildet. Die vorn konvexen, innen hohlen, einer halben Nußschale
vergleichbaren künstlichen Augen dienen sowohl dem kosmetischen Zweck, die arge Entstellung zu verdecken, welche der Verlust
eines Auges bedingt, als auch zum Schutz des Augenstumpfes und zur Stütze der Augenlider, welche sich sonst leicht umlegen
und entzünden würden.
Beim künstlichen Auge muß die Größe der Iris und ihre Stellung aufs genaueste mit dem gesunden Auge übereinstimmen, da selbst
geringe Abweichungen die Aufmerksamkeit des Beobachters erregen, während die Farbennüancen viel weniger
stören. Das künstliche Auge wird nur durch die Bewegung der Augenlider bewegt, und der die Muskeln noch enthaltende Augenstumpf
wirkt nur insofern mit, als eben die Muskeln auf die Lidbewegung influieren. Vor der Einsetzung des künstlichen Auges muß
jede entzündliche Affektion beseitigt und letzteres anfangs nur so lange getragen werden, als es ohne
lästiges Gefühl geschehen kann. Die Kranken lernen das Einlegen und Herausnehmen des künstlichen Auges in der Regel sehr
bald. Beim Herausnehmen bedient man sich einer Stecknadel, deren Kopf man nach abgezogenem untern Lid unter den Rand des Kunstauges
schiebt, worauf man denselben hervorzieht. Auch der Sport hat sich dieses Schönheitsmittels bemächtigt
und läßt bei Luxuspferden den Verlust des Auges durch künstliche Augen ersetzen.