Lehrweise zufolge nach dem messianischen
Reich eine zweite allgemeine Auferstehung und das
Gericht folgen. Das Grobsinnliche an dieser
Vorstellungsweise ist gesteigert in den Mohammedanismus übergegangen. Eine andre und neue Bedeutung erhält die
Lehre
[* 2] von der
Auferstehung im
Christentum (vgl.
1. Kor. 15),. wo sie mit den
Gedanken des ewigenLebens und des
Reichs Gottes verknüpft
und durch die Auferstehung Jesu (s. d.) eingeleitet und vorgebildet wird.
Im übrigen schließt sich die christliche Lehrweise zum Teil an die pharisäisch-jüdische an, während dagegen
Paulus von
einem himmlischen Auferstehungsleib spricht, zu dem der gegenwärtige in dem
Verhältnis des Saatkorns zur
Pflanze stehe.
In der Lehrentwickelung der christlichen
Kirche treten mit der Zeit drei verschiedene Grundrichtungen
auf, auf welche noch jetzt alle die zahlreichen philosophischen und theologischen
Versuche, den
Inhalt dieser
Lehre näher zu
begründen, zurückgeführt werden können. Die einen, an ihrer
Spitze die
Gnostiker, lassen jede körperliche Auferstehung fallen und
halten nur die Unauflöslichkeit alles wahrhaft geistigen
Lebens fest. Es fällt daher die Auferstehung zusammen
mit der
Wiedergeburt oder sonstwie mit dem
Eintritt des höhern
Selbstbewußtseins im
Menschen.
Ihnen gegenüber stehen diejenigen, welche eine wirkliche Auferstehung des Leibes annehmen, so daß der Auferstehungsleib
identisch mit dem jetzigen, aber eine verklärte Form desselben sein soll. Diese ursprünglich judenchristliche
Meinung ist durch Tertullian,
Hieronymus und
Augustinus nach Aufgebung des
Chiliasmus in die Kirchenlehre übergegangen und
hat in den
Worten »Auferstehung des
Fleisches« im
ApostolischenGlaubensbekenntnis eine symbolische Feststellung erhalten. Die dritte,
im
Grund schon von
Origenes, neuerdings von einzelnen Theologen, wie
Rothe, vertretene
Anschauung geht davon
aus, daß der wirksame
Geist niemals eines körperlichen
Organs entbehren könne, läßt daher die vollendete Persönlichkeit
eine vergeistigte Leiblichkeit wiedergewinnen. Die
Konsequenz dieser Auffassung ist die Beschränkung der Auferstehung auf die geistig
gereifte Menschheit.
Jesu.Obgleich die
Berichte der biblischen Schriftsteller über die auferstehung Jesu und die
Erscheinungen des
Auferstandenen so weit und so widerspruchsvoll auseinander gehen, daß man die auferstehung Jesu in Bezug auf die
einzelnen
Thatsachen das dunkelste Faktum im ganzen Quellengebiet neutestamentlicher Geschichte nennen konnte, so ist doch
nichts geschichtlich gewisser, als daß die
Apostel die auferstehung Jesu nicht nur geglaubt, sondern auch ihr
Evangelium und
die neue
Gemeinde darauf gegründet haben, und daß nach dem historisch unanfechtbaren
Zeugnis des
ApostelsPaulus (1. Kor. 15,
4-8),. wo sechs
Erscheinungen aufgeführt werden, während die evangelischen
Berichte noch vier andre erwähnen, diesem
Glauben
eine
Thatsache zu
Grunde gelegen haben muß.
Desto schwieriger aber ist es, eine klareErkenntnis von dieser
Thatsache oder auch nur von der Art zu
gewinnen, wie sie in der
Vorstellung der Schriftsteller sich widerspiegelte. Denn während auf der einen Seite der Auferstandene
ein ganz natürliches menschliches
Leben in einem gewöhnlichen materiellen Leib zu führen scheint (er geht, ißt, läßt
sich betasten), finden sich andre
Züge, die mit der
Annahme einer materiellen Leiblichkeit nicht zu vereinigen
sind.
Eine
Lösung dieses
Widerspruches wird man auf dogmatischem
Boden nur in der
Annahme finden können, daß der vollendete
Jesus
seinen materiellen, von ihm bereits abgelegten Leib in transitorischer
Weise nochmals und wiederholt »wie ein
Kleid« angelegt
habe, um seine Gläubigen von der Thatsächlichkeit seines
ewigen
Lebens zu überzeugen. Unter den geschichtlichen
Lösungsversuchen ist die rationalistische Auffassung von einem
Scheintod jetzt fast allgemein verworfen, weil sie wohl die
auferstehung Jesu, aber nicht die Möglichkeit ihrer großen religiösen
Wirkung erklärt.
Dafür ist dermalen um so verbreiteter die Visionshypothese, welche die
Erscheinungen des Auferstandenen
für Vorgänge des innern Seelenlebens der
Jünger erklärt und sich dabei hauptsächlich auf den Umstand beruft, daß auch
Paulus die ihm gewordene, wahrscheinlich visionäre,
Erscheinung ihrem
Wesen nach mit den übrigen von ihm berichteten Vorgängen
auf eine
Linie setzt. Die Litteratur über die auferstehung Jesu siehe bei
Keim, Geschichte Jesu von Nazara, Bd. 3,
S. 528 (Zür. 1871). - Jesu
Auferstehung ist seit den frühsten
Zeiten christlicher
Kunst Gegenstand der bildnerischen
Darstellung
gewesen.
Auf elfenbeinernen Buchdeckeln, in
Miniaturen,
Holzschnitten, Kupferstichen und Fresken ist der Vorgang ehr häufig geschildert
worden. Doch besitzen wir von einem
Meister aus der
Blütezeit der
Kunst eine
Darstellung derselben, welche
als klassisch bezeichnet werden kann.
Raffael wagte sich an den
Stoff, kam aber nicht über den
Entwurf hinaus. Indessen ist
seine Mitwirkung an der
AuferstehungChristi von seinem Lehrmeister
Perugino in der vatikanischen
Galerie zu
Rom
[* 3] wahrscheinlich.
Ein großes
Bild von AnnibaleCarracci befindet sich im
Louvre zu
Paris.
[* 4]
(Resurrection-men), in
England Benennung derjenigen Leute, welche
Leichen ausgraben, um sie an die
Anatomie zu verkaufen.
Da es nämlich infolge des
Vorurteils, das in
England gegen
Sektionen herrschte, schwierig war, die nötigen
Leichname zu anatomischen Untersuchungen zu bekommen, so bildete sich der Leichendiebstahl als ein
besonderes
Gewerbe aus, so daß sich die
Staatsgewalt genötigt sah, den Leichenraub durch ein ausdrückliches
Gesetz unter
Androhung von 6-12monatiger
Gefängnisstrafe zu verbieten. Wirksamer war es indessen, daß 1828, nachdem die
Verbrechen des
SchustersWilliamBurke (s. d.) an den
Tag kamen, eine Parlamentsakte die Ablieferung der in den
Armenhäusern
und Gefängnissen Verstorbenen in die anatomischen
Säle erlaubte, sobald die
Angehörigen und Verwandten nicht dagegen reklamierten.
die Fähigkeit, ein dargebotenes
Objekt sich anzueignen und zum
Bewußtsein zu bringen. Da von der
Art des
Eindruckes, welchen ein
Ding auf uns macht, auch unser Verhalten gegen dasselbe bestimmt ist, so
hängt von der Auffassung das
Urteil insofern ab, als wir nicht im stande sind, richtig über
Dinge zu urteilen, ohne sie richtig
aufgefaßt zu haben.
Joseph,
Freiherr von, Bühnendichter, geb. zu Freiburg
[* 5] i. Br.,
bezog 1813 die
Universität daselbst, um die
Rechte zu studieren, wohnte dann in österreichischen
Diensten
dem
Feldzug von 1815 bei, trat zu
Karlsruhe
[* 6] in die badische
Garde zu
Pferde
[* 7] als
Leutnant ein und brachte hier seine Erstlingswerke:
»Pizarro« und »Die Spartaner«, mit
Glück zur Aufführung, wodurch ermutigt er nun eine lange
Reihe von
Trauerspielen nachfolgen
ließ. Auffenberg wurde 1822 Mitglied des Hoftheaterkomitees, bald darauf
Präsident desselben. Im J. 1832 unternahm
er eine als »Humoristische Pilgerfahrt nach
Granada
[* 8] und Cordoba«
[* 9] (Leipz. 1835) von ihm lebendig beschriebene
Reise nach
Spanien,
[* 10] auf welcher er bei
Valencia
[* 11] von
Räubern überfallen wurde und trotz 23 erhaltener
Wunden mit dem
Leben davonkam. Seit 1839 zum
großherzoglich badischen
Hofmarschall¶
ein »Epos in dramatischer Form«, nicht ohne Phantasie, aber ohne tieferes Leben und ohne künstlerisches
Maß. Eine Gesamtausgabe seiner Werke erschien in 22 Bänden (3. Aufl., Wiesb. 1855), eine Auswahl in 7 Bänden (das. 1850).
von, ein tirolisch-kärntner. Adelsgeschlecht, das um 1173 urkundlich auf der gleichnamigen
Burg bei Matrei in Tirol
[* 16] auftaucht und mit KonradI., dem Begründer des Machtaufschwunges seines Hauses, im Dienstgefolge des Grafen
Meinhard II. von Görz-Tirol als Herzogs von Kärnten seit 1286 im letztgenannten Land seine neue Heimat findet. Als die mächtigen
Karlsberger infolge des Adelsaufstandes gegen Herzog Meinhard 1293 ihren Sturz erlebten, wurde Konradv. der
Anwärter ihres Ranges und Güterbesitzes, LandmarschallKärntens, 1294 Burgherr auf Karlsberg und bald so reich an Besitz, der
sich bis Steiermark
[* 17] verzweigte, daß die von seinem Zeitgenossen, dem steiermärkischen Reimchronisten Ottokar, erzählte Volkssage
solches Glück dem Besitz eines verhängnisvollen Zauberringes zuschrieb, welchen Konradv. Auffenstein aus der Hand
[* 18] des sterbenden Herrn v. Schärfenberg empfangen habe. Dieser große Besitz mehrte sich noch in der Folgezeit. Im J. 1335 unterstützten
die Auffensteiner wesentlich die Besitzergreifung Kärntens durch die Habsburger, büßten aber dann im Aufstand gegen die HerzögeAlbrecht III. und Leopold III. (1368) ihre Machtstellung ein und erloschen am Schluß des 14. Jahrh.
derKinder, die Ernährung der Neugebornen ohne Muttermilch, wenn die Verabreichung der Mutterbrust nicht
möglich oder nicht rätlich ist und die Verhältnisse von der Art sind, daß eine Amme nicht genommen
werden kann oder mag. Der von der Natur vorgeschriebene Weg der Ernährung des Kindes durch die Milch der eignen Mutter gibt die
meisten Garantien für das Gedeihen des Kindes wie für das Wohlbefinden der Mutter. Wie schädlich ein Abweichen von diesem
Weg für die Kinder ist, beweist der Umstand, daß von 100 Kindern im ersten Lebensjahr, welche von der eignen Mutter gestillt
werden, nur 8, von solchen, welche von Ammen gestillt werden, 29 und bei künstlicher Auffütterung sogar bis zu 47 sterben.
Wenn man genötigt ist, die Ernährung des Kindes ohne Mutter- und Ammenmilch zu bewerkstelligen, so sind
folgende Grundsätze festzuhalten: Das Ersatzmittel muß sich in seiner chemischen Zusammensetzung der Muttermilch möglichst
nähern;
die künstliche Nahrung darf durchaus nur in dünnflüssiger Form
gereicht werden, sie darf nicht gären, nicht sauer
werden und überhaupt keine chemische Umwandlung erleiden, welche ihren Nährwert beeinträchtigt;
ihre
Temperatur muß annähernd derjenigen der frisch entleerten Frauenmilch entsprechen (28-35° C.).
Die einzelnen Mahlzeiten
dürfen ein gewisses Maß nicht überschreiten, die Zeit der Fütterung ist streng und regelmäßig einzuhalten, bei Zubereitung
der Nahrung, an den Geschirren etc. ist die sorgfältigste Reinlichkeit zu beobachten.
Was die Wahl des Nahrungsmittels anbelangt, so ist die Tiermilch das nächstliegende Ersatzmittel für
die Frauenmilch. Es kommt hier die Milch der Eselin, der Ziege und Kuh in Frage. Die Milch der Eselin kommt in ihrer chemischen
Zusammensetzung der Frauenmilch am nächsten und wird von kleinen Kindern am leichtesten ertragen, aber sie ist nur selten
zu haben. Von der Ziegenmilch gilt so ziemlich das Gleiche, sie ist aber schon konsistenter als die Eselinnenmilch
und muß daher mehr als diese mit Wasser verdünnt werden. Am tauglichsten für die Neugebornen ist die Milch von jüngern
Ziegen, die schon mehrmals und zuletzt vor nicht zu langer Zeit geworfen haben.
Die Ziegenmilch darf keinen widerlichen Geruch haben; ob sie von gehörnten oder ungehörnten Ziegen stammt, ist gleichgültig.
Als billigster und bequemster Ersatz für die Frauenmilch ist demnächst die Kuhmilch anzusehen. Sie darf zum Zweck der Auffütterung natürlich
nur von gesunden und zweckmäßig gefütterten Kühen genommen und muß durch Zusatz von Wasser verdünnt
werden. In den ersten vier Wochen sollen die Kinder eine Mischung von ⅓ guter Kuhmilch und ⅔ Wasser, im 2.-3. Monat halb Milch,
halb Wasser, im 4. Monat ¾ Milch und ¼ Wasser und erst vom 5. Monat an unverdünnte Milch erhalten. Es ist zweckmäßig, die
Milch nicht ausschließlich von einer Kuh zu nehmen, sondern die Milch von mehreren gesunden Kühen zu mischen,
weil sie dadurch gleichmäßiger wird.
Die Kuhmilch darf nicht abgerahmt, soll aber vor dem Gebrauch abgekocht werden. Der verdünnten Kuhmilch muß außerdem etwas
Milchzucker (weniger gut Rohrzucker) sowie etwas kohlensaures Natron zugesetzt werden, wodurch sie der Muttermilch
ähnlicher, verdaulicher und vor dem Gerinnen mehr geschützt wird. Auf einen Tassenkopf verdünnte Milch gehört etwa ein
Theelöffel Milchzucker, und eine gehäufte Messerspitze von kohlensaurem Natron reicht für ein LiterMilch aus.
Die Kinder müssen das so zubereitete Getränk aus einer Glasflasche, welche mit einem durchlöcherten Kautschukhut verschlossen
ist, zu sich nehmen. Kindern, welche Kuhmilch schlecht vertragen, gibt man das Biedertsche Rahmgemenge, zu dessen Darstellung
man von guter frischer Milch nach zweistündigem Stehen an einem kühlen Ort etwa 1/16 vorsichtig abschöpft, mit abgekochtem
Wasser mischt, aufkocht, mit etwas Milchzucker und mit allmählich steigenden Quantitäten reiner Milch versetzt.
Da man nicht immer und überall eine stets frische, von ganz gesunden Kühen abstammende Milch haben kann,
so hat man zweckmäßige Ersatzmittel herzustellen gesucht. Als solches gelten die in verschiedener Weise, am besten nur durch
Erhitzen in hermetisch verschlossenen Gefäßen, vor jeder nachteiligen Veränderung gesicherte Milch und die durch Verdampfen
im luftleeren Raum unter Zusatz von Zucker
[* 19] eingedickte (kondensierte) Kuhmilch (Milchextrakt), welche,
mit der 6-10fachen Menge warmen Wassers verdünnt, ein der frischen Milch ähnlich zusammengesetztes, nur
¶
mehr
etwas süßeres Getränk liefert. Ein andres rationelles Mittel zur Auffütterung ist die Liebigsche Suppe, welche folgendermaßen dargestellt
wird. Man rührt 30 g nicht zu feines Weizenmehl in 300 g kochende Milch, läßt nach einigem Aufwallen bis 66° C. abkühlen
(wohl zu beachten!) und setzt einen Brei von 30 g Malzmehl, 60 g kaltem Wasser und 5,6 g Kalilösung (2
Teile doppeltkohlensaures Kali und 11 Teile Wasser) hinzu. Man läßt ½ Stunde warm stehen, kocht dann die Suppe einmal auf
und gießt sie durch ein Tuch.
Sie hält sich 24 Stunden. Die Suppe kann in einzelnen, jedesmal neu zu erwärmenden Portionen zu je 4-6
Eßlöffeln in der Saugflasche gereicht werden. Bei ganz jungen Kindern muß man diese Suppe noch zur Hälfte, später mit
⅓ Wasser verdünnen, bis die Kinder sie nach einigen Monaten unverdünnt vertragen. Diese Suppe ist auch in Extraktform in
den Handel gekommen, und nach dem Prinzip derselben sind verschiedene Präparate angefertigt worden und
als sogen. Suppenpulver in den Handel gekommen.
Die künstliche Auffütterung durch stärkemehlhaltige Nahrungsmittel,
[* 21] namentlich durch das Mehl
[* 22] der verschiedenen Getreidearten, durch
Kindermehle etc. in Form von Suppen, ist für ganz kleine Kinder als irrationell zu verwerfen. Zur Verdauung des Stärkemehls
gehört Speichel, und da dieser bis etwa zur 10. Woche nur in geringer Menge abgesondert wird, so sind in
dieser Zeit die stärkemehlhaltigen Präparate zu vermeiden. Dagegen sind diese Nahrungsmittel, zumal wenn sie mit Kuhmilch
zubereitet werden, für Kinder von 3-4 und mehr Monaten ganz am Platz.
Von den unvermischten Mehlsorten ist das nicht zu feine Weizenmehl vorzuziehen, da es vermöge seiner
leichtern Verdaulichkeit den größten Nährwert besitzt. Sehr beliebt und den Kindern zuträglich ist ein feiner Brei aus
Zwieback und Arrowroot. Ersterer wird zuerst in frischem Wasser eingeweicht, sorgfältig ausgedrückt, dann mit Wasser oder verdünnter
Milch zu einem zarten Brei, dem ein klein wenig Zucker zugesetzt wird, verkocht. Den Arrowrootbrei kocht
man ebenfalls mit Milch.
Mit vier Monaten ertragen die Kinder auch schon eine magere Fleischbrühe, in welcher Mehl, Gries, Salep, Sago und dergleichen schleimgebende
Pflanzenstoffe aufgekocht sind. AndreSurrogate der Milch, wie Eigelb, in Wasser gekocht, Salepschleim, überhaupt schleimige
Getränke aus Hafer,
[* 23] Gerste
[* 24] etc., sind nur ausnahmsweise zu empfehlen in Fällen, wo man genötigt ist, verschiedenes
zu versuchen, und namentlich da, wo Neigung zu Diarrhöe besteht. In solchen Fällen wendet man sich am besten an einen Arzt,
da alljährlich zahlreiche neue Präparate auf den Markt gebracht werden, über deren Wert nur die Kritik
eines erfahrenen Sachverständigen entscheiden kann.
Absolut verwerflich ist die Unsitte, den Kindern sogen. Lutscher (Schnuller, Schlotzer, Zulpe etc.)
in den Mund zu geben. Abgesehen davon, daß manche Frauen die Masse, mit welcher sie den Zulp füllen, vorher selbst gekaut haben,
und daß dieses widerliche Verfahren unter Umständen zur Übertragung von Krankheiten auf die Kinder führt:
so ist dieses Beruhigungsmittel auch deshalb zu verwerfen, weil der Zulp oft stundenlang in der Mundhöhle
[* 25] verbleibt, in
saure Gärung übergeht, Pilzbildungen auf der Mundschleimhaut bedingt und katarrhalische Entzündung des Mundes sowie des Magens
und Darmkanals herbeiführt und unterhält.
Daß bei der künstlichen Auffütterung alle Verrichtungen des Säuglings, namentlich die Atmung, die Hautthätigkeit,
der Stuhlgang und der Schlaf, streng zu überwachen sind, versteht sich
von selbst. Besonders große Sorgfalt hat man auch
auf die Reinigung des Mundes zu verwenden, um so mehr, je kleiner die Kinder sind. Wird der Mund nach jeder Mahlzeit durch ein
reines, in Wasser getauchtes Leinwandläppchen, welches man über den Finger stülpt, sorgfältig ausgewischt, so bleibt das
Kind von den schmerzhaften Schwämmchen verschont.
Vgl. v. Ammon,
[* 26] Die ersten Mutterpflichten (26. Aufl., Leipz. 1884);
derGestirne, das Herauftreten der Gestirne über den östlichen Horizont
[* 27] des Beobachters. Man unterscheidet
den wahren und den scheinbaren Aufgang; ersterer erfolgt, wenn der Mittelpunkt des Gestirns in den wahren Horizont eintritt,
also genau 90° vom Zenith des Beobachters entfernt ist, letzterer, wenn der Stern sichtbar wird, was wegen der Strahlenbrechung
[* 28] früher geschieht. Wenn keine große Genauigkeit verlangt wird, so läßt sich die Stunde des Auf- und
Unterganges eines Gestirns für jeden Beobachtungsort und jeden Tag vermittelst der künstlichen Himmelskugel auf folgende Weise
finden. Man richtet zuerst den Globus nach der Polhöhe des betreffenden Orts, führt den Punkt der Ekliptik, in welchem
sich die Sonne
[* 29] an diesem Tag befindet, unter den Meridian und stellt darauf den Zeiger des Stundenkreises bei unverrückter Kugel
auf die obere zwölfte oder Mittagsstunde. Bringt man nun durch Umdrehung der ganzen Kugel den Stern erst in den Ost- und dann
in den Westhorizont, so gibt der sich zugleich drehende Zeiger die entsprechenden Zeiten an. - Bei den
griechischen und römischen Schriftstellern, namentlich den Dichtern, wird von dem Aufgang der Sterne noch in einem andern
Sinn gesprochen.
Man brachte nämlich den Aufgang der Sterne mit dem Auf- und Untergang derSonne in Beziehung, um daraus festere Zeitbestimmungen
zu erhalten, als die damalige ungenaue Berechnung der Jahre gab. Die Alten unterschieden demgemäß drei
verschiedene Arten von Aufgang:
1) Der heliakische Aufgang (ortus heliacus) oder das Hervortreten eines Sterns aus den Sonnenstrahlen findet statt an dem
Tag, wo der Stern in der Morgendämmerung zuerst wieder sichtbar wird. Dieser heliakische Aufgang des Hundssterns
war für Ägypten
[* 30] ein überaus wichtiges Ereignis, weil um diese Zeit die Überschwemmung des Nils anhob. Da Sterne erster Größe
in der Morgendämmerung sichtbar sind, wenn bei ihrem Hervortreten über den Horizont die Sonne noch ungefähr 10° unter letzterm
steht, so findet man den heliakischen Aufgang mittels der künstlichen Himmelskugel für die jetzigen
Zeiten, wenn man den betreffenden Stern unter den Morgenhorizont führt und denjenigen Punkt der Ekliptik bemerkt, welcher alsdann
10° unter dem Horizont liegt. Der Tag, an welchem die Sonne diesen Punkt erreicht, ist der gesuchte. Für ältere Zeiten ist
eine der damaligen, seitdem durch das Vorrücken derÄquinoktialpunkte veränderten Stellung der Gestirne
zur Sonne angemessene Einrichtung des Globus erforderlich.
2) Der kosmische Aufgang (ortus cosmicus) oder der Aufgang eines Sterns gleichzeitig mit der Sonne fällt für nahe bei der
Ekliptik stehende Sterne etwa 12-15 Tage früher als das Hervortreten aus den Sonnenstrahlen. Man findet den Tag
des kosmischen Aufganges unter den obigen Bedingungen, wenn man den Grad der Ekliptik bemerkt, welcher mit dem Stern zugleich
in den Morgenhorizont tritt.
3) Der akronyktische Aufgang
¶
mehr
(ortus acronycticus) oder der Aufgang eines Sterns bei untergehender Sonne ist dem Grade des kosmischen Aufganges diametral
entgegengesetzt und daher um sechs Monate davon unterschieden.
Auch die evangelische Kirche adoptierte die Vorschriften des kanonischen Rechts über das Aufgebot. Dagegen ist durch die Einführung
des Instituts der Zivilehe in dieser Hinsicht eine wesentliche Änderung hervorgerufen worden. Das Aufgebot hat
nunmehr durch den Standesbeamten zu erfolgen. Dasselbe soll die Personalien der Verlobten und ihrer Eltern enthalten und ist
durch zweiwöchigen Aushang bekannt zu geben und zwar in der Gemeinde oder in den Gemeinden, in welchen die
Verlobten ihren Wohnsitz haben.
Wenn einer der Verlobten seinen gewöhnlichen Aufenthalt außerhalb seines gegenwärtigen Wohnsitzes hat, so muß das Aufgebot auch
in der Gemeinde seines jetzigen Aufenthalts erfolgen und, wenn einer der Verlobten seinen Wohnsitz innerhalb der letzten sechs
Monate gewechselt hat, auch in der Gemeinde seines frühern Wohnorts. Das Aufgebot ist nach vorgängiger Prüfung
der Statthaftigkeit der Ehe, welche die Verlobten eingehen wollen, von dem zuständigen Standesbeamten zu erlassen und zu
veranlassen. Es verliert seine Kraft,
[* 32] wenn seit dessen Vollziehung sechs Monate verstrichen sind, ohne daß die Ehe geschlossen
worden ist.
Von dem Aufgebot kann nur die zuständige Staatsbehörde dispensieren. Wird jedoch eine lebensgefährliche
Krankheit, die den Aufschub der Eheschließung nicht gestattet, ärztlich bescheinigt, so kann der Standesbeamte auch ohne
Aufgebot die Eheschließung vornehmen. Wenn übrigens die Kirche diesem staatlichen Aufgebot gegenüber gleichwohl an dem kirchlichen
Aufgebot festhält, so kann dasselbe lediglich als eine Aufforderung zur Fürbitte für die Verlobten aufgefaßt
werden. Die evangelischen LandeskirchenDeutschlands
[* 33] haben zudem das der Kirche meistens auf eine einmalige Proklamierung beschränkt.
Die deutsche Zivilprozeßordnung (§ 823 ff.) gebraucht die Ausdrücke Aufgebot und Aufgebotsverfahren für die
öffentliche gerichtliche Aufforderung zur Anmeldung von Ansprüchen oder Rechten mit der Wirkung, daß die Unterlassung der
Anmeldung einen Rechtsnachteil zur Folge hat (Ediktalladung, Ediktalien). Dieser Rechtsnachteil besteht regelmäßig in dem
Ausschluß des betreffenden Rechts oder des Anspruchs, um welchen es sich handelt. Das Aufgebotsverfahren
gehört zur Zuständigkeit der Amtsgerichte.
Die Bekanntmachung muß durch Anschlag an die Gerichtstafel erfolgen. Enthält das Schriftstück eine Ladung, so ist die zweimalige
Einrückung eines Auszugs des Schriftstücks in dasjenige Blatt,
[* 35] welches für das Prozeßgericht zur Veröffentlichung der
amtlichen Bekanntmachungen bestimmt ist, sowie die einmalige Einrückung des Auszugs in den »Deutschen
Reichsanzeiger« erforderlich. Für die einzelnen Fälle, in welchen das Aufgebot stattfinden kann, ist die Landesgesetzgebung maßgebend,
während das Verfahren durch die deutsche Zivilprozeßordnung geregelt ist.
Besondere Vorschriften sind hier namentlich in Ansehung des Verfahrens zum Zweck der Kraftloserklärung (Amortisation) abhanden
gekommener oder vernichteter Wechsel und kaufmännischer Waren- und Dispositionspapiere getroffen. In solchen
Fällen ist für das Aufgebotsverfahren das Gericht des Orts zuständig, welchen die Urkunde als den Erfüllungsort bezeichnet.
Enthält die Urkunde eine solche Bezeichnung nicht, so ist das Gericht zuständig, bei welchem der Aussteller seinen allgemeinen
Gerichtsstand hat, und in Ermangelung eines solchen Gerichts dasjenige, bei welchem der Aussteller zur
Zeit der Ausstellung seinen allgemeinen Gerichtsstand gehabt hat.
Ist der Anspruch, über welchen die Urkunde ausgestellt ist, in ein Grund- und Hypothekenbuch eingetragen, so ist das Gericht
der belegenen Sache ausschließlich zuständig. Zur Antragstellung ist der aus der Urkunde Berechtigte, bei Inhaberpapieren
und den mit Blankoindossament versehenen, begebbaren Papieren der letzte Inhaber befugt. Der Aufgebotstermin ist in solchen
Fällen auf mindestens sechs Monate hinaus zu bestimmen. In dem Aufgebot ist der Inhaber der Urkunde aufzufordern, spätestens im Aufgebotstermin
seine Rechte bei Gericht anzumelden und die Urkunde vorzulegen.
Als Rechtsnachteil ist anzudrohen, daß die Kraftloserklärung der Urkunde erfolgen werde. Die öffentliche
Bekanntmachung des Aufgebots erfolgt durch Anheftung an die Gerichtstafel und in dem Lokal der Börse, wenn eine solche am Sitz
des Aufgebotsgerichts besteht, sowie durch dreimalige Einrückung in öffentliche Blätter. Das nach fruchtlosem Ablauf
[* 36] der
Aufgebotsfrist zu erlassende Urteil, welches den Eintritt des angedrohten Rechtsnachteils ausspricht, wird
Ausschlußurteil genannt.
Vgl. Daude, Das Aufgebotsverfahren nach preußischem Recht (Berl. 1881);
Über das Aufgebotsverfahren in Patentsachen s. Patentschutz. - In militärischem Sinn versteht man unter den Aufruf des Landesherrn
an das Volk zum Ergreifen der Waffen,
[* 37] dann die aufgebotene wehrfähige Masse selbst. Schon die Hebräer boten,
wenn die Not es forderte, das ganze Volk auf, und die Römer
[* 38] hatten das Aufgebot beim Tumultus. Nach den Völkerwanderungen des 4.-6.
Jahrh. erscheint das Aufgebot als Heerbann und erhält sich noch weit ins Mittelalter hinein. Mit der Einrichtung und Ausbildung der
stehenden Heere verschwinden die Aufgebote der Masse mehr und mehr, und im Anfang des 18. Jahrh. hielt
man sie kaum mehr für möglich.
ein Segel mittels besonderer Taue (Geitaue und Gordings) in großen Bauschen (Bungeln) unter der Raa zusammennehmen,
wenn es der Einwirkung des Windes entzogen werden soll.
und Abgesang, Ausdrücke, womit die Teile der Strophe der alten Minnelieder und der Gesätze des Meistergesangs
bezeichnet werden. Die Strophe oder das »Gesätz« bestand meist aus drei Gliedern, von denen die beiden ersten gleichartig
gebaut waren und zusammen den ersten Teil bildeten. Sie wurden Stollen genannt oder Aufgesang, im Gegensatz zu dem zweiten,
eingliederigen Teil, welcher Abgesang hieß. Der regelmäßige Bau derStrophen war zur Wiederholung der Melodie notwendig, und
deshalb stimmen auch die beiden Stollen im musikalischen Satz miteinander überein, wie z. B. in den meisten
Kirchenliedern.
Doch kommen später Abweichungen sowohl im Bau als in der Stellung der beiden Stollen vor; die Reime nehmen zuweilen eine ungleiche
Richtung an, und nicht überall ist die Silbenzahl der Verszeilen eine übereinstimmende. Besonders liebte man es, die Schlußzeile
des zweiten Stollens zu verlängern. Die Form des Abgesangs, welcher jederzeit anders als die beiden Stollen
gebaut war, ließ eine noch größere Freiheit der Behandlung zu. Die moderne Poesie macht von diesem dreigliederigen Strophenbau
den ausgedehntesten Gebrauch.
(Auftreibung), in der Medizin derjenige Zustand des Körpers oder einzelner Teile und Stellen desselben,
bei welchem das Volumen über das natürliche Maß zugenommen hat, wodurch bisweilen ein hoher Grad von
Spannung hervorgerufen werden kann. Oft ist Aufgetriebenheit s. v. w. Geschwulst,
namentlich diffuse Geschwulst eines Organs. So spricht man von der Drüsen, der Knochen,
[* 43] der Gelenke, welche auf den verschiedenartigsten
krankhaften Zuständen beruhen kann; vgl. Gelenkentzündung. Durch Ansammlung von Wasser oder Luft im Unterhautzellgewebe
entsteht eine Aufgetriebenheit, welche sich über den ganzen Körper erstrecken kann; s. Emphysem. Am häufigsten wird die Aufgetriebenheit des Unterleibs
beobachtet, welche durch Ansammlung von Flüssigkeit oder Luft im Bauchfellraum oder den Därmen (Meteorismus) entstehen kann;
vgl. Bauchfellentzündung.
Zur Darstellung pharmazeutischer Infusa übergießt man die zerkleinerte Substanz in einer verschließbaren Zinnbüchse mit
siedendem Wasser, hängt diese fünf Minuten in ein Dampfbad, läßt dann erkalten, koliert und preßt ab.
die
(aufgehaltene) Kadenz (s. d.), welche zumeist auf den Quartsextakkord der Tonika einsetzt und vor dessen regelrechter Auflösung
in die Dominante ein reiches Passagenwerk einschiebt, und der ihr verwandte Orgelpunkt (s. d.).
Auch der gewöhnliche Vorhalt
und in gewissem Sinn auch der Trugschluß sind als Aufhaltungen zu bezeichnen.
der von einzelnen (Spekulanten) in sehr umfangreichem Maß bewirkte Ankauf einer Ware auf einem ganzen Gebiet
ihrer Produktion. Eine derartige Vereinigung von begehrten Waren in der Hand eines oder
weniger Spekulanten kann bei geschickter
Ausführung dem Aufkäufer (accapareur) großen Gewinn abwerfen. Denn derPreis kann bei im übrigen gleicher Marktlage
bei mangelnder Konkurrenz der Verkäufer höher gehalten werden, als wenn die Furcht, durch andre vom Markt verdrängt zu werden,
dazu antreibt, die Ware zeitiger loszuschlagen.
Solche Gewinne sind insbesondere bei unentwickeltem Verkehr möglich, der dem Aufkäufer unentbehrlicher Güter den Markt zu
beherrschen gestattet. Um dies zu verhüten, wurde früher vielfach der Aufkauf insbesondere von
Lebensmitteln als wucherisches Treiben verboten. Ein solches Verbot ist unnötig, sobald mit Verbesserung der Transportmittel
das Marktgebiet erweitert und die Preisgestaltung von individueller Laune und Zufälligkeit mehr unabhängig gemacht wird.
Kann es auch dann einer Koalition von Spekulanten gelingen, Preise von Waren ungewöhnlich hoch zu treiben,
so ist dies doch für ein großes Gebiet auf die Dauer nicht möglich. Der Aufkäufer darf eine gewisse, nicht allzuhoch
liegende Preisgrenze nicht übersteigen, wenn er nicht schließlich selbst Verlust erleiden will. Bei genügend entwickeltem
Verkehr wirkt der Aufkauf im ganzen vorteilhaft, indem er eine angemessene zeitliche und örtliche Ausgleichung
von Mangel u. Überfluß und damit eine größere Preisstetigkeit hervorruft.
kommt mit Unterricht (s. d.) darin überein, daß sie, wie dieser, richtige oder doch
für richtig gehaltene Begriffe zu verbreiten sucht, unterscheidet sich aber von demselben dadurch, daß sie nicht, wie dieser,
dieselben dort erzeugt, wo überhaupt keine, sondern dort, wo (ihrer Meinung nach) unrichtige Begriffe
vorhanden sind. Dieselbe tritt daher nicht, wie der Unterricht, der vor sich tabula rasa findet, von vornherein belehrend,
sondern in erster Reihe bisheriges Fürwahrhalten zerstörend (negativ, kritisch) und erst in zweiter Reihe aufbauend (positiv,
konstruktiv), d. h. Neues an die Stelle des bisher Fürwahrgehaltenen setzend, auf. Je nachdem die Begriffe,
welche die Aufklärung zu beseitigen trachtet, wirklich unrichtig, diejenigen, die sie an deren Stelle zu setzen sich bemüht, wirklich
richtig sind oder das Gegenteil, unterscheidet man wahre und falsche Aufklärung; je nachdem sowohl die Beseitigung
des Alten als die Einführung des Neuen wissenschaftlich begründet oder das eine wie das andre durch
andre als wissenschaftliche Motive unterstützt wird, unterscheidet man wirkliche (wissenschaftliche) und seichte (populäre)
Aufklärung; je nachdem bloß schädliche Irrtümer (Wahn und Aberglaube) um ihrer schädlichen Folgen willen entfernt oder auch harmlose,
ja wohlthätige Illusionen (Märchen, Volksglaube) um des Scheins der Aufgeklärtheit willen beseitigt werden,
unterscheidet man notwendige und überflüssige Aufklärung (»Aufkläricht«).
Insofern die Aufklärung bisher Fürwahrgehaltenes angreift, hat sie diejenigen, welche daran festhalten (Konservative), und zwar sowohl
die Gläubigen (aus Überzeugung) als die Gewohnheitsmenschen (aus Trägheit) und die Stabilitätsmenschen (aus Achtung für
den Bestand) zu natürlichen, aber, wenn die Aufklärung die wahre ist, nicht zu fürchtenden
Gegnern, dagegen alle diejenigen, welche dasselbe verneinen, ohne ein andres an dessen Stelle zu setzen (Radikale), also sowohl
die Skeptiker (aus Überzeugung von der Unmöglichkeit der Erkenntnis der Wahrheit) als die Indifferentisten (aus Gleichgültigkeit
gegen die Wahrheit) und die Nihilisten (aus Überzeugung vom Nichtbestand einer Wahrheit), zu ebensolchen,
aber, weil sie nicht bloß den Glauben an das Bisherige, sondern auch den an
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das künftig Herbeizuführende vernichten, gefährlichen Bundesgenossen. Repräsentantin der Aufklärung ist im allgemeinen die Wissenschaft,
insofern sie an die Stelle mehr oder weniger verworrener, ganz oder teilweise eingebildeter Vorstellungen von den Dingen auf
Anschauung und Erfahrung gegründete Begriffe, unter den Wissenschaften selbst aber insbesondere die Philosophie, insofern sie
durch Bearbeitung dieser an die Stelle undenkbarer oder nur in beschränktem Kreis
[* 45] gültiger notwendig
und allgemein als wahr zu denkende Begriffe setzt. Je nach dem Gegenstand der wirklichen oder vermeintlichen Irrtümer, welche
entwurzelt, und der (gleichfalls wirklichen oder nur vermeintlichen) Erkenntnisse, welche statt derer zur Herrschaft gebracht
werden sollen, unterscheidet man religiöse, moralische, politische, naturwissenschaftliche, geschichtliche
etc. Aufklärung. Zur Verbreitung derselben haben in neuerer Zeit vornehmlich die sogen.
Deisten und Locke in England, die Herausgeber der »Encyklopädie«, Voltaire und Rousseau in Frankreich, die rationalistischen Philosophen
und Theologen der Leibniz-Wolfschen und die Führer der sogen. »Popularphilosophie«,
welche für sich den Namen »Aufklärungsphilosophie« in Anspruch nahm,
Mendelssohn und Nicolai, sowie im höhern und höchsten SinnLessing und Kant inDeutschland, endlich die »Philosophen auf dem Thron«,
[* 46] Friedrich d. Gr., Joseph II. und Katharina II., beigetragen, daher deren Zeitalter und das 18. Jahrh. überhaupt als das Zeitalter
der Aufklärung bezeichnet zu werden pflegt.
Vgl. Kant, Was ist die A.? (im 4. Bd. der
Werke, hrsg. von Hartenstein, Leipz. 1867);
Lecky, Geschichte des Ursprunges und Einflusses der in Europa
[* 47] (a. d. Engl. von Jolowicz, 2. Aufl.,
das. 1873, 2 Bde.);
Reuter, Geschichte der religiösen Aufklärung im Mittelalter (Berl. 1875-1877, 2 Bde.).
militärisch die Thätigkeit namentlich der vor derFronte eines Heers sich befindenden
Kavallerie, deren Aufgabe es ist, von der Versammlung und den Bewegungen des feindlichen HeersKunde zu verschaffen.
die Anordnung eines von den Staats- oder Ortsbürgern zu entrichtenden Beitrags zur Befriedigung
öffentlicher Bedürfnisse; dann dieser Beitrag selbst; im allgemeinern SinnGebühren wie Steuern umfassend. Man hat früher
in vielen Ländern staatsrechtlich zwischen Auflagen und Abgaben oder Steuern unterschieden, insofern man nur die von den Landständen
bewilligten Leistungen Abgaben oder Steuern nannte, wogegen die Entrichtungen, die auch ohne ständische
Bewilligung zu leisten waren, Auflagen genannt wurden, weil die Regierung diese Last aufgelegt hatte. In einem andern Sinn werden
heute bisweilen auch unter Auflagen vorzugsweise die indirekten Steuern verstanden. Der Ausdruck Auflage wird jedoch immer seltener
angewendet. Gemeinde- und Kreisauflagen werden oft kurzweg Umlagen (s. d.) genannt. In der amtlichen Sprache
[* 48] ist Auflage (praeceptum) eine obrigkeitliche Verfügung, durch welche jemand etwas aufgegeben oder untersagt wird.
Im Buchhandel versteht man unter Auflage die Zahl der von einem und demselben Drucksatz abgezogenen Exemplare. Der Schriftsteller,
der mit einem Verleger über den Druck seines Werks unterhandelt, überläßt es diesem entweder gegen
einen Aversionalpreis für immer, oder er überträgt ihm nur das Recht zur einmaligen Auflage. Im letztern Fall
pflegen beide darüber
übereinzukommen, aus wieviel Exemplaren diese Auflage bestehen soll, und der Schriftsteller kann keine neue Auflage wider den Willen
des Verlegers veranstalten, bevor nicht die erste verkauft ist.
Nicht selten geschieht es jedoch, daß beide Teile schon im voraus über die bei künftigen Auflagen
zu beobachtenden Bedingungen übereinkommen; ist die Zahl der Exemplare einer Auflage im Kontrakt bestimmt, so muß der Verleger
zu jeder neuen Auflage die Einwilligung des Verfassers einholen und sich neuerdings mit ihm darüber vertragen. Dem
Verfasser ist es daher in der Regel unverwehrt, fernere Auslagen, nachdem die erste abgesetzt worden, demselben oder auch
einem andern Verleger zu übergeben.
Ist die Zahl der Exemplare der Auflage nicht bestimmt, der Verleger aber gleichwohl inhaltlich des Vertrags nur zur Veranstaltung
einer Auflage berechtigt, so bestimmt sich die Zahl der Exemplare durch Handelssitte, nötigenfalls ist richterliches
Ermessen entscheidend. Das deutsche Bundes- (Reichs-) Gesetz über das Urheberrecht vom bezeichnet die Anfertigung
einer größern Anzahl von Exemplaren eines Werks seitens des Verlegers, als demselben vertragsmäßig oder gesetzlich zukommt,
als Nachdruck (s. Urheberrecht).
Wenn dagegen über die Zahl der Abdrücke eines Werks und über das Erfordernis der Einwilligung des Verfassers
zu weitern Vervielfältigungen nichts bedungen ist, so darf der Verleger der ersten Auflage jederzeit so viel neue Exemplare, als
ihm beliebt, drucken lassen. Mit Auflage bezeichnet man auch den wiederholten Abdruck eines Werks: zweite etc. Auflage, neue Auflage (impressio
nova). Etwas andres ist die Ausgabe (s. d.), wenn auch die Bezeichnungen Ausgabe und Auflage vielfach als gleichbedeutend gebraucht
werden. Wird einer bloßen neuen Ausgabe zum Zweck des weitern Verkaufs ein neuer Titel mit veränderter Jahreszahl vorgedruckt,
so nennt man dieselbe auch Titelauflage.
der gerichtliche Akt, durch welchen der Inhaber eines Eigentums- oder sonstigen dinglichen Rechts an Grundstücken
dieses sein Recht auf einen andern überträgt. Die früher angewandte Form der dem deutschen Recht eigentümlichen Auflassung war
die gerichtliche Investitur, d. h. die feierliche Erklärung des bisherigen Inhabers des Grundstücks, daß
er sein Recht aufgebe, worauf dann der Erwerber die Annahme des aufgelassenen Rechts erklärte. Hiermit war häufig eine symbolische
Übergabe des Grundstücks durch Darreichung eines Halms, Zweigs, einer Scholle etc. verbunden. Am längsten haben sich diese
Grundsätze beim Lehen erhalten, sonst aber ist seit der Einführung des römischen Rechts für die Fälle,
in welchen ehemals jene formelle Auflassung die notwendige Erwerbungsart war, die Übergabe der Sache an deren Stelle getreten; doch
hat sich neben dieser der Grundsatz erhalten, daß die gerichtliche Mitwirkung ein wesentliches Erfordernis für die Übertragung
von Grundstücken ist.
Die dabei zu beobachtende Form ist nicht überall dieselbe. Bisweilen ist eine bloße Anmeldung vor Gericht
zum Zweck der Umschreibung in den Erb- und Lagerbüchern auf den Namen des neuen Erwerbers hinreichend, bisweilen aber werden
die Prüfung und Bestätigung des betreffenden Vertrags durch den Richter gefordert. Am nächsten kommt dem ursprünglichen
Institut die Einrichtung derjenigen Gesetzgebungen, so der sächsischen und österreichischen, welche den
Eigentumsübergang nicht
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