Die Behandlung des Asthmas hat die Aufgabe, die einzelnenFälle abzukürzen und zu mildern sowie die
Wiederkehr neuer Anfälle zu verhüten. Ein vortreffliches
Mittel, den Anfall zu mildern, ist die Einatmung komprimierter
Luft. Allein da hierzu komplizierte
Apparate notwendig sind, so läßt sich dieses rationelle
Mittel nur äußerst selten in
Anwendung bringen. Man muß sich damit begnügen, den Kranken von beengenden Kleidungsstücken zu befreien
und im
Krankenzimmer für reine, warme und trockne
Luft zu sorgen.
Zweckmäßig ist es, dem Kranken eine
Tasse starken
Kaffee oder kleine
Portionen von Fruchteis zu reichen. Daneben werden Hautreize
angewendet, namentlich warme
Hand- und
Fußbäder sowie
Senfteige, welche man auf die
Brust, die Vorderarme und
Waden legt. Am sichersten ist die
Wirkung der narkotischen
Mittel, namentlich des
Morphiums und des
Chloroforms, welches eingeatmet
vorzügliche
Dienste
[* 3] leistet und am schnellsten Erleichterung verschafft. Das
Rauchen von Stechapfelblättern (käuflich als
Stramonium-Zigarren) und das Einatmen der
Dämpfe von verbranntem
Salpeterpapier gewährt manchmal
Hilfe, doch ist der Erfolg
kein sicherer. In schweren
Fällen ist die Anwendung eines
Brechmittels am Platz. Um die Wiederkehr neuer
Anfälle zu verhüten, muß der Kranke alle Schädlichkeiten und alle Umstände vermeiden, welche nach seiner persönlichen
Erfahrung früher Anfälle bei ihm hervorgerufen haben.
Diese Schädlichkeiten und zufälligen Umstände sind bei den einzelnen Individuen überaus verschieden, sie
erscheinen häufig wahrhaft barock, und meist ist nicht einzusehen, wie sie einen Anfall hervorzurufen im stande sein sollten.
Allein daran darf man sich nicht kehren. Für alle
Patienten empfiehlt sich der Aufenthalt in trockner, reiner
Luft; staubige,
mit
Rauch erfüllte
Räume, windige
Plätze sind zu vermeiden. Auch ist auf eine mäßige Lebensweise und
auf nicht zu langen
Schlaf zu halten.
Kreishauptstadt in der ital.
ProvinzAlessandria, am Einfluß des Borbore in den
Tanaro und an der
Eisenbahn von
Alessandria nach
Turin,
[* 5] in fruchtbarer Gegend gelegen, hat alte, halbverfallene Ringmauern mit
Türmen,
eine sehenswerte gotische
Kathedrale, 1348 geweiht, eine
Statue des hier gebornen Dichters
Alfieri, trefflichen Weinbau
(Vino
d'A., ein moussierender Muskatwein), Seidenmanufakturen, ehemals berühmte Buchdruckereien, zwei
Messen, lebhaften
Handel,
zählt (1881) 17,340 Einw. und ist Bischofsitz. - Asti, im
Mittelalter eine
Freie Stadt, fiel 1340 in die
Gewalt derVisconti, durch die es an
Frankreich und nach dem
Frieden von
Cambrai an
Karl V. kam, welcher es an
Savoyen abtrat.
(griech., »Punktlosigkeit«,
wobei man einen
Punkt verzogen, als
Streifen, sieht), diejenige Form der Sehstörung, bei welcher die Gegenstände nach der
einen oder andern
Richtung hin verzogen und mit verschwommenen
Konturen erscheinen. Diese
Störung beruht
auf einer
Asymmetrie des lichtbrechenden
Apparats im
Auge,
[* 6] zunächst auf einer unregelmäßigen
Krümmung der Hornhautoberfläche
und der
Kristalllinse. Auch am gesunden
Auge sind die genannten Teile nicht vollkommen symmetrisch gebaut, allein die
Asymmetrie
ist
hier eine so geringfügige, daß sie für gewöhnlich von keiner wahrnehmbaren
Störung begleitet
ist.
Die
Hornhaut ist nämlich nicht das
Segment einer Kugelfläche, sondern sie ist normalerweise in der
Richtung von
oben nach unten
stärker gekrümmt als in der
Richtung von rechts nach links.
Daher wird uns eine
Linie von bestimmter absoluter
Länge in querer
Richtung kleiner erscheinen, als dieselbe
Linie in senkrechter
Richtung bei derselben
Distanz erscheint.
In einzelnen
Fällen erreicht nun die schon in normaler
Weise vorhandene
Asymmetrie des dioptrischen
Apparats im
Auge eine solche
Höhe, daß dadurch eine fühlbare Mangelhaftigkeit der
Sehschärfe bedingt wird.
Besonders tritt dies bei weiter Öffnung der
Pupille ein, weil dann die dem
Mantel des Lichtkegels entsprechenden
Strahlen wegen der größern Verschiedenheit der Hornhautkrümmung auch eine sehr ungleichmäßige
Brechung
[* 7] erleiden. Auch
die
Größe des
Gesichtswinkels, unter welchem die betrachteten
Objekte dem
Auge sich darbieten, ist hierauf von Einfluß.
Daher
übersehen ^[richtig: erreichen] solche Individuen, welche sich nur mit groben Gegenständen beschäftigen, oftmals solche
Grade von Astigmatismus, welche bei feinern
Arbeiten, beim
Lesen und Schreiben, schon sehr störend wirken.
Bei höhern
Graden des Astigmatismus ist die Gesichtsstörung immer eine sehr auffällige, und die Kranken klagen über mangelhafte
Sehschärfe. Sie bedürfen sowohl beim
Fern- als Nahesehen größerer
Gesichtswinkel, damit ihre
Wahrnehmungen einen befriedigenden
Grad von Deutlichkeit gewinnen. Sie sehen die Gegenstände verzogen und an den Rändern verschwommen,
ohne scharfe
Grenzen.
[* 8] Ein Lichtpunkt erscheint als senkrechter oder wagerechter Lichtstreifen. Die
Störung wird in vielen
Fällen dadurch bis zu einem gewissen
Grad ausgeglichen, daß der Kranke den
Kopf schräg hält und die Lichtstrahlen durch
nahezu symmetrischeMeridiane der Hornhautfläche fallen läßt, wodurch die
Bilder weniger verzogen und
schärfer erscheinen.
Die objektive Untersuchung des astigmatischen
Auges ist ziemlich umständlich. Das Vorhandensein des der
Grad desselben, die
Richtung der Hornhautmeridiane, deren
Krümmung ein
Maximum oder
Minimum ist, kann nur von einem Spezialaugenarzt mit Sicherheit
ermittelt werden, zumal da der Astigmatismus häufig mit
Kurzsichtigkeit,
Übersichtigkeit und andern
Störungen kombiniert
ist. Übrigens verraten sich hohe
Grade des Astigmatismus mitunter schon durch die eigentümliche Gestaltung der
Hornhaut, welche in die
Länge oder Quere verzogen erscheint.
Manchmal läßt sich sogar die abweichende
Krümmung verschiedener Hornhautmeridiane mit dem bloßen
Auge direkt wahrnehmen.
Der Astigmatismus wird in der
Regel, wenigstens in seiner
Anlage, mit auf die
Welt gebracht, kann sich jedoch auch
infolge mannigfacher krankhafter Vorgänge am
Auge in den spätern Lebensperioden entwickeln. Der angeborne Astigmatismus erweist sich
öfters als ein erblicher Zustand. Bei männlichen Individuen scheint er öfter als bei weiblichen vorzukommen. Er
betrifft gewöhnlich beide
Augen, diese aber nicht immer in gleichem
Grade.
Die den Astigmatismus charakterisierende Gesichtsstörung wird gewöhnlich erst in den spätern Kinderjahren entdeckt.
Solange die
Akkommodation des
Auges noch eine sehr leichte ist, wird der Fehler weniger fühlbar sein oder wohl selbst ganz
übersehen werden. Sobald aber im reifen
Alter die Akkommodationsbreite mehr und mehr abnimmt, werden
selbst schwächere
Grade des Astigmatismus unangenehm empfunden und führen, wenn beide
Augen betroffen sind, leicht zur
Schwachsichtigkeit,
da
sie den Kranken behufs des Scharfsehens zwingen, die
Objekte näher zu halten,
¶
mehr
als dies dem allgemeinen Einstellungsverhältnis des Auges entspricht. Ist nur ein Auge von Astigmatismus höhern Grades betroffen, so
vernachlässigt der Kranke gewöhnlich dieses Auge, dasselbe wird schwachsichtig, und der Kranke richtet seine Aufmerksamkeit
nur auf diejenigen Eindrücke, welche ihm das gesunde Auge vermittelt. Der Astigmatismus wird erworben durch alle entzündlichen
Prozesse, in deren Gefolge die Hornhaut Hervorwölbungen oder Verflachungen erleidet. Bei trüben Flecken oder Narben in der Hornhaut
ist der Astigmatismus fast immer, nach Staroperationen selten in sehr fühlbarer Weise vorhanden.
Der Astigmatismus kann korrigiert werden durch Glaslinsen, deren eine oder beide Oberflächen in eine konkave oder
konvexe oder cylindrische Krümmung geschliffen sind, wobei es auf genaue Einstellung der Gläser ankommt.
Man bringt daher die Gläser vorher in eine runde Fassung und ermittelt durch Drehung des Glases die richtige Stellung seiner
Achsen zum Auge. Ist diese gefunden, so kann man die Gläser leicht in die beliebte Ovalform schleifen lassen. Ist
der Astigmatismus mit Kurzsichtigkeit oder Übersichtigkeit verbunden, so müssen sphärisch-cylindrische Brillengläser angewendet werden,
d. h. Gläser, deren eine Fläche cylindrisch geschliffen ist und den Astigmatismus korrigiert, während die andre, sphärisch geschliffene
zur Korrektur der Kurzsichtigkeit oder Weitsichtigkeit bestimmt ist.
Auch im altdeutschen Recht kommt
etwas Ähnliches vor im Institut der Wergelder, welche der Verbrecher an den Verletzten oder dessen Familie
zahlen mußte, um die Fehde und Selbstrache abzukaufen, und wobei jede einzelne Verletzung oder Verstümmelung ihre bestimmte
Bußgeldtaxe hatte.
Von seinem Bruder mit einem Kapital unterstützt, eröffnete er nach seiner Rückkehr nach New York ein
Pelzgeschäft, das er durch direkten Verkehr mit den Indianern bald zu hoher Blüte
[* 18] brachte. Um sein Geschäft über den nordwestlichen
Teil Nordamerikas auszudehnen, rüstete er mit Genehmigung der Regierung zwei Expeditionen, die eine zu Wasser, die andre
zu Lande, nach dem Oregongebiet aus, wo 1811 an der Mündung des Columbiastroms eine Niederlassung gegründet ward, die
man zu Ehren des Unternehmers Astoria
(s. d.) nannte.
Dem gewinnreichen Handel, der von hier aus teils mit den Indianern, teils nach den russischen Besitzungen und nach China
[* 19] getrieben
ward, machte der Krieg mit England 1812 ein Ende. Seinen großen Reichtum erwarb sich Astor weniger durch seine
großartigen Geschäfte als durch glückliche Spekulationen in Grundeigentum in den durch starke Einwanderung rasch emporblühenden
nordwestlichen Staaten der Union und in New York selbst. Er starb mit Hinterlassung eines Vermögens von 20 Mill.
Doll. Zu Gründung (1849) der nach ihm genannten Astorbibliothek in New York hatte er 400,000 Doll. ausgesetzt,
wozu sein 1875 zu New York verstorbener Sohn William später noch 200,000 Doll. hinzufügte. Die Bibliothek zählte 1880: 192,547
Bände. In seinem Geburtsort Walldorf stiftete Astor eine 1854 eröffnete Anstalt (Astorhaus) zur Erziehung
von armen Kindern und zur Versorgung für alte hilfsbedürftige Personen.
Bezirksstadt in der span. ProvinzLeon, am Tuerto und an der spanischen Nordwestbahn, mit starken, aus der
Römerzeit stammenden Mauern und den Trümmern eines alten Schlosses, hat eine prächtige Kathedrale und (1878) 4483 Einw.,
welche Schokoladefabrikation, Leinenspinnerei und -Weberei betreiben. - Astorga, seit dem 3. Jahrh. Bischofsitz,
ist das alte Asturica Augusta, Hauptstadt der Asturier. Im J. 1810 that sich die Stadt durch tapfere Verteidigung gegen die
Franzosen hervor.
Nachdem er diesen wegen eines Verhältnisses mit der Tochter des Herzogs hatte verlassen müssen, führte er ein unstetes
Wanderleben in Spanien,
[* 24] Portugal, Italien,
[* 25] England und verbrachte seine letzten Lebensjahre in einem Kloster zu Prag,
[* 26] wo er starb.
Von Astorgas Kompositionen, bestehend in geistlichen Werken, Opern, Kammerarien etc., ist das »Stabat mater«
(in neuer Bearbeitung vonRob. Franz erschienen, Halle
[* 27] 1864) mit Recht auch von der Gegenwart als klassisch anerkannt.
Stadt im nordamerikan. StaatOregon, 18 km oberhalb der Mündung des Columbia
[* 28] in das StilleMeer, mit Hafen für
Schiffe
[* 29] von 7 m Tiefgang, Konservenfabriken für die im Columbia in Menge gefangenen Lachse und Ausfuhr derselben
sowie von Getreide
[* 30] und (1880) 2803 Einw. Von Agenten des Pelzhändlers Astor (s. d.) 1811 gegründet, hat der Ort den ihm prophezeiten
Aufschwung nicht genommen.
(Asterabad), pers. Provinz, am KaspischenMeer, grenzt im N. an den Meerbusen von Astrabad und die
Turkmenenwüste, im S. an das Elburzgebirge, gegen W. an Masenderan und umfaßt ca. 14,500 qkm (265 QM.) mit 80,000 Einw. Die
Provinz ist überaus waldreich; riesige Exemplare von Parrotia persica, Pterocarya caucasia, Quercus¶
mehr
castaneafolia bedecken die Abhänge der Berge; der Weinstock gedeiht wild. Das Klima
[* 35] ist feucht und ungesund; zahlreiche Waldbäche
stürzen dem Meer zu. Die Bewohner, teils Sunniten, teils Schiiten, sind wenig thatkräftig, mit Ausnahme der Gudaren, eines
von den Persern verachteten, von den Turkmenen aber gefürchteten Volksstammes, der Ackerbau, Viehzucht und
[* 36] Seidenbau
treibt, auch viele Früchte trocknet. Das Land ist beim Mangel an Straßen schwer zugänglich. Im Sommer dienen die sandigen
Flußbetten als Wege; die im 17. Jahrh. von SchahAbbas angelegte prachtvolle Chaussee ist zerstört.
Die frechen Einfälle der Turkmenen haben seit der Erweiterung der russischen Macht bis an den Atrek fast
ganz aufgehört. Die gleichnamige Hauptstadt (das Zadrakarta der Alten?) liegt unfern des KaspischenMeers, 116 m ü. M., am
Fuß eines stark bewaldeten Höhenzugs. Sie ist der Stammsitz der jetzt in Persien
[* 37] regierenden Königsfamilie der Kadscharen
und hat 1350 massiv gebaute Häuser mit 395 Verkaufsläden und 47 Moscheen. Die ehemaligen Befestigungen
liegen in Trümmern. Am Anfang der zwei großen Handelsstraßen nach Herat-Meschhed und Ispahan-Teheran gelegen, die sich südöstlich
davon bei Bastam gabeln, trieb Astrabad einst einen lebhaften Handel und soll noch 1808 von 15,000 Familien bewohnt gewesen sein;
sie wählte nach Melgunow (1860) nur 10,000, nach Brugsch gar nur noch 5000 Einw. Der Handel beschränkt
sich auf den Verkauf der Erzeugnisse der Provinz; der Export geht in Ges vor sich, einem Dorf westlich von Astrabad, 4 km vom KaspischenMeer gelegen, wo die Russen seit 1844 einen Verkehr in Gang
[* 38] brachten.
Die Oberfläche hat eine Neigung nach SO. zur Seite der Wolga hin, in welcher Richtung auch einige Steppenflüsse auf der linken
Seite in die Wolga einmünden; nur im südwestlichen Teil des Gouvernements findet eine geringe Bodenerhebung
statt. Auf dem linken Ufer der Wolga begegnet man nur einzelnen wenig bedeutenden hügeligen Erhebungen, das rechte Ufer dagegen
ist ein wenig höher und steiler als das linke, daher auch die rechte Seite die Bergseite, die linke
die Wiesenseite genannt wird. Astrachan ist ein Tiefland mit vielen Salzseen, Sümpfen und Triebsandrayons.
Man rechnet gegen 700 Salzseen mit einem Flächenraum von 828 qkm. Die bedeutendsten sind: der Kamüsch-Samara,
eigentlich ein Komplex von Seen und Sümpfen im W. des Landes, die Salzsümpfe Chaki, der SalzseeElton, der Bozkuntschatsee
am Bogdoberg etc., alle östlich von der Wolga, dem Hauptstrom des Gouvernements. Die obere Erdschicht besteht aus mit Sand,
Meerschlamm und Muscheln
[* 39] vermengtemLehm. Das Klima dieses unter gleichem Breitengrad mit den fruchtbaren Gegenden Süddeutschlands
und Mittelfrankreichs gelegenen Gouvernements hängt vorzüglich von der Stärke
[* 40] und Richtung des Windes ab. Im
Winter bringen Nord- und Nordostwinde starke Kälte, die nicht selten bis auf -36° C. steigt; im
Sommer treten, nach drückender
Hitze von 35° C. im Schatten,
[* 41] bei plötzlich sich erhebendem Nordwind kalte Tage ein.
Das astrachanische Kosakenheer verteilt sich auf 72 Bezirke an beiden Ufern der Wolga in den GouvernementsSaratow und in welch
letzterm 11 Stanizen sind (s. Kosaken). Die Kalmücken (s. d.), ca. 120,000, nomadisieren in der westlichen Wolgasteppe, südlich
von Zarizyn auf einem Flächenraum von 85,800 qkm (1558 QM.). Die astrachanischen
Tataren teilt man in Ghilanische, Bucharische und Agrischanische (Bastarde); die beiden erstern sind benannt nach dem Land,
aus welchem sie stammen, die letztern hervorgegangen aus der Ehe tatarischer Weiber und hier angesiedelter Inder.
Sie wohnen meist unter Zelten und nomadisieren; die geringere Anzahl wohnt in Städten und Dörfern, wo
sie Handel und allerlei Gewerbe, auch Acker- und Gartenbau treiben. Sie sind eigentlich Nogaier und machen etwa 8000 Familien aus;
dazu kommen aber an der untern Achtuba noch ungefähr 1000 Jurten Kundurowsche Tataren und die Kisilbaschen oder persischen
Kolonisten, die jedoch nicht zahlreich sind. Die astrachanische (innere) Kirgisenhorde zählt 169,000
Köpfe auf einem Gebiet von fast 60,000 qkm (1080 QM.). Die Hälfte der Bevölkerung
[* 51] gehört der griechisch-katholischen Kirche
an (50 Proz.), außerdem leben hier Sektierer, Armenogregorianer, Protestanten, Katholiken etc.; die Mohammedaner haben 74 Moscheen,
die Kisilbaschen sind Feueranbeter, die Inder bekennen sich zur Religion des Brahma, die Kalmücken sind Buddhisten.
Hauptnahrungs- und Erwerbszweige der Einwohner sind Ackerbau, Viehzucht undFischerei.
[* 52] Vom Gesamtareal sind nur 2518 qkm Ackerland,
10,682 qkm Grasland, 915 qkm Wald; der Rest, also mehr als 80 Proz., ist unproduktiv. Der Ackerbau ist infolge der ungünstigen
Bodenverhältnisse wenig entwickelt, zur Viehzucht dagegen ist das Steppengebiet wie geschaffen; man zählte
1876: 142,000 Pferde, 497,000 Stück Hornvieh, 1,386,000 Schafe, 52,800 Ziegen, 52,000 Schweine, 58,000 Kamele. Im J. 1882 hatten
im Gouvernement von den frühern gutsherrlichen Leibeignen erst 1916 das Eigentumsrecht an den Ländereien erworben und
standen 3458 noch in zeitweilig verpflichtenden Beziehungen zum Gutsbesitzer.
¶
Die gleichnamige Hauptstadt des Gouvernements (im Mittelalter Dschitarchan und Ginterchan) liegt unter
41° 39' nördl. Br. und 42° 58' östl. L. v. Gr., zwischen den Mündungsarmen
der Wolga, 66 km von deren Mündung, auf der hügeligen Wolgainsel Seitza, von Obst- und Weingärten umgeben, und ist eine
der reichsten und größten Städte Rußlands. Sie besteht aus der Festung
[* 59] (Kreml), der Weißen Stadt (Beloigorod) und 16 Vorstädten
(Sloboden); aber nur der Kreml und die Weiße Stadt haben Steinhäuser, die Sloboden, von denen die kasanische, sibirische und
tatarische die größten sind, enthalten nur hölzerne Gebäude und unregelmäßige, kotige und ungepflasterte Straßen.
Mittendurch zieht sich der Länge nach ein Kanal,
[* 60] welcher den Wolgaarm Kutum mit der Wolga verbindet. Die
Stadt hat 37 griechische, 2 katholische, 1 protestantische und 4 armenische Kirchen, 15 Moscheen und eine lamaitische Pagode.
Die schönste Kirche ist die auf dem höchsten Hügel im Kreml befindliche Kathedrale mit fünf Kuppeln, 1696 unter Peter d. Gr.
erbaut. Wissenschaftliche Anstalten sind 1 Priesterseminar, 2 Kreisschulen, 1 Gymnasium, 1 armenische
Schule und zahlreiche andre Unterrichtsanstalten, 1 botanischer Garten
[* 61] und 1 Gouvernementsbibliothek.
GroßeMessen versammeln viele Tausende von Menschen, und drei große Bazare oder Chane sind nach asiatischer
Art für die vornehmsten Handelsgeschäfte bestimmt. Die Hauptartikel der Einfuhr sind Rohbaumwolle, Früchte und Fische, die
der AusfuhrWoll- und Baumwollwaren, unbearbeitete Metalle, Metallwaren und Thongeschirre. Der Wert derEinfuhr belief sich 1881 auf 3 Mill.,
der der Ausfuhr auf 2,6 Mill. Rub. Auch die Industrie ist beträchtlich; sie erstreckt sich auf Schiffbau,
Färberei, Seidenmanufaktur, Chagrinbereitung (aus den harten Rückenstücken von Pferdehäuten), Talgschmelzerei, Thransiederei,
Seifenfabrikation
(sogen. tatarische Seife aus Seehundsthran) etc. Von außerordentlichem Belang ist der Fischfang.
Die hiesigen Fischereien, nächst denen von Neufundland die größten der Welt, werden von der Krone verpachtet,
beschäftigen viele Tausende von Menschen und liefern im Durchschnitt jährlich über 100,000 Hausen, 300,000 Störe (für Kaviarbereitung
ist der wichtigste Ort Rußlands), 1½ Mill. Serugen und eine ungeheure Menge kleinerer Fische; auch der Robbenschlag ist sehr
bedeutend. Astrachan ist Sitz eines griechisch-katholischen und eines armenischen Erzbischofs und einer lamaitischen
geistlichen Vorsteherschaft, ferner Sitz der Admiralität, welcher die Kaspiflotte, die Schiffswerfte und das kaiserliche
Kontor der Fischerei unterstellt sind. In der Nähe der Stadt ziehen die Tataren viele und vorzügliche Küchengewächse und
Obst, namentlich Weintrauben, Melonen und Arbusen; die Trauben von Astrachan sind berühmt und werden durch ganz
Rußland versandt.
Astrachan wird von arabischen Schriftstellern unter dem Namen Torgichan schon frühzeitig erwähnt und war im 13. und 14. Jahrh.
ein Sammelplatz indischer Waren. Der tatarische Eroberer Timur zerstörte die Stadt 1395; aber schon 1475 taucht sie wieder
als ein auch von Russen stark besuchter wichtiger Handelsplatz auf, und 1485 wurde sie Sitz eines tatarischen
Chans. Im J. 1554 eroberte der ZarIwan Wasiljewitsch IV. es brach indessen gleich darauf ein Aufstand aus, und Astrachan mußte 1557 zum
zweitenmal endgültig erobert werden und bildete fortan die Hauptstadt des Zartums Astrachan, welches die jetzigen
Gouvernements Astrachan, Samara, Orenburg, Saratow und Stawropol umfaßte. Im 17. Jahrh. war Astrachan vielfach den Eroberungszügen
mancher Rebellenscharen ausgesetzt. So zogen die aufrührerischen Kosaken 1670 unter Stenka (Stephan) Razin vor Astrachan; mit 2600 Strelitzen
und 50 Feldstücken zog ihnen der Gouverneur entgegen.
Doch gingen die Strelitzen zu den Aufrührern über, und die Thore der Stadt wurden durch Verrat geöffnet.
Bei seinem Einzug verfuhr Stenka grausam gegen die russischen Beamten, verließ aber die Stadt wieder und wurde
bald darauf ergriffen und hingerichtet. Im J. 1693 ward die Stadt von einer Pest heimgesucht. Im J. 1705 hatte Peter d. Gr.
hier einen Aufstand zu bekämpfen, welcher vornehmlich von den Sektierern (Raskolniken) ausging. Katharina
II. gewährte jedem Fremden, der sich in Astrachan selbst oder in dessen Gebiet niederlassen und Fabriken errichten würde, eine 30jährige
Abgaben- und vollkommene Gewerbefreiheit, wodurch Astrachan schnell wuchs.
[* 53] (griech.), eigentlich ein Knöchel aus der Ferse von Tieren, dergleichen man sich im Altertum
anstatt der Würfel zu Spielen bediente, wie aus vielen antiken Kunstwerken (»Knöchelspielerin«) zu ersehen ist; daher auch
Astragalomantie, Wahrsagung aus Würfeln. - In der Baukunst
[* 63] ist Astragalus ein kleines, halbrund profiliertes, glattes
[* 53]
(Fig. 1) oder
als Perlschnur
[* 53]
(Fig. 2) ausgebildetes Glied
[* 64] (auch Reif oder Ring genannt), das als Saum und Anhang größerer
Glieder
[* 65] und als Abgrenzung einzelner horizontal übereinander liegender Bauglieder dient. Der Astragalus tritt,
als Perlenkette, namentlich an den Halsringen der ionischen Säule auf, wo er als Heftschnur des darüber befindlichen doppelten
Blattkranzes (Echinus)
[* 66] erscheint;
nächstdem bei dem ionischen und korinthischen Gebälk, überhaupt bei geradlinig fortlaufenden Gesimsen der Renaissance. -
In der Anatomie ist Astragalus Name des Sprungbeins (talus), s. Bein und Fuß.
Die Hülse
[* 69] ist sitzend oder gestielt, von sehr verschiedener Form. Die zahlreichen Arten sind besonders
im Orient, dem russischen Asien
[* 70] und Himalaja vertreten. Mehrere Arten, wie Astragalusadscendens Boiss. et Haussk.
in Südpersien, Astragalus leiocladosBoiss. und Astragalus brachycalyxFisch. im mittlern und westlichen Persien, AstragalusgummiferLab. in Kleinasien,
Astragalus pycnocladus Boiss. et Haussk.
in Westpersien, Astragalus verusOl. in Nordwestpersien und Kleinasien, liefern Tragant. AstragalusglycyphyllosL. (wildes
Süßholz), mit niederliegendem oder aufsteigendem, angedrückt flaumigem oder fast kahlem Stamm, fünf- bis sechspaarig gefiederten
Blättern und achselständigen, blaßgelben Blüten in eiförmig-länglicher Ähre, wächst im Gebüsch und auf Bergwiesen
in Europa
[* 71] und Nordasien und wird hier und da in Deutschland
[* 72] als Futterpflanze angebaut. AstragalusbaeticusL.
(Kaffeewicke), eine einjährige Pflanze mit niederliegendem, weichhaarigem Stengel und gelblichen Blüten, ist in Spanien, Portugal,
Sizilien, Taurien einheimisch.
nach den Neuplatonikern, Paracelsus und andern Theosophen ein feiner, leichter, in dem sichtbaren Leib
des Menschen, dem gewöhnlichen Auge unsichtbar, enthaltener Organismus, das unmittelbarste Vehikel oder Gewand der
menschlichen Seele und der Geister höhern Ranges, das nach dem Tod noch eine Zeitlang fortdauert, aber zuletzt sich auch auflöst.
Die Annahme von Astralkörpern ist identisch mit der in Indien heimischen Lehre
[* 78] von dem Seelenleib, welche sich auf den Satz
basiert: der beschränkte Geist könne nur in einem Leib existierend, d. h. auch nur räumlich
fixiert, gedacht werden.
(Astralschein), der Lichtschimmer zwischen
den Sternen der Milchstraße, welcher, wenngleich viel schwächer,
in sternhellen Nächten auch am ganzen übrigen Himmel wahrgenommen wird und wahrscheinlich von dem Licht
[* 79] unzähliger Fixsterne
[* 80] herrührt, die von der Erde zu weit entfernt sind, als daß man sie einzeln wahrnehmen könnte.
L. (Astrantie, Sterndolde, Thalstern), Gattung aus der Familie der Umbelliferen
[* 81] ausdauernde Kräuter mit langgestielten,
handförmig gelappten oder geteilten, meist grundständigen Blättern, in Trugdolden gestellten Döldchen, großen, sternförmigen,
vielblätterigen, gefärbten Hüllchen und der Quere nach faltig gekräuselten Rippen auf den Früchten.
Wenige europäische und westasiatische Arten. Astrantia majorL. (schwarze Meisterwurz), mit fünfteiligen Wurzelblättern und unregelmäßiger,
weißer oder rosenroter Dolde, kommt in Gebirgswäldern im mittlern Europa, vorzüglich in der Voralpenregion, vor. Die widrig
riechende, scharf und bitter schmeckende Wurzel
[* 82] wirkt purgierend und war früher offizinell. Astrantia minorL. auf den Alpen,
[* 83] Astrantia helleborifoliaSalisb. auf dem Kaukasus und Astrantia intermediaBieb. werden wie die erstgenannte Art als Zierpflanzen
kultiviert.
Astrapaea WallichiiLodd., ein mittelhoher Baum in Ostindien,
[* 85] mit
dicken, filzigen Ästen, großen, gestielten, herzförmigen, langgespitzten, unten filzigen Blättern
und hängenden, scharlachroten Blüten, wird in Warmhäusern kultiviert.
(dünnschnäbelige Prachtfinken, Astrilda), Vögelgruppe aus der Ordnung der Sperlingsvögel,
[* 86] der Familie der
Webervögel (Ploceïdae) und der Unterfamilie der Prachtfinken (Spermestinae), schlank gebaute, kleine, mehr oder weniger kurzschwänzige
und kurzflügelige Vögel
[* 87] mit mehr oder weniger gestrecktem Schnabel und bei den verschiedenen Geschlechten
zuweilen ungleich gefärbtem Gefieder, leben in Afrika,
[* 88] Südasien und Australien,
[* 89] vorzugsweise in mit Gras und Buschwerk bewachsenen
Ebenen, zum Teil in Dörfern und selbst in Städten, meist in zahlreichen Gesellschaften, fressen Grassamen und Kerbtiere und
brüten zu Anfang des Frühlings ihrer Heimatsländer; sie bauen ein ziemlich kunstreiches, überwölbtes,
mit seitlichem Eingang versehenes Nest und legen 4-7 kleine, weiße Eier,
[* 90] welche sie etwa 13 Tage bebrüten.
Die Jungen verlassen in 3-4 Wochen das Nest und sind in wenigen Tagen selbständig. Die Astrilds werden seit dem vorigen Jahrhundert
in immer zunehmender Zahl nach Europa gebracht und sind sehr beliebte Stubenvögel.
[* 91] Sie übertreffen die
verwandten Amadinen (s. d.) an Anmut der Gestalt und Bewegung, erfordern zwar eine sorgsamere Pflege, sind aber bei einer solchen
kaum weniger ausdauernd und brüten noch leichter. Sie sind sehr gesellig und verträglich, lebhafter als die Amadinen und
meist hübsch gefärbt. Sie singen nicht, doch geben manche, wie der Tigerfink, einige angenehme Töne
von sich; bezeichnend sind ihre Liebestänze. Man füttert sie wie die Amadinen, gibt aber reichlicher tierische Nahrung.
¶
im tropischen Westafrika, eingebürgert auf Madagaskar,
[* 93] auf den Maskarenen und auf St. Helena der häufigste Landvogel, sehr
beliebt, aber weichlicher;
das Orangebäckchen(H. MelpodaVieill.), in Westafrika, sehr schön, äußerst
zierlich, ausdauernd;
der Amarant (Blutfink, Karminastrild, PyteliaminimaVieill.), in Mittelafrika, nistet
wie unser Sperling in den Hütten
[* 94] der Eingebornen, sehr schön, ruhig, zutraulich, ausdauernd, brütet leicht;
der Rotbürzel
(grauer Schönbürzel, P. coerulescensVieill.), in Westafrika, prachtvoll, sehr beweglich und zierlich, zart;
Mehrfach sind in Vogelstuben Bastarde von Astrilds gezüchtet worden, so vom Grauastrild und Helenafasänchen, Grauastrild
und Orangebäckchen, Helenafasänchen und Schmetterlingsfink etc.
Das Wesentliche seiner Einrichtung besteht darin, daß, wenn man mittels eines Stifts einen Stern auf dem
Globus fixiert, ein oder mehrere parallele Lineale auf die Stelle des Sterns am Himmel hinweisen. In vollkommnerer Weise leistet
dies das von Böhm (gest. 1868) erfundene Uranoskop.
ein astronom. Instrument, dessen sich Hipparch zuerst bediente, um Länge und Breite
[* 99] der
Gestirne zu bestimmen. Es war nicht wesentlich verschieden von der Armillarsphäre
[* 100] (s. d.). Wenn man den Kreis a derselben (vgl.
die
[* 92]
Figur) in die Kolur der Solstitien, b in die Ebene der Ekliptik stellt und den doppelten Kreisc um die
Achse der Ekliptik drehbar macht, so hat man das von Ptolemäos beschriebene Astrolabium. Von den beiden Kreisen c wurde der eine zur Orientierung
des Instruments auf einen bekannten Stern eingestellt; die am andern Kreis befindlichen Visiere aber dienten zum Einvisieren
des zu beobachtenden Sterns, worauf man auf diesem Kreis die Breite und auf b die Längendifferenz ablas.
Bei den Seefahrern späterer Zeit war das Astrolabium ein Winkelmeßinstrument, bestehend aus einem in halbe und Viertelgrade
etc. eingeteilten Vollkreis (ganzes Astrolabium), oder Halbkreis (halbes Astrolabium), oder Viertelkreis (Quadrant), oder Sechstelkreis (Sextant),
[* 101] oder Achtelkreis (Oktant), um dessen Mittelpunkt ein Diopterlineal (Alhidadenregel) mit zwei Dioptern an den
Enden oder in späterer Zeit ein Fernrohr
[* 102] mit Alhidade drehbar war. An einem Ring wurde das Ganze vertikal aufgehängt und zur
Bestimmung der Sonnenhöhen benutzt. Obwohl schon frühzeitig durch den Jakobsstab
[* 103] (s. d.) verdrängt, blieb das Astrolabium doch bis
ins vorige Jahrhundert im Gebrauch.
im Sprachgebrauch der Griechen und Römer
[* 105] s. v. w. Astronomie,
[* 106] nach jetzigem Sprachgebrauch
die Kunst, aus dem Lauf und der Stellung der Gestirne das Zukünftige, besonders das Schicksal der Menschen, vorherzusagen. Die
Astrologie hat sich von der Thalebene Mesopotamiens aus weiter verbreitet, deren frühste Bewohner, die Akkadier,
ihr schon huldigten. Nach Europa kam sie durch Vermittelung der Chaldäer, bei denen sie innig zusammenhing mit dem Gestirndienst.
Deshalb werden auch die Sterndeuter später von den römischen Schriftstellern Chaldäer genannt. Die Ägypter setzten die
Astrologie früh in Beziehung zur Medizin, und ihre Prognostik beruhte besonders auf der Lehre von der Konstellation.
In Griechenland
[* 107] scheinen die Astrologen von seiten des Staats nie behindert worden zu sein. Selbst Platon wird als Freund der
Astrologie genannt; die Aristoteliker aber erklärten sich gegen sie. Einen fruchtbaren Boden fand sie bei den Stoikern, mit
deren fatalistischer Weltansicht sie harmonierte. Von den
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