Arabien, das im vorigen
Jahrhundert trotz
NiebuhrsReise dorthin so gut wie unbekannt blieb, ist nunmehr auch schon etwas genauer
erforscht worden, wenn es auch nur selten gelungen ist, tiefer in das
Innere einzudringen. Nachdem
Seetzen 1807,
Burckhardt 1812 und
Sadlier 1817 ff. das nördliche
Arabien und die Sinaihalbinsel durchzogen und
Burckhardt 1814 ff. sogar
Mekka und
Medina hatte
besuchen können, bereiste Wellstedt 1834 die
Süd- und Südostküste
(Omân) und
Wrede 1843 die Küstenlandschaften von
Hadramaut,
Du Couret und
Wallin auch das
Innere, während
Burton 1853 gleichfalls die heiligen
OrteArabiens betreten
durfte.
Erfolgreicher noch waren die
Reisen von
Palgrave, der 1862-63 durch das
InnereArabiens bis zum
PersischenGolf vordrang, Guarmani
(1864),
Pelly (1865),
Germain (1867), v.
Maltzan (1865 und 1870). Seit 1870, wo
Halévy seine archäologisch so wichtige
Reise
von
Hodeida über
Sana nach Nedschran ausführte,Munzinger und
Miles (später
Resident in
Maskat)
Hadramaut
bereisten und
Heinrich v.
Maltzan von
Aden
[* 9] aus die Umgegend erkundete, ruhte, von Besuchen leicht zugänglicher Hafenplätze
und Küstenstriche abgesehen, die Erforschung
Arabiens, bis sie 1876 wieder etwas mehr in
Gang
[* 10] kam. In diesem Jahr besuchtePeters die heißen
Quellen von Bescheir in
Omân und Oberst
Miles Birema im Innern derselben
Landschaft. 1877 machte
der
Engländer Doughty eine
Reise durch
Hidschas über Teima nach Hail in
Dschebel Schammar und dann durch Kasim und Taif (südlich
von
Mekka) und erreichte dabei zum erstenmal die fabelhafte Ruinenstadt
El Hidschr (s. d.).
Fast dieselben Gegenden bereiste
bald darauf
CharlesHuber; ferner besuchte
Manzoni 1877 und 1878 zweimal und 1880 abermals
Sana, von wo er
jedoch vor dem
Fanatismus der Einwohner nach
Aden zurückflüchten mußte. Eine neue Forschungsreise durch Südwestarabien
unternahm 1882 S.
Langer, die ihm das
Leben kostete.
Sein Nachfolger wurde
Ed.
Glaser. W. S. Blunt machte
1878/79 mit seiner
Frau eine
Reise von
Damaskus durch das
Wadi Sirhan nach Dschauf und weiter durch die Sandwüste Nefud nach
Dschebel Schammar. 1884 wurde
Huber auf einer neuen
Reise bei Dschiddah ermordet.
letzterer durch Kurdistan bis Persien vordrang. Auch Moltke, Schaefli und JohnTaylor verdanken wir wertvolle Nachrichten über
Kurdistan, und 1864 begann auch Radde in Tiflis seine langjährigen sehr verdienstvollen Forschungen in Transkaukasien, Hocharmenien
und südlich vom KaspischenMeer, die er noch gegenwärtig durch jährliche Exkursionen erweitert. Das Euphratbett war schon
1830, dann 1835 f. von Chesney behufs Herstellung einer Postverbindung mit Indien untersucht worden, und 1872-73 wurde das
Euphrat-Tigrisgebiet für Eisenbahnzwecke von Cernik bereist und vermessen. Im letzten Jahrzehnt ist dieser Teil Vorderasiens,
namentlich in seinem nördlichen Teil, von Naturforschern, Ethnologen, Linguisten, Archäologen und Topographen mehrfach besucht
und durchzogen worden: Kaukasien von Osk. Schneider 1875, N. v. Seidlitz, Zagurski, Prof. Müller, Komarow;
Auch Syrien, Palästina
[* 14] und die Sinaihalbinsel sind in unserm Jahrhundert von europäischen Reisenden fleißig
besucht worden. Abgesehen von denjenigen, welche diese Länder mehr auf der Durchreise nach dem Innern passierten, verdienen
hier genannt zu werden: 1802 Leake, 1803-1807 Seetzen, 1808-12 Burckhardt, welche vorzugsweise im Ostjordanland und auf der
Sinaihalbinsel forschten, 1831 f. Michaud. 1835 begann TitusTobler seine mit Unterbrechungen 30 Jahre lang
währenden sehr verdienstvollen Forschungen in Palästina und etwas später (1838)Edw. Robinson die seinigen.
Weitere Palästinareisende sind: 1837 Schubert, Moore und Beke, 1841 Symonds, 1850-51 Saulcy, 1851 van der Velde und Michon, 1852 Smith
u. a. Die ersten richtigen Küstenaufnahmen wurden 1859 und 1860 gemacht.
Für das Innere des Landes waren von Bedeutung die Höhenmessungen des ProfessorsJ. B.Roth (seit 1857), die Expeditionen Cyril
C. Grahams (1857) und des KonsulsWetzstein (1858) in den Hauran und die östlich davon liegenden Wüstenlandschaften; ferner
die ReisenGuérins (1863 und 1870-1871) in Samaria und Galiläa, Asien
[* 15] Garovaglios und G. Vigonis (1869), des
Prof. Kiepert (1870) im Transjordanland, besonders aber die von Tyrwhitt Drake im Dezember 1871 eröffnete vollständige Vermessung
von Palästina, die im Auftrag des englischen Palestine ExplorationFund ausgeführt wird, während Steever im Auftrag einer
amerikanischen Gesellschaft in ähnlicher Weise die Aufnahme des Transjordanlands in Angriff nahm, womit 1881 seitens
der Engländer auch Conder noch beauftragt wurde.
Den ganzem Erdteil umfassende Spezialdarstellungen sind nur in geringer Zahl und keine aus jüngster Zeit vorhanden.
Die Berichte der im vorhergehenden Abschnitt aufgeführten Forschungsreisenden bleiben daher die Hauptquellen für die Kenntnis
Asiens, und es ist auf die den einzelnen Reisenden und den betreffenden Ländern gewidmeten Artikel hier kurz
zu verweisen. Von zusammenfassenden Werken über den Erdteil sind besonders hervorzuheben: Asien v. Humboldt, Fragments de géologie
et climatologie asiatique (Par. 1832; deutsch von Löwenberg, Berl. 1832);
Derselbe, Asie zentrale, recherches sur les chaînes
de montagnes et la climatologie comparée (Par. 1843, 3 Bde.;
deutsch von Mahlmann, Berl. 1844, 2 Bde.);
kleiner Fluß im SO. Siziliens, in dessen Thal 413 v. Chr. eine blutige Schlacht geschlagen ward, als das athenische
Heer, 40,000 Mann stark, von Syrakus
[* 25] sich zurückzog. Nachdem eine Abteilung von 6000 Mann unter Demosthenes in der Nähe
des Gehöfts Polyzeleion dem Feldherrn der Syrakusaner, dem Spartaner Gylippos, sich hatte ergeben müssen, erlagen acht Tage
darauf die übrigen unter Nikias am Fluß Asinaros dem Hunger, der Erschöpfung und den Schwertern der Feinde. Was nicht fiel oder
von den Wellen
[* 26] des Flusses fortgerissen wurde, geriet, etwa 7000 Mann, in Gefangenschaft. Zum Andenken
an diesen Sieg wurde in Syrakus jährlich ein Volksfest (Asinaria) gefeiert.
Nach Cäsars Ermordung nahm er nach längerm Zögern Partei für Antonius und für die Triumvirn, verwaltete
nach Abschluß des Triumvirats als Legat das transpadanische Gallien, wo er sich des durch die Äckerverteilungen bedrängten
Vergil hilfreich annahm (der ihm dafür 40 seine vierte Ekloge widmete), bekleidete 40 das Konsulat und führte 39 Krieg gegen
die Parthiner in Illyrien, wobei er auch die Stadt Salonä in Dalmatien eroberte. Seitdem widmete er sich
hauptsächlich litterarischen Interessen und Bestrebungen. Er gründete aus der dalmatischen Beute die erste öffentliche Bibliothek
zu Rom
[* 29] im Vorhof des Tempels der Freiheit auf dem Aventinischen Berg und legte eine reiche Kunstsammlung an. Auch war er Urheber
der Sitte, neue Werke vor ihrer Veröffentlichung vor einem größern Kreis
[* 30] vorzulesen.
Groß war sein Einfluß als scharfer Kritiker. Von seinen zahlreichen Werken hat sich keins erhalten. Den meisten Ruf genossen
seine Reden, die nach Quintilian durch Reinheit und Bestimmtheit des Ausdrucks, Gedankenreichtum und Lebhaftigkeit sich auszeichneten,
aber ohne ciceronianische Anmut waren (Fragmente in H. Meyers »Oratorum rom. fragmenta«. Zür. 1832 u.
Par. 1837). Ferner schrieb er eine Geschichte der Bürgerkriege vom ersten Triumvirat (60) an, vielleicht bis 42 reichend, welche
sich durch Tüchtigkeit der Gesinnung, Selbständigkeit des Urteils und kernigen Ausdruck auszeichnete.
Sein Sohn C. Asinius Gallus Saloninus war Konsul 8 v. Chr. Dem Tiberius als Gatte seiner frühern Gemahlin Vipsania
und wegen seiner Freimütigkeit verhaßt, ward er 30 n. Chr. durch den Senat zum Tod verurteilt, blieb aber in enger Haft, bis
er 33 den Hungertod starb. Er verfaßte eine Schrift: »De comparatione patris ac Ciceronis«, ungünstig
für
letztern, wogegen KaiserClaudius in einer eignen SchriftCicero in Schutz nahm.
Bonifazio, ital. Komponist und Musiktheoretiker, geb. zu Correggio, wurde schon im 13. Lebensjahr
Kapellmeister in seiner Vaterstadt und hatte bis zu seinem 18. Jahr bereits eine große Anzahl von
Werken geschrieben. Von 1787 bis 1799 hielt er sich in Turin
[* 31] und Venedig,
[* 32] sodann in Mailand
[* 33] auf, wo er 1809 zum Inspektor des
neuerrichteten Konservatoriums der Musik ernannt wurde. Im J. 1813 zog er sich in seine Vaterstadt zurück, um
daselbst eine Musikschule zu errichten;
er starb hier Asioli hat auf den verschiedensten Gebieten der musikalischen
Komposition Vieles und Gediegenes geleistet;
in Deutschland
[* 34] wurde sein Sonett »La campana di morte« (Totenglocke) und seine Gesangschule
(»Preparazione al bel canto«) am bekanntesten. An Unterrichtswerken veröffentlichte
er ferner: »Trattato d'armonia« (Generalbaßschule);
»Principj elementari« (allgemeine Musiklehre, 1809 u.
öfter);
»Dialogo sul trattato d'armonia« (Frag- und Antwortbuch zur Harmonielehre, 1814);
(Askalan), eine der fünf Hauptstädte der alten Philistäer am Mittelmeer, nördlich von Gaza gelegen und durch
die im Sand wild wachsenden Askalonzwiebeln (Schalotten) bekannt. Askalon hatte ein Heiligtum der syrischen Fischgöttin Derketo,
starke Befestigungswerke und war Geburtsort Herodes' d. Gr. Zu Salomos Zeit war es den Juden tributpflichtig;
später wieder unabhängig geworden, erregten seine Könige oft den Zorn der Propheten. Unter den Römern war Askalon eine Art Republik,
nach Einführung des Christentums auch Sitz eines Bischofs.
Die Araber eroberten es um 637. Die Kreuzfahrer erfochten 1099 bei Askalon unter Gottfried vonBouillon einen wichtigen Sieg über
ein ägyptisches Heer. Askalon selbst fiel aber erst unter Balduin III. 1157 nach fünfmonatlicher Belagerung in die Hände der Christen.
Während des dritten Kreuzzugs wurde die von den Sarazenen zurückeroberte Stadt auf Saladins Befehl (1191) geschleift; Richard
Löwenherz wollte sie zwar wieder befestigen, aber im Waffenstillstand mit den Moslems wurde bestimmt,
daß Askalon wüst bleiben sollte. Bibars ließ 1270 die Zerstörung vollenden. Ihre ansehnlichen Reste beim heutigen Dorf El Dschora
gehören dem Mittelalter an, versanden aber zusehends.
(Ascharien), alte deutsche Grafschaft, das Stammland der Fürsten von Anhalt,
[* 35] führte den Namen von der gleichnamigen
Burg, die angeblich im 6. Jahrh. von den Sachsen
[* 36] erbaut, aber schon unter Karl d. Gr. während der Kämpfe
mit den Sorbenwenden zerstört, vom GrafenOtto dem Reichen von Anhalt gegen Ende des 11. Jahrh. wieder
¶
insbesondere die enthaltsame, mäßige Lebensweise der griechischen
Athleten zur Aneignung und Erhaltung der körperlichen Kraft
[* 45] und Gewandtheit während der Vorbereitung
auf die Kampfspiele;
auf das sittliche Gebiet übertragen, das zur Erlangung höherer Vollkommenheit auf Entsinnlichung gerichtete
Handeln, sowohl die freiwillige Enthaltung von sinnlichen Genüssen als die Ertötung der sinnlichen Empfindungen und des Fleisches
überhaupt;
im weitern Sinn alles Handeln, welches die Erwerbung sittlicher Fertigkeit rein als solcher zum Zweck hat.
Die Asketik bildet als Theorie der Askese einen Teil der Ethik. Da das asketische Handeln seinem Begriff nach ein lediglich formales,
inhaltloses ist, so ist für dasselbe bei wahrhafter und vollkommener Sittlichkeit kein Raum mehr, und es kann für den gereiften
Christen nur noch insofern und insoweit Pflicht werden, als er sich noch unfrei und von der Sinnlichkeit
gebunden fühlt. Bei fortschreitender Sittlichkeit wird statt einzelner asketischer Handlungsweisen (Tugendmittel) immer mehr
nur eine asketische Tendenz die sittliche Pflichterfüllung begleiten.
Als Tugendmittel, durch deren Gebrauch die Askese die Erlangung der religiösen und sittlichen Vollkommenheit anstrebt, gelten,
was die religiöse Seite betrifft:
1) die Andacht, welche die Meditation und die Kontemplationin sich schließt, und der sich als Hilfsmittel die asketische oder
Erbauungslitteratur darbietet, wie auch die religiöse Kunst ihr dienen will;
2) die Bibelforschung;
3) das Gebet, teils als freies, teils
als Formulargebet;
4) die gemeinschaftliche Gottesverehrung in den verschiedenen Arten des öffentlichen und des Hausgottesdienstes
und der gottesdienstlichen Vereinigungen, Erbauungsstunden und Konventikel;
1) die Selbstprüfung und Selbstbeurteilung, gefördert durch Einsamkeit;
2) der gesellige Umgang, der bei vorsichtigem Gebrauch ebenso die eignen Fehler erkennen und überwinden lehrt, als er uns
das sittliche Vermögen andrer zur Nacheiferung reizend hinstellt. Herkömmlicherweise freilich sind es
besonders drei Grundformen, in welchen sich die in den Dienst der sittlichen Arbeit zu stellen unternimmt: a) die formale Übung
der Willenskraft zur Beherrschung unwillkürlicher Empfindungen, z. B. des Ekels oder des Abscheus; b) das Entsagen, dessen
bekannteste und natürlichste Art das Fasten ist, ein längeres oder kürzeres Entbehren von Speise und
Trank, oder ein freiwilliges Verzichten auf bestimmte Güter; dahin gehören die Ehelosigkeit (Cölibat), die freiwillige Armut
und der Gehorsam, das Verzichten auf die eigne Willensbestimmung, in der katholischen Kirche als Consilia evangelica empfohlen;
c) die eigentliche Selbstpeinigung. Das Mönchtum, in welchem die katholische Kirche eine höhere Stufe
des sittlichen Lebens sieht, ist nichts andres als die durchgeführte entwickelte und organisierte in diesem engern Sinn, und
das Wort Askese, asketisches Leben, gilt hier als gleichbedeutend mit Mönchs- und Klosterleben.
Die Rolle, welche die in der Geschichte der Religion spielt, entspricht genau der positiven oder negativen
Wertung des Lebens, der optimistisch oder pessimistisch gerichteten Grundanschauung, von welcher die einzelnen Religionen beherrscht
werden (s. Kasten). Wo das Irdische aufgefaßt wird als der reine, unvermittelte Gegensatz des Göttlichen und die Existenz
selbst schon als eine Schranke erscheint (wie im Buddhismus und Brahmanismus), wird der Schmerz gesucht,
um durch ihn dahin zu gelangen, an der Existenz wenigstens keinen Genuß mehr zu finden.
Und nicht minder resultiert, wo der Gegensatz zwischen Gott und Natur dualistisch gespannt wird, so daß das Materielle das
Böse, die Welt das Werk des bösen Geistes wird (wie im Manichäismus, Gnostizismus), Askese als die unmittelbarste
religiöse und sittliche Pflicht, als die Art und Weise nämlich, wie der Mensch sich seinerseits an dem Kampf gegen das Böse
beteiligt und dessen Herrschaft vernichtet. Dagegen ist die Bedeutung der Askese eine sehr beschränkte im Mosaismus, insofern
sie hier nur formale, symbolische Bedeutung hat und dem Gedanken der levitischen Reinheit, der priesterlichen
Aussonderung, der Scheidung des EigentumsGottes von der Welt dient.
Das Nasiräat insonderheit ist nur Steigerung und Verallgemeinerung der priesterlichen Reinheit. Überhaupt nicht religiöser
Art endlich ist der Ursprung der asketischen Tendenz in manchen philosophischen Systemen, z. B. in dem
der Cyniker, die aus der Verbildung die Rückkehr zu der Einfachheit der Natur suchen. Die Pythagoreische in der unmittelbar
vorchristlichen Zeit war ohne Zweifel schon für das Judentum, wo ihr im Essäismus ein Seitengänger erstand, von Bedeutung.
Unter religiösen Gesichtspunkt trat die philosophische Askese des Altertums wieder im Christentum, so daß
das kirchliche Leben selbst in der römisch-katholischen Kirche einen wesentlich asketischen Charakter angenommen hat. Insonderheit
in der abendländischen Kirche hat sich die Askese entwickelt teils im
¶
mehr
Zusammenhang mit der Bußdisziplin als Genugthuung für begangene Sünden, teils aus der Lehre
[* 47] von einer höhern, nicht allen
erreichbaren Vollkommenheit, die durch die Befolgung der Consilia evangelica erzielt werden soll und in dem levitischer Reinheit
bedürftigenMönch- und Priestertum sich darstellt. In der evangelischen Kirche trägt die reformierte Konfession einen
asketischen Zug,
der ihrem gesetzlichen Wesen und der Spannung des Gegensatzes zwischen der Welt und den Auserwählten entspricht;
in der lutherischen Kirche tritt die asketische Richtung hervor im Pietismus als ein Sich zurückziehen vom weltlichen Treiben,
das als profan erscheint.
Nur allzu reich ist die Geschichte der Kirche wie der einzelnen Konfessionen,
[* 48] Sekten und asketischen Institute
an Beispielen davon, daß strenge in antinomistisches und libertinistisches Treiben umschlägt; es erklärt sich dies dadurch,
daß durch gewisse Selbstpeinigungen das Gefühl erregt und die Phantasie erhitzt wird, während über dem Wahn erreichter Vollkommenheit
die Wachsamkeit und Selbstbeobachtung sich mindern, überhaupt aber das sittliche Urteil über den relativen
Wert derGüter der Welt da, wo letztere absolut verurteilt werden, sich trüben und gelegentliche gewaltsame Reaktionen befördert
werden müssen.
(griech.), ein der Askese sich Widmender, Büßer. Asketen (continentes, agonistici) werden seit Mitte des 2. Jahrh.
diejenigen Christen genannt, welche sich des Genusses von Speisen durch häufiges Fasten enthielten, nicht
ehelichten oder den ehelichen Umgang aufgaben, ihr Vermögen an die Armen verschenkten. Bald thaten sie sich mit den Asketinnen,
den sogen. virgines, zusammen, um mit ihnen als sorores den fleischlichen Versuchungen zu widerstehen. Gegen ihre sittlichen
Ausschreitungen traten schon Bischöfe und Synoden des 3. Jahrh. auf. Um so mehr in Aufnahme kamen seither diejenigen Asketen,
welche als Anachoreten (s. d.) und Eremiten (s. d.) sich von der Welt zurückzogen oder im Kloster sich vereinigten. Asketik,
Lehre von der Askese (s. d.).
(Seidenpflanzen, Schwalbenwurzpflanzen), dikotyle Familie aus der Ordnung der Kontorten,
meist schlingende, milchsaftführende Pflanzen mit gegenständigen Blättern und vier- oder fünfzähligen Blüten, von den
zunächst verwandten Apocyneen durch die öfters zu einem kranzförmigen Gebilde verwachsenen Anhängsel der Staubblätter
verschieden. Der Blütenstaub der Asklepiadeen verklebt zu einer zusammenhängenden Masse, den sogen. Pollinien.
Die beiden Pollinien der sich berührenden Fächer
[* 49] je zweier Antheren hängen oben an eigentümlichen hornartigen
Gebilden (Klemmkörpern), heften sich vermittelst derselben den die Blüte
[* 50] besuchenden Insekten an und werden von den letztern
beim Verlassen der Blüte mit fortgenommen, aber beim Besuch andrer Blüten in den empfängnisfähigen, nur von oben zugänglichen
Spalten der Narben derselben wieder abgesetzt, wodurch die Wechselbefruchtung der Blüten vermittelt wird.
Die Narbe ist ein großer, oft fünfeckiger Körper, welcher den beiden getrennten, oberständigen Fruchtknoten gemeinschaftlich
ist. Die Samen
[* 51] tragen am Nabel einen Haarschopf. (Vgl. Decaisne, Asclepiadeae, in DeCandolles »Prodromus«, Bd.
8.) Man zählt gegen 1000 Arten, von denen die Mehrzahl zwischen den Wendekreisen und in den zunächst angrenzenden
Erdstrichen einheimisch ist. Am reichsten ist Südafrika
[* 52] an Arten. Alle enthalten einen bitter-scharfen, nicht selten ätzend-giftigen
Milchsaft. Die Bastfasern einiger Arten dienen zu Textilien; die Wurzel
[* 53] von CynanchumVincetoxicum
(Hundswürger) fand früher
offizinelle Verwendung. Wenige ArtenvonAsclepiasL.,AceratesL. und PeriplocaL. wurden fossil in Tertiär-
und Quartärschichten gefunden.
die angeblichen Nachkommen des Asklepios
[* 54] (s. d.), dessen Enkel Sphyros und Alexanor, die zwei Söhne des
Machaon, ihrem Stammvater zuerst Tempel
[* 55] erbauten, jener in Argos, dieser in Titane. Dergleichen Tempel wurden bald im Peloponnes
und später in ganz Griechenland
[* 56] errichtet. Den Gottesdienst darin verrichteten zunächst die Asklepiaden selbst
als eine eigne Priester- und Ärzteinnung, bei welcher die medizinischen Kenntnisse sich vom Vater auf den Sohn forterbten
und wenigstens bis zu Hippokrates' Zeiten keinem Fremden mitgeteilt wurden.
Sie scheinen auch außerhalb ihrer Tempel Kranke behandelt zu haben, und wahrscheinlich waren die Ärzte, die nach Lykurg
(886 v. Chr.) die spartanischen Heere begleiten mußten, Asklepiaden. Gewiß ist, daß ihr Tempeldienst für die ärztliche Erfahrungswissenschaft
von großer Bedeutung war. Besondere Krankheitserscheinungen, namentlich in Bezug auf Prognose, pflegte man in Form von Inschriften
auf Votivtafeln und an den Wänden der Tempel niederzuschreiben. Am meisten zeichneten sich die Asklepiaden des koischen
und des knidischen Tempels aus.
Auf ihre Stammregister legten sie einen großen Wert; doch wird nach Hippokrates aus Kos, dem berühmtesten aller Asklepiaden, durch
dessen Bemühung die Kenntnisse der Asklepiaden nicht mehr Priestergeheimnis blieben, ihre Genealogie bedeutungslos. Auch sahen sie
sich schon im 4. Jahrh. genötigt, Fremde in ihre Innungen aufzunehmen. Asklepiospriester hießen noch
bis in die spätesten Zeiten Asklepiaden, und es ist bekannt, daß diese, ohne ärztliche Kenntnisse zu besitzen, nur bemüht waren,
ihren priesterlichen Einfluß auf das Volk mit allen Mitteln, die ihnen der Aberglaube darbot, zu erhalten. Daß unter ihnen
viele Betrüger auftraten, beweist Lukian in seinem »Pseudomantis«.
1) griech. Dichter aus Samos, jüngerer Zeitgenosse des Theokrit, angeblich Verfasser von 39 meist erotischen
Epigrammen in der griechischen Anthologie. Nach ihm ist vielleicht der bekannte Asklepiadische Vers benannt. -
2) Arzt, geboren zu Prusa in Bithynien, bildete sich anfänglich zum Redner, wandte sich dann aber medizinischen
Studien zu und erlangte in mehreren griechischen Städten, später in Rom, wo er zuerst der griechischen Medizin Eingang verschaffte,
großen Ruf. Er stützte das von ihm begründete medizinische System im wesentlichen auf das atomistische
System. SeinWahlspruch war der bekannte: »Cito, tuto, jucunde«. Asklepiades verwarf den Gebrauch angreifender und komplizierter Arzneimittel
und suchte mehr durch diätetische Mittel, Veränderung der Lebensweise etc. zu wirken. Auch wird ihm die Erfindung des Luftröhrenschnitts
zugeschrieben. In seinem Werk »De communibus adjutoriis« hatte er die allgemeine Therapie als einen Teil
der Heilkunde begründet. Fragmente seiner Schriften hat Gumpert gesammelt (Weim. 1794).
Vgl. Raynaud, De Asclepiade medico ac
philosopho (Par. 1862).
Eine Erweiterung desselben ist der sogen. große Asklepiadische Vers, welcher drei Choriamben enthält.
¶
mehr
Beide Arten kommen allein ein ganzes Gedicht hindurch vor; der kleine Asklepiadische Vers erscheint häufig aber auch verbunden
mit dem Pherekrateus, als drittem Vers (nach zwei Asklepiadischen Versen), und dem Glykoneus, als viertem Vers, und bildet so
die Asklepiadische Strophe. Beispiel:
Die Bildsäule des Gottes wurde dabei in feierlichen Umzügen auf einem von vielen Fackelträgern
begleiteten Triumphwagen unter Hymnengesang umhergeführt;
darauf folgten Opfer, poetische und musikalische Wettkämpfe etc.
Auf Kos war die Aufrichtung des Asklepiosstabs bei der Cypresse des Gottes ein Hauptakt der Festfeier.
Den Priesterdienst in denselben versah zunächst das Geschlecht der Asklepiaden (s. d.). Nicht selten wurden in
den Tempeln auch Schlangen
[* 66] gehalten, wie ja die Schlange als stehendes Symbol des Gottes erscheint, was an die altorientalische
Bedeutung der Schlange als des Symbols der Verjüngung erinnert. Da der Gott besonders auch im TraumHeilung wirken sollte, so
fanden in seinen Tempeln die sogen. Inkubationen (Traumorakel) statt, wobei, während die Kranken schliefen,
Asklepios oder eine andre Gottheit erschien und das Heilmittel nannte.
Die Geheilten verließen aber den Tempel nicht, ohne dem Gott ein Opfer (namentlich einen Hahn)
[* 67] dargebracht und im Tempel eine
Votivtafel aufgehängt zu haben mit Angabe des Übels und des Heilmittels. Eine große Zahl derselben haben die
neuesten Ausgrabungen des Tempels zu Epidauros zu Tage gefördert. Unter den Festen des Asklepios war das berühmteste zu Epidauros, wobei
Wettkämpfe und feierliche Umzüge stattfanden (s. Asklepieen). In Rom fand der Dienst des Asklepios oder Äsculapius 291 v. Chr. Eingang,
als eine Pest in der Stadt wütete. Der Gott wurde damals auf Befehl der Sibyllinischen Bücher in Gestalt
einer Schlange von Epidauros geholt und erhielt den oben erwähnten Tempel auf der Tiberinsel. Auch in Antium war ein berühmter
Tempel desselben. Der Kultus des Asklepios war einer der letzten, welche sich dem Christentum gegenüber hielten. - Asklepios gehört zu den
von der alten Kunst am häufigsten dargestellten Gottheiten. Hochberühmt waren die Goldelfenbeinbilder
des Kalamis, Alkamenes, Kolotes und Thrasymedes, die Marmorstatue des Skopas, die Erzstatue des Phyromachos. Der gewöhnliche
Idealtypus zeigt den Gott bärtig, im Gesichtsausdruck ähnlich dem Zeus, nur milder und jugendlicher; die unbärtige Auffassung
(Kalamis, Skopas) ist seltener. Die erhaltenen Statuen zeigen ihn meist stehend, im langen, die Brust frei
lassenden Mantel, gestützt auf einen