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der Natur nicht zur gemeinsamen Sorge nötigt. Die Stellung der Frau ist ungleich; unter den arbeitenden ärmern Klassen fällt auf sie durchgehends der Hauptteil der landwirtschaftlichen Arbeit. Auswanderung kommt massenhaft unter den Chinesen nach den verschiedensten emporstrebenden Plänen Südasiens vor, seit 1850 auch nach Nordamerika, [* 2] Australien, [* 3] Polynesien und Südamerika. [* 4] Aus Indien werden Kulis mehr exportiert, als daß innerer Trieb sie zur Auswanderung veranlaßte; am größten war ihre Auswanderung 1862.
Mannigfach sind die Verhältnisse der Stände zu einander. Wir finden Gleichheit aller Personen bei den halbwilden Stämmen in Dekhan, Hinterindien [* 5] und auch auf den Inseln;
Eröffnung der Staatsstellen für alle Gebildeten und Mangel eines Geburtsadels im eigentlichen China; [* 6]
einen Feudaladel, dessen Rechte und Privilegien erst in den letzten Jahren geschmälert und eingezogen wurden, in Japan;
Scheidung des Volks in herrschenden Adel und Volk bei den Kaukasiern;
die strengste Abgeschlossenheit und Verbot für die Kinder, aus dem Stande des Vaters herauszutreten (eine Anordnung, die auf göttliches Gebot zurückgeführt wird), in den Kasten Vorderindiens;
sklavische Unterthänigkeit aller gegen den Herrscher und Höhere in Hinterindien.
Ähnliche Kontraste bildet die staatliche Verfassung. In China ist die Regierungsform eine streng patriarchalische. Der Kaiser ist gleichzeitig Oberpriester des Reichs und vollzieht in dieser Eigenschaft die großen religiösen Zeremonien mit seinen Ministern; keinerlei kirchliche Hierarchie wird auf Staatskosten unterhalten. Die Verwaltung ist bis ins einzelne geregelt, im Prinzip gerecht, in der Anwendung aber willkürlich. In ganz Hinterindien ist die Verwaltung despotisch; die Beamten sind dabei viel selbständiger als in China und üben große Gewalt. In Japan wurde die bis dahin gültige Feudalverfassung seit 1869 durch eine büreaukratische Verwaltung mit einem Erbkaiser an der Spitze ersetzt. In Persien [* 7] und Turan herrschte zu allen Zeiten die Form der mohammedanischen Despotie, im Kaukasus bis auf die Herrschaft der Russen die der aristokratischen Republik ohne große staatliche Einigung.
Auch unter den Malaien herrscht staatliche Zersplitterung, wie dort durch die Abgeschlossenheit der Alpengaue, so hier durch die insulare Natur bedingt oder begünstigt. Theokratisch ist die Regierung in Tibet; der Dalai-Lama, der inkarnierte Gott, ist Herr des Landes; sein erster Minister, im Volksmund mit der Anrede »König« geehrt, leitet die Verwaltung unter starker Einmischung der chinesischen Obermandarinen, ohne vom Dalai-Lama Befehle einzuholen. Ebenso ist es in den buddhistischen Staaten von Bhutan und Sikkim.
Die Engländer hatten bisher in Indien, wie in Ceylon [* 8] etc., eine streng büreaukratische Verwaltung eingerichtet, beriefen aber 1863 Eingeborne als Geschworene, später (1881) auch in die neugeschaffenen Verwaltungsräte. Der Schwerpunkt [* 9] der Verwaltung liegt indessen immer noch in den Regierungsbüreaus, die Bevölkerung [* 10] hat sich für Selbstverwaltung noch nicht reif bewiesen. Rußland schafft in seinen neuen innerasiatischen Besitzungen zunächst Ruhe und steuert dem Raubwesen; in den Städten entwickelt sich dann von selbst reger Handel, und das Interesse am gesicherten Erwerb kettet die anfangs widerstrebenden Eingebornen überall bald an die neue, dem bisherigen despotischen Regiment in jeder Beziehung vorzuziehende Verwaltung. Unter der Sicherheit der Person und des Erwerbs, die überall herbeigeführt wird, wo europäischer Einfluß direkt eine Folge von Annexion ist oder indirekt als der eines Schutzherrn sich geltend macht, wird Asien [* 11] einer schönern Entwickelung entgegengeführt werden, als sie seine bisherige Geschichte kennt. - Statistische Angaben über die staatlichen Verhältnisse Asiens liefert nachstehende Übersicht; in Bezug auf Bevölkerungsdichtigkeit, Religionen und die Regierungsformen vgl. die Tabellen zum Art. »Bevölkerung« (mit Karte).
QKilom. | Bewohner | Auf 1 QKil. | |
---|---|---|---|
1) Einheimische Staaten: | |||
Chinesisches Reich | 11574356 | 371180000 | 32 |
Unabhängiges Arabien | 2507390 | 3700000 | 1.5 |
Persien | 1648195 | 7653600 | 5 |
Siam | 762850 | 5750000 | 8 |
Afghanistan | 721664 | 4000000 | 5.5 |
Birma | 500000 | 4000000 | 9 |
Japan (1881) | 382447 | 36357368 | 95 |
Belutschistan | 276515 | 350000 | 1.8 |
Bochara | 239000 | 2130000 | 9 |
Himalajastaaten | 234000 | 3300000 | 14 |
Korea | 218192 | 8500000 | 36 |
Unabhängiges Malakka | 81500 | 300000 | 4 |
Stämme östlich von Assam | 65500 | 200000 | 3 |
Chiwa | 57800 | 700000 | 12 |
Kafiristan | 51687 | 500000 | 9.6 |
Zusammen: | 19321096 | 448636968 | 236 |
2) Besitzungen europäischer Staaten: | |||
Russisch-Asien (1880-82) | 17007832 | 16186450 | 0.95 |
Britische Besitzungen (1881) | 3927859 | 257581973 | 65.5 |
Asiatische Türkei | 1890468 | 16173000 | 8.0 |
Niederländ. Besitzungen (1883) | 1462400 | 26777471 | 18.3 |
Französische Besitzungen (1882) | 584329 | 24369785 | 41.7 |
Spanische Besitzungen (1881) | 297322 | 5644897 | 18.9 |
Portugies. Besitzungen (1881) | 19667 | 849553 | 43.1 |
Zusammen: | 25189877 | 347583129 | 12.7 |
Entdeckungsgeschichte.
Die Kenntnis von Asien war im frühsten Altertum sehr beschränkt. Homer kennt bloß die westlichen Küsten Kleinasiens genauer; von der Nordküste Kleinasiens und den südlichern Küsten am Mittelmeer existierten nur unsichere Schiffernachrichten. Die Phöniker und Juden hatten schon um 1000 v. Chr. Verbindungen mit dem Land Ophir, das an der Malabarküste Indiens (nicht in Afrika) [* 12] gesucht werden darf. Hekatäos, Herodot und Ktesias (540 bis 400) schildern, einiges Fabelhafte abgerechnet, schon ziemlich genau die 20 Satrapien des persischen Reichs; auch wissen sie manches von Kolchis, Arabien und Indien.
Sehr viel trugen zur weitern Bekanntwerdung Asiens die Feldzüge Alexanders d. Gr. bei sowie die auf seinen Befehl ausdrücklich zur Erforschung unbekannter Küsten unternommenen Seeexpeditionen. Besonders gehört hierher die Fahrt des Nearchos von der Mündung des Indus zur Mündung des Euphrat, deren Beschreibung uns Arrian in seinem Werk »Indica« aufbewahrt hat. Noch näher wurden die Griechen mit Indien durch die Feldzüge des Seleukos Nikator und durch die Gesandtschaftsreisen des Megasthenes, Deimachos und Dionysos [* 13] nach Paliputra, in der Nähe des heutigen Patna am Ganges, um 312 bekannt. Durch Onesikritos und Megasthenes erhielt man genauere Nachrichten über Taprobane (Ceylon). Vorzüglich gerühmt werden auch die Schriften des Patrokles, der unter Seleukos Nikator und seinem ¶
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Sohn Antiochos den Indischen Ozean befuhr, auch über das Kaspische Meer Aufklärungen gab, welche in Verbindung mit denen des Demodamas oder Demonax, eines gleichzeitigen Heerführers, die durch Alexanders Geschichtschreiber über jenes Meer verbreiteten Fabeln berichtigten. Neue Quellen eröffneten einerseits die von den Ptolemäern veranstalteten Fahrten von Ägypten [* 15] nach Indien, anderseits die Entstehung griechischer Königreiche in Baktrien und Indien, die sich der sinkenden Macht der Seleukiden zu entziehen wußten. Die Herrschaft der Römer [* 16] in Vorderasien und die Kriegszüge derselben gegen die Parther blieben gleichfalls nicht ohne Nutzen für die geographische Kenntnis Asiens, ebenso öftere Handelsreisen nach Mittelasien und nach Indien.
Das gesamte den alten Kulturvölkern bekannte Asien zerfiel zur Zeit der Antonine, in der blühendsten Periode des römischen Kaiserreichs, in folgende Teile.
1) Den Römern unterworfen waren: Pontus, Paphlagonia, Bithynia, Asia propria (Mysia mit Hellespontus und Troas, Äolis, Ionia, Doris nebst Rhodus, Lydia, Phrygia major, Caria), Lycia, Galatia, Pamphylia, Pisidia, Isauria und Lycaonia, Cappadocia mit Melitene und Cataonia, Armenia minor, Cilicia, Cyprus, Syria mit Commagene, Phönice, Cölesyria, Trachonitis und Palmyrene, Palästina, [* 17] Arabia peträa mit Idumäa.
2) Zu dem parthischen Reiche gehörten: Mesopotamia, Babylonia, Assyria, Media, Parthia, Hyrcania, Margiana, Aria, Drangiana, Arachosia.
3) Mehr oder weniger selbständig waren: Sarmatia, das asiatische Kolchis, Iberia, Albania, Armenia major, Arabia (deserta und felix), Susiana, Persis, Carmania, Gedrosia, Paropamisadä, Bactriana, Sogdiana, Sacä, Scythia (intra Imaum und extra Imaum), Serica und Sinä, India (extra Gangem und intra Gangem), Taprobane. Nachdem das Christentum dort festen Fuß gefaßt hatte, teilte man seit Diokletian oder Konstantin d. Gr. Westasien in zwei Diözesen: Asiana (Asia propria und die übrigen südwestlichen Provinzen: Lykien, Pamphylien, Lykaonien etc.) und Pontica (Pontus, Bithynien, Galatien und Kappadokien).
Über Ostasien berichtete der Armenier Moses von Chorene (Mitte des 5. Jahrh. n. Chr.) einiges; erst durch die Araber wurde aber der über Asiens Ostteil verbreitete Schleier einigermaßen gelüftet. Wahad und Abu Seid (in der Mitte des 8. Jahrh.) durchwanderten einen großen Teil Asiens und beschrieben ihre Reise. Hauptsächlich sind die Araber Massudi Kothbeddin und Ibn Haukal (zu Anfang des 10. Jahrh.) zu nennen; auf sie folgte (1232) ihr Landsmann Ibn al Wardi.
Andre trieben Seehandel nach China und Hinterindien. Vorderasien durchzogen die Araber erobernd bis an den Kaukasus. Europäer wurden seit dem 10. Jahrh. durch religiöses Interesse nach Asien geführt; man wallfahrtete nach dem Heiligen Grab, schickte (um 1000) Missionen nach Palästina und endlich sogar seit 1096 in den Kreuzzügen bewaffnete Heerhaufen. Obgleich die Eroberungen der Europäer in Asien nicht von Dauer waren, so blieben doch von nun an die Verbindung und der Verkehr mit Asien ununterbrochen und zwar nicht bloß im Interesse des Handels, sondern auch in politischer Beziehung; man bezweckte dabei hauptsächlich die Verbreitung des Christentums im O. Die christliche Sekte der Nestorianer hatte seit dem 11. Jahrh. zahlreiche Gemeinden in allen Oasen der Wüste Gobi und in Turkistan gegründet; der Herrscher Korchan, der 1125 ein mächtiges Reich zwischen dem Kaspisee und der Chinesischen Mauer gründete, ist der als Presbyter Johannes im Mittelalter so viel genannte und gesuchte König (vgl. Oppert, Der Presbyter Johannes in Sage und Geschichte, 1864). Unter den Missionen, die Ludwig IX. an die Mongolen sandte (1253), hat der Reisebericht des Franziskaners Wilhelm Rubruquis (Ruysbroek) bleibende Bedeutung erlangt.
Auch sind Joh. v. Montecorvino und Oderico v. Pordenone zu erwähnen, welche nach Peking [* 18] reisten, jener 1291 über Persien und Madras, [* 19] der letztere 1316. Rubruquis' Bericht kommt an Wert nur der des Venezianers Marco Polo gleich, welcher im Handelsinteresse und im Auftrag des Papstes zu Ende des 13. Jahrh. in einem Zeitraum von 25 Jahren die Mongolei, China und Bengalen und in Begleitung des Großchans der Mongolen die entlegensten Teile Ostasiens besuchte. Erst die Neuzeit hat ihn durch Bestätigung des von ihm aus eigner Anschauung Mitgeteilten vom Makel eines Aufschneiders befreit, mit dem sein Name von der Mitwelt verunglimpft ward.
Mehr Anerkennung fand bei den Zeitgenossen schon Abulfeda (13. und 14. Jahrh.) mit seinem »Takwim al Boldam« (»Beschreibung des Bewohnten«). Die meisten Aufschlüsse verdankt man in der nächstfolgenden Zeit den wichtigen Reisen des Arabers Ibn Batuta, der 1324-53 bis Indien und China vordrang. Weniger Bedeutung haben die Berichte Schildbergers, Ruy Gonzalez Clavigos (zu Anfang des 15. Jahrh. von Heinrich III. von Portugal [* 20] an Tamerlan geschickt), Barbaros, Abd ul Rizaks, Covilhãos.
Gefördert wurde die Land- und Völkerkunde Asiens auch durch die Gesandtschaftsreise, welche Schah Rokh (1420) nach China unternehmen ließ, und durch die Reisen des Venezianers Niccolò Conti, des einzigen Europäers, welcher im 15. Jahrh. das Plateau von Dekhan durchschnitt und nach Hinterindien vordrang. Die eigentliche Entdeckungsstraße nach Asien wurde aber gebahnt durch den von Emanuel d. Gr. von Portugal mit einer Anzahl von Schiffen ausgesandten Portugiesen Vasco de Gama, der 1498 das Vorgebirge der Guten Hoffnung umschiffte, bei Kalikat an der Küste von Malabar landete und so den neuen Weg zur See nach Ostindien [* 21] auffand.
Wenn man früher teils durch das Arabische Meer über Alexandria, teils vom Schwarzen Meer aus über Persien (wie namentlich die Genuesen) mit Ostindien Handel getrieben hatte, so kam man jetzt unmittelbar dahin. Der große Albuquerque faßte bald den Gedanken, Portugals Herrschaft über alle Länder und Meere Indiens zu verbreiten; seit 1510 eroberte er Goa, Malabar, Ceylon, die Sundainseln und Malakka. Franz de Almeida entdeckte 1508 die Lakadiven, Anton d'Abreux 1511 Amboina, die Bandainseln und die Molukken 1512, Simon d'Andrada die Malediven und João de Silveira Bengalen. An den meisten Orten wurden Faktoreien und Niederlassungen angelegt. Fernando Perez fand 1516, bis Tama vordringend, die Liukiuinseln.
Bedeutenden Einfluß auf die neuern Entdeckungen in Asien hatte auch die Entdeckung Amerikas; man fuhr nun teils auf westlichem Weg nach Ostasien (schon Magelhaens entdeckte 1521, von Amerika [* 22] ausfahrend, die Ladronen und Philippinen), teils aber unternahm man besondere Reisen zur Untersuchung des nordöstlichen um die Frage, ob Amerika mit Asien zusammenhänge oder nicht, zu lösen, wobei der Hauptzweck die gewünschte Teilnahme an den ungeheuern Handelsgewinsten der Portugiesen in Ostindien war, die sich dort immer mehr ausbreiteten. ¶
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Garcia Henriques besetzte 1525 Celebes, Vasco Laurez 1526 Borneo; Pinto durchzog 1537-58 das Innere von China, Japan und Indien Anton de Moto wurde 1542 durch einen Sturm nach Japan verschlagen. Als Nebenbuhler wurden den Portugiesen zunächst die Spanier gefährlich. Cortez schickte 1522 von Mexiko [* 24] aus Schiffe [* 25] nach Indien, andre segelten von Neuspanien aus dahin; 1571 nahmen die Spanier die Philippinen in Besitz. Auch Landreisen in Asien hat das 16. Jahrh. zu verzeichnen, aber geographischen Gewinn brachten sie wenig.
Doch beginnt mit Jermak Timofjews Vordringen 1580 ff. die Eroberung Sibiriens durch die Kosaken, welche im Verlauf des 16. und 17. Jahrh. ganz Nordasien durchstreiften. Die Lena wurde 1628, die Indigirka 1639 erreicht und in demselben Jahr auch das Ochotskische Meer. Die Holländer gewannen Einfluß und Besitz in Indien in den ersten Jahrzehnten des 17. Jahrh.; alle ihre dortigen Besitzungen gingen später in die Hände der Ostindischen Kompanie über. Der erste Engländer, welcher (mit einem portugiesischen Schiff) [* 26] nach Indien kam, war Th. Stephan (1579); Benj. Wood reifte 1596 dahin. 1600 schickte die Königin Elisabeth eine Gesandtschaft an den Großmogul Akbar; noch in demselben Jahr wurde die Britisch-Ostindische Handelskompanie gegründet, indem die Königin einer Anzahl von Kaufleuten einen Freibrief bewilligte, der jedoch vorerst kein weiteres Resultat hatte als die Absendung der ersten britischen Handelsflotte nach Ostindien unter James Lancaster. Thomas Roe ging 1611 als Gesandter an den Hof [* 27] von Dehli; 1612 wurde den Engländern vom Kaiser von Dehli die Erlaubnis erteilt, vier Faktoreien zu errichten, und 1614 ward ihnen der Handel im ganzen Reich des Großmoguls gestattet. Auf ihren zu Handelszwecken unternommenen Reisen legten die Engländer Faktoreien in verschiedenen Gegenden Indiens an; auf dieser Grundlage baute sich später die jetzige britische Macht in Indien nach und nach auf.
Die genauere Kenntnis der Inseln des Archipels verdanken wir den Holländern, die hier den Portugiesen eine Besitzung nach der andern abnahmen und ihren Einfluß an deren Stelle setzten. 1614 segelte der Holländer Georg Spilberg durch die Magelhaensstraße nach den Molukken; 1624 wurden die Portugiesen von Java, 1641 von Malakka, 1658 von Ceylon, 1660 von Celebes vertrieben. Viel leisteten die Holländer damals in Beziehung auf die Erforschung des Großen Ozeans und Chinas; letzteres wurde im Auftrag der Regierung durch Jesuitenmissionäre einer topographischen Aufnahme unterworfen, welche sich durchaus genau und richtig erwiesen hat. 1601 fingen auch die Franzosen an, Fahrten nach Ostindien zu unternehmen, und zwar Franz Poyrard als der erste. General Beaulieu reiste 1619 nach Sumatra, der Missionär Alexandre de Rhodes 1622-49 nach dem südlichen Asien und dem östlichen Indien, de la Boulaye le Goux 1640-50, Tavernier und Souchu de Rennefort 1665, de la Haye und Dellon 1670 nach der Küste von Koromandel, die Missionäre de Choumont, Forbin und Tachard 1685 und 1687 nach Siam, Jacq. Barbot und Jean Grazilhier 1700 nach Malabar.
Im Lauf des 18. Jahrh. mehrten sich die Seereisen nach Asien; neues Erforschungsgebiet ward jetzt besonders der Norden [* 28] des Weltteils. Auf Befehl Peters d. Gr. gingen 1710-16 mehrere Expeditionen nach dem Katharinenarchipel ab, und 1715 drang Markow an der Nordküste und im Eismeer bis 78° nördl. Br. vor Veit Bering besuchte 1725-1728 die Küste des östlichen Sibirien und das Meer von Kamtschatka und durchschiffte mit Tschirikow und Spangenberg die nach ihm genannte Straße.
Murawiew und Pawloi umfuhren das nordöstliche Asien; Walton und Schelting segelten nach den Kurilen, der erstere fand die Amurmündung auf; russische Pelzjäger entdeckten, nach dem äußersten Osten vordringend, 1745 die Alëuten, welche dann Tolstyk und Wsedidow 1747-53 näher untersuchten. Die unter Pallas, Gmelin, Güldenstedt u. a. 1776 abgesandte Expedition erforschte Sibirien und die südlich daran grenzenden Länder am Kaspischen und Aralsee und besuchte auch die Tatarei und Mandschurei sowie China und Japan James Cook durchfuhr bei seiner 1776-79 ausgeführten Erdumsegelung auch die Beringsstraße und besuchte Kamtschatka.
Die Länder am Kaspischen und Aralsee wurden bereist von den Botanikern Jean Pitton de Tournefort und Gundelsheimer 1700-1702 (Kleinasien, Armenien, Kaukasus, Chiwa), Buchholz 1714-15 (Russisch-Turkistan), Benevini, der 1717-25 russischer Gesandter in Bochara und Chiwa war, Christ. Buxbaum 1724-27 (Kaukasien, Persien und das südliche Sibirien), John Bell 1714-38 (Sibirien, Kaukasien, Daghestan, Persien, Tatarei und China), Hawkins, der von Nordindien aus nach Persien gelangte und sich 1742-50 bemühte, eine Landverbindung zwischen Indien und Europa [* 29] herzustellen.
Kleinasien und Syrien waren das Ziel sehr zahlreicher Reisen, unter denen wir nur die Pocockes (1739), Chandlers (1764), Niebuhrs (1761), Volneys (1783) hervorheben. Arabien durchforschte Karsten Niebuhr (1761-64) am gründlichsten. Indien ward infolge der stets weiter greifenden Herrschaft der Engländer und des gesteigerten Handelsverkehrs immer bekannter und selbst mehrfach der Ausgangspunkt von Expeditionen nach dem fast noch unbekannten Innern Asiens. Tibet besuchten Desideri (1714 ff.), Samuel van de Putte (1719, bis China), Hallerstein (1760), Bogle (1773), Turner (1783); China Lord Macartney (1792-94) mit George Staunton, Barrow und Hüttner; Japan Thunberg (1772), Lapérouse (1786) und Laxmann (1791).
Wiewohl der Eifer in Erforschung noch unbekannter Länder Asiens nicht erkaltete, so blieb es doch erst unsrer Zeit vorbehalten, diese Untersuchungen in einem Umfang und mit der Gründlichkeit aufzunehmen, welche den gesteigerten wissenschaftlichen Ansprüchen der Gegenwart allein genügende Resultate zu geben vermögen. Die Zahl der Reisen ist aber in diesem Jahrhundert und besonders in den letzten Dezennien so gewachsen, daß selbst die wichtigern von ihnen hier nur kurz erwähnt werden können, und der bessern Übersicht wegen mögen die verschiedenen Ländergebiete der Reihe nach behandelt werden.
Sibirien.
Auf der unter Krusenstern 1803-1806 ausgeführten ersten russischen Erdumsegelung wurden die Küsten des östlichen Sibirien genauer aufgenommen;
der Russe Sannikow entdeckte 1805 Neusibirien und einige andre Inseln;
Fedorow Timkowsky bereiste 1820-21 Sibirien und das nördliche China, Wrangell 1820-25 die Nordküste Asiens und Kamtschatka, Ledebur die Kirgisensteppe;
Alexander v. Humboldt reiste 1829 mit Ehrenberg und Rose im Auftrag des Kaisers von Rußland nach dem Ural, Altai, dem Dsaisansee und dem Kaspischen Meer und gab zuerst eine klarere Darstellung des ¶
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großartigen orographischen Systems von Innerasien. 1843 untersuchte Hoffmann die Goldwäschen im östlichen Sibirien, 1843-45 Middendorf das Gebiet am untern Jenissei, an der Taimyrbucht und bereiste auch das übrige Sibirien bis zum Ochotskischen Meer; 1845-49 machte Castrén wichtige linguistische und ethnologische Studien, ebenso 1855-1858 Ahlquist. 1847-48 war unter Hoffmann eine Expedition mit Erforschung des Ural beschäftigt, wo 1850 Kowalski Höhenmessungen vornahm; 1851-1854 untersuchte Dittmar Kamtschatka geologisch.
Nicht wenig haben zur genauern Kunde von Sibirien die Sektionen der russischen Geographischen Gesellschaft in Orenburg, Irkutsk und Omsk, die Gründung einer Bergakademie in Barnaul und die Ausbeutung der Edelmetalle und der Steinkohlengruben am Altai beigetragen. Transbaikalien und das Amurland wurden seit der Besetzung durch die Russen (1854) sorgfältig untersucht. Gustav Radde bestieg 1859 den Munku Sardik im SW. des Baikalsees, Stabskapitän Meglitzki stellte 1853 und 1854 geologische und geographische Untersuchungen am Baikalsee an; der Kossogol, einer der größern Seen Innerasiens, wurde näher beschrieben.
Die meiste Aufmerksamkeit erregten aber die östlichen Küstenländer. Nachdem die Russen schon 1851 und 1853 Rekognoszierungsfahrten auf der Schilka und dem Amur unternommen hatten, besetzten sie während des Krimkriegs das Gebiet dieser Flüsse [* 31] sowie die östlichen Küsten der Mandschurei. Die Fregatte Pallas nahm 1854 selbst die Ostküsten von Korea auf; die Engländer Hill und Freeman, welche 1855 und 1856 die mandschurische Südostküste untersuchten (bei der Expedition des englischen Kommodore Elliot 1855), und die Franzosen, welche 1855 unter Kapitän Eduard Vansittart den Golf von Leaotong, 1856 unter Konteradmiral Guérin die koreanische Küste aufnahmen, fanden die Russen bereits im Besitz.
Von da an sind es ausschließlich russische Forscher, denen wir die genauere Kenntnis jener Gegenden verdanken: Leopold v. Schrenk (1854-1856), Maack und Peschtschurow, der Geolog Schmidt (1859-62), der Botaniker Karl Johann Maximowicz (1854-55 und 1859-60), Dybowski und Godlewski 1868 ff., welche auch am Baikalsee forschten, während B. v. Cotta 1868 den Altai untersuchte und v. Maidel mit C. v. Neumann die Tschuktschenhalbinsel durchforschte. Auch der nordamerikanische Konsul Mc. Donough Collins und der deutsche Konsul Luhdorf in Nikolajewsk haben der Geographie Asiens durch Zusammenstellung statistischen Materials wesentliche Dienste [* 32] erwiesen. 1864-67 ist durch Schwarz u. a. eine bedeutende Thätigkeit in der Erforschung Transbaikaliens entwickelt worden; ein Netz von meteorologischen Stationen ist in Westsibirien errichtet, ein gleiches in Ostsibirien mit einer Zentralstelle in Irkutsk.
Seit 1868 entfaltete Alexander Czekanowski, ein polnischer Verbannter, eine umfangreiche Thätigkeit, erforschte die Geologie [* 33] des Gouvernements Irkutsk, dann 1873 die untere Tunguska, 1874 den obern und mittlern Olenek und die Jana, 1875 den Unterlauf der Lena und des Olenek. 1877 wurde ein großes Nivellement durch Sibirien his zum Baikalsee vollendet, während 1873-76 durch Oberst Scharnhorst und Hauptmann Kulberg eine zusammenhängende Reihe von Positionsbestimmungen durch ganz Sibirien und das Amurland ausgeführt wurde. 1875 wurde die geodätische Triangulation [* 34] von Transbaikalien begonnen.
Das Jahr 1876 sah eine Reihe von Forschern in Westsibirien; so fuhr der Schwede Theel den Jenissei hinab, Poljakow bereiste den Ob und Irtisch behufs ichthyologischer Forschungen und im folgenden Jahr den westlichen Altai, die Kirgisensteppen und das Siebenstromland, während die Deutschen Finsch, Brehm und Graf Waldburg-Zeil im Auftrag der Bremer Geographischen Gesellschaft eine Expedition unternahmen, welche sie von der chinesischen Grenze bis zur Karabai führte. 1877 unternahm Professor Ahlquist eine ethnographisch-linguistische Reise zu den Ostjaken und Wogulen, während eine Anzahl Ingenieure unter Baron Aminow die Wasserscheide zwischen Ob und Jenissei (zwischen 58° und 60° nördl. Br.) behufs Anlegung eines Kanals untersuchte.
Jenen beiden jetzt öfters befahrenen Strömen wendet überhaupt die russische Regierung jetzt mehr Aufmerksamkeit zu. In demselben Jahr begann die geologische Untersuchung der Ufer des Baikalsees durch Czerski. Zu weiterer Erforschung des Landes hat die seit 1877 bestehende westsibirische Sektion der russischen Geographischen Gesellschaft in Omsk vieles beigetragen. In ihrem Auftrag machte Jadrintzew ethnographische Studien im Altai, Slowtzow naturhistorische Untersuchungen im Kreis [* 35] Karakalinsk, und Balkaschin untersuchte die nördlichen Teile der Provinz. Michaelis forschte 1879 ff. am Schwarzen Irtisch und Saisansee. Runeberg konstatierte 1883 die Möglichkeit einer regelmäßigen Dampfschiffahrt auf der Angara.
Die Hoffnungen, welche man infolge der glücklichen Fahrt Nordenskjölds durchs Sibirische Eismeer für eine regelmäßige Handelsverbindung mit den sibirischen Flüssen hegte, haben sich leider nicht erfüllt. Wie sehr die Schiffahrt in diesen Gebieten aber von den wechselnden Eisverhältnissen abhängig ist, zeigte sich alsbald im Sommer 1879, wo die nach dem Ob und Jenissei bestimmten Schiffe die westlichen Zugänge zum Karischen Meer durch Eis [* 36] gesperrt fanden und größtenteils unverrichteter Sache zurückkehren mußten.
Die russische Regierung ihrerseits hat im Interesse des sibirischen Handels Mittel ausgeworfen, um die Häfen an den Mündungen des Ob und Jenissei zu verbessern, und in ihrem Auftrag bereiste Ellertz den untern Jenissei und ermittelte die beste Stelle für die Umladung der Waren aus den Seedampfern in Flußfahrzeuge bei Karanluy Mys, 260 km von der Mündung. Dasselbe Gebiet bereisten und untersuchten Hage und Tegnér 1880, Sommier 1880, Moisejew 1881 und Chandaschewski.
Weiter südlich nahm der Geolog Adrianow 1881 die Thäler des Tom, der Mrassa und Kondana auf und forschte dann im Quellgebiet des Jenissei. In Ostsibirien, Transbaikalien und auf Sachalin besorgte Tusmarow seit 1878 photographische Aufnahmen, am Saisansee und Schwarzen Irtisch 1879 f. Michaelis. Das Lenadelta und die Küstengegenden östlich davon sind neuerdings (1881 ff.) bei dem Bestreben, die verschollenen Mannschaften der Jeannette zu suchen und zu retten, von mehreren Expeditionen (Gilder, Melville, Berry u. a.) durchstreift worden, und die Karte wird durch sie gewiß manche Verbesserung erfahren. Die Tschuktschenhalbinsel wählten sich Arthur und Aurel Krause 1881 als Forschungsgebiet, und das Innere Kamtschatkas ist seit 1879 von Dzybowski und 1882 von Kettlewell, Powell und Guillemard genauer erforscht worden. Auf Sachalin studierte Poljakow 1880-81 im Auftrag der russischen Geographischen Gesellschaft Bodenbeschaffenheit, Klima, [* 37] Flora und Fauna der Insel, da man den Gedanken angeregt hat, dieselbe zu ¶
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kolonisieren; es scheinen sich jedoch nur einzelne Teile derselben dazu zu eignen.
Westturkistan.
In den Ländern am Kaspischen und Aralsee waren neben vielen andern thätig: Klaproth 1807 (Kaukasus), Porter 1817-20 (Georgien, Armenien und Persien), Murawiew 1819 (Bucharei und Chiwa), Negri, Eversmann und Meyendorff 1820-21 (Bochara), Eichwaldt 1825 (Kaukasien, Georgien etc.), Baer und Helmersen seit 1827 (daselbst), Koch und Thümmel 1836 (Kaukasus), Lehmann 1841-42 (Bochara und Samarkand), Basiner 1842-43 (Chiwa), Haxthausen 1843 (Transkaukasien), Schultz 1847-49 (Kaspisches Meer und Aralsee), Abich seit 1850 (Kaukasus und Armenien).
Die kaukasischen Lande bis zum Ararat im S. wurden sorgfältig trianguliert (1860-62) und vermessen, wobei sich namentlich Oberst Chodzko großes Verdienst erwarb; Melgunow bestimmte die Südküsten des Kaspischen Meers (bis 1863), Radde erforschte den Kaukasus (seit 1864). Auch hier hat die kaukasische Sektion der russischen Geographischen Gesellschaft zu Tiflis erfolgreich gewirkt. Mit der Besiedelung des Tscherkessengebiets durch russische Einwanderer ist auch die Kenntnis dieser früher ganz unzugänglichen Gebiete angebahnt worden. Im Kirgisenland, am Balchasch und Issikul ist mit der russischen Eroberung die gründliche Untersuchung des Landes vorwärts geschritten. 1860 veröffentlichte Atkinson die Eindrücke seiner Reise unter den Kirgisen und am untern Amur, sein Bericht ist aber nicht immer zuverlässig. W. Radloff hat seit 1861 wiederholt den Altai, die beiden Alatau sowie das Ilithal in China besucht und nach seinen Bewohnern und Zuständen sorgfältig beschrieben (zuletzt 1885). In der Provinz Turkistan (organisiert 1867) begann Butakow 1853 am untern Sir Darja die speziellen Aufnahmen, welche die russischen Eroberungen in Zentralasien [* 39] einleiteten.
Die mannigfachen Arbeiten über die Umgebungen des Issikul faßte 1868 Spörer in Petermanns »Mitteilungen« zusammen; der Nord- und Westabhang des Thianschan ist durch Osten-Sacken und Sewerzow 1867 bereist worden. Radloff besuchte die Bewohner des nördlichen Samarkand und begann 1871 ein ausgezeichnetes Werk über die Sprachen der türkischen Stämme Südsibiriens. Nach Persien und Herat erstreckte sich die 1857-59 ausgeführte politische Mission Khanikows, der uns ebenso wie der Ungar Vambéry über die orographischen und sozialen Verhältnisse dieser Länder neue Aufschlüsse gab.
Vambéry, dessen Vorläufer 1821 Alex. Csoma war, reiste 1863-64 als Derwisch verkleidet von Teheran durch das Turkmenengebiet an der Ostküste des Kaspischen Meers nach Chiwa, Bochara und Samarkand und kehrte über Herat nach Persien zurück. 1868 ff. drang Fedtschenko durch Turkistan ins Pamirplateau ein, forschte am mittlern und 1870 im Anschluß an die Expedition des Generals Abramow am obern Serafschan und seinem Quellsee Iskanderkul, v. Kaulbars 1869 ff. im Thianschan am Naryn (Quellfluß des Sir) und Musartpaß.
Daneben sind zu verzeichnen die Routen von Skobelew 1871 und von Markosow 1872 im transkaspischen Gebiet, welche den Feldzug gegen Chiwa 1873 vorbereiten halfen. Dessen glückliche Beendigung gab wiederum den Anstoß zu einer Reihe von Forschungsreisen: 1873 befuhr Kostenko den untern Amu und den Aralsee;
1874 erforschte die große Amu Darja-Expedition, an der Barbot de Marny, Sewerzow, Smirnow, Dorandt u. a. unter Stoljetows Oberleitung sich beteiligten, den Strom, dessen Namen sie trug, und sein Delta [* 40] nach allen Richtungen hin. In die Jahre 1874-76 fallen die geologischen Arbeiten Muschketows im Alai und Thianschan;
1875 erforschte Majew das Bergland von Hissar zum erstenmal und hat es später (1878) wiederholt bereist. 1875 nahm auch Lupandin den Usboi, das trockne Oxusbett, auf und besuchte der Ungar v. Onody im landwirtschaftlichen Interesse Chiwa. 1876 folgte die große Expedition unter Skobelew, wobei Kostenko und Lebedew bis zum Karakul auf dem Pamirplateau vordrangen, 1877 die hauptsächlich ethnographischen Zwecken gewidmete Reise Ujfalvys durch die russischen Besitzungen und 1877-78 die bedeutende naturwissenschaftliche Expedition Sewerzows, welchen die Spezialisten Schwarz, Skasi und Rudnew begleiteten, durch das neueroberte Ferghana bis zum Rankul und der Alitschur-Pamir (unter 38° nördl. Br.).
Dasselbe Ziel hatte 1878 die Expedition von Oschanin, ohne es ganz zu erreichen; doch erforschte sie Karategin am obern Surchab. 1878 nahm Bykow den mittlern Amu auf, studierte v. Middendorf die landwirtschaftlichen Verhältnisse von Ferghana, ging Matwäjew nach der westlichen Dsungarei, erforschten Romanowski und der oben genannte Muschketow die Geologie des Kreises Semiretschinsk und Ferghanas, während Ruksow den Süden des Sirarja-Gebiets und den Serafschanbezirk geologisch untersuchte.
Die großartigste Unternehmung in Turkistan war die sogen. Samara-Expedition unter Rostowtzew 1878 ff. behufs endgültiger Bestimmung der Richtung der projektierten »zentralasiatischen« Eisenbahn über Taschkent und Samarkand und zur Untersuchung der Schiffbarkeit des Amu Darja. Es wurde die Schiffbarkeit der Flüsse Surchan, Kafirnahan und Wachsch untersucht, der ganze Amu von einem Punkt 75 km oberhalb der Vereinigung seiner Hauptquellflüsse Wachsch und Pandsch abwärts in großen Booten befahren, eine Reihe astronomischer und hypsometrischer Bestimmungen gemacht, Sammlungen angelegt sowie täglich Barometer [* 41] und Thermometer [* 42] beobachtet.
Zum Beschluß unterhandelte die Expedition mit dem Chan von Chiwa hinsichtlich der Wiedereinleitung des Amu Darja in sein trocknes Flußbett, den Usboi, und erlangte von ihm die Niederreißung der Dämme, welche den Laudan und Darjalyk (Abzweigungen des Amu nach W.) versperren, und die Zusage, diese und andre Kanäle vertiefen zu lassen, um dadurch den Amu Darja in das Kaspische Meer zu leiten. Ein Mitglied dieser Expedition, Oberstleutnant Majew, vervollständigte bei dieser Gelegenheit seine Erforschung des Berglands Hissar.
Die weitern Untersuchungen und Vorarbeiten für jenen Ableitungsplan wurden in den folgenden Jahren fortgesetzt von Ingenieur Hellman, General Gluchowski, Gedroitz u. a.; doch ist man über die Ausführbarkeit des Projekts auch jetzt noch (1884) sehr verschiedener Meinung, indem das Vorhandensein solcher alten Oxusarme von mancher Seite bestritten wird. Der letzte Krieg gegen die Turkmenen von Merw hat weitere Forschungen und Aufnahmen südwärts nach Iran hin zur Folge gehabt, so von Lessar 1881 ff., Gladyschew, Lukianow, Komarow u. a. Aber auch weiter nördlich sind in der letzten Zeit mehrere Expeditionen thätig gewesen. Balchaschin suchte neben seinen ethnologischen Arbeiten 1880 einen Fahrweg durch die Kirgisensteppe nach Taschkent; v. Schulz untersuchte 1880 das Terrain für eine Eisenbahn von ¶
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Orenburg zum Aralsee; Capus und Bonvalot bereisten 1881-82 in naturwissenschaftlichem Interesse die Chanate Westturkistans (Chiwa, Bochara, Ferghana) bis ins Gebirge hinein. Die Gletscher des obern Serafschan untersuchten 1880 Muschketow und Iwanow. Fetissow machte 1879 botanische Exkursionen bis in den westlichen Thianschan. Das noch ganz unbekannte Darwas am obern Amu (Pandsch) wurde 1881 von dem Botaniker Smirnow besucht und mehrmals (1881 und 1882) auch von Regel, welcher sich zuerst durch seine Reisen im östlichen Thianschan (von Kuldscha aus) verdient gemacht hat (s. unten) und demnächst Darwas und das noch unerforschte Schugnan besuchte, um dann 1883 mit Iwanow und Putjäta zum erstenmal das Pamirplateau in seinem östlichen, noch unbekannten Teil zu enthüllen, wo nur erst der Pundit Abd ul Subhan 1878-81 von Indien aus Exkursionen gemacht hatte. Seit Oktober 1881 untersuchte Lessar das südliche Turkmenenland, welches durch Skobelews Expedition gegen Merw 1881 eben erst erschlossen ward, und machte daselbst wichtige topographische Aufnahmen bis nach Afghanistan [* 44] hin, wie er auch nördlicher die Wüste Karakum und die angeblichen alten Oxusarme eingehender untersuchte. Ende 1884 begann eine britisch-russische Kommission ihre Arbeiten zur Feststellung der Nordgrenze von Afghanistan.
Hochasien.
Nach Hochasien oder dem Land nördlich vom Himalaja, das im W. vom Bolor, im O. von der Wüste Gobi begrenzt wird, drangen vor und zwar von Indien aus nach Westtibet und dem Süden des chinesischen Tibet: Webb (1805), Fraser (1815), Moorcroft (1822), Strachey (1828), Csoma (1834), dem wir die erste genaue Grammatik und ein Wörterbuch des Tibetischen verdanken;
Cunningham (1846 und 1847), Hodgson (1848, Sikkim), 1856-58 die Gebrüder Schlagintweit (in dieselbe Zeit fällt in Lahol die Gründung einer Mission der Brüdergemeinde, welche schon viele wichtige Nachrichten über Ladak gesammelt hat);
1865-66, dann 1868 ff. die Punditen, gebildete Inder, welche die englische Vermessungskommission zur genauen Vornahme geodätischer Arbeiten ausbildete, und welche manche den Europäern schwer oder gar nicht zugängliche Gebiete durchzogen und erforschten.
Der Bereisung und sprachlichen Erforschung Dardistans, des westlichsten Teils von Tibet, wandte sich 1866-1869 Leitner zu. An der tibetisch-chinesischen Grenze haben sich 1854 in Bonga die französischen katholischen Missionäre niedergelassen. Von Sibirien aus unternahm der Maler Atkinson 1844-53 seine Streifzüge durch den Altai und die Mongolei. Den Jantsekiang aufwärts drang 1868 der Engländer Cooper mit der Absicht vor, seinen Weg durch Tibet nach Indien fortzusetzen; er wurde aber schon an der tibetisch-chinesischen Grenze zur Umkehr genötigt.
Der Ostrand der Gobi wird auf der Postroute Kiachta-Peking regelmäßig von Europäern benutzt; auch Seitenrouten konnten schon eingeschlagen werden. Von Indien aus nach Ostturkistan vordringend, überschritten 1857 die Gebrüder Schlagintweit als die ersten Europäer den Kuenlün und stellten seine Richtung, Höhe etc. fest; der eine der Brüder (Adolf) wurde zu Kaschgar ermordet. Ihnen folgten 1865-69 Forsyth, Shaw und Hayward, welch letztere Kaschgar erreichten; Hayward bereiste auch das noch ganz unbekannte Kafiristan, wurde aber 1870 nördlich von Yassin ermordet.
In der Zeit von 1868 bis 1874 führte der Engländer Shaw, der erste, welcher nach Adolf Schlagintweits Ermordung es wagte, drei Reisen nach Ostturkistan aus; 1870 und 1873 leitete Sir D. Forsyth englische Gesandtschaften dorthin, deren letzte namentlich durch die Teilnahme zahlreicher Offiziere und Gelehrten (Stoliczka, Bellew, Chapman, Trotter, Gordon, Biddulph) und durch die Ausdehnung [* 45] der Reise bis auf das Pamirplateau reiche wissenschaftliche Ergebnisse lieferte.
Von Rußland aus forschte 1857 Permikin am See Kossogol, Walichanow ging 1858 bis 1859 an den Issikul und nach Kaschgar, Sewerzow forschte 1864-68 überaus erfolgreich in dem noch sehr wenig bekannten Thianschansystem bis zu den Quellen des Sir Darja, und 1867 drang Osten-Sacken in der Richtung gegen Kaschgar bis über den Südrand des Thianschan vor. 1870 durchzogen Matusowski und Pawlinow die westliche Mongolei über Kobdo bis Uliassutai, Palladius, der russische Archimandrit, die Mandschurei; zugleich brach Prschewalskij zu seiner ersten großen Reise auf, welche ihn im Verlauf von drei Jahren durch die Gobi nach Peking und über den Kuku-Nor bis an den obern Jantsekiang führte. 1872 begaben sich Kaulbars und Scharnhorst an der Spitze einer russischen Gesandtschaft nach Kaschgar, und 1873 erforschte der Pundit Rain Sing im Dienste der Engländer das innere Tibet, jenes System von Flüssen und Seen nördlich vom Jarudzangpo, indem er von Ladak über den Tengri-Nor und Lhassa nach Assam vordrang. 1876-77 ist zu verzeichnen die Reise Kuropatkins und Wilkens' nach Ostturkistan längs des Südfußes des Thianschan bis Karaschahr und 1877 die glänzende Expedition Prschewalskijs mit Eklon über Kuldscha ins Ilithal und am Tarim hinab zum Lop-Nor und Altyn Dagh im Herzen des ganzen Kontinents. 1877 erforschte Potanin die westliche Mongolei und durchschnitt dabei zweimal die Wüste Gobi zwischen dem Altai und Thianschan.
Fetissow bereiste im Sommer 1879 den westlichen Thianschan, besuchte das Nordufer des Tschatyrkub (nördlich von Kaschgar) und überstieg den 4200 m hohen Paß [* 46] Sujok. Die ausgedehnte Bereisung des östlichen Thianschan erfolgte durch Asien Regel, russischen Bezirksarzt in Kuldscha, der seit 1877 unermüdlich die weitere Umgebung Kuldschas, das Thal [* 47] des Ili und der abflußlosen Seen Sairam-Nor und Ebi-Nor durchzog und dabei die Geographie, Geologie, Fauna, Flora und Ethnographie [* 48] erforschte. Zweimal (1878 und 1879) drang er nordöstlich von Kuldscha auf chinesischem Boden bis Schicho vor, und 1879 gelang es ihm auch, Turfan in Ostturkistan zu erreichen, das vor ihm nur ein einziger Europäer, der Jesuit Benedikt Goes, im ersten Jahrzehnt des 17. Jahrh. besucht, aber nur in dürftigster Weise beschrieben hat.
Die nordwestliche Mongolei hat sich seit 1876 der Russe Potanin zu seinem Forschungsgebiet erwählt. Am trat er eine neue Reise dorthin an, ging zuerst an den See Kirgis-Nor, den Mittelpunkt des westmongolischen Beckens, der weit größer sein soll, als er auf unsern Karten erscheint, und dann südwärts nach Kobdo. 1883 unternahm Potanin von Petschili aus eine neue große Forschungsreise durch die südliche Mongolei. Päwtzow, ein andrer russischer Offizier, welcher schon früher die Mongolei bereiste, hat in der Zeit vom September 1878 bis Oktober 1879 im Gefolge einer großen Karawane Biisker Kaufleute eine Reise über Kobdo durch die Wüste Gobi nach der chinesischen Handelsstadt Kukuchota oder Kweihwatschöng (unweit des ¶