L.
(Brotbaum,
Brotfruchtbaum),
Gattung aus der
Familie der Urtikaceen,
Bäume mit meist fiederspaltigen, handförmigen
oder buchtig eingeschnittenen Blättern und zweihäusigen
Blüten, von denen die männlichen
Kätzchen
bilden, während die weiblichen gedrängt auf einem fleischigen
Kolben stehen, welcher zu einer kugeligen, höckerigen
Frucht
auswächst, die bei manchen Kulturvarietäten samenlos ist. Etwa 30 tropische
Arten.
Artocarpus pubescensWilld. ist ein ansehnlicher
Baum in
Ostindien, dessen
Holz sehr hart, inwendig rötlich ist. Die
Frucht ist faustgroß, weichstachlig, dem
Stechapfel ähnlich,
sehr wohlschmeckend; aber ihr übermäßiger
Genuß bewirkt leicht
Durchfall, wogegen jedoch die
Wurzel
und
Rinde des
Baumes selbst die sichersten
Heilmittel sind. Das
Holz wird zu
Kisten und
Kähnen verwendet. Die beiden ersten
Arten
sind Zierden hoher und großer
Warmhäuser.
(spr. artoa, deutsch Atrecht), alte
Grafschaft im nordwestlichen
Frankreich, bildete mit
der
Picardie eins der alten
Gouvernements und gehört jetzt größtenteils zum
DepartementPas de Calais (s. d.). Die Bewohner,
gleichsam ein Übergang von den lebhhaften
Picarden zu den gemessenern
Vlämen, sind fest und arbeitsam, eifersüchtig auf
ihre politischen
Rechte wie vorzeiten auf die Privilegien ihrer
Stände und eifrige Katholiken. Die Hauptstadt
des
Landes ist
Arras.
[* 42] Artois, das
Land derAtrebaten, wurde erst von den
Römern, im 5. Jahrh. von den
¶
(Brotfruchtbäume), dikotyle, etwa 200 Arten umfassende Pflanzenfamilie aus der Ordnung der Urticinen, milchsaftführende
Holzpflanzen der Tropenzone, die sich von den verwandten Moreen durch die anfangs zu einer Tute verwachsenen
Nebenblätter und die gerollte Knospenlage der Laubblätter unterscheiden.
Vgl. Bureau, Artocarpeae (in DeCandolles »Prodromus«,
Bd. 17).
(spr. árto), Désirée, eigentlich Montagney, Opernsängerin, geb. zu
Paris von belgischen Eltern, wurde von FrauViardot-Garcia für die Bühne ausgebildet und debütierte 1858 auf Meyerbeers Veranlassung
an der PariserGroßenOper als Fides mit glänzendem Erfolg, verließ jedoch bald darauf Paris, um in den
größern StädtenFrankreichs und Belgiens zu gastieren. Im J. 1860 kam sie mit der Lorinischen Gesellschaft nach Berlin,
[* 48] wo
sie gleich bei ihrem ersten Auftreten (im »Barbier von Sevilla«) den entschiedensten Erfolg hatte und seitdem
zu den häufig wiederkehrenden Gästen der königlichen Oper gehörte.
Die übrige Zeit trat sie bald in Brüssel,
[* 49] Amsterdam
[* 50] oder Petersburg, bald in London,
[* 51] bald auf der Hofbühne in Wien auf, wo
sie zur kaiserlichen Kammersängerin ernannt wurde. Was diese Künstlerin vorzugsweise charakterisiert,
ist die harmonische
Einheit ihrer ganzen Erscheinung. Das Heroische, für das die Kraft
[* 52] ihrer Stimme (Mezzosopran) nicht ausreicht,
ist ihr ein fremdes Feld; dagegen beherrscht sie das Gebiet der lyrischen und komischen Oper mit seltener Meisterschaft. Sie
gehört zu den würdigsten Vertreterinnen des heutzutage so selten gewordenen italienischen Kunstgesangs und konnte als solche
im Konzertsaal dieselben Triumphe feiern wie auf der Bühne. Seit 1869 ist sie mit dem spanischen Baritonisten
Padilla verheiratet, der sie auf ihren Kunstreisen begleitet und als Bühnen- wie als Konzertsänger ebenfalls reichen Beifall
erntet. Beide nahmen 1884 ihren Wohnsitz in Berlin.
(Arthur), myth. König inEngland, der Mittelpunkt eines walisisch-bretonischen Sagenkreises,
bald König der Siluren, bald der Dumonier genannt. SeinVater war Uter, sein Oheim AmbrosiusAurelianus, der Nachfolger des Königs
Vortimer. Artus wurde von dem Bischof Dubricius zu Kaerllion ar Wsk (Urbs legionum), seiner Residenz am Usk in Monmouth, der altrömischen
Isca colonia, die in Bezug auf Artus oft verwechselt wird mit der römischen Stadt Lugevallum,
dem brigantischen Karleol (»Stadt Leol«, jetzt Carlisle), gekrönt und erwarb sich den Ruhm eines walisischen Nationalhelden
durch den Widerstand, den er an der Spitze der Briten den im O. der Insel herrschenden Angelsachsen entgegensetzte. Er wehrte die
völlige Unterdrückung von seinen Gebirgsvölkern ab, schützte die Freiheit, Sprache
[* 53] und Sitte des Vaterlandes
und verteidigte das Kreuz
[* 54] gegen die Heiden.
Durch den Sieg bei Bath, den er im ersten Jahr seiner Regierung (516) nach zweitägigem Kampf errang, bewirkte er, daß Cerdik
von Wessex die Belagerung von Bath (Thermae aquae solis) aufgeben mußte; dagegen mußte er später Hamptonshire
und Somerset dem Cerdik überlassen. Doch behauptete er sich gegen Cynrik, Cerdiks Sohn und Nachfolger in Wessex. Den Zug
gegen
Rom,
[* 55] den Artus auf dessen Aufforderung, sich zu unterwerfen, unternahm, sucht Lappenberg als eine historische Thatsache zu begründen.
Der Verrat seines in der Heimat zurückgelassenen Neffen Mordred (Medraud), der sich empört und die Gemahlin
des Artus, die sagenberühmte Ginevra (Guanhumara, Ginover, die Tochter eines Herzogs von Cornwallis aus dem Haus Cadors), verführt
hatte oder sie derUntreue gegen ihren Gemahl beschuldigte, nötigte Artus zu schleuniger Rückkehr, und im Kampf mit diesem und
dem ihm verbündeten Sachsenherzog Childerik fiel er in der dritten Schlacht in Cornwallis 537 (oder 542).
Sein lange unbekanntes Grab auf der Insel Avallona (südlich von Bristol), in der Nähe des KlostersGlastonbury (nach der Sage durch
Joseph von Arimathia gegründet, ein für die Gestaltung der Sage wichtiger Umstand), wurde unter König Heinrich II. 1189 aufgefunden.
Artus' Namen führen noch gegenwärtig mehr als 600 Plätze in Wales, Cornwallis und andern Gegenden.
Der historische Kern, der in den Erzählungen von Artus wenigstens insofern liegt, als er Führer seines Volks gegen die Angelsachsen
war, ist von einem reichen Sagengewand umsponnen, in welches wohl noch andre historische Erinnerungen, kaum unterscheidbar,
verwebt sind. In seiner geschichtlichen Bedeutung als Vorkämpfer der Briten gegen die Sachsen erscheint Artus mit seinen Mitstreitern
Owein (Iwein), Geraint (Erek), Urien etc. in den walisischen Bardenliedern des 6. und 7. Jahrh.,
die gleichzeitig mit den gefeierten Helden oder unmittelbar nach ihrer Zeit gesungen
¶
mehr
wurden. Auch bei Taliesin, Aneurin, Merddhin, Llywarch-Hen u. a. ist Artus noch nicht der sagengefeierte Held, vielmehr tritt er
hinter den trefflichen Geraint zurück. Unter den englischen Chronisten gedenkt der älteste walisische Geschichtschreiber,
Gildas (geb. 516), der Thaten Artus', ohne daß er es für nötig hält, den Namen des allbekannten Königs
aufzuzeichnen. Die übrigen Chronisten bis zum 8. Jahrh. schweigen über Artus; die
Sagen von Vortigern und Hengist ließen dem neuen Helden noch nicht Raum.
Der erste volksmäßige Ansatz zu dem großen Stamm der Artussage in den Chroniken ist bei Nennius im 9. Jahrh. zu finden, der
von Artus' zwölf ruhmvollen Zügen gegen die Sachsen erzählt und dabei den Helden in einen milden Heiligenschein
zu hüllen sucht. Daneben aber bauten sich die Sagen von Artus und dem Zauberer Merlin auf. In diesen erscheint Artus als Sohn von
Uter Pendragon (»Drachenhaupt«),
im Ehebruch mit Inguerne erzeugt und von Merlin, der jenem zur Umarmung
der tugendhaften Inguerne dadurch verholfen, daß er ihm durch Zauber die Gestalt ihres abwesenden Gemahls, des Herzogs Gorlois
von Cornwallis, verliehen, sich selbst unbekannt in einer christlichen Familie erzogen. Durch das Wunder mit dem Amboß, aus
dem niemand außer Artus das wie festgewachsene Schwert ziehen konnte, wurde er nach UtersTod (zwischen 505 und
516) auf den Thron
[* 57] erhoben. Nachdem er sich mit Ginevra, der Tochter des Königs Leodagan in Thamelinde, vermählt, unternahm
er die Züge gegen die Sachsen und Römer,
[* 58] wobei er durch Merlins Zaubermacht unterstützt wurde.
Knüpfen die Erzählungen über Artus bei. Nennius noch an die Geschichte an, und sind sie frei von übernatürlichen
Dingen, so finden sich in denen, worin Merlin eine Rolle spielt, die wunderbarsten Abenteuerlichkeiten, übernatürliche Begebenheiten,
Einflechtung von Märchengestalten und Geisterwesen in verschiedenen Abstufungen. Zusammengetragen ist die Artus- und Merlinsage
in der lateinisch geschriebenen Chronik des Gottfried vonMonmouth (um 1130), einem blühenden Novellenkranz
in Form einer Geschichte der britischen Könige von der ersten Bevölkerung
[* 59] Englands bis zu Cadwalladr (hrsg. von San Marte,
Halle
[* 60] 1854), worin uns die reiche Welt der walisisch-bretonischen Heldensagen aufgeschlossen wird, in deren Mittelpunkt jetzt
unbestritten Artus steht.
Den Ton des überschwenglich Wunderbaren stimmen mit Entschiedenheit an eine große Reihe von walisisch-bretonischen
Erzählungen, denen gemeinschaftlich ist, daß der bisher überall als handelnder Held auftrat, jetzt zur passiven Nebenrolle
herabsinkt. Er steht zwar immer noch in der Mitte ritterlicher Thaten, aber die bisherigen Nebenfiguren der Sage sind die
Helden derselben. Zu den aus der Geschichte in den Mythus übergegangenen Personen gehören Owein und Peredur,
Artus' Mitstreiter in der Schlacht von Katthraet, sein Feldherr Geraint, der auch Erek und König von Destrigâls zu Karnant heißt,
in der Phantasie der Briten aber zusammengeflossen ist mit dem in der Schlacht von Longborth (501) gegen den westsächsischen
Cerdik gefallenen Geraint ab Erbin; endlich Urien, ein Fürst von Reged im südlichen Schottland (in jüngern
Romanen vom Land Gorre).
Die Erzählungen, welche die Thaten Oweins, Geraints, Peredurs (Parzivals) etc. berichten, führen im Walisischen den gemeinschaftlichen
NamenMabinogion (»Märchen«) und sind hauptsächlich in einem walisischen Manuskript zu Oxford
[* 61] enthalten, in dem sogen. »RotenBuch« von Hergest (hrsg. von LadyCharlotte Guest: »The Mabinogion from the Llyfr Coch o Hergest«, mit einer
englischen
Übersetzung und sehr schätzbaren Anmerkungen, Lond. 1841-50, 3 Bde.).
Die Zeit, in welcher die Mabinogion aus dem Artuskreis entstanden sind, ist mutmaßlich begrenzt durch Wilhelms Heereszug (1066)
nach England und durch den ersten Kreuzzug (1190), wenngleich ihre schriftliche Abfassung spätern Zeiten
angehören mag.
Beide Momente sind wichtig für die Ausbildung der Artussage und die Verbreitung der Artusromane. Entscheidend aber war in dieser
Beziehung das nahe politische Verhältnis, in das ein großer Teil Frankreichs zu Wales und der Bretagne durch Heinrich II. (1150)
gebracht wurde, indem durch den Ideenaustausch der vereinigten Völker neue Bildungen der durch fremde
Volkstraditionen befruchteten Sage entstanden.
Vgl. Stephens, Geschichte der welschen Litteratur vom 12.-15. Jahrh. (deutsch
von San Marte, Halle 1864).
Nach 1150 ist mit der walisischen Artussage der Sagenkreis des heiligen Gral (s. d.) und seines Königtums vereinigt, dessen
Ursprung und Ausbildung nach Spanien und Südfrankreich hinweisen. Gleichzeitig treten auch noch andre
fremdartige Bestandteile in die Artussage ein. Bisher war die Hofhaltung Artus' nach dem Charakter eines einfachen walisischen
Fürstenhofs eingerichtet gewesen; nach dem Hinzukommen der Sagen vom Gral, auf welche die christlichen Orden,
[* 62] besonders der
Orden der Tempelherren, entschiedenen Einfluß gehabt haben, wird die alte Haustafel zur Tafelrunde, dem
Mittelpunkt der glänzenden Hoftage, die Artus an den Pfingstfesten zu halten pflegte, und nimmt die Gestalt einer
Ordensverfassung an. Dadurch aber, daß die Tafel mit der Abendmahlstafel, an welcher der Herr mit seinen Jüngern gesessen,
in Beziehung gebracht wird, verbinden sich dunkle Mystik und geheimnisvolle Allegorie damit. In diesem
Zustand überliefern die Artussage unter vielen andern die jüngern walisischen Romane: »Merlin«, »Brut d'Angleterre«, »MorteArthur«, von denen den erstern Fr. Schlegel deutsch bearbeitet hat.
AndreElemente, die durch die VerbindungEnglands mit Frankreich in den Cyklus des Artus eintraten, sind die Geschichte
des Zauberers Klinsor, die auf Süditalien
[* 63] zurückführt und mit Vergil zusammenhängt, die des Priesters Johannes, deren
Ursprung in Hochasien zu suchen ist, endlich die Lohengrins und die Schwanensage, die der niederrheinischen Sagenwelt angehören.
Ebenso wichtig aber wie dieses Zuströmen von stoffartigen Elementen war für Wales und Bretagne die reiche
poetische Anschauung des Lebens überhaupt, die von Nordfrankreich aus dorthin sich verbreitete.
In der walisischen Dichtung war es bisher die That an sich, welche die Helden zur Bewegung trieb; selten wurden sie durch ein
moralisches, religiöses oder ein andres geistiges Motiv dazu bestimmt. Erst der ritterliche französische Geist bringt
jene romantischen Elemente in das Epos, das dadurch nicht nur die tote Äußerlichkeit im Thun und Treiben der Helden verliert,
sondern auch seitdem anfängt, geistige Individualitäten und mehr durchgeführte Charaktere zu zeigen. Artus selbst wird nun
zum glänzenden Repräsentanten aller ritterlichen Tugenden und sein Hof
[* 64] zum Sitz des reichsten höfischen
Lebens erhoben. Seine Kampfgenossen sind die herrlichsten Muster ritterlicher Kourtoisie und Galanterie. Anderseits wurde von
welschen Dichtern (etwa im 12. Jahrh.) ins Mythische und Mystische gezogen (vgl. San Marte, Beiträge zur bretonischen und
keltisch-germanischen Heldensage, Quedlinb. 1847) und in der Volkssage und dem Volksglauben durch seinen Namen (arth-ur, der
»große
¶
Die alten walisischen Stoffe erlangten mehr noch als in Wales und Bretagne selbst diese Umbildung durch
französische Bearbeitungen. Am meisten hat die Chronik des Gottfried zur Verbreitung der Artussage in den übrigen europäischen
Ländern beigetragen und ist Quelle
[* 67] der gesamten Romane von Artus und der Tafelrunde im 12., 13. und 14. Jahrh. für
England wie für Frankreich geworden. In dieser Zeit, wo Roman sich auf Roman drängte und alles mit Eifer ergriffen wurde, was
einen ritterlichen Charakter anzunehmen geeignet war, hatte man sich mit Vorliebe dem Sagenkreis des Artus zugewendet.
Fast kein Held derTafelrunde blieb übrig, dem nicht ein besonderer Roman gewidmet wurde. Um denStoff zu
vermehren, knüpfte man an Artus und seine Umgebung alles an, was nur damit in Verbindung gebracht werden konnte. Derselbe Stoff
erfuhr mehrfache Bearbeitungen, unter denen die folgenden immer mehr wunderbare Kombinationen versuchten. Im 13. Jahrh. fing
man sogar an, die Romane in Prosa aufzulösen, womit jedoch der Verfall in diesem Zweig der Litteratur hereinbrach.
Der besten Zeit gehören an die Romane: »Erec«, »Chevalier au lion«, »Tristan«, »Lancelot du lac«, »Percheval« u. a.
Unter den Dichtern ist der berühmteste Chrétien de Troyes, dessen Werke auch in Deutschland bekannt wurden und Bearbeitungen
fanden. Deutschland war es hauptsächlich, wo die bretonischen Sagen seit dem 12. Jahrh. fast jedes andre
poetische Interesse verschlangen und entschieden in den Vordergrund der Litteratur traten. Für die deutsche Litteratur sind
sie insofern von hoher Bedeutung gewesen, als sich aus ihnen das romantische Epos entfaltete und zu einer besondern Gattung
herausbildete, während das alte volksmäßige Epos in Mißachtung sank.
Wie die Artussage seit ihrem übertreten nach
Nordfrankreich Hand
[* 68] in Hand mit dem Rittertum gegangen war,
so teilte sie auch sein endliches Schicksal. Mit dem Sinken und dem Verfall des Ritterwesens war die Blüte
[* 69] der bretonischen
Dichtung verschwunden, und nur dumpfer Nachklang einer herrlichen Vergangenheit war das große cyklische Gedicht von
Ulrich Füetrer ^[richtig: Füterer, vgl. Meyers Bd. 6, S. 806.] (nach 1487), das den gesamten Sagenkreis von den Rittern derTafelrunde und dem heiligen Gral nebst den Geschichten des Argonautenzugs und des Trojanischen Kriegs zu umfassen suchte.
Ganz dieselbe Tendenz, die interessantesten Gegenstände einer frühern Zeit dem Bewußtsein der Gegenwart
wieder nahezubringen, verfolgen die prosaischen Auflösungen älterer deutscher Gedichte aus dem Sagenkreis des Artus, welche
noch im 15. Jahrh. nach einer damals herrschenden Manier entstanden sind. Die bekanntesten und zugleich wertvollsten unter
ihnen sind der »Wigalois« und der »Tristan«, beide nach den gleichnamigen Rittermären Wirnts von Gravenberg und Eilharts vonOberge verfaßt.
(Junkerhof oder Tafelrunde), ursprünglich eine im 13. und 14. Jahrh. in den ritterlichen und fürstlichen
Kreisen mit Vorliebe gefeierte Festlichkeit. Der Name bezieht sich insbesondere auf das dabei übliche
Lanzenstechen, das Festmahl und dann auch auf den Raum, wo das Fest stattfand. Charakteristisch ist für dieses Fest, im Vergleich
mit andern, die in Kostüm
[* 70] und Zeremoniell erstrebte Nachbildung der in den damaligen Rittergedichten geschilderten Tafelrunden,
besonders der des sagenhaften KönigsArtus (s. d.). Solche Artushöfe sind nachweislich in England, Deutschland
und den Niederlanden, Frankreich und Spanien gehalten worden; am wenigsten gebräuchlich waren sie in Deutschland, am meisten
und glänzendsten wurden sie begangen in Frankreich unter Karl VI., dessen Gemahlin Isabella von Bayern
[* 71] sie zur Zerstreuung ihres
in Melancholie versunkenen Gatten veranstaltete, und in England, wo sie in Beziehung zum heil. Georg gesetzt
und Nationalfeste wurden, auch innerhalb des Ritterordens vom Hosenband noch heute fortbestehen. Eigentlich auf den Ritterstand
beschränkt, haben sie auch in reichen und vornehmen Bürgerkreisen Eingang gefunden; daher rühren die hier und da noch
vorhandenen, hallenartig gebauten Artushöfe, z. B. in Danzig, Thorn
[* 72] etc.
GiovanniMaria, Musiktheoretiker des 16. Jahrh., einer der ersten, welche die
Lehre
[* 73] vom Kontrapunkt in ausführlicher Weise zur Darstellung brachten, und zwar in seinem 1589 zu Venedig erschienenen Werk »L'arte
del contrappunto«. In einem zweiten Werk: »L'Artusi, ovvero delle imperfezioni
della moderna musica« (das. 1600), verteidigt er seine theoretischen Grundsätze gegenüber den vom Opernkomponisten
Monteverde eingeführten Neuerungen.
Stadt in dem seit 1878 russ. Batumgebiet in Kaukasien, am Unterlauf des Tscharuch, 55 km landeinwärts von Batum
[* 74] gelegen, mit (1879) 7850 Einw., welche zur kleinern Hälfte katholische
und gregorianische Armenier, zur größern Mohammedaner sind.
Bei Artwin hört der Tscharuch auf, für die dortigen langen Boote
schiffbar zu sein.
niederländ. Antilleninsel, am Eingang des Golfs von Venezuela,
[* 75] nordwestlich von Curassao, 165 qkm (3 QM.) groß
mit (1882) 5590 meist kath. Einwohnern, die Schafzucht und Fischfang
treiben.
eine zur niederländ. Residentschaft Amboina gehörige Inselgruppe des Indischen Archipels, westlich von
Neuguinea, zwischen 5° und 7° südl. Br., besteht aus einer etwa 125 km langen und 82 km breiten Hauptinsel
(von den MalaienTanna-Besar, »großes Land«, genannt), die durch zwei flußähnliche,
aber nicht für Schiffe
[* 79] fahrbare Kanäle in drei Inseln: Wokan, Maykor und Kobror, geteilt wird, und ca. 80 kleinern, zum größten
Teil unbewohnten Eilanden, mit einem Gesamtareal von etwa 6890 qkm (125 QM.). Die Inseln sind sämtlich niedrig
und haben schwer zugängliche, steile, im O. von Korallenriffen eingefaßte Küsten.
Der Boden ist Korallenkalk, aber fruchtbar und mit der üppigsten Vegetation bedeckt. Auffallend ist der Reichtum der Inseln an
Tieren, besonders an Vögeln, die großenteils mit denen von Neuguinea übereinstimmen. Auch die Bewohner, deren Zahl gegen
15,000 beträgt, gleichen mehr den MelanesienNeuguineas als den Bewohnern der Molukken. Auf Grund dieser
Hinneigung zu Neuguinea in Verbindung mit der eigentümlichen Gestaltung des Archipels hat Wallace nicht ohne Wahrscheinlichkeit
die Vermutung aufgestellt, daß die Aruinseln ursprünglich ein Teil von Neuguinea und zwar das Mündungsgebiet der Flüsse
[* 80] Utanata
und Wakan gewesen sind, durch dessen Versinken sie von jener Insel getrennt wurden.
L. (Aron, Aronswurz, Aronsstab, Zehrwurz), Gattung aus der Familie der Araceen, ausdauernde Kräuter, meist in feuchtem
Boden wachsend, mit knolligem Wurzelstock, großen, grundständigen, langgestielten, lanzettlichen, ei-,
fuß- oder pfeilförmigen Blättern und kurzem, blattlosem Stengel,
[* 82] an dessen Spitze eine einblätterige Blumenscheide einen
keulenförmigen Kolben umgibt, der an der Basis mit sehr unvollkommenen weiblichen, darüber mit männlichen, oft nur mit Fruchtknoten
und Staubgefäßen besetzt ist und sich in einen blütenlosen Anhang verlängert; während der Blüte ist
in der Blumenscheide eine Wärmeentwickelung bemerkbar; die Frucht ist eine einsamige Beere.
in schattigen Wäldern.
Die Blätter sind spieß-pfeilförmig, in manchen Gegenden braun gefleckt, der fußhohe Schaft trägt eine
große, außen hellgrüne, innen weiße, auf einer Seite klaffende Blumenscheide, welche den keulenförmigen, oben purpurroten,
unten mit gelben und weißlichen Blütenteilen und in 2-3 Reihen oder dazwischen mit fadenförmig-spitzen Drüsen besetzten
Kolben umhüllt. Die erbsengroßen Früchte sind scharlachrot. Alle Teile der Pflanzen sind sehr scharf,
ätzend, giftig, besonders die Beeren, welche heftiges Brennen, wie spanischer Pfeffer, und Blasen im Mund
veranlassen.
Die Knolle (Aronswurzel, Magenwurzel) enthält einen scharf schmeckenden Milchsaft, der sich beim Trocknen zersetzt. In Griechenland
[* 85] wurde sie ehedem gegessen; sie liefert getrocknet und gekocht ein gesundes Nahrungsmittel und gibt 25 Proz.
Stärkemehl, welches dem Arrowroot vollkommen gleichsteht. Arum italicumL. hat spieß-pfeilförmige, weiß geäderte Blätter
mit ohrenförmigen, ausgebreiteten Lappen und eine 30 cm lange Blumenscheide, wächst im südlichen Tirol,
[* 86] auch im Breisgau;
(spr. árröndel oder arönndel), Stadt in der engl.
GrafschaftSussex, am Arun, der 7 km unterhalb in den Kanal
[* 87] mündet, aber kleinen Küstenfahrern den Zutritt zur Stadt gestattet.
Arundel hatte 1881: 2748 Einw. Es hat ein großartiges Schloß des Herzogs von Norfolk, eine Gemeindekirche aus
dem 14. Jahrh. und eine vom Herzog gestiftete prachtvolle katholische Kirche.
Blätter und eine bis 50 cm lange, violettgelbe, silberglänzende Rispe. Die holzigen, bis 2,6 m dicken, dem Bambusrohr ähnlichen
Halme dienen zu Pfählen, Gartenzäunen, Spazierstöcken, Mundstücken von Blasinstrumenten etc. Auch als Zierpflanze wird es
an Wasserbassins oder Teichen kultiviert, und sehr schön ist eine Varietät mit panaschierten Blättern. ArundoPhragmitesL. (Phragmitescommunis Trin.,
gemeines Teich- oder Schilfrohr) wächst häufig in Teichen, Bächen und in Sümpfen durch ganz Europa,
[* 94] wird 1,25-3 m hoch, trägt
durch seine kriechenden Rhizome zur Torfbildung bei und dient zum Dachdecken, zum Verrohren der Wände, zu Matten etc.
ungar. Komitat am linken Donauufer, wird von Galizien, den KomitatenTrentschin, Thurócz und Liptau begrenzt und
hat 2077 qkm (37,7 QM.). Es ist durch Verzweigungen
der Karpathen (im N. die Babia-Gura, im W. der Kleine Kriwan, im SW. das Tatragebirge) sehr gebirgig, wenig fruchtbar und wird
von der Arva, einem Nebenfluß der Waag, durchströmt. Das Klima
[* 95] ist rauh, doch gesund. Die Einwohner (1881: 81,643), meist
Slowaken, wandern zum Teil zur Zeit der Heu- und Getreideernte in die untern Gegenden, auch als Hausierer
mit Käse, Schwamm, Mäusefallen etc. in ferne Länder aus. Produkte sind Flachs, Hafer,
[* 96] Winterkorn, Holz im Überfluß; auf den
Bergtriften wird Rindvieh- und Schafzucht getrieben. Sitz des Komitats ist Alsó-Kubin, Markt mit (1881) 1546 Einw., Bezirksgericht
und Steuerinspektor. Bei dem Ort Arva-Várallya stehen auf hohem, schroffem Kegelfelsen die malerischen
Ruinen der alten Felsenfeste Arva.
(Fratres arvales), ein angeblich von Romulus eingesetztes Priesterkollegium, dem die Gebete für das Gedeihen
der Feldfrüchte oblagen. Das Hauptfest, zu Ehren der Erdgöttin Dea Dia gefeiert, waren die in weihenden Umzügen mit Opfertieren
bestehenden Ambarvalien, welche jährlich drei Tage lang in der letzten Hälfte des Mai begangen wurden.
Im J. 1777 entdeckte man zwei marmorne Tafeln aus dem Jahr 218 n. Chr., worauf ein Protokoll über eine Zusammenkunft des Kollegiums
der Arvalbrüder unter Kaiser Heliogabal nebst einem von diesen gesungenen Festlied (Arvalisches Lied) eingegraben war.
Dieser Fund ist seit 1866 durch die preußischen Ausgrabungen im Hain derDea Dia (bei der heutigen Vigna
Ceccarelli) bedeutend vervollständigt worden. Die Anzahl der Arvalbrüder war in der Regel zwölf, ihre Würde lebenslänglich, ihr Abzeichen
ein Ährenkranz mit weißer Kopfbinde. Der Vorsteher des Kollegiums (Magister) ward alljährlich am zweiten Tag
des oben genannten Hauptfestes von den übrigen Mitgliedern gewählt. Die Wahl neuer Mitglieder geschah ebenfalls durch das
Kollegium; es gehörten ihm die Mitglieder der angesehensten Familien an.
Vgl. Preller-Jordan, Römische Mythologie,
[* 97] Bd. 2, S. 29 ff.;
»Grenzboten« 1869, Bd.
2, S. 481-493, und 1870, Bd. 1, S. 161-178; »Acta fratrum arvalium« (hrsg. von Henzen, Berl. 1874);
Oldenberg,
De sacris fratrum Arvalium (das. 1875).
Gebirgsfluß in Savoyen, entspringt auf dem Col deBalme, durchströmt das Chamonixthal, tritt,
nachdem er die
Bergflüsse Arveyron, Giffre, Menoge und Aire aufgenommen, in den Kanton Genf
[* 98] und mündet nach 100 km langem Lauf unterhalb
Genf in
[* 99] den Rhône.
(spr. -wäróng), Nebenfluß der Arve im Chamonixthal, welcher aus dem »Eisthor des Arveyron«, einer
Eishöhle mit schönem Farbenspiel von 12-45 m Höhe, abfließt.
Adolf Ivar, schwed. Dichter und Schriftsteller, geb. zu
Padasjoki im finnischen Tawasteland, studierte zu Abo und habilitierte sich daselbst 1817 als Dozent der Geschichte.
Infolge seiner freisinnigen Richtung mußte er indessen schon 1822 die Universität und das Land verlassen (das von ihm 1821 gegründete
litterarisch-politische »Abo-Morgonblad« war noch in demselben Jahr von der
russischen Regierung unterdrückt worden). Er wandte sich nach Schweden,
[* 104] erhielt eine Stelle an der königlichen Bibliothek zu
Stockholm
[* 105] und wurde 1843 deren Chef.
Auf einer Reise nach Finnland starb er in Wiborg.
[* 106] Sein Hauptwerk ist eine vortreffliche Sammlung altschwedischer Volkslieder:
»Svenska fornsånger« (Stockh. 1834-42, 3 Bde.),
die eine Fortsetzung der Sammlungen von Geijer und Afzelius bildet. Seine eignen Gedichte, im sublimen Stil der »Phosphoristen«
abgefaßt, erschienen unter dem Titel: »Ungdoms rimfrost af sonen i örnskog« (Stockh.
1832). Auch gab er »Svenska konungar och deras tidehvarf« (Stockh.
1830-43, neue Aufl. 1855),
»Stockholm före och nu« (das. 1837-40) heraus und übersetzte die »Frithiofsaga«
(2. Aufl., das. 1841) aus dem Isländischen.
(Medicamenta), chemisch wirksame Stoffe, welche aus Pflanzen oder Mineralien
[* 110] zubereitet
werden und den Zweck haben, die gestörte Thätigkeit tierischer Gewebe
[* 111] wiederherzustellen. Die Arzneimittel werden in Apotheken bereitet
oder wenigstens aufgehoben und für den Gebrauch nach der Verordnung des Arztes in geeignete Form gebracht. Die jedesmal
¶