In der ersten Hälfte hat die
Darstellung
mehr den
Charakter des Wunderbaren und Sagenhaften festgehalten als in der zweiten, wo sie namentlich gegen den
Schluß als
auf Augenzeugenschaft beruhende Berichterstattung erscheint. Dagegen ist es sehr schwer, wenn nicht unmöglich,
zwischen den Angaben über die Wirksamkeit des
Paulus, die sich in den
Briefen desselben finden, und denen der Apostelgeschichte, namentlich
in Bezug auf den sogen.
Apostelkonvent und auf des
PaulusVerhältnis zu
Petrus eine volle Übereinstimmung herzustellen.
Hieran knüpft sich die verschiedene Beurteilung desWerts, den die
Schrift für die Kenntnis des apostolischen
Zeitalters hat. Im
Gegensatz zu der ältern Auffassung als einer streng geschichtlichen
Darstellung wies die sogen. Tendenzkritik
(Schneckenburger,
Baur,
Schwegler,
Zeller,
Overbeck) auf den sichtlich hervortretenden
Parallelismus zwischen
Petrus und
Paulus,
der sich ebenso auf die erduldeten
Leiden
[* 2] wie auf die wunderbaren Kraftwirkungen und göttlichen
Führungen
beziehe, und auf die konsequente Unterdrückung aller
Spuren der
Kämpfe hin, welche der geschichtliche
Paulus mit den pharisäischen
Judenchristen zu bestehen hatte. Jedenfalls will der Verfasser den
Bau der christlichen
Kirche und die Thätigkeit des
ApostelsPaulus schildern nach der Auffassung des spätern, katholisch werdenden Christenheidentums (um den
Anfang des 2. Jahrh.), das für eine unmittelbare
Stiftung des
Apostels gelten wollte und kein
Bewußtsein von einer dazwischenliegenden
Entwickelung hatte.
Vgl. unter andern
De Wette,
Einleitung in die Apostelgeschichte (4. Aufl., hrsg.
von
Overbeck, Leipz. 1870).
[* 1] Deckelkrug aus
Steingut, dessen
Bauch
[* 4] mit den Bildern der zwölf
Apostel in bunt emailliertem, aufgelegtem
Relief verziert ist.
Die Apostelkrüge wurden aus einer dunkelbraunen Thonmasse meist in
Kreußen bei
Baireuth
[* 5] im 16. und 17. Jahrh. verfertigt (s. nebenstehende Abbildung).
(Apostelbrüder, Apostoliker), eine der verweltlichten
Richtung der
Kirche entgegentretende
Sekte gegen Ende
des 13. Jahrh., war gestiftet von
Gerhard Segarelli, einem Gewerbsmann aus
Parma,
[* 7] der als Bußprediger in derKleidung
eines
ApostelsItalien
[* 8] durchzog und die einfache Form der apostolischen Lebensgemeinschaft wiederherzustellen suchte. Segarelli
wurde mehrmals verhaftet und mußte 1300 den
Scheiterhaufen besteigen. Trotzdem breitete sich unter der
FührungDolcinos aus
Mailand
[* 9] die
Sekte weiter aus. In schwärmerischer
Weise verkündigte
sie den Umsturz der
Hierarchie und forderte allgemeine Rückkehr
zur apostolischen
Armut. Gegen das Kreuzheer des
Bischofs von
Vercelli verteidigten sich die
Apostelbrüder zwei Jahre lang tapfer;
endlich wurde
Dolcino 1307 bei
Vercelli geschlagen und verbrannt, seine Anhänger aber verloren sich unter den Fraticellen
und Begharden.
ein nicht mehr gefeiertes
Fest der katholischen
Kirche(15. Juli), welches sich ursprünglich
auf die
Legende bezog, wonach die
Apostel behufs der Ausbreitung der christlichen
Lehre
[* 10] sich in die
Länder der
Erde geteilt haben
sollen.
Kanones, eine Sammlung von 85 kirchlichen Rechtssätzen, die sich meist auf
Leben und Amtsführung des
Klerus beziehen und teils aus der
Heiligen Schrift, teils aus Synodalschlüssen entlehnt sind. Die Entstehung
der Sammlung ist zwischen das Ende des 4. und die Mitte des 5. Jahrh. zu setzen und in
Syrien zu suchen. Die
griechische Kirche
hat (692) die ganze Sammlung anerkannt, die römische dagegen nur die 50
Kanones, welche
Dionysios der
Kleine in seine
Kanonsammlung aufgenommen hatte. Die apostolischen
Kanones sind als Anhang den apostolischen
Konstitutionen (s. d.) angefügt.
Konstitutionen (Constitutiones apostolorum), eine aus acht Büchern bestehende Sammlung alter kirchlicher
Vorschriften in griechischer Sprache,
[* 13] welche zwar niemals von der Kirche anerkannt worden, aber für die Entwickelung des Dogmas,
der Liturgie und der Disziplin von Bedeutung geworden ist. Als Resultat der über die Entstehung der apostolischen
Konstitutionen angestellten Untersuchungen läßt sich annehmen, daß die ersten sechs Bücher gegen Ende des 3. Jahrh. in
Syrien verfaßt sind, das siebente und achte aber erst aus dem Anfang des 4. Jahrh. herrühren.
NeueAusgaben von de Lagarde (Leipz. 1862) und in Pitras »Juris ecclesiastici Graecorum historia et monumenta«
(Rom 1864).
Glaubensbekenntnis (Apostolisches Symbolum, Symbolum apostolicum), gewöhnlich bloß das »Credo« oder der
»Glaube« genannt, das erste der drei ökumenischen, d. h. in der
ganzen Christenheit geltenden, Glaubensbekenntnisse, welches in drei oder zwölf Artikeln den Glauben an Gott den Vater, den
Sohn und den HeiligenGeist ausspricht. Es hat seinen Namen von der zuerst bei dem KirchenschriftstellerAmbrosius und in erweiterter
Gestalt bei Rufinus (4. Jahrh.) sich findenden Sage, wonach die Apostel zu Jerusalem kurz vor ihrer Trennung
dasselbe als gemeinsame Lehrnorm und Taufformel verfaßt haben sollen.
Man ist jetzt einverstanden, daß das apostolische Glaubensbekenntnis aus der allmählichen Erweiterung der Taufformel entstanden
ist, daß es seinem wesentlichen Gehalt nach das Bekenntnis der römischen Gemeinde schon in der zweiten Hälfte
des 2. Jahrh. gewesen ist, dagegen erst im 5. Jahrh. seine
gegenwärtige Gestalt in Gallien erhalten hat. Von der griechischen Kirche ist es nie anerkannt worden.
Vgl. Lisco, Das apostolische Glaubensbekenntnis
(2. Aufl., Berl. 1872);
(griech., Auslassungszeichen), in der Schrift ein Häkchen als Zeichen der gelegentlichen Apokope (z. B.
Jung', s. v. w. Junge), Aphäresis (z. B. 's ist) oder Synkope (z. B. ew'ger).
eine Anstalt, in welcher alle durch die Landesgesetze festgestellten Arzneimittel
nebst den sonst noch gebräuchlichen vorrätig gehalten und durch mechanische oder chemische Operationen in der Weise vorbereitet
werden, daß sie entweder unmittelbar zum arzneilichen Gebrauch dienen können, oder daß ihre Überführung
in die vom Arzt verordnete Arzneiform den möglichst geringen Zeitaufwand bedingt. Filialapotheken, welche wegen der Geringfügigkeit
ihres Umsatzes oder wegen der Beschränkung ihres Betriebs auf eine gewisse Jahreszeit (Badesaison etc.) nur als Abzweigung
einer vollständigen Apotheke betrieben werden, beschränken sich meist auf Arzneidispensation
und Warenverkauf, indem sie ihren Bedarf von der Mutterapotheke beziehen; sie besitzen jedoch auch das Recht, selbständig
¶
mehr
Arzneistoffe einzusammeln, einzukaufen und vorzubereiten, und sind daher auch zur Anlage eines eignen kleinen Laboratoriums
etc. verpflichtet. Die Dispensieranstalten, mit sehr seltenen Ausnahmen nur im Interesse eines besondern Krankenverbands,
einer Klinik, eines Lazaretts etc. angelegt und nicht befugt zum Arznei- und Warenvertrieb außerhalb des Hauses, beschränken
sich darauf, die bereits anderweit und zwar in einer inländischen Apotheke vorbereiteten Mittel durch ein geprüftes
Apothekerpersonal für den Gebrauch der Kranken fertig zu stellen.
Hausapotheken, deren Anlegung und Betrieb den Ärzten nur in besondern Fällen, nach einer speziellen Prüfung ihrer Befähigung
und auch nur dann gestattet wird, wenn sich an ihrem Wohnort und in dessen nächstem Umkreis keine selbständige
Apotheke befindet, sind durchaus nur für die eigne Praxis des betreffenden Arztes bestimmt; ihr Umfang beschränkt sich auf die in
dringenden Fällen unentbehrlichsten Medikamente, diese dürfen nur aus einer inländischen Apotheke bezogen werden, und Gifte im
engern Sinn (Tabelle B der deutschen Pharmakopöe) dürfen gar nicht geführt werden. In diesem gesetzlichen
Sinn führen die Bezeichnung Hausapotheke selbstverständlich nicht diejenigen willkürlichen Sammlungen von Arzneimitteln,
welche einzig und allein für den Privatgebrauch bestimmt sind.
Homöopathische Apotheken werden meist als Nebengeschäft allopathischer Apotheken oder von homöopathischen Ärzten betrieben,
welche nach einer speziellen Prüfung ausdrücklich dazu autorisiert sind. Sie erfordern ein Lokal, welches
von den sonstigen Apothekenräumen, eventuell von den Wohnräumen des Arztes, vollständig getrennt ist. Diese Trennung, so
überflüssig und streng genommen unausführbar sie erscheinen mag, ist durch die homöopathischen Grundsätze geboten.
Die eigentümliche Darstellung vieler homöopathischer Arzneimittel aus lebenden Pflanzen und Tierkörpern gestattet deren Anfertigung
natürlich nur an den Orten, wo jene lebend vorkommen; hierdurch sind homöopathische Apotheken oft gezwungen,
ihre Vorräte durch Ankauf aus andern zu ersetzen. Doch soll der Ankauf auch nur aus inländischen Apotheken geschehen, und
den selbst dispensierenden homöopathischen Ärzten ist der gegenseitige Umtausch ihrer Artikel, mögen sie nun Urstoffe oder
Verdünnungen sein, ausdrücklich verboten.
Zum Betrieb einer Apotheke gehören außer dem zur Anfertigung und Verabreichung der einzelnen Arzneien erforderlichen
Verkaufslokal (Offizin) ein oder mehrere mit entsprechenden Einrichtungen und Gerätschaften ausgestattete Räume, in denen
die chemische oder technische Anfertigung und Zubereitung der Arzneikörper, die man als chemische oder pharmazeutische Präparate
oder galenische Mittel zu bezeichnen pflegt, stattfindet (Laboratorium),
[* 25] ferner Schneide-, Stoß- und Siebkammern,
passende Vorratsräume (Materialkammer, Kräuterboden, Trockenschrank, Keller) und unter letztern verschiedene abgesonderte,
besonders verschlossene Räume zur Aufbewahrung der stark wirkenden oder giftigen Mittel (Lokal für Separanda, Giftkammer) etc.
In der Offizin und in den Vorratsräumen müssen die Arzneikörper unter strenger Absonderung und unzweideutiger
Bezeichnung so aufbewahrt werden, daß sie die vom Gesetz vorgeschriebenen Eigenschaften unverändert bewahren. Der Arzneischatz
enthält indes so viele leicht zum Verderben neigende Mittel, und es müssen gerade von diesen so viele wenig gangbare vorrätig
gehalten werden, daß ein Ersatz häufig nötig wird, auch wenn der Vorrat nicht durch den geringsten
Absatz
geschmälert worden ist. Es ist eine der schwierigsten Aufgaben des Apothekers, die Beschaffenheit seiner Arzneimittel
stetig zu überwachen; er steht in dieser Thätigkeit wie überhaupt unter der Kontrolle des Staats, welcher dieselbe durch
die in Zeiträumen von 1, 2 oder 3 Jahren mindestens einmal vorzunehmenden Revisionen ausübt. Diese Revisionen
erstrecken sich auf alle vorhandenen Arzneikörper, auch auf die nicht in die Pharmakopöe aufgenommenen, die gesamte Einrichtung
und den Betrieb des Geschäfts und allenfalls auch auf die Befähigung der Gehilfen und Lehrlinge.
im 9. Jahrh. schrieb ein arabischer Arzt die erste Pharmakopöe.
Von Spanien aus gelangten dann die
Apotheken nach Italien, wo sie sich besonders in Salerno großen Ruf erwarben. Im 13. und 14. Jahrh. entstanden
die ersten Apotheken in Frankreich, England und Deutschland,
[* 26] hier namentlich in Prenzlau
[* 27] (1303), Augsburg,
[* 28] Prag
[* 29] (1342), Nürnberg
(1404), Leipzig
[* 30] (1409) und Berlin
[* 31] (1488). Alle diese Apotheken standen unter strenger Aufsicht und waren an gesetzliche Vorschriften
(Dispensatorien) gebunden. Bekannt ist die Pariser Apothekerordnung von 1484, welche Prüfung und Vereidigung
der Apotheker, Revision der Apotheken und der Preise der Arzneimittel vorschreibt. Die ersten pharmazeutischen Lehrbücher lieferten
Paracelsus 1530 und Tabernämontanus 1588. Das Apothekergewerbe hat sich dann besonders unter dem Schutz der Privilegien glücklich
entwickelt, die Apotheken wurden durch dieselben vor Konkurrenz geschützt und vor einseitiger Ausbildung
des rein geschäftlichen Betriebs bewahrt.
In der That hat bis in die neueste Zeit der wissenschaftliche Sinn in den pharmazeutischen Kreisen vorgeherrscht, und die berühmtesten
Namen der neuern Naturwissenschaft, namentlich unter den Chemikern, wie Marggraf, Scheele, Klaproth, Rose, Duflos, Buchner, Fresenius,
Mohr u. a., entstammen der Pharmazie. Vermöge der Eigentümlichkeit seines Berufs bewahrte der Apotheker
eine gewisse wissenschaftliche Universalität, und diese sicherte ihm stets eine hervorragende Stellung in allen praktisch-naturwissenschaftlichen
Angelegenheiten.
Die moderne Gewerbegesetzgebung hat die Gewerbefreiheit auf den Beruf der Apotheker nicht ausgedehnt. Dieselben bleiben vielmehr
der staatlichen Oberaufsicht unterstellt, und der Grundsatz, daß nur diejenigen fähig sind, einer Apotheke vorzustehen,
welche die Apothekerkunst ordentlich erlernt haben, zu deren Ausübung nach angestellter Prüfung von der Medizinalbehörde
tüchtig befunden und zur Wahrnehmung ihrer Obliegenheiten durch diese Behörde verpflichtet sind, wie dieser Grundsatz z. B.
im preußischen Landrecht formuliert und in der preußischen Apothekerordnung vom näher ausgeführt,
ist noch jetzt in Geltung.
Die deutsche Gewerbeordnung (§ 29) verlangt zunächst für den Apotheker die persönliche Approbation. Die Voraussetzungen,
unter denen eine solche erteilt werden soll, sind auf Grund eines Bundesratsbeschlusses in einer Bekanntmachung des Reichskanzlers
vom (Reichszentralblatt, S. 167 ff.) enthalten. Die pharmazeutische
Prüfung wird vor den pharmazeutischen Prüfungskommissionen abgelegt, welche an den deutschen Universitäten sowie an den
polytechnischen Schulen zu
¶
mehr
Braunschweig,
[* 33] Stuttgart
[* 34] und Karlsruhe
[* 35] eingerichtet sind. Die Zulassung zu der Prüfung ist durch ein Qualifikationszeugnis für
den einjährig-freiwilligen Militärdienst, welches insbesondere das Vorhandensein der nötigen Kenntnisse in der lateinischen
Sprache nachweisen muß, bedingt. Außerdem muß sich der Prüfungskandidat darüber ausweisen, daß er eine dreijährige
Lehrzeit absolviert hat. Für die Inhaber eines zum Besuch einer deutschen Universität berechtigenden
Zeugnisses der Reife genügt eine zweijährige Lehrzeit.
Dazu muß der Kandidat die Gehilfenprüfung vor einer deutschen Prüfungskommission bestanden und eine dreijährige Servierzeit
durchgemacht haben, von welcher mindestens die Hälfte in einer deutschen Apotheke zugebracht sein muß. Endlich ist das Abgangszeugnis
über ein Universitätsstudium von mindestens drei Semestern beizubringen. Dem Besuch einer Universität
steht derjenige einer der oben genannten drei polytechnischen Schulen gleich. Zur Erteilung der Approbation auf Grund der bestandenen
Prüfung sind die Zentralbehörden derjenigen Staaten, welche Landesuniversitäten besitzen, sowie das braunschweigische und
das elsaß-lothringische Ministerium befugt.
Die Approbation erstreckt sich auf das ganze Reichsgebiet. Eine Zurücknahme derApprobation ist zulässig,
wenn die Unrichtigkeit der Nachweise dargethan wird, auf Grund deren solche erteilt worden. Die Gewerbenovelle vom statuiert
die Entziehung auch noch dann, wenn dem Inhaber der Approbation die bürgerlichen Ehrenrechte aberkannt sind, jedoch nur für
die Dauer des Ehrenverlustes. Auch die Prüfung der Apothekergehilfen ist durch Bekanntmachung des Reichskanzlers
vom (Reichszentralblatt, S. 761 ff.) für das gesamte Reichsgebiet geordnet.
Aber auch die approbierten Apotheker bedürfen zur Anlegung und Verlegung einer der landesherrlichen Genehmigung. Die frühern
Realprivilegien, welche mit einem bestimmten Gebäude verbunden waren, bestehen noch jetzt fort, während
das Entstehen neuer Realkonzessionen nach der Gewerbeordnung ausgeschlossen ist. Die Erlaubnis zum Betrieb einer Apotheke wird vielmehr
nach Bedürfnis jetzt als Personalkonzession erteilt. Das Realprivilegium kann von dem Apotheker einfach an einen andern approbierten
Apotheker veräußert werden, während zur Übertragung der Personalkonzession die Zustimmung der Behörde erforderlich
ist. Der neue Erwerber einer konzessionierten Apotheke muß ebenfalls konzessioniert werden, was bei dem Erwerb einer privilegierten
Apotheke nicht nötig ist. Eine kaiserliche Verordnung vom (Reichsgesetzblatt, S. 5) setzt fest, welche Apothekerwaren
dem freien Verkehr überlassen und welche ausschließlich dem Verkauf in Apotheken vorbehalten sind.
Vom Hausierhandel sind Arznei- und Geheimmittel ausgeschlossen. Taxen für Apotheker können durch die Zentralbehörden
festgestellt werden, doch sind Ermäßigungen derselben durch freie Vereinbarung zulässig. Während in der Zeit nach der
Publikation der Gewerbeordnung eine Strömung für die Ausdehnung
[* 36] der Gewerbefreiheit auch auf das Apothekergewerbe vorhanden
war und eine lebhafte Agitation von Apothekergehilfen, Droguisten und andern Interessenten für die Freigabe
dieses Gewerbes stattfand, ist man neuerdings mehr dem entgegengesetzten System zugeneigt, nachdem sich namhafte Autoritäten,
wie z. B. Virchow, gegen die Freigabe des Apothekergewerbes erklärt haben.
Der Entwurf eines Apothekengesetzes für das Deutsche Reich, welchen der Reichskanzler 1877 vorlegte, ist in den gesetzgebenden
Körperschaften des Reichs nicht zur Beratung gelangt, und das Apothekenwesen richtet sich, insoweit es
nicht, wie oben angeführt, reichsgesetzlich normiert ist,
noch nach den Apothekerordnungen und Spezialgesetzen der Einzelstaaten.
(Medizinalgewicht), Gewichtssystem für die Arzneimittel, welches auf dem der alten Römer beruht, und
dessen Einheit das Pfund ist. 1 Medizinalpfund (Lbr. j) zerfällt in 12 Unzen (^ ), 1 Unze in 8 Drachmen (^
), 1 Drachme in 3 Skrupel (^ ), 1 Skrupel in 20 Gran
[* 39] (gr.). Die Gewichtsteile werden mit römischen Zahlen hinter diese Zeichen
gesetzt, und die Hälfte eines Gewichtsteils wird mit β bezeichnet; ^ jjjβ heißt demnach 3½ Drachmen.
Die Einheit, das Medizinalpfund, war und ist nicht in allen Ländern von gleicher Schwere, sondern schwankt im Verhältnis von 5 bis
zu 6. Mit dem seit 1840 in Frankreich, seit 1868 in Preußen, 1872 in ganz Deutschland eingeführten Grammgewicht als Apothekergewicht verglichen,
ergeben sich folgende Zahlen:
die von den Regierungen festgestellten Preisbestimmungen für Arzneimittel und für die bei Anfertigung
von Arzneien vorkommenden Arbeiten, an welche die Apotheker bei Verabreichung der Arzneien gebunden sind.
Die Taxation sowohl über als unter der festgestellten Taxe zog früher Geldstrafe nach sich; seit Einführung der Gewerbeordnung
von 1869 wird aber die Apothekertaxe mehr als Maximaltaxe betrachtet und nur noch ihre Überschreitung mit Strafe bedroht.
Vielen Apothekertaxen liegt das Prinzip zu Grunde, für billige Waren einen hohen, für teure einen geringen
Aufschlag zu gewähren, und die dadurch hervorgebrachten hohen Preise der billigen Waren, deren sonstigen Handelswert das Publikum
kennt, haben den Apotheker in den Verruf der hohen Prozente gebracht. Von Zeit zu Zeit werden diese Taxen nach den laufenden
Droguenpreisen erhöht oder herabgesetzt; aber diese Veränderungen halten durchaus nicht gleichen Schritt
mit den Schwankungen des Marktes, und häufig muß der Apotheker einen plötzlich im Preise stark gestiegenen Stoff noch lange
Zeit nach dem niedrigen Ansatz der Taxe verkaufen. Folgt dann die Abänderung der Taxe, so ist vielleicht der starke Verbrauch,
welcher die Preissteigerung veranlaßte, vorüber, und der nunmehrige höhere Ansatz in der Taxe gewährt
keine Entschädigung.
Symbole, deren sich die Ärzte beim Verordnen ihrer Mittel früher allgemein als Abbreviaturen, auch
wohl, um das Verordnete in möglichst mystische Form zu kleiden, bedienten.
Diese Zeichenschriften sind jetzt durch gewöhnliche (abbreviierte) Schreibart
verdrängt;
nur einige werden bisweilen noch angewendet, z. B. ^ für Wasser, ^ für Alkohol, ^ für Zucker,
[* 45] ^ für Pulver etc.
Mit den chemischen Zeichen haben diese Apothekerzeichen nichts zu schaffen.
(griech., lat. Consecratio), Vergötterung eines Menschen, insbesondere die feierliche Versetzung desselben
unter die Götter. Dieser Gebrauch, durch Ehrfurcht und Dankbarkeit veranlaßt, durch Schmeichelei und Aberglauben fortgepflanzt
und vervielfältigt, findet sich bei den meisten Völkern des Altertums, am frühsten bei den Assyrern, Ägyptern und
Persern, dann auch bei den Griechen und Römern. Die Griechen vergötterten auf das Geheiß von Orakelsprüchen besonders
verdiente Helden nach ihrem Tode, dann auch die Gründer von Kolonien und Städten; in der Folge eigneten sich Fürsten sogar noch
bei Lebzeiten göttliche Würde zu und ließen sich in diesem SinnDenkmäler und Ehrensäulen errichten.
Bei den Römern war Romulus der erste und lange Zeit der einzige, dem die Ehre einer feierlichen Apotheose zu teil wurde; der zweite
war Julius Cäsar, den Augustus vergöttern ließ, wie ihm selbst nach seinem Tode diese Ehre zu teil wurde. Nach ihm nahmen
dieselbe alle Kaiser, Vespasian ausgenommen, für sich in Anspruch, und sie wurde ihnen in der Regel infolge
eines Senatsbeschlusses zugeteilt. Ähnliche Ehrenbezeigungen wurden in den Provinzen den Prokonsuln erwiesen, aber die Unsittlichkeit
der damit Ausgezeichneten machte die ganze Sache bald zum Gespött.
Die Apotheose oder Konsekration der Kaiser und ihrer Gemahlinnen findet sich auf römischen Denkmälern sehr häufig.
Gewöhnlich wird sie durch Aufschweben zum Himmel
[* 46] dargestellt, wobei die Kaiser von Adlern, die Kaiserinnen von Pfauen getragen
werden. Auf Vasenbildern sieht man die Apotheose des Herakles
[* 47] derart dargestellt, daß der Heros aus den Flammen des Scheiterhaufens
auf einem Viergespann zum Himmel fährt. Berühmt ist auch die »Apotheose Homers«, ein figurenreiches Relief wahrscheinlich
aus dem 1. Jahrh. v. Chr., im 17. Jahrh. an der Via Appia gefunden, jetzt im BritischenMuseum befindlich.
(spr. -latschen, Appalachian System), Gebirgssystem, s. Alleghanygebirge. ^[= (Alleghanies, Appalachian-System), Gebirge in Nordamerika, das sich vom nordöstlichsten Teil ...]
(ital.), musikal. Vortragsbezeichnung: mit leidenschaftlichem Ausdruck. ^[= überhaupt die äußere Darstellung einer Empfindung oder Vorstellung, sei es in Worten, Tönen, ...]
(lat.), das Versammeln von Truppen zur Befehlsausgabe, Entgegennahme von Meldungen, Bitten,
Revision von Kleidern, Pferden etc. Das Zusammenrufen geschieht in der Regel durch das Signal »A.!« Auch versteht man unter Appell die
Gewandtheit der Truppen in rascher Auffassung und präziser Ausführung von Befehlen. - In der Fechtkunst
[* 53] ist Appell ein lebhafter
Tritt mit dem rechten Fuß, mit oder ohne Ausfall, der beim Unterricht zum Beweis dient, daß der Schüler
im Gleichgewicht
[* 54] steht und leichte Haltung hat, d. h. zum Ausfall bereit ist. Beim Kontrafechten gehört der Appell zu den Finten,
indem man dem Gegner dadurch Anlaß zu fehlerhaften Bewegungen geben will; besonders gern wird derselbe von den Franzosen geübt.
(lat.), Berufung, Rechtsmittel, durch welches die nochmalige Prüfung und Entscheidung einer Rechtssache herbeigeführt
werden soll (s. Berufung); daher Appellationsrichter, der Oberrichter, welcher in zweiter Instanz (in appellatorio) zu entscheiden
hat, wie denn in verschiedenen deutschen Staaten die zweitinstanzlichen Gerichte die Bezeichnung Appellationsgericht
und die drittinstanzlichen den NamenOberappellationsgericht bis zum Inkrafttreten der neuen deutschen Justizgesetze führten.
In übertragener Bedeutung spricht man von der Appellation als von der Berufung an eine höhere und bessere Stelle und an ein sachverständigeres
Urteil.
[* 55] Kanton
[* 56] der nordöstlichen Schweiz,
[* 57] ganz vom Kanton St. Gallen umgeben, 420 qkm (7,6 QM.)
groß mit (1880) 64,799 Einw. Das Land ist ein wald- und wiesengrünes,
mit hübschen Dörfern und zahllosen Häuschen übersäetes, von tiefen Flußtobeln (s. Sittern) durchfurchtes und von den
kahlen Felswänden des Säntisgebirges (2504 m hoch) überragtes Voralpengelände, das gegen den Bodensee abfällt. Inselartig
von flachem Niederland umgeben, schaut es nach allen Seiten aus, der innern Schweiz zu mehr an andreBerg-
und Thalpartien angelehnt (Hinterland), nach dem Rhein und Bodensee kühner und freier vortretend (Vorderland). Der Kanton zerfällt
seit 1597 infolge der Reformation in zwei selbständige Hälften: das äußere Gebiet (Außer-Roden), dessen Bewohner weit
überwiegend reformiert sind, und das fast ganz katholische innere Gebiet (Inner-Roden). Die Außer-Roder sind ein geistig
aufgewecktes Völkchen, haushälterisch und außerordentlich thätig. Sie pflegen den National- und Volksgesang sehr eifrig.
In ihren öffentlichen Zusammenkünften
¶
mehr
zeigt sich oft ein engherziges, ruhmrediges Wesen und viel Anhänglichkeit an altes Herkommen. Großartige Anstrengungen für
Zwecke der Erziehung und Wohlthätigkeit, in neuerer Zeit namentlich auch für Straßenbauten, zieren die sozialen Bestrebungen
Außer-Rodens. Die Inner-Roder stehen an geistiger Begabung nicht tiefer, sind aber durch und durch ein patriarchalischer
Hirtenstand geblieben, behaglich und bequem, gemütlich, heiter, witzig, gastlich, alter Sitte ergeben,
einfach und genügsam, neugierig, mit großer Vorliebe körperlichen Übungen und Spielen zugethan.
Der Wald, nirgends in ausgedehnten Beständen, jedoch in kleinen Stücken über das ganze Land zerstreut, genügt, wenigstens
in Außer-Roden, dem Bedarf nicht; aber man bemüht sich, dem Mißverhältnis entgegenzuwirken. Der frühere Rindviehschlag
ist soviel wie nicht mehr vorhanden. Der Hauptnutzen liegt in der Milch; Fettkäsereien finden sich fast
in allen Gemeinden, auch für die Ausfuhr arbeitend. Appenzell ist das Land der Molkenkurorte. Inner-Roden hat sehr viele Ziegen, aus
deren Milch die Molken bereitet und zur Nachtzeit nach den Kuroten ^[richtig: Kurorten] getragen werden.
Der interne und äußere Verkehr erforderte eine Menge schwieriger und brückenreicher Straßenzüge. Die wichtigsten laufen
in St. Gallen als in einem gemeinsamen Brennpunkt zusammen; zwei Paßstraßen führen in das Rheinthal,
über den Ruppen und Stoß; andre
münden nach dem Toggenburg. Die Schmalbahn Winkeln-Herisau ist bis Urnäsch fortgesetzt (1875)
und erstrebt Weiterbau nach Gonten-Appenzell; von Rorschach ersteigt, ebenfalls seit 1875, eine Zahnradbahn, 5½ km lang, die Höhe
von Heiden.
Ihr Besuch ist obligatorisch. Sie besitzt die gesetzgebende Gewalt, bestimmt die Verfassung, wählt die Standeskommission und
das Obergericht sowie das Mitglied des Schweizer Ständerats, erteilt das Landrecht, bewilligt die Ausgaben
für neue wichtige Bauten, nimmt die Landrechnung ab etc. Initiativvorschläge können nur durch
das Mittel des Kantonsrats vor die Landsgemeinde gebracht werden; sofern dieser jedoch die Anregung ablehnt, kann der Antragsteller,
aber nur vom »Stuhl« (d. h. dem erhöhten Sitz der Obrigkeit) aus, seine Sache persönlich der Landsgemeinde vortragen.
Das evangelisch-reformierte Bekenntnis ist Landesreligion; den Katholiken ist gemäß der Bundesverfassung
freier Kultus zugesichert. Das Armenwesen ist Sache der Gemeinden. Die Jahresrechnung der »Landeskassa« für 1882 ergab 394,176
FrankEinnahmen und 382,674 Fr. Ausgaben. Den Hauptposten der Einnahmen bildet die Landessteuer (157,725 Fr.), den Hauptposten
der Ausgaben das Straßenwesen (112,683 Fr.). Das reine Staatsvermögen betrug zu Ende des Rechnungsjahrs
790,335 Fr. Schul- und Kirchenwesen sind wesentlich Gemeindesache. Das Schulwesen gehört zu den regenerierten und umfaßt Primärschulen,
Sekundär- oder Realschulen und die Kantonsschule zu Trogen.