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besonders Rotlaufseuche der Schweine, [* 2] Pocken der Schafe, [* 3] Kopfrose der Wiederkäuer [* 4] und die Milzbrandaffektionen in der äußern Haut. [* 5]
besonders Rotlaufseuche der Schweine, [* 2] Pocken der Schafe, [* 3] Kopfrose der Wiederkäuer [* 4] und die Milzbrandaffektionen in der äußern Haut. [* 5]
(ägyptisches Kreuz), [* 6] Kreuz mit Querbalken ohne den obern Arm, in Form eines lateinischen T, Attribut des heil. Antonius des Einsiedlers.
(Antonier, Antonierherren, Hospitalbrüder des heil. Antonius), ein Mönchsorden, gestiftet ursprünglich als freie Laienverbindung zur Pflege der Kranken durch Gaston, einen reichen Ritter der Dauphiné, 1095 zum Dank für die Genesung seines Sohns vom Antoniusfeuer (sacer morbus), übernahm 1228 die Mönchsgelübde und wurde vom Papst Bonifacius VIII. 1297 zu einer Brüderschaft geregelter Chorherren nach Augustins Regel erhoben. Der Orden [* 7] gewann Güter, sank aber bald in tiefen Verfall. Im J. 1774 ward der Orden mit dem der Malteser vereinigt. Ordenstracht war ein schwarzes Gewand mit aufgeheftetem blau emaillierten T (Antoniuskreuz).
Redefigur, Art der Metonymie (s. d.),
wobei man statt eines Eigennamens eine bezeichnende Eigenschaft oder eine Apposition setzt, z. B. »der Allmächtige« statt Gott, »der Sohn der Aphrodite« [* 8] statt Amor, »der Beherrscher des Meers« statt Neptun.
im Rechtsleben und im öffentlichen Leben überhaupt die an eine Behörde oder sonstige öffentliche Stelle gerichtete formelle Aufforderung, nach bestimmter Richtung hin eine speziell bezeichnete Thätigkeit eintreten zu lassen. Dergleichen Anträge werden entweder mündlich gestellt, so z. B. in einer Gerichtsverhandlung von seiten des Staatsanwalts oder des Verteidigers des Angeschuldigten, oder in einer Repräsentativversammlung von den Mitgliedern der betreffenden Körperschaft; oder sie werden schriftlich in besondern Eingaben und Gesuchen eingereicht.
Die Begründung des Antrags kann entweder so geschehen, daß in erster Linie der Antrag gestellt und dann dessen Begründung angefügt wird, oder so, daß zunächst das thatsächliche Material vorgetragen, die nötigen Rechtsausführungen beigefügt werden und endlich als logische Schlußfolgerung des Ganzen der bestimmt formulierte Antrag (z. B. auf Freisprechung oder auf Verurteilung eines Angeschuldigten) gestellt wird, wie dies namentlich in den Gerichtsverhandlungen zu geschehen pflegt.
Über die formelle Behandlung der Anträge enthalten die Geschäftsordnungen der parlamentarischen Körperschaften regelmäßig nähere Vorschriften. So muß nach der Geschäftsordnung des deutschen Reichstags (§ 17 ff.) jeder Antrag, welcher von Mitgliedern des Hauses ausgeht, mit der Eingangsformel versehen sein: »Der Reichstag wolle beschließen...«. Es gehören dazu die Unterschriften von 15 Mitgliedern. Anträge, welche einen Gesetzentwurf enthalten, bedürfen ebenso wie die Regierungsvorlagen einer dreimaligen Beratung.
In der ersten Lesung sind Abänderungsanträge nicht zulässig, für die zweite Beratung sind sie ohne Unterstützung gestattet, während ein Abänderungsantrag für die dritte Lesung von 30 Mitgliedern unterstützt sein muß. Anträge, welche keine Gesetzentwürfe enthalten, bedürfen einer nur einmaligen Beratung und Abstimmung. Abänderungsanträge hierbei bedürfen der Unterstützung von 30 Mitgliedern. Ein Antrag auf Vertagung oder auf Schluß der Debatte bedarf ebenfalls der Unterstützung durch 30 Mitglieder.
(Antragsdelikt), eine strafbare Handlung, deren strafrechtliche Verfolgung nur auf ausdrücklichen Antrag des Verletzten oder seines gesetzlichen Vertreters eintritt. Nach moderner Rechtsanschauung hat nämlich der Staat bei Rechtsverletzungen regelmäßig von Amts wegen gegen den Verbrecher einzuschreiten, zur Bekämpfung des widerrechtlichen Einzelwillens, welcher sich gegen den Gesamtwillen der Staatsangehörigen, der in dem Gesetz seinen Ausdruck findet, in Opposition gesetzt hat.
Von dieser Regel wird jedoch in Ansehung einer Kategorie von Verbrechen (im engern Sinn) und Vergehen eine Ausnahme gemacht und deren strafrechtliche Verfolgung nur auf ausdrücklichen Antrag des Verletzten verfügt. Es gibt nämlich gewisse Verbrechen und Vergehen, welche einen überwiegend subjektiven Charakter haben. Dies ist namentlich bei den Ehrverletzungen und den damit verwandten Delikten der Fall, indem es hier vor allem darauf ankommt, ob der Verletzte und Beleidigte selbst sich durch die fragliche Handlung an seiner Ehre gekränkt fühlt, was eben durch den ausdrücklichen Strafantrag desselben konstatiert werden muß.
Außerdem gehören auch diejenigen Fälle hierher, in welchen eine strafrechtliche Verfolgung und die dem Verbrechen dadurch gegebene Publizität für den durch das Verbrechen Verletzten selbst in der nachteiligsten Weise kränkend wirken könnte. Letzteres gilt z. B. bei dem Verbrechen der Entführung, der strafbaren Verführung eines unbescholtenen Mädchens, dann aber auch bei dem Verwandtendiebstahl, bei dem Betrug gegen Verwandte u. dgl. Das deutsche Strafgesetzbuch insbesondere führt folgende Antragsverbrechen und -Vergehen auf: feindliche Handlungen gegen befreundete Staaten (§ 102-104), einfacher Hausfriedensbruch (§ 123), betrügliche Eheschließung (§ 170), Ehebruch (§ 172), Verleitung zum Beischlaf durch Vorspiegelung einer Trauung (§ 179), Verführung eines unbescholtenen noch nicht 16jährigen Mädchens zum Beischlaf (§ 182), Beleidigung (§ 189, 194-196), leichte vorsätzliche und jede fahrlässige Körperverletzung (§ 232), insofern dieselbe nicht mit Übertretung einer Amts-, Berufs- oder Gewerbspflicht begangen worden ist, Entführung (§ 236, 237), Diebstahl, Unterschlagung und Betrug zum Nachteil von Angehörigen, Vormündern, Erziehern, Lehr- und Dienstherren (§ 247, 263), Hinterziehung einer gerichtlichen Zwangsvollstreckung (§ 288), Entziehung der eignen Sache, namentlich dem Pfandgläubiger oder Nutznießer gegenüber (§ 289), Wilddiebstahl, wofern derselbe von Angehörigen des Jagdberechtigten verübt ward (§ 292), Verletzung des Briefgeheimnisses (§ 299), Verletzung der Verschwiegenheit von seiten der Rechtsanwalte, Advokaten, Notare, Verteidiger, Ärzte, Wundärzte, Hebammen, Apotheker und deren Gehilfen (§ 300), verbotenes Kreditgeben an Unmündige (§ 301, 302) und Sachbeschädigung (§ 303). Auch einige Übertretungen werden nach dem deutschen Strafgesetzbuch bloß auf Antrag verfolgt, so die Entwendung von Nahrungsmitteln zum alsbaldigen Verbrauch und die Wegnahme von Viehfutter, um das eigne Vieh des Bestohlenen damit zu füttern (§ 370, 5 und 6). Ähnlich wie bei den hier angeführten Verbrechen verhält es sich mit einer andern Kategorie von Fällen, in denen das deutsche Strafgesetzbuch die Ermächtigung von seiten des Verletzten zur Bedingung der Bestrafung des Verbrechers macht. Dies ist der Fall bei Beleidigungen von Bundesfürsten und von Mitgliedern der landesherrlichen Häuser, abgesehen von dem Reichsoberhaupt und dem jeweiligen Landesherrn (§ 99, 101), und bei Beleidigungen, welche gegen eine gesetzgebende Versammlung des Reichs oder eines Bundesstaats oder gegen eine andre politische ¶
Körperschaft begangen werden (§ 197). Diese Verbrechen sind aber von den eigentlichen Antragsverbrechen insofern verschieden, als das Verbrechen hier immerhin von Amts wegen zu verfolgen ist, nur daß die strafrechtliche Verfolgung sistiert wird und die Bestrafung unterbleibt, wenn die einzuholende Ermächtigung dazu nicht erteilt wird. Eine Zurücknahme des einmal gestellten Antrags ist nur ausnahmsweise in den im Gesetz ausdrücklich bezeichneten Fällen zulässig. Diese letztern finden sich im Strafgesetzbuch in den § 102-104 (feindliche Handlungen gegen befreundete Staaten), 194 (Beleidigung), 232 (leichte vorsätzliche und fahrlässige Körperverletzungen, gegen Angehörige verübt), 247 (Haus- und Verwandtendiebstahl oder Unterschlagung dieser Art), 263 (Betrug dieser Art), 292 (Wilddiebstahl, verübt von einem Angehörigen des Jagdberechtigten), 303 (Sachbeschädigung, einem Angehörigen gegenüber begangen) und 370 (Entwendung von Nahrungsmitteln zum alsbaldigen Verbrauch oder Wegnahme von Viehfutter, um das eigne Vieh des Bestohlenen damit zu füttern). Aber auch in diesen Fällen ist die Zurücknahme des Antrags nur bis zur Verkündung eines auf Strafe lautenden Urteils zulässig.
Vgl. Hergenhahn, Das Antragsrecht im deutschen Strafrecht (Berl. 1878).
(spr. angträhg), Flecken im franz. Departement Ardèche, Arrondissement Privas, liegt äußerst malerisch auf einem Basaltplateau am Eingang eines schönen Thals und hat (1876) 1430 Einw. In der Nähe ein ausgebrannter Vulkan (la coupe d'Aysac) und der 560 m lange, von Basaltsäulen gebildete Riesenweg (Pavé des géants).
(spr. angträhg), Emanuel Louis Henri Delaunay, Comte d', franz. Publizist und Diplomat, geboren um 1755 in Villeneuve de Berg (Ardèche), beförderte durch seine mit hinreißender Beredsamkeit abgefaßte Schrift »Mémoires sur les États-généraux, leurs droits et la manière de les convoquer« (1788), in welcher er den Umsturz der absoluten Monarchie predigte, wesentlich den Ausbruch der Revolution. Als Deputierter in die Reichsstände berufen, verfocht er die Rechte des Erbadels, widersetzte sich der Vereinigung der drei Stände und erklärte das Veto des Königs für eine unentbehrliche Stütze der Monarchie, leistete auch den Bürgereid nur mit Einschränkungen.
Einer öffentlichen Anklage glücklich entgangen, ward er durch diplomatische Sendungen nach Petersburg [* 10] und Wien [* 11] entfernt. Hier vertrat er die Interessen des bourbonischen Königshauses. Auf einer diplomatischen Mission nach Italien [* 12] ließ ihn Bonaparte (1798) aufheben; doch entkam er mit Hilfe seiner Gemahlin, der berühmten Opernsängerin Saint-Huberty. Später wurde er zum russischen Staatsrat ernannt und in diplomatischen Angelegenheiten nach Dresden [* 13] gesendet. Dort schrieb er seine bekannte Invektive gegen Napoleon: »Fragment du XVIII. livre de Polybe, trouvé sur le mont Athos«. Eingeweiht in die geheimen Artikel des Tilsiter Friedens, verließ er Rußland, um sich durch Mitteilung derselben dem englischen Ministerium unentbehrlich zu machen. Er ward in einem Dorf bei London [* 14] nebst seiner Gemahlin von seinem Bedienten, einem Italiener, ermordet, welcher sich gleich nachher selbst erschoß.
1) Grafschaft der irländ. Provinz Ulster, grenzt im N. und O. an den Nordkanal und den Atlantischen Ozean, erstreckt sich westlich bis zum Lough Neagh und dem aus demselben abfließenden Bann und hat ein Areal von 3084 qkm (55,97 QM.). Ein vulkanisches Tafelland bedeckt den größten Teil der Grafschaft, steigt im Trostan 554 m an und fällt rings in steilen, teilweise aus Basaltsäulen bestehenden Felsenwänden (s. Giant's Causeway) ins Meer und die fruchtbare Ebene des Flusses Bann ab. Die vorwiegend protestantische Bevölkerung [* 15] ist 1871-81 von 404,015 auf 421,943 Seelen gestiegen, aber dieser Zuwachs wurde gänzlich von Belfast absorbiert.
Von der Gesamtoberfläche sind (1881) 32,6 Proz. unter dem Pflug, [* 16] 44,6 Proz. bestehen aus Weideland, 1,0 Proz. aus Wald, 4,8 Proz. aus Moor und Sümpfen, 6,5 Proz. aus wüstem Bergland, 3,7 Proz. sind von Straßen etc. und 6,8 Proz. von Wasser bedeckt. An Vieh zählte man 29,674 Pferde, [* 17] 138,519 Rinder, [* 18] 56,849 Schafe und 46,821 Schweine. Der Bergbau [* 19] liefert Salz [* 20] und wenig Eisen. [* 21] Sehr wichtig ist die Industrie; die Textilfabrikation allein beschäftigte 1881: 24,171 Menschen (davon 21,247 in Baumwoll- und Leinwandfabriken, 498 in Wollfabriken). Hauptstadt, zugleich wichtigste Fabrik- und Handelsstadt ist Belfast. -
2) Stadt in der irischen Grafschaft Antrim, nahe beim Lough Neagh, vormals bedeutender, 1881 mit nur 1647 Einw., hat einen 28 m hohen Rundturm. Dabei Antrim Castle und Shane's Castle, letzteres in Ruinen.
Höhle, z. B. Antrum Highmori, die Oberkieferhöhle.
(Antustriōnes), fränk. Dienstmannen unter den Merowingern, entweder s. v. w. Leudes (Leute) oder von diesen unterschieden als höhere Vasallen mit freien Leuten in ihrem Gefolge.
s. v. w. Ente, ^[= im übertragenen Sinn (wie auch das franz. canard) s. v. w. falsche Nachricht, besonders eine ...] besonders Hausente.
(mittellat. machinae), im Mittelalter Name der technischen Hilfsmittel, deren man sich bei Belagerungen bediente. Es gab drei Arten:
1) Stoßzeug (machinae oppugnatoriae), wozu der Sturmbock oder Widder, der Tarant (Mauerbohrer), der Fuchs [* 22] und der Krebs [* 23] gehörten;
2) Schuß- und Wurfzeug (machinae jaculatoriae), wie die Standarmbrust oder der Spannwagen und die Rutten (Katapulten); ferner die Bleide, der Tribock, der Schleuderkasten, die Mange etc. (die letztern zum Bogenwurf);
3) Deckzeug (machinae tectoriae), bestehend in fahrbaren Holzbrustwehren, bedeckten Ständern oder Hallen (auch Katze [* 24] und Sau genannt), Türmen etc.
[* 25] (franz. Anvers, span. Amberes), belg. Provinz und ehemalige Markgrafschaft, grenzt im N. an die holländische Provinz Nordbrabant, im SO. an Limburg, [* 26] im S. an Südbrabant und im W. an Ostflandern und hat ein Areal von 2831,73 qkm (51,4 QM.). Sie ist durchaus eben und wird durch Flußdämme gegen Überschwemmungen geschützt; in den Niederungen sind viele fruchtbare Polders. Der Boden ist ein leichter, feiner Sand, mit Thon vermischt, über dem eine fruchtbare vegetabilische Erde lagert. Am ergiebigsten ist derselbe um Mecheln [* 27] und an den Marschstrecken der Schelde, am magersten im N. und O., wo die Campine (s. d.) nur teilweise dem Ackerbau gewonnen ist.
Die Schelde macht die Grenze gegen Ostflandern und nimmt bei Rupelmonde die Rupel auf; sie ist für die Schiffahrt unschätzbar. Zur Rupel führen Kanäle von Brüssel [* 28] und Löwen. [* 29] Das Klima [* 30] ist gemäßigt, aber feucht und veränderlich. Die Bevölkerung betrug 1883: 602,698 Seelen, ihre Dichtigkeit 213 Einw. auf 1 qkm, die jährliche Zunahme seit 1832: 1,4 Proz., seit 1872: 1,8 Proz. im Durchschnitt. Die Mehrzahl ist vlämischer Herkunft und das fast ausschließlich geltende Bekenntnis das der römisch-katholischen Kirche. Der Ackerbau wird mit Sorgfalt betrieben und erzeugt Weizen, Roggen, Hafer, [* 31] Kartoffeln, Flachs, Rübsamen, Krapp, Futterkräuter und Gemüse in Menge. Auch die Wiesen sind ¶
sehr ergiebig. In hoher Blüte [* 33] steht die Pferde- und Viehzucht. [* 34] Die Industrie, zumeist in Spitzen- und Hutfabrikation, Zuckersiederei, Tuch-, Woll- und Baumwollfabrikation, Brauerei und Brennerei thätig, ist sehr lebhaft, und auch der Handel ist in der neuesten Zeit wieder in regem Aufschwung begriffen. Die Provinz zerfällt in drei Bezirke: Antwerpen, Mecheln und Turnhout.
Die gleichnamige Hauptstadt der Provinz, zugleich Hauptfestung und bedeutendster (auch für Deutschland [* 35] wichtiger) Seehafen des Königreichs, liegt halbkreisförmig am rechten Ufer der über 600 m breiten Schelde, die bis oberhalb der Stadt am Wechsel der Ebbe und Flut teilnimmt, 44 km nördlich von Brüssel und 5 km vom Meer. Das Äußere derselben hat sich in neuester Zeit merklich verändert. An Stelle der alten, nunmehr abgetragenen Festungswälle mit ihren Gräben, welche ausgefüllt und in ansehnliche Boulevards und neue Stadtteile umgewandelt sind, umzieht ein einziger Wall mit breitem Wassergraben im Umfang von 18 km das fast um das Sechsfache des frühern vergrößerte Weichbild der Stadt, mit beiden Enden auf die Schelde sich stützend und an der Nordseite in die Nordcitadelle auslaufend.
Vor dieser Umfassungslinie sind seit 1859 nach den Grundsätzen der modernen Befestigungskunst eine Anzahl detachierte Forts und vorgeschobene Hornwerke errichtet, während die alte Citadelle (Citadelle du Sud, 1567 von Herzog Alba [* 36] angelegt) seit 1874 geschleift und der dadurch gewonnene Raum teils zu maritimen Bauwerken (Werften, Bassins, Entrepots etc.), teils zur Herstellung eines neuen Bahnhofs verwendet worden ist. Die Stadt wird von 11 Kanälen durchschnitten, über welche mehr als 40 Brücken [* 37] führen.
Die Straßen der neuen Stadtteile sind breit und regelmäßig (namentlich bilden die prächtigen Avenuen des Quartiers Leopold im S. gegenwärtig den fashionabeln Glanzpunkt der Stadt), die der innern Stadt dagegen meist eng, besonders in der Nähe des Flusses, an dem sich ein wahres Labyrinth von Gassen hinzieht, in welchen Matrosen und Schenkwirte ihr Wesen treiben. Die freiesten Stellen im Innern sind: der Markt, der Grünplatz (Gemüsemarkt, seit 1840 mit der ehernen 4½ m hohen Statue Rubens' von Geefs auf 5,8 m hohem Sockel) und der sogen. Meir, eine breite Straße mit modernen Häusern und Palästen, unter welcher ein Kanal [* 38] hinfließt.
Das ausgezeichnetste Gebäude der Stadt ist die prachtvolle Kathedrale (Notre Dame), 117 m lang, 65 m breit, 40 m hoch, die schönste und größte gotische Kirche Belgiens (nur etwa ein Sechstel an Flächeninhalt kleiner als der Kölner [* 39] Dom). Sie wurde 1322 begonnen und im 15. Jahrh. vollendet. Unter den zahlreichen Kunstwerken der Malerei und Plastik, welche die Kirche schmücken, befinden sich drei Hauptgemälde von Rubens (die Kreuzabnahme, Kreuzeserhöhung und Mariä Himmelfahrt) sowie reiche Glasmalereien.
Der zierlich durchbrochene Turm, [* 40] von Jean Amel aus Boulogne 1422 entworfen, im 16. Jahrh. in einer Höhe von 123 m abgeschlossen, steigt als schlanke Pyramide empor und enthält eins der bedeutendsten Glockenspiele Belgiens (99 Glocken, die größte 80 metr. Ztr. schwer); der andre Turm ist nur zum dritten Teil vollendet. Das Chor wurde 1521-1523 erweitert. Durch die Bilderstürmer erlitt die Kirche 1566 arge Beschädigungen, nicht minder durch die französischer Republikaner 1794. Unter den fünf Pfarrkirchen zeichnen sich besonders aus: die Kirche St. Jakob im spätgotischen Stil (1491 gegründet, mit prachtvollen Skulpturen, Marmorzieraten, Gemälden von Rubens, van Dyck etc. und der Grabkapelle der Familie Rubens);
die Dominikanerkirche (St. Paul), ebenfalls im spätgotischen Stil (1540-71 erbaut, mit einer Geißelung Christi von Rubens), und die Andreaskirche (1514-33 erbaut, mit großer, kunstvoll geschnitzter Kanzel).
Das im Renaissancestil nach Zeichnungen von Cornelis de Vriendt (1561-65) erbaute Stadthaus steht den prächtigen gotischen zu Gent, [* 41] Brüssel und Löwen nach. Die neue Börse, welche an Stelle der 1858 niedergebrannten alten Börse, eines prächtigen spätgotischen Baues von 1531, neuerdings (1869-72) nach Plänen von J. ^[Joseph] Schade ^[richtig: Schadde] ganz im Stil des alten Gebäudes aufgeführt wurde, ferner das französische Theater [* 42] (1834 erbaut), das vlämische Schauspielhaus (im Renaissancestil 1869-1872 erbaut), das große Hospital und das alte malerische Gildehaus der Schützen sowie das ehrwürdige Hansahaus (auch Osterlingshaus) sind gleichfalls ansehnliche Gebäude.
Letzteres, ehemals Niederlage der Hansa, 1564 erbaut, ist 1863 von den Hansestädten an Zahlungs Statt für die Ablösung des Scheldezolls an Belgien [* 43] abgetreten worden. Merkwürdig sind ferner: das Museum, vor dem seit 1856 van Dycks Statue (von Cuyper) steht;
das in ein Museum umgewandelte alte Haus der Druckerfamilie Plantin-Moretus;
die alte, mit vier Türmchen gezierte Fleischhalle (im Stil des 14. Jahrh.), jetzt als Getreideniederlage dienend;
der königliche Palast am Meir (1755 im Pompadourstil erbaut);
Rubens' Haus (1864 restauriert);
die neue Fischhalle;
das von Ecktürmen flankierte ehemalige Inquisitionsgebäude (jetzt Altertumsmuseum);
das große Seearsenal mit umfangreichen Werkstätten;
das Militärmagazin;
die über 1 km langen Werften oder Kais an der Schelde (von Napoleon I. 1802 angelegt);
endlich die berühmten, stets von großen Seeschiffen aller Völker belebten Hafenbassins am Nordende der Stadt (s. unten).
Die Bevölkerung Antwerpens (1846 nur 88,487 Seelen) betrug 169,112 Seelen und wurde 1883 auf 180,447 berechnet. Die jährliche Zunahme betrug 1846-82 im Durchschnitt 2,9 Proz. Im J. 1882 war die Zahl der Lebendiggebornen 7217, der Totgebornen 316, außerdem starben 4544 Personen; 1654 Ehen wurden geschlossen. Die Zahl der bewohnten Gebäude ist von (1846) 11,756 auf (1880) 22,010 gestiegen, und ihre Vermehrung hat mit der Zunahme der Bevölkerung fast gleichen Schritt gehalten. Es gab 1880: 34,880 Haushaltungen. Die obern Klassen sprechen überwiegend französisch, die untern meist vlämisch.
Die Industrie Antwerpens ist von nicht geringer Bedeutung. Es bestehen 15 Diamantenschleifereien, in denen jährlich für 15 Mill. Frank rohe Diamanten verarbeitet werden, 2 Schwefelraffinerien, 2 Wollwäschereien, 1 Wachsteppich- und 1 große Stearinkerzenfabrik, 2 Schiffswerften, bedeutende Branntweinbrennereien und Brauereien, 6 Reismühlen; die früher zahlreichen Zuckerfabriken können aber die deutsche Konkurrenz nicht bestehen. Außerdem gibt es Fabriken für Bleiweiß, [* 44] Lackmus, Baumwollstoffe, Spitzen (ein altes, neuerdings durch die Mode wieder belebtes Gewerbe), Zwirn (berühmt ist die schwarze Nähseide), Tapeten, Tabak, [* 45] Gold- und Silbertressen, Hüte etc.
[* 25] ^[Abb.: Wappen [* 46] von Antwerpen.] ¶
Als der wichtigste Seehafen Belgiens, dessen merkantiles Gebiet weit in das Innere des Kontinents hineingreift, bildet Antwerpen zugleich einen der ersten Handelsplätze Europas, der aber die meisten seiner ausgeführten Waren in reinem Transit empfängt. Von den großartigen Docks wurden die beiden ältern: Grand und Petit Bassin, von Napoleon I. 1804-13 mit einem Kostenaufwand von 13 Mill. Fr. erbaut, nachdem er Antwerpen zum ersten Kriegshafen an der Westküste Frankreichs hatte erklären lassen.
Das kleine Bassin (175 m lang und 147 m breit) kann 100, das große (402 m lang, 175 m breit) etwa 250 Schiffe [* 48] mittlerer Größe aufnehmen. Im Lauf der Zeit reichten jedoch diese beiden Bassins nicht mehr aus, und es wurde 1859 der Bau eines dritten, des Bassin du Kattendyk, von 350 m Länge und 140 m Breite [* 49] begonnen, an welches sich weiterhin das Bassin aux Bois, Bassin de la Campine, Bassin du Canal anschließen. Neuerdings sind auf einem Teil der alten Südcitadelle Docks angelegt, und andre für Petroleum werden auf dem Terrain der von der Stadt angekauften Nordcitadelle errichtet. Die Tiefe der Docks, die mit Quadern ausgemauert sind und durch Schleusen mit der Schelde korrespondieren, beträgt gegen 10 m; sie sind mit Magazinen, Packhäusern und Kaufhallen umgeben. Der Verkehr wird wesentlich durch die neuen Kais erleichtert, die sich längs des Hafens hinziehen, und an denen die größten Dampfer anlegen können. Ist Ostende [* 50] mehr Posthafen (also für den Brief- und Personenverkehr), so bildet Antwerpen die Warenhalle.
[* 47] ^[Abb.: Situationsplan von Antwerpen.]
Die Schiffahrtsbewegung in Antwerpen war 1883 folgende: Es liefen ein 4689 Seeschiffe (darunter 3700 Dampfer) von 3,857,934 Ton., davon 2,156,539 T. britisch u. 383,745 T. deutsch, aus 4689 Seeschiffe von 3,857,904 T. An Binnenschiffen kamen 1883 in Antwerpen an 28,433 Fahrzeuge von 2,229,588 T. Die Reederei ist nicht erheblich, Antwerpen besaß Anfang 1884 nur 57 eigne Schiffe von 85,307 T. Ein reger Exporthandel, dessen Objekte meist aus Produkten der einheimischen Industrie bestehen, findet nur nach Südamerika, [* 51] China, [* 52] Japan und Indien statt. Ungleich bedeutender ist der Transithandel in Eisen, Garnen, Getreide, [* 53] Kaffee und neuerdings auch in deutschen Kohlen. Die Einfuhr zur See übersteigt die Ausfuhr noch immer um die Hälfte. Die Haupteinfuhrartikel waren 1883: Getreide (besonders aus den Vereinigten Staaten, [* 54] Rußland, Indien und Preußen), [* 55]
Weizen | 8.7 Mill. Hektol. | Hafer | 2.8 Mill. Hektol. |
Roggen | 1.7 " " | Mais | 0.5 " " |
Gerste | 2.5 " " | Mehl | 0.1 " " |
Kaffee 727,855 Säcke, Reis 629,839 Säcke, exotischer Rohzucker, Kakao, Hopfen, [* 56] Schmalz und Speck, Talg, Öle, [* 57] Petroleum (866,847 Fässer und Kisten), Droguen, Tabak, Baumwolle [* 58] (228,797 Ballen), Wolle (170,196 Ballen), Holz, [* 59] Diamanten.
Handelsbewegung 1882 | Mill. Kilogr. | Wert in Mill. Frank |
---|---|---|
Einfuhr (Generalhandel) | 2286.0 | 1194.9 |
Ausfuhr (Spezialhandel) | 1013.6 | 459.5 |
Transit zur Ausfuhr | 182.8 | 269.1 |
Antwerpen ist durch einen Kanal mit der Maas (mit mehreren Seitenkanälen) verbunden. Hier münden die Eisenbahnen von Gent, Boom, Mecheln, Maastricht [* 60] und Vlissingen. Regelmäßige Dampferkurse verbinden Antwerpen mit Hamburg, [* 61] Rotterdam [* 62] und verschiedenen englischen Häfen sowie auch mit New York (einmal monatlich), Buenos Ayres [* 63] in Südamerika und Adelaide, [* 64] Melbourne [* 65] und Sydney [* 66] in Australien. [* 67] Antwerpen ist Sitz bedeutender Assekuranz- und Handelsinstitute, auch ¶
Sitz eines deutschen Konsuls und zugleich einer der wichtigsten Punkte für Auswanderung; die Zahl der Auswanderer über Antwerpen betrug 1882: 35,120 Personen, die der deutschen Auswanderer in den 9 Jahren 1875 bis 1883: 97,678 Personen.
An Anstalten für Wissenschaften und Kunst besitzt Antwerpen ein königliches Athenäum, eine höhere Knabenschule, Industrieschule, Navigationsschule, ein Lehrerinnenseminar, ein Institut für Taubstumme und Blinde, zahlreiche wissenschaftliche Gesellschaften, eine Schule für praktische Medizin und Chirurgie, einen botanischen Garten [* 69] (mit hübschem Palmenhaus und dem Standbild des Botanikers Coudenberg), einen großartigen zoologischen Garten (seit 1843), der an Reichhaltigkeit nur dem Amsterdamer nachsteht, eine öffentliche Bibliothek und eine berühmte Akademie der bildenden Künste (mit 16 Professoren), die im 14. Jahrh. als Brüderschaft von St. Lukas entstand und in der Geschichte der niederländischen Kunst eine hochwichtige Stelle einnimmt.
Aus ihr gingen die berühmtesten Maler der flandrischen Schule hervor, von denen viele geborne Antwerpener sind, wie van Dyck, Calvaert, die beiden Teniers, Seghers, Crayer, Floris und Bril (vgl. Rooses, Geschichte der Malerschule Antwerpens, deutsch, Münch. 1880). Die Akademie hat ihren Sitz im Gebäude des Museums (ehemaliges Kloster), das zugleich die hervorragendste Gemäldesammlung Belgiens enthält. Dieselbe stammt aus den jetzt aufgehobenen Klöstern, wurde durch die wertvolle van Ertbornsche Privatsammlung wie durch Ankäufe und Schenkungen verstärkt und umfaßt jetzt ca. 650 Nummern, darunter Meisterwerke von Rubens (Christus am Kreuz, der ungläubige Thomas, Kommunion des heil. Franziskus, eine Pietà, heilige Familie etc.), Quintin Massys (Bestattung Christi), van Dyck (Grablegung, Christus am Kreuz), Jordaens (Anbetung der Hirten), Rembrandt, van de Velde, Teniers, Ruisdael, van Eyck (heil. Barbara, Madonna) und andern Meistern der flandrischen Schule.
Von öffentlichen Denkmälern sind außer den genannten noch anzuführen: die Kolossalstatue des Boduognatus, des Häuptlings der Belgier in den Kämpfen gegen Cäsar (1861 errichtet);
die Statue Schoonbekes, eines patriotischen Bürgers aus dem 15. Jahrh., in der Vorstadt Berchem;
das Standbild Carnots, in der Vorstadt Borgerhout;
das Reiterstandbild Leopolds I. (von J. ^[Joseph] Geefs, 1868 errichtet) am ehemaligen Mechelner Thor;
das Sandsteindenkmal des Dichters Ryswyck (1864 errichtet) und die Bronzestatue von D. Teniers (seit 1867).
Auch der sogen. Quintin-Massys-Brunnen mit einem Dach [* 70] von geschmiedetem Eisen und einer Statue des Salvius Brabo verdient Erwähnung. - Finanzen 1882: Das Budget war in Einnahme und Ausgabe auf 26,853,706 Fr. veranschlagt. Von den ordentlichen Ausgaben, die sich auf 11,051,097 Fr. beliefen, erforderte die Verwaltung 2,6 Mill., der öffentliche Unterricht 2,3 Mill., die Straßenbeleuchtung 2,7 Mill. Fr., unter den außerordentlichen die städtische Schuld 9,6 Mill., die öffentlichen Arbeiten 5,8 Mill. Fr. Gegenüber, am linken Scheldeufer, liegt der Vlaamsch Hoofd (Tete de Flandre), von wo man einen guten Überblick über die im Halbkreis lang sich hinstreckende Stadt genießt.
Geschichte. Antwerpen (Aen't Werf, »Am Werft«) wird zuerst im 8. Jahrh. erwähnt. Als Hafen- und Handelsort erscheint es schon im 10. und 11. Jahrh., und Anfang des 12. Jahrh. waren Antwerpener Tücher in Frankreich und Deutschland ein gesuchter Handelsartikel. In der Periode der Kreuzzüge war Antwerpen nächst Brügge und Gent die reichste Stadt Flanderns. Die höchste Blüte aber erreichte Antwerpen Mitte des 15. Jahrh., wo Gent und Brügge durch unglückliche Fehden sanken. Die Hansa, durch Brügge beleidigt, verlegte zu Anfang des 16. Jahrh. ihre Magazine nach Antwerpen, worauf 1516 alle fremden Kaufleute mit Ausnahme der Spanier von Brügge und Gent nach Antwerpen wanderten.
In den folgenden Jahrzehnten erreichte Antwerpen seinen Höhepunkt. Eine vielseitige Industrie, namentlich Webereien von Woll-, Seiden- und Leinenwaren, Tapeten und Waffen, [* 71] Glas- und Goldwaren, wurde damals begründet; zugleich erlangte der Geldhandel hohe Bedeutung, an der Börse Antwerpens (dem Muster für die spätere Londoner) schlossen im 16. Jahrh. die Fürsten Europas ihre Anleihen ab. Zugleich blühten Künste und Wissenschaften, die berühmtesten Baumeister und Maler (Rubens, van Dyck, Massys u. a.) schmückten die Stadt mit ihren Werken.
Unter Karl V. war Antwerpen die herrlichste Stadt der ganzen christlichen Welt, von wo aus die Produkte des flandrischen und brabantischen Fleißes sich bis Arabien, Persien [* 72] und Indien verbreiteten. Als der portugiesisch-ostindische Handel den levantischen überflügelte, richteten die Portugiesen in Antwerpen ihren Stapel auf. Dies zog die berühmtesten Handelshäuser von Florenz, [* 73] Pisa [* 74] und Genua, [* 75] aus Augsburg [* 76] die Fugger und Welser nach Antwerpen. Damals zählte die Stadt über 240,000 Einw. 200-250 Seeschiffe lagen öfters auf einmal vor ihren Kais, über 2000 Frachtwagen langten in jeder Woche aus Deutschland, Frankreich und Lothringen an. Der auswärtige Verkehr beschäftigte ein Gesamtkapital von 500 Mill. Goldgulden. Antwerpen hatte 4500 eigne Schiffe in See, und es galt das Sprichwort: »Die Welt ist ein Ring und der Diamant [* 77] darin«.
Diese Blüte wurde durch den Abfall der Niederlande [* 78] vernichtet. Bei der Wichtigkeit der Stadt, in welcher die Reformation zahlreiche Anhänger zählte, suchte bereits 1566 die Statthalterin Margareta von Parma [* 79] durch Verstärkung [* 80] der Besatzung bei Gelegenheit des Bildersturms, während dessen nur Wilhelm von Oranien ein gräßliches Blutbad verhinderte, sich Antwerpens zu versichern. Zu den Festungswerken, die Karl V. 1546 durch einen deutschen Ingenieur, Franz, hatte anlegen lassen, ließ dann Alba durch den Italiener Paciotto 1567-72 die starke Citadelle mit einem Aufwand von 1,400,000 Thlr., wovon Antwerpen selbst ein Drittel tragen mußte, erbauen.
Zweimal versuchte 1574 Wilhelm von Oranien vergeblich, die Citadelle zu nehmen. Die spanischen Söldner, welche ihren Lohn nicht empfingen, verübten von der Citadelle aus Bedrückungen aller Art und richteten ein furchtbares Blutbad (die »spanische Furie«) in Antwerpen an, wobei das Rathaus und 600 Bürgerwohnungen in Flammen aufgingen und über 10,000 Bürger ersäuft oder erstochen wurden. Am endlich gelang es den Antwerpenern, durch Zahlung des rückständigen Soldes und ungeheurer Summen an die Befehlshaber die spanische Besatzung zur Räumung der Citadelle zu bewegen und alle Truppen aus der Stadt zu entfernen.
Einen der glänzendsten Akte in dem Heldenkampf der Niederländer zu Gewinnung ihrer Freiheit bildet die berühmte 14monatliche Verteidigung Antwerpens gegen Alexander von Parma, bei welcher beide Teile sich in genialer Erfindung neuer Angriffs- und Abwehrmittel überboten, schließlich aber die Stadt doch kapitulieren und sich dem Feind ergeben mußte (16./17. Aug. 1585). Dies entschied zugleich den Sieg des Katholizismus und den Untergang der Handelsblüte von Antwerpen. In Antwerpen wurde der zwölfjährige Waffenstillstand geschlossen, durch welchen Spanien [* 81] die Unabhängigkeit der nördlichem ¶
Provinzen anerkannte. Durch die 1648 im Westfälischen Frieden geschehene Abtretung der Scheldemündungen an die Holländer, welche dieselben sperrten, wurde von der See abgeschnitten und sein Handel vollends zu Grunde gerichtet. Die Stadt teilte fortan das Geschick der übrigen spanischen Niederlande. Im spanischen Erbfolgekrieg hielten (1702) die Franzosen Antwerpen besetzt; durch den Frieden von Utrecht [* 83] kam es an Österreich. [* 84] In Antwerpen wurde zwischen Kaiser Karl VI. und den Generalstaaten von Holland unter Englands Vermittelung der sogen. Barrieretraktat (s. d.) abgeschlossen.
Während des österreichischen Erbfolgekriegs (1746) wurde die Citadelle von Antwerpen durch die Franzosen unter dem Marschall Moritz von Sachsen [* 85] belagert und nach siebentägiger Verteidigung den Kaiserlichen entrissen. Nach der Schlacht bei Jemappes öffnete den Truppen der französischen Republik seine Thore nur die österreichische Besatzung der Citadelle hielt eine dreiwöchentliche Belagerung (bis zum 30. Nov.) aus, worauf sie kapitulierte. Im J. 1793 setzten sich die Österreicher zwar nochmals in den Besitz von Antwerpen, allein 1794 nahm Pichegru nach der Schlacht bei Fleurus den Platz von neuem, und nun blieb Antwerpen bis zum Sturz des Kaiserreichs mit Frankreich vereinigt, und die fast 200 Jahre verschlossene Schelde wurde seinem Handel wieder geöffnet. Alsbald regte sich in Antwerpen neues Leben. Im J. 1807 klarierten trotz der fortdauernden Kriegsstürme bereits 1800 Schiffe in dem Antwerpener Hafen. Napoleon I. wollte Antwerpen seinen frühern Glanz zurückgeben und es zum ersten Handels- und Waffenplatz seines Reichs machen. Im Februar 1814 erhielt Carnot den Oberbefehl in der Festung [* 86] und übergab sie erst 5. Mai nach der Restauration des bourbonischen Königtums den Verbündeten. Durch den Wiener Kongreß wurde Antwerpen dem neugeschaffenen Königreich der Niederlande einverleibt, und seitdem nahm sein Verkehr wieder einen kraftvollern Aufschwung, so daß schon 1815 wieder 4400 See- und Fluß- etc. Fahrzeuge einliefen. Antwerpens auswärtiger Verkehr hatte an Größe bald den von Amsterdam [* 87] erreicht, den von Rotterdam überflügelt; sein Markt rangierte wieder unter den Märkten erster Ordnung, als die Revolution von 1830 auch über Antwerpen hereinbrach. Die revolutionäre Partei bemächtigte sich der Stadt. Der Kommandant, Generalleutnant Chassé, zog sich in die Citadelle zurück und gewährte einen Waffenstillstand. Wegen des Bruches desselben durch die Insurgenten ließ Chassé das Stadtviertel St. Andreas als angeblichen Hauptsitz des Aufstandes sieben Stunden lang bombardieren wodurch das große Lagerhaus nebst 30 andern Häusern und dem Arsenal in Asche gelegt ward.
Ein neuer Waffenstillstand ließ die Citadelle in den Händen der Holländer, und Chassé erklärte, sie gegen jegliche Angriffe behaupten zu wollen. Nachdem Frankreich und Großbritannien [* 88] sich dem König der Belgier verpflichtet hatten, die Räumung aller dem neuen Königreich von den Großmächten zuerkannten Orte und namentlich auch Antwerpens von seiten der Holländer zu bewirken, erschien ein französisches Heer von 50,000 Mann unter Marschall Gérard vor Antwerpen. Die Belagerung der Citadelle und der dazu gehörigen Forts leitete der General Haxo. Im Dezember begann die Beschießung der Citadelle.
Nachdem die Franzosen das in einen Trümmerhaufen verwandelte Fort St.-Laurent (14. Dez.) im Sturm genommen und dann die Citadelle selbst durch Breschbatterien fast zur Ruine zusammengeschossen hatten, kapitulierte Chassé 23. Dez., worauf die Franzosen am 24. die Citadelle besetzten. Seit Antwerpens Losreißung von Holland wendete sich der bedeutende Handel, den es nach dem Sturz des französischen Kaiserreichs mit den holländischen Kolonien trieb, nach Amsterdam und Rotterdam, bis die völlige Wiedereröffnung der Schelde dem Handel von neuem einen gewaltigen Aufschwung gab und Antwerpen zum größten Seehafen des Kontinents machte. Die Notwendigkeit einer neuen Citadelle an der Nordseite der Stadt, deren Bau in Angriff genommen ward, sowie die Errichtung einer Reihe von Forts in der Nähe der Stadt, durch die Antwerpen zu einer Festung ersten Ranges erhoben ward, wurden von deren Bewohnern, namentlich seit 1858, heftig bestritten, was ein anhaltendes Zerwürfnis zwischen dem Gemeinderat und der belgischen Regierung zur Folge hatte. Im J. 1874 wurde die alte Citadelle abgetragen und der so gewonnene weite Raum zur Vergrößerung und Verschönerung der Stadt verwendet (s. oben).
Vgl. Le Poittevin, [* 89] Histoire physique, politique et monumentale de la ville d'Anvers (Antwerp. 1847);
Feuer, die vom Italiener Gianibelli oder Gambelli aus Mantua [* 90] konstruierten ersten Sprengschiffe (die als Vorläufer der Torpedoschiffe anzusehen sind), mit welchen dieser während der Belagerung Antwerpens durch die Spanier unter Alexander, Herzog von Parma, eine von letzterm über die Schelde geschlagene Brücke [* 91] vollständig in die Luft sprengte Gianibelli, der später nach England ging, trug durch ähnliche Apparate zur Vertreibung der spanischen Armada wesentlich bei, indem er zwar wenig materiellen Schaden angerichtet, aber eine den Spaniern höchst verderbliche Panik hervorgerufen haben soll.
Arzt zu Ende des 3. oder zu Anfang des 4. Jahrh., erwarb sich große Verdienste um die Chirurgie, Therapie und Diätetik. Er übte die nach ihm benannte Methode der Operation der Aneurysmen durch Exstirpation, auch wird ihm die Erfindung der Extraktionsmethode des grauen Stars zugeschrieben. Er schrieb ein die ganze Heilkunde umfassendes Werk, aus welchem sich Fragmente bei Oribasius finden.
[* 82] Gott der alten Ägypter, früher als Schakal od. Hund, später als Mensch mit Schakalskopf dargestellt (s. Abbildung).
Hauptort seiner Verehrung war Kynopolis (Hundestadt) in Mittelägypten.
Osiris [* 92] soll ihn in dem Wahn, seine Gattin Isis [* 93] zu umarmen, mit der Nephthys [* 94] erzeugt haben. Anubis ist der Wächter der Totenstädte, der Gott der Einbalsamierung und der Geleiter der Seelen in die Unterwelt, wo er mit Horus [* 95] zusammen ihre Thaten abwägt.
Die Griechen identifizierten ihn mit Hermes, [* 96] als Hermanubis.
ägypt. Göttin, Begleiterin des Gottes Chnum [* 97] und, wie dieser, besonders an den Katarakten verehrt, in deren Göttertriade sie eine ähnliche Rolle wie Nephthys hat.
s. Harnverhaltung. ^[= (Dysurie, Ischurie, Harnstrenge), das vollständige Aufhören der Ausleerung des Harns, ...]
(lat.), der After (s. Darm). ^[= (Darmkanal, -Schlauch, -Rohr, Intestinum), die Verdauungshöhle im Innern der Tiere. In seiner ...] [* 99]
(spr. angwähr; die Belgier sprechen angwärs), franz. Name für Antwerpen. ¶