Die gleichnamige Stadt, mit (1881) 23,550 Einw. (davon 4725 Mohammedaner),
liegt 282,5 m ü. M., hat eine mittlere
Temperatur von 27° C. und steht seit 1871 mit der Peninsular-Hauptbahn
(Station Badnera)
durch eine Zweigbahn in
Verbindung.
(genauer Imru ul
Kaís), arab. Dichter, Sohn von Hodschr,Haupt des
Stammes Asad, lebte
in der Zeit kurz vor
Mohammed und gelangte durch seine
Lieder, seine
Schicksale und seine Liebesabenteuer unter seinem
Volk zu
allgemeiner Berühmtheit. Aus seiner Herrschaft vertrieben, irrte er unter fremden
Stämmen flüchtig umher und soll zuletzt
nach
Konstantinopel
[* 3] gekommen sein, um des
Kaisers Justinian
Beistand zu suchen. Der
Sage nach mußte er aber
wegen eines Liebesverhältnisses zu einer griechischen
Prinzessin auch von hier fliehen; bald darauf soll er bei
Angora gestorben
sein. Seine Moallaka haben herausgegeben Letta
(Leid. 1748),
Hengstenberg
(Bonn
[* 4] 1823), Amrilkaís
Müller
(Halle
[* 5] 1869), mit
Kommentar des
Nahhás E. Frenkel (das. 1876).
Eins seiner längern Gedichte gab
Arnold
(Halle 1836) heraus. Den ganzen
Diwan veröffentlichten de Slane (Par. 1837) und
Ahlwardt (in den »Six ancient Arabic poets«, Lond.
1870; Bemerkungen dazu, Greifsw. 1872); eine herrliche Übersetzung lieferte
Fr.
Rückert (Stuttg. 1843).
Ruinenstätte auf der
Küste des alten
Phönikien, südlich von der Hafenstadt Tartus, in
unbewohnter Gegend gelegen, ist das alte Marathos und wurde erst in neuester Zeit von
Renan genauer erforscht und beschrieben.
Die alte Stadt gehörte ursprünglich zum Gebiet der Inselstadt Arados. Unter den noch vorhandenen
Monumenten erregt El Maabed
(»der
Tempel«)
[* 6] als der bedeutendste Überrest semitischer Tempelbaukunst das meiste
Interesse. Es ist ein
viereckiger, auf drei Seiten von Felsenmauern umschlossener
Hof,
[* 7] 55 m lang, 48 m breit, in der Mitte mit einem Felsenwürfel
von 5½ m im
Quadrat, auf welchem eine ebenfalls von drei Seiten geschlossene, 4½ m hohe und mit einem großen
Stein bedeckte
Cella ruht, die zur
Aufnahme von Nationalheiligtümern bestimmte
»Theba« (Tabernakel).
AndreDenkmäler sind:
ein großartiges Grabmonument, ein
Stadium mit daran stoßendem
Amphitheater, über 20 Grabkammern, die sogen. Spindelsäulen
(Grabdenkmäler) u. a.
die bevölkertste Stadt des britisch-ostind.
GouvernementsPandschab und einer
der ersten Handelsplätze des obern
Indien, mit (1881) 151,896 Einw. (davon 61,274Hindu, 75,891 Mohammedaner).
Die Stadt liegt an der
EisenbahnKalkutta-Dehli-Peschawar, die über
Lahor durch Sindh eine Fortsetzung nach dem wichtigen
Hafen
von
Karatschi an der Indusmündung hat. Bedeutend ist der
Handel mit den weltberühmten Kaschmirshawls; die großen Shawlfirmen
von
London
[* 8] und
Paris
[* 9] haben in Amritsar ihre ständigen
Agenten.
Den Eingebornen ist Amritsar heilig als
Zentrum der Sikhreligion, die der Stadt viele Besucher zuführt. In
einem künstlichen viereckigen
See von ½
Stunde im
Umfang (1581 ausgegraben), von schönen, marmorbelegten
Promenaden umgeben,
steht ein prachtvoller
Tempel von
Marmor mit mehreren vergoldeten
Kuppeln. Im Hauptgemach befindet sich der Granth, das Religionsbuch
der
Sikh, das, von schönen Tüchern umhüllt, sorgfältig in einem reichverzierten Kästchen verwahrt
wird.
KeinSikh geht nach Amritsar, ohne in dem
Teich zu baden; auch Neugeborne werden darin untergetaucht. Im J. 1871 verlangten die
Hindu,
daß den
Fleischern das öffentliche Auslegen von
Fleisch untersagt werde, um ihnen durch den Anblick desselben kein
Ärgernis zu geben, da die
Tötung einer
Kuh nach ihren Religionsvorschriften verboten ist. Da dem Verlangen nicht willfahrt
werden konnte, kam es zu einer
Meuterei der
Kuka-Sekte, die indes sofort unterdrückt wurde. Der Verwaltungsbezirk (division)
Amritsar hat 13,817 qkm (250,9 QM.)
Areal mit (1881) 893,266 Einw. (zur Hälfte Mohammedaner).
IbnAaß, berühmter arab.
Feldherr, war anfangs ein Gegner des
Propheten,
dem er sich erst 629 anschloß, that sich
bei der
EroberungPalästinas hervor und unternahm 638 die
Eroberung von
Ägypten
[* 10] mit einem Häuflein von 4000 Arabern, das aber
nach dem ersten glücklichen Erfolg um das Zwanzigfache wuchs. Siegreich drang er bis gegen das alte
Memphis vor und erstürmte die Vorstadt
Babylon auf dem Ostufer des
Nils nach siebenmonatlicher Belagerung. Nachdem er hierauf
Altkairo gegründet, eroberte er
Alexandria nach 14monatlicher Belagerung im
Dezember 641, nachdem 23,000 Araber vor dessen
Mauern geblieben waren.
Nach der
Tradition soll Amru damals auf des
Kalifen Befehl auch die berühmte
alexandrinische Bibliothek vernichtet
haben, mit deren Bücherrollen die 4000
Bäder der Stadt geheizt worden seien; indessen spricht die historische
Wahrscheinlichkeit
dagegen, da der größte Teil der reichen Sammlung schon bei frühern Gelegenheiten zu
Grunde gegangen war (s.
Alexandria).
ÄgyptensEroberung bahnte den Arabern den Weg zu
Unternehmungen auf das benachbarte
Kyrenaika oder das Syrtenland.
Amru eroberte selbst noch
Barka und
Tripolis. Im J. 656 reizte er
Muawija zur Empörung und verhalf ihm durch seine Hinterlist
nach den
Kämpfen bei Siffin zum
Sieg. Amru starb 664 als
Statthalter vonÄgypten, ebenso ausgezeichnet als
Feldherr wie als Staatsmann und Redner.
(Amrom),
Insel in der
Nordsee, an der Westseite
Schleswigs, südwestlich von
Föhr, zum
Kreis
[* 11]
Tondern gehörig, ist 28 qkm
groß, halbmondförmig gestaltet, enthält
Dünen bis zu 34 m
Höhe, im O. mageres Grasland und hat (1880) 667 Einw., meist
friesischen
Stammes.
Auf der Westseite der
Insel findet bedeutender Austernfang statt.
in der von
Zoroaster gestifteten
Religion, der die
Parsen
noch jetzt anhangen, der
Name der guten
Geister. Es gibt sechs oder sieben Amschaspands, je nachdem Ormazd, der höchste Gott, zu ihnen
gerechnet wird oder nicht. In der
Regel erscheinen die sechs von ihm geschaffen und als seine obersten
Minister und
Diener. Sie thronen mit ihm auf einem goldenen
Diwan mit goldenen
Decken und goldenen
Teppichen. Im
Zendavesta, der
ältesten Religionsurkunde der
Parsen, führen sie folgende
Namen: Vohumano (später
Bahman, »gute
Gesinnung«);
Die Amschaspands sind rein allegorische
Figuren, ihre Persönlichkeit ist daher keine
sehr ausgeprägte. Als
Häupter der guten
Geister stehen ihnen eine Anzahl entsprechender böser
Genien
gegenüber. Das
Haupt derselben ist
Ahriman (s. d.). Der Gegner des Vohumano ist
¶
Allem katholischen Wesen feindlich, bekämpfte er rücksichtslos das Interim und stand in den adiaphoristischen,
synergistischen und Abendmahlsstreitigkeiten stets auf seiten der strengen Lutheraner. Seinem Ansehen schadete er durch den
im Streit aufgestellten und dann zäh verteidigten Satz: gute Werke seien schädlich zur Seligkeit. Er war bei der Gründung
der UniversitätJena
[* 21] beteiligt und besorgte die JenaerAusgabe von LuthersSchriften. Seine Biographie schrieb
Pressel (Elberf. 1862).
(Kossowopolje), große und fruchtbare Ebene in Serbien,
[* 22] westlich von Prischtina, am Nordabhang des ScharDagh,
berühmt durch zwei mörderische Türkenschlachten, die eine im Juni 1389 zwischen Murad I. und den Serben
unter ihrem Kaiser Lazar, in welcher beide Herrscher fielen und die Freiheit der Serben vernichtet ward;
Ort im schweizer. Kanton Uri,
[* 28] Gemeinde Silenen, am Fuß des schroffen Bristenstocks und am Eingang in das Maderanerthal, da
gelegen, wo die Gotthardbahn aus der offenern Thalniederung in die engern Schluchten des obern Reußthals
eintritt und von der rechten Flußseite
auf die linke übergeht, 536 m ü. M.
Amsteg ist ein Hauptplatz des urnerischen Mineralienhandels und die Touristenstation für das Maderanerthal wie für die Gotthardstraße
und die auf kühner Brücke
[* 29] über den Kärstelenbach geführte Gotthardbahn.
[* 12] (Neu-Amsterdam), Insel im südlichen IndischenOzean, nordöstlich von Kerguelenland, unter 37° 58' südl. Br. und
77° 34' östl. L. v. Gr., 66 qkm (1,2
QM.) groß. Sie ist ein erloschener Vulkan (bis 876 m hoch), fast ganz unzugänglich und unbewohnt; das
Innere, von ungeheuern Lavablöcken überdeckt, bietet ein Bild der Einsamkeit und Verwüstung. Amsterdam wurde 1633 von den Holländern
entdeckt, aber erst 1696 (von Vlaming) betreten und steht jetzt mit der nahen Insel St. Paul unter dem englischen Gouverneur
von Mauritius.
[* 12] Hauptstadt (aber nicht Residenzstadt) des Königreichs der Niederlande,
[* 32] zugleich einer der bedeutendsten
See- und Handelsplätze Europas, liegt am Einfluß der Amstel in den MeerbusenY, von zwei Armen derselben durchflossen und in
zwei Teile, die alte (östliche) und die neue (westliche) Seite, geschieden. Sie liegt unter 52° 22' 30'' nördl.
Br. und 4° 53' 18'' östl. L. v. Gr., ist in Gestalt
eines Bogens, dessen Sehne das Y bildet, erbaut und hat einen Umfang von 15 km (s. Plan).
Der erste Eindruck, den von der Landseite aus macht, ist kein günstiger: die Umgebung ist kahl und flach, nichts läßt die
Größe der Stadt ahnen. Anders freilich, wenn man von der Wasserseite her den kolossalen Bogen,
[* 33] den Amsterdam gegen
das Y hin bildet, mit Einem Blick überschaut. Soweit das Auge
[* 34] reicht, hohe, gewaltige Häusermassen und eine bunte, bewegte
Welt menschlichen Verkehrs, zum Teil verdeckt durch einen Wald von Masten; gegen N. der weite, glatte Wasserspiegel
des Y und in der Ferne die UferNordhollands.
Mehrere Züge vormaliger Bastionen laufen um die Stadt herum und bilden einen mit einem breiten Kanal
[* 35] eingefaßten Kranz; die
Mauern sind aber abgetragen und die Wälle in Boulevards verwandelt. Von der Landseite hatte Amsterdam früher acht Thore, aus
denen lange Zugbrücken über den Graben führten; von diesen ist nur ein einziges, der merkwürdige Muiderpoort (Poort = Thor),
übriggeblieben. Mehr als 50 träge fließende Grachten oder Kanäle von 1-1,2 m Tiefe laufen durch die Stadt und bilden zahlreiche
Inseln, welche durch mehrere teils steinerne, teils hölzerne Brücken
[* 36] miteinander verbunden sind. Da das
Kanalwasser wegen der beständig eindringenden See ungenießbar und Brunnen
[* 37] bei dem tiefmorastigen Boden sehr schwierig zu graben
sind (einen artesischen Brunnen besitzt Amsterdam seit 1851), so sammelt man das Regenwasser zum Waschen und Kochen, während Trinkwasser
durch eine 1853 eröffnete unterirdische Wasserleitung
[* 38] aus dem 7 km oberhalb Haarlem
[* 39] in den Dünen von Vogelenzang
angelegten Wasserbehälter hinzugeführt
wird. Die Häuser Amsterdams (über 40,000 an Zahl) stehen auf eingerammten Pfählen, welche, durch eine weiche Torfschicht
von 12-15 m Dicke getrieben, auf festem Sandboden ruhen (daher der Bau unter der Erde nicht selten kostspieliger ist als der
über derselben); sie sind von Backsteinen, höchst selten von Quadern aufgeführt. Einzelne Gebäude,
selbst die neuern, haben ein mittelalterliches Aussehen; ihre schmale, oft nur zwei Fenster breite Giebelseite ist der Straße
zugekehrt; die Dächer sind hoch, spitz, oft gezackt, die Thüren klein und schmal.
Die Hauptstraßen laufen unter sich parallel als Halbbogen, deren Enden sich auf den Meerbusen stützen; gerade Querstraßen
schneiden durch; die breitern haben in der Mitte mit Bäumen besetzte Kanäle. Zu den schönsten gehören:
die Heerengracht, die Prinsen- und die 45 m breite Keizersgracht. Die ganze Außenseite der eigentlichen Stadt umgibt diesen
parallel in weitem Bogen der Buitensingel. Einige Hauptstraßen, z. B. Kalverstraat, Nieuwendyk, Doelen-, Sarphati-, Vondel-,
Leidsche und Utrechtsche Straat, sind nicht von einer Gracht durchzogen.
Mehrere Kanäle werden jetzt ausgefüllt. Die kleinern Straßen, durch welche keine Kanäle gehen, sind eng und düster. Das
Judenviertel, bis vor kurzem ein dichtes, enges Häusergedränge voll Schmutz und durcheinander wimmelnden Verkehrs, beginnt
durch Neubauten schon ein moderneres Aussehen zu gewinnen. Unter den zwölf öffentlichen Plätzen sind
der Dam, der Mittelpunkt des städtischen Verkehrs (mit einem hohen Denkmal zum Andenken an 1830, errichtet 1856), das Amstelveldt,
der Rembrandtsplein, früher Botermarkt (mit RembrandtsStatue, seit 1852), der Thorbeckeplein (mit ThorbeckesStatue), der Frederiksplein
(1870 vollendet) und der Leidsche Plein die vorzüglichsten.
Die schönsten Spaziergänge liefert der Vondelspark (15 Hektar), von Privatleuten angelegt und unterhalten.
Unter den 44 Kirchen der Stadt (darunter 18 katholische,
2 wallonische, 1 englisch-presbyterianische, 1 englisch-episkopale, 1 für
Remonstranten, 1 für Mennoniten, 1 für Quäker, 1 für Jansenisten, 1 griechische, 1 armenische etc.) verdienen besondere
Hervorhebung: die Nieuwe Kerk (Katharinenkirche) auf dem Dam, ein schöner spätgotischer Bau (1408-14
in Form einer kreuzförmigen Basilika
[* 42] aufgeführt, nach den Bränden von 1421 und 1645 und den Zerstörungen durch die Wiedertäufer
restauriert) mit den Grabmälern de Ruyters, van Galens, des Dichters Vondel und des Helden van Speyk (der 1831 vor Antwerpen
[* 43] sein Boot in die Luft sprengte) und einer sehr bewunderten Kanzel; ferner die gotische Oude Kerk (Nikolaikirche,
aus dem 14. Jahrh.) mit alten Glasmalereien und die Westerkerk mit 90 m hohem Turm.
[* 44]
Unter den neun Synagogen ist die dem TempelSalomos nachgebildete der portugiesischen Juden (1670 erbaut) die schönste und größte.
An hervorragenden Gebäuden ist Amsterdam nicht reich. Das berühmteste und größte ist das ehemalige
Rathaus, seit 1808 königliches Palais, auf dem Damplatz, von Jakob van Kampen 1648-55 erbaut. Es steht auf 13,659 eingerammten
Masten und bildet ein Viereck
[* 45] von 80 m Länge, 63 m Tiefe und 33 m Höhe, in der Mitte mit einem gewölbten
Dom geziert, aus dem ein noch 20 m hoher, mit einem vergoldeten Schiff
[* 46] gekrönter Turm sich erhebt.
Zahlreiche Statuen, Basreliefs und Wandgemälde zieren das Gebäude; die Hauptsäle sind mit Marmor ganz überkleidet, so namentlich
der herrliche, aus den Zeiten König LudwigNapoleons herrührende, 36 m lange, 18 m breite Ratssaal, einer
der größten Europas. In der Nähe des Palais steht die 1845 vollendete Börse, ein stattliches Gebäude mit einer von 14 ionischen
Säulen
[* 47] getragenen Vorhalle, das aber bald einem neuen, viel größern Gebäude Platz machen müßte. Sonst sind noch
anzuführen: der Admiralitätshof (der jetzt als Stadthaus dient), das Justizgebäude, das Trippenhuis
(worin
sich einstweilen das Reichsmuseum befindet, s. unten), das Postgebäude, das Haus der vormaligen OstindischenKompanie, der
Palast der Nationalindustrie (Paleis voor Volksvlijt, 1855-64 erbaut) mit 57 m hoher Kuppel und seit 1883 von einer prachtvollen
Galerie umgeben. - Amsterdam selbst ist keine eigentliche Festung
[* 49] mehr, bildet aber den Mittelpunkt der holländischen
Festungslinie und gilt als Hauptreduit des Reichs. Es ist durch eine Reihe detachierter Forts geschützt und kann durch künstliche
Überschwemmung völlig unzugänglich gemacht werden.
Den Zugang von Haarlem her deckt die Schleuse von Halfwegen, Angriffe von O. her werden durch die Schleuse von Muiden und die
FestungenNaarden, Muiden, Weesp, Nieuwesluis u. a. abgewehrt. Die Zahl der Einwohner betrug 361,314
(darunter ungefähr 80,000 Katholiken, 30,000 deutsche und 3200 portugiesische Juden). Im J. 1794 hatte Amsterdam eine Bevölkerung
[* 50] von 217,024 Seelen, die 1815 bis auf 180,179 gesunken war; dann hob sich ihre Zahl wieder, und in den letzten
Jahrzehnten hat eine regelmäßige Zunahme stattgefunden (1854: 243,304, 1864: 261,455, 1870: 274,931, 1884: s.
oben).
Die Zahl der verschiedenartigsten Fabriken und industriellen Etablissements ist bedeutend. Spezialitäten Amsterdams sind:
die Diamantschleiferei, welche in so großartigem Maßstab
[* 51] nur hier und zwar vorzugsweise von Israeliten betrieben wird (es
gibt vier große Schleifereien mit Dampfmaschinen und eine Anzahl kleinere);
die Borax- und Kampferraffinerien,
die vortrefflichen Schmaltefabriken. Im großen Maßstab wird Zuckerraffinerie (vier großartige Etablissements, deren jedes
über 10 Mill. kg verarbeitet), Tabaks- und Zigarrenfabrikation betrieben;
außerdem besitzt Amsterdam mehrere kolossale Bierbrauereien,
zahlreiche Sägemühlen, eine Dampfreisschälmühle, die jährlich ca. 10 Mill. kg Reis verarbeitet, Schiffswerften,
Maschinenfabriken (am bedeutendsten die königliche und »de Atlas«),
[* 52]
Hauptthätigkeit ist indessen der Handel, da sich in Amsterdam, zusammen mit Rotterdam,
[* 54] der gesamte Verkehr der
Niederlande konzentriert. Die ganze Nordseite von (am Y) ist in einen einzigen großen Hafen von 12 m Tiefe und mit verschiedenen
Docks oder Bassins umgeschaffen, unter denen das Oosterdok und das Westerdok (mit Raum für fast 1000 größere Schiffe)
[* 55] die
bedeutendsten sind. Dieselben werden vom Y durch starke, 390-520 m lange, erst in neuerer Zeit vollendete
Dämme getrennt, welche zugleich den am Meer gelegenen Stadtteil vor Überschwemmungen schützen, denen er sonst bei jeder Sturmflut
ausgesetzt war.
Eine bedeutende Veränderung ist übrigens durch die Anlage des neuen Zentralbahnhofs hier hervorgerufen worden, der in der
Mitte des südlichen Y-Ufers gelegen ist. BeimOstende
[* 56] des Oosterdoks befinden sich die alte berühmte
Reichswerfte (am Reichsdock) und das Matrosenhaus (für unbeschäftigte Matrosen, 1856 erbaut), nahe dabei der Freihafen ('s
Ryks EntrepotDok) mit ungeheuern Magazinen (1828 erbaut, gegen 700 m lang, 14 m breit). Der Schwierigkeit, welche der Schiffahrt
früher aus der immer zunehmenden Seichtigkeit des Pampus (der Meerenge, welche das Y oder den Amsterdamer
Hafen mit der Zuidersee verband) erwuchs, wurde zunächst (1819-1825) durch
Herstellung des großartigen Nordholländischen
Kanals (s. d.) abgeholfen. Friert der Kanal zu, so wird er aufgesägt, eine Operation, die je 30,000 Fl. kostet. Dieser Kanal
ist seit 1876 durch einen kürzern ersetzt, welcher Amsterdam, westlich dem Y folgend, direkt
mit der Nordsee verbindet und 1882 einen Verkehr von 4674 Schiffen mit 5,2 Mill. cbm hatte. Vom Y blieb lediglich die Kanallinie
bestehen; die übrigen 5000 Hektar sind (wie seiner Zeit das Haarlemer Meer) ausgepumpt.
Die Amsterdamer Börse ist die erste Warenbörse des Kontinents und vermöge des kolossalen Privatvermögens
eine der bedeutendsten Fondsbörsen, hauptsächlich für den effektiven Umsatz in Staatspapieren, vornehmlich holländischen,
österreichischen und russischen. Sie übt besonders durch ihre früher halbjährigen, jetzt zweimonatlichen Auktionen von
Javakaffee einen für halb Europa
[* 57] maßgebenden Einfluß aus. Ein Teil der Kolonialwaren lagert in Rotterdam
und Middelburg, Dordrecht
[* 58] und Schiedam, die Hauptmasse aber in Amsterdam. Die Bedingungen für die zur Auktion kommenden Waren macht die
Maatschappij, die 1824 begründete holländisch-ostindische Handelsgesellschaft (de Nederlandsche Handelmaatschappij, mit 36 Mill.
Fl. Aktienkapital), durch den Druck bekannt und zwar für jeden Artikel in einem besondern Blatt,
[* 59] wobei nicht
nur das abzugebende Quantum genau bestimmt, sondern auch eine spezielle Beschreibung der Sorten mit ungefährer Taxation veröffentlicht
wird. Im J. 1882 wurden durch die Gesellschaft hier und in Rotterdam für 40,2 Mill. Fl. Waren verkauft (Kaffee 32, Zinn 5,6 Mill.
Fl.). Im J. 1882 trafen an Kaffee aus Ostindien
[* 60] 711,454 Ballen (à 95¼ kg) in Amsterdam ein; auf den Auktionen der
Handelmaatschappij zu Amsterdam wurden 491,000 Ballen verkauft.
Dazu besitzt Amsterdam zahlreiche gelehrte und andre Gesellschaften, z. B. die Geographische, die GesellschaftFelix Meritis (seit 1777, mit Sammlungen), den Antiquarischen Verein (mit Sammlungen von Altertümern), die Gesellschaft der
Dichtkunst und der schönen Wissenschaften, einen Verein für den allgemeinen Nutzen (Maatschappij tot nut van 't algemeen, seit
1784), der zahlreiche Filialvereine im ganzen Land hat und sich namentlich die Bildung der untern Klassen
zur Aufgabe stellt, die Gesellschaft »Seemannshoffnung« (mit 600 Mitgliedern) u. a.
Unter den Kunstanstalten behauptet das Reichsmuseum, jetzt noch im Trippenhuis, die oberste Stelle.
Diese Sammlung wird im nächsten Jahr mit andern Kunstschätzen in das bald vollendete Prachtgebäude (het Ryksmuseum) übersiedeln.
Das Museum enthält Meisterwerke ersten Ranges, z. B. Rembrandts Nachtrunde und Staalmeesters, Hondekoeters
Enten,
[* 71] mehrere Ruisdaels, van der Helsts Schützenmahlzeit, Gemälde von Jan Steen, Huysum, Dou, DuJardin, Weenix, Berchem, Potter,
Wouwerman, van de Velde, Neeffs, Rubens, Hobbema, Jan Steen, Flincks Amsterdamer Schützen u. a. Daneben bestehen das Museum van
der Hoop (seit 1854), das Museum Fodor (seit 1860), ein reichhaltiges Kupferstichkabinett, die historische
Galerie des Malervereins »Arti et Amicitiae« sowie die ausgezeichnete private Kunstsammlung von Mr. Six.
Verschiedene Vereine pflegen die Musik, die, wie in ganz Holland, deutsch ist. Amsterdam hat drei Haupttheater und mehrere Volksbühnen.
Für die leidende Menschheit sorgen zahlreiche (über 100) meist reichdotierte Wohlthätigkeitsanstalten:
Waisenhäuser, Armen- und Krankenhäuser, Versorgungsorte für alte Männer und Frauen etc., die zum Teil Palästen gleichen und
zusammen schon 1792 eine jährliche Einnahme von über 2 Mill. Fl. hatten. Außerhalb der Stadt liegt das Zucht- und Arbeitshaus
für männliche Verbrecher; außerdem hat Amsterdam mehrere Spinn- und Besserungshäuser. Amsterdam ist der Sitz eines
Tribunals erster Instanz, eines Handelsgerichts, eines deutschen Konsuls, des Seedepartements der Zuidersee, der Nationalbankdirektion
und der Generaldirektion der öffentlichen Schuld. Die Umgebung der Stadt auf der Landseite bilden Wiesen, Windmühlen und schöne
Villen meist neuern Ursprungs.
Geschichte. Amsterdam war noch zu Anfang des 13. Jahrh. ein Fischerdorf
im Besitz der Herren van Amstel, erhob sich aber schon gegen
die Mitte jenes Jahrhunderts zu einem Städtchen mit städtischen
Rechten. Wegen der Teilnahme Gysbrechts van Amstel an dem Morde des GrafenFloris von Holland 1296 von den benachbarten Kennemers
überfallen und verwüstet, kam es bald darauf (1311) mit Amstelland an die Grafen von Holland, welche
der Stadt viele Vorrechte gewährten. Im 14. Jahrh. wuchs Amsterdam namentlich durch
die EinwanderungBrabanter Kaufleute. Im J. 1421 brannte unter Johann vonBayern
[* 72] ein Drittel der Stadt ab, die sich jedoch bald
wieder erholte.
KaiserMaximilian I. verlieh ihr 1490 die kaiserliche Krone als Helmschmuck ihres Wappens. Die eigentliche
Blüte
[* 73] Amsterdams datiert aber von dem Abfall der Niederlande (1566), welcher AntwerpensGröße vernichtete und eine bedeutende
Zahl achtbarer Bürger, thätiger Kaufleute und geschickter Handwerker, die von den Spaniern verfolgt wurden, zwang, aus Flandern
auszuwandern und für ihren Glauben und ihre Sicherheit eine Freistätte zu suchen. Infolge der Waffenruhe
(1609) und der Stiftung der OstindischenKompanie (1602) schwang sich dann zur ersten Handelsstadt der vereinigten Niederlande
empor (s. oben) und wuchs so schnell, daß es 1622 bereits 100,000 Einw. zählte.
im allgemeinen jede berufsmäßige Thätigkeit; im engern und eigentlichen Sinn diejenige, welche auf Erreichung
allgemeiner und öffentlicher Zwecke gerichtet ist. Man versteht dann in subjektiver Beziehung unter Amt die Verpflichtung
zur berufsmäßigen Thätigkeit für öffentliche Zwecke infolge desfallsiger Anstellung, im objektiven Sinn aber den bestimmten
Kreis der Thätigkeit, zu welcher der Angestellte verpflichtet ist. Je nach der besondern Art dieser
Thätigkeit und nach der erfolgten Anstellung zerfallen die Ämter selbst in Hof-, Reichs-, Staats-, Kirchen- und Gemeindeämter
und die angestellten Personen dem entsprechend in Hof-, Reichs-, Staats-, Kirchen- und Gemeindebeamte. Regelmäßig ist mit diesen
Ämtern ein bestimmter
¶
mehr
Gehalt oder eine Besoldung verbunden, deren Betrag der amtlichen Stellung, dem Dienstalter und den Leistungen der Beamten entsprechen
soll. Im Gegensatz hierzu pflegt man die unbesoldeten Ämter als sogen. Ehrenämter zu bezeichnen. Der Beamte, welcher ein
öffentliches und namentlich ein Staatsamt bekleidet, erscheint in dieser seiner amtlichen Stellung nicht mehr
als Privatmann, sondern als eine öffentliche Person. Er ist ein Glied
[* 77] des Organismus, dessen Funktionen er in seinem Amtsbereich
ausübt.
Hiernach muß sich auch die Achtung, welche der einzelne Staatsbürger dem Staat als solchem schuldet, auf die Beamten des Staats
mit erstrecken, ebenso wie das Ansehen, welches das Regentenhaus, die Gemeinde, die Kirche als solche genießen,
auch die einzelnen Beamten derselben heben und auszeichnen muß. So kommt es denn, daß mit dem Amt eine gewisse Amtsehre
verbunden ist, welche wie die Autorität, von welcher das Amt selbst ausgeht, respektiert werden muß, und daß Verletzungen
jener amtlichen Ehre strenger bestraft werden als die gewöhnlichen Ehrenkränkungen (vgl. Amtsbeleidigung).
Auch hängt damit die in manchen Staaten bestehende Einrichtung zusammen, wonach mit den höchsten Staatsämtern der persönliche
Adel (Amts- oder Dienstadel) verbunden ist. Ebenso haben verschiedene Staatsverfassungen gewisse hohe Ämter dadurch ausgezeichnet,
daß ihre Inhaber bei Zusammensetzung der Volksvertretung besonders berücksichtigt werden, indem sie Sitz
und Stimme in der Ersten Kammer haben. Auf der andern Seite legt aber das verliehene Amt dem Beamten auch höhere Pflichten auf,
welche über die allgemeine staatsbürgerliche Pflicht zum Gehorsam gegen das Gesetz hinausgehen, und ebendarum erscheint es
auch als gerechtfertigt, wenn Verbrechen und Vergehen, welche der Beamte in seiner amtlichen Stellung begeht,
besonders streng geahndet werden.
Auch kann nur eine unbescholtene Person ein öffentliches Amt bekleiden, und deshalb zieht der im strafrechtlichen Verfahren
ausgesprochene Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte sowie eine erkannte Zuchthausstrafe die Unfähigkeit zur Bekleidung öffentlicher
Ämter von selbst nach sich; so namentlich nach dem deutschen Reichsstrafgesetzbuch (§ 31, 34), welches
dabei ausdrücklich erklärt, daß unter öffentlichen Ämtern im Sinn dieses Strafgesetzes die Advokatur, die Anwaltschaft,
das Notariat sowie der Geschwornen- und Schöffendienst mitbegriffen seien.
Das Amt Christi wird in der protestantischen Dogmatik als ein dreifaches beschrieben, das des Propheten, Hohenpriesters
und Königs, weil auch im Alten Bunde die Organe der göttlichen Offenbarung, die im Messias sich konzentrierten, als Priester,
Prophet und König erscheinen.
im allgemeinen jeder, der ein Amt bekleidet, daher ehemals jeder Staatsdiener; insbesondere hieß so derjenige
Beamte, welcher in einem bestimmten Amtsbezirk die Rechtspflege und die Verwaltung wahrzunehmen hatte. Nach der Trennung der
Justiz von der Verwaltung wurde in manchen Staaten der Titel Amtmann für den Einzelrichter, entsprechend dem jetzigen
Amtsrichter, beibehalten (Justizamtmann). In andern Staaten war und ist es auch noch der Titel
des Verwaltungsbeamten erster
Instanz, z. B. der Bezirksamtmann in Bayern. Auch wird der mit der Erhebung staatlicher Gefälle betraute Beamte so genannt,
z. B. der Rentamtmann in Bayern. Auch ging der Titel eines Amtmanns oder Oberamtmanns in mehreren Ländern,
vorzüglich in Preußen, auf den Ökonomieverwalter oder Pachter eines Kammerguts über und von diesem mißbräuchlich auf jeden
größern Landwirtschaftsvorsteher.
(Amtsehrenbeleidigung, Amtsehrenkränkung, Berufsbeleidigung), die Beleidigung, welche einem öffentlichen
Beamtem bei Ausübung seines Amtes oder in Beziehung auf dasselbe zugefügt wird. Da der Beamte in seiner amtlichen Stellung
nicht als Privatperson, sondern als Repräsentant der öffentlichen Autorität erscheint, so gebührt ihm
insoweit eine höhere Achtung, und insofern erscheint der von der Rechtswissenschaft aufgestellte Begriff einer sogen. vorzüglichen
bürgerlichen Ehre im Gegensatz zur bürgerlichen Ehre überhaupt als gerechtfertigt.
Nach dem deutschen Strafgesetzbuch erscheint die Amtsbeleidigung allerdings nur als ein besonders schwerer Fall der Beleidigung; aber sie
ist insofern ausgezeichnet, als im § 196 bestimmt wird, daß, wenn eine Beleidigung gegen eine Behörde,
einen Beamten, einen Religionsdiener oder ein Mitglied der bewaffneten Macht, während sie in der Ausübung ihres Berufs begriffen
sind, oder in Beziehung auf ihren Beruf begangen wird, sowohl die unmittelbar beleidigte Person als auch deren amtliche Vorgesetzte
das Recht haben, den Strafantrag zu stellen. Auch die Bestimmung des § 197 gehört hierher, wonach es
eines Antrags auf Bestrafung überall nicht bedarf, wenn die Beleidigung gegen eine gesetzgebende Versammlung des Reichs oder
eines Bundesstaats oder gegen eine andre politische Körperschaft begangen worden ist. Dieselbe darf jedoch nur mit Ermächtigung
von seiten der beleidigten Körperschaft verfolgt werden.
im allgemeinen der örtliche Kompetenzkreis einer Behörde; nach der preußischen Kreisordnung für die
ProvinzenOst- und Westpreußen,
[* 78] Brandenburg,
[* 79] Pommern,
[* 80] Posen,
[* 81] Schlesien
[* 82] und Sachsen
[* 83] eine Unterabteilung des Kreises. Behufs Verwaltung
der Polizei und Wahrnehmung andrer öffentlicher Angelegenheiten ist nämlich jeder Kreis, mit Ausschluß
der Städte, in Amtsbezirke geteilt. Die Größe und Einwohnerzahl der Amtsbezirke, welche thunlichst ein räumlich zusammenhängendes
und abgerundetes Flächengebiet umfassen sollen, ist dergestalt zu bemessen, daß sowohl die Erfüllung der durch das Gesetz
der Amtsverwaltung auferlegten Aufgaben gesichert, als auch die Unmittelbarkeit und die ehrenamtliche Ausübung der örtlichen
Verwaltung nicht erschwert wird. Daher sind insbesondere
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