Ameisen (Nesterbau, Geselligkeits- und Kunsttriebe etc.)
mehr
angegebene Art nachgewiesen. Aus den kleinen, länglichrunden, weißen
Eiern schlüpfen nach einigen
Tagen kleine, fußlose,
weiße
Larven mit hornigen
Kiefern, welche von den alten Ameisen gefüttert werden müssen. Anfangs werden nur
Eier
[* 2] gelegt, woraus
Arbeitsameisen hervorkommen. Die kleine
Made wächst bei reichlicher
Nahrung sehr schnell und fertigt nach 14
Tagen ein
längliches, schmutzig weißes oder bräunliches Gespinst, in welchem sie zur gemeißelten
Puppe wird (Ameiseneier); andre
Arten spinnen niemals.
Nach 14
Tagen bis 4
Wochen zerbeißen die alten Ameisen die
Puppe, und die junge, sehr weiche und zarte Ameise, welche noch einige
Tage gefüttert werden muß, kriecht hervor. Sie erhält bald die gehörige
Farbe und
Härte und verrichtet
nun alle ihr zukommenden
Geschäfte. Bis dahin mußte das vereinzelte Weibchen diese alle selbst verrichten; hat es sich aber
mit Arbeiterinnen umgeben, so legt es nur noch
Eier und läßt sich von seinen Nachkommen füttern. Die nach der
Begattung
von den Arbeiterinnen eingefangenen und ins
Nest zurückgebrachten Weibchen haben insofern ein besseres
Los, als die im
Haufen befindlichen Arbeitsameisen die
Eier,
Maden und
Puppen von Anfang an aufs sorgfältigste pflegen.
Die Zahl der Arbeitsameisen vermehrt sich infolge des den ganzen
Sommer hindurch fortgesetzten Eierlegens sehr stark, und
erst im Spätsommer werdenEier gelegt, aus welchen geflügelte Männchen und Weibchen entstehen.
Alle
zur
Bildung der
Kolonie nötigen
Arbeiten liegen den Geschlechtslosen ob. Sie öffnen am
Morgen die verrammelten Zugänge und
schweifen dann entweder, um
Nahrung zu suchen, umher, oder tragen
Larven und
Puppen, um
sie derWärme
[* 3] der Sonnenstrahlen auszusetzen
oder vor eindringendem
Regen zu schützen, an höhere und tiefere
Stellen des
Nestes.
Viele Arbeiterinnen sind mit dem weitern
Ausbau des
Nestes beschäftigt oder stehen auf
Wache, bereit, jeden
Angriff auf die
Kolonie mit Aufopferung des eignen
Lebens abzuwehren. Die auf
Nahrung ausgezogenen Ameisen kehren mit gefülltem
Vormagen zurück,
um
Larven und Weibchen zu füttern, wobei sie ihnen ein Tröpfchen des im
Vormagen bereiteten Zuckersaftes
in den
Mund spritzen. Auch putzen und reinigen die Arbeiterinnen die Weibchen und
Larven und schaffen die Puppenhülsen hinweg.
Gegen
Abend werden
Larven und
Puppen von ihnen tiefer ins
Innere des
Nestes gebracht und die Zugänge verrammelt. Wo
zwei
Formen von Arbeitern vorhanden sind, tritt eine gewisse
Arbeitsteilung ein, indem die großköpfigen, die sogen.
Soldaten,
bei den
Streifzügen die Ordner und
Führer bilden und die
Beute zerschroten, um sie für die kleinern Genossen mundrecht zu
machen. Dieses geschäftige
Treiben im
Nest währt von den ersten Frühlingstagen bis tief in den
Herbst
hinein. Um diese Zeit ist die junge
Brut ausgeschlüpft, und die Männchen sind tot, so daß das
Nest nur Weibchen und Arbeiterinnen
enthält.
Bei Beginn des Winterfrostes ziehen sich alle in den tiefsten Teil des
Nestes zurück und fallen hier in Erstarrung. Die meisten
erwachen nicht wieder, viele aber, namentlich die befruchteten Weibchen, überleben den
Winter, um im
Frühling das geschäftige
Treiben von neuem zu beginnen. Die
Glieder
[* 4] eines und desselben
Haufens erkennen einander beim Begegnen
auf der
Straße oder während des
Kampfes zweier
Haufen, selbst nach monatelanger Trennung;
sie begrüßen, betasten und streicheln
einander;
sie verständigen sich miteinander über Verrichtungen, welche für eine einzelne zu schwer
sind;
sie gehen einander mit
Rat und That an die
Hand,
[* 5] reißen wohl auch
nach vorhergegangener Beratung einen angefangenen
Bau wieder ein oder ändern ihn um etc.
Einige Ameisenarten leben in Baumstämmen, in welchen sie
Gänge und Hohlräume erzeugen, indem sie die
festern
Jahresringe meist als Wandungen stehen lassen.
Gewisse kleine
Arten minieren in der dicken
Borke alter
Bäume wenige flache,
unter sich verbundene
Kammern. Lasius fuliginosus baut in hohlen
BäumenNester aus Holzspänchen, welche mit dem Absonderungsprodukt
gewisser
Drüsen zusammengeknetet werden, und die Comehens auf
Puerto Rico bauen vielleicht aus ähnlichem
Material große, bienenkorbähnliche
Nester zwischen Baumästen und überwölben auch ihre
Straßen.
Die meisten Ameisen graben und mauern Erdnester oft unter einem schützenden
Stein oder bilden zusammengesetzte
Nester in großen,
aus kleinen Holzstückchen zusammengetragenen
Haufen. Je größer die
Gesellschaft, um so komplizierter ist das
Nest, und bisweilen
stehen zahlreiche
Nester derselben Art auf einer größern Bodenfläche untereinander in
Verbindung, während
anderseits auch unter einem und demselben
Stein zwei
Arten in dicht benachbarten, aber voneinander getrennten
Nestern hausen
können.
Das
Bauen und Erhalten der
Nester fällt den Arbeitern zu. Während ein Teil der Ameisen mit
Graben beschäftigt ist, befördert
der andre die abgelöste
Erde heraus. In festem, zusammenhängendem
Boden gleicht ein solcher
Bau öfters
einem
Badeschwamm; die
Kammern und
Gänge sind nur durch dünne Zwischenwände getrennt, wogegen in lockerm, sandigem
Boden letztere
weit dicker hergestellt werden. Von der gemeinsamen Behausung aus führen sie oft durch Abbeißen des
GrasesStraßen nach
verschiedenen
Richtungen hin, auf denen sich gehende und kommende fort und fort ausweichen; erstere sind gewöhnlich hungrig,
und treffen sie nun auf letztere, die mit eingenommener
Nahrung zurückkehren, so halten sie dieselben an und lassen sich
füttern. Eine fremde Ameise, die sich auf eine solche
Straße wagt, wird angefallen und erwürgt, während
außerhalb der
Straßen fremde Ameisen einander ausweichen.
Ist die
Bevölkerung
[* 6] in einem
Bau zu groß geworden, so werden neue
Kolonien angelegt, deren ein starker
Haufe in einem
Sommer
drei aussenden kann. Gewöhnlich siedelt sich die
Kolonie in der
Nähe des Mutterbaus an. Die ersten derartigen
Auszüge beginnen
im Juli. Man sieht dann ganze
Züge aus dem Mutterhaufen hervorkommen, die aus jungen, an der hellen
Farbe
kenntlichen Ameisen bestehen. Voran ziehen die Weibchen. Bisweilen wandert auch eine ganze
Gesellschaft aus, um eine neue
Wohnung
zu bauen.
Die Ameisen bekunden unter allen
Insekten
[* 7] die größte geistige Begabung und stehen in dieser Hinsicht dem
Menschen näher als irgend ein andres
Tier. Es gibt
Arten, wie
Formica fusca, welche noch vollständig den untersten
Menschenrassen,
[* 8] den Jagdvölkern entsprechen, in verhältnismäßig wenig zahlreichen
Herden leben und nicht leicht gemeinsame
Operationen
ausführen.
Andre zeigen in ihrer
Architektur mehr
Kunst, domestizieren
Blattläuse und sind den Hirtenvölkern
vergleichbar; ihre
Gesellschaften sind zahlreicher,
und sie jagen mehr gemeinsam.
Endlich gibt es erntende Ameisen, welche den entwickeltsten
Typus darstellen und den ackerbautreibenden Völkern vergleichbar sind. Die Charakterzüge der verschiedenen
Arten differieren
sehr stark: manche sind furchtsam, von geringer
Initiative, andre sehr kühn, kriegerisch, grausam;
einige
Arten verteidigen
sich mutig, andre stellen sich tot, rollen sich zusammen etc.;
manche Ameisen
¶
mehr
halten Sklaven und zwar Individuen einer andern Ameisenart. Die rote Ameise, welche ihre Brut nicht selbst zu versorgen vermag,
zieht in regelmäßigen Kriegsmärschen aus, um sich aus der Behausung der schwarzgrauen Ameise (Formica fusca und F. cunicularia)
durch stürmischen Angriff und harten KampfLarven und Puppen zu erbeuten. Durch die bereits im Bau befindlichen
Sklaven wird dann diese erbeutete Brut wie die einheimische der Herren ernährt und großgezogen.
Aber die Sklavenameisen tragen und nähren auch ihre rötlichen Herren, welche wegen Unvollkommenheit ihrer Freßwerkzeuge
sonst verhungern müßten. Bei manchen Arten fehlen die Arbeiter, und Männchen und Weibchen leben mit den Arbeitern
einer andern Art in demselben Bau. Auch F. sanguinea geht auf solchen Sklavenraub aus, doch arbeiten deren Arbeiter gleich
ihren Sklaven. Hiervon zu unterscheiden sind die Fälle, in welchen gewisse Arten in ihren drei Formen in den Nestern einer andern
Art leben.
Diese sogen. Gastameisen dürften oft nicht im stande sein, in selbständigen
Kolonien zu existieren. Die kleine Stenamma Westwoodii lebt ausschließlich in den Nestern von Formica rufa und benimmt sich
gegen diese ganz so wie etwa Hunde
[* 10] oder Katzen
[* 11] gegen die Menschen. Die kleine Solenopsis fugax dagegen, welche kleine Galerien
in den Mauern der Ameisenhaufen größerer Arten aushöhlt, raubt letztern die Larven, um sie zu fressen.
Öfters geraten Haufen von verschiedenen Arten, ja selbst nahegelegene von derselben Art untereinander in heftige Kriege, welche
jeden Morgen erneuert werden, und wobei viele unterliegen, bis entweder ein abkühlender Regen oder das Auswandern des einen
Haufens der Fehde ein Ende macht. Vorräte schleppen die in die gemeinsame Wohnung nur wenig und bei uns
gar nicht ein, da sie im Winter keiner Nahrung bedürfen.
Die Nahrung der Ameisen besteht aus animalischen und vegetabilischen Stoffen; besonders lieben sie Süßigkeiten, den Honigsaft
mancher Pflanzen, der Blatt- und Schildläuse, süßes Obst, Zucker,
[* 12] Sirup, Honig u. dgl. Sie wissen
diese Gegenstände mit bewunderungswürdigem Scharfsinn aufzufinden und dringen in sorgfältig verwahrte Vorratskammern und
schwache Bienenstöcke ein. Außerdem fressen sie Regenwürmer, Raupen und andre kleinere Tiere (Frösche,
[* 13] Mäuse etc.), welche
man durch sie skelettieren lassen kann, indem man dieselben in durchlöcherte Schachteln legt und diese in einen Ameisenhaufen
gräbt. An größere Äser gehen sie ungern, an Getreide
[* 14] und ähnliche Sämereien bei uns gar nicht. Mit
toten und stinkenden Fischen kann man sie wie mit Petersilie und Kerbel vertreiben. Auch Teer, Thran, Spieköl, Holunderblüten
(frisch und getrocknet) sind den Ameisen zuwider.
Die Ameisen sind erklärte Feinde fast der ganzen übrigen Insektenwelt; lebende wie tote Kerfe schleppen sie
in ihr Nest und fressen sie bis auf die harte Haut
[* 15] oder Schale auf. Nur zu gunsten einiger Arten machen sie eine Ausnahme. So
hegen sie für die Blattläuse (Aphis) eine ganz besondere Freundschaft, indem sie den Honigsaft, den dieselben aus dem Hinterleib
absondern, aufsaugen und, um die Absonderung desselben zu befördern, sie sanft mit den Fühlern streicheln und klopfen (Milchkühe
der Ameisen). Von abgestorbenen Zweigen nehmen sie dieselben behutsam ab, um sie auf saftreiche zu versetzen, und im Spätsommer
bringen sie dieselben unter die Erde an die Wurzeln der Gewächse.
Oft aber entführen sie auch die Blattläuse in ihre Nester, um sie wie Haustiere auszunutzen,
oder umgeben
eine Gesellschaft von Blattläusen mit einem Gehäuse von Erde oder andern Baustoffen, tragen auch ihre Larven in dasselbe oder
setzen eine Blattlausgesellschaft durch einen bedeckten Gang
[* 16] mit ihrem Nest in Verbindung (stallfütternde Ameisen). Eine Anzahl
von Insekten sind längere oder kürzere Zeit auf Ameisenhaufen wie auf eine Pfleg- und Versorgungsanstalt angewiesen.
Gegen 300 Insektenarten leben im unentwickelten Zustand in Ameisenhaufen, wie die Larve des Goldkäfers (Cetonia aurata), oder
finden sich nur gelegentlich und nicht ausschließlich in Ameisenhaufen, wie manche Kurzflügler
[* 17] (Homalota, Tachyporus), während
das Dasein andrer ganz an die Ameisen geknüpft ist, insofern sie ausschließlich in deren Haufen leben (Myrmedonia,
Lomechusa) und von den Ameisen gepflegt und gefüttert werden. Man will beobachtet haben, daß die Ameisen die
Hinterleibsspitze solcher Käfer
[* 18] belecken, und schließt daraus, daß sie denExkrementen derselben nachgehen. Die meisten dieser
sogen. Inquilinen oder Myrmekophilen (»Ameisenfreunde«) beherbergt die Waldameise (Formica rufa) und die
Holzameise (F. fuliginosa). Über die Beziehung mancher dieser Insekten, welche förmlich wie Haustiere von den Ameisen gehalten
werden, zu diesen ist man noch im unklaren. Viele andre Insekten, namentlich die Laufkäfer,
[* 19] sind Ameisenfeinde und halten
sich in der Nähe der Ameisenhaufen auf, um deren Puppen nachzustellen.
Nutzen und Schade der Ameisen mögen sich im allgemeinen, wenigstens in Deutschland,
[* 20] das Gleichgewicht
[* 21] halten. Die Ameisen töten eine
Menge schädlicher Insekten, namentlich Raupen und Käfer, und werden auch medizinisch benutzt. Dagegen richten sie in der Haus-,
Land- und Gartenwirtschaft auch manchen Schaden an, indem sie der Süßigkeit der Speisen und Früchte nachgehen,
in Bienenstöcken nicht nur den Honig, sondern selbst die zarten Bienenpuppen verzehren etc. Von Gärtnern sind die kleinen,
braunen oder schwarzbraunen Ameisen, welche sich zwischen den Wurzeln der Topfpflanzen (besonders gern in Warmhäusern und Lohbeeten)
öfters in außerordentlicher Menge ansiedeln, große Löcher in die Wurzeln fressen und hierdurch sowie
durch ihre ätzende Säure die Wurzeln verderben, sehr gefürchtet.
Weit lästiger sind die in den heißen Ländern. Große, rotgelbe Arten dringen in die Wohnungen ein und beunruhigen die Schlafenden
in den Betten, während eine kleinere, schwarze Art empfindlich beißt. Die am weitesten verbreitete Formica
omnivora wird in Kasan
[* 22] häufig zur Landplage. Die Treiberameisen (Anomma arcens Westwood) an der Westküste von Afrika
[* 23] leben
ohne feste Baue unter Baumwurzeln etc. und ziehen nachts oder bei trüben Tagen auf Beute aus. Sie töten durch ihre Menge selbst
große Tiere, indem sie ihren ersten Angriff vornehmlich auf deren Augen richten.
Wenn sie nachts in die Häuser eindringen, fliehen Ratten, Mäuse, Schaben und selbst die Menschen. Die Zuckerameise (Formica saccharivora)
hat in Westindien
[* 24] ganze Zuckerplantagen vernichtet. Dagegen leben die Eingebornen am Rio Negro
[* 25] einen großen Teil des Jahrs
von Ameisen, die sie zu einem Teig kneten und in Beuteln aufbewahren, und die dornhalsige Ameise (F. spinicollis)
in Amerika
[* 26] verfertigt aus Pflanzenwolle eine Art von Filz, der als Zunder benutzt wird. In China
[* 27] benutzen die Gärtner eine Ameisenart
zum Schutz ihrer Orangerien, um von diesen andre Insekten fern zu halten. Auf Ceylon
[* 28] hat man in den Kaffeeplantagen
eine Schildlaus durch künstlich angesiedelte Ameisen vertilgt
¶
mehr
man mußte letztere aber wieder beseitigen, weil sie die Kulis zu sehr plagten.
Man teilt die in fünf Gruppen: Drüsenameisen, deren in den Gliedern nicht eingeschnürter Hinterleib an einem eingliederigen,
schuppentragenden Stiel sitzt;
Zangenameisen mit derselben Hinterleibsbildung, einem Wehrstachel und bei den Weibchen mit
in den Einlenkungsstellen sich berührenden Kinnbacken;
Stachelameisen mit Giftstachel, eingliederigem
Stiel und einer Einschnürung zwischen erstem und zweitem Hinterleibsring;
Blindameisen mit Giftstachel und eingliederigem
Stiel, Weibchen und Arbeiter augenlos;
Knotenameisen mit Giftstachel und zweigliederigem Hinterleibsstiel. Zu den Drüsenameisen
gehört die Roßameise (CamponotusherculaneusL.), fast ganz schwarz, an den Beinen und an einem Teil der
Brust bräunlich, am Hinterleib schwach grau behaart, mit gelbspitzigen Flügeln, die Männchen und Arbeiterinnen sind 9-11,
die Weibchen 17 mm lang;
mit fast herzförmiger Schuppe des Hinterleibsstiels, braunrotem, beborstetem Thorax mit schwärzlichen Flecken oder (Männchen)
ganz braunschwarz, etwas aschgrau schimmernd, 4-6 (Arbeiterinnen), 9,5 (Weibchen) oder 11 (Männchen)
mm lang, in Europa, Asien,
[* 34] Nordamerika, unsre gemeinste Art; in Wäldern, besonders Nadelwäldern, wo sie bis 125 cm hohe,
kegelförmige Haufen von allerlei Baumabgängen über ihren Nestern aufhäuft. Sie ist sehr mutig, beißt sich mit ihren Kiefern
wütend in das Fleisch dessen ein, der sie stört, und krümmt dabei den Leib so nach unten und vorn, daß sie ein Tröpfchen
ihrer ätzenden, stark riechenden Säure in die Wunde spritzen kann.
IhreVermehrung ist besonders in trocknen und warmen Jahren sehr stark, ihr Nutzen für die Wälder durch Vertilgung der Raupen
von großer Bedeutung, weshalb es auch an vielen Orten verboten ist, sie zu stören. Von dieser Ameisenart werden besonders
die Puppen (Ameiseneier) zu Vogelfutter gesammelt; auch bereitet man aus ihr den Ameisenspiritus, Ameisenbäder
etc. Rot gefärbte, hierher gehörige Arten sind: F. sanguineaLatr. mit unten in der Mitte ausgerandetem Kopfschild, blutrotem
Kopf und Thorax und schwarzem, wegen der Behaarung gräulich schimmerndem Hinterleib, 6-10 mm lang, häufig in Wäldern, bildet
kleinere Haufen und hält als Sklaven die Arbeiter von F. fusca, F. cunicularia, seltener von Lasius alienus.
Die Holzameise (L. fuliginosusLatr.), glänzend schwarz, mit sehr dickem Kopf, welcher breiter als der Thorax und hinten weit
ausgebuchtet ist, rotbraunen Fühlern, Beinen und Hinterleibsstiel, 4-5 mm lang, eine der gemeinsten Arten, in alten Baumstrünken,
auch unter Steinen und Moosnistend;L.fuscusLatr., braunschwarz mit grauen Seitenhärchen, braunroten
Beinen und Fühlern und etwas borstigem Thorax, 5-6 (Arbeiterinnen) und 9 (Weibchen und Männchen) mm lang, überall häufig,
unter Steinen, in alten Baumstämmen nistend;L.nigerLatr., dunkelbraun, oft ganz schwarz, mit oft rötlich durchschimmerndem
Thorax, kurz anliegend behaartem Hinterleib und braunen Fühlern und Beinen, 3-4 (Männchen und Arbeiterinnen)
und 9 (Weibchen) mm lang, die gemeinste Art, allenthalben an Wegen, auf Feldern, Wiesen, in Wäldern, in der Erde, unter Steinen,
in Baumstrünken etc. nistend;
L.flavusL., dunkler oder heller
gelb, mit langen, dünnen Borsten besetzt;
beim Weibchen
sind Kopf und Thorax dunkler, Basis und Spitze des Hinterleibs rötlichgelb und Hinterleibsringe am Rand rötlichgelb
durchschimmernd;
Männchen und Arbeiterinnen sind 2-2,8 mm, Weibchen 9 mm lang, sie lebt hauptsächlich von dem Honigsaft gewisser
Wurzelläuse, die sie in ihrem Nest beherbergt, und über deren Brut sie sorgsam wacht.
Die zu den Knotenameisen gehörende
rote Ameise (MyrmicarubraLatr.) ist braunrot, am ersten Hinterleibssegment in der Mitte dunkelbraun;
der querrunzelige Thorax ist bei den Arbeiterinnen mit ziemlich langen und spitzigen, bei den Weibchen mit kurzen und breiten
Dornen und bei den Männchen mit zwei Beulen besetzt; bei letztern ist die Spitze des Hinterleibs rotbraun. Die Arbeiterinnen
sind 4, die Männchen und Weibchen 5-6 mm lang. Diese überall gemeine Art lebt in Wäldern, Gärten, unter Steinen, Rasen etc.
nistend.
Die Rasenameise (Tetramorium caespitumLatr.) ist von sehr veränderlicher Färbung, meist braun, das Männchen schwarz, an
Körper und Beinen mit gelben Borsten besetzt. Die Arbeiterinnen sind 2-4, die Männchen und Weibchen 4-7
mm lang. Auch diese Art ist gemein und findet sich an denselben Orten wie die vorige. Die ackerbautreibende Ameise (MyrmicamolificansDarw.) in Texas schützt ihren Bau durch einen bis 50 cm hohen Ringwall, reinigt und ebnet das den Wall umgebende Land bis auf 1 m
Entfernung und läßt hier keine Pflanze aufkommen als ein Gras, Aristida oligantha, pflegt dasselbe mit
steter Sorgfalt und erntet die reifen Körner, welche in einem Teil des Baues von den Spelzen gereinigt und dann fortgepackt
werden.
Dringt Regen bis zu dem Vorrat, so werden die Körner an einem sonnigen Tagins Freie gebracht, bis sie trocken
sind. Manche Beobachter behaupten, daß das Gras von den Ameisen auch ausgesäet werde; jedenfalls beseitigen sie die Stoppeln und
reinigen den Boden, der das Ansehen eines schönen Pflasters erhält. Bei der Honigameise
[* 35] (Myrmecocystus melliger) in Mexiko,
[* 36] Texas, Colorado gibt es drei Klassen von Arbeitern, von denen einzelne Individuen durch die andern Arbeiter
mit Honig so stark angefüllt werden, daß sie kugelrund anschwellen und ihr Leib oft größer wird als eine Erbse.
DiesenHonig sammeln die Arbeiter nachts aus Honiggallen der Zwergeiche. Die angefüllten Ameisen hängen fast unbeweglich an der
Decke
[* 37] der Vorratskammern der unterirdischen Nester und werden als lebende Vorratstöpfe behandelt, aus
welchen Arbeiter, Männchen und Weibchen nach BedarfHonig entnehmen. Der Honig ist wohlschmeckend und wird auch von den Indianern
gegessen. Die Zug- oder Besuchsameise (AttacephalotesL.), kastanienbraun, mit vier Dornspitzen am Bruststück, sehr großem
Kopf, 26, das Weibchen über 39 mm lang, findet sich in ganz Südamerika,
[* 38] baut 2,5 m hohe und sehr umfangreiche
Haufen und schneidet aus den Blättern der Kaffee- und Orangenbäume kreisrunde, groschengroße Stücke heraus, mit welchen sie
die Gänge in ihren Wohnungen überwölbt. Sie kommt auch in großen Scharen in die Wohnungen und plündert alles, was sie
für sich verwerten kann, namentlich Süßigkeiten und Mandioka. Dabei frißt sie auch Insekten und vertilgt also einen Teil
des in den Häusern befindlichen Ungeziefers. Daß aber letzteres der Hauptzweck ihrer Besuche sei, ist ein Irrtum.
Beobachtungen über die Lebensweise der geselligen Hymenopteren
(deutsch, Leipz. 1883); MacCook, The honey ants of the garden of the gods and the occident ants of the American plains (Philad.
1882).
(Myrmecophaga L.), Säugetiergattung aus der Ordnung der Zahnlücker
[* 43] (Edentata) und der Familie
der Ameisenfresser (Myrmecophagidae), gestreckt gebaute Tiere mit sehr stark verlängertem Kopf und Schwanz, zahnlosen Kiefern,
langer, röhrenförmiger Schnauze, sehr enger Mundspalte, langer, runder, weit vorstreckbarer Zunge, deutlichen, abgerundeten
Ohren und schlanken Hinterbeinen, welche schwächer sind als die Vorderbeine. Das Haarkleid ist lang, dicht, struppig.
Einige Arten besitzen einen Greifschwanz und klettern; auf dem Boden bewegen sie sich langsam und ungeschickt
und treten vorn mit dem äußern Fußrand auf, wobei die Krallen nach innen gebogen sind. AlleArten leben in Südamerika von
Guayana bis zum La Plata, nähren sich von Ameisen und bemächtigen sich derselben, indem sie mit ihren Klauen die
Ameisenkolonien und Termitengebäude aufreißen und die lange, klebrige Zunge hineinstecken, an welcher die Ameisen kleben
bleiben.
1,25-1,6 m lang, hat einen 60-94 cm langen, buschig behaarten Schwanz, aber nur 30 cm
hohe Beine; der Kopf gleicht einem langen, schmächtigen, etwas nach unten gebogenen Kegel und endet mit einer kleinen, stumpfen
Schnauze. Die Haare
[* 44] am Kopf sind kurz, am Hals und Leib sehr lang, zottig, auffallend trocken, grob und borstig, teils braunschwarz,
teils lichtbraun; auf jeder Schulter verläuft ein schwarzer, weiß eingefaßter Streifen, über dem Rückgrat
eine Mähne von 16-18 cm langen Haaren.
Die Zunge ist so dehnbar, daß das Tier dieselbe bis auf 50 cmLänge hervorstrecken kann. Er findet sich im östlichen Südamerika
vom La Plata bis zum KaribischenMeer, schweift bei Tage einsam in den Ebenen umher und ruht, wo ihn die Nacht
überfällt. Es ist still, friedlich, träge, langsam und lebt von Ameisen und Termiten. Die scharfen, großen Krallen an den
vier Zehen der Vorderfüße dienen ihm zum Aufreißen der Termitenhügel und zur Verteidigung. Das Weibchen wirft im Frühjahr
ein einziges Junge und trägt dies einige Zeit lang mit sich auf dem Rücken herum.
Fleisch und Fell des Yurumi werden nur von den wildesten Indianern benutzt. Der Tamandua (Caguare, M. tetradactylaL.) ist fast
um die Hälfte kleiner als der vorige, hat an den Vorderfüßen fünf, an den Hinterfüßen vier Zehen und einen Greifschwanz.
Er bewohnt dieselben Länder wie der vorige, reicht aber bis Peru
[* 45] hinüber und findet sich hauptsächlich
am Rande der Urwälder. Er ist ebenfalls sehr träge, klettert auf Bäume, hängt sich mit dem Greifschwanz an Zweige und sucht
daselbst Ameisen und Gewürm auf. Er verbreitet, besonders wenn er gereizt wird, einen starken Moschusgeruch,
welcher auch das Fleisch durchdringt.
Dennoch wird dasselbe von Indianern und Negern gegessen.
(Landschnabeltier, EchidnaCuv.) Säugetiergattung aus der Ordnung der Kloakentiere, Tiere mit plumpem Körper,
kurzem Hals, kleinem Kopf, langem, walzenförmigem Schnabel, sehr kleiner Mundöffnung, langer, dehnbarer, wurmartiger Zunge,
zahnlosen Kiefern, kleinen Augen, ohne äußere Ohrmuschel und mit kurzen, fünfzehigen Füßen, welche
mit starken, wenig gekrümmten Krallen bewaffnet sind; an den weit nach rück- und auswärts gekehrten Hinterbeinen besitzt
das Männchen einen starken, spitzigen, durchbohrten Sporn, welcher mit einer Absonderungsdrüse in Verbindung steht; der Schwanz
ist kurz, kaum sichtbar, der Körper oberhalb mit starken Stacheln und Haaren, unterhalb mit Borsten bedeckt.
Die Ameisenigel leben im südlichen Australien
[* 46] und auf Tasmania in Erdlöchern von Insekten, besonders Ameisen und Termiten, welche sie
mit ihrer klebrigen Zunge auflecken. Am Tag sind sie in ihren Höhlen verborgen, gehen watschelnd und rollen sich zusammen,
wenn sie schlafen oder sich verteidigen wollen. Die bekannteste Art, der stachelschweinartige Ameisenigel (E.hystrixCuv., s. Tafel »Kloakentiere«),
44 cm lang mit 1 cm langem Schwanz, ist auf dem Rücken mit weißgelblichen, schwarz gespitzten,
fast 5 cm langen Stacheln, auf dem Kopf, an den Gliedmaßen und an der Unterseite mit schwarzbraunen, kurzen Haaren dazwischen
bedeckt. Der Ameisenigel bewohnt die gebirgigen Gegenden des südöstlichen Australien, gräbt unter Baumwurzeln
Höhlen und Gänge, in denen er sich am Tag verborgen hält, und geht nachts auf Nahrung aus. Er frißt Insekten, Würmer,
[* 47] hauptsächlich
Ameisen und Termiten, welche er mit der klebrigen Zunge aufnimmt. Er gräbt vortrefflich, versucht, angegriffen, gar keine Verteidigung,
sondern schützt sich nur durch Zusammenkugeln oder Eingraben in die Erde. Von der Fortpflanzung dieses Tiers weiß man wenig.
Man vermutet, daß es während der dürren Zeit einer periodischen Erstarrung unterworfen ist. Das Fleisch ist schmackhaft.
Der langhaarige Ameisenigel (E. setosa Geoffr.),
bei welchem weiche, lange, rostbraune Haare die gelblichen Stacheln fast ganz verdecken, lebt in Neusüdwales,
Victoria
[* 48] und auf Tasmania.
2,8 cm lang, 6 cm breit,
schwärzlich, mit gelbem, schwarz geflecktem Kopf, blaß gesäumtem Thorax und sehr entwickelten, durchsichtigen, fein geäderten
und braun gefleckten Flügeln, fliegt überall in Deutschland vom Juli bis in den September um Sonnenuntergang. Die gedrungene,
graugelbe Larve, mit halsartig verdünnten Vorderbrustringen, buckliger Hinterleibswurzel, starker, an den Seiten büschelförmiger
Behaarung, hat zwei große Krallen an den Füßen und einen großen, sehr beweglichen, herzförmigen Kopf¶
mehr
mit je sieben Augen, kurzen Fühlern und sichelförmigen Oberkiefern, die an der Unterseite ausgehöhlt sind, um die feinen,
borstenförmigen Unterkiefer aufzunehmen, welche mit jenen zusammen ein Saugwerk bilden. Die sich stets nur rückwärts bewegende
Larve gräbt an sonnigen Waldrändern, besonders unter dem Schutz hervorstehender Baumwurzeln, trichterförmige Vertiefungen
von 8 cmDurchmesser und 5 cm Tiefe, verbirgt sich selbst im Grunde des Trichters, so daß nur die langen
Kiefer hervorragen, und wartet, bis ein Räupchen, eine Spinne, eine Ameise oder sonst ein ähnliches Tierchen hinabgleitet.
Dasselbe wird sogleich mit den zangenförmigen Kiefern gefaßt, unter den Sand gezogen, dort ausgesogen und dann
wieder hinausgeschleudert. Am Rande der Grube erscheinende Insekten bewirft der Ameisenlöwe mit Hilfe des Kopfes mit Sand, um sie in den
Trichter zu stürzen. Im Juni oder Juli spinnt die Larve im Sand einen kugelförmigen Kokon, der einer Sandkugel gleicht, verpuppt
sich, und nach vier Wochen kriecht das Insekt aus, welches eine geringe Anzahl gelblicher, am dicken Ende
roter Eier legt. Die noch im Herbst auskriechende Larve überwintert im Sand. M. formicalynxL., mit ungefleckten Flügeln und 3 cm
lang, führt dieselbe Lebensweise. Südeuropäische Arten graben keine Trichter, sondern sitzen unter der ebenen Sandfläche.
Das Destillat enthält 75 Proz. Ameisensäure, und wenn man in demselben wasserfreie Oxalsäure löst und kristallisieren
läßt, so bemächtigt sich dieselbe des Wassers, und die abgegossene Flüssigkeit gibt bei der Rektifikation fast reine Ameisensäure ist
eine farblose Flüssigkeit vom spez. Gew. 1,223, riecht durchdringend sauer, wirkt auf der
Haut ätzend, erstarrt bei -1°, siedet bei 105°, mischt sich mit Wasser und Alkohol, raucht schwach an der
Luft; ihre Dämpfe sind leicht entzündlich, sie scheidet aus Gold- und Silbersalzen das Metall ab und wirkt in sauren Flüssigkeiten
fäulniswidrig. Im Ameisenspiritus und in der Ameisentinktur, auch in Bädern mit Waldameisen findet sie medizinische Verwendung
als hautreizendes Mittel.
Der Schmerz, welchen der Bienenstich und die Nesselhaare erzeugen, entsteht durch Eindringen von in die
Wunde und verschwindet daher beim Einreiben mit Ammoniak, welches die Säure neutralisiert. Ameisensäure ist eine der stärkern organischen
Säuren, sie löst Eisen
[* 53] und Zink unter Entwickelung von Wasserstoff und bildet gut charakterisierte, meist lösliche Salze
(Formiate).
Ameisensaures Natron CHNaO2, durch Neutralisieren von kohlensaurem Natron mit Ameisensäure erhalten, bildet farblose
Kristalle,
[* 54] schmeckt scharf salzig-bitter, verwittert an trockner Luft, löst sich in Wasser und Alkohol und dient besonders zur
Darstellung von Ameisenäther.
(Spiritus
[* 56] formicarum), über 10 Teile frische Ameisen destillierter wässeriger Weingeist (15 Teile Spiritus, 15 Teile
Wasser, 20 Teile Destillat), riecht erfrischend, trübt sich beim Verdünnen mit Wasser und dient zum Einreiben bei gichtischen
und rheumatischen Leiden.
[* 57]
Auch eine Ameisentinktur (Tinctura formicarum, 2 Teile frische Ameisen, 3 Teile
Spiritus) wird benutzt.
Amelanchier vulgarisMönch (MespilusAmelanchierL., gemeine Felsenbirne, englische Mispel), in Süd- und Mitteleuropa und
im Orient, mit rundlichen, scharf gesägten Blättern, fünf- bis achtblütigen, stark riechenden Trauben und blauschwarzen
Früchten, enthält in der Stamm- und Zweigrinde Amygdalin und wird neben einigen andern, besonders amerikanischen Arten, wie
Amelanchier canadensisTorr. et Gray, mit schlaffen, oft überhängenden, vielblütigen Trauben und schwarzen Früchten,
Amelanchier alnifoliaNutt. und Amelanchier spicataLam., als Zierstrauch kultiviert.
1) nordamerikan. Insel an der Ostküste von Florida, s. Fernandina. - 2) Stadt in der ital. ProvinzPerugia, auf
einem Berge gelegen, mit alten Ringmauern, Bischofsitz (aus dem 5. Jahrh.), hat ein Gymnasium, berühmten Rosinenbau und (1881) 2384 Einw.
Amelia ist das Ameria der Römer
[* 60] (durch seinen SextusRoscius bekannt).
lesBains (spr. -lih läh bâng), berühmter Badeort im franz.
DepartementOstpyrenäen, ArrondissementCéret, im Techthal, von hochstrebenden Felsenmassen und wilden Sturzbächen umgeben,
hat 18 Schwefelthermen von 43-61° C., ein Militärhospital und ausgezeichnete Badeeinrichtungen.
Das Wasser
wird besonders gegen veraltete Rheumatismen, Gicht, chronische Bronchitis, Kehlkopfkatarrh etc. mit Erfolg angewendet.
Die
Saison dauert vom Mai bis Ende Oktober, doch erlaubt das milde Klima
[* 61] auch den Winteraufenthalt für skrofulöse Kinder Lungenleidende
etc.
(hebr.), ursprünglich eine Bekräftigungsformel, s. v. w.
wahrlich, so ist es. Nach dem Gebrauch des Alten Testaments wurde das Amen stehende Formel der Aneignung und Bekräftigung vorgesprochener
Eide, Verfluchungen, Gelübde, auch der Lobpreisungen und Gebete (vgl.
Psalm 41, 14). Im liturgischen Gebrauch der christlichen
Kirche wurde das Wort namentlich nach dem Gebet des Herrn und nach den Einsetzungsworten des Abendmahls von der
ganzen Gemeinde gesprochen. Allmählich ist das Amen zu einer feierlichen Schlußformel nicht nur der Gebete, sondern sogar älterer
deutscher Notariatsurkunden geworden. Auch die Mohammedaner haben das Amen als Schlußformel angenommen.
(franz., spr. amangd'mang. Abänderungs-,Verbesserungsantrag, Verbesserungsvorschlag), ein Antrag, welcher
in einer Versammlung, namentlich im Schoß einer parlamentarischen Körperschaft, zum Zweck der teilweisen Abänderung einer
Vorlage oder eines (Prinzipal-) Antrags gestellt wird. Geht nun wiederum zu einem solchen Amendement ein Verbesserungsantrag ein, so
spricht man von einem Unteramendement (Sousamendement). Amendieren, verbessern, ein Amendement einbringen;
Amendierungsrecht, das Recht derVolksvertretung, zu einer Regierungsvorlage Verbesserungsanträge zu stellen.
Die Art und Weise, wie das verfassungsmäßige Amendierungsrecht auszuüben ist, bestimmt die Geschäftsordnung der betreffenden
Körperschaft. Im deutschen Reichstag können Amendements zu Regierungsvorlagen und zu Initiativanträgen der Abgeordneten vor
Schluß der Verhandlung über den fraglichen Gegenstand eingebracht werden, wenn sie mit demselben in wesentlicher
Verbindung stehen; sie sind dem Präsidenten schriftlich zu übergeben. Über Abänderungsvorschläge, welche dem Reichstag
noch nicht gedruckt vorlagen, muß, sofern der handschriftliche Antrag angenommen ward, in der nächsten Sitzung nach erfolgter
Drucklegung und Verteilung an die Mitglieder ohne Diskussion nochmals abgestimmt werden. Es bedürfen
jedoch Vorlagen der verbündeten Regierungen und Anträge von Abgeordneten, welche Gesetzesvorschläge enthalten, einer dreimaligen
Beratung oder Lesung.
In der ersten Lesung, welche sich auf eine allgemeine Diskussion der Grundsätze des Entwurfs beschränkt, können Amendements
nicht gestellt werden. Dagegen ist dies in der Zwischenzeit und bis zum Schluß der zweiten Beratung,
welche sich mit den einzelnen Artikeln befaßt, zulässig. Ein in der zweiten Lesung bedarf keiner Unterstützung. Kommt es
zur dritten Beratung, so bedürfen Verbesserungsanträge der Unterstützung von 30 Mitgliedern des Reichstags. Anträge aus
der Mitte des letztern, welche keine Gesetzentwürfe enthalten, bedürfen nur einer einmaligen Beratung
und Abstimmung. Amendements zu derartigen Anträgen müssen ebenfalls von 30 Mitgliedern unterstützt und mit unterschrieben
sein.
am bekanntesten Amenemha III., bei den Griechen Möris genannt;
er
regierte 2221-2179 v. Chr., legte, nachdem er die Höhe des Nilwassers zu verschiedenen Zeiten genau hatte
beobachten lassen, ein großes, mit dem Nil durch einen Kanal
[* 63] verbundenes Wasserreservoir in der OaseFayum an, um die Überschwemmungen
des Nils zu regulieren und die wohlthätigen Wirkungen derselben zu steigern.
Neben
dem Becken, dem berühmten SeeMöris (s. d.),
erbaute er einen großen Reichstempel (Labyrinth) und seine Grabpyramide.
(Amenhotep), Name mehrerer altägypt. Könige der 18. Dynastie, von denen Amenophis III. dem Ammon-Ra in Theben einen
prachtvollen Tempel
[* 64] (Ruinen bei Luksor) baute und auf dem linken Nilufer die beiden Kolossalstatuen (Memnonssäulen) errichtete.
Amenophis IV., ein fanatischer Reformer, suchte das herrschende Religionssystem zu beseitigen und den ausschließlichen
Dienst der Sonne
[* 65] einzuführen; er nannte sich selbst Chu-en-aten (Glanz derSonnenscheibe),
[* 66] verbot den DienstAmmons und aller
andern Götter, ließ ihre Namen und Bilder in allen Denkmälern vertilgen, verließ Theben und erbaute sich in Mittelägypten
eine neue, prächtige Residenz (Ruinen bei Tell el Amarna). Nach seinem Tod wurden seine Neuerungen wieder
beseitigt, sein Name in den Königslisten und auf den Monumenten gelöscht und die neue Stadt zerstört.
Mangel der Menstruation (s. d.), der Zustand, wo die regelmäßig wiederkehrende blutige
Absonderung aus den Geschlechtsteilen weiblicher Individuen entweder nicht zu rechter Zeit, dem Alter gemäß,
sich einstellt (Amenorrhoea primaria, organica), oder wo dieselbe, nachdem sie schon eingetreten war, durch irgend eine Veranlassung
plötzlich oder mehr allmählich, ganz oder nur unvollständig zurückbleibt (Amenorrhöe secundaria, suppressio mensium).
Die Amenorrhöe ist entweder Folge einer angebornen organischen Verschließung der Scheide oder der Gebärmutter,
[* 67] oder des
Fehlens der Gebärmutter, oder einer mangelhaften Entwickelung der Eierstöcke, oder auch fehlerhafter Blutbildung, Bleichsucht
etc. Bei angebornem Verschluß nimmt die Gebärmutter zu an Umfang, wie bei Schwangern, indem sich das Blut in derselben ansammelt,
und zwar geschieht dies periodisch, immer zu der Zeit, wenn die Periode sich einstellen sollte.
Dabei befinden sich die Kranken anfangs wohl, bald aber haben sie ein Gefühl von Schwere und Druck, welches
stetig zunimmt; es entstehen heftige, kolikartige Schmerzen, welche Tag undNacht fortdauern, zuletzt unerträglich werden und
nur durch operative Behandlung beseitigt werden können. Bei mangelhafter Entwickelung der innern Geschlechtsorgane ist nur
dann von einem eingeleiteten Heilverfahren Erfolg zu erwarten, wo dieselbe Folge von krankhafter Blutbeschaffenheit
ist.
Innerlich reicht man in solchen FällenEisen bei kräftiger, nahrhafter Diät, besonders Fleisch, empfiehlt den Genuß frischer
Gebirgsluft und angemessene körperliche Bewegung, äußerlich warme Uterindouchen, Sitzbäder etc. Auch die erworbene Amenorrhöe beruht
nur ausnahmsweise auf einem Verschluß des Gebärmutterhalses, meist ist sie die Folge von Erkältungen,
Schreck, heftigem körperlichen Schmerz, fehlerhafter Diät, Säfteverlust, lang andauernden, erschöpfenden Krankheiten, namentlich
der Gebärmutter selbst. Zuweilen tritt als Ersatz eine mehr oder weniger regelmäßig wiederkehrende Blutung der Nasenschleimhaut
ein. Die Behandlung ist nur auf Grund sorgfältiger Untersuchung anzustellen, da sie sich bald auf die
Besserung des gesamten Kräftezustands, bald auf örtliche Erkrankungen zu richten hat.