Ungetauften und unter
Kirchenzucht Stehenden ausgeschlossen blieben (s.
Sakrament).
Früh schon wurde nach
Analogie jüdischer
und heidnischer Opfermahlzeiten der Opferbegriff auf das Abendmahl angewendet und solches begründet mit dem Opfertod
Christi. Dies geschah zuerst allerdings in durchaus schwankender, meist allegorisierender
Weise. Ursprünglich bezeichnete
das
WortOpfer(oblatio) sogar bloß die Darreichung der Bedürfnisse der
Feier, d. h. der
Elemente
(Brot
[* 2] und
Wein), durch die
Gemeinde; sofort aber wurden diese
Elemente vom
Bischof durch ein Dankgebet abermals dargebracht oder geweiht,
u. so hieß denn bald das ganze Abendmahl ebenso Dankgebet (eucharistia) wie
Opfer(thysia, sacrificium).Schon im 4. Jahrh. bezeichnete
man als dieses
Opfer speziell den eucharistischen, d. h. im A. gegenwärtig gedachten, wahrhaftigen, Leib
Christi.
Gleichzeitig trat die sakramentliche Bedeutung des Abendmahls hinter der sakrifiziellen, d. h.
die
Kommunion hinter der
Messe (s. d.), zurück. Die
Laien kommunizierten meist nur noch zu
Ostern, und in den spätern
Jahrhunderten
des
Mittelalters wurde ihnen auch der
Kelch entzogen.
Diesen forderten die
Hussiten und die
Reformatoren mit
Erfolg zurück, und die letztern verwarfen auch die
Transsubstantiation, ohne es indessen zur Übereinstimmung in den positiven
Anschauungen zu bringen.
Nur
Zwingli ging bewußt und konsequent bis zu dem Gedächtnismahl zurück und gestaltete die
Kommunion trotz Beibehaltung
einiger an die
Messe erinnernder liturgischer
Stücke zu einer Gemeinschaftsfeier um; überall, wo der
reformierte
Typus zum unverkümmerten
Ausdruck gelangte, nahmen auch die Teilhaber an der
Feier die
Elemente selbst in die
Hand.
[* 3] Dagegen charakterisiert sich
Luthers Abendmahl, das er als ein wesentliches
Glied
[* 4] eines vollständigen
Gottesdienstes betrachtete,
als geheimnisvolle Austeilung überirdischer Gnadengüter schon dadurch, daß der
Geistliche die
Elemente jedem einzelnen zum
Altar
[* 5] hinzutretenden
Gast unter steter Wiederholung einer die Gegenwart des wahrhaftigen Leibes
Christi bezeugenden Distributions-
oder Spendeformel darreicht.
Schon von seiner mönchischen Vergangenheit her haftete tief in ihm das
Bedürfnis nach einem mündlichen
Genuß des wahren
Leibes und
BlutsChristi, welche himmlischen
Dinge der
Konkordienformel gemäß kraft der Einsetzungsworte in,
mit und unter den
Elementen zum
Genuß vorhanden sind und Gottlosen wie
Frommen gespendet werden.
Calvin nahm eine Mittelstellung
ein, indem er die verklärte Leiblichkeit vom
Himmel
[* 6] herab in geheimnisvoller
Weise auf die gläubigen Abendmahlsgenossen einwirken
und von ihnen geistlich genossen werden ließ (s.
Ubiquität).
Während seit den
Zeiten der
Aufklärung selbst supernaturalistische
Lutheraner mehr in der
WeiseCalvins
lehrten, hat der
Rationalismus die Betrachtungsweise
Zwinglis wieder aufgenommen, und wo die
Union (s. d.) und mit ihr Abendmahlsgemeinschaft
zwischen
gebornen
Lutheranern und
Reformierten eingeführt ward, da ging man von den
Grundsätzen aus, daß einmal die im A.
statthabende Vereinigung mitChristus und die Aneignung der in ihr beschlossenen Heilsgüter eine
Thatsache
seien, welche von den bestehenden Unterschieden der
Vorstellung über den Hergang dabei nicht berührt werde, und daß zweitens
eine Hauptbedeutung der
Feier in ihrem sozialen
Charakter beruhe. »Was die
Familie ohne das gemeinsame Familienmahl ist, das
ist die
Gemeinde ohne das gemeinsame Abendmahl«.
Vgl. D.Schulz, Die
Lehre
[* 7] vom Abendmahl (2. Aufl., Leipz. 1831);
Ebrard
(reformiert), Das
Dogma vom Abendmahl und seine Geschichte (Frankf. 1845);
Kahnis (lutherisch), Die
Lehre vom Abendmahl (Leipz. 1851);
Wegen seiner großen geschichtlichen und rituellen Bedeutung ist das Abendmahl auch eins der wichtigsten
Objekte der christlichen
Kunstgeschichte geworden. Erst reihte man seine
Darstellung einfach in die Cyklen der
Heils- und Passionsgeschichte
ein; dann, nachdem das
Sakrament in der höchsten
Steigerung des kirchlichen
Begriffs anerkannt war, begann
man es in großartiger
Selbständigkeit auszuführen, indem man von zwei ganz verschiedenen
Momenten ausging, entweder von der
Einsetzung des
Sakraments (so
Signorelli im
Chor des
Doms zu
Orvieto, wo aber der übliche
Tisch entfernt ist und
Christus durch
die prächtig bewegte
Gruppe der
Jünger schreitet) oder von dem
Augenblick, wo
Christus die
Gewißheit des
Verrats ausspricht.
(Abendmahlsprobe, JudiciumS.Coenae, S. Eucharistiae), eine Art des Gottesurteils (Ordal), die schon
im 9. Jahrh. vorkommt.
Sie fand vorzugsweise bei Klerikern Anwendung und war nach Gratians Dekretalien vorgeschrieben, wenn
in einem Kloster ein Diebstahl begangen war.
Sämtliche Klostergeistliche mußten nämlich alsdann in einer feierlichen Messe
die geweihte Hostie unter der Beteurung genießen, daß sie an ihnen zum Zeichen werden solle.
(Abendrot), das bekannte Phänomen, welches nach dem Untergang derSonne einzutreten pflegt
und in einem über den Abendhimmel verbreiteten, verschieden nüancierten roten Schein besteht. Es tritt ganz besonders prachtvoll
auf, wenn bei tiefblauem Himmel einige Wolken im W. stehen. Gehören diese zu den geschichteten Federwolken, so erscheinen sie
meistens vor Sonnenuntergang als hellgraue Streifen mit hellen Rändern, welche später goldgelb und darauf
feuerrot werden, während die Wolken im Innern dunkelblau oder, wenn sie die rote Erleuchtung der Rückseite durchscheinen
lassen, purpurrot aussehen. Je nach der tiefern oder höhern Lage dieser Wolken gewahrt man verschiedene Färbung; einige erscheinen
bereits dunkel feuerrot, während andre, scheinbar danebenstehende noch gelb sind.
Bei weißlichem, mattblauem Himmel besteht die in einem oft glänzenden, aber mehr oder weniger weißlichen
Gelb oder Graurot. Wenn nur ein matter gelber Glanz am Abendhimmel sichtbar ist, wird oberhalb desselben eine weißliche Färbung
beobachtet, die oft in ein mattes Grün übergeht. Die frühern Physiker suchten die Entstehung der Abendröte einfach durch die
Annahme zu erklären, daß die Luft von den Strahlen, in welche das weiße Sonnenlicht beim Durchgang durch ein dichteres Medium
sich teilt, vorzugsweise die blauen reflektiere, dagegen die gelben und roten vollständiger durchlasse.
Forbes gab zuerst eine bessere Erklärung der Erscheinung, indem er sie mit dem atmosphärischen Wasserdampf in Verbindung
brachte, und endlich hat Clausius im 76. Band
[* 16] von Poggendorffs »Annalen« die Entstehung der Abendröte sowie der blauen Färbung des
Himmels aus der Annahme erklärt, daß der atmosphärische Wasserdampf die Form von kleinen, kugelförmigen Nebelbläschen
und nicht von massiven Wasserkugeln besitzt. Die äußere Hülle dieser Wasserbläschen wirkt so wie ein
dünnes Blättchen, welches sowohl im reflektierten als auch im durchgehenden Licht
[* 17] Farben zeigt. Je dünner die Wasserschicht
der Nebelbläschen, desto reiner ist das Blau desHimmels.
Bei zunehmender Feuchtigkeit wird nicht nur die Dicke der Wasserschicht zunehmen, sondern es werden sich auch immer von neuem
Nebelbläschen bilden, so daß dann alle Zwischenstufen von einer bestimmten Grenze der Dicke an bis zu
den feinsten Bläschen herab gleichzeitig in der Luft schweben und die verschiedenen Farben hervorbringen, die sich zu einer
weißlichen Färbung vereinigen und das reine Blau desHimmels trüben. Wie in dem von den Nebelbläschen reflektierten Lichte
die blaue Farbe vorherrscht, wird im durchgehenden Lichte die dafür komplementäre Farbe, also Orange, vorherrschen,
und wenn die Sonne in der Nähe des Horizonts steht, also die Strahlen auf ihrem Weg sehr viele Nebelbläschen zu durchdringen
haben, wird die Orangefarbe ein bedeutendes Übergewicht
erhalten und die Erscheinung der Abendröte hervorrufen.
Ganz dasselbe Phänomen beobachtet man bekanntlich auch als Morgenröte, und wenn sich die Sonne nach und
nach über den Horizont hebt, wird die rötliche Färbung immer schwächer, bis sie schließlich in die weiße Farbe übergeht.
Wenn bei schönem blauen Himmel sich die Abendröte als ein sanftes Purpurn zeigt und wenige Federwolken am Horizont
rot gefärbt erscheinen, pflegt schönes Wetter
[* 18] zu folgen; eine weißlichgelbe oder sehr rote trübe Abendröte bei größtenteils
bedecktem Himmel wird ebenso wie ein starkes Morgenrot bei bedecktem Himmel als Vorbote von Regen angesehen. In den letzten Monaten
von 1883 und in den ersten Monaten von 1884 wurden ungewöhnlich lebhafte Morgen- und Abendröten beobachtet,
welche man mit vulkanischen Ausbrüchen, besonders mit denen in der Sundastraße in Verbindung gebracht hat.
Schulen, worin junge Leute, welche durch Arbeit abgehalten sind, die Schulen am Tag zu besuchen, in den
Abendstunden Nachhilfe zur Fortbildung erhalten. Als alleinige unterrichtliche Versorgung solcher Kinder, welche den Tag über
in Fabriken arbeiten, ist die Abendschule durch die veränderte Reichsgewerbeordnung vom (§
135, Absatz 2) ausgeschlossen. Dagegen tritt die Fortbildungsschule (s. d.) vorwiegend als Abendschule auf. Nur in einzelnen
Ländern (z. B. Baden:
[* 21] Gesetz vom ist die Benutzung der Abendstunden auch für diesen Zweck nicht gestattet.
Venus, wenn er nach Sonnenuntergang am Abendhimmel glänzt, während
er Morgenstern
[* 22] heißt, wenn er vor Sonnenaufgang am östlichen Himmel erscheint.
Außerdem ist der in den Hochgebirgen ein regelmäßig wiederkehrender Wind, welcher nach Sonnenuntergang
von den Höhen nach dem Thale längs den Bergabhängen weht.
(v. mittellat. adventura oder eventura,
daher auch Ebenteuer, ursprünglich in der Form âventiure in die Sprache
[* 31] des Mittelalters aufgenommen,
franz. Aventure), in den Rittergeschichten des Mittelalters ein den Charakter des Wunderbaren, Zauberhaften an sich tragendes
Ereignis, insbesondere Bezeichnung der aufgesuchten oder vom Zufall dargebotenen ritterlichen Zweikämpfe und sonstigen gefahrvollen
Unternehmungen. Da das Wort Abenteuer dann auch den Bericht bezeichnete, auf welchen sich die epische Erzählung
stützt, so entwickelte sich hieraus die Personifikation der FrauAventiure, eines weiblichen Wesens von wunderbarer Schönheit
und Macht, das sich mittels eines Ringes unsichtbar machen kann, als Freundin der streitbaren und minnefreudigen Jugend die
Länder durchwandert, die Ereignisse sowie die geheimen Triebfedern der menschlichen Handlungen beobachtet
und davon Kunde gibt und daher gewissermaßen die Muse der mittelalterlichen Dichter ist.
Außer stande, die Zügellosigkeit der Truppen zu bändigen, und persönlich gekränkt, trat er bald zurück. Unter dem Herzog
von York nach Nordholland gesandt, erzwang er die Landung der englischen und russischen Truppen, trug wesentlich zum Sieg bei
Alkmaar bei, und dem Umstand, daß York seinen Rat nicht gehört, schrieb man allgemein den unglücklichen Räumungsvertrag
zu. Im J. 1800 befehligte er die erfolglose Expedition gegen Cadiz,
[* 33] 1801 ging er mit 18,000 Mann gegen
die Franzosen nach Ägypten.
[* 34] Er erschien 2. März bei Abukir, konnte aber erst 28. März landen, wobei er denGeneralFriant zum Rückzug
nach Alexandria nötigte. Am 21. März erfocht er einen glänzenden Sieg über die Franzosen unter Menou, wurde jedoch tödlich verwundet
und starb 28. März. Seine Gebeine wurden in Malta beerdigt und sein Andenken durch ein Denkmal in der St.
Paulskirche zu London
[* 35] geehrt.
Vgl. »Lieutenant-generalSirRalph a memoir« (Edinb. 1861). -
Sein Sohn James, geb. kam 1807 für Medhurst ins Unterhaus, wo er sich den Whigs anschloß, ward 1834 Münzmeister
und Mitglied des ersten MinisteriumsMelbourne
[* 36] und Sprecher des Unterhauses, welches Amt er bis zum Mai 1839 bekleidete.
Bei Niederlegung desselben trat er, zum Baron von Dunfermline ernannt, ins Oberhaus. Er starb Sein Sohn Ralph, zweiter
LordDunfermline (geb. übte, von 1836 bis 1851 Gesandter in Turin,
[* 37] namentlich während des
Kriegs von 1848 und 1849 einen bedeutenden Einfluß aus. Im J. 1859 zog er sich zurück und starb kinderlos
(spr. ébberdehr), Stadt in Glamorganshire (Wales), am obern Cynon (Nebenfluß des Taff), mit Kohlen- und Eisengruben,
Eisenwerken und (1881) 33,804 Einw.
[* 38] (spr. ebberdihn), Hauptstadt der nach ihr genannten schott.
Grafschaft, liegt nördlich an der Mündung des Dee und besteht aus der schönen Neustadt,
[* 39] meist mit granitenen
Häusern, und der nördlich gelegenen Altstadt, die sich langgestreckt bis zum Don hinzieht. In letzterer liegen die Ruinen einer
Kathedrale. Die Bevölkerung
[* 40] (1881: 105,189) ist in raschem Wachstum begriffen. Aberdeen hat Leinen-, Baumwoll- und Wollfabriken, mechanische
Werkstätten und Gießereien, chemische, Seife-, Gummi- und Guttaperchafabriken, Schiffswerften und vor allem großartige Granit-
und Marmorschleifereien. Als Hafenstadt wird in Schottland nur von Glasgow
[* 41] und Greenock übertroffen, denn es besaß 1883: 206 Seeschiffe
mit 108,128 Ton. Gehalt und 508 Fischerboote, und 2514 Schiffe
[* 42] von 638,897 T. liefen ein. Die Ausfuhr belief
sich 1883 auf 73,393, die Einfuhr auf 853,078 Pfd. Sterl. Vorzügliche Hafenanlagen
und Eisenbahnverbindung fördern seinen Handel. Zur Ausfuhr kommen außer den industriellen Erzeugnissen
¶
Wegen ersterer Schrift verspottete Byron, der mit dem Vater Aberdeens verfeindet war, »den gereisten Than, den Athener, in seinem
Spottgedicht »Englische
[* 51] Barden und schottische Kritiker« ganz grundlos als Genossen des Tempelschänders
Elgin. Im J. 1806 ward Aberdeen zum schottischen Repräsentativpeer gewählt und hielt sich im Oberhaus zu den Tories; als Redner
trat er aber erst 1810 auf, als er die Antwortsadresse auf die Thronrede des Prinz-Regenten beantragte. Im J. 1813 erhielt
er von LordCastlereagh die Mission, Österreich
[* 52] für den Bund gegen Napoleon zu gewinnen.
Allmählich zeigte Aberdeen sich, wohl unter dem Einfluß Peels, liberalern Anschauungen zugänglich, machte
in dem schottischen Kirchenstreit dem Rechte derGemeinden Zugeständnisse, unterstützte die Aufhebung der Korngesetze und
die wirtschaftliche Reform und war so glücklich, den Streit mit der nordamerikanischen Union wegen des Oregongebiets zu schlichten.
Bald nach dem Abschluß des darauf bezüglichen Vertrags trat er mit dem ganzen Ministerium zurück
und lehnte auch das ihm von LordJohnRussell angebotene Portefeuille ab. Die auswärtige PolitikPalmerstons bekämpfte Aberdeen, schloß
sich aber den Tories nicht wieder an und wies auch einen ihm von Derby angebotenen Sitz in der Regierung
im Februar 1852 ab. Nach dessen Rücktritt stellte er sich im Dezember 1852 an die Spitze eines Koalitionsministeriums, dem
außer den hervorragendsten Mitgliedern der Mittelpartei LordJohnRussell, LordLansdowne, LordPalmerston und SirWilliamMolesworth
angehörten.
Unter dieser Verwaltung, die ihren Zweck, zwischen den Parteien zu vermitteln, nicht erreichte, »trieb England
(nach Aberdeens eignem Ausdruck) in den Krimkrieg hinein«, den derPremier gern vermieden hätte. Die laue Kriegführung und
die geringen Erfolge der britischen Waffen
[* 62] erregten die öffentliche Meinung lebhaft gegen Aberdeen, und wurde das Ministerium
durch einen AntragRoebucks gestürzt. Aberdeens öffentliche Wirksamkeit hatte damit ihr Ende erreicht.
Er starb in London. Aberdeen gehörte zu jener Klasse von Staatsmännern, welche bedeutend sind, ohne glänzend zu sein,
ohne Ehrgeiz Erfolge erringen, ohne Beredsamkeit berühmt werden. Auch als er sich schließlich ins Privatleben zurückgezogen
hatte, hörte sein Einfluß nicht auf. SeinVerhältnis zur Königin ward mehr das eines Lehrmeisters als
eines bloßen Ratgebers; sie blieb ihm stets dankbar, und noch nach seiner Entlassung erhielt er auf ihren besondern Wunsch
den Hosenbandorden.
(spr. ebberdihnschĭr),Grafschaft im nordöstlichen Schottland, an der Nordsee, umfaßt 5093 qkm (92,5
QM.) mit (1881) 267,990 Einw. Der
südwestliche Teil gehört den schottischen Hochlanden an und ist erfüllt von den nordöstlichen Verzweigungen
des Grampiangebirges, das hier im Ben Muich Dhui 1309 m Höhe erreicht, während der Nordosten der Grafschaft ein wellenförmiges
Hügelland bildet, das mit einer felsigen Küste endet. Die lachsreichen Hauptflüsse des reichbewässerten Landes sind: der
Dee, der die Landschaften Braemar und Mar bewässert;
landwirtschaftlichen Bezirks und hat (1881) 6941 Einw. Die alte Marienkirche, das
Irrenhaus und die Markthalle sind die einzigen bemerkenswerten Gebäude.
(Afterglaube, lat. Superstitio), die jenige Gestaltung des Glaubens an übernatürliche Vorgänge, welche
nicht oder nicht mehr dem herrschenden Glauben der Mehrheit entspricht oder über denselben hinausgeht. Vielfach handelt es
sich dabei um Phantasievorstellungen des Volks, die einer primitiven Kulturstufe überhaupt entsprechen, weshalb der Volksaberglaube
in den verschiedenen Weltteilen mannigfache Übereinstimmung zeigt, vielfach aber auch um sogen. Überlebsel aus einem ältern,
durch neuere Formen ersetzten Volksglauben, z. B. aus dem alten Heidentum oder auch nur aus einer frühern Epoche der noch
jetzt herrschenden Religionsform, wie z. B. der Hexenglaube.
Psychologisch betrachtet, ergibt sich als Urquell der meisten Aberglaubensformen das Personifikationsbestreben des menschlichen
Intellekts, welches allen ihm unerklärlichen Naturvorgängen ähnliche Ursachen unterlegt wie diejenigen, welche sein eignes
Thun und Handeln regieren, d. h. also einer Individualität, mit der man Verbindungen anknüpfen und unterhandeln kann.
Furcht und Eigennutz sind die beiden hauptsächlichsten Ursachen einer abergläubischen Disposition des Gemüts, indem durch sie
die Phantasie verleitet und der Verstand gefangen genommen wird.
Seinem Wesen nach ist der Aberglaube entweder theoretisch oder praktisch; jener besteht in der bloßen Vorstellung, dieser wirkt auf
den Willen und dadurch auf das Handeln. SeinenObjekten nach ist er religiöser oder physikalischer Aberglaube. Ersterer
bezieht sich auf die Geisterwelt und hegt von ihrer Beschaffenheit wie von ihrer Verbindung mit der sinnlichen WeltVorstellungen,
welche der Vernunft und Erfahrung widerstreiten; aus ihm entstehen Abgötterei, Theosophie, Werkheiligkeit, Reliquiendienst,
Glaube an die magische Kraft
[* 71] gewisser Zeremonien, durch welche die vorausgesetzten übernatürlichen Mächte
zu Hilfsleistungen bewogen werden sollen (s. Magie), und ein großer Teil des Gespensterglaubens.
Der physikalische Aberglaube bezieht sich auf das Wirken geheimer Zeichen und Naturkräfte und hat unter anderm die Astrologie,
[* 72] Chiromantie
und Zauberei hervorgebracht. Hierher gehört natürlich auch der Aberglaube an Wunderdoktoren, Amulette u. dgl.
Geschichtlich endlich unterscheidet man natürlichen und philosophischen oder gelehrten Aberglauben. Jener ist bei allen
rohen, ungebildeten Völkern heimisch, dieser wirft dem rohen Irrwahn ein wissenschaftliches Gewand um. Abergläubische Meinungen
sind oft harmlos, selbst nicht ohne poetischen Reiz, oft aber auch gefährlich.
Sie machen furchtsam, unduldsam, bisweilen fanatisch. Das sich erste Mittel dagegen ist ein guter Volksunterricht
durch Schulen und Schriften.
die aus einer dolosen, rechtswidrigen Handlung entspringende,
von dem beabsichtigten Zweck abweichende Folge einer Handlung, z. B. Verübung der Handlung an einem andern als dem beabsichtigten
Objekt;
nicht vorhergesehener rechtswidriger Erfolg einer strafbaren Handlung.
desLichts (Abirrung des Lichts). Die Achsem o s eines Fernrohrs AB (s. Figur) sei nach irgend einem Himmelskörper,
z. B. einem Fixstern, gerichtet, so werden sich die von dem Stern kommenden Lichtstrahlen in dem Punkt m zu einem Bilde des Sterns
vereinigen. Bewegt sich nun das Fernrohr
[* 75] parallel mit sich selbst in einer zu den einfallenden Lichtstrahlen senkrechten Richtungm' m und zwar so, daß es den Weg m' m zurücklegt in der Zeit, in welcher das Licht die Strecke o m durchläuft, so werden sich
die am Anfang dieser Zeit bei o eingedrungenen Lichtstrahlen, unbekümmert um die Bewegung des Fernrohrs,
zwar immer noch in dem nämlichen Punkt m des Raums vereinigen; aber an diese Stelle, welche am Anfang jener Zeit von dem Mittelpunkt
des Gesichtsfelds eingenommen war, wird im Augenblick der Vereinigung der Strahlen der seitlich gelegene Punkt m' des
Gesichtsfelds getreten sein.
Das Bild des Sterns wird demnach infolge der Bewegung des Fernrohrs an einer Stelle des Gesichtsfelds gesehen, an welcher bei
ruhendem FernrohrStrahlen, die in der Richtungs' o m' einfallen, sich vereinigen würden. Der Stern wird mithin vermöge dieser
sogen. Aberration, statt an seinem wahren Ort, in der Richtungm' o s' gesehen, und man muß, um sein Bild in die
Mitte des Gesichtsfelds zu bringen, die Achse des Fernrohrs, indem man dasselbe um den Winkel
[* 76] m o m' dreht, in diese Richtung
einstellen.
Jedes Fernrohr ist aber thatsächlich in Bewegung, indem es ja von der Erde bei ihrer Bewegung um die Sonne
mitgenommen wird. Es muß daher jeder Stern, dessen Strahlen die Erdbahn senkrecht treffen, in der Richtung der jeweiligen Bewegung
der Erde verschoben erscheinen, um einen Winkelm o m', dessen Größe bedingt ist durch das Verhältnis der Streckenm' m und o
m, welche die Erde einerseits und das Licht anderseits m der gleichen Zeit durchlaufen, d. h. durch das
Verhältnis der Geschwindigkeit der Erde zur Geschwindigkeit des Lichts. Dieser für alle Gestirne gleiche Aberrationswinkel ist
mit großer Sorgfalt gemessen worden und wird bei astronomischen Berechnungen jetzt gewöhnlich zu 20,445 Sek.
angenommen. Nach Nyrens neuesten Beobachtungen beträgt der Winkel¶
mehr
aber 20,492 Sek., und dieser Weg dürfte nicht um eine Hundertstelsekunde von dem wahren Wert
abweichen. Nun ist aber in einem rechtwinkeligen Dreieck
[* 78] m o m', dessen Winkel bei o 20½ Sek. beträgt, die Seite o m' 10,000mal
so groß als die Seite m m'; folglich muß auch die Geschwindigkeit des Lichts 10,000mal so groß sein als
die Geschwindigkeit der Erde in ihrer Bahn. Die Erde legt aber in jeder Sekunde 30 km zurück, folglich durcheilt das Licht in
derselben Zeit 300,000 km. Die Aberration der Fixsterne
[* 79] wurde zuerst von Bradley in den Jahren 1725-27 wahrgenommen, und derselbe
Astronom gab auch die richtige Erklärung der Erscheinung. Die Entdeckung der Aberration lieferte den ersten direkten
Beweis der Bewegung der Erde um die Sonne und bestätigte die von Römer ermittelte Geschwindigkeit des Lichts.
(spr. ebbersícken), Stadt im nordwestlichen Monmouthshire (England), halbwegs zwischen Pontypool und Blaenavon,
mit Kohlen- und Eisengruben, Eisenhütten und (1881) 13,496 Einw.
Stadt in der böhm. Bezirkshauptmannschaft Joachimsthal, am Fuß des Pleßbergs, mit (1880) 2149 Einw., welche
Blechlöffel, Striegeln, Spitzen und Handschuhe produzieren.
(spr. ebbrístith), Hafenstadt in Cardiganshire (Wales), an der Mündung des Rheidol, mit (1881) 7088 Einw.
Aberystwith ist Sitz des 1872 gegründeten University College von Wales, hat eine Lateinschule, einigen Küstenhandel und wird viel
als Seebad besucht.
In der Umgebend (Anmerkung des Editors: richtig: Umgebung oder Umgegend) Bleigruben und Hütten.
[* 85]
esseadpossevalet,a posse ad essenonvaletconsequentia (lat.), logische Regel: vom Sein kann man auf das Können,
d. h. von der Wirklichkeit auf die Möglichkeit, schließen, nicht aber von dem Können auf
das Sein, d. h. von der Möglichkeit auf die Wirklichkeit.
ein großes Reich im O. Nordafrikas,
im S. von den Gallaländern, im übrigen von zum ägyptischen Sudân gehörigen Landschaften begrenzt. Es umfaßt drei ehemals
selbständige Reiche: Tigré im N., mit der frühern Hauptstadt Adua (4000 Einw.) und dem alten, in Ruinen
liegenden Axum, Amhara, mit der frühern Hauptstadt Gondar (12,000, einst 60,000 Einw., mit 44 Kirchen) und der jetzigen Residenzstadt
Debra Tabor im O. des Tanasees, und Schoa im S., mit den verfallenden StädtenAnkober und Angolala, und hat ein Gesamtareal von
333,200
qkm (6058 QM.) und 3 Mill. Einw.
Aus den ringsum liegenden niedrigen Landschaften steigt das Land im N. und S. allmählich, im O. und W. aber unvermittelt
zu einem äußerst zerrissenen Alpenland von 2000-2300 m mittlerer Erhebung auf.
Das Innere ist eine Folge grasreicher, aber meist waldloser Plateaus, auf welchen sich zahlreiche isolierte, oft sehr grotesk
gestaltete Felsmassen. mit senkrecht abfallenden Wänden und von sehr verschiedener Größe erheben. Während
einzelne derselben nur mit Leitern erstiegen werden können, haben andre das Aussehen von Tafelbergen, sind auf der Gipfelfläche
wohlbewässert und mit üppiger Vegetation bedeckt, daher auch bewohnt und angebaut. Diese Felsmassen dienen der Bevölkerung
in ihren Kriegen gegen auswärtige Feinde und bei ihren innern Fehden als natürliche Festungen und werden
mit dem allgemeinen NamenAmba bezeichnet.
Außerdem sind die Hochebenen von mehreren ansehnlichen, nur teilweise voneinander getrennten Gebirgsketten durchzogen, unter
denen im nördlichen Teil des Landes besonders folgende bemerkenswert sind. Die eine zieht sich an der Nordgrenze von der
LandschaftSemién durch ganz Abessinien bis in die Nähe des Hawaschthals, wo sie noch bis zu 3500 m ansteigt, um sich dann gegen W.
in die Hochebene der Galla zu verflachen. Eine nach SW. gehende Abzweigung umfaßt im S. den großen Tanasee und endigt in dem
wenigstens 3600 m hohen Talba-Wahagebirge in den Landschaften Matscha und Godscham.
Dieser langen Gebirgskette gehören in Semién und Wogera an der Ras Daschan von etwa 4620 und der Buahit von 4510 m Höhe, deren
Gipfel einen großen Teil des Jahrs mit Schnee
[* 86] bedeckt sind. Südwestlich von Semién setzen sich die Gebirge in der 3000 m
hohen, gestaffelten Terrasse von Wogera fort, die sich allmählich nach SO. verflacht und kesselförmig das
große Becken des Tanasees umgibt. Ohne Unterbrechung ziehen die Gebirge nach SO. weiter durch das 4300 m hohe Gunagebirge bis
zum trennenden Thal des Beschilo.
Südlich von diesem ragt isoliert Abessiniens höchstes Gebirge, die Kollo, bis 4600 m empor. Auch die
südlichen LandschaftenKaffa und Enarea sind gebirgig und haben sogar mit ewigem Schnee bedeckte Gipfel aufzuweisen. Die Hochflächen
sind häufig von engen, manchmal sehr tiefen, schluchtenartigen Thälern durchfurcht, in denen die Flüsse
[* 87] des Landes ihren
Lauf nehmen. Wo breitere Einschnitte sind, besteht die Hochebene aus mehreren isolierten Plateaus mit steil
abstürzenden Wänden, so besonders im Hochland von Schoa.
Von dem niedrigen Küstenstrich, der Samhara, aus gesehen, gewährt den Anblick einer ragenden Burg, durch deren Wälle nur
wenige, oft treppenartige Pässe auf das eigentliche Hochland führen. Der frequenteste dieser Pässe ist der
am Tarantaberg, der von dem Hafenort Massaua
[* 88] nach dem Hochland führt, neben welchem wir im Innern Semiéns noch den in fast 3000 m
Höhe liegenden Selkipaß erwähnen, der bis in die Schneeregion reicht. Den nördlichen und westlichen, wahrscheinlich
auch den südlichen Abfall des Hochlands umzieht eine 6-7 Tagereisen breite, sumpfige, mit dichtem Urwald
bedeckte und von Elefanten, Raubtieren und Schlangen
[* 89] erfüllte, aber dünn bevölkerte Region, die sogen. Kola oder Kwola (d. h.
heißes Land). Von ganz andrer Beschaffenheit als das Hochland ist die Samhara, indem sich diese nur wenig über den Meeresspiegel
erhebt und ein heißes, wasser- und vegetationsloses, schwach bevölkertes Gebiet bildet, dessen Oberfläche
teils aus nacktem Fels, teils aus flüchtigen
¶