Alexanderzug,
s. Thorwaldsen.
6 Wörter, 60 Zeichen
Im Meyers Konversations-Lexikon, 1888
s. Thorwaldsen.
Im Brockhaus` Konversationslexikon, 1902-1910
s. Thorwaldsen.
Bertel (in Rom Alberto genannt), Bildhauer, geb. auf der See zwischen Island und Kopenhagen, wohin sich sein Vater, ein Isländer, begab, um sich seinen Lebensunterhalt durch Schnitzen von Figuren für Schiffsvorderteile zu erwerben. Thorwaldsen war schon als Knabe in demselben Beruf thätig. Vom elften Jahr an besuchte er die Kunstakademie, wo er mit Erfolg studierte und mehrere Preise gewann. Unter anderm hatte Thorwaldsen damals die Büste des Staatsministers Peter Andreas v. Bernstorff modelliert, welche er später (1798) zu Rom in Marmor ausführte. Dadurch wurde der
Staatsminister Graf Reventlow auf ihn aufmerksam und verschaffte ihm ein dreijähriges Reisestipendium. Im Mai 1796 verließ Thorwaldsen Kopenhagen zu Schiff, kam aber erst im Februar des folgenden Jahrs in Neapel und 8. März in Rom an. Hier ging ihm unter dem Anschauen der antiken Götter- und Heroenbilder das Verständnis für die klassische Kunstrichtung auf. Insbesondere gaben auch die Zeichnungen von Carstens und Zoega seinem Geiste die Richtung auf die ideale Schönheit der antiken Kunst. Im Sommer 1798 übersandte er von Rom aus der Kopenhagener Akademie sein erstes selbständiges Werk: Bakchos und Ariadne.
Gegen das Ende seines auf drei Jahre bestimmten Aufenthalts in Rom führte er noch einen das Goldene Vlies erobernden Iason aus, fand aber damit keinen Beifall und zerschlug ihn. Ein neuer Iason, in kolossaler Größe, fand zwar bei Zoega und Canova Anerkennung, hätte jedoch fast das Schicksal seines Vorgängers geteilt. Thorwaldsen wollte seine Rückreise nach Kopenhagen mit dem Bildhauer Hagemann aus Berlin antreten, ward jedoch durch eine Paßangelegenheit des letztern um einen Tag aufgehalten.
Gerade an demselben Tag besuchte der reiche Brite Sir Th. Hope Thorwaldsens Atelier und bestellte die Ausführung des Modells vom Iason, wodurch über Thorwaldsens fernern Aufenthalt in Rom und damit über seine Zukunft entschieden wurde. Verschiedene Umstände verzögerten die Vollendung der Arbeit bis 1828, wo Thorwaldsen das Werk zugleich mit mehreren Reliefs und Büsten als Geschenken des Künstlers an Hope nach England absendete. In das Frühjahr 1805 fällt die Ausführung von vier Statuen: Bakchos mit Thyrsos und Patera, Ganymed mit Jupiters Adler zu seinen Füßen, Apollon, mit Leier und Plektron an den Baumstamm gelehnt, und die berühmte Venus mit dem Apfel, nackt, mit dem Kleid über dem Baumstamm.
Letztere hat der Künstler später (1813-16) auch in Lebensgröße ausgeführt. Im Mai 1805 wurde Thorwaldsen zum Mitglied der Akademie in Kopenhagen und zum Ehrenmitglied der Akademie in Bologna ernannt. Von den Werken der nächstfolgenden Jahre sind die hervorragendsten: der Adonis (1810) in der Münchener Glyptothek;
das Relief: A genio lumen, die Kunst als sitzende weibliche Gestalt darstellend;
Hektor den Paris auffordernd, die Waffen zu ergreifen, und vier Reliefs: Amor als Löwenbändiger, Venus, aus der Muschel ins Licht der Welt tretend, Amor, von der Biene verwundet und vor seiner Mutter klagend, und Bacchus, welchen Merkur der Ino übergibt, sämtlich für den Fürsten Malte von Putbus.
Von Napoleon I. erhielt Thorwaldsen den Auftrag, für den Sommerpalast auf Monte Cavallo (Palazzo Quirinale) einen großen Fries auszuarbeiten. Thorwaldsen wählte den Triumphzug Alexanders d. Gr. in Babylon und vollendete das Werk im Juni 1812. Eine Ausführung in Marmor, die Napoleon I. für Paris bestellt hatte, wurde nach dem inzwischen erfolgten Sturz des Kaisers für die Villa des Grafen Sommariva (jetzt Villa Carlotta) am Comersee 1828 vollendet. Später hat Thorwaldsen den Triumphzug noch mehrere Male ausgeführt, unter anderm 1829 für das Schloß Christiansborg in Kopenhagen (s. Tafel »Bildhauerkunst VII«, [* ] Fig. 1 u. 2). Gestochen ist er am besten von Amsler (mit Beschreibung von L. Schorn, Münch. 1835, und mit Text von Lücke, Leipz. 1870). In Montenero, wohin sich Thorwaldsen wegen Unwohlseins begeben, führte er 1815 nach drei Monate langem schwermütigen Hinbrüten die beiden schönen Reliefs: Nacht und Morgen an Einem Tag aus.
In den Jahren 1817 und 1818 modellierte er unter anderm eine Statue des Ganymed, die Büste Lord Byrons, den berühmten Hirtenknaben mit dem Hunde, die Statue der Hoffnung (im Schloß Tegel bei Berlin), Merkur als Argustöter und ein Relief für die Kapelle im Palast Pitti: Christus mit seinen Jüngern am Meer bei Tiberias, dem Christus in Emmaus folgte. Seine damals ausgeführte Gruppe der Grazien zeigt im Gegensatz zu der berühmten des Canova die keusche Strenge der Antike. 1819 kehrte Thorwaldsen nach Kopenhagen zurück.
Seine ersten dortigen Arbeiten waren die Büsten des Königs und der Königin sowie mehrerer Prinzen und Prinzessinnen. Bedeutungsvoller sind die Werke für die Frauenkirche in Kopenhagen, welche er teils damals, teils später ausführte. Im August 1820 verließ er, zum Etatsrat ernannt, die dänische Hauptstadt und ging über Deutschland, Polen und Österreich nach Italien zurück. In Rom modellierte er zunächst die treffliche Porträtstatue des Fürsten Potocki (jetzt in der Kathedrale zu Warschau) und vollendete dann (1821) die Skizzen zu dem großen Bildercyklus der Frauenkirche.
Unter seiner Aufsicht führten seine Schüler die Statuen der Apostel und den aus 14 Statuen bestehenden Schmuck des Giebelfeldes: die Predigt des Johannes in der Wüste aus. Das nächste größere Werk, das Monument des Kopernikus, in Bronze gegossen, ward 1830 auf dem Universitätsplatz zu Warschau aufgestellt. Zu Thorwaldsens Hauptarbeiten der folgenden Jahre gehören: das Modell zur Reiterstatue des Fürsten Poniatowski, welche, in Bronze gegossen, 1830 zu Warschau enthüllt wurde, und die Büste und ein Relief für den Sarkophag des Kardinals Consalvi.
Obwohl Thorwaldsen Protestant war, wurde er ausersehen, dem Papst Pius VII. ein Denkmal zu setzen; dasselbe ward 1830 in Marmor vollendet und in der Kapelle Clementina der Peterskirche aufgestellt. Weitere Werke Thorwaldsens aus dieser Zeit sind: das Monument des Herzogs Eugen von Leuchtenberg in der St. Michaelskirche zu München und die Reiterstatue des Kurfürsten Maximilian I. von Bayern auf dem Wittelsbacher Platz daselbst, die Statue Gutenbergs für Mainz, welche 1837, und die Schillers für Stuttgart, die 1839 enthüllt ward. 1838 unternahm Thorwaldsen eine zweite Reise nach Dänemark und wurde mit großer Begeisterung empfangen.
Hier beschäftigte er sich vorzugsweise mit Werken, deren Motive der christlichen Religion entnommen sind. Meisterwerke dieser Richtung sind zwei große Reliefs, der Einzug Christi in Jerusalem und der Zug des Heilands nach Golgatha, beide in der Frauenkirche zu Kopenhagen. Damals modellierte er auch die Statue König Christians IV., die, in Erz gegossen, im Dom zu Roeskilde aufgestellt wurde, dann die Büsten Holbergs, Öhlenschlägers, Steffens' und sein eignes Bild in Lebensgröße. Im Mai 1841 kehrte er nach Rom zurück.
Dort vollendete er die Allegorien der sieben Wochentage in Genienfiguren, für den König von Württemberg die Reliefs der vier Jahreszeiten, der Hirtin mit den Liebesgöttern im Nest und Amors, wie er sich bei Venus über den Stich der Rose beklagt. Nachdem Thorwaldsen noch einen Cyklus von Bildern aus dem Leben des Heilands, als Fortsetzung der im Auftrag des Königs von Bayern begonnenen gleichartigen Arbeit, entworfen, kehrte er im Oktober 1842 nach Kopenhagen zurück. Hier beschäftigte ihn neben der Umarbeitung einiger früher gefertigter Modelle zur Ausschmückung des Schlosses Christiansborg vornehmlich der Plan zu einem Standbild Luthers, welches aber nicht zu stande kam. Aus seinem Atelier zu Rom ging in dieser Zeit die schon 1833 begonnene Statue Konradins von Schwaben in Marmor hervor, welche in der Kirche Santa Maria del
Carmine zu Neapel, wo Konradins Gebeine ruhen, aufgestellt ward. Thorwaldsen starb plötzlich in Kopenhagen während einer Vorstellung im Theater; sein Leichenbegängnis trug das Gepräge nationaler Trauer. Thorwaldsens Hauptgebiet war die Darstellung idealer, mythologischer Gestalten; er schuf die Antike gleichsam neu in sich in ihrer Wahrheit und Einfachheit, in ihrer Naivität und ihrem Humor. In dieser Beziehung hat er eine Zeitlang auf die Richtung der Kunst des 19. Jahrh. Einfluß geübt, besonders aber auf die Kunst und Kunstindustrie seines Vaterlandes, die noch heute seiner Richtung folgt.
Die Darstellung des Individuellen, Charakteristischen war ihm dagegen versagt, ebenso wie das Dramatische außerhalb seiner Begabung lag. Seine Bedeutung liegt in der Wiederbelebung der idyllischen Richtung der antiken Kunst. Thorwaldsen war nie verheiratet und hatte außer einer natürlichen Tochter keine Angehörigen. Zum Erben seines künstlerischen Nachlasses nebst einem Kapital von 75,000 Thaler hatte er seine Vaterstadt eingesetzt mit der Bedingung, daß ein eignes Gebäude zur Aufbewahrung desselben errichtet werde.
Dieses Thorwaldsen-Museum, nach Plänen des Architekten Bindesböll im italienischen Stil aufgeführt, wurde 1846 eröffnet und enthält (teils in Originalen, teils in Abgüssen) die sämtlichen Kunstwerke sowie die Kunstsammlungen des Meisters (darunter von seiner Hand 80 Statuen, drei lange Bilderreihen in erhabener Arbeit sowie zahlreiche andere Reliefs und 130 Büsten). In dem von den vier Flügeln des Gebäudes umschlossenen Mittelraum befindet sich sein schmuckloses Grab.
Einen Katalog des Museums veröffentlichte Müller (Kopenh. 1849-1851, 8 Tle.); eine Sammlung von Lithographien (120) sämtlicher Werke Thorwaldsens gab Holst im »Musée Thorwaldsen« (das. 1851). Denkmäler des Künstlers befinden sich im Garten des Palazzo Barberini zu Rom (nach Emil Wolff) und zu Reikjavik auf Island (seit 1875). Zu den bedeutendsten seiner Schüler gehören die Dänen Freund und Bissen, die Deutschen Emil Wolff, Schwanthaler, von der Launitz, die Italiener Tenerani, Bienaimé u. a.
Vgl. Thiele, Leben und Werke des dänischen Bildhauers B. Thorwaldsen (Leipz. 1832-34, 4 Bde. mit 160 Kupfertafeln);
Derselbe, Thorwaldsens Leben, nach eigenhändigen Aufzeichnungen (deutsch, das. 1852-56, 3 Bde.);
E. Plon, Thorwaldsen, sein Leben und seine Werke (a. d. Franz, Wien 1875);
Hammerich, u. seine Kunst (Gotha 1876).