die im
Haushalt und namentlich in der
Industrie abfließenden,
mit verschiedenen
Stoffen verunreinigten
Wässer.
Man rechnet in der
Hauswirtschaft bei Vorhandensein einer
Wasserleitung
[* 2] pro
Kopf und
Tag einen Verbrauch von etwa 50
Lit.
Wasser und kann annehmen, daß dasselbe, wenn es aus einer kleinern, nicht industriereichen Stadt, ohne mit
Exkrementen verunreinigt
zu sein, in einen größern
Fluß gelangt, eine Bedenken erregende Verunreinigung des letztern nicht hervorbringt.
Dagegen werden manche kleinere Wasserläufe namentlich durch Industrieabwässer in solcher
Weise verunreinigt, daß die öffentliche
Wohlfahrt ernstlich gefährdet erscheint.
GrößereStädte mit
Kanalisation können gar nicht daran denken,
das Kanalwasser, welches sämtliche
Exkremente und die Hauswässer, sowie die der
Fabriken aufgenommen hat, selbst in größere
Flüsse
[* 3] abzuleiten. In
England, wo diese Verunreinigung der öffentlichen Wasserläufe einen erschreckend hohen
Grad erreicht
hatte, ist ein
Gesetz erlassen worden, nach welchem jeder Fabrikant bestraft werden kann, welcher
Wasser
von bestimmter
Qualität in einen
Fluß leitet.
Enthalten die Abwässer nur mineralische
Substanzen, wie z. B. in der Metallwarenindustrie, bei
Paraffin-,
Mineralöl- und Stearinfabriken,
so ist es in der
Regel leicht, sie unschädlich zu machen. Besondere
Aufmerksamkeit verdienen die arsenhaltigenAbwässer, die
durch Vermischen mit
Eisen- und
Mangansalzen und
Fällen mit
Kalkmilch unschädlich gemacht werden können. Seifenwässer der
Tuchfabriken versetzt man mit
Säuren, um aus der
Seifefette Säuren abzuscheiden, welche gesammelt und in verschiedener
Weise
verwendet werden können, oder man mischt die Abwässer mit
Kalk, sammelt die abgeschiedene unlösliche Kalkseife
und verarbeitet diese auf
Leuchtgas
[* 4] oder scheidet daraus die fetten
Säuren ab. Weitaus am bedenklichsten sind die Abwässer, welche
fäulnisfähige
Substanzen enthalten. In diesen
Wässern entwickeln sich
Algen
[* 5] und
Pilze,
[* 6] welche oft ganze Wasserläufe erfüllen
und zum Teil reduzierend auf
Schwefelsäuresalze wirken,
Schwefelwasserstoff entwickeln und dadurch die
Fische
[* 7] töten und
die
Luft verunreinigen.
Vor allem aber erscheinen solche
Wässer als
Herde für die
Entwickelung von Krankheitserregern, und man hat sich daher vielfach
um ihre
Reinigung bemüht. Leider sind die Erfolge bis jetzt gering. Man erreicht durch Zusatz von
Chemikalien (besonders schwefelsaurer
Thonerde und
Kalk) eine vollständige Klärung, auch eine Abscheidung mancher gelöster
Stoffe, und wenn
die geklärten
Flüssigkeit sofort in einen großen
Fluß geleitet werden kann, so sind die hauptsächlichsten
Gefahren beseitigt.
Dabei geht aber das in den
Abwässern enthaltene
Ammoniak vollständig verloren, und die erhaltenen
Niederschläge, welche etwa 62 Proz.
organische
Substanzen enthalten, sind stark fäulnisfähig, schwer zu behandeln und haben unbedeutenden
Wert für
Landwirtschaft und
Industrie. Auch das geklärte
Wasser bleibt noch fäulnisfähig, weil es noch mehr als die Hälfte
des in Form organischer
Substanzen vorhanden gewesenen
Stickstoffs enthält.
Besonders ausgebildet zur
Reinigung von
Abwässern, welche fäulnisfähige
Substanzen enthalten, ist Sillars
ABC-Prozeß, so
genannt nach den dabei zur Verwendung kommenden
Substanzen:
Alum (schwefelsaure
Thonerde), Blood
(Blut) und
Clay
(Lehm). Man versetzt die Abwässer sofort mit
Blut,
Holzkohle und
Lehm, fügt dann schwefelsaure
Thonerde, eventuell
Kalk hinzu und
läßt absetzen. Der Bodensatz wird gepreßt und getrocknet, das klare
Wasser in den
Flu߶
mehr
geleitet. Die Süvernsche Masse besteht aus 100 Teilen Kalk, 8 Teilen Teer, 33 Teilen Chlormagnesium, mit Wasser auf 1000 Teile
gebracht. Diese Masse reinigt das 100fache Gewicht Kanalwasser, der Niederschlag setzt sich bald ab, die Fäulnis des geklärten
Wassers wird aber nur so lange aufgehalten, als noch Ätzkalk darin enthalten ist. Sobald dieser durch
die Kohlensäure der Luft als kohlensaurer Kalk ausgeschieden ist, entwickeln sich wieder Fäulnisorganismen.
Viel günstiger als die chemische Reinigung gestaltet sich die Filtration durch Sand, wobei die Flüssigkeit in kurzen Zwischenräumen
aufgegeben wird, damit sie innerhalb des Filtriermaterials mit Luft in Berührung kommt. Unter diesen
Umständen werden die organischen Stoffe zu Kohlensäure, Wasser und Salpetersäure oxydiert, und die Reinigung ist vollständig,
wenn in 24 Stunden nicht mehr als 33 Lit. Flüssigkeit für 1 cbm Filtriermaterial aufgegeben wird.
Zur Ausführung des Verfahrens muß man den zum Filtrieren
[* 10] bestimmten Boden in 2 m Tiefe gut drainieren,
die Oberfläche ebnen und in vier Teile teilen, von denen einer nach dem andern die Abwässer sechs Stunden aufnimmt. Da bei diesem
Verfahren aber der ganze Dungwert verloren geht, der Boden vielleicht auch, weil er keine Vegetation zu tragen im stande ist,
üble Gerüche entwickelt, so ist dasselbe höchstens für einzelne Fabriken zu empfehlen; im übrigen
aber leistet die landwirtschaftliche Verwertung des Kanalwassers, die Berieselung von Kulturflächen, entschieden viel mehr.
Die größten Schwierigkeiten und Mißstände bereiten die der Zuckerfabriken. Eine Fabrik, welche täglich 4000 Ztr. Rüben
verarbeitet, liefert in ihren Abwässern so viel organische Substanz, wie in den Abwässern einer Stadt
von 50,000 Einw. enthalten ist. Diese Abwässer garen ungemein leicht, verbreiten die
widerlichsten Gerüche und verschlämmen kleinere Bäche vollständig. Von den zahlreichen zur Reinigung dieser Abwässer angewandten
Methoden verdient die von Bodenbender besondere Beachtung. Er sucht die Bildung von Buttersäure und Milchsäure
im Betrieb der Fabrik möglichst zu vermeiden, scheidet durch Absetzenlassen und Filtrieren alle festen organischen Stoffe ab,
setzt so viel Kalk zu, daß die Flüssigkeit noch sehr wenig Ätzkalk gelöst enthält, und pumpt sie nun auf ein Gradierwerk,
auf welchem der in den Abwässern enthaltene Zucker
[* 11] schnell oxydiert wird, während buttersaurer und milchsaurer
Kalk der Oxydation viel energischer widerstehen.
Das gereinigte Wasser kann einem Bach übergeben werden, wenn derselbe auch nicht mehr als das Fünffache des Abwassers mit
sich führt. Unter geeigneten Verhältnissen erweist sich auch Berieselung sehr wirksam, doch erfordert dieselbe sehr ausgedehnte
Flächen. Müller sammelt die an Kohlehydraten reichen in Bassins, bringt sie
auf 25-40° und steigert ihren
Stickstoffgehalt durch Zusatz von Fleisch, Blut, Kleber, Exkrementen etc. auf 1 Proz. der organischen Substanz des Wassers.
Unter diesen Verhältnissen entwickeln sich die fermentartig wirkenden Organismen sehr lebhaft, und die Zersetzung der gärungs-
und fäulnisfähigen Substanzen erfolgt in sehr kurzer Zeit. Dabei sich entwickelnde lästige Dämpfe und
Gase
[* 12] entweichen durch Drainröhren ins Feld. Das hinreichend zersetzte Wasser wird unter Zutritt von Luft durch Koksstaub, Kohle,
Sand oder gewachsenen Boden filtriert und liefert ein sehr reines Drainwasser, während der auf den Filtern und in den Bassins
abgelagerte Schlamm, frisch oder kompostiert, einen wertvollen Dünger darstellt.
Vgl. Fischer, Die Verwertung
der städtischen und Industrieabfallstoffe (Braunschw. 1875);
Derselbe, Die menschlichen Abfallstoffe (das. 1881);
Possart,
Die Verwertung des Abfallwasser aus den Tuchfabriken, Spinnereien etc. (Berl.
1879).
(Stadtlauge). Die aus Haushaltungen stammenden Abwässer (Hauswässer) besitzen,
sobald das von Straßen und Plätzen abfließende Meteorwasser mit
¶
mehr
ihnen sich mischt, in Bezug auf ihren Gehalt an schwebenden und gelösten fäulnisfähigen Stoffen eine sehr übereinstimmende
Zusammensetzung, gleichviel ob ihnen die festen Exkremente aus Wasserklosetten beigemischt sind (Tabelle I) oder nicht (Tabelle
II). Für landwirtschaftliche Zwecke soll sich das Wertverhältnis
der Abwässer aus Städten mit Abfuhrsystem zu demjenigen aus Städten mit Wasserklosetten etwa wie 10:12 stellen. Jedenfalls macht
die getrennte Beseitigung der Exkremente die übrigen Abwässer nur unwesentlich weniger fäulnisfähig, wenn auch diesem Satz nicht
für alle Fälle absolute Geltung beizumessen ist. Die Zusammensetzung der Abwässer schwankt mit den Jahreszeiten
[* 14] vermöge des Wechsels im Wasserverbrauch für Haushaltungszwecke sowie der Ungleichheit der atmosphärischen Niederschläge.
Ebenso zeigen sich Schwankungen entsprechend den Lebensgewohnheiten an den Wochentagen und in den Tagesstunden. Für die Menge
der Hauswässer ist der erfahrungsmäßige Verbrauch an Reinwasser pro Kopf und Tag maßgebend. Dieser schwankt zwischen 10 und 200 Lit.
pro Tag, d. h. 3,65 u. 73 cbm pro Kopf und Jahr. Davon gehen etwa 10 Proz. infolge von Verdunstung ab, während
die menschlichen Auswurfstoffe hinzukommen, so daß sich pro Kopf und Jahr etwa 3,78-74,1 cbm ergeben.
Dazu kommt nun der Anteil der atmosphärischen Niederschläge, welcher von Straßen und Plätzen abfließt.
Man wird denselben auf 50-75 Proz. der gesamten Niederschläge berechnen können, d. h. auf (0,5-0,75)*hF/1000 cbm, wenn die
Jahresniederschlagshöhe für den betreffenden Ort in Millimetern und F die Sammelfläche in Quadratmetern bezeichnet. Bei
der Kostspieligkeit der Reinigung der Abwässer, und da bei heftigen Regengüssen kurze Zeit nach dem Beginn derselben der
größte Teil der Unreinigkeiten von den Straßen fortgeschwemmt ist, so pflegt man
den zuletzt abfließenden Teil stärkerer
Niederschlage ohne weiteres in den Flußlauf zu leiten. Je besser das Pflaster der Straßen ist, je sorgfältiger es rein gehalten
wird, und je stärker das Gefälle ist, um so größer darf dieser Teil sein. In Berlin
[* 15] bemißt man denselben
zu fünf Sechstel der ganzen Regenmenge.
Nach den verschiedenen Reinigungsmethoden erreicht man vor allem eine Entfernung der ungelösten Schwebestoffe, also eine
Klärung, viel weniger eine Beseitigung der gelösten fäulnisfähigen Substanzen. Den größten Erfolg erreicht man durch
Bodenberieselung, welcher die Filtration am nächsten steht, wahrend die chemische Reinigung bisher nicht
völlig befriedigende Resultate ergeben hat. Klares Aussehen und Abwesenheit von Bakterien bieten keinen Beweis für ausreichende
Reinigung.
Man erreicht ersteres sehr leicht z.B. durch überschüssigen Kalk als Fällungsmittel. Sobald aber der Kalk beseitigt wird
(nach dem Einlassen des Wassers in den Fluß wird dieser Kalk durch den im Flußwasser enthaltenen doppeltkohlensauren
Kalk gefällt), unterliegen die noch im Wasser vorhandenen organischen Stoffe sehr bald der Fäulnis. Diesem Übelstand wird
am besten entgegenzuwirken sein, wenn man das gereinigte Wasser auf irgend eine Weise in möglichst innige Berührung mit Luftsauerstoff
bringt.
Zur Filtration benutzt man Sand, Kies, Steine, Koks und Torfmüll. Bei der aufsteigenden Filtration kommt
der Sauerstoff der Luft sehr wenig zur Geltung, und dieüberdies wenig ökonomische Methode ist daher jetzt kaum noch im Gebrauch.
Bei absteigender Filtration reißt das Wasser beständig kleine Luftmengen mit sich, und sobald man das Filter leer laufen
läßt, findet gründliche Durchlüftung statt. Bei seitlicher Durchdringung des Filtermaterials (Torfmüll)
wird das Filter zunächst überstaut, so daß beim Sinken des Wasserspiegels relativ große Flächenteile desselben für die
Luft zugänglich werden und die Oxydation ziemlich energisch verläuft.
Quantitative und qualitative Leistung der Filter wechseln mit dem Filtermaterial und können bei sorgfältiger Betriebsweise
und hinreichender Größe der Filter erheblich gesteigert werden, immerhin erreicht man durch Rieselung
ungleich bessere Resultate. Hierbei findet schnelle Ablagerung der Schwebestoffe statt, die gelösten organischen Stoffe werden
zum Teil vom Boden absorbiert und vom Sauerstoff der Bodenluft und des Wassers oxydiert, während auch anorganische Stoffe absorbiert
und von den Pflanzen aufgenommen werden.
Voraussetzung so günstiger Wirkung sind Eignung des Bodens, ausreichende Größe der Malfelder und angemessene Verteilung der
Abwässer auf dem Rieselfeld der Zeit nach. Der Boden muß hauptsächlich durchlässig sein (eventuell zu drainieren), 1 Hektar kann
etwa 15,000 cdm Abwässer aufnehmen und ausreichend reinigen, wenn das Wasser in 10-12 Teile zerlegt wird, die
in der Jahreszeit und der Witterung entsprechenden Zeitabschnitten zugeführt werden müssen. Für Zeiten strengen Frostes, wenn
wegen derBestellungsweise der Felder, etwa mit Wintersaat, ein Teil der Abwässer keine Verteilung auf den Feldern finden kann, legt
man Einstaubassins an, große, wenig tiefe Teiche, in denen die Abwässer versinken und ihre Schlammteile auf
der Oberfläche zurücklassen. Diese Flächen werden im Frühjahr nach der Abtrocknung in gewöhnlicher Weise bestellt. Da
im übrigen die Abwässer mit ziemlich hoher Temperatur auf den Feldern ankommen, so erfährt der Rieselbetrieb erst durch scharfen
und anhaltenden Frost ein Hemmnis. Bei der
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Anwendung chemischer Reinigungsmittel kommt innige Mischung derselben mit dem Abwasser und die Reihenfolge, in der die Zuschläge
beigemengt werden, hauptsächlich in Betracht. Nach der Mischung kommen die in Behältern entweder zum Stillstand, oder sie
werden so langsam fortbewegt, daß sich die Niederschläge ungehindert absetzen können. Vereinzelt werden die gereinigten
Wässer nach dem Abziehen von den Niederschlägen auf Wiesen oder Äcker geleitet, um sie noch weiter zu reinigen.
Ein wunder Punkt aller chemischen Reinigungsverfahren ist die große Menge der Niederschläge, deren Lagerung, Behandlung und
Fortschaffung große Schwierigkeiten bereitet, 1 cbm Abwässer liefert etwa 0,75-1,5 kg Schlamm, welcher
zu 30 Proz. und mehr von den Zuschlägen herrührt, also auch verminderten Düngerwert besitzt. Wenn dieser
Schlamm nicht rasch Abnahme findet, so können ernste Unzuträglichkeiten, mindestens große Belästigungen für die Gesundheit
der benachbarten Bewohnerschaft entstehen.
Die Klärbeckenanlage in Frankfurt
[* 17] a. M. für 18,000 cbm Abwässer pro Tag besitzt vier gemauerte überwölbte Becken, welche die
in sechs Stunden durchlaufen. Die Wässer gelangen aus den Zuleitungskanälen nacheinander in mehrere Kammern, in denen durch
Netze die gröbern Schwebestoffe aufgefangen und die Zuschläge (schwefelsaure Thonerde und Kalk) nacheinander gegeben werden.
Vor den Becken liegt eine sogen. Galerie, in welcher schwere Stoffe sich absetzen, und aus welcher die Wässer,
in flacher Schicht über Wehrrücken fallend, mit Wechselbetrieb in die Klärbecken gelangen. In derselben Weise fallen die
geklärten in eine Galerie vor dem untern Ende der Becken und fließen von hier aus in den Main ab. Der flüssigere Schlamm
fließt aus den Becken in einen tief liegenden Kanal
[* 18] und wird aus diesem durch eine Schlammpumpe gehoben.
Schräg gestellte Tafeln leisten dem Aufsteigen von Schwebestoffen Widerstand und befördern mithin das Absetzen. Wenn nötig,
passieren die Abwässer noch einen zweiten Brunnen und gelangen dann in den Fluß. Durch eine Pumpe
[* 22] werden die
Niederschläge aus dem Brunnen entfernt, ohne den Betrieb zu stören. Die Regelung der Zuschlagsmengen, entsprechend den Abwässermengen,
erfolgt durch einen selbstthätig wirkenden Apparat. Prinzipiell stimmt mit diesem Verfahren dasjenige von Rückner-Rothe (Essen,
[* 23] Braunschweig)
[* 24] überein, nur werden hier die Abwässer durch Luftverdünnung in einen Heberkessel
gesaugt, der mit seinem untern Rand in den Brunnen eintaucht. In die obere Wölbung des Heberkessels mündet ein Rohr, welches
zu einer Luftpumpe
[* 25] führt.
Ein aus Latten hergestellter kegelförmiger Körper hängt im Brunnen unter dem Kessel und bedeckt sich bald mit
niederfallenden Schlammteilen, so daß er aufsteigende Schwebestoffe am weitern Steigen hindert. Die Anwendung des Kessels
gestattet, an Tiefe der Brunnen zu sparen, und ermöglicht eine sehr genaue Regelung der Wassergeschwindigkeit, entsprechend
dem Verunreinigungszustand der Abwässer. Der Zufluß der Zuschläge
(dieselben wie beim Müller-NahnsenschenVerfahren) erfolgt auch
hier durch einen selbstthätig wirkenden Apparat.
entstammen den Haushaltungen und der Straßenreinigung
[* 27] in Stadt und Land, den häuslichen Gewerben und den
mechanischen Industrien, der Montanindustrie und den landwirtschaftlichen und chemischen Gewerben. Sie besitzen dieser Abstammung
entsprechend ungemein verschiedenartige Zusammensetzung und Beschaffenheit, indes kommt es vor, daß Abwässer aus
verschiedenen Gruppen ganz ähnliche physiologische, physikalische und chemische Eigenschaften besitzen, so daß man bei der
Beurteilung der Behandlungsweise, welcher sie zu unterwerfen sind, um eine schädliche Verunreinigung der natürlichen Wasserläufe
durch dieselben zu verhüten, die Abwässer nicht nach ihrem Ursprung, sondern nach ihren Eigenschaften in Gruppen
sondern muß.
1) Abwässer mit stickstoffhaltigen organischen Verunreinigungen, welche fäulnisfähig sind und das Vorkommen
von Infektionsstoffen begünstigen;
2) Abwässer mit Stoffen, welche den Gebrauch des Flußwassers, in welches sie abgelassen werden, zum Trinken, zum Hausgebrauch, in der
Landwirtschaft oder in der Industrie beschränken oder die Fischzucht gefährden. Diese Gruppe enthält auch
jene wenigen Abwässer, welche direkt giftige Stoffe enthalten, sie sind aber im allgemeinen von sehr verschiedenartiger Beschaffenheit
und erfordern besondere Behandlung, je nachdem die Bestandteile ungelöst in der Schwebe erhalten werden oder in dem Wasser
gelöst sind.
Bei der Vielgestaltigkeit der schädlichen Wirkungen der in den Abwässern enthaltenen Substanzen auf Menschen,
Tiere und Pflanzen entweder direkt oder mittelbar durch Veränderung der Oberfläche der Erde oder der Flußbetten oder durch
Beschränkung der Brauchbarkeit des dadurch verunreinigten Wassers für viele Zwecke haben die Gesetzgebungen der verschiedenen
Länder sich bemüht, gewisse Kategorien zu schaffen, welche sich den nach den örtlichen Verhältnissen
verschiedenen Arten der schädlichen Wirkungen anpassen sollen.
Die in den einzelnen Ländern aufgestellten Kategorien decken sich aber nicht, ja, wo aufeinanderfolgende Gesetzgebungen desselben
Landes vorliegen, läßt sich eine Entwickelung der Anschauungen, nach welchen dieselben aufgestellt wurden, erkennen. Die von der
englischen Gesetzgebung gestellten Anforderungen beziehen sich auf so kleine Flüsse, daß deren gesamtes
Wasser, den Bedürfnissen der Industrie entsprechend, mehr oder weniger vollständig in Abwässer umgewandelt wird, und sind deshalb
so überaus streng, daß sie unmittelbar zur gewohnheitsmäßigen Verletzung des Gesetzes auffordern.
Sollten manche Vorschriften des englischen Flußgesetzes auch nur annähernd erfüllt werden, so würden
vielleicht manche Zweige der englischen Industrie zu Grunde gehen müssen. Der Verein zur Wahrung der Interessen der chemischen
IndustrieDeutschlands
[* 28] faßte daher in der Sitzung vom die Resolution: Eine Feststellung von Grenzwerten des Gehalts
an schädlichen Bestandteilen der Abwässer beim Eintritt in die Flußläufe ist nicht durchführbar, weil solche
Grenzwerte jeweilig den besondern Verhältnissen des einzelnen Falles anzupassen sind.
Die Industrie erkennt im übrigen grundsätzlich
ihre Verpflichtung an, nach Maßgabe der durch Wissenschaft und Praxis gegebenen Mittel Belästigungen durch Abwässer nach Möglichkeit
zu vermeiden oder zu mindern. Gleichzeitig aber ist eine Abwägung der Interessen geboten, um bei entgegenstehenden
und nicht zu versöhnenden Interessen das größere wirtschaftliche Interesse zu schützen.
Die Reinigung der Abwässer mit stickstoffhaltigen organischen Verunreinigungen geschieht nach zwei verschiedenen
Gesichtspunkten: Alle Abwässer, welche als infektionsverdächtig im Sinne der Sanitätspolizei und der Veterinärgesetzgebung zu betrachten
sind, müssen desinfiziert werden. Eine Verwertung nach vollzogener Desinfektion
[* 29] kommt gar nicht in Betracht.
Alle nicht infektionsverdächtigen Abwässer können verschiedenen Behandlungsweisen unterworfen werden, einerseits
um die Verunreinigung der Gewässer zu verhüten, anderseits um dieselben für Dungzwecke zu verwerten.
Bei den Abwässern der ersten Gruppe handelt es sich um Befreiung von Bakterien, und es ist nicht zu übersehen,
daß hierbei neben etwa vorhandenen pathogenen Bakterien auch nitrifizierende Bakterien getötet werden, welche die Selbstreinigung
der Gewässer bewirken. Die Fäulniskeime, welche eine Stadt mit ihren Auswurfsstoffen einem Flusse überliefert, bewirken
zum guten Teil auch wieder die Reinigung des Flusses. Die Reinigungsmethoden dieser Abwässer sind im allgemeinen diejenigen der Stadtlauge
(s. Abwässer, Bd.
17). Die Abwässer mit suspendierten ungelösten Bestandteilen reinigt man meist mit Hilfe von Klärteichen, auch ist die Anwendung
der Elektrizität
[* 30] mehrfach empfohlen worden. Abwässer mit vorwiegend mineralischen gelösten Substanzen können nur chemisch gereinigt
werden, doch werden sie bisweilen auch nur bis zum Verschwinden jeder schädlichen Wirkung verdünnt. Manche
der hier benutzten Reinigungsverfahren stellen sich als selbständige industrielle Prozesse dar, zu deren Ausführung die
Fabrikanten nicht durch hygienische Rücksichten, sondern durch die Konkurrenz gezwungen werden. Die Prozesse liefern dann
wieder Abwässer, welche aber minder schädlich sind als die ursprünglichen.
Man kann annehmen, daß die Verunreinigungen der Flüsse durch Abwässer im allgemeinen unter sonst gleichen
Verhältnissen bei großen Wassermengen weniger fühlbar sind als bei kleinern. Im einzelnen trifft dies nicht überall zu.
Faulige Effluvien können im Sommer bei Hochwasser mehr schaden als im Winter bei niedrigem Wasserstand. Auch verschlammen große
Wasserläufe mit sehr langsamer Strömung leichter als kleinere, schnell fließende Gewässer. Für die
Größe der zulässigen Verunreinigung der Flüsse lassen sich kaum allgemeine Regeln aufstellen; sie richtet sich vielmehr
wesentlich nach zeitlichen wie nach örtlichen Verhältnissen.
Denn die meisten an sich schädlichen Stoffe wirken nur von einer bestimmten Konzentration an und auch dann noch verschieden
bei den verschiedenen Pflanzen und Tieren und je nach der Temperatur. Wieweit die Verdünnung oder Reinigung
der Abwässer zu treiben ist, ehe sie in einen Fluß abgelassen werden, kann nur nach Erwägung aller dabei mitsprechenden örtlichen
Verhältnisse festgestellt werden. Denn wenn an einem Orte die Industrie zunimmt, so kann man derselben nicht allein die Schuld
an der steigenden Verunreinigung des Wassers zuschreiben, weil dann ja auch eine Vermehrung der menschlichen Haushaltungen
eintritt und deren Abwässer ebenfalls in den Fluß gelangen. Wenn eine Häufung von industriellen Anlagen an einem kleinen Flusse
stattfindet, so daß das
¶
mehr
Wasser desselben auf lange Strecken unbrauchbar für andre Gewerbe und die Landwirtschaft wird, wenn die Selbstreinigung des Flusses
keine genügende Abhilfe schafft und sich Schlamm in dem Flußbett und am Ufer absetzt, so müssen nach Vorschlag der ChemnitzerHandels- undGewerbekammer besondere Schlammfänge mit oder ohne künstlichen Niederschlagsmitteln eingerichtet werden.
Der Hauptzweck derartiger Einrichtungen würde darin liegen, die Abwässer im Gemisch mit dem Flußwasser und den
regelmäßigen meteorischen Niederschlagen in eine Verdünnung zu bringen, welche die Selbstreinigung durch das vegetabilische
und animalische Leben ermöglicht und befördert. Die Kosten für solche Einrichtungen würden zunächst vom Staate zu tragen
und später je nach den voraussichtlich guten Erfolgen auf die industriellen Betriebe der ganzen Strecke
zu verteilen sein.
Vergleicht man die Sterblichkeit in den einzelnen ProvinzenPreußens,
[* 32] so ergibt sich, daß, abgesehen von Schleswig-Holstein,
[* 33] welches seinen ausgezeichneten Gesundheitszustand offenbar dem Seeklima und dem kräftigen Menschenschlag verdankt, gerade
die industriereichsten Landesteile die günstigsten Sterblichkeitsverhältnisse aufweisen. Offenbar ist
dies eine Folge des durch die Industrie verbreiteten Wohlstandes und der dadurch veranlaßten Gewöhnung an bessere Lebenshaltung.
Durch eine große Reihe von Untersuchungen hat sich herausgestellt, daß, wo immer die Ursache der Entstehung von epidemischen
Krankheiten oder erhöhter Sterblichkeit schlechtem Wasser zugeschrieben werden muß, dasselbe durch stickstoffhaltige
organische Substanzen und die in ihnen lebenden gesundheitsschädlichen Bakterien verunreinigt ist, ferner daß eine wirkliche
Schädigung der Gesundheit der Flußanwohner durch die von Fabriken oder gar die Entstehung von epidemischen Krankheiten durch
dieselben bisher noch nicht nachgewiesen ist.
Die sorgfältigen Erhebungen der englischen Flußverunreinigungskommission haben es nicht ermöglicht, darüber
zu entscheiden, ob der verunreinigte Fluß auch die Ursache von Krankheiten sei. Das sächsische Landesmedizinalkollegium und
die TechnischeDeputation des Ministeriums des Innern in Dresden
[* 34] faßten die Ergebnisse eingehender Untersuchungen bis 1885 dahin
zusammen, daß die Entstehung bestimmter Krankheiten aus der Flußverunreinigung durch Fabrikabwässer nirgends nachzuweisen,
daß aber ein nachteiliger Einfluß auf den allgemeinen Gesundheitszustand an solchen Orten, wo das Übel
einen ungewöhnlich hohen Grad erreicht hat, nicht unwahrscheinlich ist. Auch die preußische Wissenschaftliche Deputation
für das Medizinalwesen erklärte 1888, daß trotz des unzweifelhaften Vorhandenseins einer großen Menge faulender Stoffe in der
Wupper ein direkter Einfluß auf die allgemeine Sterblichkeit und auf die Häufigkeit von Infektionskrankheiten
nicht nachgewiesen ist.
Vgl. Jurisch, Die Verunreinigung der Gewässer (Berl. 1890).
Abflußwässer. In den deutschen Städten werden im Durchschnitt täglich 100 l Wasser pro Kopf der Bevölkerung
[* 37] gebraucht, dessen größte Menge in verunreinigtem Zustande dem nächsten öffentlichen Wasserlaufe zufließt. Hierzu kommt
noch die bedeutende Menge des in der Industrie verwendeten Wassers, das nicht selten mit Giftstoffen beladen
als den Wasserläufen zugeführt wird. Die öffentlichen Gewässer werden dadurch oft, namentlich in der Nähe stark bevölkerter,
industriereicher Städte, in große gesundheitsgefährliche Kloaken verwandelt.
Handelt es sich nur um eine mechan. Verunreinigung des Wassers, so ist kein Nachteil zu befürchten,
da die unlöslichen Stoffe sich rasch abscheiden; in den bei weitem meisten Fällen tritt aber zugleich
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mehr
eine chem. Verunreinigung des Wassers ein, indem Stoffe gelöst werden, die entweder direkt schädliche Einflüsse ausüben
oder durch ihre Anwesenheit Fäulniserscheinungen veranlassen und damit das Wasser verderben. Mit Recht kann man im Interesse
des Gemeinwohls an die Industrie die Anforderung stellen, daß die Entleerung derartiger in öffentliche Wasserläufe unterbleibe
oder daß sie erst stattfinde, nachdem die schädlichen Stoffe entfernt sind.
Obwohl es in Deutschland
[* 39] noch an einer gesetzlichen Regelung fehlt, hat doch bereits die Rechtsprechung des Reichsgerichts
für die Rechtsgebiete des gemeinen und des preuß. Landrechts Grundsätze formuliert, welche die Handhabe zu einer Abwehr
bieten. Es ist in einem Urteil vom ausgesprochen, daß sich die an einem öffentlichen Flusse
unterhalb liegenden Ufereigentümer ein gewisses, nach freiem richterlichem Ermessen unter Erwägung aller Umstände zu bestimmendes
Maß von Belästigungen gefallen lassen müssen.
Da aber die Beklagten das Flußwasser durch Zuführung ihrer salzigen in einen Zustand versetzten, in
welchem es zu Berieselungszwecken untauglich war, wurden sie zur Unterlassung und zum Schadenersatz verurteilt. In andern
Fällen wurde ausgesprochen, daß der untere Anlieger sich solche Zuleitungen gefallen lassen muß, welche das Maß des Regelmäßigen
oder Gemeinüblichen nicht überschreiten, selbst wenn dadurch die absolute Verwendbarkeit zu jedem beliebigen Gebrauch beeinträchtigt
wird.
Gegen jede dieses Maß überschreitende Zuleitung darf er klagen. Die Begründung läßt erkennen, daß dieselben Grundsätze
für den Mißbrauch öffentlicher Flüsse, welche allerdings zumeist unter polizeilichem Schutze stehen, anzuerkennen seien.
In England ist ein Gesetz (River pollutionBill) erlassen, nach dem jeder Fabrikant in eine hohe Strafe genommen werden kann,
sobald ihm eine Verunreinigung der Wasserläufe nachgewiesen wird, die über gewisse, allerdings recht weit gesteckte Grenzen
[* 40] hinausgeht. So darf z. B. Wasser, das im Liter weniger als 0,5 mgArsen oder weniger als 2 g freie Säure enthält, in den Fluß
entleert werden. Kann auch ein solches Wasser, wenn es in einen wasserreichen Strom eintritt und um das
Vieltausendfache verdünnt wird, nicht schädlich wirken, so kann doch in einem wasserarmen Bache, in dem die Verdünnung
viel geringer ist, der erlaubte Gehalt an schädlichen Stoffen höchst bedenklich werden. Hinsichtlich der Ursache ihrer Schädlichkeit
lassen sich die in zwei Hauptgruppen teilen:
1) solche, die vorwiegend mineralische oder metallische Stoffe gelöst enthalten, so die der chem. Fabriken,
die gewisser Metallwarenfabriken, und 2) solche, die vorwiegend organische, an sich zwar nicht giftige, aber als Fäulniserreger
schädliche Stoffe enthalten, so die der Stärke- und Zuckerfabriken, der Wollwäschereien, der Schlachthäuser u. s. w.
Die gefährlichsten Abwässer sind die der mit Arsenik arbeitenden Anilinfarbenfabriken, und es ist letztern
auf das strengste jede Entleerung von Abwässer zu untersagen, auch ist eine Versenkung derselben in den Boden nicht zu dulden, da
das Gift sich dort verbreiten und in weiten Entfernungen noch Brunnen vergiften kann. Besonders schädlich sind ferner die
bei der Sodafabrikation sich bildende verdünnte Salzsäure, die Manganlaugen von der Chlorkalkfabrikation,
das Schwefelcalcium aus verwitternden Halden. In der Metallwarenindustrie sind namentlich die sog.
Sauerwässer, meist Schwefelsäure,
[* 41] die
zum Abbeizen von Eisen,
[* 42] Kupfer
[* 43] oder Messing gedient haben, durch ihren Gehalt an Metallsalzen
und freie Säure nachteilig. Da die Unschädlichmachung der Sauerwässer überaus leicht und durch Gewinnung
der darin enthaltenen Metallsalze noch lohnend ist, so kann von jeder solchen Fabrik die Fernhaltung derselben von den Wasserläufen
verlangt werden.
Die an organischen Stoffen reichen der Papier-, Stärke- und Zuckerfabriken, der Gerbereien, Wollwäschereien u. s. w. sind
um deswillen von großem Nachteil, weil in ihnen zahlreiche Organismen, den Pilzen und Algen angehörig,
den günstigsten Boden der Entwicklung finden. Diese können so massenhaft auftreten, daß sie das ganze Bett
[* 44] kleiner Flüsse
erfüllen, Verstopfungen in Röhrenleitungen herbeiführen. Viele derselben sind Fäulnis- und Gärungserreger, geben zur
Bildung von Schwefelwasserstoff Veranlassung, machen dadurch das Wasser ungenießbar und töten die Fische.
Zur Reinigung dieser Abwässer dient einfache Filtration oder Berieselung, ferner Lüftung mit Schornsteinluft und Fällung mit Kalkmilch,
Thon, Aluminiumhydroxyd u. s. w. So viele Mittel man auch empfohlen hat, so hat doch bislang keins im Großbetriebe sich völlig
bewährt, und es ist auch zu bezweifeln, ob dieses jemals gelingen wird, da der größte Teil der organischen
Stoffe nicht zu beseitigen ist. –
Vgl. König, Die Verunreinigung der Gewässer (Berl. 1887);
Jurisch, Die Verunreinigung
der Gewässer (ebd. 1890).