Abraham
a
Santa Clara, eigentlich
Ulrich
Megerle, einflußreicher Ka
nzelredner und volkstümlich-humoristischer Schriftsteller,
geb. zu Krähenheinstetten bei Möskirch in
Schwaben, trat
1662 unter die
Barfüßer-Augustiner, studierte dann
zu
Wien
[* 2] im
Kloster seines
Ordens, wurde
Prediger in
Maria
Stern bei Taxa in
Oberbayern, später in
Graz
[* 3] und 1669 kaiserlicher
Hofprediger in
Wien. Hier bethätigte er, namentlich während der Pestzeit von 1670, aufopfernde, unerschrockene Menschenliebe
und jede
Tugend eines echten
Geistlichen sowie eine eigenartige volkstümliche
Beredsamkeit, welche ihn weithin beliebt machte.
Spottiswoode - Sprache

* 4
Sprache.
Schon 1689 ward er zum
Provinzial seines
Ordens ernannt; er starb in
Wien, bis an sein Ende allverehrt
und sowohl in seinem geistlichen
Beruf wie als Schriftsteller thätig.
Noch auf dem Sterbebett bereitete er sein Werk »Wohlangefüllter
Weinkeller, in welchem manche durstige
Seele sich mit einem geistlichen Gesegn' Gott erquicken kann« zum
Druck vor. Als Schriftsteller ist
Pater Abraham
a Santa Clara
, dies »prächtige
Original«, wie ihn
Schiller (im Briefwechsel mit
Goethe) nennt, einer
der letzten Vertreter der großen moralisierend-volkstümlichen Litteratur des 16. Jahrh.,
welche durch das ganze 17. Jahrh. einen
Kampf gegen die gelehrt-aristokratische
Richtung bestand, aber schließlich von der
letztern überwunden und verdrängt wurde. In seiner
Grundanschauung gläubiger Katholik, mit mönchischen
Eigentümlichkeiten, besaß Abraham
a Santa Clara
nicht nur eine seltene Menschenkenntnis und praktische Einsicht
in die Verhältnisse des
Lebens, sondern auch eine warme
Teilnahme an den
Menschen, eine unerschrockene, weder hoch noch niedrig
schonende Wahrheitsliebe, kräftigen, zuzeiten derben
Witz, der um des
Zwecks willen auch vor einer Unflätigkeit
nicht zurückschrickt, ein gewisses
Feuer der
Beredsamkeit und eine von den Geschmacklosigkeiten der Zeit und seiner mönchischen
Bildung wohl durchsetzte, aber im ganzen doch bewunderungswürdige Beherrschung der
Sprache.
[* 4]
Die Kanzelwirkung der
Kapuziner, die sich nie gescheut hatten, drastische
Bilder und
Burlesken, Volksdialekt und gemeine Sprechweise
zu
Hilfe zu nehmen, verbindet sich bei Abraham
a Santa Clara
mit
Elementen litterarischer
Bildung und höhern Absichten. Er
scheint der
Zuversicht gelebt zu haben, daß die humoristische
Wirkung seiner
Schriften die erbauliche und moralische von selbst
im
Gefolge haben werde, und so überwiegt der
Witz (dessen eigentümliche Art
Schiller bekanntlich in der Kapuzinerpredigt in
»Wallensteins
Lager«
[* 5] nachbildete) in den meisten seiner Werke.
Unter denselben heben wir hervor: »Prophetischer Willkomm, d. i. Ein Weissagung von Glück ohn Tück« (Wien 1676);
»Huy und Pfuy ! der Welt« (das. 1680);
»Mercks Wienn, d. i. des wüthenden Todts umständige Beschreibung« (das. 1680);
»Auff, Auff ihr Christen!« (das. 1683, Heerpredigt wider die Wien bedrohenden Türken);
»Gack, Gack, Gack, Gack a Ga einer wunderseltzamen Hennen in dem Herzogthum Bayern, [* 6] d. i. Beschreibung der Wallfahrt Maria Stern in Taxa« (Münch. 1687);
»Heilsames Gemisch Gemasch« (Würzb. 1704);
die aus dem
Nachlaß des
Autors erschienenen: »Wohlangefüllter Weinkeller etc.«
(das. 1710) und »Abraham
isches
Bescheid-Essen« (Nürnb. 1714).
Abrahamsbaum - Abravan

* 7
Seite 1.52.Das Hauptwerk Abrahams, in welchem seine Stärken und Schwächen am lebhaftesten und interessantesten zu Tage treten, ist »Judas der Ertz-Schelm, für ehrliche Leuth, oder eigentlicher Entwurff und Lebensbeschreibung des Iscariotischen Bößwicht« (Salzb. 1689-95, 4 Bde.). Die legendarische Erzählung vom Leben des apostolischen Verräters ist hier angefüllt »mit unterschiedlichen Diskursen, sittlichen Lehrpunkten, Gedicht und Geschicht, auch sehr reichem Vorrath biblischer Konzepten«, in ¶
mehr
denen allen die energische Munterkeit und die lebendige Darstellungskraft Abrahams sich geltend machen. Seine »Sämtlichen Werke« erschienen zu Passau [* 8] und Lindau [* 9] 1835-50 in 21 Bänden.
Vgl. Karajan, Abraham
a Santa Clara
(Wien 1867);
Palmer, Abraham
a Santa Clara
als Homilet (Stuttg. 1845).