Abd
ul
Medschid
, der 31.
Sultan der
Osmanen, geb. Sohn
Mahmuds II., folgte, im
Harem erzogen, seinem
Vater auf dem
Thron.
[* 2] Das
osmanische Reich befand sich damals in einer sehr mißlichen
Lage.
Indes wurde von der
Gefahr, von den
Ägyptern nach der
Auflösung des türkischen
Heers bei
Nisib in
Konstantinopel
[* 3] selbst angegriffen zu werden,
durch die
Intervention der europäischen Mächte befreit. Durch die Unterzeichnung des
Hattischerifs von
Gülhane
kündigte Abd ul Medschid
die Fortführung des vom
Vater begonnenen Reformwerks an. Er folgte bei dieser wie bei andern Gelegenheiten den
Winken seiner
Mutter, der Sul
tanin-Walide, welche bis zu ihrem
Tod die
Geschäfte leitete, und
der die
Pietät des
Sohns nie den
Gehorsam verweigerte.
Während auf ihr Geheiß der europäisch gebildete Reschid Pascha die Reformen in Angriff nahm, überließ sich der junge Padischah den Freuden des Harems. Sogleich nach dem Tod seiner mütterlichen Führerin sah sich in Krieg mit Rußland verwickelt (s. Krimkrieg). Damals wirkten seine europäischen Ratgeber das zweite Staatsgrundgesetz des türkischen Reichs, den Hattihumajum, von ihm aus, welcher verkündigt ward und die Umgestaltung des Osmanenstaats im abendländischen Sinn vollenden sollte.
Häufige
Aufstände beunruhigten das Land, so besonders in
Bosnien
[* 4] und der
Herzegowina. Scheinbar freilich
sah der
Sultan, der sich seit seiner
Aufnahme in das europäische
Konzert auf dem
Pariser
Kongreß (1856) »Seine
Majestät« und
»Kaiser« nennen ließ und selbst von Zeit zu Zeit seine
Staaten bereiste, um sich von den Zuständen seiner
Unterthanen durch
den
Augenschein Kenntnis zu verschaffen, seine Macht vermehrt.
Mehemed Ali, der Todfeind seines
Vaters,
gelobte
Gehorsam, auch
Tripolis und
Tunis
[* 5] kehrten zur Botmäßigkeit zurück, der
Imam von
Maskat erkannte die
Oberhoheit der
Pforte
an, und die Araber von
Aleppo bis
Bagdad wurden unterworfen. Aber alle diese Erfolge wurden nur mit
Hilfe der europäischen
Diplomatie errungen, und das
Reich fristete sein Dasein nur
noch, weil sich die Großmächte über dessen
Teilung nicht einigen konnten. Des
Sultans und des
Landes Unglück war die Haremswirtschaft mit ihrer verderblichen
Verschwendung,
an der Abd
ul Medschid
trotz seiner sonstigen lobenswerten
Gesinnung mit alttürkischer
Zähigkeit hing. Abd
ul Medschid
starb