(lat.
Species), logischer, den
Umfang eines
Begriffs bestimmender
Ausdruck. Ein
Begriff, der einen andern unter sich
begreift, wird in Hinsicht auf diesen ein höherer und dieser in Rücksicht auf jenen ein niederer genannt;
der höhere
Begriff heißt
Gattung (genus), der niedere Art:Tier ist
Gattung,
Vogel dagegen Art. Ein solcher Artbegriff kann in
Hinsicht auf einen noch niederern als Gattungsbegriff vorgestellt werden:
Vogel ist z. B. in Hinsicht
auf Raubvogel oder
Wasservogel ein Gattungsbegriff, während letztere beiden in Rücksicht auf jenen Artbegriffe sind.
Diejenige Art ist die niedrigste, die nicht wieder als
Gattung in Rücksicht auf eine noch unter ihr enthaltene Art angesehen
werden kann. Für das
Denken gibt es eigentlich keine Art, welche die absolut niedrigste genannt werden
könnte, weil
sich immer noch Merkmale zu einem gegebenen
Begriff werden hinzuthun lassen, wodurch ihm eine Art verschafft
wird; in der wirklichen
Natur gibt es aber allerdings
Grenzen,
[* 2] wo Art und
Individuum zusammenfallen und jede weitere
Klassifikation
aufhört.
Dinge, an denen sich die Merkmale einer Art finden, heißen gleichartige.
Was den
Begriff der Art im naturgeschichtlichen
Sinn anlangt, so hat derselbe wesentliche Umwandlungen im
Lauf der
Zeiten erfahren
und ist von dem Streite der
Nominalisten und
Realisten nicht unberührt geblieben. Im allgemeinen faßte man seit den ältesten
Zeiten die durch die
Ähnlichkeit
[* 3] ihrer äußern
Erscheinung sich von andern unterscheidenden Naturkörper,
besonders die
Pflanzen und
Tiere, nach dem
Grad jener
Ähnlichkeit in
Gruppen zusammen, belegte diese mit einem meist der Umgangssprache
entnommenen
Namen und ordnete sie dann weiter nach den
Grundsätzen einer rein logischen
Einteilung andern auf ähnliche
Weise
gebildeten
Gruppen unter oder über.
Nach der
Stellung, welche eine solche
Gruppe (griech. genos oder eidos, lat. genus und species)
in der logischen Unter- und Überordnung einnahm, konnte ebensowohl eine Art (eidos) mehrere
Gattungen (genos) umfassen wie
umgekehrt. Erst von dem
EngländerJohnRay wurde an die
Stelle dieses in Bezug auf die Auffassung der belebten
Formen wohl schwankenden,
aber doch, weil jede weitere Untersuchung und Auffassung freilassend, wissenschaftlich unbefangenern
Gebrauchs der
Begriff der naturhistorischen in seiner jetzigen Bedeutung geschaffen, welcher dann von
Linné als dogmatischer
Lehrsatz angenommen und von allen Neuern dem naturhistorischen
System als Ausgangspunkt zu
Grunde gelegt wurde.
Linné sagt, daß es so viel
Arten gebe, als ursprünglich erschaffen worden seien.
Cuvier definiert die
in ähnlicher
Weise als »die Vereinigung derjenigen organisierten
Körper, welche voneinander oder von gleichen Eltern abstammen,
sowie derjenigen, welche diesen ebenso wie einander ähnlich sind«. Es wird also das Merkmal der nächsten
Verwandtschaft
oder gleichartigen Abstammung dem
Begriff der Art beigelegt und zwar so, daß man behauptete, nur männliche
und weibliche Individuen einer und derselben Art könnten miteinander fruchtbare Nachkommen erzeugen.
Selbstverständlich schließt diese Begriffsbestimmung eine etwanige Änderung oder Umwandlung der
Arten aus und fordert die
Annahme einer
Konstanz
[* 4] der
Arten. Es kommen nun aber häufig an gewissen Individuen einer solchen Art Abänderungen
vor, welche teils scheinbar von selbst, teils als
Folge äußerer Einflüsse, wie
Klima,
[* 5]
Licht,
[* 6]
Nahrung etc., erscheinen. Treten
solche an Merkmalen auf, welche man aus
Erfahrung für schwankend oder variabel erkannt hat, wie
Farbe,
Größe, sei es der
ganzen Form oder einzelner Teile, und erreichen sie keinen solchenGrad, daß sie die charakteristischen
Merkmale der Art umändern: so faßt man die dieselben darbietenden Individuen unter dem
Namen einer
Varietät,
Abart oder
Spielart
zusammen, von welchen
Ausdrücken man den letzten meist auf die Abänderungen bezieht, welche plötzlich und scheinbar launenhaft
an unwesentlichen Merkmalen erscheinen.
DiesenVarietäten gegenüber ist nun begreiflicherweise der
Willkür
des Systematikers ein weiter Spielraum geschaffen, und man hilft sich wohl damit, daß man sogen.
gute und schlechte
Arten, d. h. wohlumgrenzte und schwankende, zu Abänderungen
(Ausartungen) geneigte oder in andre
Arten übergehene
Arten, unterscheidet. - Da mit
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der Annahme einer in dem vorstehend erläuterten Sinn jede Untersuchung über das Zustandekommen des pflanzlichen und tierischen
Formenreichtums ausgeschlossen wird, weil die dem Begriff der Art anhaftenden Merkmale des Erschaffenseins und der Unveränderlichkeit
selbst jeden Versuch einer Erklärung unmöglich machen, so konnte sich die Wissenschaft auf die Länge nicht
bei jenem dogmatischen Satz beruhigen. Sie fing an, einerseits die Gültigkeit desselben zu bezweifeln und die Belege für
die etwa nachzuweisende Veränderlichkeit zu sammeln, anderseits Versuche zu machen, den Ursprung der jetzt lebenden Pflanzen
und Tiere irgendwie zu erklären.
Näheres hierüber s. unter Darwinismus. Falsch ist übrigens die vielfach verbreitete Ansicht, als ob nach
den neuen Anschauungen von Arten im naturhistorischen Sinn, d. h. von einer Klasse in bestimmten wesentlichen Charakteren übereinstimmender
Individuen, nicht mehr die Rede sein könne; die Systematik kann ohne eine solche Klassifikationsstufe gar nicht auskommen,
und die Benennung jedes lebenden Wesens mit einem vorangehenden, die höhere Klasse (Gattung) bezeichnenden
Hauptnamen und einem darauf folgenden Artnamen hat erst eine Übersicht der unübersehbaren Menge von Lebewesen ermöglicht.
Nur der Begriff der naturwissenschaftlichen Art hat gewechselt.
In der Mineralogie muß der Begriff der Art insofern eine Einschränkung erleiden, als hier von einer genetischen Verwandtschaft,
von selbständiger Zeugung etc. keine Rede sein kann. Von dem Begriff des Minerals (s. d.) ausgehend, rechnet
man alle diejenigen festen und tropfbarflüssigen anorganischen Naturkörper zu einer Spezies, welche in den wesentlichsten
Eigenschaften miteinander übereinstimmen. Als wesentlichste Eigenschaften gelten vor allen die Kristallform mit der zugehörigen
Molekularstruktur, Lichtbrechung, Dichte, Härte etc. und die chemische Zusammensetzung; sofern aber Kristallform
und chemische Zusammensetzung nicht unlösbar miteinander verbunden erscheinen, wird jeder dieser Eigenschaften eine zur Abgrenzung
der Spezies genügende Selbständigkeit zuerkannt.
Als gleich oder relativ gleich in der Kristallform werden alle diejenigen Mineralien
[* 8] angesehen, welche eine Kristallreihe
bilden, d. h. in allen Formen auf dieselben Achsenverhältnisse zurückgeführt werden können, Polymorphe Körper
(s. Polymorphismus), wie Kalkspat
[* 9] und Aragonit,
[* 10] Rutil,
[* 11] Anatas und Brookit, sind also ebenso viele selbständige Spezies. AmorpheVerbindungen sind von den kristallisierten ebenfalls als besondere Spezies abzuscheiden, doch ist der Amorphismus zuweilen
nur ein scheinbarer, wie beim Chalcedon, oder er ist doch schwierig mit Bestimmtheit nachzuweisen, wie bei den formlosen
Körnern der gediegenen Metalle.
Geschlecht, Gattung. Und zwar bei den Menschen, da welche, wenn sie schon nicht von Einem Geschlecht und Geblüt
herstammen, doch einerlei Sitten und Lebensart führen.
Die böse und ehebrecherische Art (welche aus der Art Abrhams geschlagen, oder welche ihrem GOtt untreu geworden) sucht ein
Zeichen etc.
Matth. 12, 39.
c. 16, 4.
Luc. 11, 29.
0 du ungläubige und verkehrte Art (des Mondsüchtigen Vater und andere Juden), wie lange soll ich bei
euch sein?
Matth. 17, 17. Luc, 9, 41.
Diese Art (der Teufel) kann mit Nichten ausfahren, denn durch Beten und Fasten,
Marc. 9, 29.
(lat. Species), in der Logik die unter einem gemeinsamen Merkmal zusammengefaßte Klasse von Einzeldingen, die einer
höhern (umfassendern), welche die Gattung (s. d.) heißt, sich unterordnet.
Sie steht somit zwischen der Gattung und dem Einzelding oder Individuum. Das Merkmal, wonach eine Art von allen übrigen Arten
derselben Gattung unterschieden wird, heißt artbildender Unterschied (specifische Differenz). Der naturwissenschaftliche
Begriff der Art wurde im Laufe der Zeiten in sehr verschiedenem Sinne gefaßt.
Während bei den ältern Biologen seit Aristoteles das Wort Art nur eine logisch formale Bedeutung hatte, wurde dasselbe von
John Ray zum erstenmal zum Rang eines genetischen Begriffs erhoben, indem er als Kriterium specifischer
Übereinstimmung «den Ursprung aus dem Samen
[* 18] specifisch identischer Pflanzen» aufstellte. «Welche Formen der Species nach verschieden
sind, behalten diese ihre specifische Natur beständig, und es entsteht die eine nicht aus dem Samen der andern und umgekehrt.»
Doch erwähnte bereits Ray, daß dieses Zeichen der specifischen Übereinstimmung, obschon ziemlich konstant,
doch nicht ausnahmslos sei, denn es komme, wenn auch selten, vor, daß einige Samen degenerieren und Pflanzen erzeugen, die
von der mütterlichen Form verschieden sind, daß es also eine «Transmutatio specierum» gebe. Zu diesem Begriffe der Art fügte
Linné, der Schöpfer der heutigen systematischen Naturgeschichte, die Bestimmung hinzu: «Es
giebt so viele Art, als deren ursprünglich erschaffen wurden.» Linné bezeichnete Individuen, die einem gleichen
Typus angehören und ihren übereinstimmenden Charakteren nach als von gemeinschaftlichen Eltern erzeugt angesehen werden
konnten, als Art oder Species, während er zugleich die verschiedenen, aber doch einander näher stehenden Art, die
er meist durch ein Adjektiv bezeichnete, in eine gemeinschaftliche Gattung (Genus) zusammenfaßte. So sind die Hauskatze,
der Löwe und der Tiger verschiedene Art, die sich leicht charakterisieren lassen, die aber zu einer gemeinschaftlichen Gattung,
dem Genus Felis, gehören.
Sollte dem ursprünglichen Linnéschen Begriffe nach die Art ein bestimmter Schöpfungstypus sein, der
von Anfang an bestanden habe und mit denselben Charakteren in die fernste Zukunft hinein sich fortpflanze, so gab doch Linné
zu, daß jede Art einen bestimmten Veränderungskreis besitze, und daß innerhalb der Grenzen derselben Abarten (s. d.) oder
Varietäten vorkommen könnten, die durch verschiedene unwesentliche Charaktere sich unterscheiden ließen.
Mit der Zunahme der Forschungen in der Naturgeschichte traten bald auch sehr verschiedene Auffassungen und Begrenzungen der
Begriffe und Abart oder Varietät ein, und die Definitionen dieser Begriffe wurden in außerordentlich abweichender Weise gegeben,
je nachdem man entweder auf die Abstammung von gleichartigen Eltern oder auf
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das Vorhandensein gemeinschaftlicher unterscheidender Charaktere das hauptsächlichste Gewicht legte. Das Schwankende in der
Begriffsbestimmung wurde noch vermehrt durch die Einführung einer dritten Bezeichnung, der Rasse, die man anfangs zwar
hauptsächlich nur bei den Tieren anwandte, auf deren Ausbildung der Mensch selbst einigen Einfluß geübt hatte, dann aber
auch auf den Menschen und die übrigen, in wildem Zustande lebenden Tiere ausdehnte. Mehr durch die Praxis
und stillschweigende Übereinkunft als durch ausdrückliche Definition, die überhaupt bei so schwankenden Begriffen nicht
wohl möglich ist, kam man endlich dahin überein, mit Abart, Spielart oder Varietät mehr zufällige Veränderungen zu bezeichnen,
die man bald äußern Einflüssen, bald unbekannten, bei der Zeugung und Entwicklung wirkenden Ursachen
zuschrieb.
Wenn z. B. innerhalb einer Herde gehörnten Rindviehs ein oder einige Kälber, bei denen
sich später keine Hörner entwickelten, wenn inmitten einer großen Zahl heller Panther mit gelblichen Flecken einige Exemplare
vorkamen von so dunkler Färbung, daß man auf dem kohlschwarzen Felle die sammetschwarzen Flecke kaum
zu unterscheiden vermochte, so nannte man das eine Varietät oder Spielart und bezeichnete also damit Individuen, die zwar
derselben Generationsfolge angehören, die sich aber von den übrigen typischen Repräsentanten der Art durch einen
oder mehrere Ausnahmscharaktere unterschieden.
Wiederholten sich diese Ausnahmscharaktere in der Generationsfolge nicht, kehrten die Abkömmlinge zu
dem ursprünglichen Typus sogleich oder nach und nach zurück, so blieb die Abweichung eben bei der Spielart stehen; pflanzten
sich aber die Ausnahmscharaktere durch die Generationsfolge in längerer Dauer weiter, so nannte man die auf diese Weise fixierte
Varietät eine Rasse. Art aber nannte man den Komplex von Individuen, die so viele gemeinsame Charaktere
hatten, daß sie von denselben Eltern hätten abstammen können, und die diese Charaktere auf ihre Nachkommen in unabsehbarer
Generationsfolge vererbten. Der Unterschied zwischen Rasse und Art bestand also einzig und allein darin, daß man
bei der Rasse die histor. Abstammung aus einem abweichend gestalteten Typus zu kennen glaubte, während
der Ursprung der Art selbst dunkel blieb.
In neuerer Zeit haben die Forschungen Darwins alle diese Bestimmungen wesentlich verändert. Während man mehr oder minder
bewußt davon ausgegangen war, daß die Art einen festen Typus darstelle, der zwar durch äußere Einflüsse innerhalb gewisser,
jedoch nur sehr enger Grenzen modifiziert werden könne, sind die modernen Naturforscher, wenigstens die Zoologen, fast allgemein
wie Darwin der Ansicht, daß durch diese äußern Einflüsse, durch den Kampf um das Dasein, sowie endlich durch Vererbung gewisser
Eigentümlichkeiten die Art selbst im Laufe der Zeit verändert werden könne und verändert worden
sei, daß sie also durchaus kein festgestellter Typus sei, sondern nur für eine gewisse Zeit Beständigkeit besitze.
Von besonderer Wichtigkeit in dieser Frage erscheint die Betrachtung der Generationsfolge. Man glaubte den Satz: «Die Tiere
Einer Art sind die Nachkommen Eines ursprünglichen Paares», durch die Annahme stützen zu können, daß
Tiere verschiedener Species keine fortpflanzungsfähigen Nachkommen erzeugten, ein Satz, der konsequent zu dem weitern Satze
führen müßte: Tiere, die miteinander fortpflanzungsfähige Junge erzeugen,
gehören einer und derselben Species an. Hier
aber stößt man auf unlösliche Widersprüche.
Oftmals bleibt die Begattung bei einander sehr nahestehenden Art ohne Erfolg, in andern Fällen muß man
zugeben, daß Tiere von sehr verschiedenen Charakteren fruchtbare Abkömmlinge erzeugen. Als verbürgt wird angegeben, daß
zahlreiche Pflanzen, sowie manche Fische, verschiedene Enten- und Finkenarten, Auer- und Birkhuhn, ferner Ziegenbock und Schaf,
[* 20] Hund und Wolf fruchtbare Abkömmlinge erzeugen, insbesondere daß Feldhase und Kaninchen
[* 21] fruchtbare Nachkommen (Leporiden) hervorbringen,
ohne daß zur «Anpaarung» (zur Paarung des Bastards mit einem reinblütigen Tiere) zurückgegriffen werden
müßte.
Den jetzigen Kenntnissen am entsprechendsten läßt sich die Frage nach «Art»,
«Spielart», «Rasse» dahin
auffassen, daß man annimmt, eine jede Spielart oder Varietät könne unter dem Einfluß begünstigender Umstände und fixierender
Zeit allmählich zur Rasse und zur Art werden und diese wieder im Laufe der Zeiten weitere Sprossen und
Abzweigungen treiben. AußerDarwin haben diese Fragen besonders ausführlich besprochen Isidore Geoffroy Saint
[* 22] Hilaire, Quatresages
und K. Vogt («Vorlesungen über den Menschen», 2 Bde., Gieß.
1863).
franz. Kunstzeitschrift, erscheint seit 1875 zu Paris
[* 23] in Halbmonatsheften
und bringt Nachbildungen älterer und neuerer Meisterwerke in Holzschnitten und Kupferradierungen;