Titel
Aëtius
,
1) der Atheist, mit seinem Freund und Schüler Eunomius das Haupt der strengen Arianer (Anomöer, Aëtianer, Eunomianer), welche eine absolute Unähnlichkeit zwischen Gott und Christus lehrten, stammte aus Syrien. Wegen seiner überlegenen Disputierkunst und der Schroffheit seiner Behauptungen vielfach gehaßt und vertrieben, ward er 349 Diakon zu Antiochia, 356 zu Alexandria und starb 370 in Konstantinopel. [* 2]
2)
Feldherr und röm.
Patrizier unter
Honorius und Valentinian III., der letzte tapfere Verteidiger des
abendländischen
Reichs,
geboren zu Durosturum (jetzt
Silistria) in Niedermösien, Sohn des Reiteranführers Gaudentius, trat
früh in die kaiserliche
Garde, brachte aber seit 408 einige Jahre beim Westgotenkönig
Alarich, dann bei den
Hunnen als
Geisel
zu. Nach seiner Rückkehr stieg er rasch von
Stufe zu
Stufe. Als nach
Honorius'
Tode dessen
Geheimschreiber
Johannes die Herrschaft
an sich riß, schloß Aëtius
sich demselben an und führte ihm ein hunnisches Hilfsheer zu, ging aber später
zu Valentinian III. über, der unter
Vormundschaft seiner
Mutter
Placidia durch den oströmischen
Kaiser
Theodosius II. im
Westen als
Kaiser eingesetzt wurde.
Nachdem er hierauf am kaiserlichen Hof [* 3] den mächtigsten Einfluß gewonnen, beredete er Placidia, seinen Nebenbuhler Bonifacius, den Statthalter von Afrika, [* 4] abzuberufen, wußte aber zugleich diesem vorzuspiegeln, daß es die Absicht der Placidia sei, ihn nach seiner Ankunft in Italien [* 5] töten zu lassen. So wurde Bonifacius endlich dahin getrieben, die Vandalen aus Spanien [* 6] zu Hilfe zu rufen. Seinen Irrtum erkennend, kämpfte Bonifacius tapfer, aber unglücklich gegen dieselben; nach Italien zurückgekehrt, wurde er zum Rang eines Patriziers und zum Oberbefehlshaber der Armee erhoben.
Dadurch erbittert, brach Aëtius
aus
Gallien, wo er damals stand, mit einem Barbarenhaufen schleunigst nach
Italien auf, und es kam zwischen beiden zum
Kampf;
Bonifacius siegte, fiel aber durch des Aëtius
Hand
[* 7] (432). Als
Rebell verfolgt,
floh Aëtius
zu den
Hunnen, kehrte aber (433) mit Heeresmacht zurück und erzwang seine Ernennung zum
Patrizier,
Konsul und Oberfeldherrn.
Seitdem lag 20 Jahre lang das
Schicksal des
Reichs in Aëtius'
Hand, und er war es, der den Zusammensturz desselben
aufzuhalten wußte.
Gleich tüchtig als Diplomat wie als Feldherr, wußte er die barbarischen Völker nicht nur im Zaum zu halten, sondern auch den Interessen Roms dienstbar zu machen. Er schlug die Burgunder in drei Feldzügen (435, 436 und 437), unterdrückte in denselben Jahren den immer von neuem ausbrechenden Aufstand der gallischen Bauern (Bagaudae) und stellte hier das Ansehen des Reichs her, wehrte mit Erfolg den Einfällen der Westgoten und schlug (445) den Frankenkönig Clodio an der Somme.
Die glorreichste That des Aëtius
war aber der
Sieg, den er 451 in
Gemeinschaft mit dem König der Westgoten,
Theoderich, auf den Katalaunischen
Feldern über
Attila, den Hunnenkönig, gewann. Auch im folgenden Jahr (452), als
Attila in
Italien einbrach und Oberitalien
[* 8] verheerte, wußte er trotz seiner geringen Streitkräfte größeres Unheil von
Italien abzuwenden.
Trotz dieser
Verdienste aber gelang es dem Günstling des
Kaisers, dem
Eunuchen Heraclius, in der
Seele des
schwachen Valentinian Argwohn zu erwecken und ihn zu einer blutigen That zu reizen. Dem Sohn des Aëtius
war die
Hand der Kaiserstochter
versprochen worden; als sie ihm jetzt verweigert ward, drang Aëtius
auf Erfüllung des ihm gemachten
Versprechens. Da zog der
Kaiser sein
Schwert und stieß ihm dasselbe in die
Brust (454). Die Höflinge vollendeten den
Mord; die vornehmsten von Aëtius'
Freunden
hatten ein gleiches
Schicksal.